1885 / 53 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 03 Mar 1885 18:00:01 GMT) scan diff

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partei zu dem Nachtragsetat für Kamerun und gab der Freude darüber Ausdruck, daß die verschiedensten Parteien in der Billigung der auswärtigen Politik und in der Sym⸗ pathie für die Kolonialpolitik speziell einig seien. Im Lande schätze man sich in den weitesten Kreisen glücklich, daß die⸗ selbe gerade von dem jetzigen Führer der deutschen Politik in⸗ augurirt werde. b Hierauf wurde der Antrag der Kommission auf Bewilli⸗ gung der Pauschalsumme fast einstimmig angenommen, die Entscheidung über die Resolution bleibt der dritten Lesung vorbehalten. Ohne Debatte wurde darauf nach dem Antrage der Budgetkommission der Nachtrag für den Etat des Reichsamts des Innern bewilligt, welcher zur Erwerbung eines Grund⸗ stücks für die Erweiterung des Dienstgebäudes des Sta⸗ tistischen Amts und zur Projektbearbeitung 150 000 fordert. Die⸗ Regierungsvorlage hatte 295 750 verlangt.

In Ergänzung des Etats für das Reichsheer pro 1885/86 werden zur Verlegung des Kulmer Kadettenhauses nach Stolp

das auch thun können; ja die Post würde die Note mit derselben Sicherheit besorgen, wie die Botschaft, wie die Diplomatie. Wenn dieses System das zweckmäßige ist, dann ist unsere ganze kostspielige Diplomatie überflüssig, dann kann der Weltpostverein, mein Herr Kollege Stephan, den sämmtlichen diplomatischen Verkehr in seine Hand nehmen.

Ich habe aber oft gefunden, daß es für das Verständniß unter Kabineten nützlich ist, wenn man Geschäfte machen will, zunächst dem eigenen Vertreter den Auftrag zu geben, mündlich zu sondiren, welches die Aufnahme einer Eröffnung sein wird; ist sie ungünstig, kann man unter Umständen die Sache fallen lassen, modifi⸗ ziren, oder wenn man glaubt, es muß sein, sagen, wir werden es doch thun in irgend einer Form, ihr müßt euch

tuellen Kräfte widmeten, seine Macht nicht gegen dieselben richte. Er erreiche damit auch nur das Gegentheil seiner Zwocke. entstehe speziell durch die Beschränkung der Orden eine Schä⸗ digung der Krankenpflege, eine große Belastung der Ge⸗ meinden, allgemeiner Unwillen, scharfe Erbitterung bei allen Katholiken und eine grobe Verletzung des öffentlichen Rechts⸗ bewußtseins. Könne das der Wohlfahrt des Staates dienlich sein? Die ganze Maigesetzgebung ruhe auf modernen, un⸗ christlichen Grundlagen, wonach religiöses Wesen nicht mehr im öffentlichen Leben zur Geltung kommen dürfe. Habe man doch auch bereits die christliche Ehe durch die Staatsehe ersetzt. Gehe man auf diesem Wege weiter, so werde der Staat bald ganz ohne Gott sein. Das sei aber der Anfang moderner Barbarei. Welche Aufgaben habe denn der Staat überhaupt, wenn er nicht Ethik, Moral und ideale Gedanken fördern wolle? Er⸗ kenne man denn noch heute, zur Zeit der anarchistischen Ver⸗ brechen, die Gefahren nicht, die das Verbot der Ordens⸗ genossenschaften für den sozialen Frieden habe? Das christliche Wirken, die opferwillige Liebe der barmherzigen Schwestern, sie hätten die Gegensätze zwischen Elend und Glück gemildert,

der Vorsicht sei nun nicht bloß ein Gebot für die Regierung, sondern auch ein Gebot für den Reichstag, und wenn der Reichstag auch mit warmem Herzen alle Bestre⸗ bungen unterstütze, die zur Größe des Vaterlandes dienen würden, so sei doch in jedem einzelnen Falle zu erwägen, ob die Vorlage geeignet sei, diesen Zweck zu erreichen; und es sei doch fraglich, ob alle Punkte, die der Reichskanzler und Niemand schärfer als dieser heute wiederholt habe, in dem Rahmen jener Politik lägen. Auf die hohen politischen Mit⸗ theilung en des Reichskanzlers gehe er heute nicht ein. Jeder im Reichstage fühle das schwere Gewicht derselben, und dieses Gewicht lege gerade dem Reichstage eine größere Zurückhal⸗ tung auf. Diesem Gesichtspunkte gegenüber kämen ein paar Aeußerungen nicht in Betracht, an welche sich Bemerkungen anknüpfen lassen würden. Aber eine Bemerkung müsse er doch noch machen. Der Reichskanzler habe darüber nie im Zweifel sein können, daß, wo es sich um die Vertheidigung der Würde und der legitimen Ansprüche der deutschen Nation und die Wahrung ihrer Größe handele,

