1884 / 294 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 13 Dec 1884 18:00:01 GMT) scan diff

III. Auszug aus einer Depesche des Großbritannischen Staatssekretärs für Kolonien Earl von Kimberley an den Gouverneur der Kap⸗ 8 Kolonie Sir H. Robinson. Downing Street, den 30. Dezember 1880. 1- —28 ꝛc.

28. Zugleich muß ich Ihnen die Nothwendigkeit eindringlich ans Herz legen, die Verantwortlichkeit Englands nicht über die gegen⸗ wärtigen Grenzen der Besitzungen Ihrer Majestät auszudehnen. Ihrer Majestät Regierung ist der Ansicht, daß der Orangefluß als die nordwestliche Grenze der Kap⸗Kolonie beizubehalten ist und wird

länen auf Ausdehnung der britischen Gerichtsbarkeit über Groß⸗ Ramaqua⸗ und Damara⸗Land ihre Unterstützung nicht geben. Da Walfisch⸗Bai auf Veranlassung der Kap⸗Kolonie für britisches Gebiet erklärt wurde, mit Rücksicht auf die Wichtigkeit der Kontrole über den einzigen Hafen an einem großen Küstenstriche, durch welchen Waffen und Handel in das Innere zu gelangen vermögen, so will Ihrer Majestät Regierung dieses Arrangement nicht stören, unter der Bedingung, daß das Kap⸗Parlament fortfahren werde, für die Unter⸗ behtune der Einrichtungen an jenem Platze angemessene Vorsorge zu reffen. (Auszugsweise Uebersetzurg.)

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IV. Berlin, GEw. Excellenz beehre ich mich unter Bezugnahme auf den ge⸗ fälligen Bericht vom 2. Dezember v. J. den beifolgenden Auszug aus einer neueren Eingabe der Rheinischen Missionsgesellschaft vom 28. August d. J., die Verhältnisse im Herero⸗ (Damara⸗) Land, Sudafrika, betreffend, zur gefälligen Kenntnißnahme zu übersenden. Danach hat der zwischen den Herero und Namaqua andauernde Krieg für die genannte Missionsgesellschaft, wie noch mehr für die zu ihr in engen Beziehungen stehende Missions⸗Handels⸗Aktienge⸗ sellschaft schwere Verluste an Eigenthum zur Folge gehabt und die Erfolge einer durch 35 Jahre mit vielen Opfern durchgeführten Arbeit erscheinen schwer bedroht. Die gestellten Anträge richten sich auf Gewährung von Schutz Seitens der Königlich großbritannischen Re⸗ gierung und auf Entschädigung für die erlittenen Verluste. Daneben wird gebeten, die Kaiserliche Regierung möge bei dem mangelhaften Schutz, der englischer Seits selbst in Walfisch⸗Bai geboten werde, ihrerseits zum Schutze der bedrohten deutschen Interessen ein Kriegs⸗ schiff dorthin entsenden.

Die ersten beiden Anträge sind, wie ich Ew. ꝛc. gegenüber kaum hervorzuheben brauche, aus rechtlichen und thatsächlichen Gründen zu

iner Vertretung bei der englischen Regierung nicht geeignet. Letztere

hat in der Note vom 29 November v. J., welche Ew. ꝛc. mit dem gefälligen Bericht vom 2. Dezember v. J hierher eingereicht haben, ausdrücklich jede Verantwortlichkeit für alle Ereignisse außerhalb der britischen Grenzen in Südafrika abgelehnt und hinzugefügt, daß nur die Walfisch⸗Bai und ein schmaler, diese umgehender Streifen Land britisches Territorium sei. Hiermit stimmen die an den neu er⸗ nannten Gouverneur der Kap⸗Kolonie, Sir H. Robinson, ertheilten Instruktionen vom 30. Dezember v. J. überein, in welchen, abgesehen von der Walfisch⸗Bai, der Orange⸗River als äußerste Grenze des britischen Territoriums festgehalten wird. Wie der Kaiserliche Konsul zu Kapstadt berichtet hat, sind auch Seitens der Kap Regierung alle dorthin gerichteten Anträge der Rheinischen Missionsgesellschaft auf Gewährung von Schutz unter dem Hinweis darauf zurückgewiesen worden, daß die Regierung nicht beabsichtige, weitere Gebiete zu annektiren, und daß sie in dem betreffenden Lande keine militärischen Maßnahmen ergreifen oder irgend wie sich in die inneren Wirren des Landes einmischen wolle.

Die bedrängte Lage der betreffenden Missionsgesellschaft und Handelsgesellschaft läßt es gleichwohl angezeigt erscheinen, die erbetene Vermittelung bei der Königlich großbritannischen Regierung nicht ganz von der Hand zu weisen. Ew. ꝛc. beehre ich mich daher erge⸗ benst zu ersuchen, die Angelegenheit im Foreign Office noch einmal mündlich zur Sprache zu bringen und anzufragen, ob sich etwa nach dort vorliegenden Nachrichten inzwischen in der Lage der Ver⸗ bältnisse etwas geändert habe und was wohl zum Schutze der be⸗ drängten Interessen der im Hererolande lebenden Reichsangehörigen daselbst gethan werden könne und etwa zu thun beabsichtigt werde.

den 20. Oktober 1881.

An den Kaiserlichen Botschafter, Herrn Grafen zu Münster,

Excellenz. London.

Anlage zu Nr. IV. 11“ Barmen, den 28. August 1881.

Im Anschluß an meine Vorstellung vom 3. Juni 1880, be⸗ treffend den Schutz der im Herero⸗ (Damara⸗) Land angesiedelten Deutschen, bin ich genöthigt, einem hohen Auswärtigen Amt des Deutschen Reichs eine erneute Vorstellung im Namen und Auftrag der Deputation der Rheinischen Missionsgesellschaft gehorsamst zu unterbreiten. Die in der Eingabe vom 3. Juni v. J. ausgesprochenen Befürchtungen haben sich im vollsten Maße erfüllt. Der Krieg zwischen Namaquas und Hereros ist im August v. J. ausgebrochen. Sechs deursche Missionsstationen sind inzwischen, soweit beute bekannt, in Folge der Kriegsereignisse verlassen und beraubt orden, und die hier domizilirte Missions⸗ Handels⸗Aktiengesellschft hat so bedeutende Verluste erlitten, daß sie sich zur Liquidation gedrängt sieht. Von Monat zu Monat steigt auch die Gefahr des Lebens für die im Lande wohnenden deutschen Familien, während alle inzwischen bei der kapischen Kolonial⸗ regierung und dem deutschen Konsul gemachten Schritte erfolglos geblieben sind. Wenn irgend je, glauben wir unter diesen Umständen berechtigt und verpflichtet zu sein, das dringende Gesuch an ein hohes Auswärtiges Amt zu richten, Hochdasselbe wolle doch bei der Königlich großbritannischen Regierung Vorstellungen machen, um eine möglichst ungesäumte Herstellung der Ordnung und des Schutzes der im Namaqua⸗ und Herero⸗Land wohnenden Deutschen zu erwirken. Zur Begründung dieser gehorsamsten Bitte erlaube ich mir Nachfolgendes darzulegen:

