1884 / 207 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 03 Sep 1884 18:00:01 GMT) scan diff

. die von den Aufsichtsbehörden zu statistischen Zwecken für nöthig erachteten Nachweisungen, sowie deren Unterlagen auf ihre Kosten zu beschaffen und der Aufsichtsbehörde in den von derselben festgesetzten Fristen einzureichen.

XI.

Nach Eröffnung des Betriebes ist die Gesellschaft zur Vermehrung der Geleise auf Bahnhöfen und auf der freien Strecke und zum Be⸗ triebe derselben, zum Umbau und zur Erweiterung vorhandener Bahn⸗ höfe und zur neuer Anlagen auf denselben, zur Anlegung neuer Bahnhöfe, zur Beseitigung der Niveauübergänge der Bahn und der Niveaukreuzungen derselben mit anderen Bahnen, so ke zur Ver⸗ mehrung ihrer Betriebsmittel verpflichtet, wenn und soweit der Minister der öffentlichen Arbeiten solches im Verkehrsinteresse oder im Interesse der Sicherheit des Betriebes oder im Interesse der Landesvertheidigung für erforderlich erachten sollte. Sorveit diese Anforderungen lediglich im Interesse der Landesvertheidigung erfolgen, sind die desfallsigen Kosten der Gesellschaft zu erstatten, wenn nicht im Wege der Gesetzgebung andere, für die Gesellschaft alsdann maß⸗ gebende Bestimmungen (cfr. Art. I in fine) getroffen werden. Im Uebrigen fallen die betreffenden Kosten der Gesellschaft zur Last.

Im Verkehrsinteresse soll die Gesellschaft jedoch zur Herstellung des zweiten Geleises auf der ganzen Bahnstrecke erst dann angehalten werden können, wenn die Bruttoeinnahme im Durchschnitt dreier 5-Iö folgender Jahre mindestens 16 000 pro Kilometer eträgt.

Zur Errichtung neuer’Stationen oder Haltestellen im Verkehrs⸗ interesse soll die Gesellschaft erst nach Verlauf von acht Jahren, vom Beginn des auf die Betriebseröffnung folgenden Kalenderjahres ge⸗ rechnet und auch dann nur verpflichtet sein, wenn die Bruttoeinnahme

im Durchschnitte der drei letzten Jahre mindestens 12 000 pro Ktlometer betragen hat, oder wenn der Gesellschaft von den Inter⸗ essenten ein nach dem Ermessen des Ministers der öffentlichen Arbeiten ausreichender Zuschuß zu den ihr erwachsenden Bau⸗ und Betriebs⸗ kosten geleistet wird.

XII.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, hinsichtlich der Besetzung der Subaltern⸗ und Unterbeamtenstellen mit Militäranwärtern, insoweit dieselben das 40. Lebensjahr noch nicht zurückgelegt haben, die für den Staatseisenbahndienst in dieser Beziehung und insbeson⸗ ere bezüglich der Ermittelung der Militäranwärter bestehenden und noch zu erlassenden Vorschriften zur Anwendung zu bringen.

Für ihre Beamten hat die Gesellschaft auf Verlangen des Ministers der öffentlichen Arbeiten nach Maßgabe der Grundsätze, welche bis zum Erlaß des Gesetzes, betreffend die Pensionirung der un⸗ mittelbaren Staatsbeamten ꝛc. vom 27. März 1872 für die Staats⸗ eisenbahnen bestanden haben, für ihre Arbeiter nach Maßgabe der jetzt und künftig für die Staatsbahnen bestehenden Grundsaätze, Pen⸗ sions⸗, Wittwen⸗ und Unterstützungskassen einzurichten und zu den⸗ selben die erforderlichen Zuschüfse zu leisten. dEG Die Verpflichtungen der Gesellschaft zu Leistungen für die Zwecke des Postdienstes regeln sich nach dem Eisenbahn⸗Poftgefe ze vom 20. Dezember 1875 (Reichs⸗Gesetzblatt für 1875 S. 318) und den dazu

gehörigen Vollzugsbestimmungen, jedoch mit der Erleichterung, daß

für die Zeit bis zum Ablauf von acht Jahren vom Beginne des auf

ie Betriebseröffnung folgenden Kalenderjahres an Stelle der Art. *

3 und 4 des Gesetzes die im Erlasse des Reichskanzlers vom 28. Mai

1879 (Centralblatt für das Deutsche Reich Seite 380) getroffenen Be⸗ stimmungen treten.

Sofern innerhalb des vorbezeichneten Zeitraums in den Verhält⸗ nissen der Bahn in Folge von Erweiterungen des Unternehmens oder durch den Anschluß an andere Bahnen oder aus anderen Gründen ine Aenderung eintreten sollte, durch welche nach der Entscheidung

der obersten Reichs⸗Aufsichtsbehörde die Bahn die Eigenschaft als Eisenbahn untergeordneter Bedeutung verliert, tritt das Eisenbahn⸗ Postgesetz mit den dazu gehörigen Vollzugsbestimmungen ohne Ein⸗ schränkung in Anwendung.

XIV.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, sich den bezüglich der Leistungen für militärische Zwecke bereits nan. oder künftig für die Eisen⸗ bahnen im Deutschen Reiche ergehenden gesetzlichen Bestimmungen zu unterwerfen.

XV. Der Telegraphenverwaltung gegenüber hat die Gesellschaft die⸗

jenigen Verpflichtungen zu übernehmen, Staatsbahnen jeweilig gelten. 8 XVI.

Anderen Unternehmern bleibt sowohl der Anschluß an die Bahn mittelst Zweigbahnen, als die Mitbenutzung der Bahn ganz oder theilweise gegen zu vereinbarende, eventuell vom Minister der öffent⸗ lichen Arbeiten festzusetzende oder Bahngeldsätze vorbehalten.

Die Staatsregierung ist berechtigt, von dem Rechte des Ankaufs der Bahn nach Maßgabe der Bestimmung des §. 42 des Eisenbahn⸗ Gesetzes vom 3. November 1838 schog nach Ablauf von zehn Jahren, den Beginn dieses Zeitraums von der Eröffnung des Betriebs an ge⸗ rechnet, Gebrauch zu machen.

Der Staatsregierung ist ferner das Recht vorbehalten, den Be⸗ 5. der Bahn für Rechnung der Gesellschaft jederzeit zu über⸗ nehmen.

