1884 / 269 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 14 Nov 1884 18:00:01 GMT) scan diff

chin, 12. November. (M. A.) Der allgemei

mecklenburgische Landtag wurde heute Mittag von den schwerinschen Kommisarien, Staats⸗Minister Graf von Basse⸗ witz und Staatsrath von Bülow, sowie dem strelitzschen Kommissarius, Ober⸗Landdrost Grafen von Eyben, in her⸗ kömmlicher Weise in der hiesigen Kirche eröffnet. Im Versammlungslokal bezeugte der dirigirende Landrath Graf von Bernstorff auf Wedendorf Namens des Direktorii den versammelten Herren von Ritter⸗ und Landschaft seine Freude, sie auf gegenwärtigem Landtage anwesend zu sehen, und wiederholte zunächst die auf dem diesjährigen Frühlings⸗Depu⸗ tations⸗Konvent bereits gemachte Mittheilung, daß von dem Groß⸗ herzog von Mecklenburg⸗Schwerin der Kammerherr von Mecklen⸗ burg auf Wieschendorf zum Landrath des Herzogthums Schwerin ernannt, als solcher am 24 Januar beeidigt und eingeführt worden ist und sich mithin in Mitte des Direktorii befinde. Demnächst bemerkte das Direktorium, daß auf diesem Landtage die Landkasten Rechnung vom 1. Juli 1883 bis 30. Juni 1884, sowie die Brandkassen⸗Rechnung vom 1. Fe⸗ bruar 1883 bis 31. Januar 1884 und die Rechnungen der drei Landesklöster für das abgelaufene Etatjahr zu revidiren und die gewöhnlichen Kommitten zu erwählen sein werden, und es daher die Uebergabe der Relationen a. der Kommitte zur Aufnahme der Landkasten⸗Rechnung, b. der Lokal⸗Kommitten zur Nachsicht der Rechnungen der drei Landesklöster, c. der Klostervorsteher erwarte.

Anhalt. Dessau, 12. November. (Leipz. Ztg.) Der Herzog und die Herzogin sind gestern Mittag in Beglei⸗ tung der Prinzessin Alexandra und des jetzt hier weilenden Prinzen Albert von Sachsen⸗Altenburg nach Sonders⸗ hausen abgereist, um am dortigen Hofe, da der Fürst wegen einer Verletzung am Fuße seine Reise hierher aufgeben mußte, einen kurzen Besuch abzustatten. Dier hohen Herr⸗ schaften werden sich von dort nach Ballenstedt begeben, wo morgen zur Feier des 50 jährigen Einzugs⸗Jubi⸗ läums der verwittweten Herzogin von Bernburg ein großes Fest stattfinden wird. Der Erbprinz ist zu seiner Gemahlin nach Philippsruhe zurückgekehrt. Prinz Aribert wird sich jetzt zur Fortsetzung seiner Studien wieder nach München begeben.

Obgleich die Reichstagswahlen in dem Herzogthum dies⸗ mal glücklicher Weise ohne Stichwahlen beendet sind, so steht doch auch hier bereits wieder eine neue Wahl bevor, die für den anhaltischen Landtag, für welche die Urwahlen in diesen Tagen stattfinden werden. Hoffentlich wird die Theil⸗ nahme dabei eine etwas regere sein als bisher; denn der Aus⸗ fall ist keineswegs unwichtig. Wenn die Thätigkeit des Land⸗ tages sich auch hauptsächlich auf die Feststellung des Finanz⸗ etats erstrecken wird, wobei man bisher bei den überaus günstigen Finanzverhältnissen ohne Bedenken eine große Libe⸗ ralität walten lassen durfte, so fordern bedeutende Einnahme⸗ ausfälle (besonders beim Salzwerk Leopoldshall, gegen das Vorjahr 720 000 ℳ) jetzt dringend eine bisher ungewohnte Einschränkung im Ausgabe⸗Etat.

Schweiz. aus Lugano, vom 12. d. M.,

Bern, 13. November. Dem „Bund“ wird telegraphirt: Trotz der Wei⸗ sung des Bundesraths, die Exekution gegen die Ge⸗ meinderäthe von Lugano bis zur Erledigung des Rekurses zu suspendiren, ließ gestern die kantonale Regierung den Garten und das Erdgeschoß vom Hause des Gemeinderaths Enderlin pfänden. Die Regierung fordert die eidgenössische Behörde und die Bürger der Stadt Lugano heraus. Man ist sehr gespannt auf den Ausgang der Sache.

14. November. (W. T. B.) Da die Regierung des Kantons Tessin sich fortgesetzt weigert, der Ver⸗ fügung des Bundesraths betreffs der Ausführung einer Zwangsvollstreckung gegen den Gemeinderath von Lugano nachzukommen, so hat der Bundesrath heute einen Kommissar mit den erforderlichen Vollmachten nach Lugano gesandt.

Niederlande. Haag, 13. November. (W. T. B.) Nach dem, nach Erledigung aller Stichwahlen, nunmehr vor⸗ liegenden definitiven Wahlresultat sind 44 Antiliberale und 42 Liberale in die Kammer gewählt worden.

Großbritannien und Irland. London, 12. November. (Allg. Corr.) Die Ungewißheit über das Schicksal der Reformbill dauert fort. Die Haltung und Sprache der Torypartei und ihrer Organe wird immer unversöhn⸗ licher. In der gestrigen Sitzung des Unterhauses veröffent⸗ lichte Lord John Manners das Ultimatum der Opposition, welches dahin lautet, daß, so lange die Erweiterung des Stimmrechts von der Neueintheilung der Wahlkreise getrennt werde, die Torypartei weder öffentlich noch privatim für das Zustandekommen eines Kompro⸗ misses unterhandeln könne. Die Opposition scheint demnach unbeugsam zu sein. Nicht minder unerschütterlich ist die Re⸗ in ihrem Entschluß, eine Vorlage für die Neueinthei⸗ ung der Wahlkreise nicht eher einzubringen, bis die Reform⸗ bill Gesetzeskraft erhalten hat. Das Ministerium will sich schlimmstenfalls nur dazu verstehen, dem Parlament eine Reihe von Resolutionen zu unterbreiten, welche die Prinzipien der Neueintheilung der Wahlkreise präcisiren. Das Schicksal der wichtigen Bill wird indeß bald entschieden sein. Morgen gelangt dieselbe im Oberhause zur ersten und am Montag zur zweiten Lesung, die, dem Beschlusse der Torypairs zufolge, ohne Abstimmung genehmigt werden soll. Am nächsten Donnerstag soll die Comité⸗Berathung der Vorlage beginnen, und in diesem Stadium wird ihr durch Lord Salisbury entweder der Garaus gemacht, oder wenn inzwischen versöhnlichere Anschauungen Platz gegriffen haben sollten, zur Gesetzeskraft verholfen werden. Ein Kom⸗ promiß in elfter Stunde ist nichtn noch nicht ausgeschlossen, und durch die Absicht, die Reformbill erst in der Einzel⸗ berathung zum Gegenstand des Angriffes zu machen, hat sich die Opposition wohl vorsätzlich eine etwas längere Frist zum endgültigen Entschluß gelassen, als ihr geblieben wäre, wenn beschlossen worden wäre, der Bill schon bei der zweiten Lesung den Todesstoß zu geben.