durch das Volk selbst ein frischer Zug nach dieser Richtung ging; aber ich habe nicht gefunden, daß er in der Majorität des Reichs⸗ tages Widerklang gefunden hätte. Wenn wir dahin kämen, daß der Reichstag eine Kolonialpolitik, zu der die Regierung zögernd und vor⸗ sichtig schreitet, seinerseits ihr empfiehlt, darauf drängt, sie mahnt, ja dann wäre unsere Situation eine ganz andere. Statt dessen sind wir und damit will ich keinen Vorwurf machen, Sie wissen ja, warum Sie es thun in diesen kolonialen Fragen im Ganzen doch nur einer zögernden, dila⸗ orischen Behandlung begegnet. Die Majorität in der Kommission hat urch ihre Fragen, die wir wenigstens nicht beantworten konnten, rch die ganze Behandlung der Sache in ihren Sitzungen, und auch

ie Beschlüsse des Plenums haben uns nicht den Fingrna gemacht, als ob in der Majorität des Reichstages ein Enthusiasmus für die koloniale Entwickelung des deutschen Volkes vorhanden wäre. Ich verlange keine „Schützenhausstimmung“ wie das hier geringschätzig bezeichnet worden ist, aber eine gewisse tiefe Ueberzeugung, die ent⸗ schlossen ist, die Regierung zu tragen und zu stützen allen Ansprüchen und „Schwierigkeiten gegenüber, die ihr vom Auslande auf diesem Wege entgegen treten, die müssen wir haben, meine Herren! Wenn das nicht der Fall

bringen könnten. Ich habe also nicht gerathen „to take it“, fondern von der Annexion so dringend abgerathen, wie in meiner unbethei⸗ ligten Stellung thunlich war. Ich habe dann noch hinzugefügt, die Erledigung dieser Frage liegt ja ohne Zweifel allein der englischen Regierung ob, und ich meine, ihr dieselbe ausschließlich zu überlassen. Aber wie auch der Entschluß Englands ausfallen möge, wir werden ihm nicht im Wege stehen, wir empfehlen nur die Vorsicht und die Achtung vor den Verträgen und vor den Rechten des Sultans. Nrun, ich bin gegen meinen Willen genöthigt gewesen, diese Auf⸗ klärung zu geben, um den Insinuationen endlich einmal bestimmt zu widersprechen, die oft dahin gemacht worden sind, als hätte ich mir 2 E 8 englische Regierung durch 1 r G ockende Versprechungen von fremdem Besitzthum v dazu stellen in irgend einer Weise. Auf die Art be⸗ Tugend abzulocken und dadurch si 8 1“ reitet man auf die Sache vor, und man kommt ohne Schwierigkeiten anzurichten. Das ist vollständig unrichtig. Ich habe mich über eine Sache hinüber, die, wenn man sie fertig, schriftlich einer im Vertrauen und nur auf ausdrückliches Befragen Regierung mit der Post zuschickt, für dieselbe empfindliche nach meinem Rath darüber geäußert was ich thun re 2 kann, auf die man beim Schreiben gar nicht würde, wenn ich augenblicklich englischer Minister wäre. Ich habe gere a Es gehört schon eine ungewöhnlich genaue Kenntniß das widerstrebend und auf wiederholtes Verlangen gethan; aber ich 8 der Leitung der fremden Politik dazu, wie sie die habe es schließlich gethan in der Ueberzeugung, daß ich auch auf diesem meisten agaten wohl nicht haben, um mit Sicher⸗ Wege dem Ziele, welchem ich nachstrebe, der Erhaltung des Friedens

ist, wenn die Unterstützung übers Jahr ebenso matt, ebenso lau ist, dann glaube ich muß ich den verbündeten Regierungen rathen, auch diesen Versuch als einen verfehlten zu behandeln, ihn wie ich mich schon früher ausdrückte zu den Akten „Samoa“ zu legen und abzuwarten, ob vielleicht ein Nachfolger von mir diesen dritten Theil der Sibyllinischen Bücher wiederum der deutschen Nation anzubieten im Stande sein werde. Ich würde nicht dazu rathen, einen unfruchtbaren Weg einzuschlagen, auf dem der passive Widerstand und die Obstruktion, die dilatorische Behandlung die Kräfte, die anderweit nothwendig sind, ermüdet, und ihn gegen den Willen der Majorität weiter zu verfolgen. In einem solchen Falle würden die verbündeten Regierungen die Verpflichtung haben, sich zu überzeugen, ob die Stimmung des Volkes bei den Neuwahlen die Zurückhaltung, die die jetzige Reichstags⸗Majorität den kolonialen Bestrebungen gegen⸗ über theilt nun, dann ist das Urtheil über unsere kolo⸗ nialen Bestrebungen wirderum gesprochen, oder ob das deutsche Volk es anders will, ob die Mehrheit unserer Landsleute von dem, was ich cinen frischen Zug nannte, sich berührt und getragen fühlt! Ja, meine Herren, da muß es dieser Stimmung durch die Wahlen Ausdruck geben und die Regierungen in die Lage bringen, daß sie, wenn dieser Stimmung nicht entsprechend hier votirt wird, wieder⸗ holentlich an die Stimmung der Wähler, an das Votum der Wähler appelliren.