Auch ist die Gesellschaft verpflichtet, den Betrieb ihrer Bahn der Verwaltung einer anschließenden Bahn gegen Gewährung einer jähr⸗ lichen Rente, welche der im Durchschnitt der letzten fünf Jahre er⸗ zielten Reineinnahme gleichkommt und mindestens jährlich 4 ½ Prozent des Anlagekapitals (ecfr. II) beträgr, zu überlassen, falls der Minister der öffentlichen Arbeiten diese Betriebsüberlassung im öffentlichen Verkehrsinteresse für erforderlich erachtet. Als Reineinnahme ist die⸗ jenige Summe anzusehen, um welche die Betriebs⸗Roheinnahme die in dem betreffenden Rechnungsjahre aufgewendeten Verwaltungs⸗, Unterhaltungs⸗ und Betriebskosten einschließlich der vorgeschriebenen Rücklagen in den Erneuerungs⸗ und Reservefonds, jedoch ausschließ⸗ lich der aus diesen Fonds zu Ausgaben übersteigt.

868 .

Sollten nach dem Ermessen des Ministers der öffentlichen Arbeiten resp. der obersten Reiche Zussichtaheh, de die Voraussetzungen wegfallen, unter denen auf die Bahn bei ihrer Konzessionirung die Anwendung der Bahnordnung für deutsche Eisenbahnen untergeord⸗ neter Bedeutung für statthaft erklärt ist (cfr. Artikel XIII in fine), so muß die Gesellschaft auf Erfordern des bezeichneten Ministers sich bereit finden lassen, nach ihrer Wahl entweder selbst die bau⸗ lichen Einrichtungen und den Betrieb der Bahn nach Maßgabe der für Hauptbahnen bestehenden Bestimmungen umzuändern, falls die finanziellen Verhältnisse der Gesellschaft ihr diese Umwandlung nach dem Ermessen des Ministers gestatten, oder zu diesem Zwecke an einen etwaigen anderen Unternehmer entweder das Eigenthum und den Betrieb der Bahn gegen Erstattung des Anlagekapitals oder blos den Betrieb der Bahn gegen Gewährung der vorhin am Schlusse des Artikels XVII bezeichneten S abzutreten.

IX.

Die Aushändigung einer Ausfertigung dieser Konzessions⸗Urkunde an das Eingangs bezeichnete Gründungscomité erfolgt erst, nachdem die Flichnung des gesammten Aktienkapitals durch Vorlegung be⸗ glaubigter Zeichenscheine dem Minister der öffentlichen Arbeiten nach⸗ gewiesen und zugleich die Kreditfähigkeit der Zeichner von demselben als genügend bescheinigt befunden ist, nachdem ferner der Staats⸗ regierung der mit den Konzessionsbedingungen in volle Ueberein⸗ stimmung zu setzende Gesellschaftsvertrag vorgelegt und diese Ueber⸗ einstimmung nachgewiesen ist, und nachdem endlich die Hinterlegung der unter VIII 4 vorgeschriebenen Kaution und Verpfändungs⸗ Urkunde stattgefunden hat.

Binnen einer von heute ab zu berechnenden sechsmonatlichen Präklusivfrift muß die Eintragung jenes von der Staatsregierung als mit der Konzession übereinstimmend befundenen Gesellschafts⸗ vertrages in das Handelsregister bewirkt werden, zu welchem Zwecke

welche für die preußischen

die Erklärung der Regierung bezüglich jener Uebereinstimmung vom Gründungscomité vorzulegen sind. 2 Nachdem jene Eintragung rechtzeitig erfolgt und unter Bei⸗ fügung von Druckexemplaren des Gesellschaftsvertrages nachgewiesen ist, soll die gegenwärtige Urkunde in Gemäßheit des Gesetzes vom 10. April 1872 veröffentlicht werden. Wird dagegen jene Eintragung binnen der vorbezeichneten Frist nicht herbeigeführt, so ist die gegenwärtig ertheilte Konzession ohne Weiteres erloschen, in welchem Falle jedoch die hinterlegte Kaution zurückgegeben werden soll. a2 1“ Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel. Gegeben Bad Gastein, den 23. Juli 1884.

(L. S.) Wilhelm. Maybach. Lucius. von Scholz. Graf von Hatzfeldt. Bronsart von Schellendorff.

Berlin, den 3. September 1884.

Se. Königliche Hoheit der Prinz Arnulf von Bayern ist gestern Abend nach München zurückgereist.

Abgereist: Se. Excellenz der Staats⸗Minister und Minister der öffentlichen Arbeiten, Maybach, nach Süd⸗ deutschland.

Bekanntmachung.

Die neuen Zinsscheine zu den Obligationen des vormals Herzog⸗ lich nassauischen 4 % igen Staatsanlehens von 7 200 000 I. d. d. 30. September 1862 Reihe IV Nr. 1— 8 nebst Zinsschein⸗Anweisun⸗ gen werden vom 1. Oktober I. J. ab bei dem Bankhause der Herren M. A. von Rothschild u. Söhne in Frankfurt a. M. ausgereicht werden.

Es können diese Zinsscheine auch durch die Königlichen Regie⸗ rungs⸗Hauptkassen und die Königlichen Bezirks⸗Hauptkassen zu Han⸗ nover, Lüneburg und Osnabrück bezogen werden.

Wer die Zinsscheine durch eine dieser Kassen beziehen will, hat derselben die alten Zinsschein⸗Anweisungen mit einem doppelten Ver⸗ zeichnisse einzureichen. u“

Das eine Verzeichniß wird, mit einer Empfangsbescheinigung versehen, sogleich zurückgegeben und ist bei der Ausreichung der neuen Zinsscheine wieder abzuliefern.

Formulare zu diesen Verzeichnissen sind bei den genannten Pro⸗ vinzialkassen unentgeltlich zu haben.

Der Einreichung der Schuldverschreibungen bedarf es zur Er⸗ langung der neuen Zinsscheine nur dann, wenn die alten Zinsschein⸗ Anweisungen abhanden gekommen sind; in diesem Falle sind die be⸗ treffenden Dokumente an das Königliche Regierungs⸗Präsidium zu Wiesbaden mittelst besonderer Eingabe einzureichen.

