1885 / 3 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 05 Jan 1885 18:00:01 GMT) scan diff

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Am Sonnabend Morgen fuhr Höchstderselbe mit Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Heinrich zur Jagd nach 1 ndau. 1

Gestern Vormittag 11 ½ Uhr empfing Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz den Fürsten zu Putbus und begab Sich

sodann nach der Universität, um daselbst der Feier zum Gedächtniß des hundertjährigen Geburtstages Jacob Grimms beizuwohnen.

Um 1 ¼ Uhr hatte der Oberst Brix die Ehre des Empfanges zur Ueberreichung der neuen Rang⸗ und Quartier⸗ liste für das Jahr 1885.

Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin wohnte mit Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzessinnen Victoria, Sophie und Margarethe der Ma⸗ tinée im Opernhause bei.

Um 5 Uhr erschienen die Kronprinzlichen Herrschaften E.-. den Prinzessinnen bei Ihren Kaiserlichen Majestäten zum

iner.

Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich hat gestern Morgen 9 Uhr Berlin verlassen und ist nach Kiel zurück⸗

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Der Kaiserliche Gesandte am Königlich schwedisch⸗ norwegischen Hofe, von Pfuel, ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub nach Stockholm zurückgekehrt und hat die Geschäfte der dortigen Gesandtschaft wieder übernommen.

Se. Durchlaucht Heinrich XIII. Prinz Reuß, General⸗Major, General à la suite Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur der 11. Kavallerie⸗Brigade, hat sich nach Breslau zurückbegeben.

Se. Durchlaucht der Prinz Friedrich von Hohenzollern, Oberst à la suite des 2. Garde⸗Dragoner⸗ Regiments und Commandeur der 3. Garde⸗Kavallerie⸗Brigade, ist von Urlaub aus Sigmaringen hier wieder eingetroffen.

S. M. Brigg „Rover“, 6 Geschütze, Kommandant Korv.⸗Kapt. Cochius, ist am 5. Januar cr. von Vigo aus in See gegangen.

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren

Dreckmann in Wanne, Dr. Guttenplan und Heßdörfer in Frankfurt a. M.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 3. Januar. Ztg.) Der Kaiser hat dem vom Krainer Landtage be⸗ chlossenen Gesetzentwurf, mit welchem einige Bestimmun⸗ gen der krainischen Landesgesetze vom 19. Dezember 1874 und vom 26. Oktober 1875 abgeändert werden, sowie dem Beschluß des genannten Landtages vom 16. Oktober 1884, womit zur Deckung des Abganges des Normalschulfonds für das Jahr 1885 eine 10prozentige Umlage auf die volle Vorschreibung aller irekten Steuern sammt allen Staatszuschlägen im ganzen Lande und die Bedeckung des weiteren Abganges aus dem Landesfonds beschlossen wurde, die Allerhöchste Sanktion ertheilt. 9 Pest, 1. Januar. (Prag. Ztg.) Die Gratulations⸗ our in der Ofener Hofburg gestaltete sich besonders glänzend. Fast alle Mitglieder der ungarischen Aristokratie, die Staatswürdenträger und die hoffähigen Persönlichkeiten waren erschienen. Agram, 2. Januar. (Prag. Ztg.) n der heutigen Sitzung des Landtages waren beide ppositions⸗ parteien vollzählig anwesend. Die Interpellation des Starcevicianers Hinkovic, warum der Adreßentwurf der Starcevic⸗Partei nicht zur Verhandlung zugelassen wurde, ließ der Präsident nicht verlesen. Die Anfragen, warum die Starcevicianer ausgeschlossen wurden, beantwortete der Präsident mit dem Hinweise auf den diesbezüg⸗ lichen Landtagsbeschluß, wonach eine weitere Dis⸗ kussion unstatthaft sei. Hierauf folgte die Debatte über die Indemnität, welche in der Abendsitzung fortgesetzt wurde. Kamenar und Folgenovic sprachen gegen, Zibkovic für die Votirung der Indemnität; letzterer wies die Angriffe auf Ungarn zurück und hielt es für seine Pflicht, zu konstatiren, daß selbst die äußerste Linke des Reichstages nicht unsympathisch über Kroatien spreche. 3. Januar. Die Regnikolar⸗Deputation hat sich konstituirt; zum Präsidenten wurde Kresztic gewählt.

Großbritannien und Irland. London, 5. Januar, früh. (W. T. B.) Das Kanalgeschwader hat den Befehl der Admiralität erhalten, sich zum sofortigen Auslaufen bereit zu halten. Die „Daily News“ schreiben: dieser Befehl sei nichts Außergewöhnliches; es werde damit nur der Urlaubs⸗Ertheilung an Offiziere und Mannschaften ein Ziel gesetzt; das Geschwader werde sich nach der Arosa⸗Bay und sodann nach Vigo, Madeira und Gibraltar begeben.

Ein Artikel der „Times“ spricht sich mit Entschiedenheit

gegen die Politik der Regierung in Egypten aus

und empfiehlt den Ministern, lieber ihre Entlassung zu geben, als ein gegen das Kabinet gerichtetes Votum des Unterhauses abzuwarten.

In dem Tunnel der Eisenbahn zwischen Gower⸗ Street und Kings⸗Croß, in welchem am 2. Abends die Explo⸗ sion stattgefunden hat, sind am Sonnabend eine Spiralfeder und einige angebrannte Stücke von einem Stoff gefunden worden, wie er bei der Fabrikation von Schießbaumwolle ver⸗ wendet zu werden pflegt.

Frankreich. Paris, 3. Januar. (W. T. B.) Der Kriegs⸗Minister General Campenon hat seine De⸗ mission gegeben. Zu gleicher Zeit ist der Unter⸗Staats⸗ sekretär im Kriegs⸗Ministerium, Périer, zurückgetreten. An seiner Stelle ist der Divisions⸗General Lewal zum Kriegs⸗ Minister ernannt worden. Der in Tongking komman⸗ dirende Brigade⸗General Bribredel’ Isle ist zum Divisions⸗ General befördert worden. Die „République Fran⸗ gaise“ sagt: Campenon habe sich zurückgezogen, weil er mit der von den Kammern geforderten Politik einer energischen Aktion in Tongking nicht einverstanden sei.

