1884 / 95 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 22 Apr 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 22. April. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute in Gegenwart des kommandirenden Generals des Garde⸗Corps, des Gouverneurs und des Kommandanten zahlreiche militärische Meldungen sowie demnächst den Vortrag des General⸗Lieutenants von Albedyll entgegen. 1

Später empfingen Se. Majestät Se. Kaiserliche Hoheit den Großfürsten Sergius von Rußland, welcher auf der Durchreise nach St. Petersburg von Darmstadt hier ein⸗ getroffen ist.

Vor dem Diner empfingen Se. Majestät den Oberst⸗ Kämmerer Grafen Otto zu Stolberg⸗Wernigerode.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz empfing gestern Nachmittag 4 Uhr den persischen für Kultus, Bergwerke und Telegraphen, Ali Kouli

Der Ausschuß des Bundesraths für Handel und Verkehr trat heute zu einer Sitzung zusammen.

In der heutigen (15.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staats⸗Minister von Boetticher sowie mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath nebst Kommissarien desselben beiwohnten, theilte der Präsident dem Hause mit, daß der Abg. Freiherr von Schorlemer⸗Vehr am 19. d. M. verschieden sei.

Das Haus ehrte das Andenken des Verstorbenen in der üblichen Weise. .

Ferner theilte der Präsident mit, daß von dem Reichskanzler ein Schreiben eingegangen sei, nach welchem das Strafver⸗ fahren gegen den Abg. Köhl während der Dauer der Reichs⸗ tagssession eingestellt worden ist.

Das Haus trat bei Schluß des Blattes in die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Abänderung des Gesetzes über die eingeschriebenen Hülfskass en, vom 7. pril 1876, auf Grund des Berichts der VII. Kommission.

In der heutigen (72.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister der öffent⸗ lichen Arbeiten Maybach sowie der Minister für Land⸗ wirthschaft, Domänen und Forsten, Dr. Lucius, und der

inanz⸗Minister von Scholz nebst zahlreichen Kommissarien eiwohnten, theilte der Präsident dem Hause mit, daß der Abg. Frhr. von Schorlemer⸗Vehr in seiner Heimath verschieden sei. Das Haus ehrte das Andenken des Verstorbenen in der üblichen Weise. 1

Von dem Abg. Marcard war ein Schreiben eingegangen, worin derselbe Mittheilung machte, daß ihm von Sr. Ma⸗ jestät dem Könige der Rang eines Wirklichen Geheimen Raths verliehen worden sei; da durch diese Rangerhöhung indessen seine Stellung als Unter⸗Staatssekretär im Ministerium für Landwirthschaft ꝛc. nicht alterirt ei, so halte er auf Grund des Art. 78 der Verfassung und auf Grund zahlreicher Präzedenzfälle dafür, daß sein Mandat vurch die ihm zu Theil gewordene Rangerhöhung nicht er⸗ oschen sei.

Auf Vorschlag des Präsidenten von Köller wurde dieses Schreiben der Geschäftsordnungskommission überwiesen.

Das Haus trat hierauf in die Tagesordnung ein, deren erster Gegenstand die dritte Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Aufhebung verschiedener baupolizeilicher Be⸗ stimmungen im Gebiete der Stadt Frankfurt a. M., war.

Der Gesetzentwurf wurde ohne Debatte genehmigt.

Es folgte die dritte Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend Abänderung des §. 13 des Gesetzes vom 20. August 1883 über die Befugnisse der Strombauverwaltung gegenüber den Uferbesitzern an öffentlichen Flüssen.

Auch dieses Gesetz wurde ohne Debatte genehmigt. 8 Das Haus berieth alsdann in dritter Lesung den Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Auflösung der gemeinschaftlichen Kirchen⸗ zuss⸗ 8 Norderharde und in der Süderharde auf der Insel er, sest.

Eine Debatte über diesen Gesetzentwurf fand nicht statt.

Bei der nunmehr folgenden Berathung des Gesetzent⸗ wurfs, betreffend den weiteren Erwerb von Eisenbahnen für den Staat, kündigte der Abg. von Strombeck für die zweite Lesung einen Antrag an, dahin gehend, daß die Konver⸗ tirung von Privatobligationen nur im Wege der Gesetz⸗ gebung vorgenommen werden solle.

Die Abgg. von Wedell⸗Malchow und Dr. Hammacher (Essen) wendeten sich gegen diesen Antrag.

Der Gesetzentwurf wurde hierauf an die Eisenbahn⸗ kommission zur Vorberathung überwiesen.

Der Gesetzentwurf, betreffend die Feststellung eines Nach⸗ tragsetats zum Staatshaushalts⸗Etat für das Jahr vom 1. April 1884/85, wurde auf den Antrag des Abg. Dr. Hammacher (Essen) an die Budgetkommission verwiesen.

Es folgte die Berathung der Uebersicht über die Verwal⸗ tung der fiskalischen Bergwerke, Hütten und Salinen im preußischen Staat.

Nach einer kurzen Debatte wurde die Uebersicht durch Kenntnißnahme für erledigt erklärt.

Das Haus berieth sodann in dritter Lesung den Gesetz⸗ entwurf, betreffend den Betrieb des Hufbeschlaggewerbes.

§. 1 des Gesetzes wurde ohne Debatte unverändert an⸗

genommen. §. 2 des Gesetzes lautet: §. 2. Zur Seecbe 1) die vom Staate be missionen, 2) die vom Staate eingerichteten oder anerkannten Hufbeschlags⸗ lehranstalten, 3) die Militärschmieden, welchen die Befugniß beigelegt wird. Hierzu lag folgender Antrag des Abg. Metzner vor: Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: Den §. 2 des Sr. wie folgt zu fassen: Zur Ertheilung des Prüfungszeugnisses sind befugt: 1) Innungen, welche sich auf Grund des Innungsgesetzes vom 18. Juli 1881 für das Schmiedehandwerk gebildet oder reorganisirt

Staate bestellten oder bestätigten Prüfungs⸗

stellten oder bestätigten Prüfungskom⸗

) die vom kommissionen;

3) die vom Staate eingerichteten oder anerkannten Huf⸗ beschlags⸗Lehranstalten und Militärschmieden, welchen die Befugniß beigelegt wird.

