— Am 24. d. M. verstarb hierselbst in seinem 81. Jahre
der Leibarzt Sr. Majestät des Kaisers und Königs, General⸗Stabsarzt der Armee z. D., Geheime Ober⸗Medizinal⸗ Rath Dr. Grimm.
— Der objektiv falsche Eid ist, wenn das falsch Be⸗ schworene thatsächlich unerheblich, für den Fall, daß es sich um eine positive Auslassung handelt, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Strafsenats, vom 14. Oktober d. J., als Meineid zu bestrafen.
1 Lippe. Detmold, 22. Dezember. (Hann. Cour.) Heute wurde in vertraulicher Sitzung des Landtages der Zuschuß von 562 500 ℳ zu der Eisenbahn Lage —Hameln bewilligt. Damit ist das Zustandekommen der Bahn gesichert. — In der öffentlichen Sitzung trat das Haus in die dritte Lesung des Etats ein. Bei den Positionen Klassensteuer und Schulsteuer erklärte der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Meyer, daß er nach einem Vortrage bei dem Fürsten die Erklärung abzugeben habe, daß ein Klassensteuererlaß die ndesherrliche Zustimmung nicht finden könne und auch eine Ermäßigung der Schulsteuer nur in beschränktem Maße angän⸗ gig sei; über die Höhe sei noch keine Entschließung gefaßt. Der Abg. Dr. von Lengerke erwiderte: Nach dieser Erklärung vom Regierungstische könne von einem Zustandekommen des Etats keine Rede sein und müßte einige Monate noch mit dem alten Etat gewirthschaftet werden. Darüber erhob sich eine sehr erregte Debatte, in welcher der Regierung der Vorwurf gemacht wurde, daß sie in der dritten Lesung des Etats noch nicht mit ihren Entschließungen über einzelne Positionen desselben im Reinen sei. Die Ansicht, ob der Etat weiter berathen werden solle oder nicht, wurde durch Annahme des Antrages Schemmel entschieden. Darnach wird der Etat weiter berathen, aber die Beschlußfassung über Klassen⸗ steuer und Schulsteuer ausgesetzt. 2
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DOesterreich Ungarn. Wien, 24. Dezember. Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht das Gesetz vom 21. Dezember 1884, betreffend die Forterhebung der Steuern und Abgaben sowie die Bestreitung des Staatsa ufwandes in der Zeit vom 1. Januar bis Ende März 1885; erner das Gesetz vom 22. Dezember 1884, betreffend die Verlänge⸗ rung der zeitweiligen Einstellung der Wirksamkeit der Geschworenengerichte für die Gerichtshofsprengel Wien und Korneuburg, sodann das Gesetz vom 22. Dezember 1884, womit die Geltung des Gesetzes vom 28. Februar 1882, betreffend die Einführung von Ausnah msgerichten in Dalmatien für den Gerichtshofsprengel Cattaro ver⸗ längert wird; endlich eine Verordnung der Mini⸗ sterien des Innern, der Justiz und der Landesvertheidigung vom 23. Dezember 1884, betreffend die Ausführung des Gesetzes vom 22. Dezember 1884, womit die Fortdauer der Wirksamkeit der Militärgerichte in Dalmatien
verlängert wird.
Pest, 23. Dezember. (Wien. Ztg.) Die Abendausgabe des „Nemzet“ meldet: Der Kronprinz Erzherzog Ru⸗ dolph empfing heute in längerer Audienz Jökai, bei welcher Gelegenheit die literarische, künstlerische und technische Aus⸗ stattung des ungarischen ersten Bandes des großen ethno⸗ graphischen Werkes festgestellt wurde.
— 24. Dezember. (Wien. Ztg.) „Budapesti Közlöny“ veröffentlicht das sanktionirte Gesetz, betreffend die In⸗ demnität für die Monate Januar und Februar des nächsten
Jahres.
Großbritannien und Irland. London, 27. Dezember (W. T. B.) Die „Times“ meldet aus Durban, vom 26. d. M.: die englische Flagge sei nicht auf Port Dunford, sondern in Sta. Lucia aufgehißt worden. Der Gouverneur von Natal habe die Genehmigung zu diesem Schritt bei der englischen Regierung nachgesucht. Melbourne (Australien), 25. Dezember. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ meldet: Tasmania und Queensland haben dem Vorschlage des Premiers von Victoria, sich dem Protest gegen die deutschen Annexionen im Stillen Ozean anzuschließen „ zugestimmt. Neu⸗Süd⸗Wales und Süd⸗Australien haben es ab⸗ gelehnt, sich zur Zeit diesem Protest anzuschließen. Der Premter von Victoria hat dem Gouverneur ein Me⸗ morandum überreicht, in welchem, unter Hiweis auf die bestimmten Versicherungen Lord Derby’s, dem Befremden darüber Ausdruck gegeben wird, daß die englische Regierung auf die Wünsche und Bestrebungen der Kolonien keine Rück⸗ sichten zu nehmen scheine.
Frankreich. Paris, 23. Dezember. (Fr. Corr.) Die Mitglieder des Kabinets traten heute früh unter dem Vorsitz des Präsidenten der Republik zu einem Minister⸗ rath zusammen. Der Minister des Innern Waldeck⸗Rousseau theilte das Resultat der Ernennung der Senatoren⸗ wähler mit. Die große Mehrheit der Gemeinde⸗ räthe hat danach republikanische Delegirte ernannt, und es stellt sich das Ergebniß im Seine⸗Departement wie folgt: 52 Intransigente, 315 Republikaner und 33 ‚Reaktionäre“. — Angesichts des von der Finanzkommission des Se⸗
ats gefaßten Beschlusses, die Vertagung der Debatte
ber das Ausgaben⸗Budget zu verlangen, entschied sich der Ministerrath dahin, am Freitag eine Kreditforderung von 800 Millionen zur Sicherung des Funktionirens der Dienstzweige wäh⸗
end der ersten 3Z Monate 1885 im Abgeordnetenhause einzubringen. Die Regierung wird gleichzeitig die Autorisation zur regel⸗ mäßigen Einhebung der Steuern verlangen. Der Senat würde morgen das Einnahme⸗Budget und am Sonnabend das Tags vorher der Genehmigung der Kammer unterbreitete Projekt durchberathen, und am Wochenschluß könnte das Parlament sich vertagen. — Der Ministerrath beschäftigte sich hierauf mit den Mitteln, den Opfern der Ueberschwemmungen in Französich⸗Indien zu Hülfe zu kommen.