Bei einem City⸗Bankett, welches gestern stattfand, hielt Sir Thomas Brassey, der Civillord der Admi⸗ ralität, eine Rede über den Zustand der Kriegsmarine, in welcher er, wie jüngst sein Chef beim Lordmayors⸗Bankett am 10. d., die Versicherung ertheilte, daß die Regierung Alles aufbieten werde, um das Uebergewicht Englands zur See auf⸗ rechtzuhalten. Er fügte hinzu: nach einer Berathung des

*

Gegenstandes von Seiten der Admiralität sowie im Kabinet

werde der Premier selbst dem Parlament Vorschläge zur Verstärkung der Flotte unterbreiten.

Oberst Sir Charles Warren, der neue Ober⸗Kom⸗ missär für Betschuanaland und Befehlshaber der briti⸗ schen Expedition, welche gegen die Freibeuter in diesem Lande operiren soll, wird mit seinem Stabe am Freitag die Reise nach dem Cap antreten.

13. Nopember. (W. T. B.) In der heutigen Unterhaus⸗ sitzung beantragte der Staatssekretär des Krieges, Lord Hartington, den Nachtragskredit für die Nilexpe⸗ dition und erklärte dabei: General Wolseley werde, wenn irgend möglich, eine Truppenabtheilung durch die Wüste von Debbeh nach Khartum senden. Der Hauptzweck der Expedition sei, den General Gordon zu entsetzen, General Wolseley sei aber durch nichts verhindert, in Khartum Schritte zu unternehmen, um dort eine geregelte Regierung zurückzulassen. Die Kosten der Expedition würden, wie er glaube, den geforderten Kredit nicht erheblich übersteigen. Der Unter⸗Staatssekretär Lord Fitzmaurice erwiderte auf eine bezügliche Anfrage: der Regierung sei keinerlei Bestätigung des Gerüchts zugegangen, daß General Gordon von den Aufständischen niedergemacht worden sei. Das Einzige, was darüber vorliege, sei eine Mittheilung des französischen Konsuls an den englischen General⸗ Konsul Baring, wonach der französische Konsul gestern über Massowa und Suakim erfahren haben wolle, daß Khartum gefallen und General Gordon niedergemacht worden sei. Diese Mittheilung scheine aber nur eine Wiederholung der schon früher verbreitet gewesenen bezüglichen Gerüchte zu sein. Lord Hartington verlas die heute aus Kairo und Dongola eingegangenen, den General Gordon betreffen⸗ den Telegramme und fügte denselben hinzu: Briefe Gordons aus Khartum, vom 24. und 26. August d. J. datirt, besagten, daß derselbe noch auf 5 Monate ver⸗ proviantirt sei und daß er den Obersten Stewart sowie den französischen und englischen Konsul nach vorheriger Zerstörung Berbers zum Entsatz von Dongola abzusenden beabsichtigte. Die Niedermachung des Obersten Stewart und der Genossen desselben sei somit sehr wahrscheinlich. Die Kreditvorlage wurde schließlich mit 73 gegen 17. Stimmen genehmigt. Der Kredit für die Expedition im Betschuanalande wurde mit 78 gegen 31 Stimmen bewilligt.

14. November. (W. T. B.) Lord Kimberley sprach gestern Abend bei einem Banket in Coulstow, nahe bei Bristol, und verurtheilte die Haltung der Konservativen in der Frage der Wahlreformen: Die Regierung sei bereit, alle nur möglichen Konzessionen einzuräumen, aber wenn die Op⸗ position die Regierung bis aufs Außerste dränge, so würden immer mehr Fragen, welche die konstitutionellen Grundlagen berühren, aufgeworfen und nicht zur Zufriedenheit der Opposition gelöst werden. Kimberley sprach ferner über Afghanistan und meinte: die Lage der Dinge sei jetzt eine neue und einigermaßen beunruhigende; zum ersten Male habe Englaänd eine europärsche Macht an der Grenze Afghanistans; er schreibe Rußland keine geheimen Ab⸗ sichten zu, sondern halte Rußlands Gefühle gegen England für freundliche und theile die Ansicht Lord Dufferins, daß die russische Regierung jeden Zwist zu vermeiden wünsche, wie auch England das Verlangen trage, die guten Beziehungen mit den Nachbarn aufrecht zu halten, aber man müsse es in den Stand setzen, seine Streitkräfte in Indien mit einer so großen Raschheit wie möglich und mit den größten Chancen auf Ersolg zu verwenden.

Frankreich. Paris, 12. November. (Fr. Corr.) Dem „Journal des Débats“ wird aus London telegraphirt: „Seit einigen Tagen ist in den Unterhandlungen zur Schlich⸗ tung des französisch⸗chinesischen Konflikts ein Still⸗ stand eingetreten. China möchte von Frankreich erlangen, daß es auf jede Kriegsentschädigung verzichte, und wie sehr dies in seinem Interesse liegt, ist klar; denn nur durch Forderungen dieser Art haben die europäischen Mächte sich bisher von China Genugthuung verschaffen können. Daher haben weder England noch die Vereinigten Staaten Frankreich den Rath ertheilt, auf die Indemnität für den Ueberfall von Bacle zu verzichten. Im Gegentheil sind sie eher der Ansicht, daß das Prinzip aufrecht erhalten werden müsse. Dagegen ließe sich die Ziffer der Indemnität ohne irgend welchen Schaden herabsetzen. Wenn die Aussichten auf das Zustandekommen des Einver⸗ nehmens nicht ganz kompromittirt sind, so scheinen sie wenigstens für den Augenblick einigermaßen in die Ferne gerückt zu sein“.

