1884 / 170 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 22 Jul 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Aus der Stellung des qu. § 113 in dem „vom Wider⸗ stande gegen die Staatsgewalt“ handelnden sechsten Abschnitt P. II des Strafgesetzbuchs ergiebt sich, daß unter den in al. 2 ibid. genannten Gemeinde⸗Schutz⸗ oder Bürgerwehren nur Vereinigungen begriffen werden können, welche mit obrigkeit⸗ licher Autorisation bestehen und sich gegebenen Falles auf der Grundlage einer besonderen oder generellen Ermäch⸗ tigung der Obrigkeit in dienstlicher Aktion befunden haben.

Diese Voraussetzungen nun werden bezüglich der frei⸗

willigen Feuerwehren um so sicherer zutreffen, je bestimmter

dieselben in den Gesammtorganismus eines örtlichen Feuer⸗ löschwesens durch Polizeiverordnung oder sonstige rechtsbestän⸗ dige Festsetzung als zugehöhiger Bestandtheil eingefügt wor⸗ den sind.

In Fällen, in welchen einer freiwilligen Feuerwehr der Charakter einer Schutzwehr im Sinne des Strafgesetzbuchs nicht zuzubilligen ist, kann eine Anwendung des gedachten §. 113 nach Maßgabe des Wortlauts desselben noch insoweit in Frage kommen, als etwa die einzelnen der Feuerwehr an⸗ gehörigen Personen von den zur Leitung der Löschmaßregeln berufenen Beamten zur Unterstützung zugezogen waren.

Die Entscheidung darüber aber, ob einer freiwilligen Feuerwehr die Bestimmungen des §. 113 cit. zu Gute kommen, steht im einzelnen Falle den Gerichten zu. Eine gleichmäßige gesetzliche Regelung der Verhältnisse der innerhalb der Mon⸗ archie bestehenden freiwilligen Feuerwehren erscheint bei der Verschiedenheit der thatsächlichen Voraussetzungen für jetzt nicht angezeigt.

Der Minister erachtet es im Allgemeinen als zweckmäßig, daß die freiwilligen Feuerwehren in einer, den jedesmaligen besonderen Verhältnissen entsprechenden, loseren oder festeren

Form in den Rahmen des polizeilichen Feuerlöschwesens ein⸗

gefügt werden, und hat die Ober⸗Präsidenten veranlaßt, hier⸗

auf insbesondere bei Erlaß neuer Feuerlöschordnungen ent⸗ sprechend zu rücksichtigen.

Der Transport von gesundheitsschädlichen, zum Ver⸗ kauf bereits hergerichteten Nahrungsmitteln nach der Stelle, woselbst sie feilgehalten werden sollen, ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 2. Mai d. J., als Versuch des Feilhaltens von gesundheitsschädlichen Nahrungsmitteln zu bestrafen.

Der Kaiserliche Gesandte am Königlich niederländischen Hofe, Graf von Bismarck⸗Schönhausen, hat sich auf einige Zeit nach Varzin begeben. Während seiner Abwesen⸗ heit vom Haag fungirt der Legations⸗Sekretär Graf von Pourtales als interimist ischer Geschäftsträger.

Der Kaiserliche Gesandte am Königlich belgischen Hofe, Wirkliche Geheime Rath Graf von Brandenburg, hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit von Brüssel fungirt der Legations⸗ Rath Graf von Beust als interimistischer Geschäftsträger.

Der Großherzoglich hessische Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe, Dr. Neidhardt, hat Berlin mit Urlaub verlassen. Während seiner Abwesenheit werden die Geschäfte von der Königlich bayerischen Gesandtschaft mit wahr⸗ genommen.

Der General der Infanterie von Strubberg, General⸗Inspecteur des Militär⸗Erziehungs⸗ und Bildungs⸗ wesens, ist von Dienstreisen hierher zurückgekehrt.

Der General⸗Lieutenant Wiebe, Inspecteur der

1. Fuß⸗Artillerie⸗Inspektion, hat sich, nach Rückkehr vom Urlaub,

zur Besichtigung der Schießübungen des Ostpreußischen Fuß⸗ Artillerie⸗Regiments Nr. 1 nach Königsberg i. Pr. begeben.

Kiel, 21. Juli. (W. T. B.) Das Panzer⸗Uebungs⸗ geschwader ist heute Nachmittag nach Wilhelmshaven n See gegangen.

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 21. Juli. (Meckl. Anz.) Der Herzog Johann Albrecht ist vor⸗ estern Mittag von seiner Reise nach St. Petersburg und er Herzog Friedrich Wilhelm mit seinem Gouverneur, Hauptmann Schiller, vorgestern Abend von Dresden hier ein⸗ etroffen.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 21. Juli. (W. T. B.) Betreffs der von dem Journal „Narodni Listy“ neuerdings wieder gebrachten alarmirenden Berichte aus Cettinje über inen angeblichen Protest Montenegros gegen öster⸗ reichische Befestigungen verweist die „Politische Correspondenz“ auf ihre vor Kurzem erfolgte entschiedene Widerlegung dieser Berichte. Zugleich erklärt dieselbe die Aufnahme dieser Berichte von Seiten der „Narodni Listy“ für

ine lediglich auf bewußte Irreführung und Beunruhigung berechnete Methode, die sich von selbst verurtheile.

Niederlande. Haag, 21. Juli. (W. T. B.) Die Generalstaaten sind zur Berathung des Regentschafts⸗ Gesetzentwurfs zum 29. d. M. einberufen worden.

