— 1. Oktober. (Hannoverscher Courier.) In der heutigen (3.) Sitzung des 18. hannoverschen Provinzial⸗Land⸗ tags stand der Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung und Abänderung der Wegegesetzgebung in der Provinz Han⸗ nover auf der Tagesordnung. Nach längerer Debatte wurde die Vorlage an eine Kommission von 9 Mitgliedern mit Zu⸗
eziehung der Mitglieder des Landes⸗Direktoriums und des Wegbauraths der Provinz verwiesen. Die Wahl der Kom⸗ missionsmitglieder wurde sofort vorgenommen.
— 2. Oktober. (Hann. Cour.) In der heutigen (4.) Sitzung des 18. hannoverschen Provinzial⸗Landtags wurde nach längerer Debatte der Gesetzentwurf über die Abstellung von Berechtigungen zum Hauen oder Stechen von Plaggen, Haide ꝛc. für die Provinz Hannover an eine Kommission von 9 Mitgliedern verwiesen. Darauf wurde die Berathung des Finanzetats pro 1885 wieder aufgenommen. Zunächst wurde der Dispositionsfonds für alle drei Irren⸗ anstalten mit 15 000 ℳ, und die Etats der Taubstummen⸗ anstalten, die gegen das Vorjahr wenig Veränderungen er⸗ fahren haben, bewilligt. Dann wurden mehrere kleinere Etats (Hebeammenlehranstalt, Landwirthschaftsschule in Hildesheim, Ackerbauschule in Meppen, Beihülfe an milde Stiftungen und Vereine, gemeinnützige und wohlthätige Anstalten ꝛc.) ohne Debatte genehmigt. b
Ueber die Ausgaben für Chausseen, Landstraßen und Gemeindewege referirte der Wegbau⸗Rath Willigerod. Die Besoldungen seien von 100 700 auf 103 700 ℳ gestiegen. Es solle den Wegbau⸗Inspektoren eine Gehaltserhöhung zu Theil werden, die in folgendem Ausschußantrage begründet werde:
Der Provinzial⸗Landtag wolle beschließen, den Wegbau⸗Inspek⸗ oren — unter Aufhebung der jetzigen Bestimmung, nach welcher ieselben dur chschnittlich 4350 ℳ Besoldung erhalten — 8
von 4 zu 4 Jahren eine Besoldungszulage von je 300 ℳ innerhal des bisherigen Minimal⸗ und Maximalsatzes von 3300 — 5400 ℳ zu bewilligen. 8
Die Debatte wurde zur nächsten Sitzung (Freitag 1 Uhr) vertagt.
Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 1. Oktober. (Land. Ztg. f. E.⸗L.) Der Statthalter gedenkt heute Gastein zu verlassen und sich zunächst für einige Tage nach Salzburg zu begeben. Der Tag der Abreise von dort ist noch unbestimmt. — Der Staatsrath von Elsaß⸗Lothringen wird am 7. Ok⸗ tober behufs Berathung des Entwurfs des Landeshaushalts⸗ Etats für 1885/86 zu einer Sitzung zusammentreten.
„Oesterreich⸗Ungarn. Triest, 1. Oktober. (Wien. Abendp.) Heute Morgen ist der König von Griechen⸗ land mit seiner Familie und dem Gefolge hier angelangt und am Perron des Bahnhofes von dem Statthalter Baron Pretis, dem griechischen und dem russischen General⸗Konsul, dem Schiffskommandanten der Königlichen Nacht und einer großen Anzahl Notabilitäten der griechischen Kolonie mit leb⸗ haften Hochrufen empfangen worden. Der Königin wurden prachtvolle Bouquets überreicht. Der König schiffte sich sofort auf der Dampfyacht „Amphitrite“ ein, welche im Laufe des Vormittags abgeht.
Pest, 1. Oktober. (Wien. Abendpost.) Die Sek⸗ tionen des Abgeordnetenhauses haben sich Vormittags konstituirt. In acht Sektionen hat die liberale Partei die Majorität, in einer (der fünften) Sektion siegte die Opposition mit 2 Stimmen, nachdem die Mitglieder der liberalen Partei nicht vollzählig erschienen waren. Die Sektionen begannen sofort nach ihrer Konstituirung das Verifikationsverfahren. Nach Beendigung desselben wird jede Sektion in den ständigen Verifikationsausschuß je ein ordentliches und ein Ersatzmitglied von jenen Abgeordneten entsenden, gegen deren Wahl kein Protest erhoben wurde. Die Sektionen werden über das 11u“.“*“*“ in der morgigen Plenarsitzung Bericht erstatten.
Großbritannien und Irland. London, 1. Oktober. (Allg. Corr.) Der Marquis von Salisbury eröffnete gestern in Glasgow den konservativen Feldzug, durch welchen seine Partei dem jüngst von dem Premier⸗Minister ausge⸗ übten politischen Einfluß entgegenzuarbeiten hofft. Der Führer der Opposition im Oberhause wurde auf dem Bahn⸗ hofe in Glasgow von etwa 15 000 seiner Gesinnungs⸗ genossen mit Begeisterung empfangen und nahm zahlreiche Willkommen⸗Adressen der schottischen konservativen Vereine entgegen. In Beantwortung derselben betonte der Marquis, daß die Konservativen von dem Wunsche beseelt seien, die Wahlreform⸗Bill anzunehmen, aber ehe neue Wähler geschaffen würden, sollte festgestellt werden, in welchen Wahlkreisen sie ihr Stimmrecht ausüben sollen. Was die Konservativen anstrebten, sei nicht die Verschleppung der Wahlreform, sondern zu verhin⸗ dern, daß die Neueintheilung der Wahlbezirke und damit die Freiheiten der Nation gänzlich der Willkür der jetzigen Re⸗ gierung überlassen werden. — Sir Stafford Northcote hat an seine Parteigenossen im Unterhause ein Rundschreiben gerichtet, worin er sie dringend auffordert, am 23. d. sich im Hause einzufinden, da wichtige Geschäfte sofort zur Verhand⸗ lung gelangen werden. — Graf Herbert Bismarck hat fich von Abergeldie nach Schloß Dupple zu einem mehrtägigen Besuche des Earls von Dudley begeben. — 3. Oktober. (W. T. B.) Der „Times“ wird aus Tientsin vom 2. d. M. telegraphirt, daß Frankreich meri nsche und daß der amerika⸗ . in Peking in Folge ihm von seiner Regierung zugegangenen Instruktionen in Tientsin ein⸗ getroffen sei. Li⸗hung⸗chang habe den Wunsch zu erkennen gegeben, das Telegramm einsehen zu dürfen, durch welches dem Gesandten die bezüglichen Instrukkionen zugegangen eien und sodann seine Ueberraschung über dessen Inhalt aus⸗ gedrückt, wonach die französische Forderung in dem Ultimatum vom 19. August lediglich wiederhglt und hinzugefügt werde, daß Admiral Courbet die Operakionen fortsetzen werde. — Außer dieser Mittheilung der „Times“ liegen keinerlei Be⸗ stätigungen dieser Nachricht vor.