— 24. Dezember. (W. T. B.) In dem Bericht des Senators Dauphin wird beantragt, das Einnahme⸗ Budget sofort zu berathen und das Ausgabe⸗Budget bis nach den Ferien zu vertagen. Die Berathung des Schluß⸗ antrages des Berichts ist auf nächsten Freitag fesigesetzt.
Der „Temps“ stellt in Abrede, daß englische Schiffe für den Truppentransport nach Tongking angekauft oder gemiethet werden würden, und bemerkt, die französische Handelsmarine sei vollkommen in der Lage, diesem Bedürfniß zu genügen. — Laut Nachrichten, welche dem „Temps“ aus Pesein zugehen, hätte der Censorenrath beantragt, Ma⸗
8 I“ 1nmu
Vertrag von Tientsin verantwortlich, zum Tode zu ver⸗ urtheilen; doch glaube man, daß Li⸗Hung⸗Chang seinen Sekretär schützen werde.
— 26. Dezember. (W. T. B.) Der Senat verwarf in seiner heutigen Sitzung mit 184 gegen 45 Stimmen den von Buffet eingebrachten Antrag, einfach provisorische Bewilligungen zu votiren, ohne das Einnahme⸗Budget von dem Ausgabe⸗Budget zu trennen. Hierauf begann der Senat die Berathung des Einnahme⸗Budgets, wobei Chesnelong die Finanzpolitik des Kabinets heftig angriff. Die ersten 5 Artikel des Einnahme⸗Budgets wurden angenommen. Sodann vertagte sich der Senat auf morgen Vormittag 9 Uhr. 4
In der Deputirtenkammer legte der Finanz⸗ Minister Tirard einen Gese . auf Bewilligung eines Kredits von 1 Milliarde — für das 1. Quartal 1885 vor.
Italien. Rom, 24. Dezember. (W. T. B.) Bei der Erwiderung der durch den Dekan des heiligen Kollegiums, Kardinal Sacconi, dargebrachten Glückwünsche wies der Papst wiederum auf die peinliche Lage der Kirche und die unerträgliche Situation des Papstthums hin. Der Papst sagte: er habe zu wiederholten Malen die Lage des Papst⸗ thums als eine unerträgliche bezeichnet und sehe sich genöthigt, zu konstatiren, daß sie noch immer unerträglicher werde. Man sei so weit gegangen, dem Papst das Recht zur Bethätigung der christ⸗ lichen Nächstenliebe zu bestreiten. Sodann wandte sich der Papst gegen die Angriffe und gehässigen Insinuationen von Seiten der liberalen Presse in der Spital⸗Angelegenheit, sowie gegen die der Häresie eingeräumte übermäßige Freiheit, welche ihre Tempel in Rom vermehre und die ehrwürdigsten Dogmen der Kirche antaste. Er forderte energisch die Unabhängigkeit des Papstthums und protestirte des Weiteren gegen die Ehe⸗ scheidung, welche der Ruin der Familie sei, die Erziehung der Kinder gefährde und für den Staat den Anfang eines verderblichen Verfalles bedeute. „Wenn es Gott gefällt“, fuhr der Papst fort, „diese neue Prüfung abzuwenden, werden wir ihm dafür danken; allein es ist zu befürchten, daß keine glück⸗ liche Aenderung Platz greift, so lange das Oberhaupt der Kirche in Rom das Joch einer fremden Herrschaft zu ertragen haben wird. Der Sohn Gottes, der durch die Flucht der Wuth seiner Feinde entronnen ist, wird auch seine Kirche nicht verlassen; die Katholiken sollen diesen Augenblick durch Gebete und christliches Leben beschleunigen.“
— 25. Dezember. (W. T. B.) Den katholischen Blät⸗ tern zufolge lautet in der Rede des Papstes die Stelle über die Lage des Papstthums wörtlich folgendermaßen: Unsere Lage an und für sich ist der Würde und der Unab⸗ hängigkeit des Papstes zuwiderlaufend. Man greift frevelnd ein in die Freiheit des Papstes bei der Ausübung seiner ober⸗ sten Gewalt, und die Lage des Papstthums bekundet sich noth⸗ wendigerweise bei jeder Gelegenheit als eine solche, welche uns das immer steigende Gewicht der fremden Herrschaft fühlen läßt und der katholischen Welt immer mehr die Unmöglichkeit nahe legt, sich einem solchen Stande der Dinge zu fügen und dabei gleichgültig zu bleiben.
— 26. Dezember. (W. T. B.) Der frühere chine⸗ sische Gesante Li⸗Fong⸗Pao und der neu ernannte chinesische Gesandte Hsy⸗Chung⸗Cheng sind hier ein⸗ getroffen, um ihre Abberufungs⸗ bezw. Beglaubigungsschreiben zu überreichen.
Griechenland. Athen, 25. Dezember. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer nahm heute mit 114 gegen 97. Stimmen eine Tagesordnung an, in welcher die Kammer ihr Vertrauen zu der Regierung ausspricht. Die Minister nahmen an der Abstimmung nicht Theil.
Rumänien. Bukarest, 27. Dezember. (W. T. B.) Die Kammer verwarf heute den anläßlich der Interpellation über die ungarische Grenzsperre gegen rumänisches Vieh eingebrachten Antrag Kogalniceanu's, welcher dahin ging, eine Enquête zu veranstalten behufs Er⸗ wägung der Mittel, welche die Beobachtung der Han⸗ delskonvention Seitens Oesterreich⸗ Ungarns bewirken sollten. Die Kammer nahm die ein⸗ fache Tagesordnung an, nachdem Bratiano erklärt hatte: er werde sich bemühen, die österreichisch⸗ungarische Re⸗ gierung zu überzeugen, daß ihre Maßregeln übertrieben seien und den beiderseitigen Verkehr schädigten.
Bulgarien. Sofia, 25. Dezember. (W. T. B.) Das in auswärtigen Blättern verbreitete Gerücht, daß sich der Minister⸗Präsident Karaveloff demnächst nach Rußland be⸗ geben würde, wird in Regierungskreisen als unbegründet bezeichnet.