Ich betrachte diese Frage nicht als abgeschlossen und bin weit entfernt, sie zu beantworten, ich spreche blos von dem, was ich mit völlig kaltem Blute für die Pflicht der verbündeten Regierungen halte, nämlich die Kolonialpolitik fortzusetzen, so lange sie Hoffnung haben, von der Mehrheit des deutschen Volkes daber getragen zu werden, sie fallen zu lassen dann, wenn sie diese Hoffnung aufgeben müssen, und nicht unfruchtbaren Utopien im Kampfe mit der Mehr⸗ heit des Reichstages dauernd nachzugehen.

„Ich habe mehrfach darauf hingewiesen, daß auch die Stellung, die das Ausland zu unseren kolonialen Verhältnissen einnimmt, maß⸗ gebend ist. Ich darf wohl annehmen, daß die eine andere wäre, wenn der deutsche Reichstag einheitlich und mit einem gewissen Enthusiasmus den ‚kolonialen Bestrebungen der verbündeten Regie⸗ rungen zur Seite stände, und daß das Ausland man untersucht ja die Verhältnisse, wie die Majorität entsteht, in einem fremden Lande nicht so genau eine Ermuthigung, den deutschen kolonialen Be⸗ stresvungen fest gegenüber zu treten, daraus schöpft, daß man in allen Zeitungen lesen kann, den ausländischen, wie den inländischen, daß die Mehrheit des Reichstages bisher nicht davon überzeugt ist, daß es für das deutsche Volk nützlich sei, Kolonialpolitik zu treiben. Wenn Sie heutzutage die englischen Blätter lesen, so finden Sie das mit derselben Motivirung wie in unseren deutschen Oppositionsblättern, mit einer so übereinstimmenden Motivirung entwickelt, daß man versucht ist, an einen direkteren Zu⸗ sammenhang und an die Internationalität der Oppositionspresse gegenüber der deutschen Reichsregierung im Allgemeinen zu glauben; es finden sich die gleichen Artikel ziemlich gleichzeitig wieder in der „Times“ und in anderen Blättern, die zu dem Cobdenschen System gehören, die machen gegen mich, den unglücklichen Repräsentanten der deutschen nationalen Politik, mit einer Uebereinstimmung Front, die ich für positive Zwecke der gesammten Nation wohl wünschen möchte. Sicher ist, daß die Tonart in der Correspondenz, die von englischer Seite mit uns geführt ist, unter

dem Eindrucke dieser Parlamentsverhandlungen während derselben post hec oder propter hoc lasse ich unentschieden eine schärfere und unfreundlichere geworden ist. Man hat dazu gegriffen, Akten⸗ stücke, wie z. B. ein Schreiben eines australischen Königs an Se. Majestät unseren Kaiser, in englischen amtlichen Sammlungen früher zu drucken, als Se. Majestät der Kaiser es erhalten hat. Wie es in englische Hände gerathen ist, und in die amtlichen, weiß ich nicht. Es sind Aktenstücke ziemlich vertraulicher und ziemlich einschneidender Natur, die an uns gerichtet waren, in England amtlich ge⸗ druckt worden, ehe wir sie erhalten hatten. Es sind vertrau⸗ liche Besprechungen, die ich hier mit den Vertretern Eng⸗ lands gehabt habe Besprechungen der vertraulichsten Natur, die sich auf sehr langjährige persönliche Bekanntschaften gründeten, die aber natürlich zur Meldung berechnet waren —, in amtlichen Akten⸗ stücken refümirt und zum Druck bestimmt worden. Das Alles sind Zeichen einer Verstimmung, die ich nicht für eine berechtigte halte, und die ich nur lebhaft bedauern kann. Auch hier spitzt sich diese Verstimmung leider gegen meine Person zu in dem Maße, daß bei den jüngsten Verhandlungen des englischen Parlaments Lord Gran⸗ vpille sich in einer Weise geäußert hat, als ob unsere durch mich ver⸗ tretenen Ansprüche soweit gingen, daß sie England nöthigten, ich muß den englischen Text ciliren —: zto abdicate all liberty of action in colonial matters“, daß England also in jeder Freiheit der Bewegung auf kolonialem Gebiet durch uns beeinträchtigt würde. Die Tragweite dieser Rede⸗ dheegns geht über das bescheidene Maß unserer Kolonialpolitik weit us. Es wird damit unsere Haltung auf anderen politischen, aber auch afrikanischen Gebieten in Verbindung gebracht 8 vorausgesetzt, daß ich persönlich eine „unfavonrable view“, ceine ungünstige Mei⸗ nung über die egyptische Politik Englands hätte, und als Motiv 8 dieser ungünstigen Meinung wird bei mir eine persönliche Empfind⸗ lichkeil darüber angenommen, daß von englischer Seite ein Rath, den ch früher bezüglich Egyptens gegeben hätte, nicht befolgt worden sei. Ich bedauere, daß mein englischer Kollege mich in die Lage bringt, seiner Kundgebung widersprechen zu müssen. Ich habe ihm gegenüber nie die englische Politik Egyptens getadelt. Ich erlaube mir überhaupt über fremde Politik nicht leicht ein Urtheil, und am aller⸗ wentgsten habe ich das gethan wegen einer Nichtbefolgung eines Ra⸗ thes von mir. Ich habe aber auch den Rath, der hier als von mir tammend angeführt ist, niemals gegeben. Lord Granville befindet sich im Irrthum, wenn er annimmt, daß mein Rath in Bezug auf Egypten dahin gelautet habe, „to take it“ Egypten zu nehmen. Das ist ein Irrthum, auf dessen Berichtigung ich halte, und der mich nöthigt, meinerseits in der Offenlegung vertraulicher Verhand⸗ lungen weiter zu gehen, als es sonst in meiner Gewohnheit liegt. Ich darf als bekannt voraussetzen, daß der diplomatische Verkehr von englischer Seite neuerdings vorwiegend und fast ausschließlich in er Form schriftlicher Noten betrieben wird, also in der Gestalt von Noten, die in London redigirt werden, deren Text hierhergeschickt wird, von dem hiesigen englischen Botschafter unterschrieben und mir dann der Form nach vorgelesen, eingehändigt, oder in Abschrift belassen wird, je nachdem der Inhalt der Note ist. Aber im Ganzen ist es eine Correspondenz, der ähnlich, wie eine Privatcorrespondenz vom Schreiber zum Empfänger direkt schriftlich geht, fertig abgeschlossen, ohne Möglichkeit, etwas zu ändern auf