Die entstehenden Portokosten haben die Empsänger der neuen Zinsscheine zu tragen 8

Es wird schließlich darauf aufmerksam gemacht, daß zu den in Rede stehenden Schuldverschreibungen vom 1. Oktober 1888 ab nicht mehr, wie bisher, nur 8 Stück Zinsscheine für vier Jahre, sondern für einen Zeitraum von zehn Jahren 20 Stück Zinsscheine gleichzeitig werden ausgereicht werden und demgemäß die den Zinsscheinen Reihe IV jetzt beigegebenen Anweisungen zur Ab⸗ hebung der Reihe V eine entsprechende Fassung erhalten haben.

Wiesbaden, den 28. August 1884.

Der Regierungs⸗Präsident. von W

urmb.

Personalveränderungen.

Königlich Preußische Armee.

Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen, Im aktiven Heere. Schloß Babelsberg, 23. August. v. Zawadzky, Sec. Lt. vom Gren. Regt. Nr. 12, in das Gren. Regt. Nr. 3, v. Kracht, Sec. Lt. vom Gren. Regt. Nr. 12, in das Inf. Regt. Nr. 77 versetzt. Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Schloß Babelsberg, 26. August. Bruns, Oberst⸗Lt. a. D., zuletzt Major im, Inf. Regt. Nr. 13, mit seiner Pens. und der Erlaubniß zum ferneren Tragen der Unif. des Inf. Regts. Nr. 16, zur Disp. gestellt. Schäffer, Hauptm. a. D., zuletzt erster Depot⸗Offiz vom Train⸗Bat. Nr. 6, der Charakter als Major verliehen. Im Beurlaubtenstande. Schloß Babelsberg, 26. August. Klutmann, Pr. Lt. a. D., zuletzt Sec. Lt. von der Landw. Inf. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 56, die Erlaub Tragen der Landw. Armee⸗Unif. ertheiilt.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 3. September. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen heut Se. Großherzog⸗ liche Hoheit den Prinzen Heinrich von Hessen, der seine Mel⸗ dung wegen Verleihung des Ranges als kommandirender General abstattete. Allerhöchstdieselben hörten ferner den Vortrag des Wirklichen Geheimen Raths von Wilmowski.

8

In Bezug auf die Frage der Stempelpflicht der Handelscorrespondenz, in welcher der J. Civilsenat des Reichsgerichts durch Urtheil vom 2. Februar d. J. die Handelsbriefe überhaupt, auch wenn sie die Herstellung eines urkundlichen Beweises für ein geschlossenes Geschäft bezwecken, von dem Stempel befreit erachtet, hat der III. Strafsenat des Reichsgerichts neuerdings (Urth. v. 23. Juni 1884) unter Aufrechterhaltung seiner bisherigen Rechtsprechung, daß Han⸗ delsbriefe, welche die Schaffung eines urkundlichen Beweises für ein geschlossenes Geschäft bezwecken, stempelpflichtig sind die Auffassung des I. Civilsenats ausdrücklich und unter aus⸗ führlicher Begründung reprobirt, und in Bezug auf den gerade vorliegenden Fall ausgesprochen, daß ein Handelsbrief, in welchem die Annahme einer Geschästsofferte ausgesprochen ist, und welcher daneben auch bezweckt, eine Beweisurkunde über das abgeschlossene Geschäft zu schaffen, stempelpflichtig ist.

Der Bervollmächtigte zum Bundesrath, Königlich bayerische General⸗Major, Ritter von ylander, ist hier eingetroffen.

Der General⸗Lieutenant Graf von Warten sleben,

beauftragt mit der Führung des III. Armee⸗Corps, ist zur Besichtigung der Truppen des Corps abgereist.

Der Präsident des Königlichen Geodätischen Instituts und des Central⸗Büreaus der europäischen Gradmessung, General⸗ Lieutenant z. D. Baeyer, ist von Inspizirungsreisen hierher

dem Handelsgerichte die Ausfertigung der Konzessions⸗Urkunde und

8 Der Direktor der Kriegs⸗Akademie, General⸗Lieutenant von Flatow, ist von Baden⸗Baden und Stuttgart hierher zurückgekehrt.

Ueber die Sedanfeier bringt das „W. T. B.“ von außerhalb folgende Meldungen:

Breslau, 2. September. Aus Anlaß der Sedan⸗ feier prangen die Straßen in reichem Flaggenschmucke, die öffentlichen Denkmäler sind festlich geschmückt, zahlreiche Schau⸗ fenster sind mit den Büsten Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin und anderer Mitglieder des Königlichen Hauses prächtig dekorirt.é Der Turnverein hatte zur Vorfeier des Sedantages bereits gestern Abend einen imposanten Fackelzug durch die Straßen der Stadt veranstaltet, welcher mit Ab⸗ singung von patriotischen Liedern schloß. Heute Vormittag wurden in allen Schul⸗ und Lehranstalten Festakte und in den Kirchen Festgottesdienste abgehalten. Mittags von 12 bis 1 Uhr ertönte vom Rathhausthurme Festmusik. Zahlreiche Vereine und Gesellschaften haben für den Nachmittag Fest⸗ essen und Festschießen veranstaltet, ebenso finden in vielen öffentlichen Gärten Festlichkeiten statt.

Posen, 2. September. Nachdem bereits am Sonntag zur Vorfeier des Sedanfestes der Landwehrverein unter zahl⸗ reicher Betheiligung größere Festlichkeiten veran staltet hatte, fand heute die eigentliche Feier in der gewohnten Weise durch Fetabt⸗ in den Schulen ꝛc. statt. Die Stadt ist festlich ge⸗

mückt.

Duisburg, 2. September. Zur Feier des Sedantages ist die Stadt reich mit Flaggen geschmückt. Vormittags fanden Festgottesdienste in den Kirchen und Feierlichkeiten in den Schulen statt, Nachmittags eine Kinderfeier auf dem Kaiserberg. Abends veranstaltet der deutsche Verein ein Festbanket.

Wiesbaden, 2. September. Die Feier des Sedantages wurde in allen Kirchen Gottesdienst abgehalten. Nachmittags 2 Uhr fand die seierliche Grundsteinlegung zu dem neuen Rathhause statt, hierauf Festzug aller Vereine nach dem Nero⸗ berg zum Volksfeste.

