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importirtes Mehl wurde der Zuschlagszoll auf 9 Frs. 40 Cts. festgesetzt. . 81 8
Im Senat erklärte der Minister⸗Präsident Ferry
auf eine Anfrage Gavardie's bezüglich der egyptischen
Angelegenheiten: es sei noch nicht an der Zeit, hierauf
zu antworten, doch werde dies demnächst geschehen können.
Die Unterhandlungen zur Regelung der egyptischen und
der noch viel wichtigeren Suezkanal⸗Frage hätten be⸗ gonnen, und das Parlament würde demnächst in die Lage
versetzt werden, sich darüber schlüssig zu machen. Vor⸗ her sei indessen die Veröffentlichung aller bezüglichen Do⸗ kumente erforderlich; es würden daher in einigen Tagen dem Parlament die auf Egypten und das Kongo⸗Gebiet bezüglichen Schriftstücke zugehen. — Der Marine⸗Minister
Peyron erwiderte dem Deputirten Robert: das Geschwader des Admirals Courbet befinde sich in vortrefflichem Zu⸗
stande; er werde demselben Alles, was an Material und
Personal erforderlich sei, zur Disposition stellen.
8 Einer Meldung aus Shanghai zufolge, wird Admiral Courbet in der Nähe von Shanghai Stellung nehmen, um die Ausfuhr von Reis auf dem Seewege zu
verhindern.
Asien. (A. C.) Aus Bala Murghab telegraphirt der Specialcorrespondent der „Daily News“ unterm 11. d.: „Sir Peter Lumsden, der Chef der englischen Ab⸗ theilung der afghanischen Grenz⸗Regulirungs⸗ kommission verläßt sein hiesiges Winterquartier morgen und begiebt sich nach Gurlin. Die Russen legen einen Kanal von dem Damm in Sultan Lungar, an der Murghab südlich von Merv, nach Tejend; 32 Meilen oder nahezu die Hälfte des Weges sind bereits fertig. Der Bau der Eisen⸗ bahn von Kizil Arvat nach Askabad soll im März beginnen.“
Afrika. Egypten. Kairo, 26. Februar. (W. T. B.) General Graham, der Oberbefehlshaber der nach Suakim bestimmten Expedition ist mit seinem General⸗ stabe hier eingetroffen. Die Abreise des Prinzen Hassan nach dem Sudan ist nunmehr definitiv auf den 2. März festgesetzt. In bder Begleitung des Prinzen werden sich 24 Mann mit 80 Kameelen befinden.
— (Allg. Corr.) Aus Suakim berichtet der Korrespon⸗ dent des ‚Daily Telegraph“ u. d. 23. Februar: „Spione melden, daß die Rebellen schwere Verluste vor Kassala erlitten haben; es sollen dort etwa 2000 Mann gefallen sein. Die Anzahl der sich um Suakim ansammelnden Nebellen be⸗ trägt mindestens 20 000. Osman Digma thut sein Aeußerstes, um sie zu einem nächtlichen Angriff anzuspornen. Ihrer Majestät Schiff „Dolphin“ versieht durch elektrische Beleuchtung mehrere Male während der Nacht die Umrunde des Lagers mit Tageshelle, wodurch der Feind von einem solchen Angriff abgehalten wird, insbesondere nach den Verlusten, welche die weittragenden Geschütze bereits verursacht haben. Das Kanonenboot „Jaffaria“ begab sich gestern nach Sheik⸗Barghout und kehrte heute mit 250 Stück Vieh zurück, das von den Rebellen erbeutet worden war. Gestern Abend kam der Feind bis innerhalb 800 m von den Wasser⸗Forts und demolirte die während des Tages auf⸗ geworfenen Schanzwerke. Korti, 27. Februar. (W. T. B.) Oberst Buller ist mit seiner ganzen Kolonne einen Tagemarsch von Gakdul eingetroffen.
Durban, 24. Februar. (Allg. Corr.) Der Präsident Krüger ist von seiner Konferenz mit Sir Charles Warren in Fourteen Streams nach Pretoria zurückgekehrt. Sir C. Warrens Vorgehen im Stellalande hat in Pretoria beträchtliche Aufregung hervorgerufen. Es ist eine Truppen⸗ Abtheilung der Buers entsandt worden, um Massouw zu zwingen, das von Mankorome geraubte Vieh zurückzugeben. Mr. Joubert hat die Präsidentschaft über das Buern⸗Zulu⸗ land abgelehnt. Mr. Joubert glaubt an eine friedliche Bei⸗ legung der Schwierigkeit zwischen den Buer⸗Freibeutern und der britischen Regierung.
Zeitungsstimmen. 8 C“ 3“ b u“ 111“
Der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ ent⸗ nehmen wir folgende Mittheilungen:
Der landwirthschaftliche Verein für Zehden und die Gesammt⸗ gemeinde Weißenbronn und Aich haben dem Reichskanzler ihren Dank für dessen Vertretung der Interessen der deutschen Landwirthschaft ausgesprochen. Die Adresse aus Weißenbronn schildert die bisherige Nothlage der kleinen Besitzer und fährt dann fort:
„Durch Ew. Durchlaucht entschiedenes Eintreten für die Er⸗ höhung des Getreideeinfuhrzolles, der schließlich ja die Mehrheit des Reichstages zugestimmt hat ist jene Sorge von uns genommen. Denn, wenn auch nicht sofort, so wird doch nach nicht gar zu langer Zeit durch diese Maßnahme der Preis des inländischen Getreides sich wieder zu der Höhe erheben, so hoffen wir, daß für uns kleinere Be⸗ sitzer das Auskommen früherer Jahre wieder erreicht wird.“
Dem Reichskanzler ist Seitens eines mecklenburgischen Holzhänd⸗ lers ein Schreiben zugegangen, in welchem zu Gunsten der Holzzölle geltend gemacht wird, daß dieselben auch den Holzhandel fördern mwürden. „Für die geringere Waare, welche in bedeutender Mehrheit vorhanden ist — heißt es in dem Schreiben — finden sich sowohl der ersten Verkäuferin, also der Forstbehörde, als auch uns, den Holz⸗ händlern, gegenüber, schwer die genügenden Abnehmer, und auch dann nur zu unverhältnißmäßig kleinen Preisen. Dies hat aber einzig und allein seinen Grund darin, daß Deutschland mit dieser geringen Gat⸗ tung von Hölzern von Rußland, Schweden, Finnland und Ungarn zu
Spottpreisen überschwemmt wird.
