1884 / 195 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 20 Aug 1884 18:00:01 GMT) scan diff

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rung brachte, ist auf Befehl der annamitischen Regierung in ganz Annam bekannt gemacht worden. Der Admiral Courbet soll, wie mehrere Abendblätter behaupten, Befehl erhalten haben, sich der Stadt Foutschou sofort zu be⸗ mächtigen. 8

In Marseille sind am 17. August 13 und am 18. August 18 Personen an der Cholera gestorben.

19. August, Nachmittags. (W. T. B.) In den letzten 24 Stunden sind in Marseille 14, in Toulon 8, in Herault 11, in Gard 6, in Aude 4 und in den Ost Pyrenäen 20 Cholera⸗Todesfälle vorgekommen.

Spanien. Madrid, 19. August. (W. T. B.) Ruiz Zorilla, gegen welchen wegen Theilnahme an der letzten Militärrevolte Untersuchung eingeleitet war, ist in contumaciam zum Tode verurtheilt worden.

Italien. Nom, 19. August. (W. T. B.) Das „Joöurnal de Rome“ erklärt die Zeitungsmeldung, daß die Rückkehr des bei dem Papst beglaubigten spanischen Botschafters erfolge, um dem drohenden Bruch mit dem Vatikan vorzubeugen, für eine leere Erfindung: die Be⸗ ziehungen Spaniens zu dem Vatikan seien vielmehr die herz⸗ lichsten, und der interimistische spanische Geschäftsträger habe, ohne auf die Rückkehr des Botschafters zu warten, seinen Urlaub antreten können.

Gestern sind in der Provinz Bergamo 15 Cholera⸗ Erkrankungs⸗ und 9 Cholera⸗Todesfälle, in der Provinz Campobasso 1 Cholera⸗Erkrankungs⸗ und 1 Cholera⸗ Todesfall, in der Provinz Cuneo 13 Cholera⸗Erkrankungsfälle, in der Provinz Massa e Carrara 11 Cholera⸗Erkrankungs⸗ und 3 Cholera⸗Todesfälle, in der Provinz Parma 3 Cholera⸗ Erkrankungs⸗ und ebensoviele Cholera⸗Todesfälle, in der Provinz Maurizio 2 und in der Provinz Turin 5 Cholera⸗ Todesfälle vorgekommen.

Serbien. Belgrad, 19. August. (W. T. B.) Der frühere Minister⸗Präsident Christic ist zum Vize⸗ Präsidenten des Staatsraths ernannt worden.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 20. August. (W. T. B.) Aus Anlaß des Geburtstages des Kaisers von Oesterreich fand am Montag ein Galadiner bei dem Kaiser und der Kaiserin in Kraßnoje Selo statt, an welchem der Führer der zu den hiesigen Manövern kommandirten österreichischen Offiziere, Fürst Windischgrätz, sowie der deutsche und der französische Botschafter und der deutsche Militärbevollmächtigte, General von Werder, theilnahmen. Der Kaiser brachte bei der Tafel einen Toast auf den Kaiser von Oesterreich aus, worauf die zur Tafelmusik befohlene Musikkapelle die österreichische Nationalhymne intonirte.

Warschau, 20. August. (W. T. B.) Dem St. Peters⸗ burger Grenadier⸗Regiment, welches anläßlich seines Regimentsfestes seinem Allerhöchsten Chef, Sr. Majestät dem Kaiser Wilhelm, seine Huldigung telegraphisch dar⸗ gebracht hatte, ist folgende telegraphische Erwiderung zu⸗ gegangen: „Ich danke für das freundliche Telegramm und wuͤnsche dem Regiment Glück zu dem heutigen Tage, welcher ein Ruhmestag ist für die preußische Armee und die Erinne⸗ rung wachruft an die Waffenthaten, welche 1813 und 1814 den Grund zu der Waffenbrüderschaft zwischen der preußischen und russischen Armee gelegt haben.“

Asien. China. Shanghai, 19. August. (W. T. B.) Die „Agence Havas“ meldet: Die mit den Verhandlungen betreffs Regelung der Entschädigung beauftragten chine⸗ sischen Bevollmächtigten haben mit dem Zollddirektor Robert Hart die Stadt verlassen.

Afrika. Egypten. Kairo, 16. August. (Allg. Corr.) Der Mudir von Dongola hat eine große Zahl von Booten, 500 Kameele und 1200 Mann zusammengebracht, um die Regierungsdampfer die Katarakte hinauf zu befördern. In wenigen Tagen werden weitere 500 Mann zur Hülfeleistung bereit sein.

17. August. (A. C.) Der Mudir von Dongola telegraphirt den Empfang eines vom 20. Juli datirten weiteren Briefes von dem General Gordon, worin derselbe meldet, daß in Khartum fortgesetzt Ruhe herrsche, und anfragt, wann die zu seinem Entsatz bestimmte Expe⸗ dition aufbrechen werde, und wie es mit Dongola stehe. Er beabsichtigt, in Khartum zu bleiben, bis die Expedition eintrifft, und bis dahin die Rebellen so viel als möglich mit seinen Dampfern zu behelligen. Er fügt hinzu: „Wir sind wohl, die Soldaten und die Bevölkerung sind wohl. Sendet uns Nachrichten über Euch.“

Major Chermside meldet aus Suakim, daß Osman Digma's Anhänger allmählich von ihm abfallen. Mehr als 3000 derselben sind desertirt und haben sich nach Hatpih, einem Orte auf der anderen Seite von Suakim, begeben. Ein Araber, der soeben von Berber hier angelangt ist, berichtet, daß die Stadt von einer Horde verhungerter Araber eingenommen worden sei, welche nicht von Offizieren des Mahdi befehligt war. Das in Assiut stationirte 150 Mann starke schwarze Bataillon ging am 16. d. nach Assuan ab. 250 Rekruten für die egyptischen Truppen sind ebenfalls auf dem Marsche nach dem Süden. Folgende englische Truppentheile haben Marschbefehl nach Wady Halfa: die Regimenter Royal⸗Sussex, Essex und Süd⸗ Staffordshire, die leichte Infanterie, eine Schwadron des 19. Husaren⸗Regiments und die berittene Infanterie, zusammen⸗ genommen eine Streitmacht von 3000 Mann. Die Regimenter nehmen ihre Fahnen nicht mit.

Aus Aden wird dem „Reuterschen Bureau“ unter dem 18. d. gemeldet: Major Hunter begiebt sich morgen an Bord des englischen Kanonenbootes „Arab“ nach Zeila, um Vor⸗ kehrungen für die Zurückziehung der egyptischen Garnison aus dem Distrikt Harrar zu treffen. Ein De⸗ tachement Truppen folgt am nächsten Mittwoch an Bord des indischen Transportschiffes „Tenasserin“.