München, 2. September. Anläßlich der Sedanfeier sind alle städtischen und zahlreiche Privatgebäude festlich be⸗ flaggt. Abends finden verschiedene Volksfeste statt.

Leipzig, 2. September. Nachdem bereits am gestrigen Abend unter zahlreicher Betheiligung der Behörden, Vereine, Schulen und des Publikums ein ansehnlicher Zug nach dem Napoleonssteine stattgefunden, wo ünter Festrede und Gesang Freudenfeuer loderten, an welche sich Festkommerse und Con⸗ certe anschlossen, wurde der heutige Tag durch Weckruf in den geschmückten Straßen eröffnet. Nach einer kurzen Feier an der Friedenseiche versammelte sich ein zahlreichs Publikum zum Festgottesdienste in der Nikolai⸗Kirche. Von verschiedenen Plätzen ertönte Festmusik. Nachmittags ordnete sich ein imposanter Festzug; die Festrede hielt Prof. Dr. Nölodecke. Nach einem allge⸗ meinen Gesang setzte sich der Zug unter Begleitung von 11 Musikcorps und den Männerchören der hiesigen Gesang⸗ vereine in Bewegung nach dem neuen Schützenhause. Abends findet elektrische Erleuchtung des Festplatzes und großes Feuer⸗ werk statt. Die Stadt, namentlich die öffentlichen Gebäude und viele Privatwohnungen sind festlich geschmückt; die Ge⸗ schäftslokale meistens geschlossen. Die Straßen durchzieht ein

patriotisch begeistertes Publikum. Die Sedanfeier ist durch

eimar, 2. September. Gottesdienste, Festakte in den Schulen und Aufzüge der Kriegervereine auf das Festlichste begangen worden.

Braunschweig, 2. September. Die Sedanfeier wurde gestern Abend Seitens der hiesigen Gesangvereine durch den Vortrag patriotischer Lieder auf dem Hnen erleuchteten altstädtischen Markt eingeleitet. Heute ormittag wurden in sämmtlichen Kirchen Festgottesdienste abgehalten. fand unter überaus zahlreicher Betheiligung ein Festzug statt. Die Stadt ist reich beflaggt.

Bremen, 2. September. Der auf dem Marktplatze ver⸗ anstalteten Sedanfeier wohnten alle Mitglieder des Senats und der Bürgerschaft, des Richterkollegiums, sowie die Mit⸗ glieder der Handelskammer, die übrigen Korporationen und ein nach Tausenden zählendes Publikum aus allen Klassen der Bevölkerung bei. Die Festrede hielt Pastor Dr. Portig, am Schlusse derselben sang die ganze Versammlung den Choral: „Nun danket alle Gott“, worauf alle Glocken zu läuten begannen und 101 Kanonenschüsse gelöst wurden. Nachmittags findet ein Volksfest auf dem Schützenhofe statt. Die Stadt ist überall reich mit Flaggen geschmückt.

Rawitsch, 3. September. (W. T. B.) Se. Kaiser⸗ liche und Königliche Hoheit der Kronprinz traf heute früh 7 Uhr 18 Minuten auf dem festlich geschmückten Bahnhofe ein und wurde von dem Fürsten von Hatzfeldt⸗ Trachenberg, dem Landrath Grafen Posadowsky, den Spitzen der Behörden, der Geistlichkeit und dem Bezirks⸗Commandeur empfangen. Nach Begrüßung der auf dem Bahnhofe ebenfalls anwesenden Reserve⸗ und Landwehr⸗Offiziere und der Mit⸗ glieder des Kriegervereins nahm Se. Kaiserliche und König⸗ liche Hoheit ein Dejeuner ein und begab Sich sodann mittelst Extrapost unter enthusiastischen Kundgebungen der zahlreich anwesenden Volksmenge in das Manöverterrain. Am Bahn⸗ hofe hatten etwa 2000 Schulkinder Spalier gebildet. In dem Hauptquartier eingetroffen, stieg Se. Kaiserliche und König⸗ liche Hoheit sofort zu Pferde und begab Sich zu den Truppen, worauf das Manöver begann. Prinz Leopold von Bayern wurde zum Schiedsrichter ernannt.

Bonn, 2. September. (W. T. B.) Wie die „Bonner Zeitung“ meldet, ist General⸗Feldmarschall Herwarth von Bittenfeld in vergangener Nacht gestorben.

Auch der Kurator der hiesigen Universität, Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Beseler ist gestorben.

Baden. Karlsruhe, 1. September. (Karlsr. Ztg.) Am 30. August früh begaben sich die Großherzoglichen Herr⸗ schaften mittelst Eisenbahn nach Schloß Krauchenwies zum Besuch Ihrer Königlichen Hoheiten des Fürsten und der Fürstin von Hohenzollern, besuchten auch die Erbprinzlich Hohenzollernschen Herrschaften in Sigmaringen, und kehrten Abends nach Schloß Mainau zurück. Mittwoch, den 3. Sep⸗ tember, verläßt der Großherzog Mainau und wird Abends in Waibstadt eintreffen, von wo Höchstderselbe den Manövern der 28. Division anzuwohnen gedenkt.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 1. September. (Els.⸗

Lothr. Ztg.) Der Statthalter hat gestern Abend seine diesjährige Badereise nach Gastein angetreten.

Nachmittags

zurückgekehrt.

8 11““

8

wurde heute früh durch Glockengeläute eingeleitet, Vormittags

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 2. September. (W. T. B.) Der König und die Königin, sowie der Kronprinzvon

Serbien sind heute Nachmittag hier eingetroffen.]

AnRAmnmn Schweiz. Bern, 2. September. (W. T. B.) Der schweizerische Bundesrath hat heute die gegen den Kanton Genf mit Hinblick auf Cholerabefürchtungen erlassenen sanitären Verfügungen zurückgenommen. Das ganze Ge⸗ biet 62 schweizerischen Eidgenossenschaft ist von der Cho⸗ lera frei.

Belgien. Brüssel, 2. September. (W. T. B.) Die Repräsentantenkammer hat die drei ersten Artikel des Gesetzentmurfs, betreffend die Regulirung der Steuern und Verbrauchsabgaben für Branntwein, genehmigt; mit der An⸗ nahme dieser prinzipiellen Artikel ist der ganze Gesetzentwurf als angenommen zu betrachten. Die Vorlage wegen Erhebung einer Zuschlagsteuer auf ausländischen Zucker wurde mit 63 gegen 10 Stimmen angenommen.

