Ministerium der geistlichen, Unterrichts, und Medizinal⸗Angelegenheiten. *
Der ordentliche Lehrer Theodor Steinwender vom Gymnasium zu Marienburg ist zum Oberlehrer bei dem König⸗ lichen Gymnasium in Danzig befördert worden.
Dem Klosterorganisten Johannes Julius Katter⸗ feldt zu Preetz ist das Prädikat Musikdirektor beigelegt worden.
11“ 11““
Justiz⸗Ministerium.
Der Rechtsanwalt Rabe zu Coelleda ist zum Notar im Bezirk des Ober⸗Landesgerichts zu Naumburg a./S., mit An⸗ weisung seines Wohnsitzes in Koelleda,
der Rechtsanwalt Rosenbaum in Solingen zum Notar für den Amtsgerichtsbezirk Solingen, im Landgerichts⸗ bezirk Elberfeld, mit Anweisung seines Wohnsitzes in So⸗ lingen, und
der Rechtsanwalt Diekamp zu Bochum zum Notar im Bezirk des Ober⸗Landesgerichts zu Hamm, mit Anweisung seines Wohnsitzes in Bochum, ernannt worden.
Versetzt sind: der Amtsrichter Dr. Felsmann in Nieder⸗ Wüstegiersvorf als Landrichter an das Landgericht in Beuthen O.⸗Schl., der Amtsrichter Dr. Jungk in Lippehne an das Amtsgericht I in Berlin, der Amtsrichter Rotter in Friedland i. Schl. an das Amtsgericht in Neisse, der Amts⸗ richter Luyken in M.⸗Gladbach an das Amtsgericht in Coblenz, der Landrichter Thöl in Osnabrück an das Land⸗ gericht in Göttingen, und der Amtsrichter Rive in Coblenz als Landrichter an das Landgericht daselbst. — 1
Der Landgerichts⸗Rath Friedländer in Oppeln ist mit Pension in den Ruhestand versetzt.
Der Staatsanwalt Ritzel in Lüneburg ist an das Land⸗ gericht I in Berlin, und der Staatsanwalt Dr. Hertzsch in Bochum an das Landgericht in Beuthen O.⸗Schl. versetzt.
In der Liste der Rechtsanwälte sind gelöscht: der Rechts⸗ anwalt Redlich in Guhrau bei dem Landgericht in Glogau und bei dem Amtsgericht in Guhrau, und der Rechtsanwalt Walter bei dem Amtsgericht in Brandenburg.
In die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: der Rechtsanwalt Redlich aus Guhrau bei dem Landgericht I. in Berlin, der bisherige Amtsrichter Lachmann bei dem Amtsgericht in Forst, und der Gerichts⸗Assessor Dr. Segall bei dem Landgericht I1 in Berlin.
Der Amtsgerichts⸗Raͤth Pniower in Berlin, der Amts⸗
erichts⸗Raͤth Thomas in Krotoschin, und der Amtsgerichts⸗ Hath Dr. von Blumenthal in Bütow sind gestorben.
Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten. “
Dem Thierarzt Jochim Christian Hinrich Schroeder zu Preetz ist die von ihm bisher kommissarisch verwaltete Kreis⸗Thierarztstelle des Kreises Ploen definitiv verliehen worden. 1 1 8
Ministerium der öffentlichen Arbeiten.
Dem Wasser⸗Bauinspektor von Dömming in Coblenz sind die Funktionen des Ersten technischen Hülfsarbeiters bei der Rheinstrom⸗Bauverwaltung und Stellvertreters des Rhein⸗ strom⸗Baudirektors übertragen worden. . — Der Wasser⸗Bauinspektor Hößfgen in Coblenz ist in gleicher Amtseigenschaft nach Cochem a. d. Mosel versetzt. Der bisherige Kreis Bauinspektor, Baurath Köppe in Merzig, Regierungsbezirk Trier, ist als Wasser⸗Bauinspektor nach Hamm i. Westf. versetzt. Der Regierungs⸗Baumeister Paul Gerhardt in Berlin ist zum Königlichen Wasser⸗Bauinspektor ernannt und dem⸗ selben eine technische Hülfsarbeiterstelle bei der Königlichen Ministerial⸗Baukommission verliehen worden. Der Regierungs⸗Baumeister Paul Tesmer in Berent W.⸗Pr. ist als Königlicher Kreis⸗Bauinspektor da⸗ selbst angestellt worden. 1 Der Regierungs⸗Baumeister Bernhard Rüsgen in Merseburg ist zum Königlichen Bauinspektor ernannt und demselben die technische Hülfsarbeiterstelle bei der dortigen Königlichen Regierung verliehen worden. “ Der Regierungs⸗Baumeister Josef König in Stettin ist zum Königlichen Bauinspektor ernannt und demselben die technische Hülfsarbeiterstelle bei der dortigen Königlichen Regie⸗ rung verliehen worden. Der Regierungs⸗Baumeister Eduard Happe in Stallu⸗ pönen ist als Königlicher Kreis⸗Bauinspektor daselbst angestellt worden.
enmachungen, die Unfallversicherung betreffend.
Auf Grund des §. 109 des Unfall⸗Versicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884 (Reichs⸗Gesetzblatt Nr. 19) wird hiemit bestimmt:
Die in den §§. 11 Abs. 3, 35 Abs. 2, 82 Abs. 2 und 85 Abs. 2 dieses Gesetzes bezeichneten Strafen fließen in die Staatskasse und, soweit dieselben von einer Gemeindebehörde verfügt werden, in die Gemeindekasse.
München, den 28. September 1884.
Staats⸗Ministerium des Innern, Abtheilung für Landwirthschaft, Gewerbe und Handel, und Staats⸗Ministerium der Finanzen.
Frhr. von Feilitzsch. von Höß, Staatsrath.