Großbritannien und Irland. London, 19. Juli. (Allg. Corr.) Von dem äußersten Flügel der liberalen Partei wird keine Anstrengung gescheut, um die Agitation gegen das Oberhaus so wirkungsvoll wie nur immer möglich zu machen. Wahrhaft großartig dürfte die am ächsten Montag im Hyde⸗Park stattfindende Reform⸗ Demonstration werden. Am 30. Juli wird in der St. James Hall zu London eine Konferenz von Vertretern mmtlicher liberalen Vereine des Landes abgehalten, um die Ablehnung der Wahlreformvorlage von Seiten des Oberhauses in Erwägung zu ziehen. In Beantwortung einer ihm übermittelten Resolution der liberalen Sechshundert von Leeds schreibt der Premier Gladstone: „Ich kann nur wiederholen, was ich bereits ge⸗ sagt habe, daß der Anspruch, den das Oberhaus zu erheben sucht, mit aller Gewalt einen Appell an das Volk herbeizu⸗ führen, mir als eine absolute und sehr gefährliche Neuerung erscheint. Ich empfange täglich zahlreiche Meinungsausdrücke von verschiedenen öffentl ichen Körperschaften, aus denen er⸗ hellt, daß das Publikum die ernsten Folgen, welche der gegen⸗ wärtige Stand der Dinge in sich schließen dürfte, nicht ver⸗ kennt“. 8 21. Juli. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses theilte der Präsident des Local⸗Govern⸗ ment⸗Board, Dilke, mit, daß die Einfuhr von Lum⸗ pen aus Marseille und Toulon verboten worden sei, daß es aber nicht in der Absicht der Regierung liege, die Einfuhr von Lumpen aus ganz Frankreich zu verbieten.

vr Hydepark fand heute eine große Kundgebung für die Wahlreformbill und gegen deren Ab⸗ lehnung durch das Oberhaus statt. Der aus Delegirten der verschiedenen Gewerbe mit ihren Fahnen und Emblemen sowie Mitgliedern politischer Vereine und Deputationen ländlicher Arbeiter bestehende Zug bildete sich am Themsequai und begab sich von da nach dem Hydepark, wo 7 Meetings abgehalten wurden, bei denen Parlamentsdeputirte den Vorsitz führten. Es wurden Resolutionen angenommen, in welchen eine Herbstsession des Parlaments zur abermaligen Berathung der Wahlreformbill anempfohlen und das Ver⸗ halten des Oberhauses gemißbilligt wird, dessen Macht, den Willen des Volkes zu hemmen, nichts beitrage zur Wohlfahrt der Nation. Die Zahl der Theilnehmer an der Kundgebung wird auf 50 000 70 000 geschätzt. Es herrschte die größte Ordnung; die Manifestation war vorzüglich organisirt, er⸗ mangelte aber desjenigen Grades von Enthusiasmus, den man erwartet hatte.

Frankreich. Paris, 19. Juli. (Fr. Corr.) Das Geschwader des Admirals Courbet hat vor dem Arsenal von Futschau Anker geworfen und soll sich des Arsenals bemächtigen, falls die augenblicklich mit China eingeleiteten Unterhandlungen behufs Zahlung einer Indemnität zu keinem befriedigenden Resultat gelangten. Der Admiral Courbet hat unter seinen Befehlen fünfzehn Kriegsschiffe und zwei Torpedo⸗ fahrzeuge mit 114 Kanonen großen Kalibers und 3076 Mann. Die 1. Division, unter den direkten Befehlen des Vize⸗ Admirals, besteht aus den Panzerschiffen „Bayard“ und „Atalante“, dem Kreuzer „Chateau⸗Renaud“, dem Avisodampfer „Parseval“, dem Eclaiceurschiff „Hamelin“, den Kanonen⸗ booten „Lynx“, „Vipere“ und „Aspic“ und endlich aus den zwei Torpedoschiffen Nr. 45 und 46. Die 2. Division, be⸗ fehligt von dem Contre⸗Admiral Lespes, besteht aus den Panzerschiffen „La Galissonniere“ und „Triomphante“, den Kreuzern „Duguay⸗Trouin“, „Villars“ und „D'Estaing“, dem Eclaireurschiff „Volta“ und dem Kanonenboot „Lutin“. Futschau ist der militärische Hafen Chinas und wurde von Li Hung⸗Tschang angelegt. Das Arsenal wurde von zwei Franzosen, den Linienschiffs⸗Lieutenants Prosper Gicquel und d'Aiguebelle, erbaut und eingerichtet.

Der „Temps“ bringt folgende Note: „Man hat gestern den Text des Kaiserlich chinesischen Dekrets gelesen, welches am 16. Juli in der offiziellen Zeitung von Peking erschien, und das die Räumung der festen Plätze Tongkings durch die regulären Truppen des chinesischen Reiches anordnete. Wir müssen hinzufügen, daß dieses Dekret auf das Verlangen der französischen Regierung erlassen wurde, welche in ihrem Ultimatum verlangt, daß diese erste Genugthuung durch die offiziellen Formen bestätigt, werde. Das Ultimatum fordert von China des Weiteren eine Indemnität, welche eine doppelte Bestimmung hat: 1) den Familien der Soldaten, die als Opfer des Hinterhalts von Langson gefallen sind, cine pekuniäre Entschädigung zu geben, 2) die außerordentlichen Ausgaben zu decken, welche der Zwischenfall von Langson verursachte, indem er Frankreich nöthigte, in Tongking und in den chinesischen Gewässern ein größeres Land⸗ und Seeheer zu unter⸗ halten, als dies nach Abschluß des Friedensvertrags hätte sein sollen. China wurde eine ganz kurze Frist zur Beantwortung dieses zweiten Theils des Ultimatums gelassen, und Alles läßt vermuthen, daß die französischen Kammern im Laufe der kom⸗ menden Woche die Antwort der chinesischen Regierung wissen werden. Inzwischen hält Admiral Courbet mit einer impo⸗ santen Escadre die Umgegend von Futschau besetzt und ist vollkommen Herr dieser bedeutenden Stadt. Im Uebrigen zweifelt man nicht daran, daß China den gerechten Forderun⸗ gen Frankreichs nachgeben wird.

20. Juli. (Fr. C.) Der Verfassungs⸗Revisions⸗ ausschuß des Senats nahm in seiner gestrigen Sitzung eine Resolution an, der zu Folge er in nachstehende Punkte willigt: 1) Abkürzung der Frist für die Einberufung der Wähler im Falle der Auflösung der Kammer; 2) Ausscheidung des Wahlgesetzes für den Senat aus der Verfassung; 3) Ausschließung der Debatte über die republikanische Regierungsform aus den Verhandlungen des Kongresses; 4) Abschaffung der öffentlichen Gebete beim Beginn der parlamentarischen Session. Dagegen hat sich der Ausschuß entschieden geweigert, dem Antrage der Regierung und dem Beschluß der Kammer beizutreten, an den Befugnissen des Senats in Budgetangelegenheiten zu rühren.