Den Innungs⸗Prüfungskommissionen hat ein approbirter Thier⸗ arzt anzugehören. 1 1

des Prüfungszeugnisses sind befugt:

Der Abg. Metzner begründete den von ihm gestellten Antrag.

Ver Staats⸗Minister Dr. Lucius bat, den Antrag abzu⸗ lehnen; derselbe betreffe eine Materie, die im Rahmen des vorliegenden Gesetzes nicht zu lösen sei. Dasselbe sei lediglich bestimmt, die Befriedigung eines hervorragenden landwirth⸗ schaftlichen Bedürfnisses zu bringen. Die Ablehnung des Metznerschen Antrages richte sich nicht gegen die Innungen.

Der Abg. Dr. Windthorst bat, den Antrag anzunehmen. Allgemeine Versicherungen, daß man den Innungen nicht abhold sei, nützten nichts. Wer die Innungen wolle, der müsse auch dem Antrage Metzner zustimmen.

Der Regierungskommissar, Regierungs⸗Rath von Woedtke wandte sich gegen den Antrag. Die Befähigung der Innungsmeister, derartige Zeugnisse auszustellen, sei nicht für alle Fälle ohne Zweifel.

Der Abg. von Rauchhaupt erklärte, daß seine Partei für den Metznerschen Antrag stimmen werde, wenn der Nr. 1 folgen⸗ der Zusatz gegeben würde: „und welche von den höheren Verwal⸗ tungsbehörden die Berechtigung zur Ertheilung von Prü⸗ füngszeugnissen erhalten haben.“

Der Abg. Dr. Windthorst hob hervor, daß die Innungen nicht lediglich Exekutoren von Regierungsaufträgen seien. Dem Antrage des Abg. von Rauchhaupt könne er erst zu⸗ stimmen, wenn der Metznersche Antrag abgelehnt worden sei.

Der Abg. Metzner erklärte, daß er das Amendement von Rauchhaupt acceptire, um seinem Antrag, wenn auch in modi⸗ fizirter Form, die Annahme zu sichern.

Der Abg. Dr. von Cuny hob hervor, daß der Antrag von Rauchhaupt nichts anderes als die Regierungsvorlage sei; er bitte also dieselbe anzunehmen.

Der Abg. Dr. Schläger bat, sowohl den Metznerschen als auch den Rauchhauptschen Antrag abzulehnen.

Nach einigen weiteren Bemerkungen der Abgg. Dr. Windt⸗ horst und Lohren wurde der Antrag Metzner abgelehnt, der Antrag von Rauchhaupt angenommen.

8 3 wurde ohne Debatte unverändert angenommen.

§. 4 lautet:

§. 4. Personen, welche das Hufbeschlaggewerbe bis zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes selbständig oder als Stellvertreter (§§. 45, 46 der Reichs⸗Gewerbeordnung) betrieben haben, bleiben auch ferner dazu berechtigt.

Hierzu lag folgender Antrag des Abg. Dr. Köhler vor:

Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen:

Im §. 4 folgenden Zusatz zu machen:

Auch steht der Regierung das Recht zu, in einzelnen Fällen von Beibringung des Prüfungszeugnisses (§. 1) zu dispensiren.

Der Abg. Dr. Köhler empfahl den von ihm gestellten Antrag. b

Nach einigen weiteren Bemerkungen der Abgg. Dr. Köhler und Dr. Majunke wurde der Antrag Köhler angenommen und ebenso der §. 4 mit dem Köhlerschen Zusatz.

Nachdem hierauf noch §. 5 angenommen, wurde das ganze Gesetz mit den erwähnten Abänderungen genehmigt.

Es folgte sodann die Berathung des Berichts über die Bauausführungen und Beschaffungen der Eisenbahnverwaltung während des Zeitraums vom 1. Oktober 1882 bis dahin 1883.

Der Bericht wurde durch einmalige Berathung für er⸗ ledigt erklärt.

Hierauf vertagte sich das Haus um 12 ³¾ Uhr auf Donnerstag 10 Uhr.

Der Stadtgemeinde Breslau ist durch Allerhöchsten Erlaß vom 7. d. Mts. zur Erwerbung der dem Bäckermeister Rieger gehörigen, vor seinem Grundstück Nr. 13 der Neuen Schweidnitzerstraße belegenen und zur Verbreiterung der ge⸗ nannten Straße erforderlichen Parzelle das Enteignungs⸗ recht verliehen worden.

Durch die Vorschrift des §. 5 des preußischen Pfandleihe⸗ gesetzes vom 17. März 1881, nach welchem der Pfandleiher ein Pfandrecht an den ihm übergebenen Gegenständen erst dadurch erwirbt, daß er das Geschäft in ein Pfandbuch einträgt, ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Civilsenats, vom 12. März d. J., an den landesgesetzlich vorgeschriebenen allgemeinen Formen der Verpfändung nichts geändert worden; vielmehr sind neben der Eintragung des Geschäfts in das Pfandbuch zugleich auch alle übrigen Er⸗ fordernisse für die Entstehung und Fortdauer eines Pfand⸗ rechts zu erfüllen. So würde beispielsweise für die Verpfän⸗ dung einer verbrieften Forderung an einen konzessionirten Pfandleiher in der Ausübung seines Pfandleih⸗Gewerbes neben der im §. 5 des Pfandleihgesetzes vorgeschriebenen Form noch die Ausstellung eines Verpfändungsscheines Seitens des Verpfänders nothwendig sein, und diese Form würde nicht durch die Hingabe der über die Forderung ausgestellten Ur⸗ kunde an den Pfandleiher ersetzt werden können.

Kiel, 22. April. (W. T. B.) Der Chef der Admiralität, General⸗Lieutenant von Caprivi ist heute Vormittag hier eingetroffen. Das Uebungsgeschwader ist mit dem heutigen Tage in Dienst gestellt.