Frankreich. Paris, 1. Oktober. (Köln. Ztg.) Der Budgetausschuß hielt heute seine erste Sitzung; die Ar⸗ beiten desselben sind noch sehr im Rückstande; der General⸗ Berichterstatter wird kaum vor dem 10. Oktober ernannt werden, und die öffentliche Budgetberathung nicht vor dem 3. November auf die Tagesordnung gelangen können. In der heutigen Sitzung theilte der Vorsitzende des Budget⸗ ausschusses, Rouvier, ein Schreiben des Kriegs⸗Ministers Campenon mit, der für 1885 einen Kredit von 2 Millionen verlangt, um vom 1. Januar an mit der Abtragung eines
1
Theiles der Festungswerke von Lyon zu beginnen und den dortigen unbeschäftigten Arbeitern Erwerb zu eröffnen. Der Ausschuß erklärte sich unverzüglich für die Bewilligung dieses Kredites. 2
— (Fr. Corr.) Die Arbeitskrisis, welche in Lyon bereits einen so ernsten Charakter angenommen hat, macht sich
auch in anderen industriellen Centren geltend, und aus ver⸗
schiedenen derselben wird von einer steigenden Aufregung unter den der Beschäftigung ermangelnden Arbeitern berichtet. So fand gestern in Saint⸗Etienne eine von etwa 1100 Personen besuchte Versammlung statt, in welcher nach einer oft tumultuarischen Debatte Resolutionen zur Annahme gelangten, die darauf hinauslaufen, die Munizipalität und im Allgemeinen alle Behörden aufzufordern, ehestens Werkstätten für die unbeschäftigten Arbeiter zu er⸗ richten und bei den Minengesellschaften dahin zu wirken, daß sie ihre entlassenen Arbeiter wieder beschäftigen. Ein weiteres Arbeitermeeting wurde gestern in Chamais bei Besançon abgehalten. Verschiedene Redner beleuchteten die traurige Lage der beschäftigungslosen Arbeiter, die sich noch ver⸗ “ würde, falls die Regierung nicht sofort zu Hülfe ommt.
— 2. Oktober. (W. T. B.) Der Präsident Grévy wird heute Abend 11 ½ Uhr hier zurückerwartet. Der Kriegs⸗ Minister legte in einem heute früh stattgehabten Minister⸗ rathe den Entwurf für die Organisation der Kolonialarmee vor. — Die Kredite für die Expedition in Tongking und in China bis zum Ende des Jahres, welche bei Er⸗ öffnung der Kammern beantragt werden sollen, werden im Ganzen nicht mehr als 10 Millionen betragen. — Am Sonn⸗ abend findet ein Ministerrath unter dem Vorsitze Grévy’s statt. — In Ciry le Noble bei Macon hat ein Dynamit⸗ attentat stattgefunden, durch welches erheblicher Schaden an⸗ gerichtet wurde. — Die heute hier über militärische Operationen des Admirals Courbet und über die Besetzung von Kelong durch französische Truppen verbreitet gewesenen Nachrichten werden von der „Agence Havas“ mit dem Bemerken dementirt, daß die Regierung seit 2 Tagen keine offtzielle Mittheilung von dem Admiral Courbet erhalten habe. — Nach einer Meldung aus Hanoi von heute ist der neue französische Minister⸗ Resident Lemaire in Hue eingetroffen. — Aus Singapore ist gestern ein Schiff abgegangen, um die Kabelverbin⸗ dung zwischen Saigun und Haiphong und Hongkong wieder herzustellen. — In Perpignan sind gestern 3 Cholera⸗ Todesfälle vorgekommen. Aus Oran wird gemeldet, daß vom 1. d. M. Mittags bis zum 2. d. M. Mittags 10 Cholera⸗Todesfälle und 11 neue Cholera⸗Erkrankungen vorge⸗ kommen sind.
Italien. Rom, 2. Oktober. (W. T. B.) Der Kaiser von Rußland hat dem Minister des Aeußeren, Mancini, den Alexander⸗Newsky⸗Orden verliehen. In dem Schreiben, mit welchem der russische Minister des Auswärtigen, von Giers, den Minister Mancini hiervon in Kenntniß setzt, heißt es, der Kaiser habe Mancini einen Beweis seiner Achtung und seiner Anerkennung für die der Rechtswissenschaft geleisteten Dienste geben wollen, wie auch für den Einfluß, den Mancini zur Aufrechthaltung und Befestigung der freundschaftlichen Beziehun⸗ gen zwischen den beiden Regierungen ausgeübt habe. — An⸗ läßlich des heutigen Jahrestages der Besetzung Roms ist die Stadt festlich beflaggt. Abends fand eine allgemeine Illumination statt. Der Unterrichts⸗Minister wohnte der Ver⸗ theilung der Preise an die Zöglinge der Kommunalschulen bei, welche auf dem Kapitolsplatze stattfand. Die Vertagung des Wiederbeginns der Elementarschulen aus Gesundheitsrücksichten ist lediglich eine Vorsichtsmaßregel, der öffentliche Gesundheits⸗ zustand in Rom ist ein ausgezeichneter.