Afrika. Drei Abtheilungen der leichten Kavallerie des Kameelco rp s sind heute hier angekommen. Das Corps hat die Reise von Wady Halfa nach Korti, eine Entfernung von 400 Meilen, in 20 Tagen zurückgelegt. Die Nilroute wird wahrschein⸗ lich beibehalten werden, wenn ein neuer Vorstoß gemacht wird. General Sir Redvers Buller und Oberst Bracken⸗ bury sind heute früh hier in der Dampfpinasse von Ihrer Majestät Schiff „Monarch“ angekommen. Bis jetzt sind hier 64 Whalers angelangt. Von General Gordon werden in Kurzem Briefe erwartet.
— (W. T. B.) Nachrichten aus Korti vom 26. Dezember zufolge sollen daselbst thätige Vorkehrungen für einen Vorstoß nach Merawi getroffen werden. Die Infanterie soll in Booten vorrücken, die Kavallerie zu Lande folgen.
2.
Zeitungsstimmen.
Dem Reichskanzler sind, wie die „Norddeutsche All⸗ gemeine Zeitung“ mittheilt, weitere Zustimmunge⸗Adressen und⸗Telegramme aus Anlaß des Reichstagsbeschlusses vom 15. d. M. zugegangen:
aus Ludwigshafen von Privatpersonen,
aus Pforzheim vom nationalliberalen Parteiausschuß,
aus Leipzig von Privatpersonen,
aus Liegnitz desgl.,
aus Düsseldorf vom Stenographenverein,
aus Berlin von konservativen Vereinen,
aus Stuttgart vom Verein christlich⸗konservativer Männer,
aus Paris von Privatpersonen,
aus Freiburg i. S. desgl.,
aus Leipzig desgl.,
Kieng⸗Chang, den Sekret r Li⸗Hung⸗Changs, als für den
aus Hasbergen von den Beamten und Arbeitern der dortigen Häüttenwerke,
Egypten. Korti, 24. Dezember. (Allg. Corr.)
aus Geestemünde vom Gemeinde⸗Ausschuß, aus Schönthal a. d. Jagst vom evangelisch⸗th aus Berlin von Privatpersonen, b aus Lausanne desgl., “ aus Mennighüffen und Löhne desgl., aus Stuttgart von deutschen Frauen, aus London von Privatpersonen, aus Neuwied desgl., aus Witten desgl., aus Weener und Jemgum vom Konservativen Verein, aus Glasgow vom Deutschen Verein, aus Charlottenburg vom Bürgerverein, aus Höxter von den Bürgern, 8 8 aus Berlin von deutschen Frauen, aus Weißenbronn von Privatpersonen, aus Lauban von dortigen Wählern, aus Stettin vom Konservativen Verein, aus Weidenthal von den dortigen Nationalliberalen, aus Vienburg a. d. Weser vom Nationalliberalen Wahlverein aus Hannover von Privatpersonen, p aus Siegen desgl., aus Isny im Algäu von der Deutschen Partei, aus Kirchardt von den Gemeindevertretern, — aus Wien von Privatpersonen, 9 8 aus Paris desgl., “ aus Capellen bei Mörs desgl., aus Culmsee von Magistrat und Stadtverordne aus Cassel von „einem Patrioten“, I1I1I aus Münster i. W. von Privatpersonen, 8 aus Northeim von den Bürgern der Stadt, aus Vaihingen a. Enz vom Deutschen Verein, aus Soest von Privatpersonen, aus Rastatt vom nationalliberalen Verein, aus Ruhrort von den nationalgesinnten Bürgern der Stadt und nächsten Umgebung, aus Mannheim von zahlreichen Bürgern, aus Basel von Privatpersonen, aus Dresden desgl., aus Berlin desgl., aus Bonn desgl., aus Siegmar desgl, aus London desgl., aus Alzey vom nationalliberalen Wahlkomité, aus Emden von zahlreich versammelten Bürgern, aus Frankfurt a M. von alten Studenten, aus Coburg vom nationalliberalen Landesverein, aus l- von patriotisch gesinnten Stammgästen des Raths⸗ ellers, aus Odessa von den dortigen Deutschen, aus Crefeld von einer Versammlung reichstreuer Bürger, aus Barmen von zahlreich versammelten Bürgern, aus Augsburg vom Bürgerverein, aus Kochstedt vom Magistrat und von den Stadtverordneten, aus Ottweiler von zahlreich versammelten Patrioten, aus Kreuznach von einer Versammlung patriotisch gesinnter Bürger, aus Bühl in Baden von Vaterlandsfreunden der Stadt, aus Namslau von 3000 Wählern des Kreises, aus Schweinfurt von einer zahlreich besuchten Versammlung nationalgesinnter Männer, aus Vörde (Regierungsbezirk Düsseldorf) vom Vorstand der dortigen rheinischen Konservativen, aus Sien von einer großen Anzahl Bürger von Sien und Umgegend, aus Bretten von einer Versammlung reichstreuer Wähler von Bretten und Umgegend, aus Poppenhausen und aus Dresden
— Im „Staats⸗Anzeiger für Württemberg“ veröffentlichen die Mitglieder der Deutschen Reichspartei sol⸗ gende Erklärnng:
„Wir, die unterzeichneten Wähler, erblicken in dem Vorgehen des Reichstages: 1) eine schwere Schädigung der höchsten Interessen des Reiches; 2) Wir sehen in der Ablehnung die denkbar größte Undankbarkeit und Rücksichtslosigkeit gegen den Schöpfer des Reichs und des Reichstags, den Fürsten Bismarck, der diese Forderung nach der reiflichsten, gewissenhaftesten Erwägung ver⸗ treten hat; 3) Wir finden darin endlich eine schwere Schädigung des Ansebens des deutschen Reichstags in den Augen der ganzen Welt. Nicht um parlamentarischen Herrschaftsgelüsten nachzuhängen, sendet das deutsche Volk seine Vertreter nach Berlin. Mag auch der Reichstag formell innerhalb seiner Zuständigkeit gehandelt haben, wir sind überzeugt, daß sachlich das Votum vom 15. Dezember dem An⸗ sehen und der Bedeutung desselben im In⸗ und Auslande eine tiefe Wunde geschlagen hat; wir sind überzeugt, die Nation hat er bei solchen Beschlüssen nicht hinter sich.“
