1884 / 273 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 19 Nov 1884 18:00:01 GMT) scan diff

Für die lutherische Gemeinde in Cassel sei aber die beabsich⸗ tigte Organisation rücksichtlich einiger Punkte von so folgen⸗ schwerer Bedeutung, daß er schon jetzt darauf eingehen müsse, insofern nämlich einestheils eine Unterstellung der alten lutherischen auf Grund landesherrlichen Freibriefs unmittelbar unter dem Konsistorium stehenden Gemeinde unter den reformirten Superintendenten die größten Bedenken habe, anderntheils auch die externen Angelegenheiten dadurch sehr empfindlich berührt werden.

Den letzten Gedanken führte Synodale Justiz⸗Rath Dr. Oetker näher dahin aus, daß eine Mehrzahl alter Stiftungen vorhanden sei, deren Existenz und fruchtbringende Thätigkeit durch Veränderungen in den zur Vertretung berufenen Or⸗ ganen leicht bedenklich geschädigt werden könne. Aus diesem Grunde habe die evangelisch⸗lutherische Ge⸗ meinde Cassel eine genauere Darstellung der betreffenden Verhältnisse der Synode zugehen safss. Er hoffe aber, daß es gelingen werde, einen Weg zu finden, auf dem die in —— Fragen bestehenden Schwierigkeiten beseitigt werden önnen.

Synodale Pfarrer Suabedissen glaubt, daß es vor allen Dingen erwünscht sei, zu wissen, wie denn eigentlich der Ent⸗ wurf, der hier vorliege, zu Stande gekommen sei. Man er⸗ zähle sich darüber allerlei dunkele Gerüchte, namentlich, daß derselbe gar nicht auf der Initiative des Kirchenregiments beruhe, sondern von außen an das Kirchenregiment auf einem Wege herangebracht sei, der kein gerader gewesen.

Dem gegenüber konstatirte der landesherrliche Kom⸗ missarius, daß der Entwurf auf streng offiziellem Wege entstanden, im hiesigen Konsistorium ausgearbeitet sei und eine Einwir⸗

kung von außen her überhaupt nicht stattgefunden habe. Die in dieser Beziehung ausgestreute Verdächtigung müsse er be⸗ stimmt zurückweisen.

Sodann ging derselbe auf die einzelnen von den Vor⸗ rednern hervorgehobenen Einzelbedenken über, beleuchtete die⸗ selben und hob insbesondere auch hervor, daß es die Ten⸗ denz des Entwurfs sei, anknüpfend an die historische Entwickelung, die verschiedenen in Hessen nach einander in

Geltung gewesenen Kirchenverfassungssysteme, von denen allen

sich noch einzelne Ueberreste erhalten haben, zu einem wohl⸗ geordneten Ganzen zu vereinigen. Redner gab dabei der Befriedigung Ausdruck über die von der überwiegenden Mehrheit der Synodalen bekundete Geneigtheit, mit Vertrauen auf das Gelingen in die Arbeit einzutreten.

. Die Synodalen Metropolit an Hartmann, Amtsrichter Berner, Pfarrer Conrad äußerten verschiedene Wünsche und Bedenken in Beziehung auf Einzelheiten des Entwurfs, ins⸗ besondere rücksichtlich des auf allen Stufen des presbyterialen und synodalen Organismus beabsichtigten Wählens, dem die hessische Bevölkerung gar keine Sympa⸗ hien entgegenbringe und welches man auf das möglichst geringe Maß herabzusetzen Veranlassung habe. Der Synodale Professor Dr. Ranke sprach sich dagegen im Wesentlichen für das System des Entwurfs aus und nahm nur Anstoß an den Bestimmungen über die Zu⸗ sammensetzung der Diöcesansynode, insbesondere dem Stimmen⸗ verhältniß zwischen Geistlichen und Laien.

Nachdem noch Pfarrer von Forat über die Bedenklichkeit des Gemeindeprinzips in der Kirche sich ausgesprochen, und einem Erstaunen Ausdruck gegeben hatte, daß die wichtigsten Angelegenheiten der Kirche, insbesondere Lehre und Bekennt⸗ niß den Synoden nicht überwiesen werden, nahm Synodale Pfarrer Ahlfeld nochmals das Wort, um wieder⸗ olt davor zu warnen, daß man sich doch ja nicht durch die Furcht vor dem Eintritt des Laienelements in die kirchliche Mitarbeit bestimmen lassen möge. Gerade das Laien⸗ element könne sich in kritischen Zeiten als ein sehr wichtiges Bollwerk für die Kirche erweisen, wie dies durch Erfahrung sich bereits herausgestellt habe. Der Synodale Landgerichts⸗Rath Keßler sprach im We⸗ entlichen seine Zustimmung zu dem Systeme des Entwurfs aus, vermißte aber die erforderliche juristische Präzisirung ver⸗ schiedener technischer Ausdrücke und wünscht vornehmlich den Begriff der Kirchengemeinde als des untersten Substrats der anzen Ordnung gesetzgeberisch präzisirt zu sehen. Synodale Metropolitan Lohr erklärte, wie es ihn im höchsten Grade habe befremden müssen, daß der Synodale Suabedissen ihn als den intellektuellen Urheber des Entwurfs bezeichnet habe. Das sei eine ganz haltlose Vermuthung, zu der er nie Anlaß gegeben habe, da er von dem Entwurfe icht eher, als alle übrigen Betheiligten Kenntniß erlangt habe.

Auf die Replikation des Synodalen Suabedissen, man sich ganz öffentlich erzähle, der Synodale sei der intellektuelle Urheber und Verfasser 1 und daß es ihm erwünscht gewesen sei, darüber Klarheit zu erhalten, nahm nochmals der landesherrliche Kommissarius das Wort und erklärte, daß die ufgestellte Behauptung, als sei der Synodale Lohr der Ver⸗ fasser des Entwurfs oder bei dessen Feststellung zugezogen gewesen, eine durchaus unwahre sei. Der Name des Metropolitans Lohr komme in den Verhandlungen über die Synodalorganisation zum ersten Male vor, als es sich um Ernennung der landesherrlichen Synodalmitglieder gehandelt habe und nachdem der Entwurf zur Vorlage längst festgestellt gewesen sei.

Redner ging sodann nochmals auf die von den übrigen Vorrednern hervorgehobenen Bedenken ein und suchte deren Ungrund auch an der Hand der gewonnenen Erfahrungen nachzuweisen.