In demselben Blatte liest man: „Die Zeitungen, welche im Rufe stehen, die Gedanken des Conseils⸗Präsidenten widerzuspiegeln, deuten in mehr oder minder verhüllter Weise an, daß der Rücktritt des Hrn. Franck⸗Chauveau als Berichterstatter des Ausschusses für die Tongking⸗ Kredite die Weigerung des Hrn. Jules Ferry zum Grunde habe, dem Referenten gegenüber irgend welche Ver⸗ pflichtungen einzugehen oder ihm über das Verhalten, welches er in den Verhandlungen mit China zu beobachten gedenkt, Winke zu ertheilen. Wir glauben versichern zu können, daß diese Darstellungen unrichtig sind: keiner der Winke, die Hr. Franck⸗ Chauveau sich hat erbitten können, ist ihm vorenthalten worden und andererseits hat der Berichterstatter des Tongkingaus⸗ schusses keinen Augenblick daran gedacht, von dem Conseils⸗ Präsidenten Mittheilungen zu verlangen, auf die er kein An⸗ recht hatte.“

12. November. (Köln. Ztg.) Der Verkehr der Personenzüge zwischen Spanien und Frankreich wurde heute in Folge der spanischen Gesundheitsmaßregeln unterbrochen. Die Verhandlungen zwischen Frankreich und China zur Erzielung eines Waffenstill⸗ standes werden lebhaft betrieben und gehen den Verhand⸗ lungen vorher, deren Grundbedingungen bekannt sind. Der Conseils⸗Präsident Ferry wird wahrscheinlich den neuen Vertrag mit China bei der Berathung der Kredite für Tongking den Kammern vorlegen können. Leroy wird, dem Vernehmen nach, in seinem Bericht die Annahme der fried⸗ lichen Lösung im Sinne des Hrn. Ferry, welche Franck⸗ Chauveau abgelehnt hatte, empfehlen.

13. November. (W. T. B.) Der Ministerrath sprach sich heute Vormittag im Prinzip für das Listen⸗ Skrutinium aus. Der Conseils⸗Präsident Ferry theilte Depeschen mit, welche melden, daß Gordon auf der Fahrt von Khartum nach Berber erschossen worden sei.

Die Deputirtenkammer hat heute den 1. Artikel der Vorlage über die Abgaben von Wein mit 256 gegen

C

211 Stimmen abgelehnt und damit die ganze Vorlage zu Fall gebracht. Die Berathung des Budgets in der Kammer beginnt morgen.

Der Bericht der Seine⸗Präfektur konstatirt, daß gestern 81 Cholera⸗Todesfälle, davon 20 in der Stadt und 61 in den Hospitälern, ferner heute von Mitternacht bis Mittag 33 Todesfälle, davon 14 in der Stadt und 19 in den Hospitälern, vorgekommen, und daß gestern 84 neu erkrankte Personen in die Hospitäler eingebracht worden sind.

13. November, Abends 6 Uhr. (W. T. B.) Nach dem Bericht der Seine⸗Präfektur kamen von heute Mitternacht bis heute Abend 6 Uhr 58 Cholera⸗Todesfälle vor, und zwar 30 in der Stadt und 28 in den Hospitälern. Aus Oran werden von gestern 2 Cholera⸗Todesfälle, aus Toulon wird nur 1 Cholera-⸗Todesfall gemeldet.

Italien. Rom, 13. November. (W. T. B.) In dem heute abgehaltenen öffentlichen Consistorium leisteten die neu ernannten Kardinäle den Eid und wurden hierauf zum Handkuß und Fußkuß des Papstes zugelassen, woran sich die Umarmung derselben durch den Papst und die anderen Kardinäle schloß. Sodann folgte die Ueberreichung des rothen Hutes und der Ringe und die Ceremonie des Mundschließens und des Mundöffnens. Später wurden die neu ernannten Kardinäle von dem Papst in besonderer Audienz empfangen.

Die „Agenzia Stefani“ meldet aus Shanghai, von gestern: Der apostolische Vikar der italienischen Mission hatte den italienischen Vertreter in China um Schutz für die italienischen Missionäre ge⸗ beten. Auf Grund der von dem Minister Man⸗ cini ertheilten Instruktionen wandte sich der italie⸗ nische Vertreter mit dem Verlangen an den Tsungli⸗ Yamen, daß die italienischen Missionäre im Falle von Feindseligkeiten als Unterthanen eines neutralen Staates von den chinesischen Behörden behandelt und beschützt würden. Die chinesische Regierung hat darauf dem italienischen Vertreter die Versicherung ertheilt, daß für den wirksamen Schutz der italienischen Unterthanen Vorsorge getroffen sei. Dem britischen Konsul in Hongkong sind von der italienischen Regierung auch die Funktionen eines italieni⸗ schen Konsuls übertragen worden.

Rumänien. Bukarest, 13. November. (W. T. B.) Der Empfang des Königs und der Königin bei deren Ankunft auf dem Bahnhofe von Seiten der Bevölkerung war ein äußerst enthusiastischer; der Königin wurde eine große Anzahl von Kränzen und Blumensträußen überreicht. Auf dem Bahnhofe waren außer den Ministern, den Vertretern der Behörden und den höheren Offizieren auch Vertreter der Geistlichkeit und des Kaufmannsstandes zur Begrüßung erschienen.

Amerika. New⸗York, 13. November. (W. T. B.) Offizielle Berichte über die Wahlmännerwahlen liegen jetzt aus 53 Grafschaften des Staates New⸗York vor. Die Zählung der Stimmen in den einzelnen Graf⸗ schaften schreitet nur langsam vor. n New⸗York und anderen Grafschaften sind verschiedene Irrthümer entdeckt worden. Die Majorität für Cleveland dürfte sich jetzt auf 1000 Stimmen stellen.

Afrika. Egypten. Kairo, 13. November. (W. T. B.) Dem Khedive sind heute mehrere, von gestern datirte De⸗ peschen des Mudirs von Dongola zugegangen, unter denen sich eine Depesche des Unter⸗Gouverneurs von Merawi befindet, welche die Ankunft eines Boten aus Khartum meldet. Der gedachte Bote berichtete dem Unter⸗Gouverneur von Merawi: General Gordon habe bei Omderman ein Gefecht mit dem Mahdi gehabt, in Folge dessen der Mahdi sich nach der 8 Stunden nördlich von Khartum gelegenen Ortschaft Elmargatt zurückgezogen habe. Die Stadt Khartum sei fortgesetzt auf allen Seiten von Auf⸗ ständischen umgeben. 1

Alexandrien, 11. November. (Allg. Corr.) Der „Nuddea“ kam heute vom Kap der guten Hoffnung hier an und hatte Eisenbahn⸗Material zur Verwendung für die Nil⸗Expedition an Bord.