Der General⸗Sekretär: Ministerial⸗Rath von Schlereth.
ecechhhimahunggen auf Grund des Reichsgesetzes vom 21. Oktober 1878.
Auf Grund der §§. 11 und 12 des Reichsgesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 wird das mit der Ueberschrift:
„An die werkthätigen Wähler des vierten hannoverschen Wahlkreises“, — und mit der Unterschrift: . „Mehrere Wähler“ versehene, von Meinders u. Elstermann in Osnabrück gedruckte lugblatt von der unterzeichneten Landes⸗Polizeibehörde iermit verboten. Osnabrück, den 24. Oktober 1884. Königliche Landdrostei.
Gehrmann.
Die unterfertigte Stelle hat durch Beschluß vom Heutigen das Flugblatt mit der Ueberschrift: „An die Wähler Deutschlands!“, beginnend mit den Worten: „In wenigen Wochen werdet Ihr an die Wahlurne zu treten haben“, und on dessen Schluß als Kandidat bezeichnet wurde Georg von Vollmar, Schriststeller in Mittweida, z. Z. in München, herausgegeben, gedruckt und verlegt von J. H. W. Dietz in Stuttgart, auf Grund der §§. 11 und 12 des Reichsgesetzes egen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemo⸗ ratie vom 21. Oktober 1878 verboten.
Augsburg, den 23. Oktober 1884.
Königliche Regierung von Schwaben und Neuburg,
12 Innern. 1 in Stellvertretung: Frhr. von Crailsheim.
8 1 Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 25. Oktober. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen heute Vormittag mili⸗ tärische Meldungen, arbeiteten mit dem Kriegs⸗Minister und dem Chef des, ilitärkabinets, nahmen darauf die Meldung Sr. Königl.he „Hoheit des Prinzen Heinrich von Preußen entgegen und empfingen den Botschafter am Kaiserlich russi⸗ schen Hofe, General⸗Adjutanten, General der Infanterie von Schweinitz. 2
—. Ihre Majestät die Kaiserin und Königin setzt die in Baden⸗Baden begonnene Kur bis auf Weiteres fort und vermochte zu Allerhöchstihrem Bedauern nicht die⸗ selbe zu unterbrechen, um Se. Majestät den Kaiser und König nach Sigmaringen zur Feier der goldenen Hochzeit des Fürsten und der Fürstin von Hohenzollern zu begleiten.
Die Gesundheit Ihxer Majestät bedarf, nach den An⸗ strengungen des vorigen Monats, noch großer Schonung, und hat Sich Allerhöchstdieszibe daher auch der Betheiligung an allen geselligen Festlichkeiten während der Angwesenheit Sr. Majestät in Baden knthalten müssen.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz besuchte gestern Vormittag 10 Uhr die Aus⸗ stellung von Werken des Bildhauers Professor A. Hildebrand aus Florenz und empfing sodann militärische Meldungen.
Das Diner nahm Höchstderselbe bei Ihrer Königlichen Hoheit der Erbprinzessin von Sachsen⸗Meiningen in Charlotten⸗ burg ein. 3
— Auf die an Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit den Kronprinzen gerichtete Geburtstags⸗ Glückwunsch⸗Adresse ist dem hiesigen Magistrat das folgende Dankschreiben zugegangen:
Die warmen Glückwünsche des Magistrats zu Meinem dies⸗ jährigen Geburtstage, welche Ich in der Ferne erhielt, sind Mir als ein werthvolles Zeichen der Theilnahme aus der Heimath besonders willkommen gewesen. Ich erwidere Es g. nach Meiner Rückkehr hierher mit dem aufrechtigsten Danke wie in dem freudigen Bewußtsein, auf die treue und anhängliche Gesinnung der Hauptstadt bei allen Anlässen rechnen zu können. Wie der Magistrat in herzlichen Worten des häuslichen Glückes gedenkt, welches Mir während vded abgelaufenen Lebensjahres erneut beschieden ward, so erkennt derselbe mit Recht ein äußeres Ergebniß von hoher Bedeutung in den allseitigen begeisterten Kundgebungen der Liebe und Treue zu Kaiser und Reich, deren Zeuge auf Meinen Wegen durch Deutschland zu sein Mir überall vergönnt war. Mit innerer Befriedigung darf Ich auf solche Erfahrungen zurückblicken und ihnen zugleich das zuversichtliche Vertrauen entnehmen, daß aus der mächtigen Erstarkung des deutschen Nationalgefühls auch der Haupt⸗ stadt des Reiches für ihre fortschreitende Entwicklung reicher Gewinn erwachsen werde.
Berlin, den 23. Oktober 1884.
Friedrich Wilhelm, Kronprinz.
8
— Der Justiz⸗Minister macht die Justizbehörden durch eine allgemeine Verf ügung vom 16. d. M. darauf aufmerksam, daß in Untersuchungen, welche auf Grund erhobener öffentlicher Klage geführt werden, außer dem etwaigen Nebenkläger eine ersatzpflichtige Partei im Sinne der Nummer 2 der allge⸗ meinen Verfügung vom 8. September 1882 überhaupt nicht vorhanden ist. In derartigen Untersuchungen sind daher auch die von den Konsulaten aus Anlaß der Erledigung von Ersuchen der Justizbehörden zu liquidirenden Gebühren in allen Fällen alsbald zu berichtigen, ohne Rücksicht darauf, ob etwa deren Wiedereinziehung von einer zur Tragung der Kosten verurtheilten Person werde erfolgen können.
Gleichzeitig macht der Minister den Justizbehörden die pünktliche Befolgung der Vorschriften der allgemeinen Ver⸗ fügungen vom 8. September 1882 und vom 25. April 1883 wiederholt zur besonderen Pflicht.