Die „République francaise“ ist mit dem Beschluß des Senatsausschusses höchst unzufrieden. „Was wird die Kammer thun“, sagt sie, „wenn der Text des Ausschusses im Plenum genehmigt würde? Könnte sie noch den Kongreß wollen, um eine so beschränkte Revision zu vollziehen? Wir wissen es nicht. Drei Dinge scheinen uns aber gewiß: erstlich daß die Revision sicher, unfehlbar zu Stande kommen wird, wenn nicht jetzt, so doch nach den Senatswahlen im nächsten Januar, die sich lediglich um diese Frage drehen werden, und wenn nicht nach den Senatswahlen, so doch nach den allgemeinen Deputirtenwahlen im August 1884. Zweitens kann der Senat versichert sein, daß man ihn nie mehr einem so gemäßigten Revisionsprogramm gegenüber⸗ stellen wird, wie das jetzt unterbreitete ist; je länger man säumen wird, desto radikaler wird die Revision sein. Drittens wird nach der nächsten Revision eine lange Zeit verstreichen, ehe man von Neuem eine so schwierige und so verwickelte Operation versuchen wird. Der aus diesen drei Thatsachen zu ziehende Schluß ist dermaßen klar, daß wir uns die Mühe ersparen, ihn in Worte zu kleiden.“

Dem „Figaro“ schreibt ein Offizier anläßlich des Vorfalls mit den deutschen Fahnen: „Das Publikum sollte doch endlich unterscheiden zwischen denen, welche, der Vergangenheit eingedenk, still für die Zukunft arbeiten, und denjenigen, für welche der Patriotismus eine Laufbahn oder ganz einfach eine Gelegenheit ist, sich muthig zu geberden. Nach den erlittenen Niederlagen ist Schweigen für uns eine Pflicht. Die von uns herausgeforderten Deutschen haben mit uns Krieg geführt und, wenn Ausschreitungen vorgekommen sind, so mögen diejenigen den ersten Stein auf sie werfen, welche selbst ohne Fehl sind. Zedenfalls können die Bürger, deren edles Blut bei dem Anblick der deutschen Fahne in Wallung geräth, sich in die Armee aufnehmen lassen. Sie werden willkommen sein, und die sich vor ihnen öffnende Bahn ist reich genug an Opfern jeder Art, um ihren Durst nach Hingebung zu stillen. Sonst aber mögen sie nur schweigen!“ In Marseille sind am 19. Juli 56 Cholera⸗ Todesfälle vorgekommen.

21. Juli. (W. T. B.) Im Senat verlas heute der Vorsitzende der Verfassungs⸗Revisions⸗Kom⸗

mission, Dauphin, den Kommissionsbericht 8 sich für eine Revision der Verfassung ausspricht, von berser ben aber den Artikel 8 über die finanziellen Befugniss des Senats ausgeschlossen wissen will. Dauphin sprach ne Hoffnung auf eine schließliche Verständigung mit der Kammer aus und beantragte für die Vorlage die Dringlichkeit di alsbald beschlossen wurde. Die Berathung der Vorlage wurde auf nächsten Donnerstag festgesetzt. 8 Die Deputirtenkammer berieth heute den für Ma dagaskar geforderten Kredit von 5 Millionen. sprach sich gegen die Bewilligung aus, Bischof Freppel und Lanessan traten für dieselbe ein. Der Deputirte Delafose wies auf die feindlichen Umtriebe der englischen Methe⸗ disten hin, durch welche die Howas aufgereizt würden Der Marine⸗Minister Peyron erklärte: Admiral Mict werde außer Tamatave und Majunga auch andere Punkte besetzen, bezüglich deren dies nothwendig erscheine. Der NKinister⸗Präsident Ferry bemerkte: es werde das nicht hindern, in der madagassischen Angelegenheit mit großer Vor⸗ sicht zu Werke zu gehen. Die Regierung werde ihre neue und entschlossene Politik Madagaskar gegenüber mit derjenigen Klugheit zu vereinigen wissen, die ihr durch die augenblick⸗ lichen Umstände geboten erscheine. Der verlangte Kredit wurde schließlich mit 372 gegen 83 Stimmen bewilligt. 1 Der „National“ schreibt: die Verhandlungen Frankreichs mit Marokko wegen der Regulirug der Grenzen seien suspendirt worden; die Regierung werde dieselben wieder aufnehmen, sobald sie mit den Mächten welche gegen diese Grenzregulirung Einwendungen erhoben hätten, zum Einvernehmen gelangt sei. b Die Zahl der Cholera⸗Todesfälle von heute Vor⸗ mittag 10 Uhr bis zum Abend betrug in Marseille 4 in Toulon 12. 22. Juli, früh. (W. T. B.) In der gestrigen Sitzung des Munizipalraths erklärte der Direktor der Abtheilung für öffentliche Hülfe: in den Hospi⸗

tälern sei weder ein Fall von asiatischer Cholera, noch auch nur ein Fall von sporadischer Cholera konstatirt. Die Personen, welche man als an der Cholera verstorben bezeichnet habe, wären Krankheiten erlegen, welche mit der Cholera absolut nicht zusammenhingen.

In der gestrigen Sitzung der Akademie der Wissen⸗ schaften theilte Hr. von Lesseps mit: die technische internationale Kommission habe sich für eine Ver⸗ größerung des Suezkanals, nicht aber für den Bau eines neuen Kanals ausgesprochen.

Rumänien. Bukarest, 19. Juli. (Pr.) Ein König⸗ liches Dekret verfügt die Auflösung der National⸗ garde. In Folge des bulgarischen Ministerwechsels hat der hiesige bulgarische diplomatische Agent Natsche⸗ vies seine Demission eingereicht.

MRußland und Polen. St. Petersburg, 22. Zuli. (W. T. B.) Der erste Sekretär der russischen Gesandtschaft in Teheran, Argyropulos, ist zum Minister⸗Residenten in Cettinje ernannt worden. Zum Gouverneur von Kjelze ist an Stelle des krankheitshalber zurückgetretenen bisherigen Gouverneurs Lestschoff der Vize⸗Gouverneur Iwanenko in Siedlce ernannt.

Perin

8—

Zeitungsstimmen.

deutsche Allgemeine Zeitung t der Einfuhr⸗ und Ausfuhrstatistik des Ja

besonderem Interesse, namentlich in

T

e bin, welche zur weiteren Förderung der heimischen witth⸗

en Thätigkeit einzuschlagen sind.