Dem Cholera⸗Bericht vom 1. d. Mts. zufolge kamen vor: In Alessandria 7 Erkrankungen und 12 Todesfälle, in Aquila 2 Erkrankungen und ebenso viele Todesfälle, in Bergamo 13 Erkrankungen und 9 Todesfälle, in Brescia 4 Erkrankungen und 3 Todesfälle, in Campobasso 1 Er⸗ krankung und 2 Todesfälle, in Caserta 15 Erkrankungen und 10 Todesfälle, in Cremona 16 Erkrankungen und 7 Todesfälle, in Cuneo 34 Erkrankungen und 12 Todes⸗ fälle, in Ferrara 5 Erkrankungen und 1 Todesfall, in Genua 81 Erkrankungen und 38 Todesfälle, davon in der Stadt Genua 45 Erkrankungen und 19 Todesfälle, und in der Stadt Spezzia 4 Erkrankungen und ebenso viel Todesfälle, in Mantua 2 Erkrankungen, in Mailand 5 Erkrankungen und 3 Todesfälle, in Modena je 1 Erkrankungs⸗ und Todes⸗ fall, in Neapel 133 Erkrankungen und 82 Todesfälle, davon in der Stadt Neapel 82 Erkrankungen und 55 Todesfälle, in Novara 2 Erkrankungen und eben so viel Todesfälle, in Parma 3 Erkrankungen und 3 Todesfälle, in Pavia 3 Er⸗ krankungen und 1 Todesfall, in Reggio nell' Emilia 6 Er⸗ krankungen und 2 Todesfälle, in Rovigo 4 Erkrankungen und 1 Todesfall, in Salerno 2 Erkrankungen und 1 Todes⸗ fall, in Turin 2 Erkrankungen und 3 Todesfälle, in Venedig 2 Erkrankungen, davon eine in der Stadt Venedig.
Genua, 2. Oktober. (W. T. B.) Von gestern Abend 10 Uhr bis heute Abend 8 Uhr kamen hier 17 Cholera⸗ Erkrankungen vor. Der Bürgermeister, welcher an der Cholerine erkrankt war, befindet sich auf dem Wege der Besserung. Der König von Birma hat durch seinen Konsul bifr für die hiesigen Cholerakranken 5000 Frcs. übergeben assen.
Neapel, 2. Oktober. (W. T. B.) Von gestern Nach⸗ mittag 4 Uhr bis heute Nachmittag 4 Uhr kamen 72 Cho⸗ lera⸗Erkrankungen und 40 Cholera⸗Todesfälle vor.
Rumänien. Bukarest, 2. Oktober. (W. T. B.) Der König und die Königin treten nächsten Montag die Reise nach Deutschland an, um der Feier der goldenen Hochzeit des Fürsten und der Fürstin von Hohenzollern in Sigmaringen beizuwohnen.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 3. Oktober. (W. T. B.) Der Präsident des Warschauer Bezirksgerichts, Smirnoff, ist zum Adlatus des Ober⸗Prokurators im Kriminal⸗Kassationsdepartement des Senats ernannt worden. — Die „Deutsche Petersb. Ztg.“ erfährt, die Suden kommis sion werde zunächst das Ansiedlungsrecht der Juden im Innern der Gouvernements und ihr Recht auf Grundbesitz berathen. Die Kommission hatte beide Fragen den örtlichen Administrations⸗ behörden zur Begutachtung vorgelegt. Die Majorität hatte sich für eine ganz allmählich zu verwirklichende Erweiterung des Ansied⸗ lungsrechtes ausgesprochen; hinsichtlich der zweiten Frage
seien verschiedene Meinungen lautgeworden, und zwar wollten
die einen den Juden den Besitz und die Pachtung von Län⸗ dereien verbieten, die anderen den Grundbesitz wohl, aber
“
nicht die Landpachtung gestatten, andere endlich den Juden in dieser Beziehung die nämlichen Rechte zugestehen wie aus⸗ ländischen Unterthanen.
Afrika. Egypten. Kairo, 30. September. (Allg. Corr.) eersten 200 Mann der berittenen Infanterie sind in Don⸗ gela angekommen. — Die Garnison von Berbera hat sich nach Suez eingeschifft. Alexandrien, 30. September. (Allg. Corr.) Ein aus Massaua heute hier eingegangener Brief besagt, daß die Ein⸗ wohner von Kassala nicht geneigt sind, den Ort zu verlassen, wenn nicht Transportmittel für ihr sämmtliches Hab und Gut gestellt werden. Einer ungefähren Schätzung nach würden hierzu 30 000 Kameele erforderlich sein. Der Gouverneur kann nur deren 3000 liefern, und ist der Ansicht, daß die Karavane, wenn nicht von Truppen beschützt, in roßer Ge⸗ fahr stehen würde, von Räubern überfallen zu werden, welche in großer Anzahl die Straße unsicher machen. Kapstadt, 10. September. (Allg. Corr.) Aus Bet⸗ schuanaland laufen fortwährend widersprechende Nachrichten ein. Die Boeren sollen auf einen Krieg versessen sein und die Diplomatie ist eifrig bemüht, einen Zusammenstoß zu verhindern. Es verlautet, der Besitz von Betschuanaland läge den Boeren deshalb so sehr am Herzen, weil dort Gold ge⸗ funden worden sei. “
] *
Zeitungsstimmen. 8
In der „Kölnischen Zeitung“ lesen wir:
Die sozialpolitischen Reformen des Fürsten Bismarck werden, darüber hat man sich auch in Regierungskreisen wohl keiner Täuschung hingegeben, nur langsam die Wirkung erzielen, daß das aufwieglerische Treiben der sozialdemokratischen Führer lahmgelegt wird durch die in den Alrbeiterkreisen auf⸗ tauchende Erkenntniß, daß die wahren Freunde der Arbeiter nicht auf der Seite der Feinde der Regierung zu suchen seien. Aber wenn auch diese wohlthuende Wirkung der ismarckschen Sozialreform erst nach Jahren, vielleicht nach einem Jahrzehnt völlig eintritt, so lassen sich schon heute gewisse Anzeichen nicht verkennen, daß die sozialdemokratischen Aufrührer den Arbeitermassen gegenüber in einiger Verlegenheit sind, daß sie die Bismarckschen Bestrebungen nicht mehr einfach mit einigen spöttischen Redensarten abthun können, sondern sich bemüßigt sehen, ernstlich Stellung zu denselben zu nehmen. Ist das innere Widerstreben auch noch unverkennbar, mit welchem der Bismarckschen Reform einige Zugeständnisse gemacht werden, so werden diese Zugeständnisse doch immerhin gemacht und es wird nur für die Sozialdemokraten als oberste Schiedsrichter in diesen Dingen das Recht der Prüfung vorbehalten. So ist heute im zweiten Berliner Reichstagswahlkreise ein bemerkenswerth maßvoll gehaltener sozialdemokratischer Wahlaufruf zu Gunsten des Herrn Tutzauer verbreitet worden, der schon wenig Scheu mehr vor dem Bismarckschen Sozialismus zeigt. In demselben wird u. A. ausgeführt: „Daß die auf wirklicher freiheitlicher Grundlage vorzunehmende Erweiterung des Unfallversicherungsgesetzes nothwendig ist, bedarf keiner