Nach einigen persönlichen Bemerkungen entspann sich eine Geschäftsordnungsdebatte, bei welcher Amtsrichter Berner beantragte, den Entwurf vor der Spezialdiskussion einer ge⸗ meinsamen Kommission beider Abtheilungen zu überweisen. Der Antrag wurde jedoch mit allen gegen 10 Stimmen ab⸗ gelehnt, und wird die erste Lesung im Plenum stattfinden.

Bayern. München, 19. November. (W. T. B.) Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kron prinzessin Victoria ist heute früh 6 Uhr 50 Minuten nach Berlin abgereist.

Sachsen. Dresden, 18. November, Abends. (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm von Preußen traf heute Abend 8 ¾ Uhr mit dem preußischen Gesandten, welcher dem Prinzen bis Röderau entgegengefahren war, hier ein und wurde am Bahnhof von Sr. Majestät dem König auf das Herzlichste begrüßt. Vom Bahnhof aus begab Sich der König mit dem Prinzen nach der König⸗ lichen Villa in Strehlen. u1“ 8

Württemberg. Stuttgart, 18. November. (St.⸗A. f. W.) Der König und die Königin sind heute, Vor⸗ mittags 10 ¼ Uhr, mittelst Extrazugs von hier abgereist, um sich zum Aufenthalt während der kälteren Jahreszeit nach Nizza zu begeben. Der König hat in Betreff der Besorgung der Staatsgeschäfte während seiner Abwesenheit verfügt, daß Gegenstände von größerer Wichtigkeit zur Einholung der Entschließung Sr. Majestät nachgesendet, die übrigen Ange⸗ legenheiten aber im Vollmachtsnamen des Königs auf den Vortrag der Minister von dem Prinzen Wilhelm erledigt werden sollen.

Mecklenburg⸗Strelitz. Neustrelitz, 18. November. (W. T. B.) Die Großfürstin Katharina von Ruß⸗ land ist mit ihren beiden ältesten Kindern zum Besuch des hiesigen Hofes eingetroffen.

Oldenburg. Oldenburg, 17. November. (Wes.⸗Ztg.) In der heutigen Landtagssitzung machte der Präsident Roggemann zunächst Mittheilung über die Eingänge, meistens Petitionen, welche zur Vorberathung an die betreffenden Aus⸗ schüsse gingen, gleichwie ein Antrag der Staatsregierung, be⸗ treffend Bewilligung einer staatlichen Beihülfe von 5000 zu der für das Jahr 1885 in Aussicht genommenen allge⸗ meinen Gewerbe⸗ und Industrie⸗Ausstellung für das Großherzogthum, und betreffend Uebernahme einer staatlichen Garantie bis zum Betrage von 5000 zur Deckung eines etwaigen Defiziis. Von den zur Verhandlung stehenden Gegenständen riefen zwei eine längere Debatte hervor. Der erste von diesen war ein Gesetzentwurf, betreffend Abänderung einer Bestimmung des Einkommensteuer⸗ gesetzes. Die Regierung hatte in den Motiven zu der Vor⸗ lage die Frage angeregt, ob die untersten Stufen nicht von der Einkommensteuer befreit werden könnten, war aber zu dem Resultat gekommen, daß im Augenblick nicht der Zeitpunkt für die Revision des Einkommensteuergesetzes eingetreten sei, und daß die Erleichterung der unteren Klassen eine besondere Dringlichkeit nicht besitze, da die Steuersätze in den ersten Stufen nicht hoch seien und das Gesetz jetzt bereits weitgehende Befugnisse zu einer Befreiung Dürftiger gewähre. Bei der Diskussion bestritt der Abg. Iken, daß die Einkommensteuer in den un⸗ tersten Stufen besonders drückend empfunden werde, wenig⸗ stens nicht durchweg, und der Abg. Windmüller bestritt, daß die neue Zoll⸗ und Wirthschaftspolitik die unteren Klassen schädige, worauf nach einigen weiteren Bemerkungen die De⸗ batte geschlossen wurde. Die andere Vorlage, welche eine längere Diskussion veranlaßte, betraf einen Gesetzentwurf, durch welchen, wie das nach §. 30a. der Reichs⸗Gewerbeordnung zulässig ist, der Betrieb des Hufbeschlaggewerbes von der eines Prüfungszeugnisses abhängig sein soll. Die Regierung hatte diesen Gesetzentwurf in Uebereinstimmung mit dem dringenden Wunsche des Centralvorstandes der Land⸗ wirthschaftsgesellschaft vorgelegt; der Ausschuß, an welchen der Entwurf zur Vorberathung überwiesen war, konnte sich nicht einigen: die Majorität beantragte Ablehnung, die Minorität Annahme der Vorlage. Der Regierungskommissar berief sich für die Vorlage insbesondere auch noch darauf, daß die land⸗ wirthschaftlichen Vereine im Fürstenthum Lübeck und Birken⸗ feld sich e benfalls süg bie Nothwendigkeit einer Prüfung aus⸗ gesprochen hätten, und daß in Preußen und in Bayern ähn⸗ liche Gesetze bereits beständen; allein die Verhandlung ergab, daß von den vielen Landleuten, welche im Landtage sind, sich nur die Abgg. Rüdebusch und Hanken für den Gesetzentwurf erklärten, während er von allen anderen, als den landwirth⸗ schaftlichen Interessen geradezu widersprechend, heftig bekämpft wurde, weshalb denn auch die Ablehnung der Vorlage mit

33 gegen 8 Stimmen erfolgte.

HesterreichUngarn. Pest, 18. November. (W. T. B.) Die österreichische Delegation genehmigte in ihrer heu⸗ tigen Schlußsitzung das Finanzgesetz endgültig. Der Mi⸗ nister des Auswärtigen, Graf Kalnoky, sprach der Delega⸗ tion hierauf kraft des ihm ertheilten Auftrags den Dank und die Anerkennung des Kaisers für die patriotische Auffassung und Opferwilligkeit aus, von denen die Delegirten bei ihren Berathungen und Beschlüssen geleitet worden seien. Ebenso dankte der Minister Namens des gemeinsamen Ministeriums für das demselben bewiesene Entgegenkommen und Vertrauen. Hierauf folgte der Schluß der Session.