Großbritannien und Irland. London, 1. Septem⸗ ber. Aus der durch ein Telegramm des „W. T. B.“ schon kurz skizzirten Rede, welche der Premier⸗Minister Glad⸗ stone am Sonnabend in der Kornbörse in Edinburg hielt, ist noch Folgendes nachzutragen. Nach der. „Alllg. Corr.“ sagte Gladstone u. A.: Der besondere Zweck meines Besuches in Midlothian ist, abgesehen von der Pflicht, die ich meinen Wählern schulde, der, durch jedes legitime Mittel, das in meiner Macht steht, die schleunige Annahme der Wahlreform⸗ bill zu fördern. Die Verwerfung der Bill durch das Ober⸗ haus hat leider andere Fragen der ernstesten Art angeregt und auch die Frage aufgeworfen, ob nicht die Zeit er⸗ schienen sei, die Mittel zur Einführung eines ocganischen Wechsels in der Zusammensetzung des Oberhauses zu studiren. Auf diese Frage einzugehen, liegt aber nicht in meiner Absicht. Was die Regierung jetzt wünscht, ist, ein nationaler Meinungsausdruck in verfassungsmäßiger Weise darüber, ob zwei Millionen Mitunterthanen einen⸗Antheil an der politischen und parlamentarischen Macht erhalten sollen, oder nicht. Eine Majorität von 130 im Volksvertretungs⸗ hause nahm die Wahlresorm⸗Bill an, und bei der dritten Lesung ließ der Sprecher in dem Protokoll des Hauses die Thatsache verzeichnen, daß die Bill nemine contradicente, d. h. mit dem einstimmigen Verdikt des Hauses ange⸗ nommen worden sei. Das Oberhaus hat indeß die Bill verworfen und dadurch das Land in eine große Krisis versetzt, denn es handelt sich jetzt um die »Frage: wer hat Recht und wer hat Unrecht? Der Redner ging dann fast bis in das kleinste Detail auf die Einwürfe der Opposition gegen die Wahlreformbill und das Unterlassen der Regierung, dieselbe mit einem Entwurfe für die Neueinthei⸗ lung der Wahlbezirke zu paaren, ein, und bestritt emphatisch Lord Salisbury's Behauptung, daß die Erweiterung des Stimmrechts gleichbedeutend mit einer Revision der Staats⸗ verfassung sei. Schließlich appellirte Gladstone an die Vernunft des Oberhauses und drückte die Hoffnung aus, daß die Ma⸗ jorität schließlich bewogen werden dürste, sich zu der hochherzi⸗ gen Anschauung der Minorität zu bekennen.

(Allg. Corr.) Nächst der liberalen Kundgebung in Edin⸗

burg, bei welcher Gladstone sprach, hat es am letzten Sonnabend auch in anderen Theilen des Königreiches nicht an Demon⸗ strationen für und wider die Regierung gefehlt. In Lord Salisbury's Park in Feaeelr fand eine von etwa 8000 Personen besuchte konservative Kundgebung zu Gunsten des Oberhauses statt, bei welcher Lord Lytton, der unter Lord Beaconsfield Vizekönig von Indien gewesen, die Haltung der Pairskammer in der Wahlreformfrage recht⸗ ertigte. 1— Die Leiche des verstorbenen Botschafters Lord Ampthill kam am Sonnabend in London an. Auf dem Victoriabahnhofe hatten sich der Herzog von Bedford und andere nächste Anverwandte des verstorbenen Pairs eingefun⸗ den. Im Laufe des Tages erfolgte die Ueberführung der sterblichen Hülle nach Cheneys, wo die Beerdigung am nächsten Mittwoch stattfindet.

3. September. (W. T. B.) Die „Times“ meldet aus Foutschu von gestern, in der Stadt und in der Kolonie herrsche jetzt Ruhe, der Vize⸗Konsul sei nach der Stadt zurück⸗ gekehrt, auch die Rückkehr des Konsuls werde bald erwartet. Die Pagode stehe unter dem Schutze chinesischer Truppen, die Chinesen seien mit der Wiederherstellung der Forts beschäftigt. Die Ordnung werde lediglich durch Mannschaften aufrecht er⸗ hätten⸗ welche englische und amerikanische Kriegsschiffe gelandet

ätten.

Frankreich. Paris, 2. September. (W. T. B.) Der hiesigen Regierung ist bisher keine Notifikation zugegangen, welche eine formelle Kriegserklärung Chinas enthält. In unterrichteten Kreisen. glaubt man auch nicht, daß eine solche erfolgen werde.

2. September, Abends. (W. T. B.) General Millot hat angezeigt, daß er sich am 22. d. M. in Saigun nach Frankreich einschiffken werde. Das Journal „Paris“ schreibt, es seien alle Vorbereitungen getroffen, um, wenn nothwendig, eine Division neuer Truppen nach China zu schicken. Diese Division würde aus 2500 Mann Marine⸗Infanterie und 6000 Mann Linientruppen bestehen. Die Ernennung eines neuen Truppenbefehlshabers würde in dem ersten, nach der Rückkehr des Minister⸗Präsidenten Ferry stattfindenden Ministerrathe erfolgen. Der „Temps“ betont die Noth⸗ wendigkeit, das Truppenkommando in Tongking mit Rücksicht auf dessen große Wichtigkeit einem bereits mit größeren Truppenkommandos vertrauten Offizier anzuvertrauen.

Italien. Rom, 2. September. (W. T. B.) Gestern sind in den Provinzen Bergamo 17 Erkrankungen und 9 Todesfälle, in Aquila 1 Todesfall, in Campobasso 4 Erkran⸗ kungen, 1 Todesfall, in Cuneo 14 Erkrankungen und 11 Todes⸗ fälle, in Genua 41 Erkrankungen und 15 Todesfälle (davon in Spezzia 39 Erkrankungen und 13 Todesfälle), in Lucca 2 Erkrankungen, in Massa 1 Erkrankung und 1 Todesfall, in Modena 2 Erkrankungen und 1 Todesfall, in Mailand 1 Erkrankung, in Neapel 60 Erkrankungen, in Parma 4 Er⸗ krankungen und 3 Todesfälle, in Reggio nell' Emilia 1 Er⸗ krankung und in Turin 4 Erkrankungen und 3 Todesfälle an der Cholera vorgekommen.