Dem „Temps“ zufolge wären nunmehr wegen der Abgrenzung des Congogebiets direkte Verhand⸗ lungen zwischen dem Minister⸗Präsidenten Ferry und einem Delegirten des Königs von Belgien ein⸗ geleitet. Der Delegirte Frankreichs bei der Berliner Congo⸗

Konferenz, Ballay, habe heute Vormittag längere Zeit mit

Hrn. Ferry konferirt.

*

Eine Londoner De englische Ministerrath habe sich gestern mit den Egypten betreffenden Vorschlägen beschäftigt, welche Lord Granville jüngst durch den Botschafter Waddington übermittelt worden seien; man halte eine neue egyptische Kon⸗ ferenz für wahrscheinlich. Dem „Paris“ zufolge gingen die französischen Vorschläge in der egyptischen Angelegenheit auf eine unter der Kontrole, wo nicht Garantie der betheiligten Mächte aufzunehmende Anleihe hinaus, und dieselben seien den anderen Mächten bereits zur Prüfung mitgetheilt worden.

4. Januar. (W. T. B.) Heute fand am Grabe Blanqui's eine Kundgebung von etwa 500 Anar⸗ chisten statt, bei welcher sehr heftige Reden gegen die Bour⸗ geoisie gehalten wurden. Zu irgend welchem Zwischenfall kam es jedoch nicht.

Mehrere Blätter wollen wissen: die Leitung der Operationen in Tongking, welche bisher vom Marine⸗ Ministerium ausging, werde dem Kriegs⸗Ministerium über⸗ tragen werden. Dem „Temps“ zufolge wäre der Kriegs⸗Minister Lewal der Ansicht, daß die bereits nach Tongking gesandten Verstärkungen hinreichend seien, um die Eroberung des Landes zu sichern.

Eine offizielle Depesche aus Hanoi, vom 4. d. M., meldet: General Négrier schlug gestern eine ca. 6000 Mann starke chinesische Truppenabtheilung, eine Tagereise östlich von Chu, vollständig. Details fehlen noch. Die Truppen⸗ Transportschiffe „Chandernagor“ und „Cheribon“ sind heute früh mit Truppen in Haiphong eingetroffen.

(Köln. Ztg.) Die „Agence Havas“ berichtet u. d. 2. Januar: „Vor einigen Tagen ist im Marine⸗Ministerium die Lieferung von großen französischen Transport⸗ schiffen zur Fortschaffung von 5 6000 Mann nebst Kriegs⸗ und Mundvorrath nach Tongking zugeschlagen worden. 27 Rheder hatten sich um die Lieferung beworben. Die von der Regierung entgültig gemietheten Fahrzeuge sind die „Rovenca“, die „Framng“ und der „Béarn“, welche der „All⸗ gemeinen Gesellschaft für die Seetransporte mittelst dampfern“ angehören, und der „Cachar“, welcher der Compagnie Nationale angehört. Diese vier Schiffe liegen schon seit einiger Zeit in Marseille. Das Marine ⸗Ministerium will zuerst diese vier Schiffe frachten und sich vorbehalten, später unter gleichen Bedingungen die Anzahl der Packetboote nach Tongking und China zu verdoppeln. Sobald alle Anstalten getroffen, sollen die vier Schiffe nach Toulon fahren, um Kriegsmaterial ein⸗ zuladen, sodaß sie bereit seien, am 20. Januar Marseille zu verlassen, um in Algerien Truppen einzuschiffen. Die hierfür bezeichneten Corps sind ein Bataillon aus dem 2., ein Ba⸗ taillon aus dem 3. Schützen⸗Regiment und zwei Bataillone aus jedem der beiden Regimenter der Fremdenlegion. Anderer⸗ seits hat der Marine⸗Minister heute noch an die betheiligten Seepräfekten den Befehl ergehen lassen, die Kreuzer „Fabert“ in Rochefort, „La Clocheterie“ und „Sané“ in Cherbourg und Décrées in „Lorient“ rüstungsbereit zu balten, damit dieselben nöthigenfalls vom 15. bis 31. März dem Admiral Courbet zur Verfügung gestellt werden können.“

Spanien. Madrid, 4. Januar. (W. T. B.) Nach amtlicher Feststellung sind durch das letzte Erdbeben in Alhama 1300 Häuser zerstört, 302 Personen getödtet und 280 Personen verwundet worden.

Italien. Rom, 4. Januar. (W. T. B.) Die „Agenzia Stefani“ dementirt auf das Formellste die Nachricht des „Esercito“, wonach die Congo⸗Expe⸗ dition Cecchi's den Zweck haben sollte, mit den Sultanen Süd⸗Afrikas Verträge zu stipuliren. Cecchi habe einfach eine Handelsinspektion vorzunehmen und zu diesem Zweck den Congo und seine Rebenflüsse zu be⸗ fahren. Was die weitere Meldung des „Esercito“ angehe, daß in Spezzia eine Landungs⸗Compagnie organisirt werde, deren Bestimmung unbekannt sei, so handle es sich einfach um die Erhöhung der Mannschaft des Stationsschiffes „Vedetta“ in Assab. Die „Agenzia Stefani“ erklärt endlich die Meldung der „Kiforma“ für völlig unbegründet, daß das Panzerschiff „Amadeus“ nach Tripolis gehen solle, um sich mit dem Panzerschiff „Dandolo“ zu einer Schiffs⸗ Division zu vereinigen, welche den Winter hindurch im ionischen und ägäischen Meere kreuzen solle.

Türkei. Konstantinopel, 3. Januar. (Wien. Abdp.) Der türkische Gesandte in Teheran, Fakri Bey, welcher gegenwärtig in Konstantinopel weilt, wurde zum Unter⸗Staatssekretär im Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten, an Stelle Artin Efendi's, ernannt.

Serbien. Belgrad, 3. Januar. (W. T. B). Die Skuptschina ist zum 11. d. M. einberufen und gleich⸗ zeitig bis zum 27. Mai vertagt worden.

