1884 / 301 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 22 Dec 1884 18:00:01 GMT) scan diff

zu nehmen und statt dessen strengere“ polizeiliche Maßregeln ein treten zu lassen.

Haftstrafe zu vollsstrecken, weiter gegen denselben

zu restituiren sind.

Der Bervollmächtigte zum Bundesrath, Königlich bayerische Ministerial⸗Rath von Kastner ist von hier ab⸗

gereist.

Se. Durchlaucht der Prinz Friedrich von Hohenzollern, Oberst à la suite des 2. Garde⸗Dragoner⸗ HRegiments und Commandeur der 3. Garde⸗Kavallerie⸗Brigade,

hat einen 14 tägigen Urlaub nach Sigmaringen angetreten.

Der General⸗Lieutenant von Kleist, Commandeur ist von kurzem Urlaub nach

der 1. Garde⸗Infanterie⸗Division, Dessau hierher zurückgekehrt.

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren Dr. Huebner in Stettin, Dr. Kayser in Breslau, Dr. Kittmann in Glatz, Pape in Tschirnau, Dr. Menneberg in Festenberg, Dr. Boenninghaus als 2. Hebammenlehrer in Breslau, Dr. Dr. Behrmann und Dr. Klockner in

Dr. Mohr in Insterburg, Dr. Dieterich in Demmin,

Spitz in Strehlen, Oberaula.

Württemberg. FC Kammer der Abgeordneten unterzeichnete Adresse an den Fürsten Reichskanzler abgegangen:

„Angesichts der feindseligen, das Vaterland schädigenden Haltung der Reichstagsmehrheit vom 15. d. M. fühlen wir uns gedrungen, Ew. Durchlaucht unser rückhaltsloses Vertrauen und den ehrfurchts⸗ vollsten Dank für die energische Wahrung der deutschen Interessen

auszudrücken. Möge das deutsche Volk, dessen Herz Ew. Durchlaucht

gewonnen hat, den auf seine Größe und sein Wohl gerichteten Be⸗

strebungen Ew. Durchlaucht künftig verständnißvoller und entschiedener

Unterstützung gewähren! Im Namen von 44 Mitgliedern der Würt⸗

tembergischen Kammer der Abgeordneten: W. Wolff, Landtags⸗ abgeordneter der Stadt Tübingen.“

Braunschweig. Braunschweig, 19. Dezember. (Hann. Cour.) Der Landtag wurde heute durch den Staats⸗ Minister Grafen Görtz⸗Wrisberg eröffnet und trat sofort

in die Geschäfte ein. Zum Präsidenten wurde der Abg. von Veltheim, zum Vice⸗Präsidenten der Abg. Lerche erwählt. Beide erhielten die Bestätigung des Regentschaftsraths. Dann wurde beschlossen, die neu eintretenden Mitglieder nicht durch den üblichen Eid, sondern durch ein einfaches Gelöbniß zu erpflichten, und darauf wurden die neuen Mitglied eingeführt. Die Eröffnungsrede des Staats⸗Ministers lautet: „Entsprechend dem mir vom Regentschaftsrathe ertheilten Auf⸗ rage, der 18. ordentlichen Landtag zu eröffnen, heiße ich Sie, meine ochgeehrten Herren, im Namen der Herzoglichen Landesregierung hier willkommen. Seit dem Schlusse des 17. ordentlichen Landtages am 14. März 1883 ist für unser Land durch das am 18. Oktober d. J. er⸗ olgte Ableben unseres geliebten Landesfürsten, des Hochseligen Herrn Herzogs Withelm, ein Ereigniß eingetreten, dessen außerordentliche Trag⸗ Feite für die Zukunft des Landes zur Zeit noch nicht zu ermessen steht, das aber schon jetzt dadurch von tiefgreifender Wirkung für Verwaltung und Gesetzgebung ist, daß gegenwärtig die Regierung des Landes nicht von einem souveränen Landesfürsten als Oberhaupt des Staates, sondern nach Maßgabe des Gesetzes vom 16 Februar 1879 vom Regentschaftsrathe provisorisch geführt wird, diese provisorische Re⸗ ierung aber theils nach den ansdrücklichen Bestimmungen des Ge⸗ etzes, theils nach ihrer ganzen inneren Natur verschiedenen Beschrän⸗ ungen unterliegt, vor Allem ihrer Neuheit wegen vielfache geschäft⸗ liche Erschwerungen mit sich bringt.

Aber, meine hochgeehrten Herren, auch noch andere für die Re⸗ gierungsführung des Landes wichtige Ereignisse sind seit Schluß des letzten ordentlichen Landtages durch das am 1. Oktober v. J. er⸗ folgte Ausscheiden eines langjährigen und hervorragenden Mit⸗ gliedes des Staats⸗Ministeriums und durch den bald darauf er⸗ folgten Tod eines anderen Mitgliedes desselben eingetreten. Durch die mit solchen Personalveränderungen nothwendig verbundenen Geschäftsstörungen, ganz besonders aber durch mit dem Ableben Sr. Hoheit des Hochseligen Herzogs nothwendig verknüpfte Ver⸗ mehrung der Geschäste sind Zeit und Kräfte der Mitglieder des Herzoglichen Staats⸗Ministeriums seit längerer Zeit so in Anspruch genommen gewesen, daß die gründliche Bearbeitung verschiedener Auf⸗ gaben auf dem Gebiete der Verwaltung und Gesetzgebung. wenngleich begonnen, doch einstweilen wieder hat zurückgestellt werden müssen, zumal in letzterer Zeit die Thätigkeit der Regierung durch die auf dem Gebiete der Sozialpolinik vom Deutschen Reiche theils schon erlassenen, theils noch zu erlassenden Gesetze außerordentlich in An⸗ spruch genommen worden ist.

Die Landesregierung muß sich daher für jetzt darauf beschränken, der geehrten Landesversammlung außer den verschiedenen Etats, deren Mittheilung unverweilt erfolgen wird, von umfassenden Gesetzgebungs⸗ arbeiten nur den Entwurf eines Gesetzes, die Landesbrand versicherungs⸗ anstalt betreffend, in nächster Zeit vorzulegen.

Unter diesen Umständen wird Ihre Thätigkeit, meine hochver⸗ ehrten Herren, zunächst besonders von den auf die Feststellung der verschiedenen Etats bezüglichen Arbeiten in Anspruch genommen werden.

Im Allgemeinen kann die Finanzlage des Landes, wie früher so auch jetzt wieder, als eine befriedigende bezeichnet werden. Dieselbe würde sich aber noch wesentlich günstiger gestaltet haben, wenn nicht nach dem dem Reichstage vorgelegten Entwurf zum Reichshaushalts⸗ Etat für das Etatsjahr 1885/86 eine sehr bedeutende Steigerung der von den Einzelstaaten zu bezahlenden Matrikularbeiträge eingetreten und hiernach in dem diesseitigen Entwurf zum Staatshaushalt Rück⸗ sicht zu nehmen gewesen wäre.