Zeitungsstimmen.

Die „Elberfelder Zeitung“ berichtet über die am 7. August abgehaltene Versammlung des nationalliberalen Vereins zu Hagen Folgendes:

Der frische, belebende Hauch, der seit dem Tage von Heidelberg von dem Süden unseres schönen deutschen Vaterlandes nach dem Norden desselben wehte und so mächtig zur Wiederbelebung der nationalliberalen Partei beigetragen hat, ist auch an unserem Wahl⸗ kreise, der Hochburg des deutschen Freisinnes, nicht spurlos vorüber⸗ gegangen. Von Seiten des hiesigen nationalliberalen Vereins wurde

auf heute Nachmittag 4 Uhr eine politische Versammlung im Gast⸗ hofe zum Weidenbusche dahier anberaumt, zu welcher „sämmtliche nationale und liberale Wähler des Reichstagswahlkreises Hagen“ ein⸗ geladen waren.

Hr. Rechtsanwalt Lohmann⸗Hagen eröffnete Namens des Vor⸗ standes des nationalliberalen Vereins die Versammlung, begrüßte die sehr zahlreich erschienenen Wähler und führte aus, daß der Zweck derselben der sei, aus dem berufenen Munde des Hrn. Ernst Jeru⸗ salem⸗Berlin „die Ziele und Bestrebungen der nationalliberalen Partei“ erklären zu hören. 1 ö

Hr. Jerusalem, mit Beifall empfangen, führte in einstündiger, formvollendeter Rede ungefähr Folgendes aus: „Wenn wir für unser deutsches Vaterland einen Beinamen suchen wollen, so können wir es das Land der Gegensätze nennen, denn Gegensätze sind die alten Einheitsbestrebungen und der sich jetzt immer mehr geltend machende Partikularismus, Gegensätze seien demokratisch und feudal, katholisch und evangelisch. Mächtige Gegensätze be⸗ stehen auch zwischen Stadt und Land, zwischen Großindustrie und Kleinindustrie, zwischen Großgrundbesitz und Kleingrundbesitz. Es ist aber nicht die Aufgabe der Politik, die Gegensätze zu verschärfen, sondern zu mildern und auszugleichen. (Bravo.) Wenn wir eine aute Regierung wollen, dann dürfen wir ihr nicht aus Prinzip Oppo⸗ sition machen, sondern müssen mit ihr zusammenarbeiten. Nach den großen Erfolgen von 1866 und 1870 und 1871 besteht die Haupt⸗ aufgabe von Regierung und Parlament darin, unsere Gesetzgebung auf Grund der erlangten Einheit auszubauen. Der nationalliberalen Partei geht die staatliche Einigung über die freiheitliche Ausbildung.

Es ist ein Unglück für unser deutsches Volk gewesen, daß sich in Preußen der Freisinn vor der staatlichen Einigung herausgebildet hat. Wir erblicken in der Staatsgewalt etwas Feindliches, und das ist ein Irrthum. Ich will den Gegenparteien nicht abstreiten, daß sie das Gute wollen, aber ich bestreite ihnen das Recht, die Regierung fort⸗ während zu verunglimpfen und unserem greisen Kaiser vorzuwerfen, er wolle nicht das Wohl des Volkes. Es ist unrecht, zu behaupten, unser großer Staatsmann wolle nicht das Wohl des deutschen Volkes unrecht von „Schweinepolitik“ eines Mannes zu sprechen, der, wenn er sich auch nicht die Liebe, so doch die Achtung aller Deutschen verdient hat. Und wenn behauptet wird, ohne den Trieb zur Einigung wäre das Deutsche Reich nicht zu erreichen gewesen, so erinnere ich an die Zeit von 1813 und 1815, wo der tapfere Blücher klagte, daß die Diplomaten das verdorben hätten, was das Schwert errungen habe. Nach 1866, 1870 und 1871 hatten wir einen Diplomaten, der trug nicht umsonst den Kürassiersäbel zur Linken. Was wir an unserm Reichskanzler schätzen müssen, das ist sein persönlicher Muth. Sein persönlicher Muth ist es gewesen, daß er nach dem erfolgreichen Krieg von 1870 und 1871 gesagt hat: Diesmal stellen wir die Rechnung aus und sorgen dafür, daß sie be⸗ zahlt wird. Nicht aus Sentimentalität verlange ich Elsaß⸗Lothringen für Deutschland zurück, nicht darum, weil deren Bewohner unsere deutschen Brüder sind, die Vogesen sind es, die ich als Deutschlands Grenzen will. .... 1

In England kann man nicht begreifen, warum man in Deutsch⸗ land die Verdienste des großen Staatsmannes nicht allseitig anerkennt. Allein je weiter man sich von einer Größe entfernt, desto mehr ragt sie empor. Es geht hier wie mit dem Cölner Dom, dessen Größe wir in Bonn und am Siebengebirge bewundern, während, wenn man in Cöln davor steht, fragt, wo ist der Dom geblieben? So ist es in Berlin, wo die Gegnerschaft Bismarcks am stärksten ist, während man schon hier den Mann ganz anders betrachtet. Selbst in Frankreich sind die Rachegedanken verstummt, und in Paris denkt man an ein Bündniß mit Deutschland. Allein nicht nur die auswärtige Politik des Fürsten Bismarck verdient unser volles Vertrauen, er hat auch für die innere Politik eine große Befähigung, und es ist die Pflicht der nationalliberalen Partei, für dessen Sozialpolitik ein⸗ zutreten. Dazu haben die Männer von Heidelberg sich bereit erklärt, und unser allverehrter Kaiser hat zu Miquel gesagt, er freue sich, daß bei den Nationalliberalen der nationale Gedanke wieder hervorgehoben werde.