Asien. China. Hongkong, 3. September. (W. T. B., Telegramm der „Agence Havas“.) Das Kriegsschiff „La Galissonnièsre“ ist zum Schutze der französischen Handels⸗ schiffe hier eingetroffen.

Afrika. Egypten. Kairo, 31. August. (Allg. Corr.) elegramm aus Wady Halfa, datirt von heute 1 Uhr

Nachmittags, meldet die Ankunft des Dampfers „Nil“ mit zwei weiteren Compagnien des Royal Sussex⸗Regiments, wo⸗ durch die Gesammtstärke der dortigen Truppen auf 600 Mann gebracht wird. Eine Compagnie wird morgen nach Saraß aufbrechen. Eine Compagnie Genietruppen ist gestern von Assiut nach Wady Halfa abgegangen. General Sir Evelyn Wood ist in Wady Halfa angekommen. Das Süd⸗Stafford⸗ shire⸗Regiment wird nach Wady Halfa vorgeschoben zum Royal Sussex⸗Regiments, das nach Dongola be⸗ ordert ist.

Zeitungsstimmen.

Der „Schwäbische Merkur“ schreibt gelegentlich des Sedantages:

Es ist eine Freude, die Bahn fruchtbringender, ordnungerhaltender und segenspendender Arbeit am Vaterlande geöffnet zu sehen. Jeder mag sie betreten, dem es ernstlich um die Erhaltung und Stärkung des Vaterlandes, um die Wohlfahrt des Volks zu thun ist. Nur wer in einem außerdeutschen Interesse oder in unfruchtbaren Lehrmeinungen oder in kleinlichem Widerspruchsgeiste befangen ist, kann dem großen Staatsmann, welcher voranschreitet, die Folge grundsätzlich versagen. Einen noch kräftigeren Anstoß aber erhält das nationale Gefühl in Deutschland von jenseits des Ozeans. Mit einer ähnlichen Empfindung im Herzen, wie in jenen unvergeßlichen Ruhmes⸗ tagen des deutsch⸗französischen Krieges, in denen der Blick des deutschen Volkes den siegreichen Heeren folgte, begleitet es heute die Flagge auf ihren fernen friedlichen Eroberungs⸗ zügen. Wie wir vor 14 Jahren die Größe des Gedankens empfanden, als Nation neben den Nationen zu stehen, so empfinden wir heute, was es heißt, als Nation auch auf dem ganzen Erdball zusammenzuhalten, und überall, wo Deutsche ihren Fuß jen⸗ seits der Meere auf eigenes Land setzen können, die Hand als Nation darauf zu legen und zu sprechen: Dies ist unser! Was wir hofften vor 14 Jahren, das ist heute herrlich erfüllt! Das Deutsche Reich ist unter der Leitung einer weisen und starken Regierung, die ihren Ehr⸗ geiz allein in der Wohlfahrt des Landes findet, zu einer nach innen und außen gesicherten Friedensstellung gelangt; seine machtvolle und entscheidende Stellung im Rathe der Völker nützt es zu eigenem Wohl und Niemandes Schaden. Ein Hüter des Friedens, ist es von denen geachtet, die es nur fürchteten, und diejenigen werden seine Freunde, welche es haßten. Das ist das Größte unter all dem Großen, was wir der Regierung unseres Kaisers Wilhelm und seines Kanzlers danken. Am heutigen Tage auf ihre inneren und äußeren Verhältnisse blickend, kann die deutsche Nation sich der erworbenen Güter von Herzen freuen. „Dies ist unser, so lasset uns sagen und so es behaupten.“

In den „Berliner Politischen Nachrichten“ lesen wir:

Der Segen der Eisenbahnverstaatlichung hat zwar jetzt so ziemlich allenthalben die ehemaligen Zweifler überwunden, ganz besonders aber ist dies in den Elbherzogthümern der Fall, die früher der ausschließ⸗ lichen Herrschaft des Privatbahnsystems unterworfen waren, nun aber durch angestellte Vergleiche zu der Erkenntniß geführt worden sind, daß die Verstaatlichung der schleswig⸗holsteinischen Eisenbahnen viele für das reisende Publikum sehr vortheilhafte Neu⸗Ordnungen im Gefolge gehabt hat. Man will eine größere Fürsorge für die Bequemlichkeit der Reisenden, sowie ein freundlicheres Entgegen⸗ kommen Seitens des Beamtenpersonals erkennen. Vermuthlich wird auch die signalisirte Einrichtung der Wirthschaften auf den Bahn⸗ höfen bald Platz greifen. Die Provinzialpresse, soweit sie nicht von blind⸗oppositionellen Vorurtheilen beherrscht wird, nimmt keinen An⸗ stand, die mit der Reform des Eisenbahnwesens gemachten erfreu⸗ lichen Erfahrungen zu bestätigen, während umgekehrt Wünsche nach 1ö1“ des früheren Zustandes noch nirgends laut gewor⸗ den sind.

In einem „Die Kolonialpolitik und die Agrarzölle“ überschriebenen Artikel der „Leipziger Zeitung“ heißt es:

Ungelegener, als gerade jetzt, konnten wohl die Erfolge der Bis⸗ marckschen Kolonialpolitik unseren Linksliberalen nicht kommen.. . Denn das Brod des „armen Mannes“, die preisvertheuernde Wir⸗ kung der Agrarzölle, dieses älteste Rüstzeug aus der fortschrittlichen Waffenkammer ist die Parole, mit der man auch diesmal für die Wahlen mobil zu machen gedachte und in der That jetzt mobil macht. Aber so sehr man sich auch abmüht inmitten des Jubels der Na⸗ tion über die ersten Anfänge deutschen Kolonialbesitzes will die alte Fabel von dem theuern Brode nicht mehr verfangen, die fortschritt⸗ lichen Fechter selbst verlieren unter der Gleichgültigkeit der Massen gegen ihre Fechterstückchen sichtlich die Stimmung ...