Aus diesem schwer wiegenden Grunde bedürfen die deutschen Holzhändler für ihre bedrängte Lage eines wirklichen Schutzzolles und ist der von der hohen Reichsregierung vorßeschlagene Satz nicht zu hoch bemessen. Die Lamentos aus den Hafenstädten Kiel, Lübeck, Wismar, Danzig, die doch durchaus kein Gesammtbild des deutschen
Holzhandels abgeben können, beweisen nur die Richtigkeit meiner Be⸗ hauptung, weil dort die Hauptablageplätze vorgedachter Hölzer aus Schweden und Rußland sind.“
Iader „Staatsbürger⸗Zeitung“ lesen wir über Getreidepreise und Brotpreise: 8 ee Bemühungen der freihändlerischen Partei, im Volke eine lebhafte Erregung gegen die Getreidezölle hervorzurufen, sind bisher völlig erfolglos geblieben, obwohl die Hrn. Richter, Rickert und Ge⸗ nossen kein Mittel verschmäht haben, ihre Gegner herabzusetzen und nicht müde werden, eine Vertheuerung der Brotpreise als die unum⸗ gänglich nothwendige Folge jener Maßregel hinzustellen. Merk⸗ würdigerweise hat sich auch ein Theil der Führer der sozialdemokra⸗ tischen Partei jenen Herren der Manchesterpartei angeschlossen . . ..
Thatsächlich aber ist die Behauptung, daß durch die Getreide⸗ zölle entsprechend auch das Brot vertheuert würde, durchaus unwahr, und gerade weil das Volk, das für seine Interessen ein sehr feines Sefühl besitzt, instinktiv die Unrichtigkeit jenes Satzes empfindet,
7
bleibt es den Anzapfungen der freihändlerischen Agitatoren gegenüber völlig gleichgültig.
Wir haben früher bereits ausgeführt, daß erfahrungsmäßig die Mehlpreise durch eine Menge von Umständen bestimmt werden, welche von den Bewegungen der Getreidepreise vollständig unabhängig sind. Nun veröffentlicht der „Deutsche Oekonomist“, eine Wochenschrift, die auf streng freihändlerischem Standpunkt steht und die Getreidezölle lebhaft bekämpft, in einer ihrer letzten Nummern einen interessanten Artikel, in welchem die Weizen⸗ und Weizenmehl⸗ preise der letzten drei Jahre aus drei 3 Ost-⸗, Mit⸗ tel⸗ und Westdeutschlands, nämlich aus Breslau, Halle und Cöln, zusammengestellt sind. Nach diesen, der amtlichen Reichsstatistik ent⸗ nommenen Angaben stellen sich die Durchschnittspreise für Weizen Weizenmehl Mark pro 100 kg Mark pro 100 kg 1882 1883 1884 1882 1883 1884 —. . 191,66 154,82 156,74 31,15 31,08 29,34
Halle. 202,70 171,40 166,38 33,26 31,02 27,85 Cöln. .226,95 204,43 180,10 29,91 27,19 23,94 Um nun einen gewissen Zusammenhang zwischen den Korn⸗ und Mehlpreisen nachzuweisen, berechnet der Verfasser, um wie viel Pro⸗ zent diese Preise jedesmal segen das Vorjahr zu⸗ oder abgenommen haben, und kommt dabei selbst zu dem Resultat, ‚daß die Bewegun⸗ gen der Körnerpreise und der Mehlpreise durchaus verschiedenartige waren, insofern einmal jene, ein anderes Mal diese größeren Schwankungen unterlagen.“ Nur das eine glaubt er aus seinen Ziffern folgern zu können: daß die Mehlpreise sich in der gleichen Richtung, wie die Körnerpreise bewegten; aber selbst diese Behauptung kann er nicht unbedingt aufrecht erhalten; denn während in Breslau im vorigen Jahre der Weizen um 1,2 % stieg, fiel der Preis des
Weizenmehls um 5,6 %.
Das Merkwürdigste aber ist, daß es dem Verfasser entgangen ist, daß seine Zahlen nach einer anderen Richtung eine höchst auf⸗ fallende Erscheinung zeigen.
In allen drei Jahren sind ausnahmslos die Weizenpreise in Breslau weitaus am niedrigsten, in Cöln am höchsten, und zwar stellen sie sich im Durchschnitt: 1
1e“ in Breslau auf 167,74 ℳ“, b1“ “ ““ Vergleicht man nun hiermit die Mehlpreise, so findet man, daß dieselben sich mit einer auffallenden Regelmäßigkeit gerade da am höchsten stellen, wo die niedrigsten Getreidepreise vorhanden sind. Nur im Jahre 1882 ist der Preis des Weizenmehls in Halle etwas höher als in Breslau gewesen, soönst zeigt sich überall eine Abnahme der Mehlpreise von Osten nach Westen, waͤhrend die Getreidepreise in der gleichen Richtung steigen.
Dasselbe gilt vom Roggen und Roggenmehl. Als maßgebend sind hier die Marktpreise aus Berlin und Posen angeführt. Die⸗ selben stellten sich wie folgt:
Roggen 1882 1883 1884 Berlin 152,29 144,67 143,31 ℳ Berlin 21,34 20,42 19,63 Posen 144,77 137,43 134,34 „ Posen 22,60 21,60 20,48 Auch hier zeigt sich die Thatsache, daß in allen drei Jahren ohne Ausnahme der Roggen in Berlin erheblich theurer und das Roggen⸗ mehl erheblich billiger war, als in Posen.
Wir sind weit entfernt, aus dieser Erscheinung nun folgern zu wollen, daß die Mehlpreise im umgekehrten Verhältnisse wie die Getreidepreise zu- und abnehmen, die angeführten Ziffern beweisen aber unwiderleglich, daß die Mehlpreise von ganz anderen Faktoren bestimmt werden, als die Körnerpreise.