— In Bezug auf die Bestimmung des §. 10 Abs. 2 des preußischen Erbschaftssteuer⸗Gesetzes vom 30. Mai 1873, nach welchem das im Inlande befindliche Mobiliarvermögen eines Erblassers, welcher bei seinem Ableben Ausländer war, der Versteuerung nicht unterliegt, wenn in dem Staate, wohin dasselbe verabfolgt werden soll, die gleiche Rücksicht hin⸗ sichtlich des Nachlasses diesseitiger Angehöriger beobachtet wird, hat das Reichsgericht, IV. Civilsenat, durch Urtheil vom 25. September d. J., in Uebereinstimmung mit dem III. Civil⸗ senat, folgenden Rechtssatz ausgesprochen: Der in Preußen befindliche Mobiliarnachlaß eines Erblassers, welcher bei seinem Ableben Ausländer war, unterliegt grundsätzlich nicht der preußischen Erbschaftssteuer, gleichviel ob die Erben Inländer oder Ausländer sind, und nur ausnahmsweise unterliegt der Mobiliarnachlaß eines Ausländers in dem am Schluß des citirten §. 10 erwähnten Retorsionsfalle der Erbschaftssteuer.
— An Zöllen und gemeinschaftlichen Ver⸗ brauchssteuern sowie anderen Einnahmen sind im Reich für die Zeit vom 1. April 1884 bis zum Schlusse des Mo⸗ nats September 1884 einschließlich der kreditirten Einnahmen (und verglichen mit der Einnahme in demselben Zeitraum des Vorjahres) zur Anschreibung gelangt: Zölle 104 773 969 ℳ (+ 6 994 890 ℳ), Tabacksteuer 2 361 280 ℳ (+ 1 153 756 ℳ),
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“ 1 1“ Rübenzuckersteuer — 105 305 064 ℳ (— 17 704 083 ℳ), Salz steuer 17 291 589 ℳ (+ 327 125 ℳ), Branntweinsteuer 10 926 722 ℳ (+ 382 636 ℳ), Uebergangsabgaben von Branntwein 59 234 ℳ (+ 11 484 ℳ), Brausteuer 8 919 355 ℳ (+ 320 620 ℳ), Uebergangsabgaben von Bier 804 178 ℳ (+ 97 612 ℳ); Summe 39 831 263 ℳ (s—8 415 960 ℳ). — Spielkartenstempel 407 235 ℳ (+ 19 586 ℳ), Wechselstempelsteuer 3 351 502 ℳ (— 5044 ℳ), Stempel⸗ abgabe für Werthpapiere, Schlußnoten, Rechnungen und Lotterieloose 6 453 395 ℳ (+ 64 648 ℳ), Post⸗ und Tele⸗ graphen⸗Verwaltung 78 936 964 ℳ (+ 3 552 877 ℳ), Reichseisenbahn⸗Verwaltung 23 849 000 ℳ (+ 22 851 ℳ).
Die zur Reichskasse gelangte Ist⸗Einnahme, ab⸗ züglich der Ausfuhr⸗Vergütungen und Verwaltungskosten, be⸗ trägt bei den nachbezeichneten Einnahmen bis Ende September 1884: Zölle 92 344 298 ℳ (+ 2855 816 ℳ), Taback⸗ steuer 1 434 210 ℳ (+ 874 468 ℳ), Rübenzuckersteuer 16 035 444 ℳ (— 10 864 056 ℳ), Salzsteuer 16 970 709 ℳ (+ 440 636 ℳ), Branntweinsteuer und Uebergangsabgabe von Branntwein 19 374 915 ℳ (+ 1 066 857 ℳ), Brausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 8 244 594 ℳ (+ 353 857 ℳ); Summe 154 404 170 ℳ (s— 5 272 422 ℳ). Spielkartenstempel 434 473 ℳ (+ 7836 ℳ).
— Der General⸗Lieutenant von Leszezynski, Com⸗ mandeur der 11. Division, ist zur Abstattung persönlicher Meldungen hier eingetroffen.
Bayern. München, 23. Oktober. (Allg. Ztg.) Der König hat in Folge Ablebens des Herzogs Wilhelm von Braunschweig eine dreitägige, vom 24. bis 26. d. dauernde Hoftrauer angeordnet.