Der mit großer Erbitterung geführte Kampf hat während des vergangenen Herbstes und Winters ohne irgend welchen entscheidenden Erfolg hin⸗ und hergeschwankt. In jüngster Zeit hat sich ergeben, daß an der Seeküste wie von der Kap⸗Kolonie aus trotz des Verbotes der kapischen Regierung, welches in keiner Weise überwacht wird, große Quantitäten von Munition ins Namaqua⸗Land eingeführt werden. Auch südlich und sfüdöstlich wohnende Stämme, welche unter direkter Protektion der kapischen Regierung stehen, haben sich nun angeschickt, ohne daß ihnen ein Wort der Abmachung aus Kapstadt zugegangen wäre, am Kriege sich zu betheiligen. Da gleichzeitig der britische Beamte in Walfisch⸗Bai seit Ausbruch des Krieges den Herero jede Zufuhr an Munition abgeschnitten hat, so ist zu befürchten, daß nicht nur das Hererovolk von seinen Feinden überwältigt wird sondern daß auch die seit 35 Jahren im Herero Lande gefübrte deutsche Missions⸗ arbeit gänzlich zum Stillstand komme. Nicht nur das Eigenthum, sondern auch das Leben sämmtlicher im Lande wohnenden T utschen ist umer diesen Umständen schwer bedrobt.

Während des ganzen bisherigen Verlaufes des Krieges bat die britische Regierung nicht einmal ein kleines Kriegsschiff an der Walfisch⸗Bai stationirt, so daß nichts im Wege steht, daß euch dort bald einmal Räuberbanden die Bai überfallen, die La erhäuser berauben und die Gebäulichkeiten zerstören, womit die im Lande wohnenden Europäer vollends ganz abgeschnitten sein würden.

So dürfte die heutige Lag⸗, wo England nichts zum Schutze der Bai gethan bat und thut, und der noch anwesende, vielleicht inzwischen auch abgerufene britische Beamte völlig machtlos ist, das baldize Anlaufen der Bai durch ein deutsches Kriegsschiff und eine zeitweilige kurze Stationirung desselben daselbst nachdrücklich empfehlen.

Die Rbeinische Missionsgesellschaft bat seit 35 Jahren zum Besten des Namoqua⸗ und Herero⸗Landes geerbeitet und ist der

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boten, in dem bezeichneten Zeitraum wohl auch vielleicht 2 Millionen Mark für ihre Arbeiten dort verausgabt.

In ähnlicher Lage befindet sich die hiesige Handelsgesellschaft. Sie ist nicht als eine Spekulationsgesellschaft gegründet worden, sondern als eine Arbeit, welche bei mäßigem Ertrage für die Aktionäre die Arbeiten der Mission im Sinne christlicher Civilisation unter⸗ stützen sollte. Nach einem schweren Verluste, welchen dieselbe vor mehreren Jahren im Klein⸗Namaqua⸗Lande erfahren, waren ihre Ver⸗ hältnisse im Herero⸗Lande während des letzten Jahres so geordnet worden, daß die ruhige und erfolgreiche Arbeit im Herero⸗Lande in sicherer Aussicht stand. Der Krieg und seine Ausbreitung hat nicht nur diese Aussicht vernichtet. sondern bereits sehr große Verluste ge⸗ bracht und zugleich die Möglichkeit, Rimessen aus dem Lande zu be⸗ ziehen, aufs äußerste erschwert. Die Krieg führenden Häuptlinge haben von den Lagerhäusern der Handelsgesellschaft Waaren und Munition gegen Schuldscheine entnommen, welche gegenwärtig und voraussichtlich auch später keinen Werth darstellen. So sieht sich die Handelsgesellschaft zur Liquidation genöthigt, und da ihre noch zu Buch stehenden vorhandenen Werthe, soweit sie nicht entnommen oder ge⸗ raubt wurden, unverkäuflich sind, so wird die bevorstehende Liquida⸗ tion voraussichtlich den Verlust des gesammten Aktienkapitals (718 000 ℳ) herbeiführen. In einem Augenblicke, wo von allen Seiten die Stärkung des deutschen Erports und die Anlegung deut⸗ schen Kapitals in überseeischen Unternehmungen erstrebt und bevor⸗ wortet wird, erscheint es doppelt bedauerlich, daß eine seit 11 Jahren solid geführte und von den besten Absichten getragene deutsche über⸗ seeische Handelsunternehmung aus Mangel an genügendem politischen Eee“ von Seiten der britischen Regierung zu Grunde gehen muß.

Im Blick auf diese Lage erlaube ich mir weiter die dringende Bitte auszuspreche: Hohes Auswärtiges Amt wolle bei der Königlich britischen Regierung einen Ersatz für die durch den Krieg herbeigeführten Verluste der Missions⸗ wie der Handelsgesellschaft geneigtest erwirken.

So weit heute die eingetretenen Verluste sich von hier aus über⸗ sehen lassen, würde etwa eine Summe von 25 000 £ bis 30 000 £ in Betracht kommen.

Nachschrift. Seit Monaten sind keine direkten Nachrichten aus dem Herero⸗Lande uns zugekommen, da auch die Verbindung über See fast ganz aufgehört hat. Sicher aber ist, daß der Krieg fort⸗ dauert, und daß von dem Scheppmansdorp⸗Ameiber Stamm für die nöthigsten Zusendungen von Proviant aus der Walfisch⸗Bai große Kontributionen den im Lande wohnenden Deutschen sind.

abri An das Auswärtige Amt zu Berlin.

(Fortsetzung folgt.)