Die Heidelberger Erklärung sagt: „Wir betrachten die Kräf⸗ tigung des Reiches und die Förderung der gemeinsamen Angelegen⸗ heiten des deutschen Volkes auf dem bundesstaatlichen Boden der Reichsverfassung nach wie vor als unsere vornehmste Aufgabe. Ins⸗ besondere werden wir unablässig für die Erhaltung einer starken deutschen Heeresmacht eintreten und keine nothwendigen Opfer scheuen, um die Unabhängigkeit des Vaterlandes allen Wechselfällen gegenüber sicher zu stellen.“ Blicken wir mit unserem Heldenkaiser 14 Jahre zurück, wo die Geschicke Deutschlands auf der Spitze des Schwertes schwebten. Sie Alle wissen noch, welche Begeisterung die Siegesnachricht von Gravelotte in uns hervorbrachte. Leider werden solche Momente zu früh ver⸗ gessen, und merkwürdig ist es, daß man sich nie erinnern will, welche Fortschritte das deutsche Volk gemacht hat. Wir tragen schwer an unserer militärischen Rüstung und suchen selbstverständlich nach Er⸗ leichterung. Die Absicht unserer Regierung ist stets darauf gerichtet, die Militärlasten möglichst wenig drückend zu machen. Wir werden stets für die Verminderung dieser Last eintreten, aber nur unter der Bedingung, daß dadurch unsere Wehrkraft nicht vermindert wird. Graf Moltke muß es doch verstehen. Wenn er uns sagt, wir brauchen eine siebenjährige Friedenspräsenz, so müssen wit sie bewilligen. Ich kann die Nothwendigkeit derselben keinem unserer Parteimitglieder klarer darstellen, als wenn ich die Worte citire, die ein jetziger Führer der deutsch⸗freisinnigen Partei, der Abg. Rickert, am 10. April 1880 bei der Bewilligung des Septennats gehalten hat: „Also ich prä⸗ zisire nochmals, die Grenze der liberalen Forderung ist hier für Hrn. Richter die Bewilligung auf 3 Jahre; 5 oder 7 Jahre gehen darüber hinaus. Ja, meine Herren, wenn darin das Wesen des Liberalismus besteht, daß man auf 3 Jahre bewilligen kann, 5 oder 7 Jahre nicht, dann quittire ich sehr gern mein Mandat und meine politische Stel⸗ lung überhaupt“.

Dann sagt das Heidelberger Programm weiter: „Wir billigen die auf eine erhöhte Fürsorge für das Wohl der arbeitenden Klassen gerichteten Bestrebungen des Reichskanzlers und unterstützen, vorbe⸗ haltlich einer sorgfältigen Prüfung der einzelnen Maßregeln, die Reichsregierung in ibren Bemühungen, die soziale Lage der arbeiten⸗ den Klassen zu verbessern“. Meine Herren! Dies ist der Kardinal⸗ punkt, der uns von den weiter links stehenden Parteien trennt. Sie sagen, der Staat hat kein Recht, in die Lage des Volkes einzugreifen, das sei Sache der freien Konkurrenz.

Wir fassen den Begriff des Staates nicht so eng. Als Träger einer sittlichen Idee hat er die Pflicht, den wirthschaftlich Schwachen gegen den wirthschaftlich Starken zu unterstützen. Als im Jahre 1867 die ersten Wahlen ausgeschrieben wurden, war man bestürzt über die große Zahl von Stimmen, die von der Sozialdemokratie ab⸗ gegeben wurden. Sie ist das Kind unserer Großindustrie! Früher war ein junger Mann zuerst Lehrling, machte dann sein Gesellenstück, ging in die Welt hinaus, kehrte zurück und erst dann, wenn in der Innung ein Posten frei war, wurde er Meister und konnte hei⸗ rathen. Jetzt kann einer 30 oder 40 Jahre arbeiten, er muß beim Fabrikbetrieb immer dasselbe Brett unter denselben Hebel legen. Darum heirathet der Mann in sehr jungen Jahren, wo⸗ durch die Bevölkerung rasch vermehrt und ihm durch sein Weib und seine Kinder, die ebenfalls arbeiten müssen, Konkurrenz ge⸗ macht wird. Er verliert durch die Arbeit in der Fabrik sein Haus, seine Heimath, geht in die Kneipe und saugt dort die sozial⸗ demokratischen Lehren ein. Es sind in diesen Lehren gewiß berechtigte Forderungen, aber die falschen Schlüsse in denselben dürfen nicht gebilligt werden, denn wenn wir beispielsweise den vierten Stand emanzipirten, dann gäbe es sofort einen fünften, sechsten und siebenten Stand, und es wird immer Menschen geben müssen, welchen die niedrige Arbeit zu thun obliegt. Wir sind berufen, den Gegensatz, der zwischen Ueberfluß und Entbehrung liegt, abzuschwächen. Da liegt der Kern unserer Politik. Der sozialistische Staat ist ein logisches Unding, denn sobald der Arbeitende Besitzer wird, hört er auf, Sozialist zu sein, und ist deswegen die Partei meist aus jungen Kräften zusammengesetzt.

Also den wirthschaftlich Schwachen will die nationalliberale⸗ Partei mit dem Fürsten Bismark unterstützen und deshalb hat s⸗ auch das Unfallversicherungsgesetz mit helfen berathen, um so mehr. als sie bei dem Stande der Dinge sich fragen mußte, sollen wir di. Hände in den Schooß legen und zusehen oder aber mitarbeiten; Durch ihre Mitarbeit war es den nationalliberalen Abgeordneign Buhl und Oechelhäuser möglich geworden, vier wichtige Verbesserun 8 in das Gesetz zu bringen gen

„Die Zollgesetzgebung“, heißt es in dem Heidelberger Programm weiter, „betrachten wir vorerst in ihren wesentlichen Grundlagen als abgeschlossen und halten gegenwärtig eine systematische Anfechtung derselben für nachtheilig und gefährlich. Dies schließt jedoch ein durch die Erfahrung begründete Aenderung einzelner Zolltarifbestim⸗ mungen ebensowenig aus, als die Berücksichtigung neu hervortretender Bedürfnisse des Verkehrslebens. Das ist der wunde Punkt. Wir erfahren es sehr oft, daß politisch liberal und wirthschaftlich liberal sich nicht decken. Darum trennen wir den wirthschaftlichen Liberalis⸗ mus von unserem politischen Programm. Napoleon III. war po⸗ litisch nicht freisinnig, aber als Schüler Cobdens wirthschaftlich radi⸗ kal und verschaffte uns die Handelsverträge. Die politisch liberale französische Republik ist Schutzzöllnerin und hat das volle Recht dazu. Darum sagen wir: „Jetzt, nachdem im Jahre 1879 der neue Zolltarif mit einer konservativ⸗klerikalen Majorität durchgegangen ist respektiren wir diesen Beschluß und wollen eine ehrliche Probe damit machen. Diese ehrliche Probe soll uns nicht gestört werden. Wir werden weitere Aenderungen nicht zurückweisen, von Fall zu Fall wenn die Industrie uns nachweist, daß sie des Schutzes bedarf. Daz wollen wir von Fall zu Fall unterscheiden.“ Im Ganzen sind wir der Ansicht, daß ein falscher Zollsatz nicht so schädlich wirkt, als ein fortwährendes Aendern. England hat 50 Jahre lang gearbeitet und muß jetzt noch Aenderungen vornehmen. Was existirt, ist immer ver⸗ besserungsfähig.