Braunschweig. Braunschweig, 24. Oktober. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des außerordentlichen Land⸗ tages gelangte zunächst der von der Staatsrechtlichen Kommission ausgearbeitete Entwurf einer Antwort auf die Eröffnungsrede zur Verlesung. In demselben wird in vollem Einverständniß mit dem Regentschaftsrath bezüglich der Thronfolge die Ansicht ausgesprochen, daß die Entscheidung darüber dem Recht des Landes und seiner Verfassung nicht minder als auch denjenigen Normen zu entnehmen sei, welche die Verfassung des Reiches, die Rechte seines erhabenen Kaisers und die Rechte der Bundesgenossen gebieten. Sei das Landesrecht in dieser Beziehung nach den Bestimmungen der Verfassung voll⸗ ständig klar, so stehe dem Landesrecht, es beherrschend, und, wo es sein muß, beschränkend, das höhere Recht gegenüber, welches ausfließt aus der jedem Angehörigen des Herzogthums, dem Fürsten wie dem Volke gebotenen Reichs⸗ und Bundes⸗ treue. „Auch wir sind bereit und, wie wir hoffen dürfen, mit uns das ganze Land, dem Reiche zu geben, was dem Reiche gebührt. Ebenso aber geben wir uns der sicheren Hoffnung hin, daß die Verfassung des Herzogthums, seine Stellung als eines selbständigen Gliedes des gesammten Reiches gewahrt, der Genuß der während der langen gesegneten Regierung des verewigten Landesherrn zur Wohlfahrt des Landes geschaffenen Einrichtungen und erworbenen Güter nicht geschmälert werden wirdo.“ Der Entwurf wurde ohne Debatte einstimmig angenommen. — Staats⸗Minister Graf Görtz⸗Wrisberg verlas darauf ein Schreiben des Regentschaftsraths an Se. Majestät den Kaiser, durch welches der Regentschaftsrath Se. Majestät von dem Ablerven des Herzogs und von der Konstituirung des Regentschaftsraths in Kenntniß setzt mit dem Ersuchen, Verfügung zur Regelung der Stellung des Herzogsthums zum Reiche und seines Stimmrechts im Bundesrathe ergehen zu lassen, auch bezüglich der Ausübung der militärischen Hoheits⸗ rechte Anordnung zu treffen. Ferner theilte der Minister ein Schreiben ähnlichen Inhalts an den Reichs⸗ kanzler, Fürsten von Bismarck, mit. — So⸗ dann verlas der Minister ein von dem Grafen Grote überreichtes, an das Ministerium gerichtetes Schreiben des Herzogs von Cumberland, in welchem dieser dem Ministerium anzeigt, daß er durch Patent vom 18. Oktober die Regierung des Herzogthums Braunschweig übernommen habe, und daß das Ministerium das Patent kon⸗ trasigniren und publiziren möge. Weiter verlas der Minister ein Schreiben des Ministeriums an den Herzog von Cumberland, in welchem erklärt wird, daß nach Ansicht des Ministeriums der in dem Gesetz vom 16. Februar 1879 vorgesehene Fall eingetreten sei und daß sich deshalb der Regentschaftsrath konstituirt habe, und in welchem ferner auch auf den Erlaß des Generals von Hilgers Bezug genommen wird. Das Ministerium befinde sich daher außer Stande, der Aufforderung zur Contrasignirung und Publizirung des Patents Folge zu geben; dasselbe sei vielmehr von dem Regentschaftsrath ermächtigt, die Aufforderung abzu⸗ lehnen. (Beifall.) Die Geltendmachung seiner Ansprüche auf die Thronfolge in dem Herzogthum bleibe ihm (dem Herzog von Cumberland) überlassen. — Der Minister erklärte weiter: das Ministerium habe an demselben Tage, an welchem es das Schreiben des Herzogs von Cumberland empfangen habe, den Reichskanzler Fürsten von Bismarck hiervon benachrichtigt und hinzugefügt, daß etwaigen weiteren derartigen Kundgebungen unverzüglich entgegengetreten werden werde. — Ferner theilte der Minister noch mit, daß in der Nacht zwischen 11 und 12 Uhr der preußische Gesandte von Normann zu ihm gekommen sei und ihn von einer Depesche des Reichskanzlers in Kenntniß gesetzt habe, nach welcher Se. Majestät der Kaiser das Schreiben des Regentschafts⸗ raths mit Dank aufgenommen habe und sämmt⸗ liche Anträge desselben genehmigen werde. Der Regent⸗ schaftsrath und das Ministerium glaubten, daß die Forkfüh⸗ rung der Regierung durch den Regentschaftsrath hoche Fa gesichert sei, und daß auch die Thronfolge ihre Erledigung au Grund der Rechte des Landes und Reiches finden werde. (Bravo.) — Graf Wrisberg machte noch die Mittheilung, daß Graf Grote bei Ueberreichung des Schreibens des Herzogs von Cumberland erklärt habe, daß das Patent vom 18. d. M. “ Majestät dem Kaiser zur Kenntniß gebracht wor⸗
en sei.
— 24. Oktober, Abends. (W. T. B.) Von Fürstlichen Personen sind zu der morgen stattfindenden Beisetzung der Leiche des Herzogs bis jetzt hier eingetroffen: Erzherzog Franz Ferdinand von Este, Prinz Georg von Sachsen und der Herzog von Cambridge; ferner als Vertreter des Herzogs von Cumberland der Kammerherr von dem Bussche⸗Streithorst. Als Vertreter des Prinzen von Wales ist Lord Suffield angemeldet.
— 25. Oktober. (W. T. B.) Heute früh sind von Fürst⸗ lichen Personen weiter eingetroffen: der Großherzog von
Hessen und Prinz Heinrich von Hessen, der Erbgroßherzog von
Baden und der Prinz Wilhelm von Schaumburg⸗Lippe. Mittags wird Prinz Albrecht von Preußen erwartet. — Zur Einleitung der Leichenfeier wurden heute Vormittag von 10 bis 11 Uhr die Glocken des Doms und sämmtlicher Kirchen der Stadt geläutet. Tausende von Personen durch⸗ wogen die Straßen, namentlich in der Nähe der Residenz. Der Zufluß der von auswärts Kommenden ist überaus groß.
Oesterreich⸗Ungarn. Lemberg, 23. Oktober. (Prg. tg.) Der Landtag wurde heute nach Erledigung der restlichen rbeit von dem Landmarschall mit einer Rede geschlossen, in
welcher derselbe als eines der bedeutendsten Ergebnisse der Session die erfreuliche Aenderung in dem Verhältniß zwi⸗ schen den Polen und Ruthenen bezeichnete, in Folge deren die definitive Verständigung nur eine Frage der Zeit sei. Der Landmarschall schloß die Sitzungen mit einem dreimaligen, begeistert wiederholten Hoch auf den Kaiser.
Agram, 24. Oktober. (W. T. B.) Den 15 Anhängern Starcevics'’' wurde wegen Beleidigung der Autorität des Landtages der Eintritt in denselben durch Gensd'armen verwehrt.
