— Ist im Geltungsbereich des Pre uß. Allg. Landrechts ein von einem Ehemanne mit einem Dritten abgeschlossener Kaufv, per, durch welchen an den Dritten ein zum güterg oysschaftlichen Vermögen gehöriges Grund⸗ stück ver. fern werden soll, wegen Mangels der Einwilligung der gütergemneinschaftlichen Ehefrau für ungültig erklärt und aufgehoben) worden, so haftet, nach einem Urtheil des Reichs⸗ gerichts, IV. Civilsenats, vom 23. Juni d. J., für die Er⸗ stattung des gezahlten Kaufgeldes an den das Kaufobjekt zurückgewährenden Käufer das gütergemeinschaftliche Vermögen der Ehefrau, selbst wenn dem Käufer zur Zeit des Kauf⸗ vertragsabschlusses das Bestehen des gütergemeinschaftlichen Verhältnisses und die Nichtbefugniß des Ehemanns zum alleinigen Verkaufe des Grundstückes bekannt gewesen war. Diese Verpflichtung der Ehefrau wird auch nicht durch die Trennung der Ehe aufgehoben.
Hannover, 3. Oktober. (Hannoverscher Courier.) In der heutigen (5.) Sitzung des 18. hannoverschen Pro⸗
vinzial⸗Landtages wurde die Berathung des Finanz⸗ Etats für 1885 fortgesetzt. Die gestern abgebrochene Debatte
b über die Anstellung der Chausseebau⸗Kassenrendanten in stän⸗
dischen Diensten mit Pensionsberechtigung wurde wieder auf⸗
genommen, und nach längerer Diskussion der Antrag des
Ausschusses auf feste Anstellung und Pensionsberechtigung der
Chausseebau⸗Rendanten mit Stimmenmehrheit abgelehnt. Für die Unterhaltung der Chausseen sind eingestellt: 1) für Ver⸗
legung und Umbau von Chausseen 120 000 ℳ, 2) für die regel⸗ mäßige Unterhaltung 1 600 000 ℳ, für Besoldungen und Remune⸗ rationen 164 000 ℳ Für den Landstraßenbau sind einge⸗
stellt: 1) Beihülfen zum Landstraßenbau 485 245 ℳ, zur Ver⸗
zinsung der Anleihe 590 000 ℳ, zur Tilgung der Anleihe
112 500 ℳ An Beihülfen für Gemeindewege werden ein⸗ gestellt 150 000 ℳ behufs Bildung eines Fonds für Zu⸗ schüsse zu Landesmeliorationen 45 000 ℳ Hierbei recht⸗ fertigte Schatzrath Müller nochmals den Ausschußantrag, der vor einigen Tagen zurückgestellt wurde: aus den zu dem Betrage von 1 429 792 ℳ angesammelten Beständen des
Kreisordnungsfonds dem Landesmeliorationsfonds 100 000 ℳ,
dem Pensionsfonds 500 000 ℳ, dem
Aufforstungsfonds
629 792 ℳ, dem Aufforstungs⸗Darlehensfonds 100 000 ℳ,
8 8 8 8
dem Dispositionsfonds für die Unterhaltung der Chausseen 100 000 ℳ zu überweisen. Der Abgeordnete Brüning beantragte, die Debatte heute wieder auszusetzen; dieser Antrag wurde genehmigt und dann bestimmt, daß die Debatte über diesen Ausschußantrag am Dienstag stattfinden soll. Für das Landarmen⸗ und Korrigendenwesen werden verlangt: A. Behufs der Korrektions⸗ und Landarmenanstalten pl. m. 285 991 ℳ Es entfallen auf das Werkhaus zu Moringen 126 548 ℳ Schatzrath von Wersebe referirte. Der Antrag, vom 1. Januar 1885 an die Besoldung des Direktors Warneck
von 2800 ℳ auf 3200 ℳ, des Oekonomieinspektors Hartmann
8
2650 ℳ, bleibt
von 2150 ℳ auf 2300 ℳ und des Arbeitsinspektors Wickbold von 2250 ℳ auf 2400 ℳ zu erhöhen, wurde ohne Debatte geneh⸗ migt. Der Ueberschuß bet dem landwirthschaftlichen Betrieb ist zu 7921 ℳ angesetzt, ab Verzinsung des Anlagekapitals mit Gewinn 5271 ℳ Auf Anfrage des Abg. Tannen antwortete der Referent, daß die Korrigenden noch
vortheilhaft mit landwirthschaftlichen Arbeiten beschäftigt würden,
vorzugsweise im Auftrage Fremder.
Auf die Korrektions⸗
und Landarmenanstalt zu Wunstorf entfallen 91 959 ℳ Der
8*
8
ments wieder beigelegt zu sein schienen.
Referent Schatzrath Müller bemerkte, daß die Differenzen mit
dem Magistrat von Wunstorf wegen Ueberlassung des Etablisse⸗ 1 Der landwirthschaft⸗ liche Betrieb soll einen Ueberschuß von 2400 ℳ ergeben. Die
Korrektions⸗ und Landarmenanstalt zu Himmelsthür erfordert
Göttingen und Osnabrück.
einen Zuschuß aus dem Provinzialfonds von 36 874 %ℳ Ein Antrag, vom 1. Januar 1885 an die Besoldung des Haus⸗ verwalters Bode von 1400 ℳ auf 1700 ℳ zu erhöhen, einen Aufseher mit einer Besoldung von 960 ℳ anzustellen und die Remuneration des Anstaltsarztes Dr. med. Dieckmann von 600 ℳ auf 800 ℳ zu erhöhen, wurde genehmigt. Die Verzinsung und Amortisation der Darlehnsschulden des Land⸗ armenverbandes erfordern 29 610 ℳ, die sonstigen, durch das Korrektionswesen veranstalteten Kosten sind zu 1000 ℳ ver⸗ anschlagt. Behufs des Landarmenwesens sind eingestellt 273 500 ℳ gegen 243 000 ℳ im Vorjahre. Die Ausgabe wurde genehmigt, dann auch die Position des Landarmenwesens in der Einnahme mit 5 690 991 ℳ festgestellt. Die Rechnun⸗ gen der ständischen Hauptkasse und der Provinzial⸗Wittwenkasse für das Jahr 1883 wurden der Rechnungskommission über⸗ wiesen. Es folgte die Berathung des Normaletats für die Beamten und Dienstleute der provinzialständischen Irren⸗ anstalten, der an Stelle des im Jahre 1877 festgestellten treten soll. Schatzrath Müller referirte. Bei der Hildesheimer Heil⸗ anstalt soll der Minimalbesoldungssatz der evangelischen Geist⸗ lichen 2400, das Maximum 3600, statt jetzt 3000 ℳ, betragen. Anträge auf Einräumung einer Dienstwohnung unter Vor⸗ behalt, den Maximalsatz wieder zu ermäßigen, bleiben vor⸗ behalten. Das Maximalgehalt des Rendanten soll von 2700 auf 3000 ℳ erhöht werden. Auch die Stellen der Hausverwal⸗ ter sowie der Ober⸗Aufseher sollen aufgebessert werden. Für den Oekonomieverwalter in Einum wird ein Minimalgehalt von 900, ein Maximalgehalt von 1800 ℳ festgestellt, da⸗ neben freie Station dritter Klasse für ihn und seine familie. Bisher war das Gehalt 720 ℳ Die Aenderungen für Hildesheim wurden genehmigt. Aehnliche Aenderungen sinden sich auch in den Normaletats für die Anstalten in Os ck. Bei der Göttinger Anstalt bean⸗ tragte Abg. Brüning, die Stelle eines Bureau⸗Assistenten zu streichen; der Antrag wurde abgelehnt. Bei der Osnabrücker Anstalt fällt infolge des gestrigen Beschlusses die Stelle eines Bureau⸗Assistenten aus. Es folgte die Wahl der Kommission zur Prüfung des Gesetzentwurss über die Abstellung von Berechtigungen zum Hauen oder Stechen von Plaggen ꝛc.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 3. Oktober. (Thür. Corr.) Die Nachrichten über das Befinden des Groß⸗ herzogs und der Prinzessin Elisabeth, die in Biarritz weilen, lauten durchaus günstig.