Schweiz. Bern, 17. November. Der „Bund“ meldet über den weiteren Verlauf des „Tessiner Handels“, daß der Bundesrath auf Grund seines Beschlusses in der Extrasitzung vom letzten Sonnabend Nachmittag die Tessiner Regierung aufgefordert hat, die Versteigerung des Enderlin⸗ schen Grundstückes als null und nichtig zu erklären, wenn sie nicht eine militärische Okkupation des Kantons gewärtigen wolle. Die Regierung erklärte darauf, daß sie sich gegenüber der Gewalt unterwerfe, aber förmlichen Protest einlege. Der Bundesrath forderte die Regierung auf, ihm einen Bericht einzusenden darüber, wie sie die Folgen jener Versteigerung aufgehoben und den status quo ante hergestellt habe. Unter⸗ dessen bleibt das Luzerner Bataillon in Marschbereitschaft. Der eidgenössische Kommissar Karrer ist am Sonnabend Mittag nach Luzern gefahren.

18. November. Die tessinische Regierung hat sich durch Telegramm an den Bundesrath vom Sonntag Abend dahin erklärt, daß sie sich den Beschlüssen des Bundesraths in jeder Beziehung füge; daß sie daher 1) den stattgefundenen Verkauf eines Theiles der Enderlin⸗ schen Besitzung null und nichtig erkläre; 2) daß sie die amtliche Zufertigung nicht werde vornehmen lassen und 3) daß sie dem Käuser die Kaufsumme wieder zustellen werde. Der Bundesrath wird in dieser Angelegenheit erst dann einen weiteren Beschluß fassen, wenn der Bericht des eidgenössischen Kommissars vorliegt. Wie der „Bund“ ferner vernimmt, weigert sich der Käufer der Besitzung Enderlins, nämlich dessen Schwiegersohn Advokat Saroli, den Kauf rückgängig zu machen. Der tessinischen Regierung dürften hieraus, wie er meint, neue Schwierigkeiten entstehen.

Niiederlande. Haag, 18. November. (W. T. B.) Die Zweite Kammer wählte in das Präsidium Mackay

(Calvinist), Reuchert (Katholik) und Cremers (liberal).

Belgien. Brüssel, 18. November. (W. T. B.) Der Minister des Auswärtigen, Prinz Caraman⸗ Chimay, hatte sich als Mit lied der Repräsentanten⸗ kammer, da er erst nach der Wahl zum Minister ernannt worden war, in Philippeville einer Wiederwahl in die

Repräsentantenkammer zu einer Majorität von 17 Stimmen gewählt wurde.

In der Repräsentantenkammer entwickelte Frère⸗ Orban heute die von ihm angekündigte Regierung und

wünschte zu wissen, ob das Kabinet bei der Politik des frühe⸗ ren verharre. Im Laufe der Debatte bestätigte Malou, daß die früheren Minister des Innern und der Justiz, Jacobs und Woeste, auf Wunsch des Königs zurückgetreten seien. Der Minister⸗Präsident Beernaert erklärte in Beantwortung die Regierung habe nicht einige

über die allgemeine Politik der

der Interpellation Frère⸗Orbans: nöthig, Aufklärungen darüber zu geben, weshalb Minister auf ihren Posten verblieben, während andere ihre Entlassung nahmen.

gewähren; hierin bestehe die wahre Freiheit.

sprach sich sodann mit großer Anerkennung über das neue Schulgesetz aus und schloß mit dem Bemerken: die Regierung

in wahrhaft liberaler Weise

glaube die Schulgesetzfrage gelöst zu haben.

Großbritannien und Irland. London, 18. November. An Stelle des verstorbenen Fawcett ist Shaw Lefevre zum Generalpostmeister rernannt worden. der 2- miralität ernannt an Stelle Campbel⸗Bannermans,

(W. T. B.)

Thomas Brassey wurde zum Sekretär welcher zum Staatssekretär für Irland ernannt ist.

Die heutige Partei beschloß, die Vorschläge Wahlreformfrage anzunehmen und in die zweite und dritte Lesung der Reformvorlage unter der Bedingung einzutreten, daß die Regierung sosort eine für beide Theile befriedigende Sb für die Neueintheilung der Wahlbezirke ein⸗

ringe.

Das Oberhaus nahm heute nach halbstündiger De⸗ batte die Wahlreformbill in zweiter Lesung ohne besondere Abstimmung an. Im Laufe der Debatte erklärte der Marquis von Salisbury: er könne dem Vorschlage der Regierung in der Wahlreformvorlage erst definitiv zu⸗ stimmen, wenn ein Meinungsaustausch über die Bill, be⸗ treffend die Neueintheilung der Wahlbezirke, statt⸗ gehabt habe. Er werde daher am Donnerstag beantragen, die Spezialberathung der Reformbill auf 14 Tage zu ver⸗ tagen.

Kalkutta (Indien), 16. November. (A. C.) Das Zhob⸗Thal⸗Expeditionscorps hat seine Aufgabe nun⸗ mehr vollkommen gelöst. Shah Jehan hat die Flucht er⸗ griffen, und sein Fort wurde in die Luft gesprengt. Die Musa⸗Kheyl⸗Chefs haben sich den Behörden in Dera Ghazi Khan unterworfen.

Capstadt, 15. November. (A. C.) Mr. Upington, der Premier, und Mr. Gordon Sprigg, der General⸗ Schatzmeister der Cap⸗Kolonie, sind in Betschuanaland angekommen, um womöglich eine friedliche Beilegung der bestehenden Schwierigkeiten zu bewerkstelligen. Sie hatten eine Unterredung mit Mankoroane, in welcher Letzterer sagte, daß sowohl er wie Montsioa hintergangen worden seien, und daß er kein Vertrauen in irgend Jemanden setze, aus⸗ genommen in Sir Charles Warren.

Hier eingegangenen Meldungen zufolge haben die Boern in Goschen und Stellaland ihre Allianz mit Transvaal abgebrochen und sagen, sie wollen für eigene Rechnung kämpfen, um ihre Farmen zu behalten.