Schweiz. Bern, 24. Oktober. (Bund.) Die von dem eidgenössischen Handelsdepartement einberufene Kommission von Fachmännern hat am Dienstag und Mitt⸗ woch den Entwurf eines Bundesgesetzes, betreffend die Auf⸗ sicht des Bundes über den Geschäftsbetrieb von Privatunternehmungen im Gebiete des Ver⸗ sicherungswesens, vorberathen und zu Handen des Departements festgestellt. Die Vorlage wird voraussichtlich noch in der Dezembersession den eidgenössischen Räthen unter⸗ breitet werden.
Großbritannien und Irland. London, 23. Oktober. (Allg. Corr.) Die außerordentliche Parlaments⸗ session wurde heute Nachmittags 2 Uhr durch eine König⸗ liche Kommission unter dem üblichen Ceremoniell eröffnet. Die von dem Lordkanzler verlesene Thronrede hatte fol⸗ genden Wortlaut:
Mylords und Gentlemen! Ich habe Sie nach einer ungewöhn⸗ lich kurzen Ruhepause wieder zusammengeführt, damit Sie im Stande sein mögen, sofort dem großen Gegenstande, der Vertretung des Volkes im Parlament, Ihre weitere Erwägung zu widmen. Ich fahre fort freundschaftliche Beziehungen mit allen fremden Mächten zu unterhalten. Die aus dem Sudan eingegangenen Nachrichten schließen schmerzliche Ungewißheiten in sich; allein die Energie, der Muth und die Umsicht, welche Eigenschaften von General Gordon in der erfolgreichen Vertheidigung von Chartum in hervorragender Weise entfaltet wurden, verdienen meine warme Anerken⸗ nung. Der Vormarsch meiner Truppen nach Dongola hat zum Zweck die Befreiung und Sicherheit jenes wackeren Offiziers und derjenigen, die ihm so treu zur Seite stehen. In Egypten selber lasse ich es nicht an Anstrengungen mangeln, um eine weitere Besserung der dortigen Zustände zu fördern, und ich habe der egyp⸗ tischen Regierung meine Unterstützung gewährt in der schwierigen Finanzlage, in welcher sie durch den Mißerfolg der jüngsten Konferenz gelassen wurde. Ich habe zu bedauern, daß Verhältnisse an der süd⸗ westlichen Grenze des Transvaals eingetreten sind, welche meine wachsame Aufmerksamkeit erheischen. In Verbindung mit der Re⸗ gierung der Kapkolonie bin ich damit beschäftigt, die Mittel zu er⸗ wägen, die erforderlich sein dürften, um die getreue Beobachtung der diesjährigen Konvention zu sichern. Schriftstücke über diesen Gegen⸗ stand werden Ihnen baldigst vorgelegt werden.
Gentlemen vom Hause der Gemeinen! Die Operationen im Sudan werden es nothwendig machen, Sie um eine weitere Geld⸗ bewilligung anzugehen.
Mylords und Gentlemen! Der Entwurf für die Erweiterung des parlamentarischen Stimmrechts wird sofort eingebracht werden. Schließlich hoffe ich demüthig und sehnlichst, daß der Segen des allmächtigen Gottes Ihre Arbeiten begleiten möge!
— (A. C.) Allen Nachrichten über das Geschick des Obersten Stewart mangelt leider noch immer die Gewißheit. So erhielt gestern Morgen das Auswärtige Amt eine Depesche von Sir Charles Wilson, worin derselbe mittheilt, daß er die Stelle am Fuße der Stromschnellen, unterhalb Daguyet, besucht habe. Der Dampfer, an dessen Bord sich Oberst Stewart befunden haben soll, saß noch auf den Klippen unter⸗ halb der Stromschnellen fest, und die Eingeborenen in der dortigen Nachbarschaft waren noch immer Anhänger der Rebellen. Die Beweise über Oberst Stewarts Tod sind widersprechend, aber Oberst Wilson befürchtet das Schlimmste. Zur Beschaffung weiterer Nachrichten sind wiederum neue Boten ausgesandt worden.
— 24. Oktober. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses theilte der Unter⸗-Staatssekretär Ashley mit, daß das englische Protektorat in New⸗Guinea sich vom 141. Grade östlicher Länge bis zum Ostkap in der Goschen⸗ Straße und über die benachbarten Inseln erstrecke. Die Grenze im Innern hänge von den lokalen Umständen ab. Ein Abkommen mit Deutschland, betreffend eine Okkupa⸗ tion des nördlichen Theiles der Insel von Seiten Deutschlands, habe die Regierung nicht getroffen. — Der Unter⸗Staatssekretär Fitzmaurice erklärte: England beschicke die westafrikanische Konferenz in Berlin, ohne den jüngsten Arrangements bezüglich des Niger⸗Flusses zu präjudiziren. Da die Konferenz von allen Seiten ange⸗ nommen worden sei, so seien von Seiten Englands keine Vor⸗ behalte gemacht worden. — Im weiteren Verlaufe der Sitzung wurde die Adreßdebatte fortgesetzt und schließlich auf Montag vertagt. — Sodann wurde die Reformbill nach un⸗ erheblicher Debatte in erster Lesung angenommen. Churchill kündigte an: er werde bei der zweiten Lesung der Reformbill eine Resolution beantragen, in welcher jede Reformbill die nicht eine Neueintheilung der Wahlbezirke umfasse, für unge⸗ nügend erklärt werden soll.
Liverpool, 24. Oktober. (W. T. B.) Der unter der Anschuldigung des strafbaren Besitzes von Dynamit hier verhaftete Ungar Ondron Chowanez ist heute in Frei⸗
heit gesetzt worden. 8 Calcutta, 22. Oktober. (A. C.) Sämmtliche
Chefs des Bori⸗Thales haben sich bedingungslos
ergeben. Das britische Expeditionscorps setzt seinen
Vormarsch fort.