„Freihandels⸗Correspondenz“ faßt das Ergebniß des Waaren⸗

seit dem Jahre 1880 triumphirend dahin zusammen, daß „Deutschland trotz aller hüben und drüben errichteten Zollschranken in immer größerem Umfange und zwar sowohl importirend wie exportirend am nationalen Verkehr theilnimmt.“ Damit gesteht sie zu, daß die Freihandelstheorie und Vorhersagungen der Freihändler durch die Thatsachen gründlich widerlegt worden sind; denn als es sich um die Berathung des Zolltarifs von 1879 handelte, wurde gerade von jener Seite die Erhöhung der Zölle mit dem Einwande bekämpft, daß bierdurch die Einfuhr eingeschränkt und in Folge dessen Produkte wie Fabrikate wesentlich vertheuert werden müßten, und daß die Schutzpolitik eine wesentliche Abnahme des Erports zur nothwendigen Folge haben würde. Nichts von alle dem ist nun eingetroffen, wie die „F. H. C.“ selbst zugestehen muß. Allerdings hat die Einfuhr an Fabrikaten abgenommen, dafür bat aber die Einfuhr solcher Rohstoffe und Nahrungsmittel for⸗ während zugenommen, welche bei uns gar nicht oder nicht in genügender Menge hervorgebracht werden. Diese Einfuhr sollte nicht verhindert werden und eine Ver⸗ mehrung der Einfuhr solcher Artikel ist jedenfalls ein Zeichen wach⸗ sender Konsumtions⸗ und Produktionsfähigkeit Deutschlands, wie an⸗ dererseits die Abnahme der Einfuhr industrieller Fabrikate, die ebenso eingetreten ist wie sie beabsichtigt war, für Deutschland die voraus⸗ gesehene und eingetretene Erstarkung der eigenen industriellen Thätig⸗ keit beweist. Cbensowenig aber, wie eine Verminderung der Einfukr im Allgemeinen zu konstatiren ist, ist die Prophezeiung der Freihändler von der Vertheuerung der Lebensbedürfnisse durch den Schurzoll in Erfüllung gegangen. Die mit Zöllen belegten Lebens⸗ und Nahrungsmittel haben den Freihändlern neoch immer immer nicht den Gefallen thun wollen, theurer zu werden, und was die industrielle Produktion anbetrifft, so hat dieselbe, wie sich mehr und mehr herausstellt und sogar vielseitig beklagt wird, mit einem Rückgang der Preise zu kämpfen. Die große Konkurrenz im Innern sorgt dafür, daß die Preise nicht stiegen, sondern herabgingen, so daß der Produktionsgewinn ein verhältnißmäßig niedriger geworden ist. Darin liegt aber auch der Grund, weshalb der Export des vorigen Jahres, dem Werthe nach berechnet, eine Einbuße gegen das Jahr 1882 erfahren hat, obwohl sein Werth den der Einfuhr noch immer übertrifft. Der Menge nach berechnet, hat der Export über den Import im Jahre 1883 sogar einen Ueberschuß von 1 033 363 t geliefert, während er im Jahre 1882 einen solchen von nur 85 083 t hatte. Wenn trotzdem der Werth des vorjährigen Er⸗ ports hinter dem des 1882er zurücksteht, so ist hieran der Rückgang des Preises der meisten exvortirten Waaren schuld; als solche werden in dem Maiheft der statistischen Monatshefte genannt: Schweine, Butter, Weizen, Kartoffeln, Bäckerwaaren, Obst, frisches Gemüse, Hopfen, Zucker, Traubenzucker, Branntwein, Superphosphate und andere Düngungs⸗ mittel, Steinkohlen und Koaks, Weinsteinsäure, Anilinfarben, Fabrikate zum Medizingebrauch, aͤtherische Oele, Glyzerin, Zünd⸗ waaren, Roheisen und andere unedle Metalle, sowie Waaren daraus; Kalbfelle, Hasen⸗, Kaninchen⸗ und andere Felle zur Pelzwerkbereitung, Schafwolle, Baumwollengarn, Nähfaden, Vigognegarn, gefärbte Seide, Wollengarn, dichte Baumwollengewebe, wollene Tuch⸗ und

eugwaaren, wollene Shawls und Strumpfwaaren, mit anderen

Worten: die meisten landwirthschaftlichen Produkte, Rohstoffe und Fabrikate der chemischen und der Eisenindustrie, Rohstoffe der Leder⸗ industrie und die Fabrikate der Textilindustrie. Unter Zugrunde⸗ legung der Preisverhältnisse des Jahres 1882 hätte sich der Werth⸗

überschuß des Exports im Jahre 1883 nicht sondern auf 68,9 Millionen Mark belaufen. 1

Wenn aber der Export dem Werthe nach etwas zurückge ist, so ist wie hieraus hervorgeht nicht die von den Freihänd⸗ lern prophezeite Preissteigerung und auch nicht die Schutzzollpolitik im Allgemeinen schuld, sondern, abgesehen von den Verhältnissen des Weltmarktes und namentlich Amerikas, von dessen Preisschwankungen die meisten europäischen Staaten ungünstig beeinflußt wurden, die größere Produktion im Innern und der durch diese veranlaßte Preis⸗ rücgang. Hieraus ergiebt sich von selbst die Nothwendigkeit, für eine Ausdehnung des Exports durch neue überseeische Verbindungen, durch Erschließung neuer Abfatzmärkte, durch Unterstützung und Förderung des Handels und der Schiffahrt zu sorgen. Nur hierdurch wird der heimischen Industrie und dem heimischen Arbeiter lohnende Beschäftigung auf die Dauer gewährt, nachdem der Zolltarif es ermöglicht hat, daß die Industrie den heimischen Markt beherrscht und konkurrenzfähig mit dem Auslande geworden ist. Das von dem Kanzler aufgestellte Pro⸗ gramm einer überseeischen, den Export belebenden Handelspolitik findet durch das Resultat der Ein⸗ und Ausfuhrstatistik seine Begründung und Rechtfertigung. Sie ist eine nothwendige Ergänzung der einge⸗ schlagenen Handelspolitik, und darum ist es auch ganz erklärlich, daß „Freisinnler“ und Freihändler gegen Postdampfersubvention und Ko⸗ lonialpolitik sind.