Wenn aber die Mehlpreise den Getreidepreisen nicht folgen, so kann bei den Brotpreisen noch weniger davon die Rede sein; denn diese unterliegen wieder wesentlich anderen Einflüssen. Das 5 muß selbst der Vorkämpfer des Freihandels im „Deutschen Oekonomist“ rückhaltlos eingestehen. „Es läßt sich nicht so un⸗ bedingt behaupten — sagt er — daß sich auch die Brotpreise in der gleichen Richtung wie die Mehl⸗ und Körnerpreise bewegen. Wäh⸗ rend Getreide und Mehl ꝛc. geraume Zeit aufbewahrt und beliebig versandt werden können, ist beim Brote beides nicht der Fall. Das Brot muß frisch konsumirt werden und es muß den Konsumenten nahe zur Hand sein. Schon in die nächste Straße reicht die Konkurrenz des Bäckers nur theilweise und abgeschwächt hinein. Dadurch aber wird die Konkurrenz nahezu ausgeschlossen, jedenfalls auf ein Minimum reduzirt und die ausgleichende Ein⸗ wirkung derselben kann sich gerade beim Brote nicht geltend machen.“
Wenn die Freihändler im Parlament und in der Stadtverord⸗ netenversammlung ehrlich genug wären, die Frage der Getreidezölle mit gleicher Objektivität zu behandeln, so wuͤrde eine Verständigung mit ihnen leicht zu erzielen sein.
—— Das ‚ZBerliner Volksblatt“ erhält von einem sozialdemokratischen Abgeordneten eine Auseinandersetzung be⸗ züglich der Gründe, welche die Mehrzahl der Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion des Reichstages bestimmen, für die Dampfersubvention einzutreten. Es heißt daselbst:
Wenn auch die Mehrheit die Ueberzeugung hat, daß die Dampfer⸗ subvention überwiegend der Unternehmerklasse zu Gute kommen wird, so geht dieselbe doch von der Voraussetzung aus, daß für die Arbeiter auch ein verhältnißmäßig bedeutender Nutzen, direkt und indirekt, ab⸗ fallen wird. Einstellung von neuem, postalischem Hülfspersonal, Arbeit bei der Befrachtung und beim Löschen der Dampfer, Arbeit beim Bau derselben und bei der Herstellung der Industrieerzeugnisse „ welche unzweiselhaft durch die neuen Dampferlinien in bedeutend größerem Umfange nach jenen Gegenden verschifft werden. Dadurch wird vielen Tausenden jetzt Arbeitslosen Gelegenheit zur Arbeit, die Möglichkeit, sich und ihre Familie zu ernähren, gegeben.. .. . Auch muß man bedenken, daß alle Ausgaben für Kulturzwecke auf die Dauer doch der Gesammtheit zu Nutzen dienen. Dabei darf man dann nicht allein auf die momentane Profitvertheilung, die ja ganz bestimmt zu Un⸗ gunsten der Arbeiter ausfällt, hinblicken, sondern man muß doch auch die Zukunft im Auge haben
1— Breslau.
“
Roggenmehl 1882 1883 1884
Statistische Nachrichten.
Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 15. Februar bis incl. 21. Februar d. J. zur Anmeldung gekommen: 179 Eheschließungen, 918 Lebendgeborene, 37 Todtgeborene und 588
Sterbefälle. G b Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Die in Leipzig und Berlin, den 28. d. M. erscheinende Nr. 2174 der Illustrirten Zeitung enthält folgende Abbil⸗ dungen: Demaskirt. Nach einem Gemälde von Eisman⸗Semenowsky. — Der Fasching in Brüssel: Der Karnevalszug der Gesellschaft La jeune garde. Nach einer Zeichnung von L. v. Elliot. — Das Kindermaskenfest am Faschingssonntag im großen Saale des Odeons zu München. Originalzeichnung von Wilhelm Humer. — Aus unsern Kolonien: Die Erstürmung von Belltown in Kamerun durch die Landungsabtheilung der deutschen Korvette „Olga“. Nach Skizzen des Lieutenants v. E., gezeichnet von C. Saltzmann. (Zweis.) — Karte von der Mündung des Kamerunflusses mit Angabe der am 20. Dezember 1884 vorgenommenen Landungen. — Victorien Sardou. — Rettung schiff⸗ brüchiger amerikanischer Fischer durch den hamb. Dampfer „Suevia“. — Berliner Neubauten. II. 5 Abbildungen. Originalzeichnungen von G. Theuerkauf: Villa Reichenheim in der Rauchstraße. Villa des Professors Gussow in der Ulmenstraße. Das Fristersche Haus in der Mohrenstraße. Villa des Geh. Kommerzien⸗Raths Stephan in der Söö Das Haus der Firma E. E. Mezner an der Mohren⸗ und Markgrafenstraßenecke. — Herabschaffung der durch den La⸗ winensturz verunglückten Einwohner von Frassino in Oberitalien. — Lucilla Dudley. — Polytechnische Mittheilungen: Die größte Orgel
—
E. F. Walcker zu Ludwigsburg. — Moden: Musselinfichu. Samml⸗
Gewerbe und Handel.
Pest, 26. Februar. (W. T. B.) Der Direktionsrath der ungarischen Kreditbank beschloß heute auf Antrag der Direktion die Bilanz per 1884 mit 1 190 248 Fl. Reingewinn zu genehmigen, den Reservefonds mit 67 303 Fl. zu dotiren und 21 Fl. per Akrie als Gesammtdividende zu vertheilen.
Bradford, 26. Februar. (W. T. B.) Wolle ruhig, stetig Botanywolle vernachlässigt, Garne kaum behauptet, Botanygarne schwächer, Stoffe geschäftslos.
St. Petersburg, 27. Februar. (W. T. B.) Der deutschen „St. Petersb. Ztg.“ zufolge hat die Moskauer Kolonial⸗ waarenfirma J. M. Klein die Zahlungen eingestellt.