Frankreich. Paris, 23. Oktober. (Fr. Corr.) Der heute unter dem Vorsitz des Conseils⸗Präsidenten Jules Ferry abgehaltene Ministerrath beschäftigte sich vorerst mit den morgen vor der Tongking⸗Kommission der Kammer abzugebenden Erklärungen der Regierung. Die Regie⸗ rung wird um die Erlaubniß nachsuchen, nöthigenfalls einige Bataillone nach dem kürzlich eingebrachten Entwurf über die Kolonialarmee schaffen zu dürfen, was durch einen Zusatz⸗
artikel zur Kreditvorlage geschehen könnte. Sodann kam di Regelung des Budgeks für 1885 zur Sprache, und einigten die Minister sich dahin, noch nachstehende Ersparnisse vorzunehmen: beim Kriegs⸗Ministerium 1 200 000 Fr., beim Unterricht 1 Million, bei den öffentlichen Arbeiten 1 Million und bei den Finanzen 400 000 Fr., im Ganzen also 3 600 000 Fr. Bezüglich der Mehrausgaben für die Zahlung der Zinsengarantien der Eisenbahnen hielten die Minister an dem von Herrn Tirard vorgeschlagenen Modus fest. Die Budgetkommission, der durch ihren Präsidenten und ihren Generalberichterstatter von Seiten des Conseils⸗Präsidenten diese Beschlüsse der Regierung mitgetheilt wurden, wird sich nun darüber auszusprechen haben, und falls sie an ihren bis⸗ herigen Entschließungen festhält, wird das Plenum der Kammer in der Meinungsverschiedenheit zwischen Regierung und Budgetkommission entscheiden.
Der heute eingetroffene Courier aus Madagascar bringt folgende (schon telegraphisch kurz gemeldeten) Nachrichten, welche bis zum 1. Oktober reichen. Der Admiral Miot hat darnach mit einigen Häuptlingen der Insel Unterhandlungen angeknüpft und überall ein großes Entgegenkommen gefunden. 300 Hovas haben den Posten von Ambondimadiron in der Bucht von Passandava angegriffen, wurden aber von 1 Offizier und 12 Soldaten mit großen Verlusten zurückgeworfen. Das Freiwilligen⸗Bataillon der Réunion, welches im Verein mit dem Expeditions⸗Corps von Madagascar operiren soll, ist voll⸗ ständig organisirt. Es besteht aus 400 Mand ausgesuchter Leute und ist sehr geeignet, die Truppen aus dem Mutter⸗ lande zu unterstützen.
Das „Journal officiel“ veröffentlicht die Anzeige von der Blockade der Küste der Insel Formosa. Dieselbe lautet folgendermaßen:
„Wr Unterzeichneter, Vize⸗Admiral, Kommandant en chef der französischen Streitkräfte zur See im äußersten Osten, handelnd in Gemäßheit der uns zustehenden Vollmachten, erklären, daß vom 23. Ok⸗ tober 1884 ab alle Häfen und Rheden der Insel Formosa zwischen dem Südkap oder Kap Nan⸗Sha und der Bucht von Sao⸗Au auf dem Wege über den Westen und Norden (diese Punkte liegen: der erste 21⁰ 55“ nördl. Breite und 1180 30 östl. Länge von Paris, der zweite 240 30“ nördl. Breite und 1190 33“ östl. Länge von Paris) im Zustande des effektiven Blocus durch die unter unserem Kommando befindlichen Schiffe gehalten werden und daß die befreundeten Fahrzeuge eine Frist von drei Tagen haben, um ihre Ladung zu vollenden und die blokirten Plätze zu verlassen. Gegen jedes Fahrzeug, das diesen Blocus zu verletzen sucht, wird entsprechend den internationalen Ge⸗ setzen und den bestehenden Verträgen vorgegangen werden. An Bord 5 Panzerschiffes „Bayard“, den 26. Oktober 1884.
Huthe I.
Gleichzeitig bringt das offizielle Blatt den vom 11. Sep⸗ tember datirten Bericht des Admirals Courbet über die Operationen auf dem Minflusse vom 23. bis 30. August.
— 24. Oktober. (W. T. B.) Die Budget⸗Kom⸗ mission nahm heute die Vorschläge des Finanz⸗Mi⸗ nisters Tirard für die Herstellung des Budgetgleich⸗ gewichts an.
Der Conseilspräsident, der Kriegs⸗Minister und der Marine⸗Minister erklärten heute in der Sitzung der Tong⸗ king⸗Kommission, daß General Bridre de l'Isle und Admiral Courbet keine Verstärkungen verlangt hätten. Der Kriegs⸗Minister Campenon beantragte gleichwohl, daß die Regierung ermächtigt werde, ein Regiment Turcos und eine Fremdenlegion in Gemäßheit der durch den Entwurf über die Bildung einer Kolonialarmee vorgesehenen Bedingungen zu formiren. Die Mohrkosten bis zum 31. De⸗ zember würden sich auf 2 Millionel Francs belaufen.
Aus Hanoi wird von heute gemeldet, daß die letzten chinesischen Truppen, welche die Verschanzungen banr Chu besetzt hielten, diese Stellungen wieder geräumt
aben.
— 25. Oktober. (W. T. B.) General Millot ist gestern von dem Minister⸗Präsidenten Ferry, dem Marine⸗ Minister Peyron und dem Kriegs⸗Minister Campenon empfangen worden und hat denselben über seine militärische und diplomatische Mission in Tongking, welche zu unter⸗ brechen ihn seine Krankheit nöthigte, Rechenschaft abgelegt. Die Minister sprachen, dem „Journal officiel“ zufolge, dem General Millot ihre vollständige Befriedigung über die von demselben als Ober⸗Befehlshaber des Expeditions⸗Corps ge⸗ leisteten Dienste aus.