daß ihre geschäftlichen Interessen

heit die Wirkung einer geschriebenen Mittheilung vorher zu berechnen. Der Botschafter an Ort und Stelle” ist eher in der Lage, anzufühlen und vorzubereiten. Ich halte also. den mündlichen Verkehr für zweckmäßig. Von englischer Seite wird der schriftliche vorgezogen. Wir haben seit dem vorigen Sommer an Noten ich habe die Ziffer feststellen lassen, weil es mir auffiel, daß es so sehr viele waren; ich muß jede solche Note beantworten, ich überwache die Redaktion selbst und prüfe sie; es hat mir viel Arbeit gemacht; wir haben seit dem vorigen Sommer einhundert und ich glaube achtundzwanzig schriftliche Noten vom englischen Kabinet bekommen, die zusammen zwischen 7 und 800 Seiten lang und zu beantworten waren. So viel haben wir von allen übrigen Regierungen in den 23 Jahren, daß ich auswärtiger Minister bin, nicht bekommen. Jede Nation und jede Regierung hat ja das Recht, die Geschäfte zu betreiben, wie sie es nützlich hält, und es ist ja gewiß, daß eine aus⸗ wärtige Politik, wenn sie in gedruckten und veröffentlichten Noten betrieben wird, unter Umständen auf das eigene Parlament einen tieferen, günstigeren Eindruck machen kann, als der mündliche un⸗ bekannt bleibende Verkehr durch Diplomaten, aber man läuft dann unwillkürlich Gefahr, einigermaßen auch für den Eindruck im Par⸗ lament und nicht ausschließlich für den Eindruck auf die fremde Re⸗ gierung und für den Frieden, das gute Einvernehmen mit ihr zu schreiben.

Die Anspielungen, die in verschiedenen von England veröffent⸗ lichten und zum Theil zu meiner Ueberraschung veröffentlichten Aktenstücken enthalten sind, auf frühere Verhandlungen über Egypten und die in der züngsten Rede des Grafen Granville vorhanden sind, werden sich richtig stellen durch das, was ich zu sagen im Be⸗ griff bin.

Ich habe niemals einen Rath über die Behandlung Egyptens an die englische Regierung ertheilt. Wohl aber bin ich um solchen be⸗ fragt worden zu verschiedenen Malen sowohl von meinem verstorbenen persönlichen und politischen Freund Lord Ampthill hier im Auftrage seiner Regierung als auch durch Vermittelung unserer in England an⸗ wesenden Organe, und mündliche Aufträge, die denen zur Bestellung an mich gegeben worden sind, und in allen Fällen lautete die Anfrage an mich dahin, ob ich bereit wäre, der englischen Regierung einen Rath oder einen Wink „an advise or a hint“ zu geben über das, was sie augen⸗ blicklich in Egypten thun möchte, und was bei uns Billigung finden würde. Darauf habe ich jedesmal und einige Male bin ich sogar in der Lage, darüber die schriftlichen Aufzeichnungen der Ocgane zu besitzen, die ich mit der Beantwortung beauftragt habe die Antwort in dem Sinne gegeben, wie in dem Schriftstück aus dem September 1882, welches ich hier mitgebracht habe, daß ich mich in meiner Eigenschaft als auswärtiger Minister des Deutschen Reiches enthalten müsse, der englischen Politik einen Rath zu geben, weil ein solcher Rath, in der amtlichen Eigenschaft ertheilt, doch eine gewisse Ver⸗ antwortlichkeit anderen Kabineten gegenüber und auch für die Folgen, die er haben kann, mit sich brächte. Ich müßte es also ablehnen, ihn zu ertheilen.