Im Uebrigen wird die Landesregierung es sich angelegen sein lassen, die zum großen Theil bereits begonnenen Arbeiten auf dem Gebiete der Gesetzgebung thunlichst zu fördern, und giebt sich der hin, daß, wenn nicht wieder unvorhergesehene Ereignisse indernd in den Weg treten sollten, es möglich sein wird, der geehrten Landesversammlung einige desfallsige Vorlagen, so namentlich wegen Revision der revidirten Städteordnung und der Landgemeindeordnung und wegen Revision des Civil⸗Staatsdienstgesetzes noch auf diesem ordentlichen Landtage machen zu können.“

20. Dezember. (W. T. B.) Der Landtag ist heute, nachdem er eine Kommission gewählt, bis zum 10. Februar k. J. vertagt worden.

Lippe. Detmold, 18. Dezember. (Hann. C.) In der heutigen Sitzung des Landtages wurde zunächst zur An⸗ zeige gebracht, daß die Fürstliche Fideikommiß⸗Verwaltung ihren Antrag auf Bewilligung einer Apanage für den Prinzen Hermann zurückgezogen hat. Das Haus beschäftigte sich als⸗ dann in eingehender Debatte mit dem Antrage, betreffend die Heranziehung der ausländischen Feuerversicherungs⸗Gesellschaf⸗ ten zu den Feuerlöschanstalten der Kommunen. Es wurde ein Antrag des Abg. Husemann angenommen, welcher der Regierung die Vorlage eines Gesetzes empfiehlt, durch welches bestimmt werden soll, daß die Bei⸗ träge nicht von der Versicherungssumme, sondern von de

Stuttgart, 20. Dezember. (St.⸗A.

en zu Der Minister mißbilligt es daher, daß die Polizeibehörde sogar dazu übergegangen ist, gegen den Be⸗ treffenden zweimal eine von derselben festgesetzte achttägige und hat angeordnet, daß die 1— selben festgesetzten Exekutivstrafen aufzuheben und, soweit sie inzwischen gleichwohl beigetrieben sein sollten,

Heute ist folgende, von 44 Mitgliedern der

Prämien erhoben und daß diese Beiträge erhöht werden. Ferner soll diese Abgabepflicht auch auf Immobilien ausge⸗ dehnt werden. Ferner wurde der folgende Antrag des Finanzausschusses angenommen: „Der Landtag wolle sich damit einverstanden erklären, daß ein etwaiger die Etatsposition überschreitender Mehrertrag der Erbschafts⸗ steuer, soweit er nicht zur Deckung etatmäßiger Ausgaben erforderlich ist, zur Abtragung von Schulden verwandt werde; daß aber aus den für das Jahr 1884 zu erwartenden erheblichen Mehreinnahmen der Erb⸗ schaftssteuer zunächst ein solcher Betrag, wie er sich nach Ab⸗ schluß der Rechnung für 1885 als nöthig herausstellen wird, zur Deckung des Defizits verwandt werde, das sich ergiebt, wenn für den Etat von 1885 der für 1884 vereinbarte Nach⸗ laß an der Schulsteuer und Klassensteuer aufrechterhalten wird; zugleich Fürstliche Staatsregierung zu ersuchen, sich mit dieser Verwendung und mit der Aufrechterhaltung des früheren Nachlasses einverstanden zu erklären.“ n 8

Oesterreich Ungarn. Wien, 20. Dezember. Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht eine Verordnung des Gesammt⸗Ministeriums vom 19. Dezember d. J., be⸗ treffend die Einstellung der Wirksamkeit der Geschwornen⸗ gerichte für den Gerichtshossprengel Wiener⸗Neustadt in Nieder Oesterreich.

Pest, 20. Dezember. (Prag. Ztg.) Im Abgeordneten⸗ hause beantwortete derHandels⸗Ministerheute die Interpella⸗ tion Helfy's betreffs der fronzösischen Zollerhöhung dahin, daß vorläufig blos die darauf gerichtete Absicht der französischen Regierung bestehe, weshalb kein anderer Schritt als die Einleitung von Verhandlungen geschehen konnte. Eine detaillirte Auskunft könne nicht ertheilt werden. Eine Ver⸗ ständigung mit der österreichischen Regierung über ein gemein⸗ sames Vorgehen sei schon am 6. Oktober erzielt worden. Das Haus nahm die Antwort zur Kenntniß.

Agram, 19. Dezember. (Wien. Ztg.) Das Landtags⸗ Präsidium versendete heute das Einberufungsschreiben an die Abgeordneten des kroatischen Landtages, welcher am 29. d. M. zusammentritt.

Großbritannien und Irland. London, 20. Dezember. (W. T. B.) Der Gesandte in Stockholm, Rumbold, ist zum Gesandten in Athen ernannt worden.

Vor dem Polizeigericht in Great⸗Yarmouth erschien heute der Fischer Jarnis unter der Anklage, den deutschen Kutter „Anna“ am 16. Juni d. J. beraubt zu haben. Die Verhandlung wurde auf kommenden Dienstag vertagt, an welchem Tage auch die weitere Verhandlung wegen der Plünderung des deutschen Kutters „Diedrich“ stattfinden wird.

21. Dezember, Abends. (W. T. B.) Durch ein gestern früh in dem Gepäckraum des Bahnhofs von Windsor ausgebrochenes Feuer wurde sowohl das Gepäck⸗ bureau wie eine große Anzahl von Gepäckstücken in Asche ge⸗ legt. Die vorgenommene Untersuchung hat ergeben, daß das Feuer durch eine sorgfältig in einen Kasten verpackt gewesene Höllenmaschine herbeigeführt worden ist; in dem Brand⸗ schutt wurden noch einige eiserne Zahnräder sowie eine Flasche mit Sprengstoff gefunden.

Dem „Reuterschen Bureau“ wird aus der Kap⸗ stadt, von gestern, gemeldet, daß eine Anzahl bewaffneter Boern von der Grenze des Transvallandes her vordringe und daß der Präsident Shg versuche, sie aufzuhalten.

22. Dezember. (W. T. B.) Nach weiteren Er⸗ mittelungen über die Entstehung des Feuers auf dem Bahnhofe in Windsor scheint es, daß der Zünder der Höllenmaschine die Kiste in Brand gesteckt und so anstatt der beabsichtigten Explosion die Feuersbrunst verursacht habe.

v18 Paris, 20. Dezember. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer genehmigte heute das gesammte Budget mit alleiniger Ausnahme des Extraordinariums. Die Rechte enthielt sich der Abstimmung. Mackau erklärte: die Rechte lehne jede Verantwortlichkeit für das Budget ab; sie votire dasselbe nicht, denn das Budget sei nichts weiter als das organisirte Defizit. Die Kammer vertagte sich sodann auf nächsten Freitag.