1 DSubmissionen im Auslande.
1 I. Nied erlande. 1) 3. März 11 ½ Uhr. Deichverwaltung von Schieland zu Rotter⸗ dam, Gemeenelandshuis. Lieferung von 1600 Erlen⸗ und Tannen⸗Rammpfählen. Bedingungen liegen 8 Tage vor dem Verdingungstermin in dem vorgenannten Gemeenelandshuis zur Einsicht aus. Nähere Auskunft ertheilen der Fabrik⸗Landmesser im Gemeenelandshuis und der Auf⸗ seher von Schieland J. Oudijk zu Nieuwerkerk a. d. Iissel. 2) 3. März, 1 Uhr. Kommission der Städtischen Gasfabrik zu Leyden, 12 000 t Gaskohlen. Bedingungen und Auskunft beim Direktor. 3) 5. März, Mittags. Gemeindeverwaltung im Haag, im Rathhaus. b Lieferung von verschiedenen Materialien für die Gemeinde⸗ Gasfabrik, als: 88 Abth. 9. gußeisernen Gegenständen, Ahth. 15. gezogenen eisernen Röhren und Schrauben AöAbth. 16. kupfernen Hähnen, G AöAbth. 20. gußeisernen Röhren, 2 Abth. 21. Gußeisernen Hülfstücken. Abth. 22. Laternen und Laternenträgern. Bedingungen, käuflich für 0,25 Fl. in dem Gemeinde⸗Sekretariat,
8 d, 8 in der Gemeinde⸗Gasfabrik, woselbst auch Auskunft er⸗ eilt wird. Ministerium von Waterstaat, Handel
4) 11. März, Mittags en Nijverheid im Haag.
Lieferung von Eichenholz für Weichen und von Eisenbahn⸗
schwellen in 2 Abtheilungen: 3
1 Taxwerth: 1. Abth. Fl. 23 000. 8 Bedingur liegen unter Nr. 933 vom 26. Februar ab im vorge⸗ nannten Ministerium, in den Bureaux der Staatseisenbahnen 8 Haag und der Provinzial⸗Verwaltungen zur Einsicht aus und sind käuflich bei den Buchhändlern Gebrüder van Cleef im Haag, Sput Nr. 28a. Auskunft wird im Bureau der Eisenbahnen im Haag
ertheilt. II. Spanien Der Zuschlagstermin für die in Nr. 46 des „Deutschen Reichs⸗ Anzeigers“ mitgetheilte Schienen⸗ ꝛc. Submission ist vom 5. auf den 20. März verschoben worden.
Verkehrs⸗Anstalten.
Bremen, 26. Februar. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Ems "ist heute Vormittag in Southampton angekommen. .
Hamburg, 26. Februar. (W. T. B.) Der Postdampfer „Allemannia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packet⸗ fahrt⸗Aktiengesellschaft ist, von Hamburg kommend, heute in St. Thomas eingetroffen.
Sanitätswesen und Quarantänewesen.
Egypten.
Durch Beschluß des Conseil sanitaire, maritime et quaran- tenaire d'Egypte vom 6. Januar 1885 ist die seiner Zeit gegen Provenienzen aus Bombay verhängte Quarantäne („Reichs⸗ Anzeiger“ Nr. 224 vom 23. September 1884) wieder aufgehoben worden. Es werden Schiffe, welche den gedachten Hafen seit dem 30. Dezember 1884 verlassen haben, in egyptischen Häfen zum freien Verkehr wieder zugelassen.
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Berlin, 27. Februar 1885.
London, 27. Februar. (W. T. B.) Während der Schieß⸗ übungen in Shoeburyneß platzte gestern eine Granate. Ein Offizier und ein Kanonier wurden sofort getödtet. Oberst For⸗ Strangways, der Direktor der Artillerie⸗Schießschule, Oberst Lyons, sieben andere Offiziere, mehrere Artilleristen und Civilisten wurden schwer verwundet. Bei Einigen zweifelt man an dem Aufkommen.
Gestern Abend fand im Deutschen Theater vor ausverkauf⸗ tem Hause eine Aufführung des „Don Carlos“ statt, in welcher in der Rolle der „Prinzessin von Eboli“ Fr. Rosa Hildebrandt zum ersten Male hier auftrat. Die Dame verfügt über eine stattliche Erscheinung, welche ihr bei dieser Rolle von vornherein zu einer ge⸗ fälligen Wirkung verhilft. Dabei entwickelte die Künstlerin Feuer und eine der Rolle entsprechende glühende Leidenschaft, wie solche in der Brust der heißblütigen Spanierin erwartet wird. Ganz vor⸗ trefflich fand die Dame die Accente des Schmerzes und der Zer⸗ knirschung, welche in der großen Scene mit der Königin zum Durch⸗ bruch kommen. Das Geständniß der Schuld wurde unter vollendeter Wiedergabe des erdrückenden Schamgefühls zum Ausdruck ge⸗ bracht. Dabei bleiben die Bewegungen der Künstlerin auch in den aufregendsten Momenten schön und abgerundet, ja vielleicht zu berechnet schön, um noch natürlich zu wirken. Jedenfalls ist diese Eboli die beste, welche das Deutsche Theater bisher besessen; ganz Meisterin ihrer Rolle, ist sie auch der vollen Wirkung ihres Wollens und Könnens sicher. Kleinere Einwendungen, die sich vielleicht in Bezug auf Einzelheiten machen ließen, wollen wir bei der unzweifel⸗ haft lobenswerthen Gesammtleistung gern unerwähnt lassen. Mit Recht fand die Künstlerin reichen Dank beim Publikum für ihre tüch⸗ tige Leistung und erschien nach ihren beiden großen Szenen mehrfach vor der Gardine. Die übrigen Mitwirkenden boten, wie bekannt, Gutes, ja Vorzügliches. Der „König“ des Hrn. Friedmann, der „Marquis Posa“ des Hrn. Sommerstorff sind als Musterleistungen längst anerkannt. Hr. Kainz, der sonst unübertreffliche „Don Carlos“, litt gestern noch unter der Nachwirkung der vorangegangenen In⸗ disposition, welche die volle Entfaltung seiner glänzenden Mittel etwas beeinträchtigte. Trefflich zeigte sich auch wieder das Talent des Frl. Schmiedt als „Königin“. Die Darstellung wurde, wie alle klassischen Aufführungen des Deutschen Theaters, bis zum Schluß von der wachsenden Theilnahme der Zuschauer begleitet.