Je näher das Weihnachtsfest heranrückt, um so größer wird bei Manchem die Verlegenheit um ein wirklich originelles, schönes Ge⸗ schenk. Ein solches bietet sich diesmal in den Luxus⸗Spiel⸗ karten, welche, wie bereits angezeigt, im Verlage von T. O. Weigel in Leipzig erschienen sind. Diese Karten, ein deutsches und ein französisches Spiel von je 36 Blättern sind künst⸗ lerische Schöpfungen, und die Orginale derselben haben in dem Spielschrein Platz gefunden, der Ihren Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten den Kronprinzlichen Herrschaften als Festgabe des Berliner Kunstgewerbevereins zur Feier der silbernen Hochzeit dargebracht worden ist. Zwei ausgezeichnete Künstler, der leider kürzlich verstorbene Prof. Ludwig Burger, und der durch seine heral⸗ dischen Malereien wohlbekannte Emil Döpler d. J. haben die Originale sinnig entworfen und mit Feder und Aauarell prächtig ausgeführt. Die Figuren des deutschen Spiels (Könige, Ritter und Hofbeamte, Pagen und Knechte) erscheinen in dem malerischen, farbenreichen Kostüm des frühen Mittelalters. Auf den anderen Blättern, welche das Zeichen des Herzens tragen, treibt der Schelm Amor in kleineren figürlichen Szenen sein loses Spiel; unter dem Zeichen der Eicheln entwickelt sich dagegen Kampf und Krieg, unter Grün die Jagd mit der Armbrust und der Saufeder, und die Darstellungen auf den Blättern mit dem Zeichen der Schellen sind dem Handel, dem Ackerbau, der Schiffahrt und den Gewerben gewidmet. Die Rückseite der Karten ist mit einer viermal wiederkehrenden, schön stylisirten Kornblumenstaude geziert, deren Bilder durch einen kreuzförmigen Rahmen mit den preu⸗ ßischen Farben und dem Adler in der Mitte geschieden werden. Die Könige, Damen und Ritter des französischen Spiels zeigen die reiche farbenprächtige Tracht der Renaissancezeit. Die Halbfiguren sind nicht durch gerade Striche getrennt, wie bei den gewöhnlichen Karten, sondern durch dazwischengeschlungene, schön stylisirte Blumen⸗ ranken zu zwangslosen Doppelbildern vereinigt, welche mit ihrem üppigen, heraldisch stylisirten Zierrath ebenso reizvolle Erfindung und Komposition bekunden, wie sie mit delikatestem Geschmack in der Farbenzusammenstellung ausgemalt sind. Die Aßkarten zeigen zarte Federzeichnungen von nicht minder ansprechend erdachten Gruppenbildern. Die Rückseite sämmtlicher Blätter dieses Spiels schmückt der heraldische preußische Adler und das Alliance⸗Wappen der Kronprinzlichen Herr⸗ schaften in reicher Federzeichnung. Die technische Wiedergabe durch den Farbendruck ist bei beiden Spielen eine höchst vollendete. Beide haben Goldschnitt und sind in reizende, kleine, truhenförmige Kästchen gelegt, welche Meisterstücke der Buchbinderarbeit genannt zu werden verdienen. Die Truhen sind, die eine (grün, für das französische Spiel) mit dem preußischen Adler auf dem Deckel und reichen Arabesken, die andere (rothbraun, für das deutsche) mit den 4 Kartenzeichen und graziösem Rankenwerk geschmückt und bilden eine höchst geschmackvolle Hülle für die Karten. Bei dem wirklich sehr geringen Preise von 4 für jedes Spiel dürfte sich ein eleganteres und hübscheres Weihnachts⸗ geschenk für Herren schwerlich finden lassen. 8

Im Königlichen Schauspielhause erschien gestern ein neues Drama von Ernst von Wildenbruch. Wie in der Regel bei solchem Anlaß war das Haus bis auf den letzten Platz gefüllt und wieder er⸗ bebte es von dem dröhnenden Beifall, welcher den Raum durchstürmte. Offenbar betrachtet das Publikum es bereits als ein Ereigniß, wenn dieser Alles in Allem genommen hervorragendste Dramatiker der Gegenwart ein neues Stück über die Bühne gehen läßt, und daß man es in Wildenbruch mit einem gottbegnadeten Dichter zu thun hat, bleibt auch nach dem gestrigen Abend zweifellos, der mit dem vieraktigen Trauerspiel „Christoph Marlow“ unz nicht den ungestörten und einheitlichen Kunstgenuß gewährte, den wir nach früheren Erfahrungen erwarten durften. Die neueste Dichtung „Christoph Marlow“ schließt sich insofern den Vorgängern würdig an, als sie von dem wilden Geist Wildenbruchs mit seinen glänzenden Vorzügen, aber auch mit seinen Schwächen neues Zeugniß ab⸗ legt. Schon die Genialität, mit welcher er seelische Konflikte in Gegenwart und Vergangenheit zu finden und uns menschlich und er⸗ greifend nahe zu rücken weiß, läßt des Autors großes Dichtertalent erkennen. Christoph Marlow, der wilde, sich selbstvergötternde und doch unwürdigem Neide zugängliche Dichtergeist nimmt das Herz eines schwärmerischen jungen Mädchens gefangen, welches dem ein⸗ fachen treuherzigen Francis verlobt ist. Wie ein verheerender Sturm⸗ wind bricht er in das friedliche Haus Sir Walsinghams, der sein väterlicher Wohlthäter von Jugend auf gewesen, ein und bringt Ver⸗ derben über Alle, welche sich ihm liebreich nahen. Sein blendender Flammengeist erwärmt nicht mit ruhigem Lichte, sondern ver⸗ nichtet mit leidenschaftlicher Gluth. Der alte Walsingham stirbt in der Nacht, da ihn seine Tochter Leonore um Marlows willen verläßt; Leonore selbst welkt dahin an gebrochenem Herzen, und Marlom, der sich selbst vergötternde Dichtergeist, zerschellt an seinem Neide, als er den helleren Stern Shakespeare seinen Ruhm über⸗ strablen sieht. Der rächende Francis findet nur noch einen geschlage⸗ nen Mann, welcher in ehrenvollem Zweikampfe mit seinem Tode seine

Pionier der Cirilisation wie des Handels für diese Länder geworden. Sie hat, abgesebem von allem Schweiß und aller Arbeit ihrer Send⸗