Frankreich. Paris, 17. November. (Fr. Corr.) Die mit der Wahlreform des Senats befaßte Kammer⸗ kommission hat, nachdem sie sich einstimmig im Prinzip für die Beseitigung der Senatoren auf Lebenszeit ausge⸗ sprochen, mit 5 gegen 4 Stimmen entschieden, daß die Be⸗ seitigung der gegenwärtigen „Inamoviblen“ im Wege des Aussterbens geschehen soll. Es ist nicht uninteressant, anzu⸗ geben, welchen Parteigruppen die Senatoren angehören, die sich im Januar 1885 einer Neuwahl unterwerfen müssen. Es gehören an: dem linken Centrum 9, der republikanischen Linken 23, der Union républicaine 12 und der Rechten 40, im Ganzen 84, d. h. das zu erneuernde Drittel mit 75 und 9 zu ersetzende verstorbene Senatoren anderer Departements.

17. November. (Köln. Ztg.) Pouyer⸗Quertier hat eine Anzahl von Landwirthen auf nächsten Donnerstag nach Paris geladen, um eine großartige Kundgebung zu Gunsten des Schutzzollsystems zu machen. Die Frei⸗ händler in Lyon bereiten aber ebenfalls eine Kundgebung vor. Die Gemüther sind ziemlich erhitzt. Die Nachrichten aus Lyon selbst lauten nicht günstig: die Arbeiterkrisis dauert fort, und die unbeschäftigten Arbeiter haben in einer Versammlung einen Beschluß gefaßt, welcher Drohungen gegen die Gemeindebehörden enthält.

18. November, Nachmittags. (W. T. B.) Die Kom⸗ mission für die Zolltarife nahm heute mit 6 gegen 5 Stimmen im Prinzip die Erhöhung der Zölle auf Getreide und Mehl an und beschloß, unverzüglich mit dem u“ über die Größe der Erhöhung in Berathung zu treten.

Gestern sind 36 Cholera⸗Todesfälle, und zwar 11 in der Stadt und 25 in den Hospitälern vorgekommen. Heute wurden von Mitternacht bis Mittag 20 Cholera⸗ Foetfüc⸗ davon 5 in der Stadt und 15 in den Hospitälern, gemeldet.

18. November, Abends. (W. T. B.) Die Münz⸗ konferenz, welche am 25. d. hier zusammentreten sollte, ist bis zum 15. Januar verschoben worden, weil die italie⸗ nischen Delegirten durch die parlamentarischen Arbeiten in Rom zurückgehalten werden.

Von Mitternacht bis heute Abend 6 Uhr starben hier 30 Personen an der Cholera. Aus Oran werden 4 Cholera⸗Todesfälle gemeldet. In Nantes ist kein neuer Cholera⸗Todessall zu verzeichnen.

Spanien. Madrid, 18. November. (W. T. B.) Die Wiedereröffnung der Cortes ist auf den 15. Dezember d. J. festgesetzt. Was die mit Frankreich wegen Marokko bestehenden, sachlich wenig erheblichen Differenzen betrifft, so werden zu deren Beseitigung die Vertreter Spaniens und 6 bei Marokko darüber mit einander in Verbindung reten.

Der König wird sich morgen zur Abhaltung von Jagden nach dem Pardo begeben. 1

Türkei. Konstantinopel, 18. November. (W. T. B.) Großfürst Nikolajewitsch von Rußland ist, nachdem er

erziehen, bei welcher er mit

Was das Programm der Regierung angehe, so wolle dieselbe die gouvernementale Aktion beschränken und der persönlichen Initiative einen größeren Spielraum Der Minister

Versammlung der konservativen der Regierung in der

dem Sultan nochmals einen Besuch abgestattet und dessen Gegenbesuch empfangen hatte, von hier abgereist.

Rumänien. Bukarest, 18. November. (W. T. B.) Die Kommunalwahlen fielen durchweg im regierungs⸗ freundlichen Sinne aus. Heute begannen die Parlaments⸗ wahlen.

Serbien. Belgrad, 18. November. (W. T. B.) Bei den hiesigen Gemeinderathswahlen wurden die Kan⸗ didaten der Fortschrittspartei gewählt; dieselben erhielten dreimal mehr Stimmen als diejenigen der unterlegenen Partei Ristic.

Asien. China. (A. C.) Der „Times“ wird aus Shanghai, unterm 15. d. M. gemeldet: „Das Gerücht von der Einnahme von Tamsui ist falsch. Admiral Courbet erwartet Verstärkungen ehe er weitere Operationen unter⸗ nimmt.“ Die Arbeiten für die Absperrung der Ein⸗ fahrt in den Woosung nehmen ihren thätigen Fortgang. Der Kanal ist 250 Fuß breit. Beim Einlaufen in den Hafen zur Fluthzeit ist die größte Vorsicht nöthig.

Afrika. Egypten. Alexandrien, 18. November. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ meldet: Der Bericht Lord Northbrooks an die englische Re⸗ gierung wird, wie verlautet, behufs Lösung der egyp⸗ tischen Finanzschwierigkeiten folgende Maßregeln vorschlagen: Die Zinsen aller Anleihen sollen unverändert bleiben und nicht herabgesetzt werden; dagegen soll die Amor⸗ tisirung der unifizirten Schuld suspendirt werden, um damit Rath zu schaffen für die neue Anleihe von 8 Millionen Pfund

Sterling, die in erster Stelle durch England vorgeschossen wer⸗

den soll. Diese Anleihe wäre hauptsächlich zu verwenden zur Bezahlung der Entschädigungen für die Verluste beim Bombardement von Alexandrien und zur Rückzahlung der vom Bankhause Rothschild und von den lokalen Banken ge⸗ machten Vorschüsse. Eine Million von der neuen Anleihe wäre bestimmt für Bewässerungsanlagen in Unteregypten, um das ganze Land stromabwärts von Assiut reichlich mit Wasser zu versehen und auf diese Weise die Produktionskosten für die landwirthschaftlichen Betriebe herabzumindern. Ferner solle eine erhebliche Herabsetzung der Steuern in Oberegypten und eine geringere Herabsetzung der Steuern in Unteregypten vorgenommen werden. Die Fersehnag des Gleichgewichts im Budget in dauernder Weise sei dadurch herbeizuführen, daß das Budget für die Armee und die Polizei um etwa 350 000 Pfd. Sterl. herabgemindert werde, daß ferner Eng⸗ land alle Kosten für das englische Okkupations⸗Corps selber trage, und daß endlich die jährlichen Defizits der Domänen⸗ ländereien und der Daira beseitigt würden. Zu diesem Zweck seien die Anleihen der Domanialverwaltung und der Daira⸗ Sanieh mit Hülfe Englands zurückzuzahlen. Die Verwaltung der Ländereien der Domänen wie der Daira⸗Sanieh müsse vereinigt werden.