„Im vollen Maße würdigen wir namentlich die gegenwärtige Lage der deutschen Landwirthschaft und werden unbefangen die aus der Nothwendigkeit der Erhaltung dieser wichtigen Grundveste unseres Volkes hervorgehenden Anforderungen prüfen“, heißt es in der Heidel⸗ berger Erklärung weiter. Die Lage unserer Landwirthschaft ist be⸗ dauerlich und viele Umstände wirken dabei zusammen. Die Ansicht der Freihändler, daß die Getreidepreise durch den Schutzzoll steigen würden, hat sich nicht bewährt; denn wir hatten im vorigen Jahre die billigsten Weizenpreise in diesem Jahrhundert. Die Auf⸗ besserung der Landwirthschaft kann nur erfolgen durch das Zusammenlegen von parzellirten Grundstücken, durch gemeinsame Molkereien, wie es in Dänemark und Belgien der Fall ist. Diese Assoziation wird sich auch bei uns bewähren. Weiter heißt es: „Wir erkennen in der Aufrechterhaltung der Ordnung und eines gesicherten Rechtszustandes die erste Pflicht des Staates, werden bereitwillig der Reichsregierung die zur Abwehr staatsgefährlicher Umtriebe erforder⸗ lichen Machtmittel gewähren und erachten deshalb die Verlängerung des Sozialistengesetzes für dringend geboten.“

Diese Verlängerung ist uns Nationalliberalen arg in die Zähne geworfen worden; allein das Recht des Existirens muß auch dem Staate zugestanden werden. Wenn die Soözialisten nur auf geregeltem Wege aus den richtigen Mitteln mit uns verhandeln wollten! Aber die wollen alles umstürzen und hier rufen wir „veto“. Ich setze den Fall, daß Liebknecht einmal Reichs⸗ kanzler, Bebel Finanz⸗Minister und Viereck etwa Justiz⸗Minister werden sollte. Meine Herren! Glauben Sie, daß Sie in einem sozialen Staat zum Wort kommen würden? Ich glaube es nicht. Sie würden bei etwaiger Unzufriedenheit einfach am Kragen genom⸗ men und zu Ihnen gesagt werden: „Wenn Dir's nicht paßt, dann gehe!“ Sobald die sozialistische Partei ihre Agitation aufgibt, dann sind wir auch bereit, das Sozialistengesetz aufzuheben.

Die neugegründete Partei ist bei der Verlängerung dieses Ge⸗ setzes ganz jämmerlich aus dem Leim gegangen; denn es stimmten 27 dafür und 69 dagegen. Die nationalliberale Partei hält das Sojia⸗ listengesetz noch für nothwendig, so lange unsere Volksmasse in einer ungesunden Weise durchwühlt wird...

„Durch die höhere Besteuerung der Börsengeschäfte, durch die Erhöhung der Branntweinsteuer unter Wahrung der Interessen be⸗ sonders der kleineren landwirthschaftlichen Brennereien, sowie durch eine bessere Regelung der Zuckersteuer könnten die Mittel gewonnen werden, in erster Reihe schwere drückende Steuern anderer Art zu erleichtern.“

Mieine Herren! Einer unserer ersten Parlamentarier hat ge⸗ sagt, daß wir dem Reichskanzler die Steuern auf dem Präsentirteller entgegenbrächten. Es ist eine Eskamotage; denn der Nachsatz ist weggelassen worden, wir wollen nur dann neue Steuern bewilligen, um andere, drückende, damit zu erleichtern. Der Umsatzsteuer⸗Ent⸗ wurf ist Miquel in die Schuhe geschoben worden, wir haben nichts damit zu schaffen. Trennen wir die Börse von dem Börsengeschäft. Das Kapital ist genau so nothwendig zu unserer Fortentwickelung als der Großgrundbesitz und muß ebenso gesetzlich geschützt werden, wie Ackerbau und Industrie, aber die Uebergriffe, das Börsenspiel wollen wir beschneiden, wo der Eine nur das ge⸗ winnen kann, was der Andere verliert. Sie wissen Alle, daß die Dampfersubventionsvorlage im Reichstage nicht zur Berathung kam. Wir sagen uns einfach, wenn eine Nation von 45 Millionen Ein⸗ wohnern theilweise an Uebervölkerung leidet, dann muß für gesicherte Kanäle nach dem Auslande hin gesorgt werden. Jetzt ist es Zeit, daß wir uns die Frage vorlegen, wohin wollen wir, nachdem die Welt vertheilt ist, unsern Ueber⸗ schuß an gesunden Kräften lenken? Die Franzosen haben 29 Millionen Franken in die Postdampfer hineingesteckt und haben sich drei⸗ und vierfach bezahlt gemacht. Hier ist es Pflicht, für das nationale Streben Bismarcks einzutreten. Wir wollen danken, daß wir Leute wie Lüderitz haben, und wenn Angra Pequeha eine Sandwüste ist, so schätze ich diesen Mann um so höher. Durch solche billige Redensarten lassene wir uns nicht einschüchtern. Machen

wir unsere Augen auf und sehn, was wir in unserem schönen Reiche haben. Wollen wir es nicht verstehen, dann würde man einfach sagen, sind die Leute blind, daß sie diesen Mann mit Schmutz be⸗

werfen

Kunst, Wissenschaft und Literatur. Das kürzlich ausgegebene 3. Heft V. Bandes der Jahr“

bücher der Königlich preußischen Kunstsammlungen (Berlin, Weidmannsche Buchhandlung) bringt außer den bereites mitgetheilten amtlichen Berichten über neue Erwerbungen, Personal⸗ veränderungen im Beamtenstande der Königlichen Museen ꝛc. wieder eine Reihe von kunstwissenschaftlichen „Studien und Forschungen. Voran geht denselben ein dem Verfasser des ersten Aufsatzes, Geh. Reg.⸗Rath Prof. Dr. Julius Friedländer (gest. am 4. April d. J.) gewidmeter, mit einer schönen Porträt⸗Radirung (von H. Bürkner) geschmückter Nachruf. Die dann folgende letzte Arbeit des ausge⸗ zeichneten Numismatikers und langjährigen Direktors des Münz⸗ kabinets im hiesigen Museum bietet eine Beschreibung der schönsten Hohenzollern⸗Medaillen, an denen das Kabinet besonders reich ist. Es sind durchweg Goldschmiedearbeiten, und zwar sind 5 davon gegoffen, eine in Silber getrieben und nur eine geprägt. 4 der Medaillen sind wie Kleinodien ausgestattet und mit Gehängen, geschmackvollen Einfassungen, Perlen und Edelstein geziert. Sie wurden ohne Zweifel als Gnadenzeichen verschenkt und waren dazu bestimmt, an Ketten auf der Brust getragen zu werden. Die älteste der abgebildeten Schaumünzen ist aus dem Jahre 1548 und stellt den zweiten Sohn des Kurfürsten Joachim II. dar, den Mark⸗ grafen Friedrich, damals Coadjutor, seit 1551 Erzbischof von Magde⸗ burg und seit 1552 auch Bischof von Halberstadt, wo er bald nac⸗ seiner Einführung, erst 22 Jahr alt, starb und im Dom, unter einem prächtigen Denkmal beigesetzt, ruht. Die große Medaille ist in Silber getrieben, ohne Zierrath und zeigt außer dem lebendig mo⸗ dellirten Bildniß des jungen Prinzen auf der Rückseite in Cfe Sprachen (griechisch, lateinisch und deutsch) seinen Wahlspruch ⸗Eile