Im Belle⸗Alliance⸗Theater findet morgen die letzte Aufführung des drastischen Schwanks „Der Raub der Sabinerinnen“ zu ermäßigten Preisen statt; am Sonntag geht die Gesangsposse „Ein gemachter Mann“ neu einstudirt in Scene.
Redacteur: Riedel.
Fünf Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).
v“
der Welt (im Rigaer Dom). Erbaut von der Orgelbau⸗Anstalt p
8
Verlauf der 9 vurde die Diskussion über denjenigen Theil der Regierungs⸗ vpoorlage, betreffend die Kreisordnung für die P Hessen⸗Nassau, aufgenommen, aus dem Absatz 2 des Artikels III Passus zwischen den Worten NNiitte des Absatzes 2 der Regierungsvorlage, welcher von der Kommission gestrichen worden ist, lautete:
1“
2-Anzeiger und Königlich Preußischen
Staats⸗Anzeiger.
Berlin, Freitag, den 27. Februar
Nichtamtliches.
Preußen. Berlin,
27. Februar. der gestrigen
— m weiteren Sitzung 3
des Herrenhauses
rovinz welchen die Kommission gestrichen hatte. Der „Hiezu“ und „Dem“ in der
Die Zahl, der Abgeordneten des Stadtkreises rankfurt a. M beträgt ein Dritttheil der Gesammtzahl der der übrigen Kreise des Regierungsbezirks Wiesbaden. Ergiebt sich hierbei ein Bruchtheil, so wird derselbe, sofern er ein Halb übersteigt, dem Stadtkreise Frankfurt a. M. für voll berechnet, andernfalls dagegen nicht berücksichtigt.
An Stelle dieses Satzes beantragte Herr Lotichius, zu
setzen: set „Die Stadt Frankfurt a. M. erhält die doppelte Anzahl der ihr nach ihrer Bevölkerungsziffer zukommenden Abgeordneten.“ Herr Adams:
„Der Stadtkreis Frankfurt a. M. erhält diejenige Anzahl von Abgeordneten, welche sich nach dem Verhältnisse seiner Bevölke⸗ rungsziffer zu der Gesammtziffer der Bevölkerung der übrigen Kreise des Regierungsbezirks Wiesbaden ergiebt. Bleiben hierbei Bruchtheile, welche die Hälfte übersteigen, so werden sie als voll berechnet; andernfalls bleiben sie unberücksichtigt.“
In der Diskussion vertheidigten die beiden Antragsteller
ihre Anträge, während Herr Miquel die Wiederherstellung des Absatzes nach der Regierungsvorlage erbat. Der letztere Redner führte aus: die wohlwollende Berücksichtigung be⸗ Zustände ine sehr weitgehende; es
werde deshalb nicht auffallen können, wenn man die ander⸗ wärts geltende Stimmenvertheilung hier nicht eintreten lasse, sondern den besonderen Verhältnissen Frankfurts Rechnung trage. Frankfurt komme in einen größeren Verband mit einer Minorität hinein und suche naturgemäß in diesem Falle nach be⸗ onderen Garantien, damit seine Interessen in gerechtem Maße ewahrt würden. Nachder Einwohnerzahl würde der Stadt Frank⸗ urt bei einer Bevölkerungsziffer von 150 000 nahezu ¼ der Stimmen zukommen. Zudem bezahle Frankfurt die Hälfte der in dem Regierungsbezirkaufgebrachten Staatssteuer. Je inniger das
Verhältniß Frankfurts zu seiner Umgebung, dem Regierungsbezirk Wiesbaden, werde, desto besser sei es für beide Theile.
Von
iner Reihe von Dotationen des Regierungsbezirks, zum Bei⸗ spiel von Wegebauten, Waisenhäusern, Irrenanstalten u. s. w., habe Frankfurt gar keinen Nutzen; dadurch würden andere Vortheile der Stadt mehr als ausgeglichen.
Freiherr von Manteuffel erklärte: er sehe nicht ein, warum die historischen Reminiscenzen von Frankfurt a. M. das Herz der Versammlung mehr rühren sollten als die der alten Fuürstengeschlechter, deren historische Rechte man soeben beseitigt habe. Solche Vorrechte für eine Großstadt würden in den alten Provinzen bei den Städten mit ent⸗ sprechender Einwohnerzahl lebhafte Unzufriedenheit hervor⸗ rufen. Die Steuersumme könne in diesem Falle nicht entscheidend sein. In Frankfurt sei ja auch hauptsächlich die Einkommensteuer maßgebend, und wenn der Antrag von Wedell, wie er nur wünsche, im Reichstage Annahme fände, so würde vielleicht ein großer Theil des Kapitals, das in Frankfurt ganz besonders kosmopolitischer Natur sei, sich aus der Stadt herausziehen. Bei der letzten Stichwahl hätten sich zwei Kandidaten, Beide nicht der christlichen Religion ange⸗ hörig, Sabor und Sonnemann, Beide aber Demokraten, gegenüber gestanden: das gebe zu denken und werfe auf die Delegirten der Stadt keineswegs ein so günstiges Licht, daß man ihre Zahl noch zu vermehren suche.
Sodann nahm der Minister des Innern, von Puttkamer, das Wort und erklärte: die Gewährung eines mäßigen Prä⸗ zipualbeitrages in der Vertretung der Stadt Frankfurt sei keineswegs aus geringfügigen Motiven hervorgegangen. Der gegnerische Standpunkt würde nur in dem Falle zutreffend erscheinen, wenn die Stadt Frankfurt bereits dem Wiesbadener Kommunalverbande angehörte und die Absicht bestehen sollte, derselben bei Gelegenheit der bevorstehenden Verwaltungsreform eine bevorzugte Stellung einzuräumen. Hierum handele es sich indessen nicht. Frankfurt habe bisher einen selbständigen Kommunalverband gebildet, stehe mithin insofern dem kom⸗ munalständischen Verbande des Regierungsbezirks Wiesbaden gleichberechtigt gegenüber und sei in Folge dessen wohl befugt, zu verlangen, daß bei der in Aussicht genommenen Vereinigung diese Stellung nicht außer Betracht gelassen und bei der Abmessung der gegenseitigen Rechte und Pflichten die Interessen beider Verbände gleichmäßig berücksichtigt würden. Um eine Lebensfrage handele es sich nicht, sondern um eine Gewährung hoher Billigkeit. Zu einem Interessenstreit werde es hoffentlich nicht kommen; in diesem Falle wäre Frankfurt immer in der Mino⸗ rität. Ein Mißgefühl der altländischen Städte gebe sich nicht kund, sonst würde man ein solches von den Vertretern der Städte äußern hören. Für die Gesammtinteressen des Re⸗ gierungsbezirks Wiesbaden werde die stärkere Vertretun Frankfurts kein Nachtheil sein, denn dadurch werde au seine Gesammtvertretung im Provinzial⸗Landtage vermehrt.