Württemberg. Stuttgart, 21. April. (St.⸗A. f. W.) Der Großfürst Sergius von Rußland hat sich gestern Mittag wieder nach Darmstadt zurückbegeben.

Baden. Karlsruhe, 19. April. (Karlsr. Ztg.) Heute Vormittag kurz vor 12 Uhr traf die Kaiserin von Oester⸗ reich mit der Erzherzogin Valerie und dem Gefolge von Heidelberg hier ein. Ihre Majestät hatte sich jedweden offiziellen Empfang verbeten. Der Großherzog und die Großherzogin empfingen die Kaiserin am Bahnhof und geleiteten dieselbe in das Großherzogliche Schloß. Ihre Majestät besuchte die Pflanzenhäuser des Großherzoglichen botanischen Gartens und begab sich gegen 1 Uhr, von den Großherzog⸗ lichen Herrschaften begleitet, wieder zum Bahnhof, von wo ein Extrazug die Kaiserin nach Heidelberg zurückführte.

Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 19. April. (Altenb. Ztg.) Mit der Prinzessin Elisabeth sind heute der Prinz und die Prinzessin Moritz von hier abgereist. Die Abreise der Prinzefin Elisabeth von Altenburg war höchst ergreifend, und die mancherlei Kundgebungen der letzten Tage, wie heute, dokumentirten so recht, wie viel Liebe die jugendliche Tochter unseres erlauchten Fürstenhauses hier be⸗ sitzt. Die Straßen vom Herzoglichen Residenzschlosse bis hinter dem Bahnhofe waren zu beiden Seiten mit Tannenbäumen besetzt worden, auf welche der heutige Tag ein winterliches Kleid legte. Viele Häuser hatten Flaggen⸗ schmuck angelegt; vom Thurme der Bartholomäikirche aber erschollen in zwei Pulsen feierliche Glockenklänge zum Zeichen der nahenden Abschiedsstunde. Die Abfahrt war auf 1⁄21 Uht angesetzt worden, und mehrere Minuten nach

11 Uhr, nachdem Prinzessin Elisabeth Abschied genommen von der Stätte ihrer Kindheit, Abschied von mehreren ihrer er lauchten Angehörigen, fuhren die Galawagen mit Spitzenreitern vie Auffahrt des Herzoglichen Residenzschlosses herunter beim Einbiegen auf den Josefsplatz von dem hier zahlreich postirten Publikum, wie von vielen Damen, welche die Fenster der Häuser eingenommen hatten, durch Zurufe wie durch Ab schiedsgrüße an die scheidende Prinzessin wie an die Groß⸗ fürstin Alexandra herzlich empfangen. Nicht minder herzlich war auch der Empfang der Prinzessin⸗Braut wie ihrer er⸗ lauchten Schwiegermutter am Bahnhofe. Das sehr zahlreich anwesende Publikum empfing dieselben mit enthusiastischen Hochrufen, und die hohen Herrschaften erwiderten diese Kund⸗ gebungen der Liebe und Verehrung in huldvollster Weise.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Gotha, 19. April. (L. Tabl.) Dem vorgestern in Thätigkeit getretenen Landtage des Herzogthums Gotha ist ein Gesetzentwurf, betreffend den Mißbrauch des Vereinigungs⸗ und Versamm⸗ lungsrechtes, zugegangen. Nach den Ausführungen des beigegebenen Dekrets des Herzoglichen Staats⸗Ministeriums hat das Recht der Staatsangehörigen zu Versammlungen und Vereinigungen in dem Staatsgrundgesetz von 1852 im All⸗ gemeinen Feststellung erfahren; es hat sich jedoch der Mangel näherer Bestimmungen darüber, welche Formalitäten bei der Ausübung dieses Rechtes zu beachten sind, im Laufe der Zeit, hauptsächlich aber nach Erlaß des Reichsgesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878, in erheblichstem Grade sichtbar gemacht. Diesem Umstande soll durch den Gesetzentwurf abgeholfen werden; derselbe geht in erster Linie davon aus, daß eine obrigkeitliche Genehmigung zur Gründung von Vereinen und Einberufung von Versammlungen nicht nothwendig ist, daß aber die Ortspolizeibehörde jederzeit in Kenntniß gesetzt werden muß, wenn es sich um die Errichtung eines Vereins und die Abhaltung einer Versammlung in geschlossenen Räumen oder unter freiem Himmel handelt, sofern die Erörte⸗ rung öffentlicher Angelegenheiten in diesen Vereinen und Versammlungen beabsichtigt wird, und die Einberufung durch eine Privatperson erfolgt. Der Polizeibehörde werden in dem Gesetzentwurf weiter die Handhaben geboten, jede unter die Bestimmungen desselben fallende Vereins⸗ oder sonstige Versammlung zu kontroliren und unter gewissen Voraussetzun⸗ gen aufzuheben. Diese Ermächtigung ist nothwendig, einerseits zum Schutz der Gesellschaft, andererseits zur Wahrung der po⸗ lizeilichen Autorität. Eine Schmälerung des Vereins⸗ und Ver⸗ sammlungsrechts findet durch das genannte Gesetz nicht statt, wohl aber wird die Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen verhindert; auch der beliebten Taktik der Sozialdemokraten, politische Versammlungen durch Störungen zu sprengen, ist durch den §. 13 des Gesetzentwurfs ein Riegel vorgeschoben worden; denn derselbe lautet: „Wer in der Absicht, den ge⸗

ordneten Gang der Verhandlung einer Versammlung zu stören

oder zu verhindern, sich eines ungebührlichen Verhaltens schul⸗ dig macht, ist mit einer Geldstrafe bis zu 300 oder mit Haft zu bestrafen.“

Anhalt. Dessau, 21. April. Die „Gesetz⸗Sammlung für das Herzogthum Anhalt“ veröffentlicht das Gesetz vom 26. März d. J., wegen Abänderung des Gesetzes vom 28. Juni 1869, die Auseinandersetzung des Herzoglichen Hauses und des Landes bezüglich des Domaniums betreffend. Dasselbe lautet:

In Art. IX. des Gesetzes Nr. 194 vom 28. Juni 1869, die Auseinandersetzung des Herzoglichen Hauses und des Landes wegen des Domaniums betreffend, kommt der zweite Satz, welcher lautet:

„Diese Steuerpflichtigkeit des inländischen Grundbesitzes Unseres Herzoglichen Hauses ruht jedoch in Beziehung auf die Staatssteuern so lange, als Wir und Unser Herzogliches Haus die gegenwärtigen Souveränetätsrechte betreffs der Steuer⸗Hoheit ausüben werden, und versprechen Wir dagegen für Uns und Unser Herzogliches Haus, so lange dasselbe zur Regierung des Landes berufen sein wird, alljährlich 8 % derjenigen Summe, welche nach dem festgestellten Haupt⸗Finanz⸗ Etat als Ergänzungssteuer nach den Vorschriften der Gesetze vom 24. April 1866 und 1. Mai 1868 oder künftig etwa durch andere in gesetzlichem Wege an deren Stelle tretende Besteuerung für das jedes⸗ malige Etatsjahr zu erheben ist, aus den Einkünften Unseres Ver⸗ mögens in vierteljährlichen Raten postnumerando zur Landeskasse zahlen zu lassen.“ 8

in Wegfall.

Braunschweig. Braun 2 Der Herzog ist nach Sibylllenort abgereist.

vb

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 19. April. (Wien. Abdp.) Die parlamentarische Thätigkeit in der diesseitigen Reichs⸗ hälfte ist mit dem heutigen Tage wieder aufgenommen worden, indem die volkswirthschaftliche Kommission des Herrenhauses, heute Mittags zusammentrat, um den Gesetzentwurf, betreffend die Regelung der Erdharzgewinnung in Galizien und der Bukowina, in Berathung zu ziehen. Im Abgeordnetenhause werden die meritorischen Ver⸗ handlungen erst am Freitag, den 25. d. M., wieder beginnen.

22. April. (W. T. B.) Gestern fand in den Alexander⸗Zimmern der Hofburg ein Galadiner statt, an welchem der Erzherzog Albrecht, der deutsche Bot⸗ schafter Prinz Reuß nebst den Mitgliedern der deutschen Botschaft, der Kriegs⸗Minister Graf Bylandt⸗Rheydt und die Deputation des Ostpreußischen Grenadier⸗Regiments Nr. 3 theilnahmen.

Großbritannien und Irland. London, 21. April. (W. T. B.) Die Konferenz der Großmächte bezüg⸗ lich der egyptischen Finanzlage hat, wie die „Pall⸗ Mall Gazette“ bestätigend mittheilt, den Zweck, die Zu⸗ stimmung der Signatarmächte des Liquidationsvertrages zu einer Abänderung des Liquidationsgesetzes zu erlangen, um die egyptische Regierung in den Stand zu setzen, ihren drin⸗ genden Verpflichtungen gerecht zu werden. 8

In der heutigen Sitzung des Unterhauses erklärte der Premier Gladstone: die Verbindung mit Shendy sei durch feindliche Stämme unterbrochen; in Betreff der Ein⸗ schließung Berbers hege man ernstliche Befürchtungen. Aus dem Bericht des Generals Gordon gehe hervor, daß er von feindlichen Stämmen umgeben sei, aber reichliche Vor⸗ räthe besitze und augenblicklich keine Gefahr befürchte. Der Premier bemerkte ferner: er habe vor den Ferien erklärt, daß die Regierung in der finanziellen Frage zu einem wich⸗ tigen Entschluß gekommen sei, aber noch nichts unternehmen könne, bevor mit den übrigen Mächten eine Verständigung darüber stattgesunden habe. Dieser Erklärung habe er nichts

Wesentliches hinzuzufügen.

weig, 22. April. (W. T. B.)

22. April, früh. (W. T. B.) Ein Telegramm des „Standard“ aus Kairo meldet, aus angeblich bester Quelle: es sei beschlossen, die größte, bei der e gyptischen Armee verfügbare Streitmacht binnen längstens 6 Wochen nach Khartum zu senden. General Gordon habe in einem Telegramm an den General⸗Konsul Baring sich über die Art, in welcher er von der englischen Regierung preisgegeben worden sei, höchst entrüstet ausgesprochen; er sei entschlossen, sich gänzlich loszusagen von denen, die ihn verlassen hätten und die Schuld trügen an den im Sudan verloren gehenden Menschenleben.

Frankreich. Paris, 19. April. (Fr. Corr.) Der „Temps“ erhielt folgende Privatdepescheaus Tongking: „Haiphong, 19. April, 9 Uhr 10 Min. Morgens. Der General en chef ist am 15 nach Hanoi zurückgekehrt. Die anamitischen Banden, welche unter der Führung des Prinzen Hoang⸗ Ke⸗Viem gegen uns kämpfen, ziehen sich nach der Provinz von Tem⸗ oa zurück. Man sagt, daß sie nach Anam gelangen wollen. Der —2 Bridère de l'Isle verfolgt sie, indem er dem Laufe des Day und dem Fuße des Gebirges entlang sich dem Meere zuwendet. Nach Beendigung dieser Operation wird der General sein Hauptquartier in Nam⸗Dinh aufschlagen und dort die Regenzeit verbringen. Ein Bataillon wird als Garnison nach Phuli und ein zweites nach Namsinh verlegt werden, um das Delta nach dieser Seite hin abzuschließen. Der General Negrier wird, nachdem er zwei Bataillone der Fremdenlegion unter dem Kommando des Oberst⸗Lieutenants Duchesne in Honghoa unter⸗ gebracht und die Gegend pacificirt hat, sein Hauptquartier nach Hanoi verlegen. Die Reste der Schwarzflaggen treiben sich im Gebirge umher. Unsere Siege haben einen ungemein großen Eindruck auf die tongkinesische Bevölkerung gemacht Das Kommando konstatirt dies im Verkehr mit den einheimischen Behörden. Der Feldzug ist be⸗ endet. Heute Nacht brach ein furchtbarer Sturm über das ganze Delta los. In Saigon haben die Regengüsse begonnen.“