Dongola, 11. November. (A. C.) Ein hier von Berber angekommener Kaufmann sagt, daß die Rebellen die Ernte eingeheimst haben und jetzt erneutes Vertrauen in den Mahdi setzen, weil die englischen Truppen zögern, ihren Vor⸗ marsch zu beginnen. Der Mahdi soll eine Tagereise westlich von Omdurman ein Lager bezogen haben. Mehrere hundert egyptische Reiter, die dem Gemetzel bei Obeid entgingen, leben jetzt im Takallalande unter den Feinden des Mahdis. Das Süd⸗Staffordshire⸗Regiment ging gestern in Booten von Semneh nach Dongola ab. Major Stuart Wortley ist nach einem abenteuerlichen Ritt durch die Wüste westlich vom Nil in Dal angekommen.

13. November. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ meldet: Ein heute hier angekommener Deserteur von der Armee des Mahdi in Berber berichtet: die Ein wohner von Berberseien gegen den Gouverneur von Berber feindlich gesinnt, würden auch durch General Gordons Dampfer stark beunruhigt und würden sich bei der Ankunft englischer Truppen sofort unterwerfen. Lebensmittel und Munition seien knapp in Berber.

Suakim, 11. November. (A. C.) griffen gestern Nachmittag die Stadt an, der egyptischen Kavallerie zurückgeschlagen und eine Strecke verfolgt.

Die Rebellen wurden aber von gute

Zeitungsstimmen.

Das „Berliner Finanz⸗ und Handelsblatt“ schreibt über Deutschlands finanzielle Selbständigkeit: .

Daß die Stellung Deutschlands, Kraft der Weisheit seiner Regierung, nicht blos auf politischem, sondern auch auf wirthschaft⸗ lichem Gebiete eine immer mächtigere und unabhängigere geworden ist, scheint von der deutschen Nation selbst noch immer nicht gani begriffken zu werden, obwohl man jetzt schon auf dem ganzen Erdball davon spricht, und obwohl sich täglich Zeichen und Wunder einstellen, an welche nur der Maßstab früherer Erscheinungen gelegt werden darf, um den geradezu erstaunlichen Unterschied der heutigen Situation Deutschlands gegen jene vor zehn oder zwanzig Jahren Jedermann zur vollen Erkenntniß zu bringen. Wir wollen dier nicht lange bei dem Umstande verweilen, daß die großen Industriestaaten England und Frankreich vor der deutschen Konkurrenz erzittern und daß ihre Konsuln, ihre Handels⸗ kammern und all ihre Handelscompagnien sich in Wehklagen ergehen, daß ihnen der deutsche Geschäftsgeist und die bessere Qualität

auf einer erklecklichen Anzahl von industriellen Branchen

ausgerüstet sein soll, verschiedene Eisentheile

land, bezw. London,

ZJahrzehnt auf die Vorgänge, Direktoren ängstlichst den

auch auf dem Pariser Platze.

die Frankfurter Börse,

des deutschen Fabrikats selbst in den entlegensten Winkeln der Erde

siegreich entgegentritt. Wir wollen auch kein großes Aufheben machen von dem höchst ehrenvollen Zeugnisse, das in voriger Woche der deutschen Industrie von Seite eines englischen Ministers im englischen Parlamente ausgestellt worden ist, nach welchem das deutsche Genie, der deutsche Erfindungsgeist, die Qualität der deutschen als den Enagländern weit überlegen anerkannt wurde. Auch wollen wir kein aroßes Wesen davon machen, daß welcher Umstand bisher freilich Vielen unbekannt blieb, sogar die englische Marine, wenn sie gehörig und Stablplatten aus Deutschland beziehen muß, und jetzt sogar, wie von der Ministerbank aus zugestanden wurde, ihr Pulver von Deutschland bezieht, weil es der englischen Chemie noch nicht gelungen sei, ein gleich gutes Fa⸗ brikat wie das deutsche herzustellen. 1] Das sind freilich hochbedeutsame Ehrenzeugnisse für die Industrie Deutschlands. Wie aber sieht es erst auf dem Gebiete der Finanzen ei uns jetzt gegen früher aus? Man hat uns früher gelehrt, Eng⸗ sei das Geldreservoir der ganzen Welt, und lle übrigen Staaten stehen in direkter Abhängigkeit von demselben;

man sagte uns, die Londoner Bank repräsentire in der G

wirthschaft eine Art von Sonnensystem, nach dessen Gesetzen sich die ontinentalen Banken zu bewegen haben, denn es gebe für diese

keinerlei eigene Willensmeinung, da nur in London der Schwerpunkt der Weltwirthschaft liege. schauungen und Voraussetzungen fußten unsere volkswirthschaftlichen Maßnahmen, indem ja b gegenwärtigen Jahrhunderts hinaus der mächtigste Staat war, diktiren konnte.

Auf gleichen und ähnlichen An⸗ in der That früher alle vielleicht sogar mit Recht, über die erste Hälfte des industriell und finanziell der allen übrigen Nationen seinen Willen

England bis

lauschten wir noch vor etwa einem die sich in London abspielten; die unserer großen Banken erwarteten allwöchentlich Ausweis der englischen Bank; bei jeder Verschlechterung desselben glaubten sie, daß sie nun auch Restriktionen in den Kreditbewilligungen eintreten lassen und überdies studirten sie ebenfalls ängstlichst das Londoner

In finanzieller Beziehung

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. Fachblatt „The Economist“, um aus dessen theils verständigen, theils

aus der Luft gegriffenen Auslassungen zu erforschen, welches nun der

weitere Gang der Dinge auf dem „europäischen Geldmarkt“ sein werde.

Aber seit der Errichtung der mächtigen deutschen Reichsbank

nahmen die Dinge allmählich einen gänzlich geänderten Verlauf. Die Solidarität des deutschen Kapitalmarktes mit dem englischen ver⸗

Alsbald gewahrte man ähnliche Erscheinungen Die Berliner Börse begann eine erlangen. Obwohl sie bedeutend englische, französische und auch rang sie sich durch Intelligenz und Unter⸗ Als endlich für die

ringerte sich zusehends.