— Die „Berliner Politischen Nachrichten“ schreiben:
Die amtliche Statistik liefert uns den erfreukichen Beweis, daß seit der Einführung der Eisenzölle die Eisenindustrie sowohl in der Beschäftigung der Arbeiter, wie in der Herstellung der Fabrikate einen sehr erfreulichen Aufschwung genommen hat. Da die Eisenzölle in der Mitte des Jahres 1879 wieder eingeführt wurden, sind wir genöthigt, auf die amtliche Statistik des Jahres 1878 zurückzugreifen. In den Jahren 1878 und 1883 betrug nach amtlichen Quellen die Produktion (abgesehen von der gleichfalls erheblich gestiegenen Gewinnung von Eisenerzen und Roh⸗ eisen): Eisenhalbfabrikate (Luppen, Ingots ꝛc.) zum Verkauf 1878 29 652 t, 1883 323 124 t; Geschirrguß (Poterie) 1878 38 095 t, 1883 45 171 t; Röhren 1878 65 755 t, 1883 98 414 t; sonstige Guß⸗ waaren 1878 331 036 t, 1883 567 095 t; Eisenbahnschienen und Schienenbefestigungstheile 1878 457 167 t, 1883 493 411 t; eiserne Bahnschwellen und Schwellenbefestigungstheile 1878 75 027 t, 1883 103 221 t; Eisenbahnachsen, Räder, Radreifen 1878 67 154 t, 1883 887141 t; Handelseisen, Fein⸗, Bau⸗, Profileisen 1878 568 079 t, 1883 820 657 t; Platten und Bleche außer Weißblech 1878 149 432 t, 1883 286 442 t; Weißlech 1878 8582 t, 1883 10 859 t; Draht 1878 178 855 t, 1883 359 391 t; Geschütze und Geschosse 1878 10 051 t, 1883 8272 t; andere Eisen, und Stahlsorten (Maschinentheile, Schmiedestücke ꝛc. 1878 83 237 1, 1883: 118 905 t; Summa der Fabrikate 1878 2 062 122, 1883 3 323 103 t; Werth der Fabrikate 1878 352 269 641 ℳ, 1883 526 341 447 ℳ 8
Im Jahre 1878 betrug die Zahl der im Eisenhüttenbetrieb be⸗ schäftigten Arbeiter 135 973; im Jahre 1883 war dieselbe bis auf 192 625 Arbeiter gestiegen.
(SGSet te deachrteutat... Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin
sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 14. Dezember bis incl. 20. Dezember cr. zur Anmeldung gekommen: 185 Eheschließungen, 891 Lebendgeborene, 37 Todtgeborene und 571 Sterbefälle. — Die Entwicklung der englischen Handelsmarine, Der große Aufschwung, den Handel und Verkehr in den letzten 40 Jahren in Großbritannien genommen haben, zeigt sich übersichtlich an der Entwicklung seiner Handelsmarine. Nach dem Berichte des fran⸗ zösischen General⸗Konsuls Blanchard de Farges in London, mitgetheilt im „Moniteur officiel du commerce“, hatte die Handelsflotte des Ver⸗ einigten Königreichs im Jahre 1840 einen Tonnengehalt von 2 724107 Reg.⸗Tons, im Jahre 1883 betrug derselbe 7 196 401 Reg.⸗Tons, er hatte sich also in den 44 Jahren mehr als verdoppelt. Mit dieser gewaltigen Entwicklung konnten die Handelsflotten andrer Nationen nicht Schritt halten. Der Raumgehalt der französischen Handels⸗
iffe stieg z. B. von 662 500 Tons Jahre 184 n8. 017 Tons in 1882, also um 48,4 %. . 2ö.
Ein anderes Zeichen dieses Aufschwunges ist die Zunahme der Dampfer und der Niedergang der Seglerflotte. Während sich die letztere 1875 noch auf 4 144 504 Tons belief gegen 1 943 197 Tons an Dampfern, hatten die englischen Segler 1883 nur noch einen Tonnengehalt von 3 471 172 Reg.⸗Tons, und die Dampfer einen solchen von 3 725 229 Tons. Erstere hatten sich also in 9 Jahren um 16,2 % vermindert, letztere dagegen um 91,7 % vermehrt. Aehn⸗ liche Verhältnisse finden sich bei allen größeren Handelsflotten.
Die gesammte englische Ein⸗ und Ausfuhr betrug im Jahre 1883 ungefähr 65 Millionen Tonnen; davon entfielen 72 % auf Schiffe unter englischer Flagge. Bei mehreren anderen Handelsnationen ist das Verhältniß ungünstiger; von der Gesammt⸗Ein⸗ und Ausfuhr im Jahre 1882 entfielen z B. auf die Schiffe unter nationaler Flagne in Deutschland nur 59,3, in Frankreich 67,4, in Italien 70,7, in den Niederlanden 71,6, in Spanien 69,6 %. Günstiger gestellt als England sind in dieser Beziehung nur Rußland mit 89,4 und die Vereinigten Staaten mit 80,1 %.
Dagegen ist ein Rückschritt in der Bemannung der englischen Kauffahrteiflotte zu verzeichnen. Während im Jahre 1860 noch 403 Mann auf 10 000 Tons verwendet wurden, kamen im Jahre 1883 nur noch 286 Köpfe auf dieselbe Tonnenzahl; bei den Dampfern ist das Verhältniß noch ungünstiger. Diesem Umstande ist wohl mit Recht ein Theil der Schuld für die zahlreichen Seeunfälle zuzuschreiben, welche die englische Marine in den letzten Jahren erlitten hat. Ein wesentlicher Grund für die Verminderung des Mannschaftsstandes ist die Schwieriskeit der Rekrutirung. Im Jahre 1874 zählte die eng⸗ lische Flotte nur 11,45 % fremdbürtiger Seeleute, im Jahre 1883 aber schon 16,4. 18
Zurückgegangen ist, wenigstens in allerneuester Zeit, der englische Schiffbau; die meisten großen Werften feiern gegenwärtig.
Kunst, Wisseuschaft und Literatur.