20. April. (Köln. Ztg.) Mit Ausnahme der Seine⸗ und Korsikas⸗ und der algerischen Departements werden die Generalräthe morgen überall zur außerordentlichen Session zusammentreten. Diese Session dauert im Durchschnitt zehn Tage. Von den 90 Departementsräthen haben gegenwärtig 79 einen republikanischen Vorstand; die 11 übrigen haben eine monarchische Mehrheit und einen entsprechenden Vorstand. Die Monarchisten haben die Majorität in der Charente, der Nordküste, im Jura, Gers, Indre, in der Unteren Loire, Maine⸗et⸗Loire, Morbihan, Oise, Vendée und im Distrikt Belfort. Von den 90 Präsidenten der Departementsräthe sind 25 Mitglieder der Kammer und 38 Mitglieder des Senats.

Die „Ag. Havas“ meldet: „Der Kriegs⸗Minister hat heute Abgeordnete des Gemeinderaths empfangen, welche mit ihm die Abtragung der Pariser Ringmauer besprechen wollten. Der Minister ist geneigt, in diese Abtra⸗ gung zu willigen, wenn die Stadt Paris alle hieraus ent⸗ springenden Kosten übernehmen und außerdem noch eine be⸗ deutende Summe bewilligen will, um vorerst die Ringmauern der detachirten Forts zu vollenden.

21. April. (W. T. B.) Ein Telegramm des Kommandanten des französischen Geschwaders in den chine⸗ sischen Gewässern, Admirals Lespès, zeigt an: er treffe Vorbereitungen, Amoy zu verlassen und sich nach Futschu und Shanghai zu begeben; sein Aufenthalt in Amoy sei von aünstigstem Erfolge gewesen.

Die von verschiedenen Zeitungen gebrachten Mittheilungen über, angeblich von Irländern in Paris geplante, Dynamitkomplotte werden von der hiesigen Polizei⸗ präfektur als reine Erfindungen bezeichnet.

Italien. Rom, 21. April. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer erwiderte der Minister⸗Präsident Depretis auf eine bezügliche Interpellation, daß in Betreff der Provenienzen aus Calcutta, wo die Cholera herrsche, bereits Vorsorge getroffen sei.

Die Konventionen, betreffend den Betrieb des Mittel⸗ meernetzes der italienischen Eisenbahnen, sind heute unterzeichnet worden.

Bei sämmtlichen, gestern stattgehabten 6 Nachwahlen zur Deputirtenkammer wurden die von der ministeriellen Partei aufgestellten Kandidaten gewählt.

Von den Pentarchisten wurde gestern in Neapel, behufs Gründung eines Klubs der Linken, eine Ver⸗ sammlung abgehalten und das Präsidium Crispi über⸗ tragen; Cairoli, Nicotera und Beccarini stellten in Abrede, daß in der Partei irgendwelche Uneinigkeit bestehe.

Turin, 22. April. (W. T. B.) Die Herzogin von Genua ist gestern Nachmittag von einem Prinzen ent⸗ bunden worden.

Türkei. Konstantinopel, 21. April. (W. T. B.) Das österreichische Kronprinzen⸗Paar machte heute Vormittag einen Ausflug nach Beikos an der asiatischen Küste des Schwarzen Meeres und nahm sodann in der Sommerresidenz des österreichischen Botschafters in Bujuk⸗ dere das Dejeuner ein. Hierauf besuchten der Kronprinz und die Kronprinzessin die den Namen des Kronprinzen füh⸗ rende österreichische Schule in Bujukdere. Abends findet ein Galadiner im Yildiz Kiosk statt. Die Reise nach Brussa soll morgen zur Ausführung kommen.

Amerika. Washington, 18. April. (Allg. Corr.) m Repräsentantenhause mußte die Debatte über korrisons Tarifbill wegen anderer dringender Geschäfte vertagt werden, wird aber wahrscheinlich in der nächsten Woche wieder aufgenommen werden. Es werden noch immer republikanische Konventionen abgehalten: die von lew Jersey und Delaware haben Mr. Blaine, die Delegirten von Indiana Mr. Benjamin Harrison zum Präsidentschafts⸗ andidaten gewählt.

1n Afrika. Egypten. Kairo, 21. April. (W. T. B.) Mit dem Generalkonsul Baring ist auch General Graham nach Alexandrien gereist, um sich nach London zu begeben.

—,— 8 C1“

Zeitungsstimmen.

Das „Leipziger Tageblatt“ spricht in drei Artikeln sein ernstes Mißfallen über die Reden aus, die von den De⸗ legirten der deutsch⸗freisinnigen Partei dort kürzlich in der

arteiversammlung gehalten worden sind. Der Schluß des zweiten Artikels lautet:

... wir aber fragen: ist es eines hervorragend gebildeten Mannes und eines ernsten Politikers würdig, in solcher Weise einen von glühender Beg Pterung für sein Vaterland erfüllten schöpferischen

Stoatsmann, welcher Deutschland dahingebracht hat, daß es jetzt im Völkerconcert nicht mehr das mißachtete Aschenbrödel ist, herab⸗ zusetzen? Das Gefühl für jedwede Autorität muß schließ⸗ lich erschüttert werden, wenn selbst von einer Seite, die auf Bildung und gesellschaftliche Stellung Anspruch erbebt, der oberste Beamte des Reichs, dem selbst das Ausland die höchste Ach⸗ tung und Anerkennung zollt, dem Gelächter der Menge preisgegeben wird. Das ist kein loyaler politischer Kampf mehr, sondern das ist ein Kampf, der sein Heil in der Spekulation auf die Leidenschaften der Menschen erblickt und, wenn ihm kein Halt geboten wird, nur zu einem unheilvollen Ausgang führen kann.