Schwächen fühnt. Das Werk ist großartig in seiner Anlage und packend

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des Verfassers zu einer lebensvollen, zuweilen stürmisch forteilenden aber stets fesselnden Handlung. Die ergreifende Entwicklung der Charaktere, die Fülle der poetischen Gedanken und Empfindunger welche durch die leidenschaftliche Sprache in ein wahrhaft zauberisches Gewand gehüllt sind, üben eine zuweilen hinreißende Wirkung. Nu ein echter Dichter vermag einen großen Stoff so packend gestalten, gebietet über diese Harmonie der Empfindungen und über solchen fesselnden Wohllaut der Sprache. Trotz aller Mängel, welche ein kühl abwägender kritischer Geist an ilden⸗ bruchs „Marlow', sei es in der Komposition, in der Mangelhaftigkeit der psychologischen Motivirung im Einzelnen oder selbst in der Un⸗ wahrscheinlichkeit einzelner Vorgänge, erblicken mag, wird man be⸗ kennen müssen, daß jene Mängel sich zu dem Kunstwerk verhalten, wie die Schlacken, die auch dem edlen Erze anhaften. Den großartigsten Eindruck gewährte der erste Akt, welcher in Bezug auf die kühne Exposition und die schwermüthige Stimmung, welche dieselbe durch⸗ zieht, als ein Meisterwerk für sich betrachtet werden darf Die folgenden Akte lassen manchmal eine überzeugende psychologische und scenische Entwicklung vermissen, reißen aber immer hin durch die Wucht der Handlung und des Gedankens. Wildenbruch versuchte auch, seine Ausdrucksweise dem derberen Charakter der Zeit und dem fessellosen Gemüth des Marlow anzupassen; besonderz legt er den komisch wirkenden Personen recht kräftige Ausdrücke in den Mund, welche das Kolorit des Ganzen heben. Stürmischer Beifallsjubel erhob sich nach jedem Akte, und jedes Mal mußte auch der Dichter auf der Bühne erscheinen. Zur vollendeten Wiedergabe des Schauspiels hatte die Regie die besten Kräfte entboten, über welche sie verfügt. Hr. Ludwig (Christoph Marlow) spielte seine schwierige Rolle mit Feuer und Leidenschaft und brachte die Wildheit und Selbstvergötterung, welche den Charakter des Marlow kennzeichnen, lebenswahr und doch mit edlem Maß zur Geltung. Ihn unterstützte Frl. Meyer in ergreifender Weise als schwärmerische und weichherzige „Leonore“. Die Leistung des Frl. Schwarz (Margaret) verdiente volles Lob durch die würde⸗ und gedankenvolle Wiedergabe des edlen Frauencharakterz. Hervorzuheben sind außerdem noch die trefflichen Leistungen der Herren Berndal (Walsingham), Krause (Theaterdirektor Henslow) und Keßler (Francis Archer). Auch die Darsteller hatten Theil an dem Beifall des Hauses und wurden mehrfach nach jedem Aktschluß gerufen.

Im Deutschen Theater geht am Montag „Pitt und Forx⸗ von Rudolf von Gottschall neu in Scene. Außer den Wiederholun⸗ gen dieses Stücks bringt das Repertoire der nächsten Woche noch Wiederholungen von „Der Hüttenbesitzer“, „Romeo und Julia“, „Die große Glocke“ und „Don Carlos“. Morgen, Sonntag, wird „Die Welt, in der man sich langweilt“ gegeben.

Neues Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater. Die am Donnerstag Abend zum Besten der Weihnachtsbescheerung armer Kinder der Oranienburger Vorstadt von Hrn. Direktor Fritzsche bewilligte Wohlthätigkeits⸗Vorstellung, in welcher die reizende Operette „Gasparone“ zur Aufführung kam, hatte ein sehr besuchtes Haus. Morgen, Sonntag, findet bereits die 79. Vorstellung der Operette statt.

Im Krollschen Theater fungirte die elektrische Beleuchtung in dieser Woche zum ersten Male auch auf der Bühne, sodaß dem zahlreichen Publikum, welches der Aufführung von Jacobsons „Märchen meiner Amme’“ beiwohnte, noch eine ganz besondere Ueberraschung zu Theil wurde. Bekanntlich sind es nur wenige Theater in Europa, welche diese modernste aller Bühnenbeleuchtungen bis jetzt besitzen, jedenfalls ist aber dieser erste Berliner Versuch, nach dem Urtheil der meisten Anwesenden, sehr gelungen ausgefallen. Das Bogen⸗ licht hinter den Coulissen ist maßvoll gedämpft und wirkt wohlthuend, während die Schönheit der Kostüme (die, wie bekannt, in den „Märchen meiner Amme“ mit be⸗ sonderem Geschmack hergestellt wurden) außerordentlich erhöht, und den Dekorationen ein überaus lebendiger Charakter zu Theil wird. Die neue Beleuchtung wird in dem Etablissement nunmehr vollständig durchgeführt werden. Auch die Temperaturverhältnisse in den Sälen sind hierdurch in angenehmster Weise verändert und machen sich namentlich bei vollem Hause sehr bemerkbar. Das genannte Ausstattungsstück: „Die Märchen meiner Amme“, dessen Darsteller, große wie kleine, jetzt nach 14tägiger Wiederholung ein vortreffliches Ensemble bilden, erfreut sich nach wie vor des regsten Beifalls.

Belle⸗Alliance⸗Theater. Die morgige Sonntags⸗Vor⸗ stellung findet zu gewöhnlichen Wochentagspreisen (I. Parquet 2 u. s. w.) statt. Am Mittwoch geht als letzte diesjährige Extra⸗ Vorstellung auf Verlangen noch einmal „Maria Stuart“ in Szene.

Im Saale der Sing⸗Akademie veranstaltete gestern Abend Hr. Fritz Schousboe ein Concert, welchem ein zahlreiches Publikum beiwohnte. Hr. Schousboe ist ein Pianist von hervorragender Be⸗ deutung, der sich auch als Komponist nicht ohne Glück versucht hat, wie die von ihm vorgetragenen Stücke, Präludium und Scherzo, be⸗ wiesen. Der Vortrag zeichnet sich aus durch hübschen Anschlag, voll⸗ kommene Ruhe und Einfachheit, die sich frei hält von den oft störend wirkenden Eigenheiten, welche zu den üblichen Erscheinungen mancher Klaviervirtuosen gehören. Das sorgfältig zusammengestellte Programm bot als erste Nummer das Scharwenka'sche Klavierconcert in B-moll (op. 32), welches sauber ausgeführt und vollendet vor⸗ getragen wurde. Frl. Therese Zerbst bot durch einige Lieder eine angenehme Abwechselung. Der jungen Dame gelang Sigune’s Klage von Oskar Eichberg recht hübsch, wenngleich der Vortrag etwas monoton war. Die dem Liede folgende Kompo⸗ sition von Schousboe ist eine zwar nicht hervorragende, doch recht ansprechende Leistung; namentlich gefällt das fließend ge⸗ schriebene und heitere Scherzo. Den Glanzpunkt des Concertes bildete ein Chopinsches Nocturne, in welchem der Künstler durch Weichheit des Tones und vorzügliches Piano Ausgezeichnetes leistete. Das Schytte'sche „Ueber die Steppe hin“ (aus „Naturstimmungen“ op. 22) wirkt durch eigenartige Stimmung und Akkorde. Die recitativ gehaltene Wagnersche Komposition „Im Treibhaus“ wurde von Frl. Zerbst ansprechend vorgetragen, während es ihr im „Gebet Gretchens vor der Mater dolorosa“ von W. Fritze an charakteristischem Ausdruck der Leiden⸗ schaft und des Schmerzes mangelte. Das kleine Concert in A-moll op. 16 von Edv. Grieg wurde glänzend und sehr präcis gespielt, wobei sich das Klavier herrschend über den Instru⸗ menten erhielt. Das Philharmonische Orchester unter Leitung des Prof. Karl Klindworth unterstützte den Künstler auf das Beste. Das Auditorium folgte den gebotenen Genüssen mit großem Vergnügen und belohnte die Leistungen mit lebhaftem Beifall. Recht unangenehm war die leider auch gestern ausgeübte üble Angewohnheit eines Theiles des Publikums, vor Schluß des Concertes das Haus zu verlassen, was für den Künstler verletzend und für den aufmerksamen Theil der Zuhörer äußerst störend wirkt. Mit anerkennenswerther Pünktlichkeit hat Hr. Cumberland schon gestern den Reinertrag seiner vorgestrigen Wohlthätigkeits⸗ Seance, eine Summe von 1769 ℳ, an die betreffenden Stellen ab⸗ geführt, und zwar 769 dem „Invalidendank“, einen Check für 700 dem Ober⸗Bürgermeister für die Armen von Berlin und 300 dem Vorstande des unter dem Protektorat Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin stehenden Kindergartens für arme Kinder als Weihnachtsbescheerung überwiesen.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Schol z). Druck: W. Elsn Sieben Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