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 1. Oktober. Das
„Prager Abendblatt“ schreibt: Die Thronrede, mit welcher
der Kaiser die Session des ungarischen Reichstages eröffnet hat, findet auch in der auswärtigen Presse ein sympathisches Echo. Namentlich sind es die Blätter des Deutschen Reiches, welche dieser Allerhöchsten Enuntiation in anerkennenden Worten gedenken und insbesondere jene Stellen derselben warm
begrüßen, welche die innigen Beziehungen zwischen Oesterreich⸗ Ungarn und Deutschland hervorheben und die Erhaltung des Friedens betonen. Auch jener Abschnitt der Thronrede, welcher die bevorstehende Aufnahme der Verhandlungen wegen Erneuerung des Zoll⸗ und Handelsbündnisses zwischen beiden Reichshälften zum Gegenstande hat, wird in der Presse viel⸗ fach und in zustimmendem Sinne kommentirt, und es darf in dieser Richtung sicherlich als ein erfreuliches Symptom ver⸗ zeichnet werden, daß die tonangebenden ungarischen Blätter sich dem Wunsche und der Erwartung nach beiderseitigem billigem Entgegenkommen rückhaltlos anschließen.
Schweiz. Bern, 3. Oktober. (W. T. B.) Der Bundes⸗ rath hat beschlossen, daß der neue Zolktarif mit Neujahr 1885 in Kraft trete.
Niederlande. Haag, 3. Oktober. (W. T. B.) Die Erste Kammer hat mit 33 gegen 3 Stimmen beschlossen, die Abänderung des Artikels 198 der Verfassung in Er⸗ wägung zu ziehen. Diese Abänderung läßt jede Verfassungs⸗ revision während einer Regentschaft zu, ausgenommen hin⸗ sichtlich der Artikel über die Thronfolgeordnung. Im Laufe der nächsten Woche wird die Auflösung der Kammern erfolgen. Der Entwurf zu einer ziemlich ausgedehnten Verfassungs⸗ revision ist gegenwärtig dem Staatsrathe zugegangen.
Belgien. Brüssel, 3. Oktober. (W. T. B.) Der Redacteur des „National“, Doétre, französischer Unter⸗ than, ist von der Regierung aus Belgien ausgewiesen worden und heute Abend nach den Niederlanden abgereist. Ein Menschenhaufe begleitete ihn mit dem Rufe: Es lebe die Re⸗ publik! und die Marseillaise singend nach dem Nordbahnhofe, der von Soldaten und Gensd'armen bewacht wurde.
Großbritannien und Irland. London, 2. Oktober. (Allg. Corr.) Der Marquis von Salisbury hielt gestern Abend in der St. Andreashalle in Glasgow eine Ansprache an 4000 Konservative. Dieselbe war ausschließlich der Wahl⸗ reformfrage und einer Vertheidigung des Oberhauses gegen jüngste Angriffe gewidmet. Im Verlaufe seiner Rede bemerkte der Marquis: Der Premier⸗Minister habe die Frage betreffs des Charakters und der Gewalten der zweiten Kammer an⸗ geregt, allein die Nation fürchte den Despotismus einer ein⸗ zigen Kammer und begünstige das Vorhandensein von zwei Kammern. Eine jede derselben müsse unabhängig sein, und wenn Differenzen zwischen denselben ent⸗ stehen, müsse die Nation die Entscheidung darüber treffen. Das Oberhaus wolle seine Existenz nicht durch irgend welche Mittel verlängern; es wolle sich damit begnügen, in einem Verhältniß absoluter Unabhängigkeit von Jedermann, mit Ausnahme des englischen Volkes, zu leben. — Der Herzog und die Herzogin von Edinburg besuchten gestern Hull, wo ihnen Seitens der städtischen Behörden und der Einwohnerschaft ein feierlicher Empfang bereitet wurde.
— 3. Oktober. (W. T. B.) Der Regierung ist eine Depesche des General⸗Konsuls Baring in Kairo zugegangen, welche die Wiedereinnahme von Berber bestätigt und hinzusügt, General Gordon habe die Stadt, nachdem er dieselbe eine Hetlans bombardirt, erobert und seinen Einzug in dieselbe gehalten. Die Aufständischen und die Bewohner der Stadt, die sich denselben angeschlossen, hätten bei dem Bombardement die Flucht ergriffen.
— 4. Oktober. (W. T. B.) Ein Kabinetsrath ist für Dienstag, den 7. d. M. anberaumt. — Graf Herbert Bis⸗ marck ist aus Schottland hierher zurückgekehrt.