Und diese „Früchte“ sind gezeitigt worden in einer Stadt, die, trotz hier und da abweichender Meinungen über verschiedene Fragen der inneren Politik, doch dem Fürsten Bismarck in alle Wege das Gefühl inniger Dankbarkeit bewahrt hat. Wir dürfen es mit Stolz sagen, der eiserne Kanzler des Deutschen Reiches ist unser Ehrenbürger und diese höchste Würde, welche die Bürgerschaft einer Stadt zu vergeben hat, ist ihm verliehen für seine unauslöschlichen Verdienste um das deutsche Vaterland und Volk. Wir warten ruhig die Erfahrung der Zukunft ab, ehe wir auch nur einen Augenblick uns dem Glauben hingeben, daß es den Mata⸗ doren der „deutsch⸗freisinnigen“ Partei möglich sein werde, in unserer Stadt Leipzig eine Wandelung der Gesinnung dergestalt zu voll⸗ ziehen, um das Gefühl der Dankbarkeit gegen Fürst Bismarck zu zerstören und ihn in der Weise zu bekämpfen, wie es die Herren Barth und Traeger thun. Wir hegen im Gegentheil das felsenfeste Vertrauen zu der großen Mehrheit unserer Bürgerschaft, daß sie dem Versuch, eine solche Gesinnungsänderung herbeizuführen, kräftig ent⸗ gegentreten und daß Leipzig nach wie vor als eine Stadt glänzen wird, in der nationale Treue und nationale Dankbarkeit nicht auf den Aussterbeetat gesetzt sind.

In der „Staatsbürger⸗Zeitung“ lesen wir:

Auf dem nationalliberalen Parteitage in Neustadt sprach nach dem Dr. Miquel der greise Bankdirektor Eckhart aus Mannheim, ein „alter Achtundvierziger“ und seit jener Zeit Mitglied der badischen Kammer. Am Schlusse seines volksthümlich gehaltenen, die Zuhörer nach den vorliegenden Berichten auf das Tiefste bewegenden Vortrages sagte Hr. Eckhart mit Bezug auf die soziale Reform: „Die Schande wollen wir uns und unseren Kindern nicht anthun, daß man uns nachsagt, wir seien in einer so großen Sache nicht mit dem Schöpfer des Deutschen Reiches gegangen.“ (Lang andauernder lebhafter Beifall.)

Die Glaserschen „Annalen für Gewerbe und Bauwesen“ berichten:

Andererseits finden die Fachblätter es angezeigt, Deutschland

als Englands mäͤchtigsten Rivalen auf dem Eisen⸗ und Stahlgebiete anzuerkennen. Bei Anlaß der letzten Jahresversammlung der Cleveland⸗Eisen⸗ industriellen rühmte man sich, seit Einführung des Thomas Gilchrist⸗ schen Verfahrens in der Fabrikation der eisernen Träger mit Deutsch⸗ land konkurriren zu können. Besonders aber hat die von der British Iron Trade Association ausgegebene Statistik des Jahres 1883 dar⸗ gethan, daß England auf seinen altgewohnten Absatzgebieten in Deutschland einen, wenn auch nicht ebenbürtigen, so doch nicht zu verachtenden Rivalen gefunden hat. Nicht nur seinen eigenen, sehr großen Bedarf decke es bis auf eine kleine Fraktion, sondern es treibe auch einen sehr beträchtlichen, mächtig wachsenden Ausfuhrhandel. Intensiv bewähre sich der Aufschwung seiner Eisenindustrie dadurch, daß in Deutschland die jährliche Roheisenproduktion von 1880 auf 1882 um 651 768 t gestiegen sei, während sich die Anzahl der Hochöfen gleichzeitig nur um fünfzehn vermehrt habe; sowie ferner durch das Verhältniß des Eisenerzkonsums zum gewonnenen Eisen von 2,2: 1, gegen 2,07: 1 in Nordamerika und 2,51: 1 in England und Schottland. Der Abnahme der Bessemer⸗Produktion um 237 745 t gegen das Vorjahr stehe eine Zunahme des Thomaseisens um 311 485 t gegenüber; der basische Prozeß habe in Deutschland größere Fortschritte als in irgend einem anderen Lande gemacht. Alle beweis⸗ führenden Ziffern, die wachsende Arbeitsentfaltung und Ausfuhr und den abnehmenden Import betreffend, übergehen wir als genugsam bekannt, und erwähnen nur den Totalexport von verarbeitetem Eisen und Stahl von 788 614 t, gegenüber einem Import von 43 075 t, woraus ein enormes Uebergewicht zu Gunsten Deutschlands hervor⸗ geht, sowie die Zunahme der Ausfuhr von Stahldraht um 52 ¾ % von 1882 auf 1883, für welches auffallende Faktum wir in unserer Nr. 160 vom 15. Februar d. J, Seite 81, bereits aus englischen Blättern eine Illustration gebracht haben.

„Wenn auch nicht alles Gold sei, was glänze, unter dem Banner des vaterländischen Protektionismus, so sei doch bis dahin, ohne die Nebenresultate der einschlägigen Politik des Fürsten Bismarck näher zu erörtern, der deutsche Eisen⸗ und Stahlverkehr unverkennbar auf dem Wege, sich zu ganz außerordentlichen substantiellen Erfolgen auf⸗ zuschwingen.

Die „Magdeburgische Zeitung“ tritt für den Entwurf des Aktiengesetzes ein, wenn sie auch nicht gerade behaupten will, „daß die Fassung der Vorlage in allen auf den Gründungsvorgang bezw. auf die Ausgabe von Aktien bezüglichen Bestimmungen eine glückliche sei“. U. A. bemerkt sie Folgendes:

„Wenn das neue Gesetz die Forderung aufstellt, daß die Direk⸗ toren und Aufsichtsräthe von Aktiengesellschaften in ihren Verrich⸗ tungen die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anwenden müssen, so ist dies sicherlich kein zu weitgehendes Verlangen, denn ohne solchen Grundsatz ist ein zuverlässiger Geschäftsverkehr überhaupt nicht möglich.