Afrika. Egypten. Kairo, 1. Januar. (Allg. Corr.) Der Mudir von Dongola telegraphirt unter dem gestrigen Datum, daß ein in Dongola angelangter Araber aus dem Lager des Mahdis behaupte: die Anhänger des falschen Pro⸗ pheten ständen in Stärke bei Mizan⸗el⸗Nek, 12 Stunden südlich von Omdurman, von wo aus sie Omdurman wiederholt an⸗ gegriffen hätten, jedoch mit starkem Verlust zurückgeworfen und zum Rückzuge nach Mizan⸗el Nek gezwungen worden seien. Nachdem General Gordon erfahren, daß die Beduinen⸗ Araber während der Nacht zu den Brunnen kämen, habe er

Durch diese Maßregel sei den Rebellen großes Ungemach zugefügt worden und viele derselben an den Pocken und der Kolik gestorben. Der Mahdi habesich deshalb mit seinem Heere nach JFabbara, zwei Tagemärsche von Omdurman, zurückgezogen. Später seien ihm mehrere Stämme abtrünnig geworden. Es wird hinzu⸗ gefügt, daß der Mahdi seine Hauptchefs zusammenberufen und denselben erklärt habe, er beabsichtige, gegen den Mudir von Dongola zu maschiren. Die Chefs hätten sich bereit erklärt, dem Mahdi zu folgen, wenn er statt im Rücken der Armee zu bleiben, sich an die Spitze derselben stelle und so die feind⸗ lichen Kugeln wegzaubere. Am folgenden Tage habe der Mahdi die Chefs nochmals zusammenberufen und ihnen ge⸗ sagt, er hätte in einem Traum gesehen, daß der Mudir von Dongola ein Heiliger, gegen den zu kämpfen nutzlos sei. Diese Antwort habe große Bestürzung verursacht. Die Schaaren des Mahdis ständen noch immer in Jabbara.

3. Januar. (W. T. B.) Die Vertretung der Regierung in dem Prozeß der Staatsschulden⸗ tilgungskasse vor dem Appellgericht hat der Advokat Mannsardi, der Vertreter der durch das Bombardement von Alexandrien Beschädigten, übernommen. 1

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pesche des „Temps“ sagt: Der

armirte Boote entsandt, um diesem Treiben ein Ende zu setzen.

1 Zeitungsstimmen.

Anläßlich der Reichstagssitzung vom 15. v. M. find, wie

die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ mittheilt, dem Reichskanzler weitere Zustimmungsadressen zugegangen:

aus Reuß von Privatpersonen,

aus Gießen mit 500 Unterschriften von Personen verschiedener politischen Parteien, EC11““

aus Bocholt mit zahlreichen Unterschriften,

aus Hungen desgl., 8 1

aus Barth vom dortigen freien Wahlverein,

aus Mühlhausen i. Th. von Privatpersonen,

aus Braunschweig desgl., 3 3

aus Rostock desgl., b1“

aus Kreuznach von ca. 1000 Bürgern,

aus Beerloc. mit 814 Unterschriften aus Vegesack und dem Kreise

terholz,

aus Oberhausen von der Bürgerschaft mit ca. 600 Namen,

aus Oelsnitz mit ca. 700 Unterschriften,

aus Kronach von zahlreichen reichstreuen Männern der Stadt,

aus Wernigerode von Privatpersonen,

aus von Wählern des 17. hannoverschen Reichstagswahl⸗ reises, 1

aus Gömnitz bei Eutin von mehreren Bewohnern,

aus Görlitz vom deutschen Reformverein „Vorwärts“,

aus Hattingen a./Ruhr von ca. 300 Bürgern,

aus Döbeln und Umgegend mit etwa 1000 Unterschriften,

aus Höhscheid bei Solingen mit zahlreichen Unterschriften,

aus Herdecke mit etwa 700 Unterschriften von Bürgern der Stadt Herdecke und der Gemeinde Vorhalle, Wahlkr. Hagen,

aus Gifhorn vom nationalliberalen Kreisverein,

aus Corbach, Waldeck, von einer großen Anzahl Einwohner, Zieslübbe (Mecklenburg) von Privatpersonen Böhrigen in Sachsen von 207 Wählern, Leer mit ca. 700 Unterschriften, Gauselfingen von zahlreichen Einwohnern, Schwalenburg, Lippe desgl.,

Flörsheim vom Vorstand der nationalliberalen Partei des

1. nassauischen Wahlkreises,

Weimar und Umgegend vom nationalliberalen Verein mit ca.

1800 Unterschriften,

Nakel von einer zahlreichen Versammlung deutscher Männer

des Kreises Wirsitz, b be; vom Verein reichstreuer Wähler in Lautrach, Zayern,

Oldenburg (Holstein) von einer Anzahl Wähler verschiedener Parteien, 8 Hildesbeim weitere Zustimmungen zu der schon früher er⸗

wähnten Adresse aus dem 10. hannoverschen Reichstags⸗

wahlkreise, Dresden von den Dresdener Reformern,

aus s Blasien von den Gemeinden des Amtsbezirks, 482 Unter⸗ schriften,

aus Ernstthal (Sachsen) von 121 Einwohnern,

aus Neumünster (Holstein) von circa 450 Bürgern,

aus Einbeck mit 240 Unterschriften,

aus Riedlingen (Württemberg) mit zahlreichen Unterschriften,

aus Königstein (Sachsen) mit circa 100 Unterschriften,

aus Apolda mit ca. 400 Unterschriften von Wählern der Stadt und Umgegend,

aus Oschersleben mit ca. 900 Unterschriften aus Stadt und Kreis,

aus St. Petersburg von Privatpersonen,

aus Waldhilbersheim desgl.,

aus Dresden desgl., 1 8

aus Enniskillen (Irland) desgl.,

aus Zwickau mit 6—7000 Unterschriften einer Versammlung von Männern aller Berufskreise,

aus Eberswalde von 863 Männern aus allen Ständen und Be⸗ völkerungsschichten der Stadt und Umgegend,

aus Trittau von zahlreichen Einwohnern,

aus Oederan von zahlreichen Wählern des IX. sächsischen Reichs⸗ tagswahlkreises,

aus Odenkirchen von ca. 500 reichstreuen Bürgern,

aus Langenburg von den Gemeinden Langenburg und Bächlingen,

aus Stargard (Pommern) von Privatpersonen,

aus Buchholz in Sachsen von zahlreichen Bürgern,

aus Neu⸗Weißensee von der Einwohnerschaft des Amtsbezirks,

aus Delitzsch von 408 Bewohnern der Stadt und Umgegend,

aus Neudorf a. d. Spree von zahlreichen Bewohnern von Neu⸗ dorf und Umgegend,

aus Altensteig (Württemberg) von 247 Bürgern,

aus Lichtenstein (Sachsen) von 536 Bewohnern der Städte Lichtenstein⸗Calluͤberg,

aus Pasewalk von konservativen Bürgern,

aus Rade (Hannover) von Gemeindemitgliedern,

aus Bad Neuenahr von vielen, allen Ständen und den verschiedensten Parteien angehörenden Männern,