Dem „Reuter schen Bureau“ wird aus Dongola, vom 18. November, telegraphirt: Vor etwa 20 Tagen kehrte eine beträchtliche Insurgentenschaar nach Omdurmann zurück. Gordon entsandte zwei Dampfer, um die In⸗ surgenten zu beschießen. Diese beantworteten das Feuer eben⸗ falls aus Kanonen, machten hierbei ein Rad an dem einen Dampfer unbrauchbar und zwangen beide Dampfer zum Rück⸗ zuge nach Khartum. 1AA“”;

Zeitungsstimmen.

Wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ mittheilt, sind dem Reichskanzler Fürsten von Bismarck aus Anlaß der Dampfersubventionsvorlage während der letzten Wochen wieder mehrere Zustimmungsadressen zugegangen, unter anderen Seitens der deutschen Kaufmannschaft zu Rio de Janeiro, des Vereins zur Wahrung der gemeinsamen wirth⸗ schaftlichen Interessen der Saar⸗Industrie zu Saarbrücken und Seitens der Handelskammer zu Osnabrück.

In der „Staatsbürger⸗Zeitung“ lesen wir:

Es ist eine täglich sich wiederholende Erscheinung, daß die Politik des deutschen Reichskanzlers im Auslande weit mehr Anklang findet, als in Deutschland selber, wo man doch alle Ursache hat, auf die Resultate dieser Politik mit Freude und Stolz zu blicken. Den Grund dieser Erscheinung zu finden ist durchaus nicht schwer; man darf sich nur alle Reden, welche durch Parteileidenschaft diktirt wur⸗ den, ins Gedächtniß zurückrufen, und man wird sofort erkennen, daß diese allein es war, welche das Urtheil über den Fürsten Bismarck trübte und die Anerkennung seiner Verdienste schmälerte

Der beste Beweis für die Richtigkeit unserer Behauptung dürfte in einem Artikel der französischen Zeitschrift „Revue de deux Mondes“ über die Kolonialpolitik des deutschen Reichskanzlers gegeben sein. Der Verfasser G. Valbert (Victor Cherbulier) giebt in derselben seiner Verwunderung über die Haltung der Deutschfreisinnigen, speziell des Abg. Bamberger, gegen die Kolonialpolitik des Fürsten Bismarck Ausdruck, da dieselbe doch als eine durchaus korrekte, den Interessen Deutschlands entsprechende angesehen werden müsse, und findet es ganz natürlich, daß Deutschland anfängt, Kolonien zu gründen, wenn es die Zunahme der deutschen Handelsmarine in Erwägung zieht. Auch darin giebt er dem Fürsten Bismarck vollkom⸗ men recht, daß er nicht darauf ausgeht, Kolonien zu gründen, auf die er den Strom der Auswanderer hinlenken möchte. „Weit entfernt, zur Auswanderung zu ermuthigen, hält er sie für ein mit allen Mit⸗ teln zu bekämpfendes Uebel.“ „Seine Kolonialpolitik hat keinen anderen Zweck, als ferne Comtoirs zu gründen, welche den deutschen Waaren neue und wichtige Absatzwege eröffnen. Nachdem er Deutsch⸗ land zu einer militärischen und starken Nation gemacht hat, ist es seine Hauptsorge, es zu einem reichen Land zu machen, indem er seine produktive Macht, seine Industrie und seinen Handel entwickelt.“

Hierauf legt der Verfasser dar, wie der Reichskanzler durch die Koloniengründung grade die Auswanderung zu beschränken gedenke. Denn nicht die dichtbevölkerten und industriellen Provinzen seien es, welche das größte Konringent zu der Zahl der Auswanderer stellen, sondern grade die weniger kevölkerten, industrielosen Provinzen, wie Posen und Mecklenburg, und somit habe der Kanzler ganz recht, wenn er sagt: „Gebt diesen Provinzen Industrie, vor Allem scat ihnen Export, und Niemand wird mehr an Auswanderung 1921838Zböö

Nun, wir meinen, daß man in Deutschland ein solches, von keiner Parteileidenschaft getrübtes Urtheil über die Kolonialpolitik des Reichskanzlers richtig zu würdigen wissen und sich nicht durch die Ausführungen von Männern beirren lassen wird, denen die Partei⸗ stellung im Kampfe gegen den Fürsten Bismarck über alles geht.

Die „Deutsche volkswirthschaftliche Cor⸗ respondenz“ äußert sich über die „Aufwiegelung gegen die Schutzzölle“:

„Gelegentlich der jüngsten Reichstagswahlen glaubten die Deutsch⸗ freisinnigen die Stimmen der Arbeiter dadurch zu ködern, daß sie dieselben möglichst gegen alle Parteien aufwiegelten, welche der Sache des Schutzzolls das Wort reden. ..

Unter ihren Ausführungen stand jene oben „daß eine Gro industrie in erster Linie auf dem „Weltmarkte“ konkurrenzfähig sein müsse. Durch die Eingangszölle auf die der Industrie nothwendigen Rohstoffe und Halbfabrikate aber stellten sich die Produkte der deut⸗ schen Industrie viel zu theuer, um beispielsweise mit den Engländern und Franzosen auf dem „Weltmarkte“ konkurriren zu können. Jener Schutzzoll, der auf die Einfuhr fremder Fabrikate gelegt wurde, ver⸗ theuere den Konsumenten alles, was sie zur Existenz bedürfen, un⸗ endlich, und daher komme es dann auch, daß der Arbeiter und der Kleinbürger ꝛc. die Kosten der Existenz kaum mehr erschwingen könne. Das einzige radikale Mittel zur Aenderung dieses unerträglichen Zu⸗ standes sei Aufhebung aller Zölle, denn nur dann könne der „Welt⸗ markt“ erobert werden und um Jedermann im Staate stehe es dann weit besser ꝛc....