Auch jetzt schon wird es vom Richter in allen anderen Handels⸗ beziehungen bestraft, wenn ein Koufmann, zumal als Beauftragter, die pflichtschuldige Sorgfalt außer Acht läßt. Wir behaupten auch, daß weitaus die meisten Direktoren von Aktiengesellschaften diese Sorgfalt anwenden, wie auch nicht wenige Aufsichtsrathe bemüht sind, ihre Obliegenheiten mit allem Fleiß zu erfüllen, so weit ihre Zeit ihnen das gestattet. Wenn also das neue Gesetz etwas zur Bedingung macht, was unter anständigen Herren selbstverständlich ist, so braucht man sich darüber in den Kreisen der Gesellschaftsrerwaltungen doch wahrlich nicht zu entsetzen! Strafbestimmungen endlich sind nothwendig hier wie bei jedem anderen Gesetz, um demselben allgemeine Achtung zu ver⸗ schaffen. Ohne solche Bestimmungen ist dasselbe ein stumpfes Werk⸗ zeug Für unzutreffend müssen wir es halten, wenn der deutsche Handelstag in seiner Beschlußfassung erklärt hat, daß sich unter den Bestimmungen des neuen Gesetzes zuver⸗ lässige und leistungsfähige Persönlichkeiten zur Verwal⸗ tung von Aktiengesellschaften nicht kereit finden werden. In Bezug auf die Gründungen mag eine etwas größere Zurück⸗ haltung stattfinden was auch hinsichtlich vieler, zur öffentlichen Vergesellschaftung ungeeigneter Unternehmungen kein Fehler wäre —, in Bezug auf die bestehenden Unternehmungen aber sicherlich nicht. Dazu üben die großen Kapitalien der Aktiengesellschaften, üben die reich ausgestatteten Direktions⸗ und Aufsichtsrathsstellen doch eine zu große Anziehungskraft auf die vorhandenen Arbeitskräfte aus.“

In Betreff der Erweiterung der Aktionärrechte wird be⸗ merkt, „daß das neue Gesetz im Ganzen nur längst laut ge⸗ wordene und berechtigte Forderungen erfülle, und daß eine wirkliche Gefahr für gute Unternehmungen aus der geplanten Gesetzesänderung nicht entstehen könne, nachdem der Bundes⸗ rath eine Schadenersatzbestimmung für böswillige Anfechtung von gesellschaftlichen Maßnahmen dem Entwurf hinzu⸗ gefügt habe“. Zum Schluß heißt es:

„»Alles in Allem genommen, haben die soliden Bestand⸗ theile des Handelsberufs keinen Grund zu Besorgnissen vor den geplanten Gesetzesänderungen. Die Gründe zum Gesetz lassen über die loyalen Absichten der Regierung keinen Zweifel, und die Bestimmungen des Entwurfs gehen über die zum Schutze der Aktionäre von vollständig vorurtheilsfreier Seite geforderten Einrich⸗ tungen nicht hinaus, bleiben im Einzelnen sogar in Bezug auf Einzel⸗

[rechte des Aktionärs und auf Oeffentlichkeit im Aktienwesen hinter

der wünschenswerthen Ausdehnung zurach“.

Central⸗Blatt der Abgaben⸗Gesetzgebung und Ver⸗ waltung in den Königlich preußischen Staaten. Nr. 8. Inhalt: Anzeige der in der Irsch. Sammfung und im Reichs⸗Gesetz⸗ blatte erschienenen Gesetze und ero dnungen. Allgemeine Ver⸗ waltungsgegenstände: Veränderungen in dem Stande und in den Be⸗ fugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen. Einziehung der Reichs⸗ kassenscheine vom 11. Juli 1874. Bescheinigung der Quittungen über Pensionen, Wartegelder und Unterstützungen. Indirekte Steuern: Ermittelung des zollpflichtigen Gewichts von in Ersenbahn⸗ wagenladungen eingehenden Massengütern. Tarifirung von mit Seide gemischten Zeugwaaren. Abänderung der Tarasätze für un⸗ bearbeitete Tabackblätter und Stengel. Personalnachrichten.

8 8 Reichstags⸗Angelegenheiten. Der Abg. Wilhelm Rudolf Frhr. von Schorlemer⸗Vehr ist am 19. April auf dem Schlosse Vehr bei Quakenbrück gestorben. Er vertrat seit 1880 im Reichstage den Kreis Daun⸗Bitburg⸗Prüm.

Landtags⸗Angelegenheiten.

Am 19. d. M. ist zu Parey a. Elbe Frhr. von Plotho, Erb⸗ kämmerer des Herzogthums Magdeburg, Mitglied des Herrenhauses, verstorben. In das Herrenhaus auf Präsentation des Verbandes des alten und befestigten Grundbesitzes im Landschaftsbezirk Herzogthum Magdeburg durch Allerhöchsten Erlaß vom 13. Dezember 1869 auf Lebenszeit berufen, war er am 1. Februar 1870 in das Herrenhaus eingetreten. .

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heits amts sind in der 15. Jahreswoche von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als g estorben gemeldet: in Berlin 22,9, in Breslau 28,7, in Königsberg 33,8, in Cöln 22,8, in Frankfurt a. M. 21,9, in Hannover 21,8, in Cassel 23,2, in Magdeburg 27,2, Üin Stettin 26,9, in Altona 28,4, in Straßburg 36,8, in Metz 25,3, in München 31,2, in Nürnberg 26,2, in Augsburg 32,5, in Dres⸗ den 26,0, in Leipzig 23,4, in Stuttgart 23,2, in Braunschweig 19,8, in Karlsruhe 16,0, in Hamburg 27,8, in Lübeck —, in Wien 33,7, in Budapest —, in Prag 39,5, in Triest 29,3, in Krakau 54,2, in Basel 19,4, in Brüssel 26,1, in Amsterdam 34,0, in Paris 28, 3, in London 19,1, in Glasgow 28,7, in Liverpool 22,6, in Dublin 23,0, in Edinburg 22,3, in Kopenhagen 17,7, in Stockholm 20,1, in Chri⸗ tiania 16,8, in St. Petersburg 41,8, in Warschau —, in Odessa 36,6, in Bukarest 33,3. in Rom 38,6, in Turin 39,3, in Madrid 32,1, in Alexandrien 30,9.— Ferner in der Zeit vom 16.—22. März cr.: in New⸗York 24,8, in Philadelphia 21,1, in St Louis 17,8, in Chicago —, in Cincinnati 16,9, in San Franzisko 17,3, in Kal⸗ kutta —, in Bombay 26,3, in Madras 74,4.