Wie es unter diesen Verhältnissen um die ‚Freihandels⸗ Correspondenz“ und das Chor ihrer Nachdrucker steht, kann man sich denken. Nur in einem Punkte sind ihre Ausführungen neu. Mit derselben Einstimmigkeit nämlich, mit der sie früher behaupteten, das Brod sei unter dem Einflusse der neuen Zollpolitik theurer ge⸗ worden, mit derselben Einstimmigkeit geben sie jetzt zu, daß das Gegentheil eingetreten, daß das Brod trotz der Agrarzölle billiger geworden sei. Nicht das Gleiche sei jedoch von einer weiteren Zoll⸗ erhöhung zu ecrwarten. Die letztere werde vielmehr die Getreide⸗ preise in der That erhöhen, aber diese Erhöhung werde nicht der gesammten Landwirthschaft, sondern nur einem verschwindenden Theile (für Baden nach der „Nationalzeitung“ 2 %, für Sachsen nach der „Freihandels⸗Correspondenz“ 25 %) derselben zu Gute kommen.

Wir haben wiederholt darauf hinzuweisen gesucht, daß für alle weiteren Schritte auf diesem Gebiete unsers Erachtens in erster Linie nicht dieser Gewinn, sondern der unberechenbare Schaden in Betracht kommt, der das ganze Volk trifft, wenn sich herausstellen sollte, daß über kurz oder lang der deutsche Getreidebau der auf ihn gewendeten Arbeit und Kosten nicht mehr lohnt, wenn derselbe, nicht vor die Frage der größeren oder geringeren Einträglichkeit, sondern vor die Existenz⸗ frage gestellt werden sollte. Daß diese Gefahr durchaus nicht mehr so fern liege, das eine weitere Steigerung der ihn schon jetzt bedrohenden ausländischen Konkurrenz nicht nur möglich und wahrscheinlich, sondern so gut wie gewiß sei, ist an der Hand reichlichen Zahlenmaterials auch an dieser Stelle wiederholt eingehend darzulegen versucht worden. Auf größeren Glauben kann diese Versicherung aber bei den Gegnern einer Zollerhöhung vielleicht rechnen, wenn sie von nationalliberaler und bisher freihändlerischer Seite, wenn sie von der „Kölnischen Zeitung“ kommt. Wir geben daher im Nachfolgenden den kurzen Auszug eines Artikels, den die letztere unter der Aufschrift „Korn⸗ zölle und Kornkammern“ erst ganz vor Kurzem, in ihrer Nummer 230, brachte, und in dem sie ungefähr Folgendes ausführt:

Die Kornkammern Europas sind gegenwärtig Rußland, Ru⸗ mänien und Ungarn in Europa, außerhalb Europas Nordamerika, ein Theil Südamerikas, Australien, Nordafrika, Ostindien. Sehen wir uns in diesen Ländern um, so finden wir, daß dieselben heute erst im Beginn ihrer Kornproduktion stehen. In Nordamerika liegen noch für Jahrzehnte ungeheure Bodenflächen bereit für die jähr⸗ lich sich bildenden Gesellschaften, die mit Geld und Ma⸗ schinen ausgerüstet nach Westen vordringen, Hunderttausende von Morgen für geringen Preis ankaufen und ohne große Arbeit urbar machen. Wenn sie Raubbau treiben, so ist das für unsere Frage doch gleichgültig; der Erfolg bleibt eine jährliche Steigerung der Kornmasse, die auf den Markt kommt. Auch süd⸗ amerikanischer Weizen wird in nicht langer Frist in Europa voraus⸗ sichtlich neben dem nordamerikanischen auftreten. Nordafrika, beson⸗ ders Egypten, bedarf nur guter Verwaltung, um gewaltige Korn⸗ mengen zu erzeugen und billig nach Europa zu werfen. Trotz der Entfernung wird die Erzeugung von Korn in dem reichen Boden Egyptens oder Indiens niemals an Fülle erreicht werden können auch durch die intensivste Kultur in Europa. Der genügsamste Arbeiter

Europe rd nicht für den Lohn arbeiten, mit dem sich der Fellah oder Kuli begnügt und bei der Bedürfnißlosigkeit, die ihm das Klima gestattet, begnügen kann. Wenn wir darauf rechnen wollten, daß diese Länder einst werden genöthigt sein, intensiv und dadurch theurer zu

arbeiten, so würden wir mit einem Zeitpunkte rechnen, bis zu welchen

wir in Europa inzwischen längst mit unserer Landwirthschaft zu Grabe gegangen sein können. Endlich gehen wir auch dem Augenblick ent⸗ gegen, wo durch die Eröffnung des Panamakanals auch Australien in die Konkurrenz eintreten, wo durch die Oeffnung der afrikanischen Hochebene ein unendliches Gebiet der Erzeugung von Nahrungsmitteln dienstbar wird. b

Die „Kölnische Zeitung“ giebt alsdann die von uns bereits früher mitgetheilten Ziffern über die Steigerung der russischen Getreideausfuhr, knüpft daran die Bemerkung, daß die Steigerung möglich gewesen sei trotz der Vortheile, welche diese überseeischen Länder vor Rußland voraus haben, und kann „den trüben Zweifel“ nicht abweisen, ob es wohl möglich sei, daß in den sandigen Strecken Norddeutschlands bei intensiver, theurer und schwerer Bearbeitung des Bodens der Scheffel Roggen dauernd so billig produzirt werden könnte, als er auf der Rhede vor Hamburg oder Danzig zum Au⸗ gebot komme.

Marineverordnungsblatt. Nr. 18. Inhalt: Gnaden⸗ bewilligung. Serrvisliquidationen. Kohlenbeschaffung. Proviantlieferungskontrakte. Krankenproviant am Bord. Per⸗ sonalveränderungen. Benachrichtigungen.

Archiv für Post und Telegraphie. Nr. 16. Inhalt: Aktenstücke und Aufsätze: Die internationale Konferenz zur Bestim⸗ mung der elektrischen Einheiten. Das neue Postgesetz der Repu⸗ blik Honduras. Ueber Schrift⸗ und Verkehrswesen im alten Egypten. Kleine Mittheilungen: Der Fernsprecher in Niederland Gefahr durch elektrische Ströme. Signal⸗ und Telegraphen station im Kanal von Bristol. Das dänische Postwesen im Etats⸗ jahre 1882/83. Literatur des Verkehrswesens: Statistisches Jahr⸗ buch für das Deutsche Reich, herausgegeben vom Kaiserlichen Stati⸗ stischen Amte. Berlin 1884. Verlag von Puttkammer und Mühl⸗ brecht. 1 Band gr. 8. 200 Seiten. Preis 2 40 ₰. Zeit⸗ schriften⸗Ueberschau.