Frankreich. Paris, 2. Oktober. (Köln. Ztg.) Das „Journ. des Débats“ bringt heute den ersten Bericht seines militärischen Berichterstatters über die Kaiser⸗Manöver am Rhein. Derselbe ergeht sich mehr in allgemeinen Betrach⸗ tungen, schließt aber wie folgt: Was mir übrigens auf der Parade von Wevelinghoven am meisten auffiel, ist in Wahr⸗ heit nicht die schöne Haltung der Soldaten unter den Waffen, noch die zur Verzweiflung bringende Korrektheit ihrer Bewe⸗ gungen, sondern die männliche, prachtvolle Haltung des alten Kaisers, der sichs nicht nehmen ließ, von Anfang bis zu Ende dem Vorbeimarsch anzuwohnen, und welcher trotz seiner 87 Frühlinge vier Stunden verweilte, ohne vom Pferde herabzusteigen. Es ist in der That ein rührendes Schauspiel, das dieser mit Jahren und Ruhm belastete Herrscher jeden Tag seinem bewegten Volke und dem erstaunten Europa gibt, dieser Greis, der nicht zuläßt, daß sein hohes Alter ihn von der geringsten Verpflichtung seines „Handwerks als König“ entbindet, der darauf hält, bis zum Ende das Beispiel treuer Pflichterfüllung und der Achtung vor der Mannszucht zu ee und der wie ein römischer Kaiser aufrechtstehend sterben wird.
Der Handels⸗Minister Hérisson hat einen Aus⸗ schuß zur Bezeichnung der Stelle für die Ausstellu ng von 1889 ernannt, um zu verhindern, daß eine andere Ausstellung in Europa im Jahre 1889 der Pariser Konkurrenz mache. — Die Minister beschlossen, daß der Kriegs⸗Minister dem Finanz⸗ Minister einen Theil der alten Lyoner pestungewerke ab⸗ treten solle, damit derselbe die 2 Millionen Fr. veran⸗ schlagten Werke abtragen lasse, um den brotlosen Arbeitern Verdienst zu verschaffen. Die Arbeiten sollen unverzüglich be⸗ gonnen werden. Der Kabinetsrath hieß endlich den Gesetz⸗ entwurf Campenons zur Errichtung der Kolonialarmee und der besonderen Truppen für Afrika gut; der Entwurf wird der Deputirtenkammer sofort in der ersten Sitzung nach den Ferien vorgelegt werden.
— 3: Oktober. (W. T. B.) Die „Agence Havas“ be⸗ merkt zu dem Telegramm der „Times“ aus Tientsin, nach welchem Frankreich die Mediation Amerikas wünschen solle, die Vereinigten Staaten könnten immerhin ihre guten Dienste behufs Beseitigung der obwaltenden Differenzen leihen, Frankreich habe aber keine Mediation nachgesucht. — Die Budgetkommission wird die Konvertirung der alten 4 ½ prozentigen Rente in 4prozentige oder z3prozentige bean⸗ tragen. Durch diese Konvertirung würde eine Ersparniß von 3 Millionen Francs erzielt. — Da von dem Admiral Courbet neuerdings keine Nachrichten eingetroffen sind, so glaubt man, daß schlechtes Wetter die Operation gegen Kelong verzögert habe. — In dem Departement Ostpyrenäen sind gestern 3 Personen an der Cholera gestorben.
— 4. Oktober. (W. T. B.) Die „Agence Havas“ meldet aus Hanoi von heute, die Kanonenboote „Mous⸗ queton“, „Massue“ und „Hache“, welche vor dem Marsche der Truppen das Thal von Lochnau rekognosziren wollten, sind von regulären chinesischen Truppen angegriffen wor⸗ den und haben hierbei Verluste erlitten. Ein Offizier wurde
getödtet und 30 Mann leicht verwundet. Verstärkungen sind
angekommen, andere früher dort stationirte Truppen verlassen Hanoi mit dem General Negrier.
Italien. Rom, 3. Oktober. (W. T. B.) Dem Cholera⸗ Bericht vom 2. d. Mts. zufolge kamen vor: In Aquila 4 Er⸗ krankungen und 3 Todesfälle, in Bergamo 6 Erkrankungen und 4 Todesfälle, in Brescia 1 Erkrankung und 3 Todes⸗ fälle, in Caserta 4 Erkrankungen und 3 Todesfälle, in Chieti 1 Erkrankung, in Cremona 9 Erkrankungen und 4 Todesfälle, in Cuneo 22 Erkrankungen und 11 Todesfälle, in Ferrara 1 Erkrankung und 2 Todesfälle, in Genua 42 Erkrankungen und 35 Todesfälle, davon in der Stadt Genua 24 Erkran⸗ kungen und 25 Todesfälle, und in der Stadt Spezzia 4 Er⸗ krankungen und 1 Todesfall, in Mailand 3. Erkrankungen und 2 Todesfälle, in Modena 5 Erkrankungen und 4 Todes⸗ fälle, in Neapel 123 Erkrankungen und 88 Todesfälle, davon in der Stadt Neapel 80 Erkrankungen und 50 Todesfälle, in Novara 3 Erkrankungen, in Padua 1 Erkrankung, in Parma 1 Erkrankung und 1 Todesfall, in Pavia 1 Erkrankung und 1 Todesfall, in Rovigo 3 Erkrankungen und 3 Todesfälle, in Sondrio 1 Erkrankung und in Turin 4 Erkrankungen und 5 Todesfälle.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 4. Oktober. (W. T. B.) Der „Regierungs⸗Anzeiger“ veröffentlicht eine Verfügung des Zolldepartements vom 25. v. M., nach welcher die Coupons und die gezogenen Stücke der Anleihe von 1884 für annehmbar bei Zollzahlungen erklärt werden.
Amerika. Washington, 3. Oktober. (W. T. B.) Der diesseitige Gesandte in China besuchte kürzlich die amerikanischen Konsulate in China und hatte bei dieser Gelegenheit in Tientsin eine Unterredung mit Li⸗hung⸗chang, er hatte indessen, wie bestimmt versichert wird, keine Instruk⸗ tion, irgend ein Gesuch Frankreichs um eine Mediation zu übermitteln. Der Gesandte hatte bereits vorher mehrere Kon⸗ ferenzen mit Li⸗hung⸗chang, um zu erfahren, ob China geneigt sei, Schritte zur Beilegung der Differenzen mit Frankreich zu thun. Der jüngste Besuch hatte denselben Zweck, aber weder noch China haben die Mediation Amerikas nach⸗ gesucht.
Süd⸗Amerika. Peru. Lima, 3. Oktober. (W. T. B.) Die Re gierungstruppen haben in einem Gefechte bei Huaura gesiegt. Die Garnison der Stadt Trujillo erklärte sich gegen den General Puga, anscheinend weil derselbe für den Frieden ist. —
Afrika. Egypten. Kairo, 3. Oktober. (W. T. B.) Der Khedive und Lord Northbrook erklärten beide dem abyssinischen Gesandten, daß Egypten von dem durch Admiral Hewett abgeschlossenen Vertrage zurücktrete, wenn Rasalula denselben nicht legal durchführe. — Morgen findet nach Ab⸗ lauf der Ferien die Wiedereröffnung der internationalen Tribunale statt.
Assuan, 1. Oktober. (Allg. Corr.) Lord Wolseley kam heute, begleitet von seinem Generalstabe, hier an. Der Dampfer „Ghizeh“ hat den Katarakt von Babalambak, jenseits Saraß, passirt.