langen Auseinandersetzung; wir wollen, daß alle Arbeiter, nicht nur einzelne Kategorien derselben, vor Noth und Elend geschützt werden, wenn sie von Unfällen betroffen, in ihrer Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt oder gar ganz erwerbsunfähig werden. Wir verlangen auch, daß die durch das Vertrauen der Be⸗ rufsgenossen gewählten Arbeiter in freier, ungehemmter Thätigkeit an der Verwaltung dieses Gesetzes Theil nehmen, und müssen deshalb die Beseitigung dieser Beschränkung sowohl als auch die Aufhebung der Karenzzeit, durch welche die Krankenkassen erheblich belastet werden, als dringendes Erforderniß bezeichnen. Die im Todesfall ihres Ernährers beraubten Witwen und Waisen haben ein durch die Arbeit des Gatten und Vaters geheiligtes Recht auf die Hülfe und Unterstützung der Gesammtheit, und dieser Forderung in aus⸗ giebigster Weise gerecht zu werden, halten wir für eine der “ Aufgaben der Gesetzgebung. Ferner wollen wir staatliche Invaliden⸗ und Altersversorgung für die Arbeiter; es ist eine hohe sittliche Aufgabe des Staates, auch den Invaliden der Arbeit Schutz und Theilnahme zu gewähren. Nicht ein Almosen in Form von Unterstützung soll gewährt werden, sondern der Lohn für treue, redliche Arbeit ist es, den wir durch Invaliditäts⸗ und Alters⸗ versorgung gewährt zu sehen wünschen. Auch unsere Reichsregie⸗ rung hat sich der Thatsache nicht verschließen können, daß es hohe Zeit ist, auf dem Gebiete des Erwerbslebens bessere Zustände an⸗ zubahnen. Verschiedene Vorlagen hat der neue Reichstag zu erwar⸗ ten. An uns wird es sein, einen Vertreter zu wählen, der diese Vor⸗ lagen prüft, der sich überzeugt, ob das von der Regierung in Vorschlag Gebrachte auch wirklich zum Wohl des Volkes sein wird; der das Gute überall, gleichviel ob es von Seiten der Regierung oder aus der Mitte der Volksvertreter kommt, anerkennt und annimmt, der aber auch von seinem Rechte, das Schädliche und Unnütze zu kritisiren und zu verwerfen, um kein Jota zurücktritt.“ In diesen Worten sind ja verschiedene und auch wirlich beachtenswerthe Ausstellungen an der neuesten sozialpolitischen Gesetzgebung ge⸗ macht; aber es wird doch umumwunden in seinen wesentlichen Grundlagen und Bestandtheilen das sozialpolitische Programm der Kaiserlichen Botschaft und das bisher auf diesem Gebiete Geleistete gutgeheißen. Das ist gewiß an alle Gutgesinnten eine neue, ein⸗ dringliche Mahnung, auf dem eingeschlagenen Wege fortzuschreiten; denn auch das Ziel des sozialen Friedens, das die Reformpolitik ver⸗ folgt, erscheint näher erreichbar, als noch vor Kurzem gehofft wurde.
— Dem „Düsseldorfer Anzeiger“ wird aus
Düsseldorf geschrieben:
Die Kolonisationen in Westafrika sind, so wenig sie sich zur Massenauswanderung eignen, der deutschen Arbeit doch in doppelter Weise sehr förderlich.
Zunächst durch Vermehrung des Absatzes der heimischen Industrie. Schon jetzt hat sich, seit der deutsche Unternehmungsgeist jenen Gegenden sich zugewandt, in wenig Jahren die Ausfuhr aus deutschen Saßen nach Westafrika mehr als verzehnfacht; sie ist auf nahezu eine Million Centner gestiegen. Je mehr unter dem Schutze des Reiches deutsche Handelsniederlassungen dort gedeihen und sich ausbreiten, um so lebhafter und umfangreicher wird sich der Waarenaustausch, die Ausfuhr ans den deutschen Häfen dorthin entwickeln.
Das bisherige Wachsthum der Ausfuhr ist allerdings nur zum Theil der deutschen Industrie zu Gute gekommen. Denn, so un⸗ zweifelhaft auch diejenigen Fendertesechegts n. welche in den Hanse⸗ städten Schiffe nach jenen Gegenden entsenden, bei der Befrachtung deutscher Waare den Vorzug geben, so sicher ist es anderseitig, daß, 59 lange die Freihafenstellung von Hamburg und Bremen besteht,
ei der dadurch bedingten Ueberfüllung dieser Handelsplätze mit eng⸗
lischer Waare, in vielen Fällen diese zur Verschiffung gelangen und gelangen müssen. Sobald beide Hansestädte dem Zollverein ange⸗ schlossen sein werden, wird aber der dortige Markt mehr und mehr von der deutschen Industrie beherrscht werden, deren Produkte werden demzufolge auch in den für Westafrika bestimmten Schiffsladungen vorherrschen.
Gehen aber erst in der Regel nur deutsche Waaren in die Han⸗ delsfaktoreien ab, so ist die Aussicht eröffnet, daß die afrikanischen Abnehmer derselben an ihrer Qualität Gefallen finden und deshalb nach deutscher Waare eine dauernde Nachfrage entsteht. Erst damit wäre die Voraussetzung eines ständigen, der Erweiterung ungemein fähigen Waarenaustausches zwischen Deutschland und unseren west⸗ afrikanischen Kolonien geschaffen und zugleich die Perspektive auf Steigerung der inländischen Produktion, auf Vermehrung der Arbeits⸗ gelegenheit und des Arbeitsverdienstes eröffnet.
gerichtet werden könnten.
.
Man nationalen Arbeit die Beseitigung der Sonderstellung der Hansestädte ist und wie sehr Diejenigen, welche dem Abkommen mit Hamburg sich Serheben. wiederum die Interessen der arbeitenden Bevölkerung verletzten.
achdem durch die Zollpolitik von 1879 dem deutschen Gewerbe⸗ fleiß der heimische Markt gesichert ist, liegt die Möglichkeit der weiteren Versorgung der schnell wachsenden Bevölkerung mit loh⸗ nender Arbeit nahezu ausschließlich auf dem Gebiete der Ausfuhr. Jede dauernde Steigerung der letzteren bedeutet neben den Vortheilen, welche sie den betheiligten Handel⸗ treibenden bringt, vor Allem eine Vermehrung der beimi⸗ schen Arbeitsgelegenheit, und, sofern sie rentabel ist, zugleich eine Besserung der Lohnverhältnisse in den bei der Ausfuhr betheiligten Gewerbszweigen. Mit Recht wird neben der Förderung der Ausfuhr durch Handelsverträge daher von der Regierung deren Steigerung durch Errichtung von deutschen Handelsfaktoreien gerade im Interesse der arbeitenden Bevölkerung angestrebt.