Statistische Nachrichten.

Einer im Juliheft 1884 der Monatshefte zur Statistik des Deutschen Reichs veröffentlichten Arbeit des Kaiserlichen Statistischen Amts über den Seeverkehr in den deutschen Hafenplätzen in den 10 Jahren 1873 bis 1882 entnehmen wir folgende Zahlen über die Entwickelung des deutschen Seeverkehrs in diesem Zeitraum (dabei ist der Wattenverkehr und der mit den ostfriesischen Jaseln nicht einbegriffen).

In deutschen Häfen betrug die Anzahl der angekommenen bezw. beladenen Schiffe und ihre Ladung in Register⸗

ons: 8 8 8 im a. angekommen Jahre Schiffe

1873

1874

1875

1876

1

1878

1879

1881 1882

b. abgegangen Schiffe Reg.⸗Ton 30 276 4 167 824 29 441 4 307 871 27 912 4 158 537 29 044 4 136 102 30 632 4 680 880 31 325 4 814 826 30 400 4 856 440 32 710 5 368 332 31 345 33 476

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die beiden neuesten Hefte, 8 und 9 (22. Jahrgangs) der „Ge⸗ werbehalle“, Organ für den Fortschritt in allen Zweigen der Kunst⸗Industrie, unter Mitwirkung bewährter Fachmänner redigirt von Ludwig Eisenlohr und Carl Weigle, Architekten in Stuttgart (Verlag von J. Engelhorn in Stuttgart) bringen folgende Ab⸗ bildungen:

Heft 8: Tafel 50. Kamin in Marmor; entworfen von A. Lam⸗ bert, Architekt in Stuttgart, ausgeführt von D. Doret in Vevey. Tafel 51. Italienisches Bauerngeschirr in gebranntem Thon; auf⸗ genommen von Professor C. Rieß in Stuttgart. Tafel 52. Spiegelrahmen; entworfen von Architekt Joh. Schmautz in München. Tafel 53. 1) Schmiedeiserne Fensterfüllung von einem ehemaligen Potrizierhause (jetzt Maximilians⸗Museum) in Augsburg (1550). 2) Bronzeschild von einer Grabplatte im Kreuzgang der St. Anna⸗ kirche in Augsburg (1560). 3) Schmiedeisernes Bildschutzgitter in derselben Kirche (1666). Aufgenommen von Architekt E. Dörr in Karlsruhe. Tafel 54. Schrank von Flachat und Cochet in Lyon. Tafel 55. Uhr; entworfen von Architekt Otto Girard in Berlin. Tafel 56. Intarsien aus dem Kloster Ottobeuren bei Memmin⸗ gen; aufgenommen von C. von Braunmühl in München.

Heft 9: Tafel 57. Brunnen in Eisenguß; entworfen von Pro⸗ fessor C. Schick in Karlsruhe, ausgeführt von Ansbach⸗Förderreuther u. Cie. in Martinlamitz (Bayern). Tafel 58. Büffet; entworfen und ausgeführt von F. Wirths Söhne, Hofebenisten in Stuttgart. Tafel 59. Ornamentale Motive von Architekt Ernst Fesse in Dresden. Tafel 60. Schüssel von Gußeisen mit Silbertauschirung (16. Jahrhundert); gezeichnet von Professor C. Rieß in Stuttgart. Tafel 61. Boule⸗Kästchen im Stile Louis XIV.; nach dem in der Sammlung des Garde-meubles in Paris befindlichen Original reproduzirt von L. Wiener daselbst. Tafel 62. Schloß im Bayerischen National⸗Museum in München; aufgenommen von Georg Lehner daselbst. Tafel 63. Portière auf einem Deckengemälde im Schloß Trausnitz zu Landshut in Bayern (16. Jahrhundert); aufge⸗ nommen von Anton Lehmann in München.

Mit dem uns soeben zugegangenen Septemberheft der „Deut⸗ schen Rundschau“ hat diese in großem Styl begründete und durchgeführte Revue ihren zehnten Jahrgang beendet. Auch das vor⸗ liegende Septemberheft legt von dem ernsten Streben der „Deut⸗ schen Rundschau“ beredtes Zeugniß ab. Eine stimmungsvolle Novelle von Henning Schönberg: „Verschlungene Wege“ macht den Anfang. E. du Bois⸗Reymond liefert eine zwar nur kurze, aber erschöpfende Studie über Diderot, dessen hundertjähriger Geburtstag kürzlich gefeiert wurde. Gerhard Rohlfs schildert in anziehender Weise den egyptischen Sudan, den er aus eigenster An⸗ schauung kennt, und giebt dabei fesselnde Aufschlüsse über das füd⸗ liche sudanesische Gebiet, welches von einem Deutschen regiert wird. Anschließend an den vor wenigen Wochen erschienenen Brief⸗ wechsel Berthold Auerbachs liefert Julian Schmidt ein anregendes Bild von der Persönlichkeit und dem Charakter des verstorbenen Schwarzwald⸗Dichters sowie seiner Werke. An diesen Artikel schließt sich die letzte Arbeit Joh. Gust. Droysens: Friedrichs des Großen treis lettre au public, in welchem Aufsatze der unvergeß⸗ liche Historiker die Entstehung und Bezugnahme der genannten drei öffentlichen Briefe des großen Königs erklärt. Ein Thema, welches gegenwärtig besonders interessirt, behandelt Wilhelm Fließ in seiner Studie über den „Gegenwärtigen Stand der Lehre von der Cholera“. Klar und verständnißvoll und in übersichtlichen einzelnen Abschnitten zieht der Verfasser seine Folgerungen aus den neuesten Cholera⸗ Forschungen. Die schwedische Schriftstellerin A. Charl. Edgren tritt in der Novelle „Zweifel“ zum ersten Mal vor ein deutsches Publikum. Ein vornehmer Geist spricht aus dieser Erzählung, die eins der schwierigsten religiösen und sozialen Probleme behandelt und einen tiefen Eindruck hinterläßt. Ernst von Stockmars Bemerkungen über den „Tod der Prinzeß Charlotte von England“ werden Viele interessiren. Der „Politischen Rundschau“ schließen sich die