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Berlin:

in seiner Durchführung; der spröde Stoff gestaltet sich in den Händen

Haenisch erklärte,

der Qualität der Mobilmachungspferde hinzuwirken und mit

„Anzeiger und Königlich Preußischen

Erste Beilage

Berlin, Sonnabend, den 13. Dezember

ats⸗Anzeige

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Preußen. Berlin, 13. Dezember. Im weiteren Ver⸗ laufe der gestrigen (13.) Sitzung des Reichstages wurde die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betr. die Feststellung des Reichshaushalts⸗Etats für das Etats⸗ jahr 1885/86 mit dem Etat der Verwaltung des Reichs⸗ heeres (dauernde Ausgaben Kap. 32 Tit. 1) fortgesetzt.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath General⸗Major von die Militärverwaltung gebe zu, daß die Ergeb⸗ nisse der Remonteankäufe Seitens der sechsten Kommission im Westen und Süden Deutschlands nicht voll genügend seien, und daß sich die Kosten, die die Kommission verursache, nicht ganz durch das Ergebniß des Ankaufes bezahlt machten. Andererseits könne sie trotz dieses Verhältnisses es nicht unterlassen, den Ankauf in West⸗ und Süddeutschland für einen dringend nothwendigen zu halten, weil es das einzige Mittel sei, auf die Pferdezucht in diesen Provinzen fördernd einzuwirken; und solche Ergebnisse seien vorhanden, wenn sie auch nicht sehr bedeutend seien. Daß sich die Pferdezucht in diesen Provinzen gehoben habe, drücke sich einiger⸗ maßen im Remonteankaufe wie auch in der Klassifikation der Mobilmachungspferde aus. Die Hebung der Pferdezucht in diesen Provinzen sei um deswillen für die Militärverwaltung besonders wichtig, weil sie gezwungen sei im Falle der Mobilmachung auf die im Lande befindlichen Pferde als Mobilmachungspferde zu rekurriren. Die Militärverwaltung würde zwar im Stande sein, den Remonteankauf auch aus den anderen Provinzen voll zu besorgen, ohne auf West⸗ und Süddeutschland Rücksicht zu nehmen, sie würde etwas billiger, sogar bessere Pferde kaufen; die Militärverwaltung sei aber doch gezwungen, den Ankauf möglichst auf das ganze Reich auszudehnen, weil es das einzige Mittel sei, auf die Besserung gelangen, daß man sie auch an den Orten sie brauche, und nicht erst weite Trans⸗ und Süden im Cöö brauche eintreten zu lassen. Die Bemerkungen de Vorrepners , welche den Uebelstand des Zwischen⸗ handels bei den Privatmärkten betreffe und auf sehr genauer Sachkunde der Detailverhältnisse beruhe, werde die Militär⸗ verwaltung zur Erwägung nehmen und sich vorbehalten, dem⸗ nächst das Weitere zu veranlassen. Im Augenblick würde ein bestimmtes Versprechen nach der einen oder der anderen Rich⸗ tung nicht zu geben sein, da von hier aus diese Verhältnisse nicht zu übersehen seien. Gegen die Verweisung dieses Titels an die Budgetkommission habe die Militärverwaltung kein Bedenken geltend zu machen; aber auch dort werde sie an dem Standpunkt entschieden sesthalten müssen, auch in den Provinzen, welche zur Zeit ein sehr ergiebiges Remonte⸗ material nicht lieferten, doch den Pferdeankauf im Interesse der Landes⸗Pferdezucht und der Besserung der Qualität der Mo⸗ bilmachungspferde in jenen Landestheilen fortsetzen zu müssen.

Die beiden Titel wurden der Budgetkommission über⸗ wiesen. d 33, „Verwaltung der Remontedepots“ und Kap. 34 ‚Reisekosten, Tagegelder, Vorspann und Transportkosten wurden ohne Debatte genehmigt. 5

In Kap. 35 sind für Militär⸗Erziehungs⸗ und Bildungs⸗ wesen 4 590 627 ausgeworfen.

Insbesondere im Tit. 18 bis 20 für die Kadettenanstalten (Haupt⸗Kadettenanstalt, Kadettenhäuser in Potsdam, Culm, Wahlstatt, Bensberg, Plön und Oranienstein) 420 835 b, zu persönlichen Ausgaben 88 588 und zur Beköstigung 510 332 1

Bei diesem letzten Posten werden in Rücksicht auf den voraussichtlichen Einnahmeausfall an Kadetten⸗Pensionsgeldern 155 735 mehr gefordert, als im Vorjahre.