Beim Beginn und in den ersten Tagen der Berichtswoche waren an den deutschen Beobachtungsorten östliche und füdöstliche, in Karls⸗ ruhe nordöstliche Windströmungen vorherrschend, die aber nur an den Oststationen und in Berlin, mit nordöstlichen Winden wechselnd, bis an das Ende der Woche, wo der Wind nach Nord⸗Nordost und Nor west, in Berlin bis West umlief, vorwiegend blieben. In Bremen, Cöln, Karlsruhe drehte der Wind um die Mitte der Woche, in München und Heiligenstadt über Südwest, nach Nordwest und Nord, und blieben pördliche, vielfach veränderliche Wind⸗ richtungen bis an das Ende der Woche, wo in Cöln und Karleruhe wieder südliche und südöstliche Luftströmungen die Oberhand gewannen, vorherrschend. Die Temperatur der Luft beim Wochenbeginn eine höhere, nahm bald ab, so daß der Wochendurchschnitt derselben nur an den mittel⸗ und nordwestdeutschen Stationen der normalen ent⸗ sprach, an den übrigen Stationen, namentlich in Breslau, die nor⸗ male nicht erreichte. Leichte Nachtfröste werden nur an einzelnen Tagen, besonders um die Mitte der Woche aus den ost⸗, west⸗ und süddeutschen Stationen gemeldet. Niederschläge, in München und Heiligenstadt auch Schnee, waren nicht selten und auch ergiebig. Der beim Wochenbeginn niedrige Druck der Luft stieg am 8., sank am 9. wieder und behauptete mit geringen Schwankungen seinen Standpunk bis an das Ende der Woche, wo er an den meisten Statkonen z steigen begann.

„Die Sterblichkeit hat in der Berichtswoche in den meisten größeren Städten Europas abgenommen und war namentlich in den deutschen Städten, in fast allen Städtegruppen geringer als in der Vorwoche. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deutschen Städte sank auf 25,3 von 26,6 der Vorwoche pro Mille und Jahr gerechnet. he Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war v Von 10 000 Lebenden starben (aufs Jahr berechnet) 79 Säuglinge gegen 84 der vorhergegangenen Woche; in Berlin 64, in München 121. Auch die Sterblichkeit der höheren Altersklasse (über 60 Jahre) hat abgenommen.

Unter den Todesursachen riefen die Infektionskrankheiten meist etwas mehr, nur Scharlachfieber weniger Todesfälle hervor. Akute entzündliche Prozesse der Athmungsorgane und Darmkatarrhe der Kinder führten aber erbeblich seltener zum Tode. Die Masern⸗ epidemien in Stettin, Breslau, Mühlhausen i. Th., Hamm, Wien, Amsterdam, London, Liverpool, Birmingham, Paris, Turin, St. Pe⸗- tersburg zeigen noch keine wesentliche Verminderung. Das Scharlachfieber hat in Königsberg, Aschersleben, London, Amsterdam etwas weniger, in Ratibor, Gotha, Hannover etwas mehr Todesfälle veranlaßt. Die Sterblichkeit an Diphtherie war in Leipzig, Berlin, Dresden, Breslau, Königsberg, Danzig, Stettin, München, Chem⸗ nitz, Dessau, Frankfurt a. O., Würzburg, Aschersleben, Triest, Paris, Amsterdam, St. Petersburg, Odessa eine größere. Auch typhöse Fieber führten mehr Sterbefälle herbei, namentlich war die Zahl derselben in Magdeburg, Altona, Beuthen O.⸗S., Genf, London, St. Petersburg eine größere, in Paris eine geringere. Sterbefälle an Flecktrphus wurden aus Breslau, Krakau, Granada, Lissabon je 1, aus St. Petersburg 2, aus Madrid 4 gemeldet. Der Keuchhusten trat in Hamburg, Altona, Osnabrück, Elberfeld, Cöln, London epide- misch auf, in Aachen hat die Zahl der Todesfälle abgenommen. Dem Kindbettfieber erlagen in deutschen Städten 20 Frauen. Darmkatarrhe und Brechdurchfälle führten in deutschen Städten all⸗ gemein seltener zum Tode; groß war die Zahl der durch sie veranlaßten Sterbefälle in Paris und St. Petersburg. Pocken zeigten sich häufiger; aus deutschen Städten kamen 4 Todes⸗ fälle zur Mittheilung, von denen 2 auf Thorn, je l auf Danzig und Viersen entfallen. Aus Berlin werden 3 Erkrankungen an Pocken emeldet. In Brüssel, ParisS, Madrid, Malaga, Birmingham,

ien, Turin, Lissabon, St. Petersburg, Baltimore, Cincinnati zeig⸗ ten sich Pocken in beschränkter Zahl. In größerer Ausdehnung er⸗ schienen sie in London, Liverpool, St. Petersburg, New⸗Orleans. Groß war die Zahl der Todesfälle an Pocken in Krakau (22), in Prag (40) und in Madras, wo in der Zeit vom 2. bis 8. Februar 226 Pockentodesfälle vorkamen. In Saigon ist die Cholera aus⸗ gebrochen, in Bombay erlagen derselben (5. bis 11. März) 7 Per⸗ sonen, in Madras (2. bis 8. Februar) 11.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Kreisordnung für die Provinzen Ost⸗ und West⸗ preußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen, vom 13. Dezember 1872, in der seit 1. April 1884 gil⸗ tigen Fassung. Textausgabe mit Parallelstellen und ausführlichem Sachregister 1884. 3 ¾ Bogen gr. 80. kart. Preis 0,75 Berlin,