Die Protokolle über die Verhandlungen der vom 15. bis
zum 24. Okrober 1883 in Rom abgehaltenen VII. Allge⸗
meinen Konferenz der europäischen Gradmessung sind nunmehr im Verlage von Georg Reimer hierselbst erschienen. Die⸗ selben sind von den Schriftführern der Konferenz, Dr. Ad. Hirsch und Prof. Dr. Th. von Oppolzer, redigirt und zugleich mit dem Generalbericht über die Fortschritte der Grad⸗ messungsarbeiten für das Jahr 1883 von dem Centralbureau der europäischen Gradmessung heraus⸗ gegeben worden (mit 10 lithographirten Tafeln). Der um⸗ fangreiche Band bringt an der das Verzeichniß der Theil⸗ nehmer an der Konferenz sowie das Programm und die Geschäfts⸗ ordnung für die Berathungen derselben. Dann folgen die Protokolle der 10 Sitzungen der Konferenz sowie der Sitzungen der permanenten Kommission, in deutscher und französischer Sprache. — Zu gleicher Zeit wird der Generalbericht über den Fort⸗ schritt der Arbeiten für die europäische Gradmessung im Jahre 1883 erstattet. Die Einzelberichte sind verfaßt: für Bayern von Dr. C M. von Bauernfeind, Direktor und Professor der Geodäsie am Königlichen ö“ in München; fuür Belgien von Major Hennequin, irektor des militärisch⸗kartographischen Instituts in Brüssel; für Frankreich von dem Vize⸗Präsidenten der Nivellementskommission, Marr; für Hessen von Dr. Nell, Professor der Geodäsie an der Technischen Hochschule in Darmstadt; für Italien von dem Obersten imGeneralstabe, A. Ferrero, Präsident der italienischen geodätischen Kommission, in Nocera dei Pagani bei Neapel; für die Niederlande von Dr. H. G. van de Sande⸗Bakhuyzen, Mitglied der Akademie der Wissenschaften, Professor der Astronomie und Direktor des Observatoriums in Leyden, sowie von Ch. M. Schols, Mitglied der Akademie der Wissenschaften und Professor an der Polytechnischen Schule in Delft; für Oester⸗ reich von Dr. Th. Ritter von Oppolzer, Regierungs⸗Rath, Prortessor der Astronomie an der Universität und Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien und von A. Ritter von Kalmäͤr, K. K. Fregatten⸗Kapitän und Triangulirungs⸗Direktor in Wien; für Portugal von dem General des Ingenieur⸗Corps, de Arbués⸗Moreira in Lissabon; für Preußen von dem General⸗Lieutenant z. D., Präsidenten des Königlich preußichen Geodätischen Instituts und des wissenschaftlichen Beiraths, Prä⸗ sidenten des Centralbureaus der europäischen Gradmessung, Dr. J. J. Baeyer in Berlin (nebst Spezialberichten von demselben, ferner von den Professoren und Sektionschefs Dr. O. Börsch, Dr. Th. Albrecht, Dr. A. Fischer und Dr. M. Löw); für Rußland von dem General⸗ Lieutenant E. von Forsch, Chef der militär⸗topographischen Abtheilung des Generalstabes in St. Petersburg; für Sachsen von dem Geheimen Regierungs⸗Rath A. Nagel, Professor der Geodäsie an der Technischen ochschule in Dresden; für die Schweiz von dem Direcktor des bservatoriums in Neuchtel, Dr. Ad Hirsch; für Spanien von dem Divisions⸗General Ibanez, Generaldirektor des Geographisch⸗Stati⸗ stischen Instituts in Madrid, Präsidenten der Permanenten Kom⸗ mission, sowie von dem Ingenieur⸗Obersten Barraquer, Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Madrid; endlich für Württemberg von dem Professor der Physik am Polytechnikum zu Stuttgart, Dr. von Zech. — 8 Anhänge enthalten: einen Bericht über die Längen⸗, Breiten⸗ und Azimuthbestimmungen von Professor Dr. van de Sande⸗Bakhuyzen; einen umfänglichen Bericht über die Triangula⸗ tionen, vom Obersten Ferrero (als besonderes Heft beigelegt); einen Bericht über Basismessungen, vom Obersten Perrier; einen Bericht über den gegenwärtigen Stand der Präzisions⸗Nivellements⸗ arbeiten, welche in den verschiedenen in der Kommission vertretenen Ländern ausgeführt worden sind, von Dr. Ad. Hirsch; einen Bericht über den gegenwärtigen Stand der Arbeiten, welche für die Bestim⸗ mung des mittleren Spiegels der Meere des kontinentalen Europa unternommen worden sind, von dem General Ibaftez; einen Bericht über die Bestimmung der Schwere mit Hülfe verschiedener Apparate, vom Prof. Dr. Th. von Oppolzer; neue Untersuchungen über ter⸗ restrische Refraktion, vom Prof. Dr. von Bauernfeind (nebst einem besonderen Anhange: Zur Theorie der terresteischen Refraktion, vom Prof. C Fearnley); endlich eine zweite Uebersicht über die Literatur der praktischen und theoretischen Gradmessungs⸗ Arbeiten, zusammengestellt vom Prof. Dr. O. Börsch. — Dem Bande sind ferner 10 Tafeln beigegeben, von denen die 3 ersten die Maré ⸗ graphen (selbstregistrirenden Fluthmesser) ia Havre und Nizza sowie die Aufstellung des letzteren veranschaulichen; die vierte bietet eine roße Karte von Italien mit dem darauf eingezeichneten geodätischen etz; die fünfte den Plan eines Feldobservatoriums auf den astronomischen Stationen erster Ordnung des Kaiserlich⸗ Königlich österreichischen militär⸗geographischen Instituts; die sechste die Skizzen von vier Nivellements⸗Polygonen der Alpenländer Oester⸗ reichs; die beiden folgenden: Karten von Europa mit den tele⸗ graphischen Bestimmungen der Längenunterschiede und der astrono⸗ mischen Bestimmungen der Breite und des Azimuth; die neunte: sin trigonometrisches Kartennetz zur Uebersicht über den Fortschritt der geodätischen Arbeiten in Europa; die letzte: eine Karte der Prä⸗ sisions⸗Nivellements, welche in Europa bereits ausgeführt oder pro⸗ sektirt sind. — Beigelegt ist ferner eine Liste der Namen und Adressen der Bevollmächtigten für die europäische Gradmessung.