Der Abg. Kalle bat um Aufklärung über diese Mehraus⸗ gabe und um Erläuterung der Manquements in den Pensionär⸗ stellen der Kadettenanstalten und der Zahl und Art der Zurück⸗ weisungen, nae 8 im Frühjahr vom Abg. Richter in Anregung gebracht worden sei.

e der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Staats⸗Minister Bronsart von Schellendorff das Wort:

Meine Herren! Ich werde mich zunächst mit dem meiner Mei⸗ nung nach wichtigeren Theil der Anfrage beschäftigen, der auch das Haus im Frühjahr schon zu Erörterungen veranlaßt bat, nämlich in Betreff der Frage, ob bezüglich der Aufnahme von Pensionären im einzelnen Falle nach richtigen oder unrichtigen Grundsätzen verfahren wird, im Besonderen, ob einzelne Kategorien von Familten, Ständen u. s. w., Berufsklassen ausgeschlossen werden. Ich habe hier eine Zu⸗ sammenstellung vor mir, welche die Verhältnisse ultimo Juni d. J., also bald nach Zusammentritt des neuen Kursus zusammenfaßt, und das sind Resultate, die natürlich durch die Verhandlungen in diesem Hause nicht beeinflußt sein können, weil die Bestimmung darüber, wer zu diesem Kursus zugelassen werden sollte, bereits getroffen war; das bemerke ich mit Rücksicht auf eine Eventualität, die der Hr. Abg. Richter gestern angedeutet hat. ““

de eet üce., 611 Pensionäre, das sind also diejenigen Knaben, welche in das Kadettencorps aufgenommen werden, ohne daß den Eltern ein vorzugsweiser Anspruch zusteht, im Gegensatz zu den so⸗ genannten etatsmäßigen Kadetten. Von diesen 611 Pensionären waren 18,2 % Söhne von Offizieren, d. h. von solchen Offizieren, die in hohem Gehalt oder Einkommen sind, und für welche deshalb die Benefizien, die sonst den aktiven Offizieren zugestanden sind, nicht berücksichtigt wurden, deren Söhne also auf Grund guter Ver⸗ mögenslagen, nicht zu etatsmäßigen Kadetten genommen wurden, sondern unter die Pensionäre versetzt worden sind, als 18,2 %. 27,3 % Söhne von Beamten, Geistlichen, Rechtsanwälten, Lehrern und dergleichen; 2,8 % von Aerzten; 31,6 % von Gutsbesitzern; 20,1 % von Kaufleuten, Pächtern, Industriellen. Und, meine Herren, was das Verhältniß der abgelehnten Gesuche zu den eingehenden An⸗ meldungen für Pensionsstellen betrifft, so bemerke ich, daß 118 be⸗ willigt, 27 abgelehnt sind. Da werden Sie zugeben, daß das an und für sich kein sehr hoher Prozentsatz ist. Ich werde Ihnen aber auch sagen, weshalb die Anträge abgelehnt worden sind: neun Anträge wegen der sozialen Stellung der Familie, einer wegen mangelhaften bürgerlichen Rufes des Vaters, zwei wegen ungünstiger Vermögenslage, d. h. also, daß die Leute nicht im Stande waren, die Pension zahlen zu können, zwei, veil die Angemeldeten unehelich geboren sind, zwölf, weil sie das aufnahmsfähige Alter über⸗

der Zeit dazu zu finde, wo man sie porte nach dem Westen

unter diesen 27 nur 9 sich befinden, bei welchen die Frage der dis⸗ kretionären Befugniß auftritt, so werden Sie mir zugeben, daß man hieraus nicht wird schließen können, da überhaupt im Ganzen 145 Anträge zur Erörterung kamen und nur 9 wegen Mängel in der sozialen Stellung der Familie abgelehnt worden sind, daß dort mit einer unnatürlichen Strenge oder in vorurtheilsvoller Weise verfahren wird. Aus diesen Zahlen würde sich das ganz entschieden nicht er⸗ geben. 1 Ich bin also in der Lage, auf Grund dieser Zahlenangaben voll⸗ tändig meine Behauptung aufrecht zu erhalten, daß wir keinen Stand ausdrücklich von der Aufnahme in die Kadettencorps⸗Pensionsstellen ausschließen, das wir dazu auch gar keine Veranlassung haben, daß wir aber allerdings genöthigt sind, die Familienverhältnisse, die erste Erziehung, die ein solches Kind im Hause seiner Eltern genießt, in pflichttreuer Weise zu exmitteln, damit das Kadettencorps den Cha⸗ rakter, den es haben foll, Söhne aus anständigen, gebildeten Fa⸗ milien, die eine Garantie für eine angemessene Erziehung bieten, auf⸗ zunehmen, nicht einbüßt. 8 . Was nun die Frage anlangt, in wie weit wir überhaupt Pen⸗ sionsplätze besetzt haben und in wie weit Manquements gegen die Zahlen, welche wir ursprünglich bei der Neuorganisation des Ka⸗ dettencorps in Aussicht nahmen, vorliegen, so bitte ich den Herrn Präsidenten, dem Hrn. General⸗Major von Hänisch das Wort zu geben, derselbe ,— über bieie und auch noch über andere ahlen Ihnen Auskunft geben können. Der Bevollmächtigte zum Bundesrath General⸗Major von