Italien. Rom, 24. Oktober. (W. T. B.) Die „Gazzetta ufficiale“ veröffentlicht die Ernennung des Generals Ri⸗ cotti zum Kriegs⸗Minister.
Die Eisenbahnkommission genehmigte gestern die Tarife für das Netz der sizilianischen Eisenbahnen. — Der Minister⸗Präsident Depretis und der Minister der öffentlichen Arbeiten, Genala, werden der heutigen Sitzung der Kommission beiwohnen.
Der Cholera⸗Bericht vom 23. d. M. meldet: Es kamen vor: In Aquila 3 Erkrankungen, 1 Todesfall, in Brescia 6 Er⸗ krankungen, 2 Todesfälle, in Neapel 15 Erkrankungen, 13 Todes⸗ fälle, davon in der Stadt Neapel 9 Erkrankungen, 12 Todes⸗ fälle, in Novara 6 Erkrankungen und 4 Todesfälle, in Reggio nell' Emilia 4 Erkrankungen, 3 Todesfälle, und in Salerno seit zwei Tagen 8 Erkrankungen, 5 Todesfälle.
Neapel, 24. Oktober, Abends. (W. T. B.) In den letzten 24 Stunden sind an der Cholera 7 Personen erkrankt und 10 Personen gestorben.
Durin, 24. Oktober. (W. T. B.) An dem Bankett, welches der Ackerbau⸗Minister zu Ehren der Mitglieder des Phylloxera⸗Kongresses gab, nahmen 200 Güste Theil. Nach einem Toaste auf den König und die Königin begrüßte der Minister in einer Rede die fremden Delegirten, h-e- Planchon Italien als die Lehrerin der Civilisation eierte.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 24. Okto⸗ ber. (W. T. B.) Ein amtliches Communiqué über 86 letzten Hochverraths⸗Prozeß macht Folgendes bekannt:
Am 24. September (6. Oktober) bis 28. September (10. Oktober) fand vor dem St. Petersburger Kriegs⸗Bezirksgericht die Prozeß⸗ verhandlung gegen 14 wegen Staatsverbrechen angeklagte Personen statt, welche demselben durch den Minister des Innern auf Grund einer durch den Kaiser bestätigten Verordnung zur Aufrecht⸗ erhaltung der staatlichen Ordnung und der öffentlichen Sicher⸗ heit übergeben waren. Das Kriegsgericht erkannte die Edelmanns⸗ tochter Vera Figner, die Priestersöhne Nemolowsky und Ssurovtzeff, den Kaufmannssohn Spandoni Basmandshi, den Edelmann Tschaikoff, den Kaufmannssohn Iwanoff, die Frau eines Arztes, Ludmilla Wolkenstein, den Oberst⸗Lieutenant der Infanterie Aschenbrenner, den Stabs⸗Kapitän der Artillerie Pochitonoff, den Lieutenant der Artillerie
Rogatscheff, den früheren Flotten⸗Lieutenant Baron Stromb den
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Fähnrich des Flotten⸗Steuermanns⸗Corps Puvatscheff und den Seconde⸗Lieutenant der Infanterie Tichanowitsch für schuldig der Zu⸗ gebörigkeit zu einer gesetzwidrigen Gesellschaft, welche den Sturz der in Rußland bestebenden staatlichen, gesellschaftlichen und ökonomischen Ordnung bezweckt und dies mittelst Gewaltthaten in einer ganzen Reihe von verbrecherischen Attentaten auf den Kaiser Alexander II., welche mit dem Märtyrertode desselben endeten, zum Ausdruck gebracht habe, ferner für schuldig der Ermordung und Attentate auf Staatswürdenträger und Amtspersonen sowie anderer zur Störung der Staatsordnung uud der öffentlichen Sicherheit ver⸗ übten Verbrechen. Die Priesterstochter Tschemodanowa wurde dagegen der Angehörigkeit zu einer gesetzwidrigen Vereinigung, welche den Umsturz des Staates für die Zukunft und nicht durch gewaltsame Maßnahmen anstrebte, für schuldig gehalten. Das Communiqué be⸗ schreibt ausführlich die Verbrechen eines jeden Angeklagten und sagt in Bezug auf die Vera Figner, daß dieselbe Agentin des Exekutiv⸗ comités ihres Vereins war und theilnahm an der verbrecherischen Propaganda unter dem Volke im Jahre 1875, an der Demonstration vor der Kasanschen Kirche in St. Petersburg 1876, an dem Kongreß der sozialen revolutionären Vereinigung 1879, an dem Odessaer Attentate gegen den Kaiser Alexander 1879, an den Vorbereitungen zur Sprengung des Kaiserlichen Bahnzuges in Moskau, der Anfertigung der Sprenggeschosse für die Mordthat am 13. März 1881, an der Organisation der verbrecherischen Arbeiterzirkel in St. Petersburg 1880, an der Ermordung Strelnikoffs in Odessa 1882 und an der Organisation revolutionärer Kreise unter dem Militär nach dem Programm der geheimen Gesellschaft „Narodnaja Wolja“. Rogatscheff unterhielt Beziehungen zu Sheljaboff, Szuchanoff ꝛc, betrieb revolutionäre Propaganda unter dem Militär in Helsingfors, übernahm nach dem Attentat am 13. März von Szuchanoff die Druckereigegenstände und verbrecherischen Drucksachen und verheimlichte dieselben bei sich in Petersburg, übernahm 1882 im Auftrage eines verbrecherischen Vereins eine Reise in das nordwestliche Gebiet, wo er Offiziere zur Bildun
kriegerisch⸗revolutionärer Gruppen aufforderte, und leistete im Herb
1883 der Aufforderung der Vera Figner, den Abschied zu nehmen und die sogenannte „Bojewya Drushiny“ (Kampfdruschinen) zu organisiren, Folge. Stromberg verkehrte mit Szuchanoff, Sheljaboff ꝛc., und wurde eines der ersten Mitglieder des St. Petersburger centralen militärisch⸗revolutionären Kreises. Am 13. März befand sich Stromberg in der Wohnung Szuchanoffs, in welcher die Perowskaja erschien und zur Befreiung des arretirten Sheljaboff aufforderte; er nahm Theil an der Anfertigung hekto⸗ graphirter Proklamationen anläßlich des 13. März und an der Ent⸗ fernung des Zubehörs zu der geheimen Druckerei sowie des Dynamit⸗ vorraths aus der Wohnung der Figner.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 20. Oktober. (Hamb. Nachr.) Der König weilt zur Zeit in Christiania. Der Kronprinz kehrt Ende nächsten Monats von Amster⸗ dam zurück. Prinz Karl, welcher gegenwärtig das General⸗ stabs⸗Offizier⸗Examen macht, wird Ende November seine Reise nach Indien antreten. Die Fregatte „Vanadis“, mit dem Prinzen Oscar an Bord, ist am 18. d. in Hongkong ein⸗ getroffen und wird am 28. die Reise nach Manila fortsetzen.