Zeitungsstimmen.
Der „Neuen Reichscorrespondenz“ entnehmen wir Folgendes:
1 Wenn die deutschen Kolonisationen an der westafrikanischen Küste zunächst den heimischen Arbeitern an Ort und Stelle wenig Aussicht auf lohnende Arbeitsgelegenheit eröffnen, ihre Bedeutung für die Entlastung des Arbeitsmarktes vielmehr in der durch die vermehrte Ausfuhr bedingte Steigerung der Nachfrage nach Arbelts⸗ kraft im Inlande liegt, so bieten sie doch anderweit die Gelegenheit zur nützlichen Verwendung der überschießenden Kräfte Deutschlands, welche sonst ohne Nutzen, ja theilweis selbst zum Schaden des Gemeinwesens brach liegen.
In noch höherem Grade als die eigentlichen Arbeiterkreise sind die⸗ jenigen gewerblichen Berufszweige überfüllt, welche eine höhere Schul⸗ bildung erheischen. Wie in den eigentlich gelehrten Berufen sich ein weit über das Maß des Bedürfnisses hinausgehender Andrang zeigt, so sind auch Kaufleute, Techniker u. dgl. in solcher Zahl vorhanden, daß sie nur schwierig in Deutschland ein mühsames Fortkommen finden. Gerade die kräftigsten und energischsten Naturen erlangen bei der Ueberfüllung ihrer Berufszweige häufig einen ihnen zusagen⸗ den Wirkungskreis nicht; es fehlt in der Heimath der zur gedeihlichen Entwickelung und fruchtbaren Verwerthung ihrer Thätigkeit nothwen⸗ bge. Ellbogenraum. In Folge dessen verkommen sie zum Theil, zum Theil werden sie selbst aus den regelmäßigen Bahnen des Lebens
d hinaus⸗ und auf Wege getrieben, welche sie am Ende mit dem Straf⸗
gesetz in Konflikt bringen und der Gesellschaft Schaden werden lassen.
Nach den Erfahrungen, welche in England seit langen Jahren nach dieser Richtung gemacht sind, eignen sich gerade solche besonders spannkräftige, aber in den engen und ausgetretenen Bahnen des heimathlichen Erwerbslebens schwer verwerthbaren Elemente ganz be⸗ sonders für die Pionierarbeit der Kultur, des Verkehrs, der Handels⸗ beziehungen, welche in den neu errichteten Kolonien und Handels⸗ stationen die vornehmste Aufgabe bildet. Hier bietet sich für junge Männer dieser Art, welche in der Heimath nur zu leicht problema⸗ tische Naturen geworden wären, ein reiches Feld fruchtbringender Thätigkeit, einer Thätigkeit, durch welche sie mit den eigenen Ver⸗ mögensinteressen zugleich das Interesse Deutschlands an vermehrten Handelsbeziehungen fördern.
Es kommt hinzu, daß, wenn naturgemäß auch manche Kräfte dort sich verbrauchen, ohne zur Wohlhabenheit zu gelangen, andere dagegen die sich darbietende Gelegenheit zum Vermögenserwerb nicht unbenutzt lassen, und, wenn sie als vermögende Männer nach Deutsch⸗ land zurückkehren, ihre Kenntnisse und Erfahrungen zur Verwerthung und Vermehrung ihres Erwerbs durch selbständige Handels⸗ unternehmungen nach den deutschen Kolonien ausnutzen werden. Gerade nach dieser Richtung weisen die britischen und selbst die hanseatischen Erfahrungen sehr günstige Er⸗ gebnisse auf; in der erfolgreichen Thätigkeit in Handelsnieder⸗ lassungen und Kultivationsunternehmungen liegt eines der stärksten und wirksamsten Elemente der Förderung des Waarenaustauschet, mithin der Ausfuhr und der dadurch bedingten Vermehrung und Ver⸗ besserung der Arbeitsgelegenheit im Inlande.
So bietet eine kräftige sund zielbewußte Kolonialpolitik in den von dem Fürsten Bismarck scharf gezogenen Grenzen überschießenden, anderenfalls selbst eine Last und Gefahr für das Gemeinwesen bilden⸗ der Kräfte ein reiches Feld einer für sie und für Deutschland gleich fruchtbaren Thätigkeit.
— Das „Posener Tageblatt“ schreibt:
Wie steht es mit dem Interesse des Bauernstandes an dem Schutz der einheimischen Vieh⸗ und Kornproduktion gegen die Kon⸗ kurrenz des Auslandes? Nach fortschrittlicher Darstellung ist der deutsche Bauer ein Mann, der weder Viehzucht noch Getreidebau treibt, sondern diese Beschäftigungen dem Großgrundbesitzer überläßt, sein Brod in der Regel kauft und demgemäß am besten fährt, wenn Fleisch und Korn so wohlfeil wie immer möglich zu Kaufe stehen.
zur Last und zum
Wer jemals einen wirklichen, zumal einen norddeutschen Bauern
e.
gesehen hat, wird zu dieser echt fortschrittlichen Darstellung lediglich
*die Achsel zucken und die Herren fragen, wovon der Bauer, wenn er
sein Vieh und Getreide kaufen muß, denn eigentlich existirt! Wenn die Fortschrittler, statt statistische Kunststücke zu treiben, Umfrage auf dem platten Lande halten wollten, so würden sie alsbald ersehen, wie der Bauer über niedrige Korn⸗ und Fleischpreise wirklich denkt, und wie ihm zu Muthe ist, wenn er in der Zeitung von Schleuder⸗ preisen liest, zu welchen amerikanische und indische Produkte auf den Markt geworfen werden. Endlich giebt es Millionen von Land⸗ bewohnern, die im Lohn und Brot von Leuten arbeiten, deren einzige Einnahme in dem Verkauf ihrer Produkte besteht. Was soll aus diesem ärmsten Theil der Landbevölkerung werden, wenn die Feld⸗ arbeit, von welcher sie leben, aufhört lohnend zu sein, und wenn ihre Ernährer, die Getreideproduzenten, selbst nahrungslos werden? — Auf all diese Fragen haben die Fortschrittsprediger, welche die kleinen und mittleren Leute auf dem Lande gegen ihre größeren Nachbarn aufzuhetzen versuchen, keine Antwort, weil es ihnen mit der Erfor⸗ schung und Berücksichtiaung der Nöthe des flachen Landes überhaupt niemals Ernst gewesen ist. ;
— In der „Weimarischen Zeitung“ lesen wir:
Die Armenstatistik von 67 deutschen Städten, die für den Armenpflegerkongreß ausgearbeitet ist, bietet, wie wir neulich bereits gesehen haben, des Interessanten Mancherlei. Heute sei auf einen besonderen Umstand aufmerksam gemacht: bei den 4 an dieser Sta⸗ tistik betheiligten sächsischen Städten, welche einen Vergleich mit 1880 gestatten, ist die Armenziffer im Jahre 1883 bedeutend herab⸗ gegangen. In der Zeit von 1880 bis 1883 ist die Zahl der Selbst⸗ unterstützten, welche auf 10 000 Einwohner kommen, zurückgegangen: in Dresden von 342 auf 336, in Zwickau von 256 auf 218, in Rei⸗ chenbach i. V. von 260 auf 199 und’ in Meerane von 252 auf 147. Uns scheint in dieser Thatsache ein recht beredter Beweis für die Besserung der Erwerbsverhältnisse in Folge der. neuen Gesetzgebung
zu liegen.
Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 40. — In⸗ halt: Justizwesen: Aenderung im Verzeichniß der zur Einziehung von Gerichtskosten bestimmten Stellen. — Konsulatwesen: Bestellung eines Konsular⸗Agenten; — Todesfall. — Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete.
Marineverordnungsblatt. Nr. 20. — Inhalt: Ver⸗ pflegung arretirter Mannschaften. — Lazarethverpflegungskosten. — Proviantlieferungsverträge in Kapstadt. — Heimathzahlungen. — Kohlenbeschaffung. — Verpflegungszuschuß. — Proviantlieferungs⸗ verträge. — Personalveränderungen. — Benachrichtigungen.
Justiz⸗Ministerial⸗Blatt. Nr. 36. — Inhalt: Erkennt⸗ niß des Reichsgerichts vom 12. Mai 1884.
Statistische Nachrichten.
urtwaEEAmxAcE
Ueber den Tabackbau und die Ergebnisse der Taback⸗ ernte im deutschen Zollgebiet für das Erntejahr 1883/84 giebt das neueste Monatsheft zur Statistik des Deutschen Reichs eine Nachweisung, welche nach Hauptamts⸗ und Direktivbezirken aufgestellt ist und neben der Aufführung der Zahl und des Flächeninhalts der mit Taback bepflanzten Grundstücke und der Zahl der Tabackflanzer Angaben macht über die Größenverhältnisse der von den Pflan⸗ zern mit Taback bebauten Gesammtflächen, über Menge des geernteten Tabacks überhaupt und durchschnittlich auf einen Hektar und schließlich über den Durchschnittspreis des geernteten Tabacks und den daraus berechneten Gesammtwerth der Tabackernte. Aus den Schlußsummen dieser Nach⸗ weisung ist zu entnehmen, daß die Zahl der Tabackpflanzer überhaupt im Jahre 1883 202 853 (gegen 215 250 im Vorjahr) betrug, daß von diesen mit Taback bepflanzt hatten eine Gesammtfläche von weniger als 1 a 106 945 (im Vorjahr 118 906), von über 1 a bis zu 25 a 71 750 (71 896 im Vorjahr), von über 25 a bis zu 1 ha 22 091 (22 518 im Vorjahr) und von mehr als 1 ha 2067 (1930 im Vor⸗ jahr). Von 100 Tabackpflanzern hatten demnach bepflanzt weniger als 1 a 527 (55,2 im Vorjahr), über 1 a bis zu 25 a 35,4 (33,4 im Vorjahr), über 25 a bis zu 1 ha 10,9 (10,5 im Vorjahr) und über 1 ha 1,0 (0,9 im Vorjahr). Der Flächeninhalt der im Jahre 1883 mit Taback bepflanzten Grundstücke betrug im Ganzen 2 206 852 a (1882 2 224 285 a), und hiervon entfallen auf das Königreich Preußen 507 716, Bayern 488 432, Baden 778 776 und Elsaß⸗Lothringen 275 691 a. Geerntet wurden 1883 überhaupt 39 008 989 kg Taback in dachreifem getrockneten Zustande (1882 38 976 498 kg), also durchschnittlich 1768 kg auf 1 ha (1882 1752 kg). Als mittlerer Preis für 100 kg des im Jahre 1883 ge⸗ ernteten dachreifen trockenen Tabacks wurden ermittelt 79,03 ℳ (1882 77,92 ℳ) einschließlich der Steuer, und unter Zugrundelegung dieses mittleren Preises berechnet sich der Gesammtwerth der 1883er Taback⸗ ernte (ebenfalls einschließlich der Steuer) zu 30,8 Millionen Mark
(1882 30,4 Millionen Mark).
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Die Schlettersche Buchhandlung Franck u. Weigert in Breslau hat über ihr antiquarisches Bücherlager Katalog Nr. 187 veröffentlicht. Derselbe enthält ein alphabetisch geordnetes Verzeichniß von 1533 Schriften, die den verschiedensten Wissenschaften angehören — der Theologie, Philosophie, Philologie, dem Rechts⸗ wesen, der Geographie und Statistik, Geschichte, Genealogie, Lite⸗ ratur, der Naturwissenschaft im Allgemeinen, der Botanik, Mine⸗ ralogie, Zoologie, Chemie, Astronomie, Medizin, der Münz⸗, Siegel⸗ und Wappenkunde, der Kunst im Allgemeinen, der Baukunst, der Musik (124), dem Gewerbe⸗ und Eisenbahnwesen u. s. w. — und des verschiedenartigsten Inhalts sind. Unter denselben befinden sich auch viele Zeitschriften der verschiedensten Art, Sammlungen von Quellenschriftstellern, Urkundensammlungen, ferner ca. 180 Holzschnitz⸗ werke, 25 Portraitwerke und 27 Werke mit Abbildungen von Trachten. Die aufgeführten Schriften sind in deutscher, lateinischer, französischer, italienischer, spanischer, englischer, holländischer oder polnischer Sprache verfaßt und datiren aus dem 19., 18., 17., 16. und 15. Jahrhundert. Unter ihnen findet man eine große Menge seltener Werke, namentlich aus dem 16. Jahrhundert; mehrere sind bereits vergriffen, andere gar nicht in den Handel gekommen. “
Gewerbe und Handel.
Ksönigsberg i. Pr., 4. Oktober. (W. T. B.) Die Betriebs⸗ einnahme der Ostpreußischen Südbahn für Septbr. 1884 betrug nach vorläufiger Feststellung: im Personenverkehr 94 188 ℳ, im Güterverkehr 473 116 ℳ, an Extraordinarien 20 000 ℳ, zusammen 587 304 ℳ, im Monat Septbr. 1883 definitiv 474 057 ℳ, mithin gegen den entsprechenden Monat des Vorjahres mehr 113 247 ℳ, im Ganzen vom 1. Januar bis ultimo Septbr. d. J. 2 957 573 ℳ senen 3 981 3842 ℳ im Vorjahre, mithin weniger gegen den ent⸗ prechenden Zeitraum des Vorjahres 1 023 769 ℳ
New⸗York, 3. Oktober. (W. T. B.) Baumwollen⸗ Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 167 000 B., Aus⸗ fuhr nach Erosbe cnh 48 000 B., Ausfuhr nach dem Kontinent 16 000, Vorratb 302 000 B. uu“
Sanitätswesen und Quarantänewesen.