— Spooeben gelangt die Nr. 13 der „Mittbeilungen des deutschen Ggweeee (Wien)“ zur Ausgabe. An erster Stelle giebt die Vereinsleitung den Ortsgruppen einige Anregungen, in welcher Weise dieselben bei Erfüllung der Aufgaben des Vereines vorgehen mögen. Die Zahl der Ortsgruppen beträgt dermalen in Wien 10, Nieder⸗Oesterreich 129, Ober⸗Oesterreich 54, Salzburg 7, Steiermark 87, Kärnthen 40, Krain 5, Görz 1, Triest 1, Tirol und
orarlherg 16, Böhmen 407, Mähren 122, Schlesien 42 und ukowina 2, zusammen 923 Ortsgruppen; darunter sind 14 Frauen⸗ Ortsgruppen, 3 Mädchen⸗Ortsgruppen, 4 Frauen⸗ und Mädchen⸗Orts⸗ schr pen, endlich 1 akademische Ortsgruppe. An diese Uebersicht chließt sich die Fortsetzung der Zusammenstellung der für das
.“
Jahr 1883
von den Ortsgruppen erzielten Ergebnisse An Schulgründungen und Unterstützungen werden seit der letzten Nummer aufgewiesen 88 Fälle und zwar: 42 in Böhmen, 12 in Mähren, 6 in Schlesien, 2 in Galizien, 8 in Steiermark, 9 in Kärnthen, 8 in Krain, 4 in Tirol und 1 in Nieder⸗Oesterreich Auf die Fortsetzung des Versammlungs⸗ und Festkalenders folgen Berichte über Reisen und Schuleröffnungen aus Mähren (Schmole⸗Kolloredo und Schrei⸗ bendorf), Tirol, Görz, Krain und Steiermark (Roßwein), Böhmen (Podoli, Drislawitz, Königinhof und Bösching). Endlich richtet die Vereinsleitung an die Ortsgruppen⸗Vorstände die Bitte, zur Ergän⸗ zung des Vereinsarchives alle Veröffentlichungen der Gruppen und die Zeitungsberichte der in dem betreffenden Bezirk erscheinenden Blätter ve'aen Parteifarbe, welche sich auf den Verein beziehen, einzu⸗ enden.
— Im Verlage von Franz Vahlen in Berlin erschien soeben von dem 9. Jahrgange der 3. Folge der von Dr. J. A. Gruchot ge⸗ gründeten und vom Reichsgerichts⸗Rath Ra ssow und dem Kammer⸗ gerichtsrath Küntzel herausgegebenen „Beiträge zur Erläu⸗ terung des Deutschen Rechts, in besonderer Beziehung auf das Preußische Recht mit Einschluß des Handels⸗ und Wechselrechts“ das 1. Heft. Dasselbe enthält folgende 4 Ab⸗ handlungen: 1) Die Stellung des Richters bei der Terminsbestim⸗ mung im Faälle einer Ladung durch die Partei, vom Geh. Ober⸗Justiz⸗ rath Dr. Eccius. — 2) Beiträge zur Geschichte und Dogmatik der Pfandbrieflysteme nach preußischem Recht, vom Prof. Dr. von Brünneck. — 3) Die Umbildung des handelsrechtlichen Indossaments zu einer allgemeinen Vollzugsform für die Uebertragung verbriefter Forderungs⸗ rechte, vom Amtsrichter Skonietzki. — 4) Findet der Artikel 209 f. des Handelsgesetzbuchs in der Fassung des Gesetzes vom 18. Juli
884 auch auf diejenigen Gesellschaften Anwendung, welche unter der Herrschaft der vor der Emanation des Al⸗ gemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs geltenden Bestimmungen errichtet sind? vom Rechtsanwalt Dr. J. Goldschmidt. — An diese Abbandlungen schließen sich „Aus der Praxis“ folgende 8 Artikel an: 1) Einrede des nicht gehörig erfüllten Vertrages; Beschränkung der Befugniß zur Retention der Gegenleistung. — 2) Unzulässigkeit des Rechtsweges bei Zurückforderung von Chausseegeld, dessen Erhebung einer Gemeinde zusteht. — 3) Bedingungen der Bereicherungsklage. — 4) Unterliegt der in Preußen befindliche Mobiltarnachlaß eines Aus⸗ länders, insoweit er inländischen Erben zufällt, der Erbschaftsstempel⸗ steuer? — 5) Ehescheidungsklage. Wird das Gericht des Ortes, nach welchem der Ehemann behufs Strafverbüßung abgeführt ist, zur Ent⸗ scheidung über die Ehescheidung zuständig? — 6) Ehescheidung wegen Sävitien. Muß die Thätlichkeit eine Verletzung zur Folge gehabt haben, oder genügt der gesundheitsgefährliche Charakter derselben? Liegt bösliche Verlassung vor, wenn die Frau in Folge von Thätlichkeiten das Zusammen⸗ leben mit dem Manne aufgiebt? — 7) Ist das Vertheilungsrecht für Klagen gegen die Empfänger des vertheilten Geldes auch dann zuständig. wenn eine Kondiktion wegen unrichtiger Vertheilung erhoben wird? — 8) 1. Steht dem Gläubiger des Arrestaten das Recht zu, die Anlegung des Arrestes anzufechten, weil die des §. 797 C P. O nicht vorliegen? 2. Was ist nach dem nfechtungs⸗ gesetze vom 21. Juli 1879 §. 2 unter Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners zu verstehen? 3. Fragerecht. — Den Schluß des Heftes bildet „Literatur“, d. i. eine Zusammenstellung von 23 staatswissenschaftlichen Schriften mit kurzen Besprechungen.
— Die Buch⸗ und Antiquariatshandlung von Paul Lehmann in Berlin (Französische Str. 33 e) hat 2 Kataloge (Nr. XXXII u. XXXIII) ibres antiquarischen Bücherlagers versandt. Nr. XXXII, „Deutsche Geschichte mit Genealogie, Heraldik und Numis⸗ matik“, enthält ein Verzeichniß von 2183 Schriften unter folgenden Rubriken: Historische Zeitschriften, Sammelwerke, Kulturgeschichte, Allgemeines; Allgem. deutsche Geschichte, Preußen (ohne I Pommern u. Mecklenburg, die übrigen deutschen Staaten, Oesterreich⸗ Ungarn, die Schweiz; Genealogie, Numismatik u. Diplomatik. — Nr. XXXIII, „Geschichte der außerdeutschen Staaten, Geographie u. Reisen“, führt 2179 Schriften unter folgenden Abtheilungen auf: Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien u. Portugal, Nieder⸗ lande u. Belgien, die skandinavischen Reiche, Rußland u. Polen, der Orient, die außereuropäischen Länder, Geographie u. Reisen. In beiden Katalogen finden sich werthvolle Werke verzeichnet.