Ich bin dann weiter gefragt worden, ob ich denn nicht eine Meinung äußern wollte über das, was geschehen könne. Ich habe darauf gesagt: ich könne mich in den Fall hineindenken, daß ich eng⸗ lischer Minister wäre; und als Dilettant in der englischen Politik und als Liebhaber, vielleicht auch Kenner der Sache hätte ich meine Ansichten, und wenn ich englischer Minister wäre, so würde ich in diesem Augenblicke nicht dazu rathen, Egypten zu annektiren, wohl aber sähe ich ein, daß es für England ein Bedürfniß wäre, eine gewisse sichere Stellung in diesem Bindeglied seines europäischen und seines asiatischen Etablissements zu haben, Sie könnten aber diese Stellung meines Erachtens, ohne mit den Verträgen in Kollision zu kommen, nur durch den Sultan ge⸗ winnen. Ich würde daber, wenn ich englischer Minister wäre, die Vermittlung des Sultans suchen, um durch ihn in Egypten eine Stellung zu erlangen, vermöge deren die englischen Interessen sicher⸗ gestellt würden. Ich wäre auch der Meinung, daß diese Form bei anderen Nationen kaum Anstoß erregen würde, einmal wegen ihrer Verträglichkeit mit den Verträgen, dann aber auch, weil sie den Hauptinteressenten an den egyptischen Finanzen, den französischen so⸗ wohl wie den englischen Bondholders, und auch denen der übri⸗ gen Nationen mit Wahrscheinlichkeit eine sichere, geschickte und geordnete Verwaltung Egyptens durch die englischen Organe voraus⸗ sehen ließen. Damit würden, beispielsweise bei der Bedeutung, die die finanziellen Interessen in Frankreich hätten, wahrscheinlich keine französischen Rivalitäten und Unzufriedenheiten provocirt werden. Wenn dagegen England eine direkte Annexion Egyptens vornehmen wolle, so kann sich ein Verhältniß von ziemlicher Spannung mit mehreren europäischen Mächten bilden, die auch Interessen dort hätten, namentlich aber mit dem Sultan und zu dem gesammten Muhamedanismus. Diese Spannung würde fortfallen, wenn sie dort unter der Firma des Sultans erschienen, und ich gebrauchte noch den Ausdruck —, vielleicht wird mein gke Herr Kollege sich dessen erinnern —, ich gebrauchte in englischer Sprache den Aus⸗ druck eines „lease-holder“ des Sultans in Egypten. Damit würden sie vermeiden, Frankreich und Andere zu verstimmen, und uns sei der gute Vertrag zwischen England und Frankreich dringend wünschens⸗ werth, denn ein Bruch zwischen diesen beiden großen Mächten in der Mitte Europas sei eine Kalamität für ganz Europa, in erster Linie aber für uns Deutsche als die nächsten Nachbarn, und ich legte des⸗ halb einen großen Werth darauf, daß England mit Frankreich in guten Beziehungen bliebe. Dies wäre der Weg, auf dem ich, wenn ich englischer Minister wäre, versuchen würde, to obtain influence in Egypt. Ich habe dem hinzugefügt: wenn England vorziehen sollte, Egypten zu annektiren, so würden wir es nicht als unsere Aufgabe betrachten, das zu verhindern. Die Freundschaft mit England wäre für uns wichtiger ich kann nur langsam lesen, weil ich übersetze wäre für uns wichtiger als das zukünftige Schicksal von Egypten. Ich sei nicht Willens, ihnen einen Rath zu geben, aber ich sähe vor⸗ aus, daß durch eine Annexion Egyptens England sich Schwierigkeiten bereiten würde, welche es vermeiden könne, ohne auf den Zweck ge⸗ sicherter Verbindung zu verzichten, wenn England sich damit begnügen heg unter türkischer Souverainetät seinen Einfluß in Egypten aus⸗ uüben. . Dann folgt eben die schon erwähnte Betrachtung, daß die großen französischen Finanziers damit zufrieden sein würden in der Hoffnung, . 1 durch die englische Verwaltung ebenso gut gewahrt werden würden, als früher durch die gemeinsame Leitung, und daß bei dem augenblicklichen Vorwiegen der finanziellen Interessen die öffentliche Meinung in Frankreich leicht, vielleicht sogar die Annexion Egyptens ertragen würde, daß aber in dem Falle immer doch some ill-feeling and uneasiness, eine üble Empfindung und es ist schwer zu übersetzen und Mißstimmung

Grund des Eindrucks, den sie etwa macht und bei der der Botschafter nur die Rolle des Ueberbringers hat. Jeder andere Beamte würde

in Europa und unter seinen großen Mächten, nützlich sein könnte, wenn ich der englischen Regierung Rathschläge der Mäßigung gäbe. Wären sie befolgt worden, so wäre manche Verwickelung seitdem vielleicht nicht eingetreten.