Straßburg, 2. Oktober. (Land. Ztg. für E.⸗L.) Mit Rück⸗ sicht auf das Umsichgreifen der Cholera in Italien und die von daher drohende erhöhte Gefahr hat das Ministerium angeordnet, daß die
in⸗ und Durchfuhr von gebrauchter Leib⸗ und Bettwäsche, ge⸗ brauchten Kleidern, Hadern und Lumpen aus Italien bis auf Wei⸗ teres verboten ist. Wäsche und Kleidungsstücke von Reisenden sind von dem Verbote nicht berührt.
— —
Berlin, 4. Oktober 188o. Majestät der König haben der Straße Nr. 21 Ab⸗
theilung II des Bebauungsplanes von den Umgebungen Berlins den Namen „Friesen⸗Straße“ und der bisher als —
bekannten Straße Nr. 26 Abtheilung XII desselben Bebauungsplanes den Namen „Marienburger Straße“ beigelegt. 8 8 8 u
Mit dem 1. d. M. ist der bisherige Bibliothekar des Kunst⸗ gewerbe⸗Museums, Rudolph, aus seiner Stellung aus⸗ geschieden und an seiner Stelle der Bibliothekar Lichtwark mit der Leitung der Bibliothek betraut worden.
Am 2. d. M. hat bei Gelegenheit der Philologen⸗ und Schul⸗ männer⸗Versammlung in Dessau die Legung des Grundsteins zu dem Wilhelm Müller⸗Denkmal stattgefunden. Der „Anh. St.⸗A.“ berichtet darüber: Unerbittlich fiel der Regen nieder und verhinderte, die geplante Grundsteinlegung des Wilhelm Müller⸗Denkmals im Freien zu feiern. Der Aftus mußte in der Aula des Gymnasiums vorgenommen werden. Mit einem Chor „Den Manen Wilhelm Müllers“, gedichtet von Ferd. Seelmann, begann die Feier; Prof. Dr. Gosche aus Halle ehrte das Andenken an Wilhelm Müller durch eine sein Werden und Wirken als Dichter feiernde Rede. Darauf las Schulrath Krüger die auf die Grundsteinlegung bezüglichen Do⸗ kumente vor, theilte mit, was man dem Grundsteine anvertraut habe, worauf der Chor „das deutsche Lied von Kalliwoda“ den Akt beendete. — Da nun das Regenwetter etwas nachgelassen hatte, vollzog man unten im Vorhofe des Gymnasiums die Ceremonie des Hammerschlages. Die drei ersten Schläge that der Landgerichts⸗ Präsident Pietscher, dann folgten der Schulrath Krüger, der Gymna⸗ Stier, der Bürgermeister Dr. Funk und der Hofrath Hosäus. 1
Cottbus, 3. Oktober. Zu der hier stattfindenden Branden⸗ burgischen Provinzial⸗Lehrer⸗Versammlung sind zahl⸗ reiche Delegirte und Theilnehmer aus allen Theilen der Provinz und darüber hinaus eingetroffen. Die Versammlung wurde mit dem Gesange des Liedes „O heiliger Geist, kehr' bei uns ein“, eröffnet. Bürgermeister Matzdorff (Cottbus) begrüßte hierauf die Versamm · lung im Auftrage der hiesigen städtischen Behörden und Bürgerschaft. — Zunächst erstattete Gymnasiallehrer Mühlpfort (Frankfurt a. O.) Bericht über den Stand der Verbands⸗ und Pensionskasse. Die Einnahmen der Verbandskasse betrugen im verflossenen Geschäftsjahre, inkl. der Baarbestände, 2315 ℳ 39 ₰, die Ausgaben 1245 ℳ 39 ₰, so daß ein Kassenbestand von 1170 ℳ verbleibt. Der Vecband zählt 1500 Mitglieder. Die Pensionskasse hat einen Kassenbestand von 41 180 ℳ 23 ₰ und zählt 1882 Mitglieder. Nachdem dem Kassirer Decharge ertheilt, hielt Rektor Wolter (Wilsnack) einen längeren Vortrag über „Licht und Schatten im Vereinsleben.“ Lehrer Freier (Koritten) sprach hierauf über „die Macht der Schule“. Die Tagesordnung war danach erschöpft und schloß hierauf der Vor⸗ sitzende, Hauptlehrer Hohenstein (Brandenburg a. H.), die Versamm⸗ lung mit einem dreifachen Hoch auf Se. Majestät den Kaiser.
Kreuznach, 1. Oktober. Die hiesige Soolbäder⸗Aktien⸗Gesell⸗ schaft feiert heute ihr fünfzigjähriges Jubiläum als Besitzerin der hiesigen Kuranlagen. Am 1. Oktober 1834 kaufte die Gesellschaft die hiesigen Soolquellen und das die letzteren umgebende, 12 Morgen große Terrain von dem Entdecker der Quellen, Wilhelmi, verwandelte den damaligen Urwald in einen herrlichen Park, ließ später in dem letzteren ein stattliches Kurhaus mit Terrasse, sowie eine Wandelbahn errichten, sorgte für gute Musik und ein gutes Theater und brachte es so dazu, daß das von der Natur so reich bedachte Kreuznach sich zu einem Bade ersten Ranges erhob. Ein ganz neuer Stadttheil mit einer großen Zahl eleganter Hotels und Privat⸗Badehäuser ist seit jener Zeit entstanden, der Ruf von der Heilkraft der Kreuznacher Quellen ist in alle Erd⸗ theile gedrungen, und jährlich sehen wir jetzt alle Nationalitäten in unserem Bade vertreten. Auch die gestern beendete Saison war eine höchst zufriedenstellende, sie hat die vorige nach jeder Richtung über⸗ troffen. Heute ist dort, wo gestern noch ein so reges Leben und Treiben herrschte, alles still und leer, mit einem Schlage hat sich die Physiognomie unseres Bades verändert. Man ist hier bestrebt, Kreuznach auch zu einem Winterkurort zu machen. Uebrigens können auch bereits jetzt hier im Winter Bäder genommen werden, da die Soolwasserleitung das Soolwasser von den Salinen in fast jedes Haus der Badestadt führt. Wir entbehren hier bis jetzt im Winter nur die Vergnügungen, die Concerte und Theatervorstellungen, die wir hier im Sommer in so reichem Maße genießen.