Unter der, gelegentlich des jüngsten Wahlkampfes so eindringlich empfohlenen Eroberung des „Weltmarkts“ kann wohl nur die Ge⸗ winnung der einzelnen Völker des Erdballs als Clienten zur Ab⸗ nahme der Erzeugnisse unserer Industrie verstanden werden. Dieses Geschäft ist aber bereits sehr gut im Gange und sogar unsere euro⸗ päischen Nachbarn, die Engländer und Franzosen, sind in vielen Branchen unsere sehr getreuen Abnehmer geworden, so daß wir von ihnen bezüglich einer Konkurrenz bei den viel entlegeneren Völkern jetzt etwas weniger als früher zu besorgen haben.

Will man den Begriff „Weltmarkt“ in jenem Sinne gelten lassen, der ihm von den Freihändlern unterlegt wurde, so darf sich doch auch wohl die deutsche Nation, ohne unbescheiden zu sein, herausnehmen, zu behaupten, daß sie ihn bereits sehr gut kennt, eigentlich nur allzu gut, in dem Sinne nämlich, daß sie früher die Erfahrung machen mußte, daß das deutsche Territorium von Seite der Engländer und Franzosen als einer der begehrens⸗ werthesten Bruchtheile des „Weltmarktes“ betrachtet, und von ihnen daher ganz in dem Sinne erobert wurde wie es unsere Freihändler in Beziehung auf „Weltwirthschaft“ meinen. Von dem unverzeihlichen Leichtsinn, mit dem wir dieser Eroberung mit verschränkten Armen zusahen, sind wir heute noch etwas krank, obwohl wir von diesem bei uns selbst befindlichen Theil der „Weltmarktes“ bereits über die Hälfte zurückerobert haben. Zur dauernden Behauptung desselben und zur Eroberung des noch sehr beträchtlichen Restes werden wir die seither so sehr erprobte „Waffe des Schutzzolls“ auch fernerhin in der Faust halten, und diese Waffe noch etwas mehr zuspitzen und noch schärfer schleifen, wenn es sein muß. Seitdem wir diesen hei⸗ mischen Antheil des „Weltmarktes“ selbst beherrschen, haben unsere Arbeiter wieder Brot und guten Verdienst und unser Wohlstand ist derart gestiegen, daß wir von England, diesem „Welt⸗Geldreservoir“ bereits ganz unabhäng sind und seit unserer Umkehr zur Schutzzoll⸗ politik anderen Völkern etliche Milliarden Geldes darleihen konnten. Dabei zahlen unsere Konsumenten für ihre Bedürfnisse kaum mehr die Hälfte dessen, was sie zu jener Zeit zahlten, als die Engländer ꝛc. die Preise der uns gelieferten Waaren nach ihrer Willkür diktirten.

Es läßt sich nachweisen, daß die deutschen Konsumenten den Eng⸗ ländern zu einem großen Theil des Reichthums verhalfen, dessen Diese sich heute erfreuen.

Das deutsche zum vielbesprochenen „Weltmarkte“ gehörige Territorium weist eine Bevölkerung auf, welche bald die Ziffer von 50 Millionen erreicht haben wird. Zunächst die Bedürfnisse dieser kolossalen Bevölkerung zu versorgen, dürfte weit gerathener sein, als den Anleitungen unserer mehr englisch⸗freisinnigen als deutsch⸗frei⸗ sinnigen Manchesterianer zu folgen, welche uns empfehlen, das deutsche Territorium wieder preiszugeben und dagegen andere „Weltmarkt“⸗ Territorien zu erobern. Was in Beziehung auf auswärtige „Erobe⸗ rungen“ gemacht werden kann, wird ohnehin gemacht. Die deutschen Industriellen haben desfalls wahrlich nicht erst auf die Anregungen der Manchesterianer gewartet.

Der „Metallarbeiter“ sagt in seiner „industriellen Rundschau“:

Kaum eine Woche vergeht, ohne daß die Blätter von einer neuen Ausstellung zu berichten haben. An allen Orten macht sich ein ge⸗ wisses ehrgeiziges Bestreben geltend, eine Ausstellung irgend welcher Art zu veranstalten. Man geht in der That nicht zu weit, von einem Ausstellungsfieber zu sprechen, welches überall zum Ausbruch kommt. Nicht nur Länder, Städte und Industriebezirke scheinen sich jetzt zur Veranstaltung von Ausstellungen zwecks „Befriedigung eines allgemei⸗ nen, tief gefühlten Bedürfnisses“ berufen zu fühlen, nein, selbst einzelne Persönlichkeiten tauchen auf, welche oft nur in leicht erkennbarer Ab⸗ sicht, ein Geschäft zu machen und sich einen angenehmen Erwerb zu ver⸗ schaffen, die Veranlassung zu Ausstellungen sind. Wenn in erster Linie die Ausstellungen den Zweck hatten, die Leistungsfähigkeit von Ländern, Städten und Industriebezirken zu bekunden und dem Fach⸗ mann Neuheiten zu zeigen, so haben sich neuerdings die Ausstellungen immer mehr und mehr zu Märkten entwickelt, so daß sie etwa jetzt die Stellung der früheren Messen einnehmen. Nur aus diesem Gesichts⸗ punkte betrachtet, kann man die übermäßige Ausstellungssucht wenigstens erklärlich finden, wenn auch dieselbe gegenüber dem eigent⸗ lichen Zweck, welchen die Ausstellungen erfüllen sollen, bedauerlich erscheint. Jedenfalls kommt die ethische Seite der Ausstellungen zum Minzesten zu kurz. b

Recht bedauerlich ist aber ohne Zweifel der Umstand, daß die Ausstellungen recht oft ohne jedes Einvernehmen mit anderen gleich⸗ artigen Ausstellungen und fast planlos ins Leben gerufen werden; daß ferner geschäftlichen wie spekulativen Interessen zu Liebe die Programme der Ausstellungen kautschukartig angelegt werden, um die möglichste Ausdehnung derselben zu erlauben, wenn ein Geschäfts⸗ mann irgend welchen Gegenstand beliebiger Natur ausstellen möchte

Reichstags⸗Angelegenheiten.

Fernere Ergebnisse der Stichwahlen zum Reichstage:

3 Wahlkreis Bromberg. Gerlich, Legations⸗Rath in Berlin (Kons.), mit 7383 Stimmen gegen 5474 Stimmen für von Koczo⸗ rowski auf Debno (Pole) gewählt.

7. Liegnitz. Dirichlet, Gutsbesitzer in Klein⸗Bretschkehmen (Dfr.), mit 9535 Stimmen gegen 5048 Stimmen für Frhrn. von Zedlitz⸗Neukirch, Regierungs⸗Präsident in Liegnitz (Kons.), gewählt.