aus Mylau i. V. mit ca. 300 Unterschriften,

aus Frankenberg i. S. von Privatpersonen,

aus Gräfrath (Kreis Solingen) mit ca. 250 Unterschriften,

aus Neuwied von ca. 600 Einwohnern,

aus Detmold von ca. 550 Einwohnern, 1“

aus Abtnaundorf von ca. 1600 Angehörigen des 14. sächsis Wahlkreises,

aus Bochum von circa 3000 Bürgern von Bochum und Umgegend und von Gelsenkirchen,

aus Gelsenkirchen mit circa 500 Unterschriften,

aus Weinsberg von einer sehr zahlreich besuchten Versammlung von Wählern des 11. württembergischen Wahlkreises.

In einer Berliner Correspondenz des „Hannover⸗ schen Couriers“ lesen wir:

Wie sehr das reine „Manchesterthum“ auch in extremliberalen Kreisen abgewirthschaftet hat und angesichts der heutigen Zeitbedürfnisse preisgegeben wird, das zeigt ein Programm, welches die „Deutschfrei⸗ sun gen. und Demokraten in Würzburg aufgestellt haben, als sie ich dieser Tage zu einem „Volksverein“ verschmolzen. An der Spitze der darin aufgestellten Forderungen steht als Gabe für die industriellen Arbeiter: ein Arbeiterschutzgesetz, ein Maximalarbeitstag, Alters⸗ und Invalidenversorgung, Verbot der Kinderarbeit u. s. w. Was werden Hr. Bamberger und Hr. Eugen Richter dazu sagen? Gerade in der sozialen Frage freilich ist Konsequenz und Klarheit nicht eben Sache der Demokraten und Radikalen. Das beweist auch das neulich ver⸗ öffentlichte Programm für eine demokratische Partei in Norddeutsch⸗ land, welches in einem Athemzuge den Staatssozialismus verdammt und gleich darauf die Einführung von Institutionen verlangt, die doch auf nichts Anderes als auf eine praktische Inscenirung des verpönten Staatssozialismus hinauslaufen. Selbst die hartgesottensten Radikalen müssen, wenn auch nur widerwillig und unter allen mög⸗ lichen Verklausulirungen, dem Zuge der Zeit folgen, welche eine Lösung der sozialen Frage in dem Sinne und der Richtung verlangt, wie sie vom Kaiser Wilhelm und seinem Kanzler in großen Grund⸗ zügen angedeutet ist.

Die „Neue Preußische Zeitung“ sagt unter der Ueberschrift „Manchesterliches zu Neujahr“:

Die manchesterlichen Organe bringen Betrachtungen über die wirthschaftlichen Ergebnisse des verflossenen Jahres, die sich wie ge⸗ wöhnlich dadurch auszeichnen, daß aus an sich richtigen Thatsachen falsche Schlußfolgerungen gezogen werden. Wenn es da z. B. heißt, daß die Schutzzollpolitik eine Herabsetzung der Löhne in einigen wichtigen Gewerbszweigen nicht habe verhindern können, so scheint das leider unbestritten, hängt aber in keiner Weise mit dem Prinzip des Schutzes der nationalen Arbeit zusammen,

wie die Vorkämpfer des wirthschaftlichen Weltbürgerthums oder der

abstrakten Weltwirthschaft behaupten, sondern erklärt sich aus der allgemeinen Ueberproduktion, die erst durch die immer fortschreitende

(Entwickelung der modernen Verkehrsmittel zur vollen Wirkung gelan⸗ gen kann. Diese kommen in der Praxis einer Beseitigung der natür⸗

lichen Schutzzölle gleich, wie sie sonst durch große Ent⸗ fernungen und mangelhafte Verbindungen dargestellt wurden und in einem Theil der Erde auch heute noch dar⸗

gestellt werden b 1 uns der Hauptsache nach mit den bis⸗

herigen Zollsätzen zufrieden geben müssen, so folgt daraus doch in keiner Weise, daß es auf dem gewerblichen Gebiete bei uns besser aussehen würde, wenn die deutsche Arbeit ohne jeden Schutz dem Mitbewerb des Auslandes preisgegeben wäre. Die bestehenden Zölle reichen nicht aus, um den Unternehmern wie den Arbeitern vollen Entgelt zu sichern, sie bieten ihnen aber wenigstens die Möglichkeit, den Kampf mit einiger Aussicht auf Er⸗ folg fortzuführen, was unter anderen Umständen für eine große Anzahl von Geschäftszweigen ausgeschlossen wäre. Wenn selbst die alt eingesessene, mit gewaltigem Kapital arbeitende englische In⸗ dustrie sich dieser Erfahrung täglich weniger verschließen kann was sollte dann aus der unserigen werden, die großentheils recht neu ist und ohne die überreichen Mittel schafft, die sener zu Gebote stehen? Wenn sie jetzt für die Ausfuhr konkurrenzfähige Preise berechnen kann, so war das nur dadurch möglich, daß ihr der innere Markt leidlich gesichert ist; anderen Falls wäre nicht daran zu denken.

Alles das ist so einfach und handgreiflich, daß es den wirth⸗ schaftlich wohl beschlagenen Vertretern des Manchesterthums unmög⸗ lich entgehen kann. Wenn sie gleichwohl fort und fort das Gegen⸗ theil behaupten, so wissen wir, daß das subjektive Moment bei ihren Erwägungen die Oberhand hat. Damit aber kann man keinen Ein⸗ druck machen. .

Eine Frage von höchster Bedeutung ist dabei noch nicht einmal berücksichtigt. Wo sollen die Einnahmen herkommen, deren das Reich bedarf, wenn die Zölle wegfallen, von denen wir jetzt zum großen Theile leben2....

Statistische Nachrichten.