2

Justiz⸗Ministerial⸗Blatt. Nr. 29. Inhalt: Allgemeine Verfugung vom 9. Juli 1884, betreffend das Gesetz über das Staats⸗ ulrbuch vom 20. Juli 1883. (Gesetz⸗Samml. S. 120.) All⸗ emeine Verfügung vom 10. Juli 1884, betreffend das Verfahr b Zuziehung von Sachverständigen, welche in einem anderen Bun⸗ desstaate wohnhaft sind. Bekanntmachung. Allgemeine Ver⸗ fügung vom 15. Juli 1884, betreffend die Aufhebung der kollegia⸗ lischen Schöffengerichte zu Isenburg und Auhausen. Allgemeine Verfügung vom 11. Juli 1884, betreffend den Stempel zu Kauf⸗ und Lieferungsverträgen im kaufmännischen Verkehr und zu Werkverdin⸗ gungsverträgen. Allgemeine Verfügung vom 12. Juli 1884, be⸗ treffend den Abzug der Wittwen⸗ und Waisengeldbeiträge von dem Diensteinkommen suspendirter und beurlaubter Beamten.

Statistische Nachrichten. den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ sind in der 28. Jahreswoche von je 1000 Einwohnern, ls gestorben gemeldet: in Berlin in Breslau 41,1, in Königsberg 36,1, in Cöln 44,6, in Frankfurt M. 23,1, in Hannover 25,0, in Cassel 21,6, in Magdeburg 35,7, in Stettin 43,0, in Altona 33,2, in Straßburg 31,0, in Metz 26,2, in München 28,4, in Nürnberg 26,2, in Augsburg 29,3, in Dres⸗ den 32,8, in Leipzig 28,4, in Stuttgart 25,0, in Braunschweig 21,0, in Karlsruhe 21,0, in Hamburg 31,2, in Lübeck —, in Wien 25,0, in Budapest 43,3, in Prag 32,3, in Triest 18,2, in Krakau 33,4, in Basel 11,6, in Brüssel 22,8, in Amsterdam 28,9, in Paris 24,4, in 4, in Kopenbagen 29,8, in Stockholm 26,0, in Chri⸗ in St. Petersburg 30,7, in Warschau 32,8, in in Rom 24,0, in Turin 32,5, in Bukarest 29,9, in in Alexandrien 34,8 Ferner in der Zeit vom i: in New⸗York 24,3, in Philadelphia 21,0, in St. Louis —, in Cincinnati —, in San Fran⸗ in Kalkutta 26,4, in Bombay 24,6, in Madras 41,7. Beim Beginn der Berichtswoche herrschten an den meisten deut⸗ achtungsorten westliche und südwestliche, in Heiligenstadt en Tagen nordwestliche, in Berlin und Konitz östliche und e Luftströmungen, die in Konitz bis an das Ende der Woche, südöstliche Strömungen geltend machten, vorwiegend blieben. n meisten Stationen ging der Wind nach vorübergehendem echsel mit Nordwest nach Nordost, und in Cöln am 7., in Berlin d Bremen am 9. nach Südost, in München nach Nord und Nordost, ehte sich aber in den letzten Tagen der Woche an den meisten tationen nach West und Südwest, in Breslau und München nach rdwest. Die Temperatur der Luft war eine hohe und überstieg mallen Stationen um 1 bis 2, in Cöln um 3,50 C. die normale. us Konitz, Cöln, Karlsruhe werden Temperaturen von über 30 ° C., ius Berlin (vom 6. Jult) 32,00 C. gemeldet. Nieder schläge er⸗ f häufig und zum Theil recht ergiebig nach Niedergängen zahl⸗ icher Gewitter. Der beim Wochenbeginn mäßig hohe Druck der Luft nahm unter geringen Schwankungen in den ersten Tagen der 8 e langsam zu, sank am 9. und 10, stieg aber vom 11. Juli an Schluß der Woche an allen Stationen. ieser für die Sterblichkeit des Säuglingsalters gefürchtetsten Woche des ganzen Jahres war diese auch in den meisten Großstädten Europas, besonders in den deutschen, mit Ausnahme Münchens, in bohem Grade gesteigert. Von 10 000 Lebenden starben pro Jahr berechnet 151 Säuglinge gegen 126 der Vorwoche (in Berlin 212, in München 119). Die ungewöhnlich hohe Temperatur der Luft, die in der Berichtswoche herrschte, äußerte ihren ungünstigen Einfluß durch Hervorrufung zahlreicher Todesfälle an Darmkatarrhen und Brechdurchfällen, namentlich der Kinder; doch blieb auch in dieser Woche die Zahl der aus den deutschen Städten an diesen Diarrhöen als gestorben Gemeldeten um ca. 800 hinter der⸗ jenigen der entsprechenden Woche des Vorjahres und selbst in Berlin, wo nur 304 gegen 666 des Vorjahres gemeldet wurden, zurück. Ansehnlich war jedoch die Zahl der Opfer in Königsberg, Danzig, Stettin, Breslau, München, Nürnberg, Dresden, Leipzig, Magdeburg, Halle, Spandau, Neustadt⸗Magdeburg, Hamburg, Altona, Cöln, Barmen, Düsseldorf, Dortmund, Straßburg, Mannheim, Metz, Spever, Hanau; in Frankfurt a. M. wurde die Zahl eine kleinere. In den größern außerdeutschen Städten Wien, Pest, Prag, Paris, London, Kopenhagen, Stockholm, St. Petersburg, Warschau u. a. war die Zahl der Sterbefälle an Darmkatarrhen gleichfalls eine größere. Auch Todesfälle an Ruhr wurden mehrfach, sowie mehrere Todesfälle an Cholera nostras (aus Wandsbeck und Baltimore je 2, aus Boston 1) gemeldet. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältniß⸗ zahl für die deutschen Städte stieg pro Mille und Jahr berechnet auf 31,0 von 29,1 der Vorwoche. Das Vorkommen der Infektionskrankheiten blieb meist ein nktes, nur Masern riefen besonders in Breslau, Stuttgart, Lands „Bavyern, Bielefeld mehr, in Berlin, Paris, London, Rotterdar weniger Todesfälle hervor. In Bremen und Prag zeigte rlach häufiger. Sterbefälle an Diphtherie wurden in Königsberg, Hamburg, London seltener, in Greifswald, Dresden,