An der heutigen Sitzung der Kommission zur Vor⸗ berathung des Vertrages mit Cambodscha nahm auf Ersuchen der Kommission auch der Minister⸗Präsident Ferry Theil. Derselbe erklärte: er sei mit dem Verhalten des französischen Unterhändlers Thompson dem König von Cambodscha gegenüber und namentlich damit, daß Thompson die Bestimmungen der Konvention vom Jahre 1863 umgangen habe, vollständig einverstanden.

Aus Toulon wird ein hestiger Sturmwind gemeldet, bei welchem ein zu dem Geschwader gehöriges Torpedo⸗ schiff an einen Felsen stieß und auf einer Sandbank zum Sinken kam; die Mannschaft wurde gerettet. Telegramme aus Brest und Cherbourg berichten gleichfalls von Stürmen von einer seit langer Zeit nicht dagewesenen Heftig⸗ keit. Eine große Anzahl von Schiffen flüchtete auf die Rhede; die telegraphischen Verbindungen sind vielfach gestört oder unterbrochen.

Eine Depesche des „National“ aus Shanghai sagt: China habe neuerdings entgegenkommende Schritte bei dem französischen Gesandten Patenotre versucht; der Minister⸗Präsident Ferry habe aber Patenotre angewiesen, die Anerbietungen Chinas abzulehnen. Der Konflikt mit China könne von nun ab nur durch die Waffen entschieden werden. * 21. Dezember. (W. T. B.) Bei der heutigen Wahl⸗ von Delegirten für die Senatswahlen ist in Paris die Liste der Autonomisten vollständig durchgegangen. Nach den aus Dijon und Grenoble vorliegenden Wahl⸗ resultaten ist die Majorität der dort gewählten Delegirten eine opportunistische, in Lyon eine intransigente.

Bei der heute stattgehabten Vertheilung der von den Gewerbekammern für die Arbeiter ausgesetzten Preise hielt der Minister Waldeck⸗Rousseau, der den Vorsitz führte, eine Rede, in welcher er versicherte, daß alle seine Bemühungen darauf gerichtet seien, die Harmonie zwischen dem Kapital und der Arbeit wiederherzustellen. Er hoffe, die Arbeiter⸗Assoziationen würden von segensreichen Folgen sein; der Staat wolle nicht Sozialismus treiben, aber den Schutz der Arbeit begünstigen.

Italien. Rom, 20. Dezember. (W. T. B.) Wie die

„Agenzia Stefani“ meldet, ist die Konvention, betreffend

die Anerkennung der Internationalen Afrikani schen Gesellschaft, von Italien gestern unterzeichi- worden net Die Deputirtenkammer berieth heute die Eise bahn⸗Konventionen. Der Minister⸗ Präfiben⸗ Depretis trat aus politischen Gründen, der Finant Minister Magliani aus finanziellen Gesichtspunkten st die Vorlage ein. Fortsetzung der Berathung morgen. nür 21. Dezember. (W. T. B.) Die Deputirten⸗ kammer hat die Vorlage über die Maßregeln zur Ver⸗ besserung der Gesundheitsverhältnisse in Neapel mit 259 gegen 146 Stimmen angenommen und hierauf dit Berathung der Eisenbahn⸗Konventionen fortgesetzt, wecch voraussichtlich morgen zu Ende geführt wird. Die Kammer wird sich sodann vertagen.

Afrika. Egypten. Kairo, 20. Dezember. (W. T.) Ein Telegramm des „Reuterschen Bureaus“ meldet: ie egyptische Regierung hat den diplomatischen Vertre⸗ tern Deutschlands und Rußlands heute Nachmittag ihr⸗ Antwort auf die Forderung Deutschlands und Rußlands ein deutsches und ein russisches Mitglied zur egyptischen Schuldenkasse zu ernennen, zugestellt. In der Antwort heißt es: die egyptische Regierung allein könne eine Modi⸗ fikation des Liquidationsgesetzes nicht eintreten lassen. Da aber Oesterreich und Frankreich das Verlangen Deutschlands und Rußlands unterstützt hätten und Italien erkläre, in der Bewilligung dieses Verlangens nichts Unzu⸗ trägliches zu finden, so erübrige nur, zu einem Einverständniß über den Modus und den geeigneten Zeitpunkt der Ernennung zu gelangen. Die egyptische Regierung werde dem Verlangen Deutschlands und Rußlands sehr gern entsprechen, sobald alle diejenigen Mächte, welche das Liquidationsgesetz unterzeichnet haben, ihre Zustimmung erklärt hätten.]

Korti, 18. Dezember. (A. C.) Dem ,Standard“ wird aus Korti, dem Hauptquartier der Sudan⸗Expe⸗ dition, gemeldet: „Von Khartum sind seit dem 4. N⸗ vember keine zuverlässigen Nachrichten im Hauptquartier ein⸗ gegangen. Unter den Eingeborenen sind allerlei Gerüchte im

Umlauf, meistentheils alarmirender Natur; allein diesen Ge⸗ rüchten geht in der Regel jedwede Begründung ab. Soweit Annahme haben, it

unsere Militärbehörden Grund zu der General Gordon in der Lag iderst Expedition zu ihm stößt.“

bis die

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Zeitungsstimmen.

Die „Post“ veröffentlicht folgendes Schreiben des Reiche⸗ kanzlers:

Berlin, den 21. Dezember 1884.

Aus Anlaß des Reichstage votums vom 15. d. M. sind mir aus allen Theilen des Reichs so zahlreiche Kundgebungen zugegangen, daß ich außer Stande bin, eine jede derselben besonders zu beantworten.

Dem Mißtrauensvotum, welches die Mehrheit des Reichstages durch Ablehnung dienstlich unentbehrlicher Mittel mir ertheilt hat, stehen zahlreiche Beweise des Vertrauens gegenüber, mit welchen das deutsche Volk die von mir vertretene auswärtige Politik Sr. Majestät des Kaisers zu unterstützen bereit ist. In den Kundgebungen der im Volke lebendigen nationalen Gesinnung finde ich die Ermuthigung auch bei abnehmenden Kräften auszuharren im Kampfe gegen die Parteien, deren Unverträglichkeit unter einander und deren Einmüthigkeit im Widerstande gegen jede staatliche Leitung die Entwickelung des Reiches hemmen und unsere mit schweren Opfern von der Nation erkämpfte Einheit gefährden.

Alle Diejenigen, welche mir in der gegenwärtigen Phase dieses Kampfes ihr Einverständniß kundgegeben und ihren Beistand zuͤge⸗ sagt haben, bitte ich meinen verbindlichsten Dank auf diesem Wege entgegennehmen zu wollen. von Bismarck.

Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ registrirt folgende weiteren, an den Reichskanzler gelangten Kund⸗ gebungen: 3

Ein Telegramm aus Leipzig bedauert, daß im Reichstage sich eine Mehrheit hat zusammenfinden können, welche eine zur unge. schwächten Fortführung der für die Nation so segensreichen Politik nothwendige Forderung abgelehnt hat. Der zahlreich versammelte landwirthschaftliche Verein zu Meiningen drückt dem Fürsten von Bismarck sein unbedingtes Vertrauen aus, dasselbe geschieht von den Baumwollfabrikanten aus Gronau, Kreis Ahaus⸗ und dem Leipziger Reformverein. Ihr Bedauern bezeigen ferner patriotische Männer aus Karlsruhe, Sonneberg, Bremerhaven, Amamweiler bei St. Privat und Menden. Eine Versammlung von über 1000 reichstreuen Wählern in Cöln, desgleichen eine in Gera versichern den Reichskanzler ihrer Ergebenheit. Fernere Telegramme und Schreiben sind eingelaufen aus Würzburg, Berlin, Münster, Essen, Dresden, Düren, Hamburg, Halle, Blasewitz, Bochum, Heidel⸗ berg sowie aus Antwerpen.

Aus Wien ist folgende Kundgebung erfolgt: .

„Die nationallose Haltung der deutschen Reichstagsmehrheit erfüllt uns Oesterreicher als Bundesgenossen des großmäͤchtigen Deutschen Reiches mit tiefem Abscheu. Möge Ew. Durchlaucht, getragen von der Liebe des staats⸗ und stammestreuen deutschen Volkes, erneute Kraft und Ausdauer finden zur sieghaften Niederwerfung der inneren Reichsfeinde und zur Verwirklichung der nationalen und wirthschaft lichen Wohlfahrt Ihres dankschuldigen Volkes. Angesichts des lebens⸗ großen Bildnisses Ew. Durchlaucht wurde in Begeisterung gesungen: „Stoßt an, Bismarck soll leben!“

Die „Staatsbürger⸗Zeitung“ sagt in einem, die Abstimmung vom 15. d. M. betreffenden Artikel:

„Warum,“ so schreibt man uns von mehreren Seiten, ist der Reichstag infolge dieser Abstimmung nicht sofort aufgelöst und fr Appell an das Vosk gerichtet worden? Dasselbe würde dann gezeigt haben, daß es anders denkt als Diejenigen, die es in gutem Glauben, daß sie das Wohl des Vaterlandes fördern werden, berufen hat.“

Wir meinen, daß es dieser Maßregel gar nicht mehr bedarf. Die öffentliche Meinung hat bereits gesprochen und wird noch ferner sprechen, so laut und vernehmlich, daß es nicht ungehört verhalle wird. Die Abgeordneten des Deutschen Reichstages können heute un möglich noch darüber im Zweifel sein, daß sie durch die Ablehnung der gedachten Position sich nicht mit dem Willen ihrer Wäͤhler in Einklange befunden haben; sie müssen dadurch zu der Enf gelangen, daß sie sich lossagen müssen von den Parteiführern, welch⸗ die Opposition gegen den Reichskanzler höher halten, als die 86 teressen des Vaterlandes. Wer das nicht kann, wer nicht den Mu⸗ besitzt, sich von der Cliquenwirthschaft loszusagen und seiner Kägie inneren Ueberzeugung zu folgen, möge das Mandat an seine zurückgeben, die zu vertreten er nicht mehr berechtigt ist. .

Wir haben schon in einem früheren Artikel anzedeutet, daß 88 Reichskanzler in der öffentlichen Meinung die Genugthuung fin 4 werde, die ihm im Reichstage versagt worden ist, und haben 8 darin auch nicht im Mindesten getäuscht; denn heute könnee ze sagen, daß es nur noch dieses Rhsassa⸗ bedurfte, um dem deu 8 be die Misère der Parteileidenschaft in ihrer ganzen Blöße zeigen. „Ihr“, so kann der Reichskanzler heute mit Recht sagen, 189 dachtet es böse mit mir zu machen, die öffentliche Meinung ha gut mit mir gemacht!“

—, Das „Leipziger Tageblatt“ beschäftigt sich eben⸗ falls mit den Folgen jener Abstimmung und sagt:

Bei aller Entrüstung, welche wir über die Haltung der Deutsch⸗ freisinnigen und des Centrums in den Reichstagssitzungen von Montag und Dienstag empfinden, sind wir doch überzeugt, daß die Erfahrungen dieser beiden Tage auch der heilsamen Rückwirkung nicht entbehren werden. Und diese wird darin bestehen, daß sich die liberalen Wähler mehr und mehr von den Deutschfreisinnigen abwenden werden. Es hat sich schon in den letzten drei Monaten ein unzweifelhafter Läuterungsprozeß innerhalb der liberalen Partei vollzogen, und dieser Prozeß wird weiter fortschreiten und schließlich zur Auf⸗ lösung der deutschfreisinnigen Partei in ihre Bestandtheile führen. Von den früheren Organen der Partei fällt eines nach dem anderen ab, sie können den freisinnigen Standpunkt der öffentlichen Meinung gegenüber nicht mehr aufrecht erhalten. Das ist schön und gut, nur ist es zu beklagen, daß sie überhaupt jemals in das Fahrwasser der Deutschfreisinnigen gerathen konnten, daß ihnen nicht alsbald klar wurde, wohin diese Richtung treibt.

Nehmen wir einmal an, die Freisinnigen und das Centrum er⸗ reichten ihren Zweck und zwängen Bismarck zum Rücktritt. Was würde denn dadurch erreicht? Doch nur daß die auswärtige Politik, auf deren Leitung die große Mehrzahl der Deutschen stolz ist, in Zu⸗ kunft wahrscheinlich nicht so gut wie bisher geleitet werden würde. Mit solcher Art von Opposition ist dem deutschen Volke nicht ge⸗ dient das versteht man sogar außerhalb Deutschlands. Wir finden gar keine Worte, um das Verhalten der Deutschfreisinnigen und des Centrums gebührend zu kennzeichnen, nur die Ueberzeugung haben wir, daß der Krug die längste Zeit zum Wasser gegangen ist, und daß seine Zertrümmerung unmittelbar bevorsteht,