Es ist dies eine Episode, die mit dem Gegenstande, der das Haus beschäftigt, äußerlich zusammenhängt, und von der ich hoffe, daß sie mit der Verstimmung, die sich in England daran knüpft, bald vorübergehen werde. Ich suche ihren Grund in der Erfahrung, daß man, wenn man überhaupt übler Laune ist, den Grund der Ereignisse, über die man verdrießlich ist, immer lieber bei Anderen als bei sich selbst sucht. Aber ich werde thun, was in meinen Kräften steht, um sine ira et studio in der versöhnlichsten Weise die Sache wieder in das Geleise des ruhigen und freundschaftlichen Verkehrs zu bringen, der zwischen uns und England jederzeit bestanden hat und der natürliche ist, weil keiner von Beiden vitale Interessen hat, die ein⸗ ander widersprächen. Denn ich kann es doch nur für einen Irrthum in der Schätzung halten, wenn England uns unsere bescheidenen Kolonialversuche mißgönnt. Wenn man auch geneigt ist, auf die Stimmung jedes einzelnen Kolonialrheders und Kaufmanns englischer Nation Rücksicht zu nehmen, so kann ich doch nicht glauben, daß man die Art, unserer Kolonialpolitik entgegenzuwirken, wie sie sich in Kamerun sowohl wie in Australien, in Neu⸗ Guinea, in Fidschi und an anderen Orten gezeigt hat, beibehalten werde. Ohne Rücksicht auf die Stimmung zu nehmen, in welche die deutsche Nation dadurch versetzt wird bei den fremden Nationen, machen die Vorgänge in Deutschland ja sehr leicht den Eindruck, daß bei uns zwar unter Umständen, wie 1870, wie 1813, die geharnischten Männer aus der Erde wachsen, wie aus der Saat der Drachenzähne in der griechischen Mythe in Kolchis, aber, daß sich dann auch stets irgend ein Zaubersteinchen der Medea findet, welches man zwischen sie werfen kann, worauf sie über einander ber⸗ fallen und sich so raufen, daß der fremde Jason ganz ruhig dabei⸗ stehen kann und zusehen, wie die deutschen gewappneten Recken sich unter einander bekämpfen. Es liegt eine eigenthümliche prophetische Voraussicht in unserem alten nationalen Mythbus, daß sich, so oft es den Deutschen gut gebt, wenn ein deutscher Völkerfrühling wieder, wie der verstorbene Kollege Völk sich ausdrückte, anbricht, daß dann stets der Loki nicht fehlt, der seinen Höder findet, einen blöden, dämlichen Menschen, den er mit Geschick veranlaßt, den deutschen Völkerfrühling zu erschlagen resp. niederzustimmen.

Der Abg. Frhr. von Huene erklärte, auch seine Partei auf ihrem dem Reichskanzler nicht sympathischen Standpunkt lege Werth auf einen möglichst einhelligen Beschluß und werde auch ihre in der Kommission vorgeschlagene Resolution nicht wieder einbringen. Aber wie habe der Reichskanzler in den Kommissionsverhandlungen einen Grund finden können, der Majorität des Reichstags Mangel an Patriotismus vorzuwerfen, denn das habe mehr oder weniger in den Worten des Kanzlers gelegen und das habe ihm wehe gethan. Diese Majorität werde niemals fehlen, wo es gelte, die Ehre und das Ansehen des Reiches zu wahren. Aber etwas durchaus Anderes sei es, mit großem Enthusiasmus eine Politik zu unterstützen, über deren Ziele man noch völlig im Unklaren sei. Die Regierung solle doch zufrieden sein, wenn sie die Unterstützung der Parteien dieses Hauses, wie es ja der Fall sei, überall finde, wo es ernste Fragen zu lösen gelte.