Die höheren Lehranstalten Preußens, welche zur Ausstellung von Zeugnissen über die wissenschaftliche Befähigung für den einjäbrig⸗freiwil ligen Militärdienst berechtigt sind. Nach dem „Centralblatt für die gesammte Unterrichtsverwaltung“ hatten in Gemäßheit der Wehrordnung vom 28. September 1875 (§. 90 Th. 1) Mitte des Jahres 1884 in Preußen 544 höhere Lehranstalten die Berechtigung, Zeugnisse über die wissenschaftliche Befähigung für den einjährig⸗freiwilligen Militärdienst auszustellen. Diese Lehranstalten zerfallen in verschiedene Kategorien. In der ersten Abtheilung befanden sich 253 Gymnasien, 92 Realgymnasien und 12 Ober⸗Real⸗ schulen, zusammen 357 Anstalten, bei welchen der ein⸗ jährige, erfolgreiche Besuch der zweiten Klasse zur Darlegung der wissenschaftlichen Befähigung erforderlich ist. Die zweite Klasse wird von denjenigen höheren Schulen gebildet, bei welchen der ein⸗ jährige erfolgreiche Besuch der ersten Klasse zur Erlangung der Be⸗ rechtigung nöthig ist; dazu gehörten zur angegebenen Zeit 34 Pro⸗ gymnasien, 17 Realschulen und 80 Real⸗Progymnasien, zusammen 131 höhere Schulen. Bei den Anstalten der dritten Kategorie, 24 öffent⸗ lichen und 6 privaten höheren Bürgerschulen verschiedener Benennung, ist das Bestehen der Entlassungsprüfung erforderlich. Außerdem gab es noch 2 Anstalten, die Kaiserliche Marineschule in Kiel und die Ge⸗ werbeschule in Saarbrücken, bei denen die Berechtigung zur Ausstellung jener Zeugnisse von der Erfüllung besonders festgestellter Bedingungen ab⸗ bängig ist. 24 anderen höheren Schulen (16 öffentlichen Landwirth⸗ schaftsschulen und 8 Privat⸗Erziehungsanstalten) ist es durch Ver⸗ fügung des Reichskanzlers provisorisch gestattet worden, denjenigen ihrer Schüler solche Zeugnisse zu ertheilen, welche eine auf Grund eines von der Aufsichtsbehörde genehmigten Reglements in Gegen⸗ wart eines Regierungskommissars abzuhaltende Entlassungsprüfung wohl bestanden haben.

Die örtliche Vertheilung der höheren Lehranstalten, welche zu den ersten beiden Gruppen zählen, ergiebt sich aus folgender Ueber⸗ sicht nach Provinzen. Es entfielen:

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gymnasien Pro⸗ gymnasien

Real⸗ schulen Real⸗

Gymnasie Real⸗ Ober⸗

Realschulen

gymnasien

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Ostpreußen. Westpreußen Brandenburg Berlin

Pommern Posen.. Schlesien Schleswig⸗Holstein Hannover 8 3 ““ 2 Hessen⸗Nassau.. 12 IW8 28 Hohenzollern... 1 1“ VVon den höheren Schulen der dritten Abtheilung befinden sich je 4 öffentliche in Schlesten und Rheinland, je 3 in Westfalen und Hessen⸗Nassau, je zwei in Ostpreußen, Westpreußen, Sachsen und Hannover, je eine in Brandenburg und Hohenzollern; von den Privat⸗ schulen dieser Art kommen zwei auf Schlesien und je eine auf West⸗ preußen, Brandenburg, Berlin und Posen. Die Landwirthschafts⸗ schulen sind über alle Provinzen verstreut, mit Ausnahme von Berlin, Sachsen und Hohenzollern. 8

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Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Deutsche Soldaten⸗ und Kriegslieder aus fünf Jahrhunderten (1386 1871), gesammelt und herausgegeben von Hans Ziegler, Leipzig, Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel, 1884. kl. 80 S. XIV und 424. Diese Sammlung deutscher Volkslieder des Soldaten⸗ und Kriegerstandes ist von dem Verfasser in dem Bestreben veranstaltet, die charakteristischen Erzeugnisse der Soldatenpoesie auszuwählen und durch systematische Gruppirung dieser Mosaiksteinchen ein lebensvolles Gesammtbild zu konstruiren, welches jedem denkenden Leser ohne weiteren Kommentar das Leben und Treiben der Soldaten veranschaulichen sollte. Der Zweck der Zu⸗ sammenstellung, welche dem Generalfeldmarschall Grafen von Moltke in tiefer Verehrung gewidmet ist, dürfte vollständig erreicht sein; sie ist eine autobiographische Kulturgeschichte unseres Heeres und verdient wegen Auswahl und Anordnung gleich lebhaftes Lob wie angelegentliche Empfehlung. Vorwiegend sind nur volksthümliche Lieder auf⸗ genommen, diese nicht modernisirt, sondern in Treue und genauer Wiedergabe der ursprünglichen Entstehung. Geschichtliche Erläuterungen sind möglichst kurz unter dem Texte, Wort⸗ und Sacherklärungen am Schlusse der Abdrücke gegeben, ein gutes Register mit den Anfangs⸗ worten der Lieder erleichtert deren schnelles Auffinden. Der erste Theil „Soldatenlieder“ behandelt Soldaten⸗Lust und Leid, Werbung und Abschied, Leben und Treiben, Liebesleben, auf dem Marsche, vor und in der Schlacht, vom Reiten auf grüner Haide (S. 3 168). Der zweite Theil, Kriegslieder, gliedert sich nach den Ereignissen: von den Schweizerkriegen bis zur Urbergabe von Metz (1386 1552), vom Beginn des dreißigjährigen Krieges bis zur Zerstörung von Heidelberg (1620 1689), die Türkenkriege und der spanische Erbfolgekrieg bis zu Prinz Eugens Tode (1529 1757), der österreichische Erbsolgekkieg und die Friedericianische Zeit (1741 1786), die französische Campagne und die Freiheitskriege (1792 1815), vom schleswig⸗holsteinschen Kriege bis zum Frankfurter Friedensschluß (1848 1871). In allen