Graf von der Schulenburg⸗Beetzendorf entgegnete: der Minister habe in diesem Gesetz die verhängnißvolle Erbschaft seines Vorgängers angetreten. Die neue Institution mit ihren vielfachen Streitigkeiten und Reibereien zwischen den Vertretern der einzelnen Verbände habe sich keineswegs als segensreich erwiesen. In der Gesetzgebung sei die städtische Bevölkerung den Landbewohnern gegenüber stets bevorzugt worden, und es würde dies wenn das
aus die stärkere Vertretung Frankfurts ann 8 1t 8 Der Nürefrer des nee. von Puttkamer, erwiderte: die sehr starke Provokation im Eingange der Rede des “ berechtige ihn zu einer Entgegnung. Er stehe ganz und 9 auf dem Boden der neuen Gesetzgebung und schleife 8 etwa hier etwas widerwillig durch. Er werde sich mühen, die Verwaltungsorganisation weiter zu fördern. Der Vorredner sehe zu schwarz. Man könne jetzt über diese Gesetzgebung noch nicht zu Gericht sitzen. In den
während des Etatsjahres 1883/84.
Provinzial⸗Landtagen herrsche keineswegs Zank und Unfriede: dafür rufe er sämmtliche Mitglieder des Hauses, welche Mitglieder jener Landtage sind, zu Zeugen auf. Trotz der divergirenden Ansichten der Mitglieder erfüll⸗ ten die Provinzial⸗Landtage die ihnen zugewiesenen Aufgaben gut und einmüthig. Alle die befürchteten Gegensätze seien nicht eingetreten, vielmehr das Verhältniß in den Provinzial⸗ Landtagen ein wohlthuendes. Politische Gegensätze, wie in Ostpreußen, seien auch in den früheren Provinzial⸗Landtagen vorhanden gewesen. Dagegen herrschten jetzt gewissermaßen idyllische Zustände. Also selbst die politisch ungünstigste Lage habe die Befürchtungen nicht gerechtfertigt.
Bei der nun folgenden Abstimmung wurde durch Namensaufruf die Fassung der Regierungsvorlage mit 71 gegen 39 Stimmen abgelehnt; dasselbe geschah mit den Anträgen Lotichius und Adams. Dagegen wurde die Fassung der Kommission mit großer Majorität angenommen.
Die Art. IV, vV, VI, VII, IX und X wurden in der Fassung der Regierungsvorlage genehmigt. Der Art. VIII war schon in der Sitzung vom vorhergehenden Tage mit einer Aenderung der Kommission angenommen worden.
Es folgte die Schlußberathung über die Uebers icht, betreffend die Verwaltung der fiskalischen Berg⸗ werke, Hütten und Salinen im preußischen Staat Der Referent Dr. Baum⸗ stark beantragte, den Bericht durch Kenntnißnahme für er⸗ ledigt zu erklären. Das Haus trat diesem Antrage ohne Debatte bei und vertagte sich dann um 3 ¾ Uhr auf Freitag Vor⸗ mittag 11 Uhr. “ ““
— Im weiteren Verlauf der gestrigen (28.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten wies bei fort⸗ gesetzter zweiter Berathung des Etats für das Ministe⸗ rium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medi⸗ zinal⸗Angelegenheiten bei dem Titel Universität Berlin der Abg. Bachem darauf hin, daß Berlin an sich schon doppelt so viel Zuschüsse von Seiten des Staates be⸗ komme, als die übrigen Universitäten, und auch an den jetzigen Mehrforderungen partizipire es mit 114 000 ℳ, während auf die übrigen Universitäten, auf die Akademie in Münster und das Lyzeum in Braunsberg nur 111 000 ℳ fielen. Diese Bevorzugung sei um so ungerechter, als Berlin schon so wie so in einer Weise ausgestattet sei, daß alle anderen Universitäten dadurch in den Schatten gestellt würden. Naturgemäß werde denselben dadurch Abbruch gethan, das Universitätswesen konzentrire sich entgegen der Entwickelung der Universitäten mehr und mehr in Berlin. Diesem anomalen Zuge müsse Einhalt geboten werden, auch wegen der sittlichen Gefahren, welche der Jugend inmitten der großen, von abenteuerlichen Existenzen erfüllten Stadt drohten. Es liege auch im In⸗ teresse Berlins selbst, die Zugkraft, welche dasselbe ausübe, nicht künstlich zu vermehren. Das Beispiel von Paris sollte davor warnen, die Entwickelung der Hauptstadt künstlich zu befördern. Er mache der Unterrichtsverwaltung zum Vor⸗ wurf, daß sie sich nicht von diesem Zuge ferngeh alten habe.
Hierauf entgegnete der Staats⸗Minister Dr. von Goßler:
Meine Herren! In der Auffassung, daß die Unterrichtsverwaltung Vorsicht zu beobachten hat, um nicht die Universität der Landes⸗ hauptstadt zu sehr zu bevorzugen und dadurch einen Anreiz zu einem stärkeren Besuch derselben zu geben, als er nach den Verhält⸗ nissen naturgemäß sich entwickelt, — begegne ich mich mit dem Herrn Abgeordneten völlig. Ich glaube auch, daß alle meine Vorgänger diese Auffassung gehabt haben.