mit Weile“. Von den 5 gegossenen stellt die erste (in reicher orna⸗ mentaler Umrandung auf Vor⸗ und Rücseite) den Kurfürsten Johann Georg und seine Gemahlin dar. Sie ist aus dem Jahre 1597. Die beiden anderen, in kostbaren Gehängen zeigen (die eine im Profil, die andere en face) das Porträt des Kurfürsten Johann Sigismund (auf der nicht abzehildeten Rückseite das brandenburgische Wappen), Auf der vierten sieht man das lebensvolle Bildniß des Kurfürsten Georg Wilhelm und auf der fünften der gegossenen Schaumünzen das fast malerisch frei behandelte, ebenfalls mit Meisterschaft mo⸗ dellirte Porträt des großen Kurfürsten. An diese gegossenen reiht sich eine geprägte Medaille des Grafen Karl II. von Hohenzollern⸗ Sigmaringen (geb. 1547, gest. 1606) in schöner Fassung und mit Gehäng, wahrscheinlich wie die Medaille eine Arbeit des Nürnberger Goldschmieds Valentin Maler, Schwiegersohnes von Wenzel Jamnitzer. Dann folgt eine umfängliche Abhandlung von Carl Justi übe den niederländischen Maler Peeter de Kempeneer, der als Maese Pedro Campana um die Mitte des 16. Jahrhunderts in Sevilla auf⸗ nat und für die andalusische Hauptstadt wie für die Kirchen in der Provinz viele Gemälde geliefert hat. Der Verf. hat eine ganze Reihe dieser Ortschaften, jedoch keineswegs alle selbst besucht und möchte mit seiner Arbeit den Anstoß zu weiteren Forschungen über den bisher wenig bekannten Meister geboten haben. Die Berliner Galerie besitzt von Campana eine Madonna mit dem Kinde, von der eine schöne Radirung (von A. Pfründer) dem Auf⸗ sat beigegeben ist. Freilich ist dieselbe seit der neuen Aufstellung nicht mehr allgemein zugänglich, sondern im Magazin untergebracht; indessen ist das Bild auch nicht gerade geeignet, sehr für den Maler einzunehmen, und am allerwenigsten würde man danach begreifen, wie die Spanier ihn für einen Schüler Rafaels balten konnten. Dar⸗ zuf folgt sodann die Fortsetzung der interessanten, reich illustrirten Arbeit von Friedrich Lippmann über den italienischen Holzschnitt im 15. Jahrhundert. Die beigegebenen Faesimilien reproduziren ein Blatt aus der venetianischen Ausgabe des „Plutarch“ vom Jahre 1491 (Theseus im Kampfe mit einem Centauren), ein Blatt aus der Ausgabe des „Aesop“ (Venedig, 1491—92; Fabel vom Pferde und dem Esel), einen Holzschnitt aus dem „Fasciculus de Medicina“ von Ketham (Venedig 1492), ein Blatt aus der „Doctrina della vita Monastica“ von Laurenzo Justiniano (Venedig 1494), ein anderes aus „Ovidio Metamorphoseos fulgare“ (Apollo und Marsyas), erschienen in Venedig 1497; eine große allegorische Komposition des Jacob von Straßburg (in ver⸗ kleinerter Nachbildung), ein Blatt aus dem „Missale Romanum“ (Venedig 1509), ein Blatt aus der „Hypnerotomachia Poliphili“ (Venedig, Aldus Manutius, 1499), das Buchdruckerzeichen des Jo⸗ hannes Tacuino de Tridino in Venedig und endlich eine große Tafel, welche einen Theil der Ansicht von Venedig von Jacopo de’ Barbari, eines sehr achtbaren Meisterwerks damaliger Holzschnittkunst, vor Augen führt. August Schmarsow untersucht die Frage nach dem Ürsprung des Abendmahls in St. Onofrio in Florenz, jenes Fresko⸗ gemäldes, von welchem das Herzogliche Museum in Gotha einen Kupferstich besitzt. Dieser, aus dem 15. Jahrhundert stammend, weicht war in mancher Beziehung, wie namentlich bezüglich der Architektur des Palastes, in welchem das Mahl stattfindet und anderen Einzelnheiten von dem Original ab, giebt aber im Ganzen eine richtige Vorstellung von jenem und ist deshalb in einem großen vor⸗ üüglichen Lichtdruck der Reichsdruckerei dem Aufsatz beigegeben. Am Schluß seiner Abhandlung gelangt übrigens der Verfasser zu dem Resultate, daß das Bild keines Anderen als Perugino's Eigenthum sei, wenn er sich auch in Nebendingen, wie der Gewandung, der Hand eines Schülers bedient haben mag, wie es damals überall üblich war. Den Schluß des Hefts bildet eine mit zwei Holzschnitten ausgestattete, sehr eingehende, interessante Untersuchung über die kunstgeschichtliche Stellung der pergamenischen Gigantomachie, von Heinrich Brunn. Gewerbe und Handel.