Neben welche auf diese Weise die nationale Arbeit im Innern erfährt, erwächst dem deutschen Arbeitsmarkte aber, wie wir demnächst erörtern werden, noch eine direkte, nicht unwesentliche Entlastung durch die gegenwärtige Kolonialpolitik.
— Die „Neue Reichscorrespondenz“ schreibt:
Die deutsche Industrie fährt unter dem Schutze der gegenwärtigen Wirthschaftspolitik fort, sich von dem Auslande und insbesondere von England zu emanzipiren. Selbst in Bezug auf Spezialitäten, welche bisher als Monopol gewisser ausländischer Industriellen galten, tritt der heimische Gewerbfleiß mehr und mehr mit Erfolg in die Schranken.
So galt z. B. bis vor Kurzem Armstrong als so ziemlich der einzige, von dem hydraulische Krahnanlagen in größerem Umfang ein⸗ Noch bei der Ausstattung des Antwerpener mit derartigen Einrichtungen ist Armstrong betheiligt gewesen.
ie umsangreichen Krahnanlagen, welche für den neuen Packhof in Berlin erforderlich sind und welche ebenso wie die Aufzugseinrich⸗ tungen ausschließlich mit Wasserkraft getrieben werden sollen, haben dagegen einer deutschen Fabrik verdungen werden können, welche nicht blos auf die Details des Proiekts, sondern auch in Bezug auf die ne der englischen Konkurrenz sich mehr als gewachsen ge⸗ zeigt hat.
Statistische Nachrichten.
Summarische Uebersicht
der im Prüfungsjahre 1883/84 bei den Königlich preußischen medi⸗ zinischen und pharmazeutischen Prüfungs⸗Kommissionen geprüften Doktoren und Kandidaten der Medizin und Kandidaten der Pharmazie.
bei den Prüfungs⸗ Kommissionen zu
Königsberg
Greifswald
Göttingen Halle Kiel
Marburg
I. Doktoren und Kandidaten der Medizin sind aus dem vorigen Jahre wieder in die Prüfung getreten neu eingetreten.
2,8 3 10 2 67 39 31 39,39,19 26 25,393 33 1033 7 1722 36 77 150
zusammen davon haben die Prüfung als Arzt bestanden:
mit der Censur genügend... 40 8 9 — 15 23 4] 6/14 119
do. “ 18 14 20 15/13 12 9,194
do. sehr gut 116.—
“ „zusammen 31/23 35 39 18 21 23335 nicht bestanden resp. zurückgetreten 62— 15,10,12 3 4 15 4 125
„II. Kandidaten der Pharmazie V V sind aus dem vorigen Jahre wieder in b
die Prüfung getreten 8 5 — 1———-— 3 —,9 neu eingetreten. 64 17,39,10/ 14/ 12 3 925193 1ST7a lT1 RS vv22
— 4 3 16 3
zusammen davon haben die Prüfung als Apo⸗ theker bestanden: mit der Censur genügend. do. “ do. sehr gut.
15 6, 4 — 4 6 45 34 7 24 5 9 7 2 3 11/102 10 4 10 4 1 1 — 1 6 37 zusammen 59 17 38]9/14 11 3 10 238184 nicht bestanden resp. zurückgetreten 10 — 2 1— 1, — 2/ 2 18
— Das soeben erschienene Augustheft zur „Statistik des Deutschen Reichs“ veröffentlicht eine Statistik der Straffälle in Bezug auf die Zölle und Steuern des Deutschen Reichs bezw. Zollgebiets im Etatsjahr 1883/84, bestehend aus 2 Nachwei⸗ sungen, von denen die erste je nach der Gattung der hinterzogenen Abgaben ꝛc. und nach Steuerdirektivbezirken die Zahl der im Laufe des Etatsjahres anhängig gewordenen und erledigten Prozesse und ferner die Verurtheilungen zu Geld⸗ und Freiheitsstrafen, zu denen die erledigten Prozesse geführt haben, angiebt, während die zweite die Konfiskationen wegen Zolldefrauden, nach den Hauptwaarengattungen getrennt, verzeichnet. In Beziehung auf die Eingangszölle sind der erstbezeichneten Nachweisung zufolge im Jahre 1883/84 17 347 Prozesse angefallen und 17 366 Prozesse erledigt worden gegen 16 098 bezw. 16 598 Prozesse im Vorjahre. Dazu ist bemerkt, daß aus diesen Zahlen nicht etwa eine Zunahme des Schleichhandels überhaupt gefolgert werden könne, im Gegentheil eine Abnahme des gewerblichen Schmuggels zu konstatiren, und die große Zahl der anhängig gewordenen und erledigten Zollprozesse mehr auf den sogenannten Taschen⸗ und Gelegenheitsschmuggel zurückzuführen sei. Dies geht schon daraus hervor, daß bei den im Jahre 1883/84 erledigten Zollprozessen es sich um hinterzogene Gefälle von nur 56 917 ℳ gehandelt hat gegen 132 586 ℳ im Vorjahr, und daß die erkannten Geldstrafen 340 804 ℳ betragen haben gegen 547 549 ℳ im Vorjahr. In Beziehung auf die Ein⸗, Aus⸗ und Durchgangsver⸗ bote wurden 1883/84 anhängig 468 und erledigt 406 Pro⸗ zesse (350 bezw. 371 im Vorjahr), und sind Geldstrafen erkannt worden 6140 ℳ (16 681 ℳ im Vorjahr). In Beziehung auf die Tabacksteuer wurden anhängig 9932 und erledigt 10 118 Prozesse (11 838 bezw. 13 278 im Vorjahr), Wechselstempel⸗ steuer 3448 bezw. 3698 (3878 bezw. 3886 im Vorjahr), Reichs⸗ Stempelabgaben 2715 bezw. 581 (399 bezw. 359 im Vorjahr), Branntwe insteuer 1079 bezw. 1077 (1152 bezw. 1134 im Vor⸗ jahr) und Brausteuer 1278 bezw. 1280 (1280 bezw. 1334 im Vor⸗ jahr). Zu den letzteren Zahlen ist zu bemerken, daß sie sich lediglich auf die Gebiete der gemeinschaftlichen Branntwein⸗ bezw. Brausteuer beziehen, und daß die Prozesse wegen Hintergehung der in den süd⸗ deutschen Staaten geltenden besonderen Getränkesteuergesetze in der Nachweisung für sich aufgeführt sind.
— Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesamtern in der Woche vom 21. bis inkl. 27. September zur Anmeldung gekommen: 332 Eheschließungen, 920 Lebendgeborene, 29 Todtgeborene, 646 Sterbefälle.
— Im Monat September 1884 wurden bei der Allgemeinen Unfall⸗Versicherungsbankin Leipzig 7 Todesfälle, 6 lebens⸗ gefährliche Verletzungen, 11 Unfälle, die ihrer Natur nach eine gänz⸗ liche oder theilweise Invalidität erwarten lassen, und 1223 Unfälle von voraussichtlich nur vorübergehender Erwerbsunfähigkeit der Ver⸗ letzten, zusammen 1247 Unfälle angemeldet.
ieht aufs Neue, wie wichtig gerade im Interesse 2
ssenschaft und Literatur.
Die gesammten Organisationsgesetze für die innere Verwaltung des preußischen Staates. Text⸗ Ausgabe mit Anmerkungen, einem die einschlägigen sonstigen Gesetze, Verordnungen, Regulative und Cirkulare enthaltenden Anhang und einem ausführlichen Sachregister. Zweite neubearbeitete Auflage. Herausgegeben von Carl Pfafferoth. Berlin und Leipzig. Verlag von J. Guttentag (D. Collin) 1884. — Das vorstehende Werk bringt in einem handlichen Bande sämmtliche neuere Gesetze über die Organisation der inneren Verwaltung und das Verfahren derselben mit kurzen Erläuterungen und ergänzt durch die ein⸗ schlägigen Gesetze, Verordnungen und die wesentlichen ministeriellen Ausführungserlasse, Cirkulare u. a., und zwar zunächst das Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883; ferner die Provinzialordnung für die 5 östlichen Provinzen des preuß. Staates, nebst dem Gesetze, betr. die Abänderung derselben, und die Bekanntmachung, betr. ihre Redaktion, sowie die Kreisord⸗ nung für die 6 östlichen Provinzen, nebst dem Gesetze über die Ab⸗ änderung und die Bekanntmachung derselben, endlich das Verwal⸗ tungsgerichtsgesetz und das Zuständigkeitsgesetz der Verwaltungs⸗ ꝛc. Behörden. An diese Gesetze u. s. w. schließt sich ein Anhang an mit 21 einschlägigen Gesetzen bezw. Verordnungen, Cirkularen, In⸗ struktionen und Regulativen, von denen 2 Gesetze von 1842 und 1850 (die polizeilichen Verfügungen und die Polizeiverwaltung betr.), die übrigen 19 einschlägigen Gesetze u. s. w. aber aus den Jahren 1872 — 1884 datiren. Auf diesen Anhang mit den 21 u. s. w. folgen sodann ein Verzeichniß der Stadtkreise und der Städte mit mehr als 10 000 Einwohnern in den Landkreisen der 6 östlichen Pro⸗ vinzen und ein chronologisches Verzeichniß der in Bezug genomme⸗ nen Gesetze, Verordnungen, Allerhöchsten Ordres u.- a. Den Schluß bildet ein ausführliches Sachregister. — Was das Verhält⸗ niß dieser 2. vorliegenden Ausgabe zu der ersten betrifft, so entspricht diese 2. Auflage dem gegenwärtigen Standpunkte der Gesetzgebung, wie sie aus der im vorigen Jahre vorgenommenen Reform hervor⸗ gegangen ist. Die Anordnung des Inhalts ist im Wesentlichen die⸗ selbe geblieben, nur ist in der 2. Auflage das Verwaltungsgerichts⸗ Gesetz unmittelbar hinter das Landesverwaltungs⸗Gesetz gestellt, und die Verordnung über das Verwaltungs⸗Zwangsverfahren in den An⸗ hang übertragen. Der Anhang hat außerdem eine Erweiterung durch Aufnahme einiger fernerer Ministerial⸗Ausführungserlasse erfahren. Endlich sind die Anmerkungen durch Anführung aller wichtigeren Ministerialerlasse sowie der wesentlichsten Entscheidungen des Ober⸗ Verwaltungsgerichts vermehrt und ergänzt worden. Nach diesen Um⸗ änderungen bezw. Verbesserungen dürfte auch diese 2. Auflage ihren 5 als praktisches und zuverlässiges Handbuch in vollem Maße erfüllen.
Sewerbe und Handel. v
Bei den Abrechnungsstellen der Reichsbank sind im Sep⸗ tember cr. 974 359 800 ℳ abgerechnet worden, gegen 873 199 300 ℳ im August cr.
— Vom Berliner Pfandbrief⸗Institut sind bis Ende Sep⸗ tember 1884 671 100 ℳ 3 ½ %ige, 18 585 900 ℳ 4 %ige, 44 346 000 ℳ 4 ½ %oige und 9 317 700 ℳ 5 %ige, zusammen 72 920 700 ℳ Pfand⸗ briefe ausgegeben, wovon noch 671 100 ℳ 3 ½ %ige, 18 224 100 ℳ 4 %ige, 34 304 400 ℳ 4 ½ %ige und 6 568 800 ℳ 5 %jge, zusammen 59 768 400 ℳ Pfandbriefe verzinslich sind. — Es sind zugesichert, aber noch nicht abgehoben 297 300 ℳ, im Laufe des Monats Sep⸗ temberl884 angemeldet 2 Grundstücke mit einem Feuerversicherungs⸗ werthe von 187 300 ℳ
— In der Generalversammlung der Württembergischen Kattun⸗Manufaktur Heidenheim wurde die Dividende für das Geschäftsjahr 1883/84 auf 10 % festgestellt und beschlossen: dem Delcredereconto 40 000 ℳ, dem Reservefond 20 000 ℳ und dem Beamtenpensionsfond 15 000 ℳ zuzutheilen.
Breslau, 3. Oktober. (W. T. B.) Nach dem Berichte der „Schlesischen Zeitung“ behält der Roheisenmarkt seine matte Haltung bei. Die Bestände übersteigen 11 000 t, Preis 5,20 ℳ und darunter, Walzeisen fest, Preise unverändert, Rohzink zu steigenden Preisen begehrt.