„Der Abg. Frhr. von Maltzahn⸗Gültz bemerkte, seine Partei fühle voll den frischen Zug der Zustimmung, mit der das Land das Vorgehen der Regierung in den Fragen der über⸗ seeischen Politik begrüßt habe und sei mit demselben auch ihrerseits durchaus einverstanden. Das Reich könne sich auf die Dauer der Aufgabe nicht entziehen, die Unternehmungen seiner Angehörigen in überseeischen Ländern mit der deutschen Flagge zu decken; das sei die Meinung der großen Mehr⸗ zahl unserer Landsleute in und außer Deutschland. Er bedauere, daß die ersten Schritte der Regierung in dieser Richtung bei bvem dem deutschen stammverwandten eng⸗ lischen Volk anscheinend einer Abneigung begegnet seien, welche wahrlich die Interessen beider Länder nicht fördern könne. Seine Partei wisse aber, daß die Leitung der deutschen An⸗ gelegenheiten auf diesem Gebiete in bewährten, guten Händen ruhe; das bisherige Vorgehen der Reichsregierung habe gezeigt, daß ihre jetzige Leitung dem, was man von ihr nach ihren früheren Thaten habe erwarten können, voll und ganz ent⸗ sprochen habe. Seine Partei stimme daher den Forderungen der Regierung gern zu; und er freue sich besonders, daß voraussichtlich die große Mehrheit. des Hauses dafür sein werde. Seine Partei stimme aber nicht etwa blos des⸗ halb zu, weil die Regierung einmal in Südafrika engagirt sei, sondern dieselbe wolle auch voll und ganz die Verant⸗ wortung für diese Politik mit übernehmen. Daß die Kom⸗ mission die Summe in der Form eines Pauschquantums be⸗ willige, ändere hieran gar nichts. Je größer die Mehrheit für diese Positionen im Hause sein werde, desto mehr werde es der Stimmung des Landes entsprechen und dem Inlande und Auslande zeigen, daß die Reichsregierung in diesen Fragen den Reichstag und die Meinung des Landes hinter sich habe. Der Abg. Dr. Frhr. Schenk von Stauffenberg erklärte, seine politischen Freunde und er würden für den Kommissions⸗ beschluß stimmen; er glaube deshalb im gegenwärtigen Augen⸗ blicke seine Anschauungen in dieser Frage, soweit sie ab⸗ weichender Natur seien, ganz außer Augen lassen zu können. Die Frage, um die es sich hier handele, sei durch die Ver⸗ handlungen und Abstimmungen über die Dampfbarkasse bereits entschieden, wenn auch das Verhältniß das umgekehrle hätte sein sollen, daß man erst den Gouverneur und dann die Barkasse hätte bewilligen sollen. Seine Partei habe damals und auch schon sonst zu wiederholten Malen ausdrücklich zu erkennen gegeben, daß sie die Kolonialpolitik des Reichskanzlers in der Form, die derselbe im vorigen Jahre entwickelt habe, vollständig billige und voll⸗ ständig bereit sei, die Mittel dazu zu bewilligen. Der Reichs⸗ kanzler habe aber als das erste Prinzip in dieser Politik

zurückbleiben werde, welche die Beziehungen dieser beiden Länder verbittern und Gefahren für den zukünftigen Frieden mit sich

äußerste Vorsicht hingestellt und vor zu weit gehenden Illu⸗ sionen in den Kolonialbestrebungen gewarnt. ehende 6. 2