6. Hannover. Baron von Arenswaldt zu Hardensbostel (Centr.) mit 9683 Stimmen gegen 5445 Stimmen für Wattenburg (Nat.⸗Lib.) gewählt.

11. Hannover. von Oldershausen, Rittgergutsbesitzer in Oldershausen (Centr.) mit 7694 Stimmen gegen 6896 Stimmen für Falkenhagen, Klostergutspächter in Northeim (Nat.⸗Lib.), gewählt.

14. Pannover. von der Decken, Landschafts⸗Rath in Ruten⸗ stein (Centr.), mit 9819 Stimmen gegen 9144 Stimmen für von der Brelie, Hofbesitzer in Winsen (Nat.⸗Lib.), gewählt.

17. Hannover. Das bieher fehlende Stimmverhältniß ist: von Estorff (Centr.) 8585 gegen Hastedt (Nat.⸗Lib.) 8102.

8. Cassel. Hellwig, Bürgermeister zu Haddamar (Kons.) mit 2 Stimmen gegen 8245 Stimmen für Frohme (Soz.) ge⸗ wählt.

5. Mittelfranken. Dr. Schreiner zu Triesdorf (Nat.⸗Lib.) mit 6470 Stimmen gegen 6388 Stimmen für Dr. Swaine, Gutsbesitzer in Ummersberg (Kons.), gewählt.

3. Braunschweig. Baumgarten, Landgerichts⸗Direktor in Braunschweig (Dfr.), mit 7209 gegen 5277 Stimmen für Cramm, Hausmarschall in Burgdorf (D. Reichsp.), gewählt.

9. Elsaß⸗Lothringen. Mühleisen, Bierbrauer in Schiltig⸗ heim (Els. Loth.), mit 6922 Stimmen gegen 6151 Stimmen für Quirin, Gutsbesitzer in Stützheim (Centr.), gewählt.

Statiftische Nachrichten.

Die Geburten in Preußen im Jahre 1883. Bei den preußischen Standesämtern wurden im Jahre 1883 im Ganzen 1 070 538 Geburten registrirt, 0,8 % weniger als im Jahre 1882, so daß auf 1000 am Anfang des Jahres 1883 Lebende 38,3 Geburten entfielen. Unter 1000 Geborenen waren 515 männlichen und 485 weiblichen Geschlechts. 86 516 Kinder oder 8,08 % aller Geborene waren unehelich; darunter befanden sich von Wittwen Geborene 2241, von geschiedenen Frauen Geborene 244, von Mädchen Geborene 84 031. Die * der Todtgeborenen belief sich auf 42 024 oder 3,92 % aller Geborenen; unter den ehelich Geborenen befanden sich indessen nur 3,82 %, unter den unehelich Geborenen dagegen 5,13 % Todtgeburten. Von den 13 387 Mehrgeburten waren 13 229

willings⸗, 157 Drillingsgeburten und 1 Vierlingsgeburt. In 100 Zwillingsgeburten ergaben 31,5 Mal 2 Knaben, 38,5 Mal 1 Knabe und 1 Mädchen und 30 Mal 2 Mädchen; unter den Drillingen be⸗ fanden sich in 36 Fällen 3 Knaben, in 41 Fällen 2 Knaben und 1 Mädchen, in 37 Fällen 1 Knabe und 2 Mädchen und in 43 Fällen 3 Mädchen. Die Vierlingsgeburt bestand aus 1 Knaben und 3 Mäd⸗ chen, alle lebend, während sonst 6,7 % aller Kinder bei Mehrgeburten todtgeboren wurden. 1

Der „Uebersichtlichen Zusammenstellung der wichtigsten An⸗ gaben der Deutschen Eisenbahn⸗Statistik“ sind folgende weitere Mittheilungen entnommen: Im Betriebsjahre 1882/83 waren auf sämmtlichen normalspurigen Eisenbahnen Deutschlands vorhanden 11 362 Lokomotiven (1881/82 11 020), davon waren Tenderlokomotiven 1723 (1881/82 1551); auf je 10 km Betriebslänge kamen 3,26

(1881/82 3,18) Lokomotiven; die Beschaffungskosten sämmtlicher Loko-⸗

motiven einschließlich Tender betrugen 564 293 320 (1881/82 552 685 561 ℳ), d. i. auf 1 Lokomotive 49 665 (1881/82 50 153 ℳ). Es waren ferner an Personenwagen vorhanden über haupt 20 892 Stck. (1881/82 20 455) mit 47 161 Achsen (1881/8 46 327); die Beschaffungskosten derselben betrugen insgesamm 157 013 680 (1881/82 153 502 031 ℳ), d. i. auf 1 Achse 3329 (1881/82 3313 ℳ). Gepäck⸗ und Güterwagen waren 235 546 im Betrieb (1881/82 226 019) mit 481 028 Achsen (1881/82 461 272); die Tragfähigkeit derselben belief sich auf 2 269 003 t (1881/82 2 157 678 t); die Beschaffungskosten beliefen sich insgesammt auf 694 244 908 (1881/82 668 666 416 ℳ, d. i. auf 1 Achse 1443 (1881/82 1450 ℳ). Die Zahl der Postwagen betrug 1297 mit 3182 Achsen (1881/82 1270 mit 3114 Achsen). Im Einzelnen besaßen u. A. die preußischen Staatsbahnen insgesammt 5858 (1881/82 4530) Lokomotiven oder auf 10 km Betriebslänge 4,01 (1881/82 3,82 Lokomotiven; die Beschaffungskosten einschl. Tender betrugen 290 166 494 oder auf 1 Lokomotive 49 533 (1881/82 226 748 681 od r pro Stck. 50 055 ℳ); die preußischen Staats⸗ bahnen verfügten ferner über 9028 (1881/82 7310) Personenwagen mit 21 146 (1881/82 16 958) Achsen, deren Beschaffungskosten sich auf 72 358 403 (1881/82 57 529 824 oder auf 3422 (1881/82 3392) pro Achse stellten; an Genück⸗ und Güterwagen waren au diesen Bahnen 127 236 Stck. (1881/82 92 411) mit 259 650 (1881/8 188 493) Achsen vorhanden, deren Tragfähigkeit insgesammt 1 237 895 (1881/82 895 277) t umfaßte und deren Beschaffungs kosten sich auf 374 617 498 (1881/82 272 826 971 ℳ), d. i. pro 3 Achse auf 1443 (1881/82 1447 ℳ) beliefen. Auf sämmtlichen deutschen normalspurigen Eisenbahnen wurden im Betriebsjahre 1882/83 242 264 260 (1881/82 223 651 866) Personen befördert; die Einnahme aus der Personenbeförderung (ausschl. Gepäck⸗ un Nebeneinnahmen) betrug auf 1 Personenkilometer 3,46 (1881/82 3,48) ₰; die vorhandenen Plätze sind ausgenutzt worden mit 24,98 (1881/82 25,39) %. In der ersten Wagenklasse fuhren überhaupt 2 241 287 (1881/82 2 236 437), in der zweiten Klasse 30 490 826 (1881/82 29 127 908), in der dritten 154 158 745 1 139 899 134), in der vierten 48 534 000 (1881/82 45 881 000) Per⸗ sonen. Im Güterverkehr wurden auf sämmtlichen Bahnen be fördert gegen Frachtberechnung 184 864 320 (1881/82 168 277 238) t und 7 302 054 (1881/82 6 995 678) t ohne Frachtberechnung. Jede Tonne wurde durchschnittlich befördert auf eine Entfernung von 81,08 (1881/82 81,42) km.