Emden, 3. Oktober. (W. T. B.) Die heutige Versammlung des Westdeutschen Fluß⸗ und Kanalvereins beschloß fol⸗ gende Resolution: Es ist eine vaterländische, wirthschaftliche und politische Nothwendigkeit, daß der Schiffahrtskanal von Dortmund nach den Emshäfen als kürzester Weg aus dem westfälischerheinischen Industriegebiet nach den Nordseehäfen bald hergestellt und damit der Anfang zur Ausführung des im Westen uuseres Vaterlandes geplanten Schiffahrts⸗Kanalsystems gemacht werde. Die Staatsregierung wird daher ehrerbietigst ersucht, in der bevorstehenden Session des Land⸗ tages der Monarchie die im Jahre 1882 und 1883 nicht zur Annahme gelangte Kanalvorlage zu erneuern.
Weimar, 3. Oktober. Kongreß des Deutschen Vereins für Armenpflege und Wohlthätigkeit. Zum fünften Mal tritt dieser Kongreß zusammen, und in der kurzen Zeit seines Be⸗ stehens hat der segensreiche Verein sich stetig derart vergrößert, daß jetzt kaum mehr eine namhafte Stadt außerhalb des Verbandes steht. — Die Versammlung ist denn auch diesmal sehr zahlreich be⸗ sucht; alle bedeutenden Gemeinden Deutschlands sind vertreten, zum großen Theil durch offizielle Abgesandte der betreffenden Armen⸗ verwaltungen. — Nach der Begrüßung durch den Over⸗Bürgermeister Pabst (Weimar) eröffnete Dr. Straßmann (Berlin) die Verhand⸗ lungen mit einem Ueberblick auf die Ziele des Vereins und auf dessen Erfolge. Der bedeutendste ist wohl die auf Kosten des Vereins im Jahre 1883 ausgeführte Individualstatistik über Armenwesen, und über die ersten Hauptresultate dieser Aufnahme er⸗ stattet Dr. Böhmert (Dresden) einen eingehenden Bericht. — So viel steht fest: jene Armenstatistik hat nach manchen Richtungen klärend gewirkt; und daß sie in hohem Grade zuverlässig ausgefallen ist, ergiebt sich aus ihrer Uebereinstimmung mit den Resultaten der amtlichen Statistik im Königreich Sachsen. — Der Kongreß bewilligt hierauf die Kosten für die wissenschaftliche Bearbeitung des durch die Armenstatistik von 1883 gewonnenen Materials, verzichtet aber wegen des Bevorstehens einer Reichsarmenstatistik auf eine neue Erhebung über das Jahr 1884. 1
Der zweite, wichtigste Gegenstand der Tagesordnung ist die Frage der Fürsorge für Kinder. Für diesen umfangreichen Gegenstand sind nicht weniger als 7 Referenten bestellt, welche unter sich die verschie⸗ denen Unterfragen vertheilt haben. Stadtrath Röstel (Landsberg a. W) berichtet über die Frage der Kinderheilstätten, Ferienkolonien ꝛc. und betont, daß es bei allen solchen Veranstaltungen darauf ankomme, sie nicht zu schablonisiren, nicht förmliche Normalstatuten für alle Vereine festzustellen, sondern daß gerade dieses Gebiet stets der freien Wohlthätigkeit überlassen bleiben müsse. 1
Hr. Reddersen (Bremen) spricht über Veranstaltungen der Für⸗ sorge für arme aufsichtslose Kinder, also Krippen, Kinderbewahr⸗ anstalten, Knaben⸗ und Mädchenhorte, Kinderschutzvereine u. dergl. Man solle hierbei möglichst die Eltern der armen Kinder mit zu einer Leistung, sei sie auch noch so klein, heranziehen und sich namentlich vor jedem Luxus (wie z. B. prunkende Weihnachts⸗ bescheerungen) hüten; es liege darin eine nicht zu unterschätzende sozialpolitische Gefahr. 8
Dr. Börner (Berlin) beleuchtet hierauf vom ärztlichen Stand⸗ punkt einige besondere Arten der Fürsorge, namentlich bezüglich der
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Krippen und Kinderschutzvereine und spricht den Wunsch aus, daß solche Veranstaltungen wie z. B. die Kinderheilstätten an der Nor see nicht ohne ärztliche Mithülfe ins Werk gesetzt werden mögen. — Der Vorsitzende des Berliner Kinderschutzvereins, Hr. van den Wyn gaert, brachte die Frage der Kinderschutzvereine zur Sprache. Beson⸗ deren Werth legte er auf den Nachweis, daß die Kinderschutzvereine, insoweit sie sich der Fürsorge für uneheliche Kinder armer Muütter im frühesten Lebensalter widmen, durchaus segensreich und nament⸗ lich entschieden eher versittlichend als entsittlichend wirken. Von den Gegnern dieser Vereine wird besonders geltend gemacht, daß di große Leichtigkeit, mit welcher die betreffenden Mütter ihre Kinder dem Verein aufhalsen können, mit verführend wirke. Hr. van den Wyngaert trat diesem Vorurtheil aus seiner praktischen Erfahrung auf das Nachdrücklichste entgegen und hob besonders die Strenge hervor, mit welcher z. B. der Berliner Verein von den zahlungs fähigen Müttern die Kosten der Kinderpflege wieder eintreiben. Dem Verein sei es gelungen, in den Müttern die Liebe zu solchen halbver waisten Kindern wach zu halten oder wach zu rufen, und hin und wieder habe er sogar den Erfolg erzielt, die Väter solcher Kinder zu — bewegen, die Mütter zu ehelichen. 8 Ueber die Frage der Fürsorge für verwaiste, verlassene und ver wahrloste Kinder referirt der Ober⸗Bürgermeister Ohly (Darmstadt) Er plaidirt in erster Reihe für die Unterbringung solcher Kinder in Familien, und man werde auch die geeigneten Familien finden, falls man das an einigen Orten bisher beobachtete Verfahren ändere, solche Kinder geradezu im Wege der Submission und zwar an den Mindest⸗ fordernden in Pflege zu geben. Man könne für die Unterbringung solcher Kinder keine allgemeinen Preistabellen festhalten, sondern es — hier, wie überall auf eine verständige Prüfung des individuellen alles an.
Kinder nach dem preußischen Gesetz vom 13. März 1878 und emfiehlt ein aus Familienerziehung und Anstalterziehung gemischtes System. Er verwirft das kasernenartige Drillen der verwahrlosten Kinder und spricht sich auch gegen eine Uebertreibung des Prinzipes der Besse⸗ rung durch Arbeit aus. Häufig werde bei solchen Kindern durch die ö dieses Prinzips die wahre Freudigkeit an der Arbeit 8 ertödtet.