— Der soeben von dem Antiquar J. A. Stargardt in Berlin (Markgrafenstr. 48) ausgegebene antiquarische Katalog Nr. 149 enthält ca. 1300 Nrn. meist aus dem Gebiete der deutschen Literatur, ferner Todtentänze, Ablaßbriefe, viele literarische Seltenheiten und Autographen.
— Im Verlage von Gebr. Henninger zu Heilbronn erschien „Almania, dreisprachiges Studentenliederbuchl. Heft.“ Dasselbe enthält eine Auswahl der beliebtesten Studenten⸗ und Volks⸗ lieder für Kommers und Hospiz, Turnplatz und Wanderfahrt, Kränzchen und einsame Recreation, in deutscher, lateinischer und griechischer Sprache.
— Im Verlage der H. Lauppschen Buchhandlung in Tübingen er⸗ scheint indiesen Tagen: „Die Aussichtslosigkeit der Sozial⸗ demokratie“ von Dr. Alb. C. F. Schäffle, K. K. Minister a. D. Inhalt: 1) Die vergleichende Charakteristik der Sozialdemokratie. — 2) Die wissenschaftliche Kritik der Sozialdemokratie. — 3) Die posi⸗ tive Bekämpfung der Sozialdemokratie. — Preis broch. ca. 1,80 ℳ
— Die Buchdruckerei, Lithographische Anstalt und Steindruckerei der Gebrüder Grunert, Junkerstr. 16 hierselbst, hat, wie alljährlick, auch diesmal ihren Kunden und Gönnern zum neuen Jahre einen Beleg ihrer Leistungsfähigkeit durch einen im Renaissancestyl 8farbig ausgeführten Wandkalender gegeben. Die Farbenwahl ist vortrefflich und der Druck mit größter Sauberkeit und Accuratesse ausgeführt, so daß dieser Kalender an Eleganz nichts zu wünschen übrig läßt und jedem Zimmer zur Zierde gereichen wird.
Gewerbe und Handel.
Die „Schlesische Zeitung“ berichtet vom oberschlesischen Steinkohlenmarkt: Ein Rückgang des Bedarfs an Hausbrand⸗ und anderen Kohlensorten wurde trotz des verhältnißmäßig gelinden Wetters bisher nicht bemerkbar. Die Woche begann mit einem sehr regen Verkehr, da die Gruben während der ersten Tage der Woche günstigere Transportverhältnisse hatten und die Förderung zumeist glatter verladen werden konnte; in der zweiten Hälfte der Woche aber trat wiederum ein empfindlicher Waggonmangel ein, sodaß die Verladungen ins Stocken geriethen. Dieser Uebelstand versetzte die Zechen mehrfach in die Nothwendigkeit, die frische Produktion einstweilen zu stapeln. Die Produktion der Gruben ist auf einem sehr bedeutenden Höhepunkt angelangt. Es wurde auch jüngst noch vielseits mit Doppel⸗, sowie mit Ueberschichten, hier und da ohne Unterbrechung auch am Sonntag gearbeitet. Dennoch verblieben von der Gesammtproduktion loco Grube nur ganz geringe Quanten, so lange die Transporte bei min⸗ der fühlbarem Waggonmangel regelmäßiger bewerkstelligt werden konnten. Der Westen des oberschlesischen Steinkohlenbeckens, der Mittelpunkt und andere Theile des Reviers haben sich ihrer älteren Kohlenvorräthe in weitaus überwiegender Weise gänzlich entäußert. Die groben Kcohlensortirungen fanden seit Wochen ebenso bereitwillige Abnahme als die kleinen Körnungen. Während letztere in anderen Jahren für Januar leichter erhältlich zu werden begannen, da der Bedarf für industrielle Zwecke sich verringerte, sucht man sich in diesem Jahre größere Posten für die nächsten Monate zu versichern. Es 98 dieserhalb neue Ab⸗ schlüsse theils im Gange, theils bereits perfekt Eine Anzahl neuer Abkommen entfällt auf das Ausland. — In der oberschlesischen Kokesindustrie herrschte anläßlich des regeren Hohöfenbetriebs stellen⸗ weise gesteigerte Thätigkeit. Die Stimmung auf dem Kohlen⸗ und Kokesmarkte war fest. Es hielten sich die Preise auf dem bisherigen Stande.
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— Die nächste Börsen⸗Versammlung zu Essen findet am 29. Dezember 1884 im Kasino (bei C. Rothe) statt.
—, Der Außenhandel der Vereinigten Staaten von Amerika. (Stat. Corr.) Seit dem Fiskaljahre 1875/76 ist in den Vereinigten Staaten von Amerika der Werth der Ausfuhr stets größer als derjenige der Einfuhr gewesen. Dadurch wurde ein wirth⸗ schaftliches Gedeihen hervorgerufen, welches nicht nur das Empor blühen einer leistungsfähigen und heute in Europa bereits gefürchteten Industrie aus geringen Anfängen zur Folge hatte, sondern auch die Tilgung der durch den Bürgerkrieg aufgehäuften Schuld in bisher beispielloser Weise ermöglichte. 8
Vor dem oben angegebenen Zeitpunkte war eine zwar in ihrer Höhe schwankende, doch ständige Unterbilanz in den Vereinigten Staaten vorhanden gewesen. Dieselbe belief sich im Jahre 1863/94 auf 157 609 000 Doll. bei einer Ausfuhr im Werthe von 158 838 000 Doll. und einer Einfuhr in Höhe von 316 447 000 Doll. Während nun die Ausfuhr innerhalb des folgenden Jahrzehnts bis zum Jahre 1872/73 um 229 %, die Einfuhr um 103 — % stieg, verminderte sich die Unterbilanz um 24 %, nachdem sie im Jahre 1871/72 1 mit 182 417 000 Doll. ihren höchsten Stand erreicht hatte. Der plötzliche Umschwung, welcher im Fiskaljahre 182926 eintrat, brachte eine Unterbilanz von 18 877 000 Doll.; dieselbe mußte zwar im folgenden Jahre nochmals einer Unter⸗ bilanz Platz machen, aber ihr folgte dann seit 1875/76 jenes dauernde Uebersteigen des Einfuhrwerthes durch denjenigen der Ausfuhr. Letztere stieg von 540 385 000 Doll. im Jahre 1875/76 auf 902 377 000 Doll. 8 im Jahre 1880/81; seitdem zeigt sie eine fallende Tendenz, sie betrug im Jahre 1883/84 nur 740 514 000 Doll. Die Einfuhr bat sich seit 1879/80, bis wohin sie stetig gefallen war, wieder etwas gehoben, war aber inzwischen mehrfachen Schwankungen unterworfen. Die Ueber⸗ bilanz war im Jahre 1878/79 am größten, demnächst im Jahre 1880/81 von wo ab sie abnahm, offenbar eine Folge der in den letz⸗ ten Jahren den Hauptexportprodukten der Vereinigten Staaten auf dem europäischen Markte Seitens anderer überseeischer Länder entgegengebrachten Konkurrenz. insbesondere Ostindiens 8 für Getreide und Australiens auf dem Gebiete der Fleischversorgung, unterstützt durch das Einfuhrverbot amerikanischen Fleisches in mehreren europäischen Staaten. In welch fühlbarer Weise der Export der amerikanischen Produkte hierdurch beeinflußt worden ist, geht aus der Thatsache hervor, daß die Ausfuhr von Brodstoffen seit 1880 um nicht weniger als 43,6 %, diejenige der Provisionen (Fleisch, Milchprodukte und Eier) seit 1881 um 27 % zurückgegangen sind. Die Rohbaumwolle hat bisher ihren höchsten Exportwerth im Jahre 1865/66 behauptet, welcher denjenigen des Jahres 1883/84 um 42,8 % übertraf. Die Petroleumausfuhr hat sich dagegen seit 1877/78 in ziemlich gleichmäßigen Werthziffern bewegt.