Haenisch erklärte, die Gesammtzahl der Kadetten betrage 2088. Davon seien in dem vorliegenden Etat in Aussicht genommen 613 Pensionsstellen gegen 813 im Vorjahre, und es bleibe dem⸗ nach auf die etatmäßigen Kadetten die Zahl von 1475. Die Herabsetzung der Zahl der Pensionäre um 200 sei deshalb nothwendig geworden, weil die Militärverwaltung in den Vorjahren erhebliche Manquements gehabt hare, 1878—79: 273 Plätze, 1879 80: 241 Plätze, 1880 81: 227 Plätze, 1881 82 sei die Zahl wieder auf 280 gestiegen, im Jahre 1882 83 auf 286; von da ab habe sich ein Fallen geltend gemacht. Im vorigen Jahre habe die Zahl nur 264 betragen und die Militärverwaltung habe Grund, anzunehmen, daß im kommenden Etatsjahr die Zahl der Manquemenis auf etwa 200 sich vermindern werde. Der Einnahmeausfall, der aus der geringeren Zahl der Pensionäre entstanden sei, betrage 156 000 und sei bei den Tit. 18, 19 und 20 des Kap. 35 in Absatz gebracht worden. Dagegen habe sich die Zahl der etatmäßigen Ka⸗ detten um 200 vermehrt, und sei der Erziehungsbeitrag für dieselben bei Tit. 21 in Zuwachs gekommen. Die Pensionen, die für die Pensionäre zu zahlen seien, betrügen für jede Stelle 780 und 1500 für die Ausländer. In den Stellen der etatmäßigen Kadetten seien Erziehungsbeiträge von 90 ℳ, 180 ℳ, 300 und 450 zu zah⸗ len. Endlich seien 135 Freistellen vorhanden. In die Manquements der früheren Jahre habe die Militärverwal⸗ tung etatmäßige Kadetten zu einem geringeren Erziehungs⸗ beitrage einberufen, als die Pensionen betrügen. Dadurch sei ein gewisser Einnahme⸗Ausfall entstanden, der imm X Ll⸗ standen wäre, auch wenn die Zahl der etatmäßigen Käge ten nicht vermehrt worden wäre, denn die Generalkosten blisben dieselben, und es wären im Gegentheil die Erziehungsbeiträge, die durch die etatmäßigen Kadetten gezahlt seien, in Wegfall gekommen. Nur bei Tit. 20 (Beköstigung) sei durch Einbe⸗ rufung der etatmäßigen Kadetten auch eine Mehrausgabe er⸗ folgt, die sich im Ganzen der Mehreinnahme durch die Er⸗ ziehungsbeiträge gleichstelle. Nur zu den Generalkosten, zu den Kosten für Bekleidung, für das Lehrerpersonal, für die Unterhaltung der Gebäulichkeiten u. s. w. würde ein Beitrag in den geringeren Erziehungsbeiträgen nicht zu finden ge⸗ wesen sein. Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, es handele sich hier zunächst um eine wichtige Frage des formellen Etatsrechts, nämlich darum, ob der Reichztag eine Mehrausgabe von etwa 100 000 bewilligen wolle, welche zwar schon im vorigen Etat vorgekommen sei, aber nicht in Folge der Be⸗ willigung des Reichstages, sondern in Folge einseitiger Maß⸗ nahmen der Militärverwaltung in den Jahren 1883/84. Wenn der Reichstag die Sache jetzt, sowie es vorgeschlagen sei, bewillige, so werde die Verwaltung auch ferner, ohne den Reichstag zu fragen, ganz nach Belieben durch Herabsetzung der Pensionärstellen den Etat belasten können. Der Reichstag dürfe es daher nicht formell bei der bloßen Kenntnißnahme bewenden lassen, sondern man müsse verlangen, daß die Zahl der Kadetten im Ganzen und ebenso die Zahlen der einzelnen Kategorien von etatsmäßigen Kadetten und von Pensionären im Etat jedesmal fixirt würden. Nur so könne der Reichstag den Etat festlegen und sich gegen fernere einseitige Verschie⸗ bungen und damit verbundene Mehrausgaben schützen. Wolle dann die Verwaltung eine Veränderung eintreten lassen, so müsse sie das vor dem Reichstag begründen, und man werde stets die Zweckmäßigkeit prüfen können. Zweitens sei es aber auch materiell nicht berechtigt, so viele Stellen mit geringen Beiträgen zu bewilligen, wie die Regierung vorschlage. Wenn die 1878 vereinbarte Zahl von Pensionären mit je 780 nicht erreicht werden könne, dann müßten die Stellen einfach unbesetzt bleiben, und man solle nicht durch Herabsetzung des Preises die Anstalten zu füllen suchen. Im Jahre 1878 hätten noch Schwierigkeiten für den Offizierersatz bestanden, jetzt hätten sich die Manquements an Lieutenantsstellen erheblich vermindert, in diesem Etat allein um 600; und voraussichtlich würden die etatsmäßigen Lieutenantsstellen schon in nächster Zeit alle besetzt sein. Wenn sich so der Offizierersatz ohne jede Schwie⸗ rigkeit vollziehe, so habe man doch gewiß keine Ursache, den Zuschuß des Staates zu den Kadettenanstalten durch Herab⸗ setzung der Pensionen zu erhöhen. Deshalb meine er, müsse man die Zahlen der Kadetten nicht auf Grund der heutigen Vorschläge fixiren, sondern auf der Grundlage von 1878, und er beantrage, in den Etat folgende Anmerkung aufzu⸗ nehmen: „Die Kadettenanstalten sind zur Aufnahme bestimmt von 2008 Kadetten, wovon 778 eine Pension zahlen von 780 ℳ, 100 von 450 ℳ, 400 Erziehungsbeiträge von 300 ℳ, 300 von 180 ℳ, 300 von 90 Freistellen bestehen 130. Es wäre übrigens auch interessant, die Zahl der abgelehnten Gesuche bezüglich derjenigen Kategorien zu erfahren, wo nicht

Aufnahme in die Kadettenanstalten ausgeschlossen seien. Er wisse nicht, ob es bezüglich der Aufnahme von Kadetten Regle⸗ ments gebe, jedenfalls wäre es nützlich, wenn solche beständen und veröffentlicht würden. Vielen Familien würden dadurch unnöthige Bemühungen und Kosten erspart werden. Demnächst nahm der Staats⸗Minister Bronsart von Schellendorff das Wort: 1 Meine Herren! Ich habe zunächst einen kleinen Irrthum zu korrigiren in den Zahlenangaben, die ich vorhin gemacht habe. Ich habe mich eben überzeugt, daß die Zahl 27 zu 118, die ich Ihnen eben genannt habe, allerdings die Zahl der abgelehnten gegenüber den angemeldeten ist, so daß also 27 zu 118 und nicht zu 145 zu setzen ist. Ich bitte um Entschuldigung. daß ich mich darin versehen habe; in⸗ dessen glaube ich, sehr wesentlich ändert sich das Resultat, was man aus dieser Betrachtung zieht, nicht, da ich ja auch die andere Zahl genannt habe, nämlich wieviel Anträge auf Grund der sozialen Stel⸗ lung der Familie zurückgewiesen worden sind. 1“ Eine Bestimmung, daß die Söhne von Handwerkern nicht ins Kadettencorps aufgenommen werden sollen, existirt nicht, dagegen existiren überhaupt Bestimmungen über die Aufnahmwe..— Wenn der Herr Abgeordnete nun wünschte, daß die Statistik noch vermehrt werden sollte in Bezug auf die etatsmäßigen Kadetten, so ist das ein neuer Wunsch, den der Herr Abgeordnete zur Geltung bringt. Ich möchte aber hier aus den Bestimmungen, welche für die Aufnahme von Knaben in das Königlich preußische Kadettencorps auf Grund der durch Allerhöchste Kobinetsordre vom 18. Januar 1877 genehmigten Reorganisation aufgestellt sind, doch einige Sätze vorlesen: 1 §. 4. Persönliche Verhältnisse der Zöglinge, welche für deren Anwartschaft zur Aufnahme in etatsmäßige Stellen bestimmt sind. das sind also diejenigen, über welche der Herr Abgeordnete wei⸗ tere Auskunft verlangt, und da heißt es: Für alle aufzunehmenden Zöglinge besteht die Bedin⸗ gung, daß sie einer legitimen Ehe entsprossen sind und für die Söhne der Offiziere des Friedensstandes des Heeres und der Marine, sowie der Gensd'armerie und des Pensionsstandes außerdem die Bedingung, daß diese Ehe schon während der aktiven Dienstzeit der Väter bestanden hat; bei den Offizieren des Beurlaubtenstandes und den Unteroffizieren aber, daß die Söhne zu derjenigen Zeit bereits geboren waren, als die Väter ihre An⸗ ; auf die Aufnahme erworben haben.