Frau Professor Weber (Tübingen) legt dem Kongreß eine stärkere Heranziehung der Mitwirkung der Frauen an seinen idealen 3 Bestrebungen ans Herz. Man müsse endlich aufhören, die Frauen höchstens durch Geldbeiträge oder vereinzelte Heranziehung zur Praxis an der Armenpflege zu betheiligen, sondern müsse ihre Mitwirkung systematisch regeln, wie dies allerdings bei der Waisenpflege durch das Feles schon an die Hand gegeben sei.
eber die Frage der Zwangserziehung verwahrloster Kinder,
namentlich darüber, in welchen Fällen und durch wen dieselbe zu ver⸗ hängen sei, beginnt eine Detaildebatte sich zu eatspinnen, sodaß die Versammlung für heute die Vertagung beschließt, um morgen diesen speziellen Punkt der Tagesordnung eingehender berathen zu können.
Wien, 3. Oktober. (GW. T. B.) Der Maler Hans Makart, welcher an Gehirnhautentzündung, verbunden mit Lungen⸗ affektion, schwer erkrankt war, ist heute Abend gestorben.
„Leith, 3. Oktober. (W. T. B.) Der heute von Island hier eingetroffene Dampfer „Craigforth“ berichtet von einem heftigen Orkan, von welchem die Insel am 11. v. M. heimgesucht wurde.
Bei demselben sind 19, meist norwegische, Schiffe verloren gegangen, 32 andere wurden stark beschädigt, 60 kleine Fischerboote kamen zum 8
Scheitern, der Verlust an Menschenleben ist ein sehr großer. Kopenhagen, 3. Oktober. (W. T. B.) Heute Nachmittag
4 ½ Uhr brach in dem Schlosse Christiansburg hieselbst Feuer
aus. Der sogenannte Rittersaal ist verloren, wahrscheinlich auch die Reichstagslokalitäten. lich gerettet.
— 3. Oktober, Abends 9 Uhr. (W. T. B.) Schloß Christiansburg ist durch das Feuer vollständig zerstört. Die Gemäldesammlung und mehrere Kostbarkeiten sind gerettet worden. Das Feuer dauert fort. 1 der Stadt keine Gefahr. Die Besatzung eines russischen Kriegsschiffes betheiligte sich bei den Rettungsversuchen.
In der zweiten Oktoberwoche werden vom Stenographenverein „Gabelsberger“ drei öffentliche Unterrichtskurse in der Gabelsbergerschen Stenographie eröffnet, und zwar: 1) in der ehemalig Dr. Wieprechtschen Schule, Markgrafenstraße Nr. 105, Montag und Donnerstag Abends 8 Uhr, Beginn Donnerstag, 9. Oktober; 2) in dem Köllnischen Gymnasium, Inselstraße Nr. 2— 5, Klassenzimmer Untertertia B, Dienstag und Freitag Abends 8 ½ Uhr, Beginn Freitag, 10. Oktober; 3) in der Dr. Döbbelinschen höheren Knabenschule, Schönebergerstraße Nr. 4, Mittwoch und Sonnabend Abends 8 Uhr, Beginn Sonnabend, 11. Oktober. nehmen die betreffenden Schuldiener entgegen oder können bei Beginn des Unterrichts erfolgen. Pränumerandobeitrag zu den Kosten inkl. Lehrmittel 3 ℳ
Im Deutschen Theater wird „Wilhelm Tell“, dessen Auf⸗ führungen durch die Unpäßlichkeit des Hen Kainz unterbrochen waren, morgen, Sonntag, wieder in Scene gehen. Die erste Aufführung des neuen Luftspiels „Die große Glocke“ von Oskar Blumenthal findet am Sonnabend, 11. d. M., statt. Außerdem bringt das Repertoire dieser Woche Wiederholungen von „Die Welt, in der man sich lang⸗ weilt“, „Wilhelm Tell“ und „Der letzte Brief“.
Das Drama „Julius Cäsar“, von den Meiningischen Hof⸗ schauspielern morgen dargestellt, wird sich in mehrfach neuer Ausstattung präsentiren; unter Anderem wird im Senat eine plastische Kolossalstatue zur Verwendung kommen, die von dem Bildhauer Hundrieser modellirt wurde. Die Statue ist der in Rom befindlichen, als einzig echt geltenden, nachgebildet.
Die Direktion des Residenz⸗Theaters ist gezwungen, bereits Ende nächster Woche die sich stetig eines fortgesetzten Erfolges er⸗ freuenden Aufführungen des Schwankes „Die Sirene“ zu unterbrechen, um mit der nächsten Novität „Verirrungen“ von Trieb an dem kon⸗ traktlich festgesetzten Termin vorzugehen. Auch dieses Schauspiel wird in durchweg neuer Ausstatttung in Scene gehen. Die Direktion beabsichtigt „Die Sirene“ abwechselnd mit „Verirrungen“ zur Auf⸗ führung zu bringen und findet somit zunächst morgen die letzte Sonntagsaufführung der „Sirene“ statt.
Teresina Tua'’s letztes Concert im Krollschen Saale ist für Mittwoch angesetzt. Am Sonntag concertirt die gefeierte Künstlerin, wie bereits angekündigt, zum vorletzten Male, unter Mit⸗ wirkung der Sängerin Frl. Annie Duncker und des Pianisten Hrn. Conrad Ansorge. Das Abschieds⸗Concert des Frl. Fohström am Montag wird ebenfalls allgemein interessiren, und zwar nicht nur deshalb, weil Frl. Fohström bisher nur als Opernsängerin aufgetreten war, sondern auch wegen der Wahl der Gesangpiecen, die in deutscher, italienischer und schwedischer Sprache zum Vortrag gelangen. Das Programm verzeichnet die Arie aus Händels. „Enzio“, Schumanns „Du bist wie eine Blume, das Wiegenlied von Brahms, Roeders „Sommermorgen“, den Bolero aus Verdi's Vèpres Sieiliennes“ und schwedische Lieder. Für diesen Abend haben die Pianistin Marfa Issakoff und der Cellist W. Lublin ihre Mitwirkung zugesagt. Erstere produzirt Piecen von Chopin, Rubinstein und Scarlatti (Pastorale), Letzterer von Servais, Chopin und Popper. Der letzten Tua⸗Woche schließt sich, am Sonntag, 12. Oktober, beginnend, der große Concerteyklus von Fr. Amalie Joachim an. Aus ihrem umfeassenden Liederschatze
hat Fr. Joachim eine Fülle neuer und vornehmer Nummern aus⸗
gewählt
Die Königliche Malereisammlung wird hoffent⸗
Da das Wetter still ist, so droht
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Hr. Poesche spricht über die Zwangserziehung verwahrloster 8
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