In der That konnten die Richter, Bamberger und Windthorst den Zeitpunkt für ihre Aktion gegen den Fürsten Bismarck nicht un⸗ günstiger wählen. Die deutsche Einheit ist zwar noch jungen Datums, aber so viel hat die Zeit, während deren sie besteht, doch bewirkt, daß die Deutschen das Gesammtbewußtsein als Nation dem-Auslande gegenüber haben. Es ist unzweifelhaft, daß die Haltung der Deutsch⸗ freisinnigen und des Centrums im Reichstage für das deutsche Volk beschämend ist. Das haben sogar die Franzosen anerkannt und Prinz Carolath hat den Reichstag am Montag an diese Thatsache erinnert. Trotzdem hat dieses scharfe Mittel seine Wirkung verfehlt. Aber im deutschen Volke sind die Worte verstanden worden und die Wähler sind an vielen Orten darüber zur Klarheit gelangt, daß sie solchen Volksvertretern, welche Deutschland dem Auslande gegen⸗ über beschämen, fernerhin kein Mandat mehr anvertrauen können. Ob der Zusammenhang der Centrumswähler schon heute gelöst ist, wagen wir nicht zu hoffen, aber Das glauben wir mit Bestimmtheit behaupten zu können, daß, wenn heute Neuwahlen ausgeschrieben würden, nicht die Hälfte der Deutschfreisinnigen im neuen Reichstag erscheinen würde. Die Langmuth der Deutschen ist groß, die Macht der Gewohnheit ist bei uns stärker als bei irgend einer anderen Nation, und plötzlicher Um⸗ schwung der öffentlichen Meinung, wie er bei den romanischen Völkerschaften einzutreten pflegt, ist bei uns nicht zu erwarten, aber solchen Angriffen gegenüber, wie sie am Montag und Dienstag auf die Wähler von deren Vertretern verübt worden sind, bleibt auch der Deutsche nicht unempfindlich. Und das Gute hat die langsamere Wirkung derartiger Angriffe bei uns, daß sie nachhaltiger ist; das Vertrauen auf die bisherigen Vertreter ist, wenn es erst einmal ins Wanken gekommen, dauernd verloren, und es kehrt nicht eher wieder, als bis man sich davon überzeugt hat, daß man das Vertrauen mit Unrecht entzogen hat. In diese Verlegenheit werden die deutschen Wähler schwerlich kommen, denn schlimmere Erfahrungen als sie mit den deutschfreisinnigen und ultramontanen Abgeordneten ge⸗ macht haben, werden sie so leicht mit anderen Vertretern nicht machen. Von der deutschfreisinnigen Partei lösen sich auf der einen Seite diejenigen Elemente ab, welche die nationalen Zwecke hoch halten, und werden sich mit den Navnionalliberalen wieder vereinigen, die andern, welchen die Richter und Bamberger noch nicht weit seug gehen, werden sich den Phillips und Lenzmann anschließen.

er Auflösungsprozeß hat begonn en, und dafür, daß er bald reißende Fortschritte machen muß, haben die deutschfreisinnigen Abgeordneten am Montag und Dienstag gesorgt. Vivant sequentes! 1

Der „Hamburgische Correspondent“ wirft die Frage auf, welche Folgen die Ablehnung der Dotation für den dritten Direktor im Auswärtigen Amt haben werde, und

antwortet:

Daß die Opposition des Vertrauens zu der Sachlichkeit und Un⸗ befangenheit ihrer Voten künftig auch da entbehren wird, wo es sich um wirklich bestrittene und bestreitbare Fragen handelt. Ge⸗ braucht man den parlamentarischen Einfluß dazu, für Niemanden zweifelhafte Regierungsforderungen abzulehnen, so muß die Präsumtion Platz greifen, es seien überhaupt nicht sachlice Gründe, sondern Motive des Partei⸗Inter⸗ esses, welche den Ausschlag geben. Woraus anders, als aus dem wieder in Abrede gestellten Verlangen nach der Mehrheitsherrschaft ist as gegenwärtige Verhalten der oppositionellen Partei denn zu er⸗ llären? Von diesem Ziele aber ist man weiter denn je entfernt, weil die Verhältnisse so liegen, daß der parlamentarische Widerspruch immer nur in kleinen Dingen etwas auszurichten vermag, während rücksichtlich der großen und durchschlagenden Fragen der Kanzler die Mehrheit der Nation notorisch auf seiner Seite hat.

Auf die Dauer kann das nicht anders als im Sinne zunehmender Diskreditirung unserer parlamentarischen Einrichtungen wirken, von denen doch Jedermann weiß, daß sie an und für sich unentbehrlich sind. Die angestrebte Mehrheitsregierung ist unmöglich, weil es keine geschlossene Mehrheit giebt, und weil die Zerklüftung der Parteien nicht üb⸗, sondern zunimmt, der bestehenden Regierung aber werden Steine in den Weg geworfen, die die Technik der Verwaltungsarbeit erschweren, ohne daß dadurch politisch das Geringste erreicht oder irgend Jemandem davon ein Gewinn zugewendet würde. Es muß tben weiter regiert und weiter verwaltet werden, und die aus weiter stteten Mängeln der Verwaltungsmaschine herrührenden Uebelstände allen schließlich auf die Verwalteten zurück. Daß ein solcher Zu⸗ stand nicht im Zwecke der parlamentarischen Einrichtungen liegen kann, beweist u. A. der Umstand, daß in den gewöhnlich als Muster angesehenen Ländern des Westens Etatsanträge wie die in Rede sehenden niemals abgelehnt werden. Das deutsche Parlamentswesen fordert demgemäß direkt zu Vergleichen heraus, die zu anderen als unliebsamen Ergebnissen nicht wohl führen, noch weniger aber das

ertrauen der Nation zu ihren erwählten Vertreten erhöhen können.

Neichstags⸗Angelegenheiten.

Bei der im 3. Danziger Wahlbezirk Stadt Danzig battgefundenen Nachwahl ist der Eisenbahn⸗Direktor a. D. Carl chrader zu Berlin (deutschfreisinnig) mit 8129 von 14 108 abge⸗ gebenen Stimmen zum Mitglied des Reichstages gewählt worden. Der Gegenkandidat, Ober⸗Präsident von Ernsthausen (konser⸗ vatio) erhielt 5979 Stimmen.

Statistische Nachrichten.

„Die Sparkassen Württembergs 1883/84. Die Be⸗ völkerung Württembergs zeichnet sich durch hohen Sparsinn aus. Be⸗ weis dafür ist das geradezu großartig angelegte Sparkassennetz dieses andes, wo außer der unter Leitung der Rezierung stehenden Spar⸗ kusse mit ihren zahlreichen Annahmestellen noch in sämmtlichen Ober⸗ Amtsbezirken besondere Sparkassen und fast in jeder Gemeinde Orts⸗ varvereine bestehen. Die Geschäftsergebnisse der württembergischen parkassen im Rechnungsjahr 1883/84 waren nach den Angaben der Oesterreichisch⸗Ungarischen Sparkassen⸗Zeitung“ (IX. Jahrgang, Rr. 47) im Allgemeinen befriedigend. Nur bei einigen Sparkassen,

Neckarkreis

z. B. in Hall, überstiegen die Rückzahlungen die im Laufe des Jahres eingelegten Summen. Die Sparkassen der 4 Regierungskreise weisen folgende Resulte auf:

8 Betrag

Zahl G 1 der Ein⸗ Rück⸗ Kassen. zahlungen. zahlungen. 6 066 584 5 198 627 2 415 069 2 070 522 3 125 726