Die „Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteorologie“ (Heft V) veröffentlichen einen Bericht über die siebente auf der deutschen Seecwarte im Winter 1883— 84 abgehaltene Konkur⸗ renzprüfung von Marine⸗Chronometern. Es wurden danach von acht Fabrikanten 28 Chronometer eingesandt. Die Chronometer wurden während der Untersuchungszeit jeden zweiten Tag Morgens 10 Uhr mit der Normaluhr der Sternwarte auf chronographischem Wege verglichen; außerdem wurde an jedem Dekadentage zwischen 10 und 11 Uhr Vormittags eine zweite unab⸗ hängige Vergleichung zur Herstellung der erforderlichen Kontrole aus⸗ geführt. Die Minimaltemperatur konnte wegen des außergewöhnlich milden Winters leider nicht ganz erreicht werden, doch war die Annäherung an dieselbe immerhin so groß, daß es als unzweckmäßig erachtet wurde, die Chronometer wegen der noch fehlenden 1 bis 2 Grade z dislociren. Im Uebrigen wurde auf die genaue Innehaltung der rorgeschriebenen Mitteltemperaturen die größtmöglichste Sorgfalt verwandt. Es betrug die niedrigste überhaupt erreichte Temperatur

4

5,40 C. und die höchste + 31,0 °0C. Die Schwankungen in den

einzlnen Dekaden überschritten nur bei den Minimaltemperaturen den Betrag von 1,5 ° C. wesentlich. Die durch den verschiedenen Wechsel der Beobachter hervorgerufenen Unterschiede wurden be⸗ simmt, konnten aber wegen ihrer Kleinheit durchweg unberücksichtigt bleiben, ohne die erforderliche Kontinuität zu beeinflussen. Das in den Protokollen über die Sitzungen der Chronometer⸗Konferenz vom 18. bis 20. März 1878 für die Prüfung der Uhren festgesetzte Verfahren nurde auch in diesem Jahre genau eingehalten, und es wurden daher die Temperaturen, denen die Uhren ausgesetzt wurden, in 10⸗ resp. Mtägigen Intervallen von 50 zu 50 geändert, die Instrumente somit folgenden Temperaturen: 5°, 100°, 15°, 200, 250 und 300° C. aus⸗ gesetzt, wobei jedoch für jede Temperatur ein durch Zwischenräume getrennter Gesammtzeitraum von 30 Tagen innegehalten wurde. Die aus den Vergleichungen mit der Normaluhr resultirenden Gänge der einzelnen Uhren wurden zu 10 tägigen Gangsummen vereinigt. Dem Konkurrenzausschreiben der Direktion der Seewarte und den

für den Ankauf Seitens der Kaiserlichen Marine fest⸗

fesetten Normen entsprechend, sind die Chronometer jörer Güte nach so geordnet, daß dasjenige Chronometer, bei welchem der Unterschied zwischen dem größten und kleinsten dekadengange plus dem doppelten Betrage der größten 10 tägigen Gangschwankung zwischen zwei aufeinanderfolgenden Dekaden ein Minimum ist, die erste Stelle in der Prüfungsliste einnimmt, und die anderen Uhren je nach der Größe dieser numerischen Werthe

nach 55 : . 22 8 gachfolgen. Bei einer großen Anzahl der geprüften Instrumente Sg erzielten Leistungen als recht befriedigende bezeichnet wer⸗ den. Die drei ersten, ausgezeichneten Uhren wurden von W. G.

Chrli b in Bremerhafen verfertigt. Diese sowie ein Chronometer Ar Gerlin in Rostock wurden angekauft und zwar der Chronometer 1000 zum Preise von 1500 ℳ, Nr. 2 zu 1200 ℳ, Nr. 3 für ℳ, desgleichen Nr. 4 des Herrn Garlin für 1000 „London, 19. August. (W. T. B.) Bei der gestrigen Woll⸗ auktion waren Preise unverändert. New⸗York, 18. August. (W. T. B.) Weizenverschif⸗

Cungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Ver⸗

einigten Staaten nach Großbritannien 162 000, do. nach Frank⸗

dich 35000, do. nach anderen Häfen des Kontinents 85 000, do. von

lifornien und Oregon nach Großbritannien 40 000, do. nach an⸗

keren Häfen des Kontinents 24 000 Orts.

. New⸗York, 19. August. (W. T. B.) Der Werth der

Froduktenausfuhr in der letzten Woche betrug 7 233 000 Doll.

0„Demnächst sollen 3prozentige Bonds im Betrage von Millionen Dollars einberufen werden.

1 Verkehrs⸗Anstalten. 1

d, Bremen, 20. August. (W. T. B.) Der Dampfer des

Lorddeutschen Lloyd „Oder“ ist gestern Abend 10. Uhr in

Southampton angekommen. .

RWamburg, 19. August. (W. T., B.) Der Postdampfer

Aktisna der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗

bmengesellschaft hat heute Morgen 8 Uhr, von New⸗York mend, Secilly passirt.

nnKonstantinopel, 20. August. (W. T. B.) Der Llopd⸗

Umpfer „Saturno“ hatte, von Triest kommend, mit dem Mar⸗

seiller Dampfer „Galatz“ am 18. d. M. Nachts einen Zu⸗

sammenstoß, ist aber, nur unerheblich beschädigt, hier eingetroffen. Sanitätswesen und Quarantänewesen. Italien.

Vom 13. bis zum 14. August (Mitternacht) sind 7 Cholerafälle (3 Todesfälle, wovon 1 unter den früher Erkrankten), vom 14. bis zum 15. August (Mitternacht) 31 Cholerafälle (14 Todesfälle, wovon 5 unter den frühber Erkrankten) dem Ministerium des Innern gemeldet worden. Die Gesammtzahl der 38 Erkrankungs⸗ (17 bezw. 6 Todes⸗) Fälle vertheilt sich wie folgt: St. Vincenzo a Volturno Prov. Campobasso 7 (2), Villafranca di Piemonte, Pr. Turin 7 (6 bezw. 3) Rocchetta a Volturno, Pr. Campobasso 5 (1), Berceto, Pr Parma 5 (2 bez. 1), Castelnuovo di Garfagnana, Pr. Massa 3, Sermezzana Pr. Massa? (1), Pierefosciana, Pr. Massa 2, Paterno, Pr. Cosenza 2, Leborgo. Pr. Porto Maurizio 2 (2 bez. 2), Castellone, Pr. Campo⸗ basso, Castigliole Saluzzo, Pr. Cuneo, und Lazareth Ventimiglia je 1 (je 1). In Varignano wurde das Krankenhaus geschlossen nachdem die wenigen dort vorhandenen Kranken geheilt waren. In wenigen Tagen wird der Ofen zum Verbrennen der Leichname her⸗ gestellt sein. Sollten in der Zwischenzeit einige Todesfälle vor⸗ kommen, so ist man entschlossen, die Leichname in starke, mit Kalk gefüllte Bleisärge zu verschließen und letztere auf hoher See in einer Tiefe von mindestens 100 m ins Meer zu lassen.