8. 8

hier mitgetheilten Soldaten⸗ und Kriegsliedern sind distorische Zu⸗ stände, wohl oder übel, dargestellt. Sie bleiben daher eine wichtige Quelle der Kultur⸗ wie Literargeschichte, obgleich die späteren Soldatenlieder, wie die aus der Zeit des siebenjährigen Krieges, nicht die Frische und Lebendigkeit der Vorjahrhunderte bekunden, ja an packender Poesie arm sind. Aber die Freiheits⸗, Kriegs⸗ und Soldaten⸗ lieder aus dem Anfange unseres Jahrhunderts übertreffen an Frische und Natürlichkeit wohl die Lieder der alten Zeit. Nach dem Ver⸗ fasser (S. VI) tritt das Kriegslied im modernen Sinne erst im vierzehnten Jahrhundert auf, in welcher Zeit die Schweizer Blut und Leben für Füörlbent und Vaterland einsetzten. Doch erst das sechzehnte Jahrhundert mit seinen tief einschneidenden religiösen, politischen und sozialen Umwälzungen hat im eigentlichen Sinne das Soldatenlied geschaffen. Ein tiefer Strom echter Liebeslyrik ist aus den Reihen der Landsknechte dem deutschen Volke zugeflossen, aber aus den Liedern der späteren Zeit des Lands⸗ knechtlebens treten Gesinnungslosigkeit, Geldgier und schwächliche Klagen entgegen. Da erhob sich 1675 eine neue, noch kleine, aber durchaus tüchtige Macht, mit deren Fahnen von nun an die patrio⸗ tische Dichtung unlöslich verknüpft ist: Die brandenburgisch⸗ preußische Monarchie, die unter dem großen Kurfürsten die deutsche Sache zu der ibrigen macht und in der Schlacht bei Fehr⸗ bellin den mit der Zeit zum Erbfeinde gewordenen Schweden ener⸗ gisch die Thüre weist. Vor dem Erscheinen Friedrichs des Großen ist es noch der Prinz Eugen, der als echt populärer Held und kräftiger Vertreter des wieder erstarkten Deutschlands gegen östliche und westliche Feinde in unzähligen Liedern gefeiert wird. Von 1740 an stebt jedoch ee ganz in dem Vordergrunde. Friedrich II., der vielgeschmähte Verächter der deutschen Dichtung, wird der Anstoß zu einer neuen Aera derselben: er gab durch seine großen Thaten dem Dichter würdigen Stoff für seinen Sang und mit einem Schlage werden die unsagbar faden Hirtenlieder und Hochzeitscarmen von einer Geist und Herz erhebenden, nationalen Dichtung verdrängt. Als in unserem Jahrhundert das Volk aufstand und der Sturm losbrach, machte die patriotische Dichtung einen be⸗ wundernswerthen Aufschwung und das große Kriegsjahr 1870/71 brachte nach der Jahre lang zurückgedrängten Gesinnung eine neue Erhebung. Es wird wohlthuend sein, die dichterischen Beweise für diesen kurzen historischen Bericht in Zieglers geschmackvoll aus⸗ gestattetem Buche selbst nachzulesen. In der Hoffnung, daß die vor⸗ stehende Sammlung von Liedern eines Volkes, dessen Sangeslust bei der rauhen, blutigen Kriegsarbeit nicht erlischt, sondern in hellen, er⸗ wärmenden Flammen neu auflodert, schon aus echtem Patriotismus viele begeisterte Leser finde, möchten wir für eine zweite Auflage nachfolgende zusätzliche Bemerkungen zur eventuellen Berück⸗ sichtigung empfehlen. In dem Quellenverzeichniß sind nachstehende Werke nicht aufgeführt, welche voraussichtlich eine Erweiterung, be⸗ züglich Vervollkommnung des Materials herbeiführen könnten: Die historisch⸗politischen Volkslieder des dreißigjährigen Krieges. Aus fliegenden Blättern, sonstigen Druckwerken und handschriftlichen Quellen gesammelt und nach den Singweisen zusammengestellt von . W. Freiherrn von Diffurth, herausgegeben von R. Bartsch. Heidelberg 1882. Die Gesänge der Völker. Muster⸗Sammlung, enthaltend 584 der vorzüglichsten Gedichte und Gesänge aller Nationen in nationalen Parallelen von W. Menzel. Dritte Aus⸗ gabe. Leipzig 1866. Neue Kriegslieder von Fr. Bodenstedt. Gedruckt in diesem Jabre bei Velhagen und Klasing in Bielefeld und Leipzig. Trutznachtigall. Sammlung deutscher Lieder, gesungen im deutschen Kriege wider Frankreich 1870. Herausgegeben von C. Trebitz. Jena 1870. Handbuch für Freunde der deutschen Volkslieder von A. L. C. Vilmar. Marburg 1868. In dem letzten Werke Seite 127 130 findet sich das von unserem Verfasser Seite 103 aufgenommene bekannte Volkslied: „Es waren drei Soldaten, sie waren gar jung Blut“, nicht allein in weit ausführlicherer Fassung, sondern auch mit epischem Gepräge. Zu dem S. 38 abgedruckten Liede: „O du Deutschland ich muß marschiren“, giebt Menzel S. 217 Varianten, welche poetischer und natürlicher sind. Als Verfasser des S. 325 abgedruckten Fluchtliedes: „Mit Mann und Roß und Wagen“, können auch H. Pröhle's Autorität F. L. Jahn und der als Direktor des Köllnischen Gymnasiums zu Berlin 1870 verstorbene August ge⸗ nannt werden. Zu dem beliebten S. 372 wiedergegebenen Soldaten⸗ lied: „König Wilhelm saß ganz beiter“ kann vielleicht ein ähnliches Lied aus Trutznachtigaal S. 73 aufgenommen werden: „König Wilhelm auserwählet, Da man achtzehnhundert zählet Und die siebzig oben⸗ drein“. Bei der „Wacht am Rhein“, S. 411, möchte sich empfehlen, „Die letzte Bitte“ des beispiellos populären Liederdichters mit dem Rachwort von K. Gerock aus Trutznachtigaal S. 275 277 etwa unter dem Texte zu veröffentlichen: „Wenn ich einmal sterben werde, Weit von meinem Vaterland, Legt mich nicht in fremde Erde, Bringt mich nach dem heim'schen Strand. Meines Herzens Flamme lodert Einzig dir, Germania, Drum, wenn einst mein Leib vermodert, Sei mein Staub den Vätern nah“. Gerock ruft dem Dichter nach: „Siehe Deutschlands Banner fliegen Herrlich, wie Du's nie G Und wo deutsche Heere siegen, Hat Dein Lied den Weg ge⸗ ahnt“.