3 319 656 Donaukreis 58 5 540 161 4 606 250 933 911 15 001 125

Zusammen 255 17 341 470 2 340 345 Unter den Rückzahlungen befanden sich jedoch 1 578 641 Zinsen, so daß der wahre Betrag jener nur 13 422 484 oder 77,4 % der Einzahlungen betrug. m 1 Der Gesammtbetrag der Mehreinlagen im Jahre 1883/84 ist gegen das Vorjahr 1882/83 um 738 206 pestiegen.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Die Königliche Hof⸗Buchhandlung von Mittler & Sohn ver⸗ öffentlichte soeben die „Rang⸗ und Quartierliste der Kaiser⸗ lich deutschen Marine für das Jahr 1885‧, welche nur wenige Abweichungen von der vorjährigen Rangliste enthält. Bei der Ad⸗ miralität sind den besonderen Dezernaten noch die Ersatz⸗ und Inva⸗ lidenangelegenheiten zugetheilt und dieselben von der militärischen Ab⸗ theilung abgezweigt worden. Ferner ist von den Dezeinaten für Hafen⸗ bau und für Hochbau, welche beide früher unter den besonderen Dezernaten aufgeführt waren, nach der neuen Rangliste jetzt das erstere dem Marinedepartement, das letztere der Verwaltungsabthei⸗ lung unterstellt. Bei den beiden Marinestationen der Ostsee und Nordsee ist insofern eine andere Darstellung eingetreten, als diesmal die technischen, die Verwaltungs⸗ und die wissenschaftlichen Institute nicht unter den genannten Stationen, sondern abgetrennt von denselben verzeichnet sind. Zum ersten Mal sind die neueren Marine⸗Inspektionen bei den beiden maritimen Stationen erwähnt. Der Personalstand des Seeoffiziercorps zeigt keine wesentlichen Verände⸗ rungen gegen das Vorjahr. In der Liste der Kriegsschiffe und Kriegs⸗ fahrzeuge ist schon die neuerdings angeordnete Terminologie ein⸗ geführt. Nach Ausweis derselben zeigt der aktive Flottenbestand 12 Panzerfahrzeuge, nämlich 7 Panzerfregatten und, einschließlich der Panzerkorvette „Hansa“, 5 Panzerkorvetten, welche jetzt unter der gemeinsamen Benennung Panzerfahrzeuge zusammengefaßt wer⸗ den, und das Panzerfahrzeug „Arminius“ den 13 Panzer⸗ Kanonenbooten zugerechnet, 14 Panzerfahrzeuge, welche Benennung allen Panzern, die nicht der eigentlichen Schlachtenflotte angehören, beigelegt ist; ferner 10 Kreuzer⸗Fregatten, welche Benennung die bisherigen gedeckten Korvetten sühren werden, 7 Kreuzerkorvetten, wie die bisherigen Glattdecks⸗Korvetten umgetauft sind, 5 Kreuzer, welche Benennung die bisherigen Kanonenboote der „Albatroß“⸗Klasse er⸗ halten haben, und 4 Kanonenboote. Die Unterscheidung in Kanonen⸗ boote I. und II Klasse fällt fortan fort. Auf die Avisos, Schul⸗ schiffe und Torpedoboote ist die Benennungsänderung noch nicht aus⸗ gedehnt worden. Die letzteren sollen, so weit sie nicht schon einen Namen tragen, fortan nur mit einer Nummernfolge bezeichnet werden. In Bau begriffen sind ein Panzerschiff (die Panzerforvette E), eine Kreuzerfregatte und zwei Kreuzerkorvetten, wovon die erstangeführten beiden Schiffe und eine Kreuzerkorvette im nächsten Jahre fertiggestellt werden sollen. In der Flottenliste werden außerdem noch aufgeführt acht Avisos, neun Schulschiffe und Fahrzeuge, ein Vermessungs⸗, zwei Transport⸗, elf Hafenfahrzeuge. Von den an die auswärtigen Stationen vertheilten Schiffen befinden sich auf der Ostasiatischen Station: zwei Kreuzerfregatten, ein Kreuzer, ein Kanonenboot; auf der Australischen Station: eine Kreuzerkorvette, ein Kreuzer, ein Kanonenboot; auf der Ostamerikanischen Station: ein Schiffsjungenschulschiff; auf der Westamerikanischen Station: eine Kreuzerfregatte; auf der Mittelmeerstation: ein Aviso. Das zum ersten Mal aufgeführte Westafrikanische Geschwader ist zusammen⸗ gesetzt aus: zwei Kreuzerfregatten, zwei Kreuzerkorvetten und einem Tender (Dampfer „Adler“*). Außerdem ist selbständig an der west⸗ afrikanischen Küste stationirt: ein Kreuzer („Möwe“), und im Nord⸗ Atlantik: eine Brigg. Der Preis des Buches beträgt 2,50 Ein Nachtrag, enthaltend die Personal⸗Veränderungen für den Sommer⸗ dienst, wird im Mai 1885 erscheinen.