Bedeutung zu war, als die

internationale kapitalärmer

nehmungsgeist zur vollen Ebenbürtigkeit auf.

Pariser Börse der große Krach vom Jahre 1882 kam, zog die

Berliner noch einen großen Theil von jenen Geschäften an sich, die früher ausschließlich am Pariser Platze negozirt worden waren.

Schon damals stellte sich in Berlin eine nahezu völlige Gleich⸗ gültigkeit gegen englische Bankausweise ein, und endlich nahm man davon nur noch insoweit Kenntniß, als vielleicht eine dort herrschende sehr starke Geldknappheit in Verbindung mit dem Wechselcourse eine Marge zur Entführung geprägten deutschen Goldes aus den Kellern der deutschen Reichsbank bieten könnte. Bietet der Wechselcours eine solche Chance nicht, so ist das Interesse für Londoner Vorgänge ein nur sehr beschränktes, und etwa durch dieselben hervorgerufene Ein⸗ drücke auf den deutschen Effektenmarkt erschienen immer schon am nächsten Tage wieder völlig verwischt.

In früheren Zeiten hatte jede Erhöhung des Londoner Diskonts blitzschnell eine Erhöhung desselben bei den deutschen Notenbanken zur Folge. Dies hat seit einigen Jahren ganz und gar aufgehört. Jüngst hat die englische Bank ihren Zinsfuß von 3 auf 4 % erhöht; dies blieb auf den deutschen Kapital⸗ wie auf den Effektenmarkt ohne allen und jeden Einfluß. Wenige Tage später machte der Londoner Diskonto den bedeutsamen Sprung von 4 auf 5 % ein Ereigniß, welches in den Vorjahren einen wahrhaft de⸗ primirenden Eindruck auf die deutschen Börsen gemacht haben, unter Umständen eine Panik erzeugt haben würde. Diesmal zeigte sich keine Spur ron Eindruck, vielmehr hat sich der deutsche Zinsfuß für erste Diskonten um eine Kleinigkeit verbilligt. Der hohen Be⸗ deutsamkeit einer solchen Unabhängigkeit des deutschen Kapital⸗ marktes von dem englischen thut es keinen Abbruch, daß die deutsche Reichsbank vielleicht dennoch recht bald gezwungen werden könnte, ihre Bankrate zu erhöhen, eben um ihren Goldbestand vor einem Abflusse nach England zu schützen. Aber die einstige unmittelbare Abhängigkeit Deutschlands von England ist völlig gebrochen, und dies ist ein wahrlich sehr beredtes und unwider⸗ legbares Zeugniß von der bedeutenden wirthsch ftlichen Erstarkung Deutschlands.

Es ist nur zu wünschen, daß mit der Lehre von der „Welt⸗ wirthschaft, welche in England allein ihren Mittelpunkt und ihren Regulator hat“ auch in anderen Beziehungen gänzlich gebrochen werde; denn diese Lehre hat sich obwohl sie bereits zu den Ammen⸗ märchen gezählt werden darf sogar noch in der letzten Session des Deutschen Reichstages gelegentlich der Dampfer⸗ subventions⸗Debatte geltend machen wollen. *Ebenso spukte sie noch in den Köpfen, als es sich um die Errichtung einer deutsch⸗überseeischen Bank und um Einbürgerung der deutschen Reichsvaluta in den fremden Handelsemvorien handelte. Wie klein doch unsere Nachkommen von den kleinlichen Geistern denken werden, die sich noch im Jahre 1884, trotz aller am Himmel stehenden Zeichen, dem schöpferischen gewaltigen Arme des Fürsten Bismarck entgegenstemmen wollten.

Neichstags⸗Angelegenheiten.

Fernere Ergebnisse der Stichwahlen zum Reichstage:

1. Wahlkreis Danzig. von Puttkamer, Gutsbesitzer au Plauth (Kons.), mit 8038 Stimmen gegen 6162 Stimmen für Dirichlet, Gutsbesitzer auf Klein⸗Bretschkehmen (Dfr.), gewählt.

8. Merseburg. Rohland, Rittergutsbesitzer in Etzoldshain (Dfr.), gewählt. Stimmverhältniß steht noch aus.

Berichtigung des Stimmverhältnisses im

2. Cassel Für Lotz 7876, für Pfannkuch 7782 Stimmen. 6. Faße. eiffarth, Oekonom in Friedrichshütte (Kons.), mit 6384 Stimmen gegen 2880 Stimmen für Dr. Arenhoff, Hülfs⸗ pfarrer in Mackenzell (Centr.), gewählt. 28

Berlin (Dfr.) gewählt.

3. Arnsberg. Dr. Langerhans in Stimmverhältniß steht noch aus.

2. Mecklenburg⸗Schwerin. Haupt, Bürgermeister, Geh. Hof⸗ rath in Wismar (Nat.⸗Lib.), mit 10 525 Stimmen gegen 8282 Stim⸗ men 85 Se. Hoheit Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg (Kons.) gewählt. 8

2. Meiningen. Witte, Senator in Rostock (Dfr.), mit 8159 Stimmen gegen 5252 Stimmen für Jerusalem, General⸗Sekretär in Berlin (Nat.⸗Lib.), gewählt.

Statistische Nachrichten.

dem Septemberheft der Statistik des Reichs hat die zollpflichtige Waaren⸗ einfuhr in der Zeit vom 1. Januar bis Ende Sep⸗ tember 1884 im Vergleich zu demselben Zeitraum des Vor⸗ jahres im Allgemeinen zugenommen. Insbesondere haben von den wichtigeren Waarenartikeln die nachbenannten größere Einfuhren aufzuweisen: Baumwollengarn (alles in 100 kg) + 8481; Wollen⸗ garn + 16 996; Eisen und Eisenwaaren +† 21 542; Maschinen