Norwegen. Die Kontrol⸗ und Quarantäne⸗Maßregeln, welche norwegischer⸗ seits für die Provenienzen aus den für verseucht erklärten Häfen an⸗ geordnet sind, bestehen in Folgendem:

Alle aus derartigen Häfen kommenden Schiffe, auch diejenigen welche eine vollständig gesunde Reise gehabt haben, sollen ärztlich untersucht und dann außerdem noch einer kurzen Quarantäne unter⸗ worfen werden. Schiffe dagegen mit Cholerakranken an Bord und nach Norwegen bestimmt, sollen von den Lootsen nach der Quarantäne⸗ Station bei Christiansund hingewiesen werden. In anderen Häfen setzen sich die Schiffer der Gefahr aus, die Kranken an Bord be⸗ halten und in Quarantäne liegen bleiben zu müssen.

8 „Vereinigte Staaten von Amerika.

Nach einer Verordnung des Gouverneurs des Staates Louisiana vom 11. Juni 1884 unterliegen daselbst einer zehntägigen Quarantäne alle Schiffe einschließlich deren Besatzung, Passagiere und Ladung aus den Häfen von Matamoros, Tampico, Turpan, Veracruz, Minititlan (Meriko) und Colon (Central⸗Amerika); aus den Häfen auf den Inseln Cuba, Haiti (San Domingo), Portoriko und Ja⸗ maika, aus Rio de Janeiro, Bahia und Pernambuko, sowie aus allen verdächtigen, jenen Häfen benachbarten Plätzen, in welchen die aus den genannten Häfen kommenden Prorenienzen keiner strengen Qua⸗ rantäne unterliegen.

Berlin, 20. August 1884.

Uebersicht über die Thätigkeit des Vereins der forstlichen Versuchsanstalten Deutschlands, sowie über die Arbeiten der Königlichen Hauptstation des forst⸗ lichen Versuchswesens in Preußen während des Jahres 1. April 1883/84.

I. Der Verein der forstlichen Versuchsanstalten Deutschlands hielt in der Zeit vom 1. April 1883 bis dahin 1884 eine Versammlung nicht ab.

II. Die Arbeiten der Königlichen Hauptstation des forstlichen Versuchswesens in Preußen im Jahre 1. April 1883/84 erstreckten sich:

A. in der forstlichen Abtheilung auf:

a. Ertragserhebungen in Normalbeständen der Buche in verschiedenen Königlichen Revieren Pommerns und Schleswig⸗ Holsteins.

Die Zahl der Ertrags⸗Probeflächen beträgt nunmehr

in Eichenbeständen. 5 Flächen, ..1I1“ o„ v“ . .8u m““ im Ganzen. 558 Flächen. b. Auf Formzahluntersuchungen in Buchenbeständen. Es liegen nunmehr an Formzahlermittelungen vor M11.“*“ 1“ 1611 111X“““ ö1111111XA“ 11111112““ verschiedene andere Walbbäume 60 im Ganzen 7148 Stück. c. Auf Höhenwuchsermittelungen. Ausgeführt sind zur Zeit im Ganzen: für die Eiche 47 Ermittelungen, Buche Birke Erle Kiefer. Fichte EII1n“ 8 zusammen. 2327 Ermittelungen. d. Auf Ermittelungen über den Anbau und Gebrauchs⸗

werth der Weymuthskiefer und Erstattung des diesbezüglichen Referates in der Straßburger Versammlung deutscher Forst⸗ männer.

e. Erprobung verschiedener forstlicher Werkzeuge, u. A.

der amerikanischen Waldsägen Nonpareil und Great Americain, der Nadelholz⸗Saemaschine vom Oberförster Ahlborn in

Schönthal, des Keimtellers von Grünwald⸗Stainer, des

Pflanzenverschulungsgestells von Eck, einer dänischen Pflanz⸗ harke von von Thygeson und eines in der Königlich sächsischen Oberförsterei Grünwald gebräuchlichen Pflanzstichels.

f. Versuchsweise Anwendung verschiedener Kulturmaß⸗

regeln zur Verminderung der Schüttegefahr für die Kiefern⸗ saatbeete und die einjährigen Kiefernpflänzlinge.

g. Auf Versuche über den Einfluß der Kürzung der

Kiefernwurzel.

h. Ausgedehnte Anbauversuche mit ausländischen Holz⸗

arten, einschließlich neuer Kulturversuche mit japanischen Holz⸗ arten.

i. Vergleichende Keimversuche in Wasser, Carbol⸗ und

Salicyl⸗Lösung.

k. Untersuchungen über den Einfluß der Herstammung,

Farbe und Saatzeit des Kiefernsamens auf die Entwickelung der Pflänzchen.

I. Untersuchungen über die Entwickelung der Wurzeln

der Hauptholzarten im ersten Jahre.

B. In der meteorologischen Abtheilung erstreckten

sich die Arbeiten während der Zeit vom 1. April 1883 bis

dahin 1884 auf:

a. täglich zweimalige Beobachtungen der Temperatur, Lustfeuchtigkeit, Verdunstung, Niederschläge, Bodenwärme in 6 verschiedenen Tiefen, des Luftdrucks des Windes und der Bewölkung auf 16 Stationen, monatliche Zusammenstellung und Veröffentlichung der Beobachtungsresultate und Heraus⸗ gabe des betreffenden Jahresberichtes.

b. Revisionen einzelner Stationen und Vergleichung de bei denselben aufgestellten Instrumente mit den Normal instrumenten der Hauptstation.

c. Betheiligung des Vorstandes der Station an der zu Hamburg abgehaltenen Versammlung deutscher Meteorologen und Mitwirkung desselben an den daselbst gepflogenen Be⸗ rathungen, als deren Hauptergebniß die Gründung einer „Deutschen meteorologischen Gesellschaft“ mit zahlreichen Zweigvereinen hingestellt werden kann.