„Sächssisch⸗Thüringisches Dichterbuch.“Unter Mitwir⸗ kung von Adolf Brieger und Kurt von Rohrscheidt heraus⸗ gegeben von G. Emil Barthel. Halle a. d. Saale, Verlag von Otto Hendel, 1885. (Preis geb. 4 ℳ) An Stelle der Musen⸗ almanache, in welchen im vorigen Jahrhundert und bis in die Mitte des gegenwärtigen die zeitgenössische Dichtung zum Worte gelassen wurde, sind in neuerer Zeit, infolge der stetig wachsenden Pro⸗ duktion, Dichterbücher für einzelne Gaue und Landfchaften getreten. Letzteren reiht sich auch die vorliegende Sammlung an, in welcher man kaum einen namhafteren neueren Dichter aus den sächsisch⸗thüringi⸗ schen Landen vermissen dürfte. Die Mehrzahl der mitgetheilten Dich⸗ tungen war bisher ungedruckt, andere aber an Stellen publizirt, wo sie dem weiteren Kreise der Literaturfreunde unbekannt bleiben mußten. Da das Unternehmen ein ganz neues ist, so stand den Herausgebern eine sehr ansehnliche Auswahl zu Ge⸗ bote, bei der sie auch zeitlich nicht gebunden waren und weiter als ein halbes Menschenalter zurückgreifen konnten. Die getroffene Auslese hat dem entsprechend ein sehr achtungswerthes Ergebniß gehabt, welches nunmehr an das Licht der Oeffentlichkeit gebracht wird. Und in der That, die mitgetheilten 186 Dichtungen von 38 Dichtern brauchen dasselbe durchaus nicht zu scheuen; im Gegentheil: es sind wahre Perlen darunter, und etinige, bisher in weiteren Kreisen fast gänzlich unbekannte Na⸗ men erweisen sich gleich bei ihrem ersten öffentlichen Auftreten des Dichterlorbeers mindestens ebenso würdig wie Mancher längst darunter einherstolzirende. Für ein kurzes Referat, wie es hier nur gegeben werden kann, ist es wirklich außerordentlich schwierig. bei der Fülle des Vortrefflichen, durch Uebergehen des Guten und Besseren nicht ungerecht zu erscheinen. Der in literarischen Kreisen wohl⸗ bekannte und geschätzte Herausgeber, welchem eine erste Stelle in der Sammlung gebührte, hat seine Dichtungen bescheiden an den Schluß ge⸗ setzt. Er versteht in ergreifender Weise die Saiten in ernsten Tönen erklingen zu lassen, wie beispielsweise in den lyrischen Schöpfungen „Tod des Dichters“, „An den Schlaf“, „Mannestrauer“, „Rosenzeit und Todesleid“, „Im Birkenschatten“, „Die Gärtnermaid“, „Die Achtundzwanzigjährige“, und findet andererseits doch auch den leichtesten Ton für die Maienfreude des Lebens in dem „Duett der Vögel“, „Oderfahrt“, „Sommernacht“. Ganz im Heineschen Styl gehalten ist das kleine, überaus prägnante, achtzeilige Gedichtchen „Im Banne des Cölibats“. In fast allen dichterischen Gaben des Heraus⸗ gebers verbindet sich Schönheit der Sprache und leicht flüssige Form mit Tiefe und Klarheit der Gedanken. Der Mitherausgeber, Adolf Brieger in Halle, ist u. A. vertreten durch eine an einen Freund gerichtete sinnige dichterische Betrachtung über den alten lateinischen Spruch „Qui bene latet bene vivit“, die Dichtung, Bellerophon“, ein schwermüthiges Sonnett, Das Traurigste“, ferner lyrische „Reisetage im Stubai (Bärenbad, Unterberger Thal, Alpein) und eine schwungvolle Ode an Sappho. Kurt von Rohr⸗ scheidt in Erfurt, der zweite Mitherausgeber des Dichterbuches, huldigt in seinen Liedern „Seefahrt“, „Camera obscura“. „Wald⸗ mährchen“, „Ein Traum im Walde“ der Liebes⸗ und Lebenslust und der Freude am Waldeszauber, während er in den „Liedern des Abschieds“ den Dichtungen „Am Bach“, „Erinnerung“, „Phantasie“ auch dem Schmerz ergreifenden Ausdruck zu geben weiß und nicht minder be⸗ merkenswerthe Eigenthümlichkeit im gedanklichen Ausdruck sowie ori⸗ ginelle künstlerische Gestaltung der Form bekundet. Von erschüttern⸗ der, dramatischer Macht ist namentlich sein dreitheiliges Gedicht „Das Duell“. Von den anderen Dichtern nennen wir nur die Namen und greifen eines oder das andere ihrer Gaben heraus, welche uns nach Gehalt oder Form der Hervor⸗ hebung besonders werth erschienen. Es sind: Julius Grosse in Weimar (Gräfin von Pontarlier, Das Gericht im Urwald, Grasemücke, ein russisches Mährchen, welches an unser „Aschenbrödel“

der Mehr⸗ einlagen. 67 957 Schwarzwaldkreis 66

Jaxtkreis 68 193 930

erinnert); Albert Möser in Dresden (An die Kunst, Eröffnung des Gotthard. Chor der Berggeister); Ernst Eckstein („Jugend-

liebe“ und „La Sorrentina“); Wilhelm Wolfram in Halle (Liebes⸗ lieder); Ernst Zitelmann in Bonn, früber in Halle (Einzelnes aus den „italienischen Sonetten“, ein sehr pessimistisches Gedicht „Vorbei“ und ein anderes von sozialer Tendenz, Adolf Stern in Dresden (Prolog zur Todtenfeier Wagners im Dresdner Hoftheater); Ernst Veit in Weimar (Lieder im Volkston: „Das alte Lied“, „Gleiche Brüder, gleiche Lieder“, „Der Holzknebt“ und andere erzählenden Inhalts von nicht minder gefälliger, zwangloser Form); Richard Frantz in Halle (Die Wasserlilie, Der Park zu Devon, Das öde Schloß); Karl Wörmann in Dresden (Penetianische Gondel⸗ lieder); Gustav Pasig in Lausigk (Schön Aslög, nach der Wölsungen⸗ sage und anderes); Paul Heinze in Dresden⸗Striesen (Kosmische Sonette); Günther Walling in Dresden (Rahel von Toledo. Ballade); Richard Leander in Halle (lyrische Stimmungsbilder aus Italien ꝛc, auch heiteren Inhalts); Robert Waldmüller in K. Salingför in Halle, Hermann Schreyer in Pforta, Rudolf Kule⸗ mann in Dresden, Julius Sturm in Köstritz, August Sturm in

Naumburg, Ferdinand Avenarius in Dresden, Rudolf Bunge in

Köthen, L. Glaß in Altenburg, Anton Ohorn in Chemnitz, Hermann

Simon in Leipzig, Dr. Mises in Leipzig, Martin in Halberstadt,

Pauline und Frida Schanz in Dresden, Wilhelm Hosäus in Dessau, August Schwartzkopff in Wernigerode, Gustav Gerstel in Erfurt, Rudolf von Gottschall in Leipzig, Güstav Kühne in Dresden, Karl Elze in Halle. Der von den Herausgebern unternommene Versuch ist als durchaus geglückt zu bezeichnen. Die Fülle des Guten, Vor⸗ trefflichen, ja Vollendeten was der Band bietet, ist ein hoch erfreu⸗ liches Zeugniß dafür, daß die lyrische Dichtung, vor den Stürmen, dem Lärm und Gezänk des öffentlichen Lebens verborgen, auch in unserer Zeit noch die schönsten Blüthen zu zeitigen vermochte. Der erste Band des „Thüringisch⸗sächsischen Dichterbuchs“ wird bei allen Freunden deutscher Poesie den verdienten Beifall finden, und sich die Hoffnung der Herausgeber, daß dieser erste Band des neuen Unternehmens nicht der einzige bleiben werde, sicherlich erfüllen.”