Deutschen

auf

+ 42036; Säge⸗ und Schnittwaaren von Weich⸗ und Hart⸗ holz + 282 411; Weizen + 12 935; Roggen +. 1 844 752; Hafer + 1885 024; Hülsenfrüchte + 75 064; Gerste und Malz + 632 405; Mais + 355 959; Arrak, Rum und Franzbranntwein (auch Coanac) + 21 768; Schaumwein + 9347; frische Südfrüchte + 30 981; Rosinen + 13 567; Rohtaback (Blätter und Stengel) + 29 066; Petroleum + 538 183. Die Einfuhr von Heringen stieg um 63 148 t. Auch bei der Einfuhr von Luxusartikeln, wie z. B. Spitzen, Waaren aus edlen Metallen, Taschenuhren, Seidenwaaren, zeigt sich eine Zu⸗ nahme. Bei Arrak, Rum ꝛc., sowie bei Schaumwein fällt die Stei⸗ gerung der Einfuhr ausschließlich in die Monate Juni und Juli d. J und scheint in der Hauptsache durch die damals in Aussicht stehenden Zollerhöhungen auf diese Artikel hervorgerufen zu sein. Eine erhebliche Abnahme weisen dagegen folgende Waarenartikel auf: rohes Leinen⸗ (auch Jute⸗) Garn (alles in 100 kg) 7404, rohe Leinen⸗(auch Jute⸗) Gewebe 7853, rohes Bau⸗ und Nutzholz 586 241, I1“ 922, Soda 27 961, Leder 3668, Raps und Rübsaat 96 605, Olivenöl in Fässern 51 555, Leinöl 68 400, Stearin 12 527, Salz 23 029, Kaffee 44 210, Zucker 5026, Reis 57 688, Mühlenfabrikate 71 630, Butter 8520, Schmalz 57 595, Fleisch 64 187. Die Einfuhr von Rind⸗, Schaf⸗ und Borstenvieh gestaltete sich gleichfalls erheblich geringer und zwar um 66 687 bezw. 7228 und 156 951 Stück. Von der Abnahme in der Einfuhr von Leinen⸗ (auch Jute⸗) Garnen sind hauptsächlich Garne über Nr. 5—8 englisch und solche über Nr. 35 englisch betroffen, während von rohen Leinen⸗(auch Jute⸗) Geweben besonders solche, welche auf 4 qgem Gewebefläche 17—40 Fäden enthalten, eine Ab⸗ nahme in der Einfuhr erfahren haben. 1

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 2. November bis incl. 8. November cr. zur Anmeldung gekommen: 322 Eheschließungen, 884 Lebendgeborene, 36 Todtgeborene und 516 Sterbefälle. 6

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Von dem „Allgemeinen Landrecht für die Preu⸗ ßischen Staaten, unter Andeutung der obsoleten oder aufge⸗ hobenen Vorschriften und Einschaltung der jüngeren noch gel⸗ tenden Bestimmungen“, herausgegeben mit Kommentar in Anmer⸗ kungen von Dr. .F. Koch, achte Auflage, mit besonderer Berücksichtigung der Reichsgesetzgebung, bearbeitet von A. Achilles, Ober⸗Landesgerichts⸗Raͤth. Dr. P Hinschius, Geh. Justiz⸗Rath u. ord. Prof. der Rechte, R. Johow, Geh. Ober⸗Justiz⸗Rath, F. Vierhaus, Landrichter (Berlin und Leipzig. Verlag von J. Guttentag (D. Cohin). 1884.) sind wiederum 2 Liefgen., Lief. 14 u. 15 erschienen. Lief. 14 enthält vom 2. Theile des Landrechts die Tit. 4— 7 (§§. 97 278), welche von Familienfideikommissen, von den Rechten und Pflichten der Herrschaften und des Gesindes, von Gesellschaften uͤberhaupt und von Korporationen und ⸗-Gemeinen insonderheit, sowie vom Bauernstande handeln. Lief. 15 umfaßt vom 2. Theile des Landrechts Titel 11 (§§. 338 1022), betreffend den Pfarrer und dessen Rechte, die Kirchenpatrone, die Verwaltung der Kirchengüter, die Zehnten und andere Pfarrabgaben sowie die Auf⸗ sicht des Staats bei der kirchl. Vermögensverwaltung ꝛc. Den Schluß bildet die Bulla circumscriptionis Dioecesium Regni Borussici d. 16. Juli 1821. Der Text ist in beiden Lieferungen von einem reich⸗ haltigen Kommentar begleitet.

Deutsches Leben und deutsche Zustände von der Hohenstaufenzeit bis ins Reformationszeitalter“, dar⸗ gestellt von Karl Fischer. Gotha, Friedr. Andr. Perthes 1884. Preis 6 Die vorstehende Schiift liefert in knappster Form auf wenig über 300 Seiten und zwar in gemeinverständlicher Fassung und unter sorgfältiger Verwerthung der neuesten Forschungen auf allen einschlägigen Gebieten eine lebhafte Schilderung deutschen Lebens und deutscher Zustände nach allen Beziehungen und Richtungen hin in Beziehung auf Staat und Kirche, auf die wirthschaftlichen, sozialen, geistigen und sittlichen Zustände von der Hohenstaufenzeit an bis ins Reformationszeitalter. Der gesammte Stoff ist in 3 Bücher vertheilt. Das 1. Buch umfaßt in knapper Darstellung die Grundlagen des Volkslebens und deren erste Umgestaltungen, vornehmlich bis in die 2. Hälfte des 14. Jahrh., indem es von den Wandlungen in der Weltanschauung, sowie in Kirche und Reich, ferner von der wirthschaftlichen und sozialen Anschauung und Gliederung des Volkes im Allgemeinen, von den Städten und Innungen in jener Zeit, von den Hansen und Einungen in ihrer Bildung und Blüthe, von der Entwickelung der übrigen Stände und Berufsschichten in ihrer politischen und sozialen Stellung, von Handel und Verkehr, Zöllen und Steuern, Vermögen und Geldwesen, endlich von Rechts⸗, Gerichts⸗ und Kriegswesen jener handelt. Das 2. Buch, in welchem der Schwerpunkt der

arstellung ruht, schildert sodann die weiteren Um⸗ und Neugestaltungen sowie die Reformbewegungen und Oppositionen (die Wandlungen in der Weltanschauung, die Veränderungen und Reformversuche in Reich und Kirche bis zur Niederlage der Oppositionen ca. 1450, die ständi⸗ schen, wirthschaftlichen und sozialen Wandlungen, das Rechts⸗, Ge⸗ richts⸗ und Kriegswesen, die Universitäten und Schulen, Literatur und Wissenschaften, die Wandlungen in den Kunstarten und in der Kunst⸗ übung, die letzten Reformversuche in Kirche und Reich und die ent⸗ scheidenden wirthschaftlichen Veränderungen, die christlich⸗sozialen Be⸗ wegungen, endlich die evangelischen und humanistischen Bewegungen, und die weitere Ausbreitung und Stärkung der Oppositionen) bis in die ersten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts. Das 3. Buch endlich enthält die Bewegungen und wichtigsten Veränderungen in der eigent⸗ lichen Reformationszeit in der Kürze dargelegt. Zum Schluß hat der Verfasser in einem Rück⸗ und Ausblick kurz zusammengefaßt, was ihm besanderer Beachtung werth schien.