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Hamk Berlin, Leipzig, St. Petersburg nahm die Zahl der Todesfälle etwas zu. Typhöse Fieber forderten in Danzig, Liegnitz mehr Opfer. Einzelne Sterbe⸗ fälle an Flecktyphus werden aus London, Warschau, St. Petersburg, Malaga, Granada, San Franzisco (3), 1 Todesfall an Rückfalls⸗ sieber aus Breslau gemeldet. Der Keuchhusten raffte in München, Nürnberg, Dresden, Cöln und besonders in Berlin viel Kinder weg; auch in Paris und London nahm die Zahl der Sterbe⸗ fälle zu. Dem Kindbettfieber erlagen in deutschen Städten 14 Frauen. Todesfälle an Pocken kamen aus Metz 2, aus Leipzig 1 (an Vari⸗ cellen) zur Meldung. In geringer Zahl zeigten sich Pocken in russel, Paris., Stockholm, St. Petersburg, Warschau, Odessa, Venedig, New⸗Orleans. Auch in Prag und London nahm die Zahl der Sterbefälle ab, in Krakau, Liverpool, Lissabon und Madras zu. Die Cholera in Marseille und Toulon hat bis zum 18. Juli 604 bezw. 383 Opfer gefordert. Aus Kalkutta werden aus der leßten Maiwoche 33, aus Bombay, Mitte Juni, keine weiteren Cholera⸗ Todesfälle gemeldet. Kunst, Wissenschaft und Literatur. Das soeben ausgegebene 2. Heft 19. Jahrgangs Seschichtsblätter für Stadt und Land Magdeburg“, Nittheilungen des Vereins für Geschichte und Alterthums⸗ es Herzogthums und Erzstifts Magdeburg, her⸗

8

1884 der

usgegeben ro Borstande des Vereins (Magdeburg, Verlag der Schäferschen Buchhandlung, A. Rüdiger), bringt die Fortsetzung der von dem Prediger Lic. tbeol. Henri Tollin verfaßten Biographie des um Magdeburg hbochverdienten Ober⸗Bürgermeisters August Wil⸗ helm Francke. In dem zweiten Theil derselben wird ders die Fürsorge Francke's für das Schulwesen der Stadt geschildert, welche ihm nicht weniger als 5 neue Unterrichtsanstalten verdankt. Ferner bespricht der Verfasser eingehend seine „Vorschläge zur Ver⸗ besserung des Armenwesens ꝛc.“, ein umfangreiches Elaborat, welches bei den Akten der Armendeputation des Magistrats aufbewahrt wird und einen detaillirten Armenerziehungsplan enthält, der viel Heil⸗ sames und Beachtenswerthes enthält, freilich aber unausgeführt ge⸗ blieben ist. An diese Biographie reiht sich die Fort⸗ setzung der Abhandlung von dem Pfarrer W. Zahn über die Stiftskirche St. Nicolai in Aken a. d. E. Sodann folgt ein Verzeichniß der Bürgermeister und Rathsmitglieder der Stadt Burg von der Mitte des 16. bis zum Ende des 17. Jahr⸗ hunderts, mitgetheilt vom Stadtrath Wolter, welcher daran auch einige Bemerkungen über die Patrizierfamilien der Stadt während des angeführten Zeitraums geknüpft hat. Dr. H. Rüter in Halber⸗ stadt endlich giebt eine urkundliche Geschichte der einstigen Kaiserlichen Pfalz Dornburg a. E. (zwischen Barby und Schö ck) und sucht die Lage derselben unter Beigabe einer Karte festzustellen. Auf das in dem Heft veröffentlichte Protokoll Sitzung der Historischen Kommission der Provinz Sachsen kommen wir noch zurück. Demselben ist eine Anweisung zur Ermittelung der älteren Flurverhältnisse innerhalb der Provinz Sachsen angehängt. Schluß bilden Miscellen: über ein Kaiserliches Wappen an Stadtthore zu Magdeburg, und über das Datum des 3 welchem Luther im Jahre 1524 in Magdeburg

sowie die Vereinschronik.

Gewerbe und Handel.

erichte der Fabrikinspektoren pro III.

(N. A. Ztg.) Der übrige Theil der Provinz Brandenburg bildet den Bezirk des Fabrikinspektors zu Frankfurt a. O, welcher also die Regierungsbezirke Potsdam und Frankfurt, mit Aus⸗ f Zerlin und der Kreise Charlottenburg, Teltow und Niederbarnim umfaßt. An revisionspflichtigen gewerblichen Anlagen waren in diesem Bezirke 4080 vorhanden, darunter 3079 genehmigungs⸗ pflichtige.

Der Bericht konstatirt, daß sich sowohl die Lage der Induf als die wirthschaftliche Lage iter i Berichtsjahre s gehoben habe. nlagen wurden erbaut, a gestellt In den meisten In⸗ die Arbeiterzahl, überall war ausreichende Arbeitsgelegenheit vorhanden. Am sichtlichsten trat die Besserung hervor bei den größeren Anlagen der Textil⸗, Maschinenbau⸗, Rüben⸗ zucker⸗, Stärkemehl⸗, Stärkezucker⸗ und Sprit⸗Industrie. Von sonstigen Industrien, welche einen bedeutenderen Ausschwung nahmen, werden erwähnt die Braunkohlen⸗ und Briquettindustrie haupt⸗ sächlich in und um Senftenberg —; die Glasindustrie, für welche der frühere Aufschwung anhielt, wozu der Zollschutz nicht unwesentlich beigetragen habe; ferner die Wollhutindustrie hauptsächlich Guben mit etwa 250)0 Arbeitern, unter welchen besonders Arbeiterinnen lohnende Beschäftigung fanden, Hutgarnirerinnen verdienten 15 bis 16 die Woche; die optische Industrie Rathenow —, deren Ausfuhr sich auf weit über 1 Million Mark beziffern soll. Die Korbwaaren⸗ Industrie nahm in Brandenburg a. d. H. immer weitere Ausdehnung 650 700 Arbeiter —; aus den Absatzverhältnissen lasse sich schließen, daß deren Zahl sich in wenigen Jahren noch bedeutend heben werde; das Fabrikat wurde in bedeutenden Mengen nach Oesterreich, Frankreich, Italien und Amerika erportirt. Der Bericht erwähnt als erfreuliche Thatsache, daß die Revisionsthätigkeit der Ortspolizeibehörden auch in den kleineren Industrieorten anfange, reger zu werden.