Im Verlage von Fr. A. Perthes (Gotha) erschien ein Buch, betitelt: „Bis Weihnachten“, Blätter aus dem Leben zweier Schwestern, von Max Vorberg. In Form von Tagebuchblättern, welche der eigentlichen kleinen Erzählung eingeflochten sind, lernen wir hier das Leben zweier Schwestern kennen. Schwester Hanna ist die all⸗ beliebte, hochverehrte Krankenpflegerin in einem großen Hospital. Sie hat lange, lange Jahre dort still und segensreich geschafft, viel Gutes gethan und viel Liebe erworben, die Kranken hängen mit großer Zärtlichkeit an ihr und ihr Einfluß ist, wie wir aus einem Gespräch derselben im Saale der Männerstation erfahren, ein sehr großer und überall gern anerkannter. Jetzt ist sie alt und schwach geworden, ihre Tage sind gezählt, sie kann nicht mehr selbstthätig wirken, nur noch ihr mildes Wort, ihr liebevolles Wesen erfreuen die Schutzbefohlenen zuweilen. Das Weihnachtsfest wird nach Aussage des Anstaltsarztes, der ihr im Tode vorangegangen is, ihr letztes sein, und so erwartet sie denn in stiller Demuth, freundlich und friedlich wie immer ihr herannahendes Ende. Während im großen Versammlungssaale die Insassen des Krankenhauses sich zur Bescheerung einfinden und der Weihnachtsbaum angezündet wird, sitzt sie weichgebettet in ihrem kleinen Stübchen und schaut sinnend auf ihr vergangenes Leben zurück. Vor ihr liegen Tagebuchblätter, welche mit beredten Worten zu ihr sprechen. Sie erzählen ihr von der Zeit, da sie noch im Kreise ihrer Lieben als junges Mädchen an der Seite einer theueren Schwester geweilt. Beide sind ihren eigenen Lebensweg gegangen, jene hat den schweren Beruf einer Gattin und Mutter in Treue und Liebe mit all seinen Freuden und Schmerzen auf sich genommen;

und auch diese hätte des eigenen häuslichen Glückes sich erfreuen

können, doch war ihr diese Möglichkeit für ewig verschlossen, denn im stillen Gedächtniß trug sie ein theures Bild, mit welchem die Träume von einer eigenen beglückten Häuslichkeit für immer schlafen gegangen waren. Jahrelang war ihr die Zeit des Frühlings die Trauerzeit des Jahres gewesen, denn in dieser war ihr ein kaum geschenktes Herz durch einen schnellen Tod entrissen worden. Mit Aufopferung des Glückes am eigenen Herd hatte sie dann ihr

Glück darin gesucht, der leidenden Menschheit zu helfen, und zwar als Diakonissin, vor welchem Beruf sie erst ebenso große

empfunden, wie sie ihm später mit heißer Liebe zugethan war. Tagebuchblätter sind nun ihrem Inhalt nach wiedergegeben. Wir lesen sie und lernen die Personen, von denen sie handeln, die beiden Schwestern, näher kennen, die stattliche, strenge Gutsbesitzerfrau und die bescheidene Diakonissin. Diese Tagebuchblätter hat der Ver⸗ fasser zu allerliebsten kleinen Genrebildchen zu gestalten verstanden; liebevoll und mit feiner psychologischer Beobachtung gezeichnet, geben sie uns eine Schilderung des materiellen und ideellen Lebens und Schaffens zweier Frauen, welche vom Schicksal auf so verschiedene Bahnen gelenkt wurden und beide in ihrer Art tüchtig auf dem Platze sind. den Abschluß für Schwester Hanna's Leben: sie ihre müden Augen die strahlende Helle des Weihnachtsbaumes sehen, dann neigt sie ihr Haupt, und ihr liebevolles Herz hat für

betitelt „Zwei Frauen“); Richard

Dresden,

Der Weihnachts⸗Abend, welchen der Verfasser schildert, bildet noch einmal läßt

immer zu schlagen aufgehört. Dies ist das vom Verfasser reizend ge⸗

zeichnete kleine Charakterbild, das überall von solchen Lesern, welche

sich in unseren nüchternen, selbstsüchtigen Tagen ein warmes Herz

bewahrt haben, gern entgegengenommen werden wird.

Anläßlich der im August d. J. zu Friedrichshafen am Boden⸗

see abgehaltenen „Ersten Generalversammlung der Welt⸗ den Letzteren geplante

sprach⸗Freunde“ sei über die von „Weltsprache“ („Volapük“) Folgendes mitgetheilt: Ihr Erfinder ist der Pastor J. M. Schleyer in bei Konstanz, welcher sich lange Zeit mit dem Studium fast aller

Sprachen Europas, ferner mit der chinesischen, der australischen und 8

mehrerer afrikanischen beschäftigte, um den bereits von Leibnitz an⸗ geregten Gedanken, eine Weltsprache zu gründen, zur Wirklichkeit

reifen zu lassen. Er suchte herauszufinden, was allen Sprachen gemein⸗ sam ist, und desbalb als Grundlage einer Weltsprache benutzt werden

kann. Er schrieb eine Grammatik und cin Lexikon der Weltsprache,

die in diesem Idiom selbst den Namen „Volapük“ führt, von vol = Welt

und pük = Sprache. Gegen Herbst 1880 las und hörte man zuerst von dem Dasein einer „Weltsprache.“ Das von Schleyer heraus⸗ gegebene Werkchen bestand aus Grammatik, Uebersetzungsaufgaben und einem kleinen Lexikon von 2400 Wörtern. Im „Volapük“ wird die lateinische Sprache als die meist verbreitete angewendet: kein Buchstabe ist stumm, kein Dehnungsbuchstabe und keine Konsonant⸗ verdoppelung kommt darin vor; jeder Buchstabe hat immer denselben Laut; stehen zwei Vokale neben einander, z. B. au, ei, ie, ou, so wird jeder derselben stets für sich allein gesprochen, also au 1Sa-u, nicht diphthongisch; in Prosa hat immer die letzte Silbe des Wortes den

Ton: planet (Planet), neit (ne⸗it) Nacht, paud (pa⸗ud) Pause, Pleus 9

(ple⸗us) Preußen, bien (bi⸗en) Biene. Die Artikel, deren Gebrauch in manchen Sprachen so große Schwierigkeiten verursacht, fehlen in der Weltsprache ebenso wie im Lateinischen und Russischen. Sie kennt kein grammatisches Geschlecht, ist darin vielmehr völlig indifferent, muß aber wegen des natürlichen Geschlechtes scharf unterschieden werden. ; bildet das Femininum dadurch, daß sie, wie im Englischen „sie“ vorsetzt.

So heißt son Sohn, ji-son (schison) Tochter; nef Neffe,

ji⸗-nef (schinef) Nichte; dog Hund (überhaupt), ji⸗dog Hündin; lein

(le⸗in) Löwe (überhaupt), ji lein Löwin. Das Material zu den Wörtern ist zum größten Theil aus dem Englischen genommen, ohne jedoch

dessen Orthographie beizubehalten; demnächst aus der Deutschen, dann

aus der Französischen, Italienischen und Spanischen, Einzelnes auch aus anderen Sprachen, aber immer in freiester Verarbeitung und Zu⸗ stutzung, um jedes Wort für die Weltsprache möglichst mundgerecht zu machen. Laute, welche von anderen Nationen nur schwer oder gar⸗ nicht richtig gesprochen werden können, wie das englische th, das russische jtj, fehlen ganz; r wird möglichst wenig benutzt und der Ostasiaten wegen, denen die Aussprache desselben meistens unmöglich ist, fast immer in l verwandelt: für = plo, aus pro; plin = Prinz. Vorzüge anderer Sprachen sind übernommen. Im Russischen unter⸗ scheidet man z. B. durch verschiedene Wörter zwischen Lehrerin und