Nürnberg, 23. Dezember. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held.) Gestern lag ziemlich rege Frage am Markte vor, so daß ein Umsatz von ca. 500 Ballen erzielt wurde. Gesucht waren vornehmlich beste Hopfen zu 80 — 105 ℳ und dann geringe und Mittelsorten von 50 — 68 ℳ, letztere auch von Seiten einiger Expor⸗ teure. Heute zeigt sich ebenfalls gute Fönh Die Zufuhren waren gering. Käufer nehmen nur billig erhältliche Waare und Eigner geben willig ab. Tendenz ist matt. Notirungen: Markthopfen 50 — 60 ℳ; Gebirgshopfen 70 — 90 ℳ; Hallertauer 60 — 95 ℳ; Württemberger 55 — 95 ℳ; Elsässer 50 — 75 ℳ; Posener 75 — 105 ℳ; Wolnzacher und Auer Siegel 85 — 105 ℳ
Laibach, 26. Dezember. (W. T. B.) Bei der Kassenskontri⸗ rung der hiesigen Escomptegesellschaft ergab sich ein Abgang 1g 8 70 000 Fl. Der Direktor der Gesfellschaft, Zenari, hat sich erschossen.
London, 24. Dezember. (W. T. B.) Die Firma Ingall Philipps & Comp., Inhaberin eines Speichergeschäfts, hat ihre Zahlungen eingestellt. Die Passiva sollen 200 000 £ betragen; es heißt, die Aktiva würden die Schulden decken.
New⸗York, 26. Dezember. (W. T. B.) Baumwollen⸗ Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 209 000 B., Aus⸗ fuhr nach Großbritannien 92 000 B., Ausfuhr nach dem Kontinent 46 000 B., Vorrath 1 048 000 B.
Submissionen im Auslande.
Niederlande.
13. Januar 1885. Timmerhuis zu Rotterdam für Zwecke der Trinkwasserleitung, Lieferung von 1) gußeisernen Röhren und Hülfstücken im Gesammtgewicht von 3 682 649 kg, und 2) in drei Abtheilungen: I. Abschlußhähnen, II. Brandhähnen, III. zu Reservestücken gehörenden Gußarbeiten. Bedingungen liegen im Timmerhuis (Bureau für städtische Arbeiten) aus und sind mit den Zeichnungen unter Nr. 1 für 2,50 Fl., mit denjenigen unter Nr. 2 für 1,00 Fl. käuflich bei Wittwe P. van Waesberge & Zoon, Buchdrucker, Houttuin Nr. 73.
Verkehrs⸗Anstalten.
Hamburg, 25. Dezember. (W. T. B.) Der Postdampfer „Suevia: der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Aktiengesellschaft ist, von New⸗York kommend, heute Vor⸗ mittag auf der Elbe eingetroffen. 8
Triest, 26. Dezember. (W. T. B.) Der Llovyddampfer „Leda“ ist heute Mittag aus Konstantinopel hier eingetrofken.
Berlin, 27. Dezember 1884.
Friedrich der Große nach Catt's „Memoiren“.
Unter dem Haupttitel „Unterhaltungen mit Friedrich dem Großen“ erschienen so eben als der 22. Band der „Publicationen aus den K. Preußischen Staatsarchiven“ die französisch geschriebenen „Memoiren und Tagebücher von Heinrich de Catt“, mit einer facsimilirten Tafel.*) Herausgeber dieses Bandes ist Professor Reinhold Koser; der von demselben verfaßten Einleitung entnehmen wir das Folgende über de Catt und sein Buch. .
Unter den vielen über den großen König geschriebenen Büchern von memoirenhafter Gestalt**) hat wohl keines so unmittelbar ge⸗ schöpft, wie die Aufzeichnungen Catts, welche auf Wahrnehmungen eines perfönlichen und täglichen Umganges beruhen. Sie behandeln die schwere Zeit des siebenjährigen Krieges in Tagebuchsform; ihr Hauptgewicht legen sie auf die Schilderung des Königs als Menschen. In dieser Rücksicht wird ihnen kaum ein zweites Buch über Friedrich den Großen an die Seite zu stellen sein, so lebhaft ver⸗ anschaulichen sie uns die Persönlichkeit des Monarchen. Er steht vor uns, wir hören ihn sprechen und wir gewinnen tiefe Einblicke in sein Seelenleben. Uns hat bisber ein solches Werk über den König gefehlt: in dem, was diese Memoiren inhaltlich bieten, wie als Genre der Darstellung sind sie unübertroffen, und man wird nicht wenig überrascht, hundert Jahre nach dem Tode Friedrichs des Großen, also nach Ablauf eines Zeitraums, in welchem
8 Leipzig, Verlag von S. Hirzel 1884. XXXII. und 504 S.
gr. XIII., XXXI. und XXXII.