Bezüglich der jugendlichen Arbeiter und Kinder wird 1 wiesen, daß die Kinderbeschäftigung ab⸗, die der jugendlichen Ar zunehme. Die früher bemerkten Mängel, betreffend Handhabung gesetzlichen Bestimmungen über Arbeitsbücher, haben bis auf w Fälle aufgehört; die Arbeitgeber fingen an zu begreifen, daß dies Kontrole wesentliche Vortheile biete, und, allseitig streng gehandhabt, zweckloses Umhertreiben des jugendlichen Arbeiterpersonals verhüte. Die Lehrlingsschulen der Eisenbahnwerkstätten zu Frankfurt, Potsdam und Kottbus hätten befriedigende Verhältnisse ergeben, in anderen Industrien seien Lehrlingsschulen jedoch nur vereinzelt nach deren Muster eingerichtet; für die Tuchindustrie ist im Berichtsjahr eine Werkmeisterschule in Kottbus neu entstanden.

Uebertretungen der gesetzlichen Bestimmungen, betreffend Frauen⸗ arbeit namentlich in der Textil⸗, Nahrungsmittel⸗, Bekleidungs⸗ und Reinigungsindustrie in Zunahme begriffen seien nicht vor⸗ gekommen; auch die Beschäftigungsweise der Arbeiterinnen gab zu Klagen keinen Anlaß, dieselben wurden verhältnißmäßig gut gelohnt, welcher Umstand in der Umgebung der größeren Industriestädte sogar drückend auf Kleingewerbe, Landwirthschaft und Hausstände rückwirkte, da die Mädchen lieber Fabrikarbeiterin als Magd würden. Das Zu⸗ sammenarbeiten von Männern und Frauen im selben Raume nehme ab. Neben den günstigen Einflüssen der Fabrikarbeit auf Gesundheit und körperliche Entwickelung der Arbeiterinnen seien aber auch die nachtheiligen auf sittliches Leben fortbestehen geblieben, verschiedene Magistrate kämpften gegen letztere durch Mägdeherbergen, Näh⸗ und Kochschulen fortgesetzt an, jedoch ohne bisher durchgreifende Erfolge zu erzielen.

Die Gesammtarbeiterzahl ist von 65 000 um 15 1600 Köpfe gestiegen, die Lohnverhältnisse blieben konstant; Strikes und Arbeiter⸗ bewegungen kamen nicht vor, die Klagen über Kontraktbruch hört man nicht mehr, offenbar weil das Aufheben jeder Kündigungsfrift allgemeiner werde.

Unfälle kamen 109 zur Anmeldung, welche in 23 Fällen den Tod, in 9 Fällen dauernde und in 77 Fällen zeitweise Arbeits⸗ unfähigkeit zur Folge hatten. Die Bereitwilligkeit der Industriellen, Rathschlägen behufs Unfallverhütung Folge zu geben, zeigte sich im Wachsen begriffen, dennoch werde ohne Zwangseinführung der noth⸗ wendigen Schutzvorkehrungen auf diesem Gebiete nicht durchgreifend vorwärts zu kommen sein. Bemerkenswerth sind die Mittheilungen

es Berichtes über die in Kottbus erfolgte verheerende Kesselerxplo⸗

sition am 25. Januar, über welche seinerzeit in unserem Blatte detaillirt berichtek wurde. Die Meinung des Beamten geht dahin: „Alle gesetzlichen Bestimmungen waren erfüllt und keine strafbare Handlung bisher nachzuweisen. Der Grund des Unfalles liegt ledig⸗ lich in „dem Handel mit alten Kesseln“.

Die Besserung der wirthschaftlichen Lage der Arbeiter dauere fort, am sichersten sei dieses aus der Zunahme der Spareinlagen zu er⸗ kennen. Die Löhne der Provinzialstädte ständen im Allgemeinen auf gleicher Höhe wie die in Berlin, nur für Maschinenbau und Kunst⸗ gewerbe 15 bis 20 % zu Gunsten Berlins. Sehr eingehend schildert der Bericht die vielseitigen Wohlfahrts⸗Einrichtungen einer Hutfabrik in Guben C. G. Wilke —, welche etwa 650 Personen beschäftigt. Die Folgen dieser Einrichtungen machten sich darin bemerkbar, daß ein Wechsel im Arbeiterbestande immer seltener werde, ja eigentlich aufgehört habe, so daß der Bestand sich nur noch in Folge Einstellung neuer Arbeiter ändert; ältere Arbeiter brächten gern ihre Kinder in der Fabrik an, so daß manche Familien durch 5—6 Mitglieder ver⸗ treten sind.

Gehen wir nun zu den anderen Provinzen über.

Der Aufsichtsbeamte für Pommern berichtet, die Lage der In⸗ dustrie und der Gewerbe habe sich nur wenig geändert, in keiner Weise verschlechtert, die vorgekommenen kleinen Schwankungen seien Verbesserungen gewesen. Letzteres gelte namentlich für die Groß⸗ müllerei, die ihre gesammten Anlagen wieder in Betrieb nehmen konnte. Unausgesetzte und rastlose Thätigkeit entwickelten die Eta⸗ blissements für den Bau eiserner Schiffe und für Maschi enbau an

er Oder unterhalb Stettins. Die wirthschaftliche Lage der Arbeiter sei insofern als keine ungünstige zu bezeichnen, als ein fühlbarer

beson⸗

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dustrien vermehrte sich

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gel an Arbeit seit Jahren nicht mehr eingetreten sei. beitgeber zeigten bereitwilliges Entgegenkommen zur Erreichung gesetzlichen Anforderungen, darüber hinaus Liegendes sei aber sel schwierig zu erreichen. Der Verkehr der Arbeiter mit dem. Fabrik⸗ inspektor gestaltete sich reger. Rato und Hülfe desselben wurden öfter als in früheren Jahren erbeten. Leider führten jedoch die beantragten Vermittelungsversuche bei Streitigkeiten nur selten zu günstigen Ergebnissen, weil sie zu oft erst dann nachgesucht wurden, wenn alle anderen Wege sich fruchtlos erwiesen und die Verhältnisse sich derartig zugespitzt hätten, daß auf gütliche Lösung kaum noch zu rechnen war. Der verderbliche Einflaß der Volksanwalte auf diesem Gebiete mache sich nach wie vor sehr fühlbar. Betreffs der jugend lichen Arbeiter erwähnt der Beamte, daß Unregelmäßigkeiten bezüglich der Arbeitsbücher und ⸗Karten öfters durch d der Ortspolizei behörden einträten, die den Nachsuchende igkei machte und sie oft wochenlang auf Bücher warten ließen, weil augenblickli keine vorhanden seien.