Nürnberg, 2. Oktober. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held.) Der Markt zeigte gestern nicht mehr die gehobene Stim⸗ mung wie an den vorhergehenden Tagen, und die Preise der Markt⸗ hopfen konnten sich nur schwach behaupten; die Mittelsorten mußten sogar bis zu 5 ℳ Einbuße erleiden. Der heutige Markt hatte eine Zufuhr von 1500 Ballen hiesiger Landwaare und etwa 600 Ballen fremde Sorten pr. Bahn. Das Geschäft zeigte weniger Animirtheit und Verkäufe vollzogen sich sehr schleppend. Namentlich waren die Mittelsorten, welche meist in gelber Farbe und geringer Qualität aufgestellt waren, vernächlässigt und konnten nur zum Theil verkauft werden, wobei die Preise, gegen den letzten Bericht, um ca. 5 ℳ nachließen. Die guten Markt⸗ und Gebirgshopfen waren mehr ge⸗ sucht und sind alle, größtentheils zu unverändertem Course, über⸗ nommen worden. In Württemberger, Elsässer und Hallertauer Hopfen war stiller Verkehr bei vermehrtem Angebot und noch unver⸗ änderten Notirungen. Die Tendenz des Marktes ist abgeschwächt. Heutige Notirungen: Markthopfen, prima 95 — 105 ℳ, mittel 82 — 88 ℳ; Gebirgshopfen, prima 112 — 120 ℳ, mittel 100 — 105 ℳ; Aischgründer, prima 120 — 125 ℳ, mittel 105 — 110 ℳ; Württem⸗ berger, prima 128 — 130 ℳ, mittel 115 — 118 ℳ; Hallertauer, prima 128 — 130 ℳ, mittel 115 — 118 ℳ; Badische, prima 128 — 130 M, mittel 115 — 118 ℳ; Elsässer, prima 128 — 130 ℳ, mittel 115 bis 118 ℳ; Posener 128 — 135 ℳ, 8
Gotha, 2. Oktober. (W. T. B.) Der Vorschlag der Dresdner Bank für die Sanirung der Deutschen Grundkreditbank ist heute prinzipiell angenommen und eine Kommission zum vorläufigen Vertragsabschluß gewählt worden.
Bradford, 2. Oktober. (W. T. B.) Wolle ruhiger, Tendenz zu Gunsten der Käufer, Botanywollen stetig, Mohair fest, Alpacca ruhiger. Garne ruhig, die Spinner halten ihre Aufträge fueücs. bis die früheren Kontrakte abgewickelt sind. Lustre fancies
Submissionen im Auslande.
Belgien. Verwaltung der Staatseisenbahnen.
1) 16. Oktober, Mittags, im Wartesaal 1. Klasse der Station Lüttich⸗Guillemins. Pflasterung und Umzäunung des neuen Waaren⸗ Lagerplatzes der Station Verviers (Göérard⸗Champs). Abschätzung 53 212 Fr. Vorläufige Kaution 2000 Fr. Auskunft beim Ingenieur, Betriebschef Lambert, Rue des Guillemins Nr. 99 zu Lüttich. Lasten⸗ heft Nr. 176 in der Expedition des „Reichs⸗Anzeigers“.
2) 15. Oktober, Mittags, rue d'Italie Nr. 38, zu Brüssel. Lieferung bedeutender Quantitäten Bekleidungsstoffe, namentlich blauen Tuches und blauer Leinwand. 11 Loose. Lastenheft Nr. 143 und Avis 179 in der Expedition des „Reichs⸗Anzeigers“.
Verkehrs⸗Anstalten.
Bremen, 2. Oktober. (W. T. B.) Der Dampfer des orddeutschen Lloyd „Werra“ ist heute Nachmittag 2 Uhr in Southampton eingetroffen. Hamburg, 3. Oktober. (W. T., B.) Der Postdampfer „Frisia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Aktiengesellschaft ist, von New⸗York kommend, gestern Abend 10 Uhr auf der Elbe eingetroffen. Triest, 2. Oktober. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Diana“ ist heute Mittag aus Konstantinopel hier eingetroffen.
Sanitätswesengund Guarantänewesen
“
Schweiz. u“ IAn den Eisenbahnstationen Chiasso und Bellinzona wird eine ärztliche Inspektion der aus Italien kommenden Reisenden vorge⸗ Eine gleiche Inspektion findet an den Postrouten Briez⸗ Colico⸗Chiavenna⸗Chur und
nommen. Intra, Colico⸗Chiavenna⸗Samaden,
8 Emden, 3. Oktober.
Poschiavo⸗Tirano, an den Grenzorten Gondo, Castasegna, Splügen⸗ dorf und Champocologno und für die Dampfschiffe des Langen und Luganersees an allen schweizerischen Landungsplätzen statt. Zur Er⸗ möglichung letzterwähnter Inspektion haben die italienischen Dampf⸗ schiffgesellschaften die Anordnungen des Bundesraths angenommen.
Laut Beschlusses des Bundesraths vom 11. Juli sind in der Schweiz Inhaber von Gasthöfen und Privathäusern, in denen Per⸗ sonen aus infizirten Gegenden Quartier nehmen, verpflichtet, sofort von solchen Zuzügen Anzeige zu machen, worauf die betreffenden Sanitätsbehörden diese Quartiere unter spezielle Kontrole zu stellen haben. Den Kantonen ist der Inhalt dieses Beschlusses in Erinne⸗ rung gebracht und gleichzeitig⸗verfügt, daß die Wäsche von aus Italien zugereisten Personen während der ersten vier Wochen ihrer Anwesenheit nicht zum Waschen gegeben werden soll, ehe sie der vor⸗ schriftsmäßigen Desinfektion unterworfen worden ist.
An den Eisenbahn⸗Stationen Chiasso und Luino sollen die ge⸗ wöhnlichen Personenwagen wie die Schlafwagen regelmäßig aus⸗ gewechselt werden, so daß bis auf Weiteres italienisches Rollmaterial genannter Art auf schweizerischem und schweizerisches Material auf italienischem Gebiet nicht über die genannten Bahnhöfe hinaus soll verkehren dürfen.
Ein gleicher Wagenwechsel ist für die internationalen Postrouten an den Grenzpunkten Gondo, Castasegna und Splügendorf vorgesehen. Für den Postkurs Poschiavo⸗Tirano und den Omnibusdienst Luino⸗ Ponte⸗Tresa wurde ein Wagenwechsel mit Rücksicht auf die große x— 8 Endpunkte zu der Schweizergrenze nicht für erforderlich erachtet.
Berlin, 3. Oktober 1884.
(W. T. B.) Die Mitglieder des Westdeutschen Fluß⸗ und Kanalvereins sind nach Besichtigung der Groninger Hafenanlagen und einer Dampferfahrt auf dem Groninger Emskanal, dem Dollart und der Ems über Leer heute hier einge⸗ troffen, werden hier eine Versammlung abhalten und heute nach Oldenburg weiterfahren.