Die Vorwürfe aber, die der Herr Abgeordnete an seine Beob⸗ achtungen knüpfen zu müssen glaubt, daß von diesem Prinzip abge⸗ wichen sei, beruhen meines Erachtens auf Irrthum und Mißver⸗ ständniß. Ich weiß nicht, welchen Maßstab man annehmen soll, um die Angemessenheit der Staatszuschüsse in Vergleich zu stellen. Nimmt man die Frequenzziffer als das Maßgebende, so hat Berlin einen der geringsten Zuschüsse, denn diejenigen Universitäten, wie beispielsweise Königsberg, die nur vielleicht den sechsten oder siebenten Theil der Frequenzziffer haben, beziehen einen Staatszuschuß, der zwischen ein Drittel und der Hälfte des Zuschusses liegt, welchen Berlin gegenwärtig erhält.
Die Staatszuschüsse geben insofern auch keinen 1 halt, als bekanntlich die alten Universitäten im Besitz von eigenem Vermögen sind, sei es von Kapitalvermögen, sei es von Grund⸗ vermögen. Es ist gar nicht lange her, daß beispielsweise die Univer⸗ sität Greifswald nicht nur keinen Staatszuschuß erhielt, sondern in der glücklichen Lage war, einen Theil der eigenen Einnahmen zu kapitalisiren — das ist leider anders geworden, und Greifswald er⸗ hält jetzt bereits ca. 170 000 ℳ jährlich. Wenn die Herren sich dar⸗ über näher informiren wollen, möchte ich Sie bitten, auf Seite 120 und 121 die Beilage 3 zum Etat aufzuschlagen; da werden Sie sehen, daß beispielsweise Berlin zwar eine Gesammteinnahme von ca. 1 900 000 ℳ hat, aber Halle und Göttingen, welche der Frequenz nach nur ein Viertel oder ein Fünftel so groß sind als Berlin, auch noch über 1 Million Mark an Einnahmen be⸗ sitzen. Also wenn man die Frequenzziffer und die Zahl der Pro⸗ fessoren als maßgebend annimmt, so hat die Universität Berlin viel⸗ leicht eher Anlaß, sich zu beklagen, als daß von einer Bevorzugung derselben gesprochen werden könnte. 1 8
Was die Vorsorge der Unterrichtsverwaltung für die kleineren
rovinzial⸗Universitäten anbelangt, so habe ich wiederholt er⸗ Pr⸗ daß ich auf die Erhaltung und den Ausbau der Universitäten in den Provinzen den allergrößten Werth lege im Interesse der angemessenen Vertheilung der Bildungsquellen unseres Staats. Es ist das auch in einem Umfange gelungen, daß ich beinahe bedauern kann, daß die Maßnahmen der E11“ von so weitgehenden Folgen begleitet sind; denn die Frequenzziffern auf den kleinen Univer⸗ sitäten sind enorm in die Höhe gegangen. Wenn die Herren die Güte haben wollen, einigermaßen die Frequenzbewegung auf dem Gebiet der Universitäten zu verfolgen, so werden Sie finden, daß seit 10 Jahren die Zahl der Studenten in Deutsch⸗ land sich genau verdoppelt hat, in Preußen sogar auf über das Dop⸗ pelte hinausgegangen ist. Daran hat die Universität Berlin natür⸗ lich ihren angemessenen Antheil, da sie jetzt etwas über 5000 Stu⸗ dirende zählt, während sie im Durchschnitt der 60er und Anfang der 7Oer Jahre von etwas über 2000 Studirenden besucht war. Aber ungefähr in demselben und zum Theil noch in höherem Maße haben die übrigen Universitäten an der Frequenzzunahme Antheil.
Wenn Sie nur die Extraordinarien der Staatshaushalts⸗ Etats durchsehen und die großen Summen betrachten, welche mit Ihrer Güte die Staatsregierung in der Lage gewesen ist, den Pro⸗ vinzial⸗Universitäten zuzuführen, dann werden Sie die Richtigkeit meiner Behauptung anerkennen. Erinnern Sie sich an Halle, an
anz richtigen An⸗
1885.
Bonn, an Marburg; Sie entsinnen sich, daß ich erklärt habe. daß für Greifswald viel geschehen müsse, daß Göttingen gehoben werden solle, und jetzt befinde ich mich auch hoffentlich in der Lage, Breslau auf eine Höhe zu bringen, welche ich für diese Universität längst ge⸗ wünscht habe. Es sind zum Theil Anlagen an den Provinzial⸗ Universitäten ausgeführt worden, wie beispielsweise in Halle, Bonn. welche auch für Berlin noch ein Gegenstand des Neides sind. Ich könnte Ihnen auch von Berlin eine ganze Reihe von Zweigen nennen, die durchaus nicht so gut versorgt sind, wie zu meiner Freude ein Theil der Unterrichtsdisziplinen auf den Provinzial⸗Universitäten. Also ich möchte wiederholen: in der Thesis und dem stimme ich mit dem Hrn. Abg. Bachem überein, aber ich kann nicht anerkennen, daß durch die thatsächliche Einwirkung, welche die Unter⸗ richtsverwaltung geübt hat, das Prinzip irgendwie verletzt worden ist. Der Abg. Dr. Langerhans wies auf das vom Rektor der Berliner Universität erlassene Verbot hin, dem akademisch⸗ liberalen Verein beizutreten. Der Verein sei ursprünglich ein studentischer Verein gewesen, habe sich aber als solcher auf⸗ gelöst, nachdem vom Rektor bekannt gegeben worden sei, daß derselbe nicht zulässig sei. Der jetzige akademisch⸗liberale Verein sei gar kein studentischer Verein, er gestatte jedoch nach seinen Statuten Studenten den Beitritt. Trotzdem habe die Polizeibehörde die Genehmigung der Statuten versagt, wenn nicht auch die Universitätsbehörde 5 Zustimmung zu dem Verein ertheilen würde, und diese Zu⸗ stimmung sei nicht erfolgt; vielmehr sei von dem Rektor der Universität Studenten der Beitritt zu dem Verein untersagt worden. Dieser Vorgang stehe im Widerspruch mit den Er⸗ klärungen, die 1879 bei der Berathung des Gesetzes, betr. die Aufhebung der Universitätsgerichtsbarkeit, von der Regie⸗ rung abgegeben worden seien. Damals sei ausdrücklich gesagt worden, daß nur rein akademische Vereine der Disziplinar⸗ gewalt der Universität unterworfen sein sollten. Im Uebrigen sollten die staatsbürgerlichen Rechte der Studen⸗ ten nicht beeinträchtigt werden, und es gebe auch kein Ge⸗ setz, welches Studenten den Beitritt zu Vereinen ver⸗ biete, dafern nicht die Bestrebungen desselben den Beitritt von vornherein verböten. Er bitte deshalb den Minister um Aus⸗ kunft darüber, auf welche gesetzliche Bestimmungen sich der Rektor der Berliner Universität bei seinem Verbot gestützt habe, und mit welchem Recht die Erlaubniß zum Beitritt in einen nicht studentischen Verein versagt werde, während der Verein deutscher Studenten, der nach seinen Statuten nur Studenten christlicher Konfession zugänglich sei und nachweislich anti⸗ semitischen Bestrebungen huldige, ruhig geduldet werde.