Der antiquarische Anzeiger Nr. 50 von Lehmann u. Lutz in Frankfurt a. M. verzeichnet des genannten Antiquariats neue Erwerbungen von betr. Kunst, Geographie, Ge⸗ schichte darunter mehrere au Friedrich den Großen bezügliche —, Naturwissenschaften, Technologie, Goetheana, Memoiren, Belletrist.; im Ganzen 685 Nrn.

Gewerbe und Handel.

Die „Schlesische Zeitung“ berichtet vom Oberschlesischen Steinkohlenmarkt: Die günstige Entwickelung, welche der Kohlenverkehr in der vorigen Berichtwoche genommen hatte, ist in der letztverflossenen Woche in einem allseitig auftretenden Bedarf nach Kohlen aller Art zu vollem Ausdrucke gekommen. Nicht nur, daß das große Publikum im Inlande seine bisherige Zurückhaltung aufgegeben hat und nunmehr mit um so größerer Lebhaftigkeit als Käufer von Hausbrandkoblen auf den Markt tritt, sondern auch vom Auslande trafen größere Betellungen ein, welche mit Rücksicht auf den weiten Transport vorzugsweise den gröberen Sorten galten. Gas⸗ und Flammkohlen hatten reich ichen Absatz, dem Begehr nach kleineren Sorten vermochten die Gruben nicht in dessen ganzen Umfange zu genügen. Der Brand auf von Krugschacht I thut der Förderung der Königs⸗Grube zwar ihrer Gesammthöhe nach keinen Eintrag, modifizirt aber, da auch die Separation durch den Brand zerstört ist, die Erzeugung der feineren Körnungen, wodurch die Erledigung mancher Spezifikationen in der Fah der ersten Abnehmer erschwert wird. Von Seiten einiger Zuckerfabriken, welche die dies jährige Fabrikations⸗Cam⸗ pagne später als gewöhnlich oder in anfänglich beschränkterem Maße er⸗ öffneten, gingen theils neue, theils Nachbestellungen ein. Der Außen⸗ handel mit Steinkohlen konzentrirte sich in neuester Zeit hauptsächlich auf die Gruben im Myoslowitz⸗Brzezinkaer und auf die im Südrevier. Wesentlichen Antheil daran hatten auch die Zechen in der Umgegend von Kattowitz⸗Schoppinitz. Die Verladungen auf der Przemsa gingen flott von statten, da die gegen Ende der Flußschiffahrt zahlreich eintreffen⸗ den Kähne jetzt die gesammte Produktion an großstückigen Kohlen der betreffenden Gruben Tag um Tag frisch vom Platze einnehmen. Da man behufs möglichst prompter Erledigung der seit Wochen reich⸗ licher eingegangenen Aufträge die Beladung der Kohlenwaggons und sonstigen Fahrzeuge bei Tag und Nacht fortsetzte, so konnte, trotzdem sich auch in der letzten Woche der Waggonmangel wieder fühlbar

machte, die nunmehr meistentheils erhöhte Förderung glatt abgesett werden. Es ist alle Aussicht vorhanden, daß die Förderung in Kurzem allagemein schwunghafter betrieben und die Einführung von Tag⸗ und Nachtschichten nothwendig werden wird. Die Stimmung und Preise sind unter solchen Umständen fest, jedoch ohne Tendenz für eine Erhöhung. Industriekohlen kamen in erheblichem Maße zum Konsum, ebenso Koks, welcher indessen bei starkem Angebot hier und da Preisschwankungen unterliegt. In dem Novemberheft 18. Jahrgangs 1884 von „Kunst und Gewerbe“, Zeitschrift zur Förderung deutscher Kunstindustrie, ber⸗ ausgegeben vom Bayerischen Gewerbemuseum zu Nürnberg (redigirt von Dr. J. Stockbauer; Druck und Verlag von G. P. J. Bieling G. Dietz in Nürnberg) beschreibt Hermann Billung das Ceny⸗Museum zu Paris mit seinen reichen kunstgewerblichen Schätzen aus Alterthum, Mittelalter und Renaissance⸗Zeit. Die interessante Darstellung der Entwickelung und des heutigen Standes der gewerblichen Fachschulen in Preußen wird mit der Schilderung der keramischen und der Fachschulen für Holzbearbeitung fortgesetzt. Weiterhin finden wir eine Be⸗ schreibung des Gebäudes für die nächstjährige internationale Aus⸗ stellung von Arbeiten aus edlen Metallen und Legirungen in Nürn⸗ berg (nebst Plan desselben im Grundriß), sowie eine Besprechung der in der Permanenten Ausstellung des Bayerischen Gewerbe⸗ Museums gegenwärtig ausgelegten Konkurrenzentwürfe zu dem Plakat für die Ausstellung; ferner eine Statistik der Königlichen Kunst⸗ gewerbeschule zu Nürnberg für das Schuljahr 1883/84, die Fortsetzung der Mittheilungen über die Organisation zur Förderung des Gewerbe⸗ wesens in Baden und das Programm für die internationale Ausstellung von Erfindungen, welche im nächsten Jahre in London stattfinden soll. Rathschläge für die Werkstatt, Mittheilungen aus dem Buchhandel und kleinere Nachrichten reihen sich an. Von den Kunstblättern des Hefts zeigt das erste (in Buntdruck) eine weitere türkische Fayence⸗ Platte von Jechil Djami in Brussa, als Gegenstück zu der im vorigen Heft abgebildeten; das zweite altchinesische Porzellane auf einer Unterlage von gesticktem chinesischem Seidenstoff (die Tafel ist in der Chemigraphischen Anstalt von Thuringer u. Co. in Nürnberg nach einem eigenartigen Verfahren von dem photographischen Negativ direkt auf die Zinkplatte übertragen worden); das letzte den ziezlichen Entwurf zu einem Leuchter von Schmiedeeisen, von Fr. Miltenberger. Auch im Text finden sich mancherlei interessante Aufnahmen älterer Arbeiten und Entwürfe, so: ein üppig barockes Wappen aus dem Schlosse Egolsberg bei Graz, gravirte Verzierungen figürlicher und ornamentaler Art von einer messingenen Sonnenuhr mit Kompaß aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts, ein schönes in Silber ein⸗ gelegtes Ornament von einer walzenförmigen Bronzedose aus dem 16. Jahrhundert, zwei eigenthümlich geformte alte Glasflaschen aus der Mustersammlung des Museums ꝛc. Den beiliegenden Nrn. 20 und 21 der „Mittheilungen des Bayerischen Gewerbemuseums“ entnehmen wir, daß zu der ausgeschriebenen internationalen Konkurrenz für den Entwurf eines künstlerisch ausgestatteten Plakats für die nächstjährige Ausstellung von Metall⸗Arbeiten rechtzeitig 9 Entwürfe eingegangen sind und das vom Bayerischen Gewerbemuseum einberufene Preisgericht in seiner Sitzung vom 22. Oktober einstimmig in folgender Weise über die Prämitrung entschieden hat: Der Preis von 500 ist zuerkannt dem Entwurf mit dem Motto: „Peter Vischer“ (Architekt C. Gever aus Stuttgart in Nürnberg); die Preise von je 300 wurden zu⸗ erkannt dem Entwurf mit dem Motto: „2“„ (Maler Manuele Orazi aus Italien, in Paris) und dem Entwurf mit dem Motto: „Kunst und Gewerke, des Volkes Stärke“ (Architekt C. Sutter in Frankfurt a. M.) Am 27 Oktober hat der Bibliothekar Carl Friedrich im Hörsaal des G werbemuseums die Reihe der wöchentlichen Wintervorträge eröffnet und zum Thema gewählt: „Augustin Hirsvogel als Töpfer.“ Das Programm der ferneren Vorträge lautet: Die chemische Be⸗ handlung der Metalloberflächen: Chemiker Dr. Kayser; Die Metall⸗ schmuckarbeiten in alter und neuer Zeit: Kustos Dr. Stockbauer; Die Gewinnung und Chemie der Steiakohlen: Assistent Marquard; Ueber Musterschutz: Ingenieur Kröller; Ueber Spielkarten: Biblisthekar Friedrich; Ueber Bedeutung und Verwendung technischer Surrogate: Chemiker Dr. Kayser; Die Verwendung der Bronze in der alten Welt: Kustos Dr. Stockbauer. Die Nürnberger Metallwaaren⸗ fabrik der Gebr. Bing in Nürnberg hat dem Gewerbemuseum die voll⸗ ständig eingerichtete prachtvolle Kinderküche zum Geschenk gemacht, welche auf der bayerischen Landesausstellung in Nürnberg 1882 die allg emeinste Aufmerksamkeit erregt hat.