Gotha, 4. Januar. (W. T. B.) Der Architekt Bohnstedt ist gestern gestorben. 1

Gewerbe und Handel.

Vom Berliner Pfandbrief⸗Institut sind bis Ende De⸗ zember 1884 781 500 3 ½ % ige, 18 826 800 4 %ige, 44 346 600 4 ½ % ige und 9 317 700 5 % ge, zusammen 73 272 000 Pfand⸗ briefe ausgegeben, wovon noch 781 500 3 ½ %ige, 18 361 200 4 %oige, 33 846 000 4 ½ % ige und. 6 381 900 5 %ige, zusammen 59 370 600 Pfandbriefe verzinslich sind. Es sind zugesichert, aber noch nicht abgehoben 203 100

Leipzig, 2. Januar. (Dresdn. Journ.) Die Zufuhren zu der mit heute begonnenen Neujahrsmesse waren, was Leder anlangt, im Allgemeinen mäßig, in Kipsen und Fahlledern gering; dagegen war Sohlleder in größeren Posten am Platze. Die Grossoeinkäufer zeigten namentlich Kauflust für Kipse, Fahlleder u. s. w,, geringe deutsche Vache wurde flott aus 3 Marken genommen. Im Allge⸗ meinen gestaltete sich der Verlauf der Messe als ein zufriedenstellen⸗ der. Der heutige Sämereienmarkt im Petersviertel war leid⸗ lich befahren; lebhafterer Nachfrage erfreuten sich Gurken, Zwiebeln, Meerrettig, auch Rüben, Spinat u. s. w.

London, 3. Januar. (W. T. B.) Wie aus Bradford ge⸗ meldet wird, soll die Wollspinnerfirma Walter Townend u. Co. fallirt haben. Die Passiva werden auf 70 000 Pfd. Sterl. geschätzt.

Manchester, 3. Januar. (W. T. B.) Die Callicodrucker⸗ Firma H. Turner u. Co., auch bekannt unter dem Namen Kinder Printing Company Hayfield, hat ihre Zahlungen eingestellt. Die Passiva werden auf 75000 Pfd. Sterl. angegeben. Wie es heißt, sollen auch die Aktiva bedeutend sein.

Bukarest, 3. Januar. (W. T. B.) Die Passiva der fallit gewordenen Firma S. Hechter u. Co. betragen nach den vorge⸗ nommenen Ermittelungen im Waarengeschäft 800 000 Fr. und im Bankgeschäft 1 Million Francs. Die Zahlungseinstellung soll durch be⸗ deutende Verluste von englischen und französischen Bankfirmen, an denen die Firma Hechter betheiligt war, herbeigeführt worden sein.

New⸗York, 3. Januar. (W. T. B.) Der Werth der

davon entfallen 1 933 000 Dollars auf Manufakturwaaren.

Verkehrs⸗Anstalten.

Bremen, 4. Januar. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Salier“ ist gestern Nachmittag in New⸗York eingetroffen, und der Dampfer „Eider“ derselben Gesellschaft hat heute früh Lizard passirt.

New⸗York, 3. Januar. (W. T. B.) Der Dampfer „England' und „Holland“ von der National⸗Dampfschiffs⸗

Compagnie (C. Messingsche Linie) sind hier eingetroffen.

Waareneinfuhr in der letzten Woche betrug 7 486 000 Dollars,

1 Spanien.

Durch Erlaß der Königlich spanischen Regierung vom 20. De⸗ zember 1884 sind die Bestimmungen vom 2. dess. M. und J („R.⸗A.“ Nr. 305 vom 29. Dezember) in folgender Weise abgeändert worden:

1) In Uebereinstimmung mit Nr. 2 der erwähnten Verfügung vom 2. d. M. ist der Eintritt von Fremden über die französisch⸗ spanische Grenze von heute ab frei.

2) Die von Nantes, Argel oder Tunis nach dem Tage dieser Verfügung abgehenden Schiffe, welche vor ihrem Auslaufen aus diesen Häfen einen unreinen Hafen nicht berührt haben, werden der Verordnung vom 30. November 1872 entsprechend gleichfalls zum freien Verkehr zugelassen, wenn sie die Bedingungen des Art. 30 des Gesundheitsgesetzes erfüllen. Sie sind jedoch der in Nr. 4 dieser Verfügung erwähnten Beschränkung unterworfen.

3) Unbedingt verboten ist die Einfuhr folgender Artikel über die französisch⸗spanische Grenze, falls dieselben von Orten stammen, wo in diesem Jahre die asiatische Cholera geherrscht hat, und falls die⸗ selben nicht schon auf dem Fabrikwege für Industrie und Handel be⸗ arbeitet sind: Felle, Federn, Haare, Wolle, Baumwolle, Flachs, Hanf, Papier, Lumpen, rohe Häute und Häute, die zum Verpacken dienen.

14) Schiffe, welche die in der vorigen Nummer aufgeführten Artikel führen und aus ebensolchem Hafen kommen, werden zum freien Verkehr zugelassen, wenn sie die Bedingungen des Art. 30 des Gesundheitsgesetzes, sowie der Verordnung und des Ministerialerlasses vom 30. November 1872 über den Ursprungsort erfüllen. Die Aus⸗ ladung der genannten Waaren kann aber nicht stattfinden, bevor sie nicht sorgfältig im Lazareth für unreine Provenienzen desinfizirt sind.

1 Italien.

See⸗Sanitäts⸗Verordnung Nr. 47.

Erlaß des Königlich italienischen Ministeriums des Innern vos⸗ 21. Dezember 1884:

Ddie durch Verordnung Nr. 37 vom 10. November d. J.*) für die Provenienzen aus dem Hafen von Nantes und Umgegend verfügte Quarantäne wird für alle von heute an von dort abgehenden und mit reinem Patent nach reiner Ueberfahrt ankommenden Schiffe auf⸗ gehoben.

Südamerika.

Provenienzen aus Cholerahäfen (R.⸗A.“Nr. 250 und 253 vom 23 und 27. Oktober 1884) ist für die Häfen von Genug und Mar⸗ seille hinsichtlich solcher Schiffe aufgehoben worden, welche die ge⸗ dachten Häfen nach dem 18. November v J. verlassen haben. Doch bleiben für diese Schiffe die unterm 13. Juli v. J. („R.⸗A.“ Nr. 214 September 1884) erlassenenen Quarantänemaßregeln in

raft.