Zu den in Band 11 (N. F.) der Statistik des Deutschen Reichs veröffentlichten Nachweisungen über die Schiffsunfälle an der deutschen Küste im Jahre 1883 bringt das soeben aus⸗ gegebene Septemberheft der „Monatshefte zur Statistik des Deut⸗ schen Reichs“ erläuternde Bemerkungen, welchen Folgendes entnomme wird. Die Zahl der zur amtlichen Keantniß gelangten Unfälle, von

(1881/82

welchen Schiffe an der deutschen Küste selbst, auf dem Meere in einer

Entfernung von nicht mehr als 20 Meilen von der Küste und auf den mit dem Meere in Verbindung stehenden, von Seeschiffen be fahrenen Binnengewässern im Laufe des Jahres 1883 betroffen wur den, beziffert sich auf 218, welche (bei 55 Kollisionen) 273 Schiffe be⸗ trafen. Die Vergleichung mit den entsprechenden Ergebnissen früherer Jahre zeigt, daß im Jahre 1883 die Zahl der Schiffsunfälle überhaupt

im Vergleich zum Vorjahr, welches ebenso wie die Jahre 1880 und 1881 8

verhältnißmäßig reich an Unfällen war, zwar etwas geringer geworden ist, nicht aber die Zahl der betroffenen Schiffe. Zahl der letzteren nach dem Durchschnittsergebniß der vier Jahre von 1876 bis 1879 und 1880 bis 1883 von 121 auf 269 Schiffe, d. i um 122,3 % gestiegen. hafteren Schiffsverkehr begründet, weiter aber auch dadurch verursacht sein, daß die letzten Jahre Stürme aufzuweisen hatten, welche

die Schiffahrt an der deutschen Küste außergewöhnlich gefährlich waren. Im Jahre 1883 waren von besonderer Heftigkeit der Sturm vom 18. bis 20. Oktober, durch den 11 Schiffe total verloren gingen

Ueberhaupt ist die

Zum Theil wird diese Zunahme in dem leb-

und 14 mehr oder minder schwere Beschädigungen erlitten, dann der

Sturm vom 4. bis 6. Dezember mit 7 Totalverlusten und 10 Beschädigungen, und der Sturm vom 12. bis 14. Dezember mit 6 Totalverlusten und 6 Beschädigungen

Von den im Jahre 1883 durch die Unfälle betroffenen Schiffen gingen 60 vollständig verloren (1882 83, 1881 101), 137 wurden theilweise beschädigt (1882 120, 1881 114), 74 blieben unbeschädigt, und von 2 blieb der Ausgang des Unfalls unbekannt. Der Verlust an Menschenleben bei den Unfällen im Jahre 1883 bezifferte sich im

Ganzen auf 47 Personen (1882 18, 1881 89). Von den betroffenen

Schiffen waren 177, und zwar 126 Segelschiffe und 51 Dampsschiffe,

deutscher Nationalität, und hiervon gingen 44 (43 Segelschiffe und 1 Dampfer) total verloren; von den übrigen gehörten 42 der briti⸗

schen, 13 der norwegischen, 11 der dänischen, 8 der schwedischen, 7 der niederländischen, 6 der russischen, 3 der französischen, österreich⸗ ungarischen und je 1 der italienischen amerikanischen Flagge an; von 2 Schiffen konnte nalität nicht ermittelt werden. Gestrandet sind 56 deutsche

8 und nord- die Natio⸗

und 30 fremde Schiffe, gekentert 5 deutsche, 1 fremdes und 1 unbe-

kannter Nationalität, gesunken 17 deutsche, in Kollision gerathen 64 deutsche. 45 fremde und 1 unbekannter Nationalität, und durch sonstige Unfälle wurden betroffen 35 deutsche und 18 fremde Schiffe.

Der Oertlichkeit nach entfallen auf das Ostseegebiet 37 Strandungen,

1

14 Kollisionen, 5 Unfälle durch Kentern, 7 durch Sinken und 19 Un⸗ fälle anderer Art; auf das Nordseegebiet 49 Strandungen, 41 Kolli⸗

sionen, 2 Unfälle durch Kentern, 10 durch Sinken und 34 sonstige

Unfälle.

Verhältnißmäßig am häusigsten kamen Unfälle an der Küste

und auf den Untiefen in der Nähe der Elbmündung und auf der

Elbe selbst, soweit dieselbe der Seeschiffahrt dient, voc, was sich aus

dem regen Seeverkehr, welcher von den Elbhäfen aus stairfindet,

erklärt. ““ G Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Nürnberg, 19. November. (W. T. B.) Der Ober⸗Baura und Direktor der Kunstschule, Knauth, ist gestorben.

Beterinärwesen. In dem Gouvernement Esthland ist die Rinderpest erloschen.

Gewerbe und Handel.

Diejenigen hiesigen Einwohner, welche für das Kalenderjahr 1885

außerhalb Berlins im Umherziehen ein Gewerbe zu betreiben beab⸗ sichtigen, zu welchem nach dem Gesetz vom 1. Juli 1883, betreffend