London, 13. November. (W. T. B.) Bei der gestrigen Woll⸗ auktion waren Preise unverändert.

Bradford, 13. November. (W. T. B.) Wolle ruhig, un⸗ verändert. Tendenz zu Gunsten der Käufer, für unmittelbaren Bedarf gutes Geschäft. Garne und Stoffe unverändert.

Submissionen im Auslande.

I. Niederlande.

1) 18. November, 2 Uhr. Centralbureau der Maatschappy to

Exploitatie van Staatsspoorwegen zu Utrecht, Moreelse Laan: a. Loos A. H.

Lieferung von eichenen Querschwellen und anderem Eichenholz für ein zweites Geleis zwischen Roosendaal und Bergen op Zoom (in 3 Abtheilungen).

b. Loos A. J.

Lieferung von stählernen Schienen, stählernen Laschen⸗ und End⸗ platten, eifernen Haken⸗ und Schraubenbolzen ꝛc. für ein zweites Geleis zwischen Roosendaal und Bergen op Zoom (in 3 Abtheilungen).

Bedingungen liegen in dem vorgenannten Centralbureau, sowie beim Sektions⸗Ingenieur H. E. Beunke zu Breda zur Einsicht aus und sind in dem Centralbureau für 0,50 Fl. käuflich. Ebenda nähere Auskunft zu erhalten.

2) 27. November, 11 Uhr. Provinciaal⸗Bestur zu Haarlem:

Lieferung von 2 Paar eisernen Schleusenthüren für die Nordsee⸗ schleusen zu Uamuiden (Taxwerth 29 530 Fl.). 8

Bedingungen unter Nr. 194 liegen im Ministerinm für Water⸗ staat, Handel und Nijverheid und in den Bureaus der Provinzial⸗ verwaltungen zur Einsicht aus, auch käuflich bei den Buchhändlern Gebrüder van Cleef im Haag, Spui Nr. 28a.

Anweisung an Ort und Stelle am 20. November d. J. Nähere Auskunft beim Haupt⸗Ingenieur zu Haarlem und beim Ingenieur Blom zu Amsterdam. 1 3,) 27. November, 2 Uhr. Gemeinde⸗Gasfabrik zu Arnhem.

Lieferung von 7 100 000 kg. Gaskohlen.

Bedingungen für 0,50 Fl. käuflich in der Fabrik.

II. Rumänien.

1) 21. November. General⸗Direktion der rumänischen Eisen⸗ bahnen. Bukarest. Lieferung von 200 000 Schwellen. Kaution 5 %O. Näheres im Büreau des Nordbahnhofes zu Bukarest.

2) 6. Dezember. Dieselbe Behörde. Lieferung von Schienen, Weichen ꝛc. Die näheren Bedingungen sind bei der Königlich rumä⸗ nischen Gesandtschaft in Berlin einzusehen. 1

3) 22. November, 11 Uhr. Direktion der Eisenbahn Lemberg Czernowitz Jassy. 90 000 km Brennholz, 110 000 eichene Schwellen, 1880 km eichenes Bauholz, 3900 km tannenes Bauholz. Kaution 5 %. Näheres bei der Direktion in Bukarest oder in Jassy,

Bahnhof. III. Griechenland. 2./14. Dezember, 10 Uhr. Präfektur. Athen. Wiederaufbau des durch den Brand zerstörten Theils des Königlichen Schlsses. Vor⸗ anschlag: 170 000 Fr. Näheres an Ort und Stelle.

IV. Italien. 1 27. November, 10 Uhr. Ministerium der öffentlichen Arbeiten in Rom und Präfektur in Girgenti. Bau einer Eisenbahn zwischen der Station und dem Hafen von Licata. Länge 1433,74 m. Vor⸗ anschlag: 206 000 Lirec. Kaution provisorisch 10 000, definitiv

21 000 Lire. Näheres an Ort und Stelle.