Berlin, 5. Januar 1885.

Friedrich der Große nach Catt's „Memoiren“. (Fortsetzung.)

sich wiederholt gedrungen, zwischen dem Jetzt und dem Sonst eine wenig tröstliche Parallele zu ziehen. Nur Eine Person, an welcher er mit schwärmerischer Verehrung hängt, brachte Licht in die Trübsal seiner jüngeren Jahre, seine Schwester Wilhelmine, die Markgräfin von Bayreuth; mit ihr beschäftigen sich seine Gedanken unausgesetzt auch im Getümmel der Schlachten, und ihr Bild belebt seine Träume. Dann ist es die Oase Rheinsberg, welche aus der Wüste kriegerischer Schrecknisse und Entbehrungen Erquickung spendend wie eine Fata Morgana aufleuchtet.

Die rührende Schilderung der Hinrichtung Katte's nach des Königs eigener Erzählung und mit sonst nicht bekaunten Einzelheiten findet sich S. 35. Der König soll aus den Akten des ihm gemachten Prozesses einzelne Theile ausgeschieden haben, um sie nicht auf die Nachwelt kommen zu lassen. Die Erinnerung an diese Zeit der Prüfung wird bei dem Einzug in das durch die Russen eingeäscherte Küstrin (21. August 1758), in welchem Catt noch das einstige Ge⸗ fängniß des Königs sah, gewaltsam wachgerufen (S. 152).

Die Aeußerungen des Königs über seine Jugendzeit lassen den Gegensatz zwischen dem Zwange des Vaters und der Ueberredungs⸗ kunst der Schwester zu Tage treten: nur die Letztere erzielte Erfolg. Der Vater wollte seine Leidenschaft für das Jagdvergnügen auf den Sohn verpflanzen, aber der Kronprinz zeigte keine Anlage für den Sport; er sollte nicht lesen, und er hat mehr gelesen als viele Ge⸗ lehrte zusammen; er sollte nicht tanzen, und er hat sehr viel und gern getanzt, jedoch seit dem Jahre 1750 diesem Vergnügen entsagt; aber der Tanz der Jugend erfreut ihn immer noch.

Nur sein Latein hat an der Strenge des Vaters Schiffbruch gelitten (S. 34). Dennoch liebt der König, das Wenige, was er vom Lateinischen behalten hat, für seine Konversation zu verwenden. Welcher Art dieses Latein war, zeigen Proben wie: „non sempre tendit arca Apollo“ „Ecoque bonus dormitat Bossuetus“, „ex- perto credi Roberto“, „timat timentum“; aber der König setzt doch befriedigt hinzu: „Sie sehen, daß ich noch etwas Latein ver⸗ stehe!“ Wenn er Catt loben will, sagt er regelmäßig: „Bene, bene, dignus est intrare in nostro corpore, qui tant bene parla.“

Seiner Schwester nachzurühmen, daß sie ihn Arbeitslust und Lebensklugheit gelehrt habe, wird der König nicht müde: „Sie sah, daß ich keine Beschäftigung suchte, nichts las, daß ich nur immer herumflanirte. Eines Tages sagte sie zu mir: Aber mein lieber Bruder, Sie sollten Sich doch schämen, fortwährend so herumzu⸗ laufen! niemals sehe ich ein Buch in Ihrer Hand, Sie vernach⸗ lässigen Ihr Talent. Welche Rolle wollen Sie denn einmal spielen, wenn Sie auf die Schaubuhne des Lebens berufen werden? Diese Worte und ihre Thränen rührten mich lebhaft, und ich fing an, mich auf die Lekture zu legen.“

„Sie hat mich für die Arbeit begeistert, sie hat mich davon überzeugt, daß ein Fürst bei Zeiten die heilsame Gewohnheit der Thätigkeit annehmen, daß er alle seine Talente und seine Kräfte auf das Eine Ziel lenken müsse, gut zu regieren!“

Die Lebensregel, sich niemals durch jemand lenken zu lassen (ne se laisser jamais mener par qui que ce püt 6tre“), dem Könige unverlöschbar eingeprägt zu haben, ist gleichfalls nach des Königs Versicherung das Verdienst seiner Schwester; denn sich lenken zu lassen „das sei das größte Unglück sowohl für den Fürsten, als für die Untertbanen, die dann immer das Opfer seiner Schwäche sein müßten“. Aus diesem Bekenntniß empfängt das scheinbar eigen⸗ sinnige Festhalten des Königs an dem einmal gefaßten Entschluß in schwierigen Lagen einiges Licht.

Die Jugend des Königs war ein Kampf mit bitteren Erfahrungen gewesen; vom siebenjährigen Kriege sagt er selbst, er habe ihn zum Greise gemacht: aber seine große Seele war im Sturm des Lebens weich geblieben. Diese sensible Seite des Königs, allgemein wohl weniger bekannt, zeigt sich in den „Memoiren“ bei verschiedenen Gelegenheiten. Der König liest Racine’'s „Britannicus“. Die Scene im 3. Akt zwischen Nero und Burrhus, in welcher letzterer den Fürsten glücklich preist, der sich rühmen darf, der Schöpfer des öffentlichen Wohles zu sein, kann der König vor Thränen nicht beenden. Er macht nach einer Pause den Versuch, weiter zu lesen vergeblich: „Ich kann nicht weiter, dieser Racine zerreißt mein Herz!“ Uno in der That war er nicht im Stande, die Scene zu Ende zu lesen: er schloß das Buch, und auf und abgehend ließ er seinen Thränen freien Lauf. Später glänzen seine Augen von Thränen bei der Lecture des 4. Akts. Er muß sich wieder unterbrechen: „Nein, nein! ich kann diesen Akt nicht lesen, ohne durch Thränen der Rüh⸗ rung und Bewunderung dem Dichter den Tribut zu zahlen, welchen

er verdient!“ In gleicher Weise stimmen ihn Stellen aus Gressets

Die Sperrung der argentinischen und uruguayischen Häfen gege G

An die Jugendzeit knüpfen sich für den König fast nur trübe 8 Erinnerungen, und unter den Beschwerden des Kriegslebens fühlt er

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