Der Staats-Minister Dr. von Goßler entgegnete:
Mieine Herren! Ueber diese Angelegenheit ist es mir nicht ganz leicht zu urtheilen, weil sie zu meiner amtlichen Entscheidung nicht gekommen ist, insofern als die von dem Verbot der akademischen Be⸗ hörde betroffenen Studirenden eine Beschwerde gegen die Maßregeln der Disziplinarbehörde nicht erhoben haben. Soweit mir die Sache bekannt geworden ist aus der Lektion der öffentlichen Blätter und aus den Berichten, die ich eingefordert habe, ersehe ich, daß die akademische Behörde ihre Befugnisse gründet auf die §§. 40 und 41 der Vor⸗ schriften über die Studirenden der Landes⸗Universitäten vom 1. Ok⸗ tober 1879, worin es unter anderem heißt: „Vereine der Studirenden dürfen nur Studirende derselben Hochschule als Mitglieder aufnehmen“ — und: „die akademische Disziplinarbehörde ist befugt, Vereine, deren Bestehen die akademische Disziplin gefährdet, vorübergehend oder dauernd zu verbieten.“ Es ist, wie ich aus den Aufzeichnungen sehe, die akademische Behörde der Ansicht gewesen, daß dieser liberale Verein geeignet sei, in die Studentenschaft Streit und Unfriede hineinzutragen. Aus dieser Erwäaung heraus hat es die Disziplinarbehörde für richtig erachtet, die Theilnahme an diesem Verein bezw. diesen selbst z 1 verbieten.
Der Verein, welcher sich darauf hin nicht aufgelöst, sondern unte Mitwirkung oder Aegide früherer akademischer Mitglieder, also nich mehr Studenten, weiter gebildet hat, ist mit der hiesigen Polize behörde in Differenzen über die Abhaltung von Versammlungen g rathen, wobei die Stellung des Rektors zu der Theilnahme de Studirenden eine besondere Rolle spielt. Ueber die Beschwerde, di Seitens des Vereins erhoben ist, hat naturgemäß die betreffende Auf sichtsbehörde, das ist der Ober⸗Präsident der Provinz Brandenburg, zu entscheiden. Soweit ich aus dem mir erstatteten Bericht erseh schwebt die Angelegenheit noch; sie gehört in dieser Richtung abe nicht zu meinem Ressort.
Soweit ich hiernach die Verhältnisse übersehen kann, bin ich zwar im Aufsichtswege, da mir eine Beschwerde nicht vorliegt, nich in der Lage, sicher zu urtheilen, kann aber von vornherein nicht an erkennen, daß die Disziplinarbehörde der hiesigen Universität, sei e rechtlich, sei es faktisch, von unrichtigen Gesichtspunkten aus gegangen ist. 1 1 8 B
Wenn bemerkt wird, daß Seitens der hiesigen Universität mi ungleichem Maße gemessen werde, insofern, als der Verein deutsche Studenten noch besteht, so muß ich dem entgegen halten, daß da Gegengewicht gegen diesen Verein der akademisch⸗liberale Verein nich hat sein können und nicht hat sein sollen; denn derselbe war ge gründet, um nach einer bestimmten politischen Richtung hin eine Ver bindung zwischen den Studirenden und Nichtstudirenden herzustellen Das üsesceac gegen den Verein deutscher Studenten bildet di
freie wissenschaftliche Vereinigung. Diese beiden großen Korporationen sind diejenigen, welche bekanntlich das hiesige studentische Leben be⸗ herrschen und sich gegenseitig die Waage halten. Also von einem Messen mit ungleichem Maße kann ich nichts finden. 8
Der Abg. Dr. Wagner erklärte, er würde seinerseits gegen die Zulassung des liberalen Vereins nichts einzuwenden haben er stehe ihm ganz neutral gegenüber; aber er wolle nur di Angriffe gegen den Verein deutscher Studenten zurückweisen. Wenn derselbe grundsätzlich nur Christen aufnehme, so sei er doch nicht antisemitisch. Er halte sich aller Politik fern und wolle nur den nationalen Gedanken pflegen. An den meisten Universitäten seien ähnliche Vereine. Gegenüber dem Abg. Bachem müsse er betonen, daß es doch selbstverständlich sei, daß bei den theueren Preisen in Berlin für den Lebens unterhalt hier mehr ausgegeben werde. Die Zahl de Lehrkräfte sei zudem nicht so groß, wie der Abg. Bachem behaupte; die Zahl der Ordinate anderer Universitäten kämen der Zahl der Berliner Ordinate fast gleich, nur seien die Extraordinarien in Berlin zahlreicher als in den Provinzial⸗ Universitäten. Das komme daher, daß der Andrang zur Habilitation in Berlin größer sei, als anderwärts, weshalb sogar schon in den vierziger Jahren die Habilitationsbedin⸗ gungen hätten erschwert werden müssen. Die Vermehrung der Lehrstellen erkläre sich aus der Arbeitstheilung, welche der Fortschritt der Vissenschaft nothwendig gemacht habe; daß das Bedürfniß nach Arbeitstheilung in Berlin