Weimar, 2. Oktober. Unter dem Vorsitz des Ober⸗Bürger⸗ meisters Pabst (Weimar), welchem die Herren Lammers (Bremen) und Seyffardt (Crefeld) assistiren, wurden heute Nachmittag die Ver⸗ handlungen des Deutschen Sparkassentages eröffnet. Nach den üblichen Begrüßungsreden trat die ziemlich zahlreiche Versamm⸗ lung in die Berathung des ersten Gegenstandes ihrer Tagesordnung ein: „Uebertragbarkeit der Einlagen.“ — Der Referent Ober⸗Bür⸗ germeister Hache (Essen) empfahl folgende Resolution: „Der deutsche Sparkassentag erachtet die Einführung der Uebertragbarkeit für ge⸗ boten und empfiehlt den Sparkassenverwaltungen die Annahme der Düsseldorfer Normen des Uebertragungsverkehrs.“
b Die Versammlung stimmte der Resolution mit großer Majori⸗ ät zu. Ueber den zweiten Gegenstand der Tagesordnung: „Begrenzung der Einlagen nach oben“ erstattete Regierungs⸗Rath Dr. Roscher (Dresden) das Referat. Mit einem reichen statistischen Material führte er den Nachweis, daß nichts bedenklicher sei, als den Sparkassen die Annahme hoher Beträge zu gestatten. Gerade in Zeiten der Krisis, der Revolutionen und der Kriege seien die Einlagen hoher Sparbeträge diejenigen, welche am rückflchtslofesten ihre Forderungen an die Sparkassen geltend machen und diese dadurch in Verlegen⸗ heit bringen. Die Inhaber kleiner Einlagen haben in den schlimmsten Zeiten sich als die tapfersten Sparer und geduldigsten Gläubiger erwiesen. Wenn man nicht die Maximalsummen der Einlagen einschränke, so würden die Sparkassen immer mehr zu Depositenbanken werden, statt zu solchen Anstalten — die sie doch sein sollen, — welche kleinen Leuten die nutzbringende Anlage kleiner Summen ermöglichen. Es ist gar nicht wünschenswerth, daß z. B. Gewerbtreibende ihre erübrigten Summen ausschließlich den Sparkassen übergeben. Schon in dem Gleichniß des Heilands wird der als der beste Haushälter gepriesen, der sein Pfund hat wuchern lassen, d. h. der seine Mittel zu neuem Erwerbe angewendet hat, nicht aber der, welcher nur Zinsen davon bezogen hat. — Als Mittel zur Wiederherstellung der wahren Aufgabe der Sparkassen empfiehlt der Referent: Ausschließung der hohen Einlagen, — Vermeidung sehr hoher Verzinsung, — Verbot der Bestimmung, daß hohe Einlagen mit einem Vorzugszinsfuß ausgezeichnet werden dürfen, und Erlaß eines Verbots, daß kein Einleger mehr als ein Sparbuch bei der⸗ selben Sparkasse besitzen dürfe. — Nur von einer Seite, von Hrn. Lefevre (Schwedt), wurde gegen eine allzu enge Begrenzung der Ein⸗ lagen nach oben hin Widerspruch erhoben; die Stimmung der Ver⸗ sammlung neigte sich aber ersichtlich den Ausführungen Roschers zu.
Bei vorgerückter Stunde konnte der dritte Gegenstand der Tages⸗ ordnung: „Betheiligung der Sparer am Reingewinn“ nur flüchtig gestreift werden. Der Referent Stadtsyndikus Dullo (Brandenburg sprach sich trotz einiger untergeordneter finanzieller Bedenken für d Betheiligung der Sparer am Gewinn aus, so niedrig auch d Prozentsatz dieses Gewinnantheils bemessen werden möge.
Die Versammlung wurde hierauf durch ein Dankeswort des ““ an die Referenten in ziemlich später Abendstunde ge⸗
ossen.
München, 2. Oktober. (W. T. B.) Die deutsche Molkere ausstellung ist heute im Auftrage des Königs durch den Ehren Präsidenten derselben, Prinzen Ludwig, eröffnet worden. Die hier anwesenden Mitglieder des Königlichen Hauses, die Minister, die Spitzen der Civil⸗ und Militärbehörden, sowie die deutschen und fremdländischen Delegirten und sonstige Notabilitäten wohnten der Eröffnungsfeier bei.
Nach einer Bekanntmachung des Polizei⸗Präsidiums ist am 26 v. Mts. bei den Pferden des Fuhrherrn Herrmann, Münchebergerstr Nr. 8 hierselbst, der Ausbruch der Rotzkrankheit amtlich fest⸗ gestellt worden.
Im Deutschen Theater tritt morgen Frau Niemann zum ersten Mal nach ihrem Urlaub als „Susanne von Brie“ in „Der letzte Brief“ auf. Die zu Donnerstag angekündigte erste Auf⸗ führung des Lustspiels „Die große Glocke“ von Oskar Blumenthal findet erst am Sonnabend, den II., statt.
Die Meiningischen Hofschauspieler werden spiel im Victoria⸗Theater am Sonntag, 1 schließen; morgen geht die „Ahnfrau“ in Scene. Dieses Drama kann 1 nur ein Mal gegeben werden. Die zweite Aufführung von „Miß Sara Sampson“ wurde mit lebhaftem Beifall aufgenommen; nach allen Aktschlüssen wurden die Darsteller zu wiederholten Malen ge⸗ rufen. Am Sonntag wird „Julius Cäsar“ aufgeführt werden. 3
b Teresina Tug produzirt am Sonntag im Krollschen Saale
in ihrem vorletzten Concert Beriots 7. Concert, Wieniawsky's „Airs russes“ und Vieurtemps „Ballade und Polonaise“ (mit Orchester). Frl. Annie Duncker wirkt als Sängerin mit und bringt Lieder von
Riedel, Franz von Holstein, Mozart und ein lombardisches Volkslied La smortina) zum Vortrag. Die Pianoproduktionen hat Hr. Conrad
Ansorge übernommen. Dem Tua⸗Concert folgt unmittelbar am Montag das Abschiedsconcert des Frl. Fohström.
Im Zoologischen Garten werden auf vielfachen Wunsch die großen Militär⸗Concerte Dienstag, Donnerstag und Sonnabend, so lange die Witterung es noch gestattet, fortgesetzt. Eine zweck⸗ mäßige Aenderung soll insofern eintreten, als der Anfang der Concerte um 4 Uhr, das Ende gegen 8 Uhr in Aussicht genommen ist.