Süd⸗Amerika. Peru. (Allg. Corr.) Einer Meldung aus Lima zufolge gestalten sich die Verhältnisse in Peru allmählich ruhiger. Sämmtliche Tramways sind zum ersten Male wieder seit dem Einmarsch der Chilenen in voll⸗ kommenem Betriebe. In dem Anbau des Bodens macht sich ein großer Fortschritt bemerklich.
Afrika. Egypten, Kairo, 22. Oktober. (Allg. Corr.) Der Finanz⸗Minister sowie die finanziellen Ex⸗ perten, welche ihm bei dem Entwurf des Budgets zür Hand gehen, sind zu der Ueberzeugung gelangt, daß in den Verwaltungskosten eine fernere Reduktion unmöglich sei. Das Budget wird daher keinen Ueberschuß aufweisen und sich von dem vorigen nicht unterscheiden. Persönlich ist Nubar Pascha der Ansicht, daß eine Steuerermäßigung dringend ge⸗ boten sei, wenn das Land pacificirt und wiederum gedeihlich werden soll. Wie er glaubt, würde dies eine Steuerreduktion von 1 200 000 Pfd. Sterl. erfordern.
Khalifa Pascha, der frühere Gouverneur von Berber, den man in Begleitung des Mahdi im Distrikt El Obeid ver⸗ muthete, befehligt jetzt, wie der Mudir von Dongola erfahren hat, die Stämme, welche die Suakim⸗Berber⸗Straße besetzt halten. Es scheint, daß Khalifa von dem Mahdi zum Emir der Beduinen von Ababdah und Shaggish ernannt wurde und seinen Sohn sowie seinen Bruder als Geißeln für die Treue gegen seinen neuen Herrn im Lager des Mahdi gelassen hat.
— 24. Oktober. (W. T. B.) Auf Ersuchen Lord North⸗ brooks wird der General⸗Sekretär der Finanzen, Blum Pascha, sich demnächst nach London begeben.
Alexandrien, 22. Oktober. (Allg. Corr.) Der Gou⸗ verneur von Massauah, Mason Bey, hat schriftlich gebeten, ihn seines Postens zu entheben, da er es nicht möglich finde, dem von den Rebellen belagerten Kassala Entsatz zu bringen. Er fürchtet, daß wenn die Garnison von Sanheit entsetzt wird, in Kassala ein Gemetzel stattfinden werde, falls nicht Truppen dahin gesandt werden.
FKeitungollimnaoesuau.
Der „Norddeutschen Allgemeine Zeitung“ wird aus Sofia geschrieben, daß die in der Hauptstadt Bul⸗ gariens ansässigen Deutschen folgende Adresse an den Reichs⸗ kanzler gerichtet haben: 8
Ew. Durchlaucht!
Die hier in Sofia lebenden Angehörigen des Deutschen Reiches, obgleich weit entfernt vom lieben Vaterlande, nehmen doch jeder Zeit das lebhafteste Interesse an allen Ereiznissen daselbst. .
Ew. Durchlaucht als den ersten, langjährigen und treuesten Rath⸗ geber Sr. Majestät, unseres allgeliebten Kaisers Wilhelm, muß jeder Deutsche, nebst Höchstdemselben, als Gründer des neuen einigen und starken Deutschlands ehren.
Mit der größten Freude haben wir die Nachricht begrüßt, daß Ew. Durchlaucht nun auch im fernen Westen Afrikas die deutsche Staatsangehörige Kolonien zu bilden beabsichtigen, und ist es unser heißester Wunsch, daß auch dort wie überall Sr. Durchlaucht Ziel zum Heile Deutschlands gereichen werde. Möge der Allmächtige z diesem Ihrem Unternehmen seinen Segen ertheilen und Ew. Durch⸗ laucht zum Wohle des Vaterlandes noch ein langes Leben und di beste Gesundheit schenken.
Wir Unterzeichneten rufen mit vollem und freudigem Herzen
Ew. Durchlaucht aus der Ferne zu: Vorwärts mit Gott für Kaiser
und Reich! Sofia i. Bulgarien, den 10. Oktober 1884. Die ergebenen
(folgen die Unterschriften).
—— In Elberfeld⸗Barmen haben sich die freikonservative und nationalliberalen Vereine über die Kandidatur des Dr Fr. Fabri in Godesberg verständigt. Die „Rheinisch⸗ Westfälische Post“ veröffentlicht die Reden, welche Dr. Fabri am 15. und 16. d. M. gehalten hat; er sagte u. A.:
.. Wenln, heute mit Recht, ost betont wird, daß die über⸗ Programme unserer po itische Parteien für die Bedürf⸗