Dann heißt es: 21 .

Bei hiht kang der Anwartschaft auf etatsmäßige Stellen wird das dienstliche, sowie das Privateinkommen der Eltern resp. das Vermögen der Kinder in Betracht gezogen.

Im übrigen werden ja dann wissenschaftliche Anforderungen ge⸗ stellt, welche dem Lebensalter entsprechen. In Bezug auf die Pen⸗

d eißt es: Aufnahme in die Pensionärstellen des Kadettencorps

können alle legitimen Söhne von Inländern gelangen. Ueber die Zulassung entscheidet der Kommandeur des Kadettencorps.

Nun, meine Herren, ich glaube, daß man, da es sich hier um zukünftige Offiziere handelt, um ein Institut, welches den ausge⸗ sprochenen Zweck hat, Offiziere heranzubilden daß man da dem Commandeur des Kadettencorps diejenige diskretionäre Befugniß 8 dieser Beziehung beimessen muß, wie sie thatsächlich den Re⸗ wʒren Commandeuren in der Armee beigemessen ist; und ich wült und die immer erst dann in der Lage sein vorauszusetzen, näre Befugniß nicht entsprechend gehandhabt 5 dafür beigebracht würde, oder wenn Klagen an mich gelangten, und besonde* belegt wird, daß bei der Abweisung über die zulässige Grenze sozialer Anforderung hinausgegangen ist. Daß man derartige Bestimmungen nicht fassen kann wie etwa ein Gesetzbuch, meine Herren, das liegt doch, glaube ich, auf der Hand. 1 b

Sodann hat der Herr Abgeordnete ausgesprochen, es handele sich hier um eine sehr wichtige Frage des Etatsrechts und er ist zurück⸗ gekommen auf die Erörterungen, die hier bereits stattgefunden haben. Meine Herren, ich glaube aber, wenn wir ein Kadettencorpvs mit allen großen Gebäuden und mit allen Apparaten des Unterrichts und der Erziehung u. s. w. hergestellt haben, für eine gewisse Normalzahl von Zöglingen, daß wir dann doch auch im Interesse der Sache handeln, wenn wir bestrebt sind, diese Zahl von Zöglingen dort auch unterzubringen und zu erziehen, und wenn sich also eine genügende Zahl von Pensionären nicht gemeldet hat, h. und ich bemerke ausdrücklich, daß, wenn alle Anmeldungen befolgt worden wären, daß wir doch trotzdem die volle Zahl der Pensionäre, wie sie damals 1877 angesetzt worden ist, niemals gehabt haben würden nun, wenn das der Fall ist, so liegt doch für die Militär⸗ verwaltung der Gedanke sehr nahe, daß sie sagt: wenn ich thatsächlich die volle Zahl der in Aussicht genommenen Pensionäre nicht erreichen kann, so nehme ich aus den für etatsmärige Kadettenstellen berechtigten Anmeldungen soviel und vertheile das etwa durchschnittsmäßig so ungefähr, wie die Abstufungen überhaupt stattfinden, und vertheile es außerdem so, daß abgesehen von den Generalkosten, die ja dieselben bleiben die durch die thatsächliche Einstellung von etatsmäßigen Kadetten ent⸗ stehenden Mehrkosten durch die summarischen Pensions beträge dieser Kadetten aufgebracht werden. enn das geschieht, so glaube ich, ist das eine Maßregel, die sich materiell durchaus empfiehlt.

Es entsteht nun die Frage, ob mit dieser Maßregel ein for⸗ meller Verstoß gegen das Etatsrecht bisher stattgefunden hat, und da bleibe ich bei meiner Behauptung stehen, die ich im Frühjahr aufgestellt habe, denn die Zahlen der ein⸗ zelnen Kadettenkategorien sind nicht im Dispositiv irgend eines Etats enthalten gewesen, sondern haben nur zur Grundlage für die Aufstellung des ganzen Etats, der ganzen Einrichtung des Kadetten⸗ corps gedient. Wenn wir uns damals im Jahre 1877 in Bezug auf die Zahl der zu erwartenden Pensionäre getäuscht haben, so können Sie das ja als einen Mangel an Voraussicht u. s. w. erklären, aber Sie werden nicht behaupten können, daß hier ein formeller Verstoß gegen das Etatsrecht vorliegt. Trotz alledem habe ich nur gesagt, nachdem diese Angelegenheit hier im Reichstage zur Sprache gekom⸗ men ist, es wäre ja wirklich viel zweckmäßiger und nützlicher, wenn wir für jedes Jahr den Etat des Kadettencorps in der Weise auf⸗ stellen, wie wir ihn mit gutem Gewissen aufstellen können. Also“ wir haben augenblicklich 611 Pensionäre; bei dem Etat 1885/86, der Ihnen hier vorgelegt ist, sind, wenn ich nicht irre, 613 angenommen, also ein ganz geringer Zuwachs, auf den wir auch wohl rechnen können, nachdem das Kadettencorps einen verbesserten Lehrplan dahin hat, daß die jungen Leute ein Abiturienten⸗Examen einer Realschule I. Ordnung, also eines Realgymnasiums, machen können. Seitdem haben wir einen größeren Zulauf von Pensionären, was ja sehr natürlich ist, da den jungen Leuten Gelegenheit geboten wird, wenn sie eine andere Carrisre ergreifen wollen, von Hause aus aus dem Kadettencorps mit Aussicht auf Erfolg dies thun zu können. 1

Ich meine also, es ist nicht richtig, nete sagt, wir hätten nun die ün. . corps durch Herabsetzung des Preises gewissermaßen versucht, als ob wir unsere Stellen ausgeboten hätten. In der Lage befinden wir uns nicht, wir haben mehr Anmeldungen an etatsmäßigen Ka⸗ detten, als wir einstellen können, und da wir diese Anmeldungen ein⸗

wenn der Herr Abgeord⸗ Füllung des Kadetten⸗

schritten haben, einer, weil er ein Ausländer war, über welchen Näheres nicht zu ermitteln gewesen ist. Wenn Sie annehmen, daß

die volle Pension in Frage komme. Man habe ihm ver⸗ sichert, daß Söhne aus erk stand

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mal haben, so glaube ich, ist im Interesse

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daß diese dieerungebi⸗ e habt wird, wenn der Berfl „.9

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