Unfälle kamen 235 zur Kenntniß des Beamten, d tödtlichem Ausgange, f 1 ver

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Schwierink⸗ Schwierigkeiten

5 mit dauernder Arbeitsunfäh ertheilten sich auf 150 gewerbliche Anlagen. Behufs Ein von dem Beamten in diese scheint beachtenswerth; derselbe wirthschaftlicher Maschinen auf Au bleiben sollen, welche nicht mit der als nothwendig anerkannten S Schwierigkeit sei dieses bei Für die Provin; P die Industrie sich in fort ungünstigen Ernteausfalles technischen Nebenbetriebe: und Zuckerfabriken; vo in den beiden letzten Dampf betrieben. Eine fabrik in Kolmar i. P. nahm unter trieb wieder auf. Die gemeine t war günstig. Der Verkehr des Aufsichtsbe nehmern war im Allgemeinen gut; einze ; sich jedoch nwillfährig, theils i sie ihre Ar gegen Unfall versicher 86 Leistung auf genommen, daß Ausgaben bek nfallverhütung nicht mehr erfordert werden könnten. li er Arbeiterverhält⸗ nisse ist von Interesse, daß sich das Zahlenverhältniß der einheimischen zu den fremden Arbeitern zu Gunsten de steren gestaltete, nament lich wurde dieses bei Zuckerfabriken beobach im Vorjah überwiegend Arbeiter anderer Provinzen die Arbeiter aus dem Posenschen in Braunschweigs arbeiteten. ie Zahl der gemeldeten Unfälle betrug 71, denen 39 mit e endeten, ernde Arbeitsunfähigkeit, 5 solche über d herbeiführten. 529 Anord⸗

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der Polizeibehörden möglichst zu vermeiden und um

Belehrung zu wirken, die bezüglichen gesetzlichen Bestimmungen drucken lassen und mit einer Zusammenstellung allgemeiner Sicherheits⸗ regeln Besitzern und Betriebsführern zugestellt. Nachrevisionen er⸗ gaben, daß dieses Verfahren das wirksamste sei. In einem der in dustriellsten Landkreise war der Gesundheitszustand kein günstiger allein im Kreislazareth wurden 112 Typbuskranke behandelt.

den Arbeitern einer Zuckerfabrik traten Fleckentyphus und Unterlei typhus auf, die Regierung in Bromberg hat in dieser Hinsicht nauere Kontrole angeordnet.

Die Berichte aus denjenigen bisber besprochenen Provinzen, i: welchen die Landwirthschaft der weit überwiegende Faktor ist, haben gezeigt, daß trotz theilweise ungünstiger Ernteergebnisse die Gesammt⸗ entwickelung Fortschritte machte, so daß die wirthschaftlichen und so⸗ zialen Verhältnisse im Großen und Ganzen als gesund sich entwickelnde betrachtet werden dürfen.

Einer Meldung der „Berl. Börs. Ztg.“ aus Erfurt folage wird der diesjährige Börsentag für Oelsaat und Ge⸗ 0

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e dort am 28. Juli d. J. abgehalten werden. Der Einlösungscours für hier zahlbare O Prioritäten beträgt unverändert

Juli. sche 60 Millionen⸗Anleihe einem Konsortium, be⸗ V. aus der Niederländischen Handelsgesellschaft, der Banque de Paris et des Pays Bas und der Amsterdamer Bank, zum Course von 100,51 % Netto übertragen.

Antwerpen, 21. Juli. (W. T. B.) Wollauktion. An⸗ geboten 2169 B. La Platawollen, davon 1007 B. verkauft. Unbe⸗ lebt, Preise wie bei den Aprilauktionen, für Buenos⸗Ayres unregel⸗ mäßig, oft 5 niedriger. Montevideo⸗Lammwolle 5 niedriger, andere Qualitäten vernachlässigt 8

Bradford, 21. Juli. (W. T. B.) Käufer, dieselben halten sich vom Markt stetig. In Stoffen ziemlicher Begehr.

Paris, 21. Juli. (W. T. B.) In der beutigen Sitzung Syndikats der türkischen Tabacksaktien wurde, au anderen geschäftlichen Angelegenheiten, auch die Prolongation des d läufig bis zum vereinbarten Syndikates bis

(W. T. B.) Die Regierung hat die neue

zu Gunsten der Garne ruhig,

m 15. August dieses Jahres formell beschlossen.

Submissionen im Auslande. I. Finland.

.August, Mittags. Helsingfors. Uleaborger Eisenbahn⸗Bau⸗ Kommission (Uleaborgs Jernväg buggnadskomité). Lieferung von eisernen Brückentheilen und Drehscheiben von zusammen 299,711 Tons. Davon sind 129,988 Tons vor dem 1. Dezember d. Js. im Hafen von Hangö und 169,723 Tons vor dem 1. Januar 1885 ebendort abzuliefern. Zeichnungen und Pläne in der Expedition des „Deutschen Reichs⸗Anzeigers.“

II. Niederlande.

13. August, Mittags. Ministerium van Waterstaat, H. Nyverheid im Haag. Lieferung von

a. Weichen und Zungenstücken (Tarwerth 45 200 Fl.), 8

b. einer Drehscheibe von 13,5 m Durchmesser (Tarwerth 9000 Fl.),

ec. beschlagenem Eichenholz zu Weichen (Tarwerth 8325 Fl.), für die Linie Nieuwediep⸗Amsterdam. Nähere Bedingungen unter Nr. 919, 921 und 920 nach 28. Juli im genannten Ministerium und in Bureaur der Staatsbahn im Haag, auch käuflich bei Buchhänd⸗ lern Gebroeders van Cleef, Haag, Spui Nr. 28. Anweisung am 6. und 7. August an Ort und Stelle und Auskunft beim Haupt⸗ ingenieur der Staatsbahn zu Amsterdam.

III. Ungarn. 18

29. Juli, Mittags. Budapest. Direktion der Königlich ungarischen Staatsbahnen. Arbeiten und Lieferungen auf der Bahn von Szabadka nach Baja. Näheres bei der genannten Behörde (Budapest, sugärüt Nr. 39).

Berlin, 22. Juli 1884.

Frankfurt a. M., 21. Juli. (W. T. B.) Heute Vormittag 9 Uhr begannen im hiesigen Saalbau die Verhandlungen des Hand⸗ werkertages, zu welchen etwa 200 Theilnehmer erschienen waren Schweppenhauer (Frankfurt) bezrüßte im Namen des Lokalcomités