C. In der zoologischen Abtheilung wurden fol⸗ gende Arbeiten ausgeführt:

a. Beobachtung des Fraßes der Forleule und des Kiefern⸗ spanners in einigen Revieren des Stettiner Regierungs⸗ bezirkes.

b. Besichtigung der durch die Graseule (Noctua graminis) verheerten Elbwiesen der Kreise Osterburg, Perleburg und .“ und Feststellung von Gegenmitteln gegen dieses

nsekt. e. Untersuchung verschiedener von mehreren Seiten ein⸗ gesandter Raupen auf ihre Besetzung mit Parasiten.

d. Untersuchungen über Beschädigung eines Weidenheegers durch Chrysomela lineola.

e. Untersuchungen über die Veranlassung des Eingehens von Kiefern Ueberhältern.

f. Abschluß der Untersuchungen über die Generation des großen braunen Rüsselkäfers.

g. Abschluß der Beobachtungen über die Gespinnstblatt⸗ wespen Lyda pratensis und hypothrophica.

i. Untersuchungen unterirdischer Beschädigungen junger Nadelhölzer durch Elateren⸗Larven. b

D. In der bodenkundlich⸗chemischen Abtheilung erstrecken sich die Arbeiten auf:

a. Fortgesetzte Untersuchungen gerbstoffhaltiger Rinden und Hölzer und zwar von Fichte, Tanne, Lärche, Roßkastanie, Eberesche, Erle, Korbweide, ferner von inländischen Galläpfeln einigen Mimosenrinden und zahlreichen ausländischen Gerb⸗ materialien.

b. Aschenanalysen von Besenpfriem und den Rinden ver⸗ schiedener Weidenarten.

c. Einleitung der Aschenanalysen und Stickstoffbestim⸗ mungen eines Fichten⸗, Tannen⸗ und Lärchenstammes.

d. Analysirung rverschiedener Moor⸗ und Gebirgsböden.

e. Methodische Untersuchungen über die chemische Konsti⸗ tution der Gerbstoffe.

f. Theilnahme des Vorstandes der Abtheilung an der 20. Generalversammlung des Vereins deutscher Gerber zu Berlin und Leitung der Kommissionsberathungen über die Feststellung einer einheitlichen Gerbstoff⸗Bestimmungsmethode.

E. Die Arbeiten der pflanzenphysiologischen Abtheilung haben wegen des fortgesetzt leidenden Zustandes des Dirigenten in diesem Jahre gänzlich geruht.

In der gestrigen Sitzung des VI. Deutschen Bäcker⸗ kongresses wurde zunächst von dem Rechnungsausschuß Bericht er⸗ stattet, dem Schatzmeister Decharge ertheilt und demselben der Dank der Versammlung für seine Mühewaltung ausgesprochen. Hierauf gelangten, nach einer lebhaften Debatte, folgende Anträge zur Annahme: 1) die Ausstellung der Arbeitsbücher einer Reorganisation zu unterwerfen und hierzu eine Kommission von 7 Mitgliedern zu wählen; 2) für Erfindung eines für Backöfen jeder Art und aller Orten anwendbaren und sich bewährenden Rauchverbrennungs⸗ apparates einen Preis von 300 auszuschreiben und die Wahl der Prüfungskommission dem geschäftsführenden Comité zu überlassen; 3) die Protokolle und Kassenabschlüsse der Unterverbände dem jährlich erscheinenden Mitgliederverzeichniß beizufügen. Sodann referirte Kie⸗ ling⸗Wernigerode über das Thema: „Wie ist unseren Gesellen, welche sich arbeits- und heimathslos auf der Landstraße befinden, zu helfen?“ Kollmann⸗Hannover wollte die Zahl der Lehr⸗ linge für jeden Meister auf zwei beschränkt wissen. Nie⸗ mann ⸗Magdeburg befürwortete eine Geldunterstützung für die Arbeiterkolonien und Verpflegungsstationen. Böhme⸗Leipzig meinte, das Uebel wurzele in der Uebervölkerung und in der immer größeren Ueberhandnahme der Maschinen. Nach einem Schlußwort des Referenten wurde eine Resolution angenommen, nach welcher die Ausschüsse für das Lehrlingswesen ihre Aufmerksamkeit darauf zu richten haben, daß die Meister höchstens je drei Lehrlinge halten. Nach Erledigung einige geschäftlichen Angelegenheiten wurde die Sitzung vertagt.

Rom, 19. August. an 2 Minuten dauernder Erdst selbe noch heftiger verspürt; worden.

senza fand heute ein Sb ; Rossano wurde der⸗ ist dadurch nicht angerichtet

Das Neue Friedrich⸗Wilhelmstädtische Theater rüftet sich zur zweiten Saison, indem am nächsten Sonnabend das gesammte Personal wieder nach einer an materiellen sowie künstlerischen Er⸗ folgen reichen Gastspielreise vereinigt sein wird, um in der alten bewährten Weise seine Thätigkeit von Neuem aufzunehmen, und zwar vorläufig mit der Aufführung bereits früher gegebener Stücke. Augenblicklich setzt Fräulein von Csepesanvi ihr Gastspiel fort, und erhält im Verein mit dem tüchtigen einheimischen Künstlerpersonal dem Etablissement die Beliebtheit, welcher sich dasselbe mit Recht beim Berliner Publikum erfreut, obgleich zu wünschen ist, daß die⸗ selbe sich durch einen lebhafteren Besuch zu erkennen geben möchte. Die Aufführung der ewig jungen Suppéschen „Fatinitza“, welche

gestern gegeben wurde, bietet dem Fräulein von Csepesanvi reichlich Ge⸗ legenheit, ihr künstlerisches Können voll und ganz zu zeigen, und so ern⸗

tete sie zugleich mit den Darstellern der übrigen Hauptrollen reich⸗

lichen, wohlverdienten Beifall. Die begabte Künstlerin wird übrigens am Donnerstag als Rosalinde in der „Fledermaus“ ihr mehrwöchent⸗

liches Gastspiel beschließen. Hr. Binder weiß den derbkomischen

Kantschukoff mit all den originellen Zügen und drolligen Einzelheiter auszustatten, welche dieser Rolle stets einen durchschlagenden Erfolg sichern werden. Der unverwüstliche Humor des Hrn. Swoboda ge⸗ gestaltet nach wie vor den lustigen Reporter Golz zu einer prächtigen komischen Figur, und bietet aus seiner nie versiegenden Quelle stets neue kleine Bonmots und Variationen. Hr. Pauli spielt den Pascha

ein wenig zu derb. Die Fürstin Lydia sahen wir gestern von Frl.

Groß spielen, und hatten Gelegenheit, in ihr eine recht tüchtige Kraft kennen zu lernen. Die Dame verfügt über eine sympathische Stimme und angenehme Erscheinung, und bot, abgesehen von einigen Mängeln der Darstellung, eine recht hübsche Leistung.

Von der Direktion des Belle⸗Alliance⸗Theaters sind

nachstehende Novitäten für die Wintersaison erworben worden: „Das Stadtgespenst“, ein Zeitbild in 4 Akten von Lucius, „Die Volks⸗ sängerin“, Schauspiel in 3 Akten von Karl Wartenburg, und der vieraktige Schwank „Die Schwiegermutter“ von Hirschel und Hart⸗ mann⸗Plön. Das Volksstück „Buchholzen's!“ bleibt voraussichtlich noch längere Zeit auf dem Repertoire, da der Erfolg desselben noch allabendlich ein ganz außerordentlicher ist.