der Kanzler nicht blos die ganze Nation, sondern auch den ganzen Reichstag hinter sich habe. Das habe die Geschichte dieser langen Jahre aufs Deutlichste bewiesen. Wenn der Reichskanzler fürchte, daß darüber im Ausland aus den inneren Parteistreitigkeiten Zweifel erhoben werden könnten, so müsse er doch darauf aufmerksam machen, daß es viel weniger diese Parteistreitigkeiten seien, welche jene Zweifel hervorgerufen hätten, als die Art und Weise, wie die Partei⸗ streitigkeiten in einem großen Theil der Presse nach außen dargestellt seien. Wenn ein großer Theil der deut⸗ schen Presse die Majorität dieses Hauses als eine Rotte vaterlandsloser Bösewichter behandele, so könne man sich nicht wundern, daß diese Behauptung, besonders wenn sie oft und nachdrücklich wiederholt werde, im Ausland schließlich einen gewissen Glauben finde. Er habe auch die bescheidene Vermuthung, daß gerade die Zeitungen, die sich in dieser Weise mit den deutschen Verhältnissen beschäftigten, im Aus⸗ lande stärker gelesen würden als die Verhandlungen dieses Hauses und dort für die Beurtheilung der inneren Verhält⸗ nisse Deutschlands eine größere Rolle spielten, als die Ver⸗ handlungen hier im Hause. Diesem Standpunkte, daß alle Parteien in der Vertheidigung der Würde des Vaterlandes zusammenstehen, bei jeder Gelegenheit Ausdruck zu geben, dazu sei nicht die Veranlassung. In dem Bewußtsein der Stärke Deutschlands könne man das wohl unterlassen. Aber in gewissen Momenten sei es erhobenen Anzweifelungen gegen⸗ über absolut nothwendig. G Der Abg. Dr. Hammacher bemerkte, er habe den Eindruck, als ob der heutige Tag ein glücklicher für den Reichstag und die deutsche Nation sei. Das auszusprechen veranlasse ihn nicht sowohl der Gegenstand, der das Haus materiell beschäf⸗ tige, über den ja eine Differenz hier im Hause nicht vorhanden zu sein scheine, als der Ausdruck patriotischer Hin⸗ gabe an die Aufgaben des deutschen Volkes, der von allen Seiten wiedertöne. Seine politischen Freunde und er seien, wie die Mitglieder der konservativen Partei, dazu entschlossen gewesen, die von der Regierung geforderten Mittel im Ordi⸗ narium zu bewilligen. Er hätte diese Bewilligung für besser und angemessener gefunden, als die in Form einer pauschalen Summe. Bei den Verhandlungen über die Dampfbarkasse sei deutlich ausgesprochen worden, daß mit Bewilligung derselben auch die Bewilligung des Gehalts für den Gouverneur erfolgt sei. Es sei das namentlich Seitens des Abg. Richter aus⸗ gesprochen worden. Wenn nun die verbündeten Regierungen für den Gouverneur das Gehalt gefordert hätten und Seitens der Kommission vorgeschlagen werde, diese Bewilligung nicht direkt auszusprechen, so sei das nicht die richtige Konsequenz jener Verhandlungen. Er beschränke sich darauf, zu erklären, daß seine Partei, nachdem auch der Reichskanzler seine Zustimmung dazu gegeben habe, für den Antrag der Budgetkommission stimmen werde und Abstand nehme, die Wiederherstellung der Vorlage der verdündeten Regierungen zu beantragen. Der Abg. Dr. Windthorst erklärte, der Beifall, den die Regierung heute bei allen Fraktionen gefunden habe, das ein⸗ stimmige Votum derselben für den Nachtragsetat lasse ge⸗ nügend erkennen, daß hier im Hause Niemand sei, der, wenn es sich um große nationale Dinge handele, auf jeden Fall oppositionell wäre. Eine levis notae macula habe der Reichs⸗ kanzler dem Reichstage aber doch ertheilt; der Kanzler habe gemeint, die Majorität dieses Hauses sei zunächst zu zögernd, zu wenig enthusiastisch den Bestrebungen der Regierung auf dem Gebiete der Kolonialpolitik gefolgt, und die zögernde Haltung des Reichstages sei auf die Haltung auswärtiger Mächte nicht ohne Einfluß geblieben. Bezüglich des ersteren Punktes könne er nur die Ausführungen des Abg. von Stauffenberg vollständig unterschreiben; seine Partei sei voll und ganz dabei, wenn es sich darum handele für Deutschland eine gesunde, nicht abenteuerliche Kolonialpolitik zu machen, seine Partei halte eine solche für höchst bedeutsam für die Interessen des Vaterlandes. Im Publikum seien unter den Freunden dieser Politik zwei Anschauungen besonders in den Vordergrund getreten; die Einen meinten, daß damit die Gelegenheit zu einer großen Auswanderung gegeben sei, die Anderen, daß nunmehr außerordentlich große Absatzgebiete eröffnet würden. Nach seiner bescheidenen Ansicht hätten die bis jetzt errungenen Positionen zur Auswanderung sehr wenig Gelegenheit geboten, und auch die Steigerung des Exports werde nicht sofort eine so enorme sein, wie in vielen Kreisen angenommen werde. Wenigstens möchte er rathen, nicht gar zu viel neue Unternehmungen, Fabriken u. dgl. im Hinblick auf diese Steigerung ins Leben zu rufen. Die Kosten, die man für die Zukunst der deutschen Kolonialpolitik bereits ausgelegt habe, seien nicht gering; und die genaue Prüfung der Politik auch nach der Seite dieses Kostenpunktes hin sei ein weises und verständiges Verfahren, das jedem Abgeordneten wohl anstehe. Wenn der Reichskanzler nicht undeutlich zu verstehen gegeben habe, derselbe würde vent. den verbündeten Regierungen zur Erwägung anheim geben, ob es sich bei der Fortsetzung der Verzögerung nicht mpfehle, nochmals an das Volk zu appelliren, so sei doch eute diese Andeutung und die darin liegende Drohung gegen⸗ über der Einstimmigkeit des Hauses nicht nöthig gewesen. Er habe seinerseits nichts dagegen. Wenn übrigens die aus⸗ wärtigen Mächte zu irgendwelcher Zeit glauben sollten, ihr Weizen blühe, wenn hier im Reichstage oder in der deutschen ation selbst Verschiedenheiten der Ansichten über diesen oder jenen Punkt aufgetreten seien, so würden sie sich irren; die Kämpfe möchten so groß sein, wie sie wollten, den auswärtigen Mächten gegenüber sei dies Haus sich unter allen Umständen

in Pommern und Neubau eines Kadettenhauses daselbst, und zwar zur Projektbearbeitung, 10 000 gefordert.

derung.

vinkulire sich das Haus nicht in Bezug auf seine zukünftigen Beschlüsse, aber es werde doch schwerer sein, eine Vorlage des Kriegs⸗Ministers abzulehnen, wenn sich das Haus heute moralisch engagire. im nächsten Jahre ein Projekt vorgelegt werde, das eine Prüfung

möglich mache. Entschlusse 1— haus zu verlegen, das vor 100 Jahren aus nationalen Gründen Kadettenhaus genüge in räumlicher Beziehung nicht. Würde nun wegen der schlechten Fundamente des Hauses ein Aufbau nicht möglich sein, so würden sich Anbauten ausführen lassen, die gewiß die Summe von 850 000 ℳ, zu welcher sie von der Regierung veranschlagt seien, nicht erreichen würden. tärer Beziehung würde von Kulmer Bürgern versichert, daß

Die Budgetkommission beantragte Bewilligung der For⸗

Der Abg. Rickert bat, die Position abzulehnen. Zwar

Es werde besser sein, wenn dem Hause

finanziellen und materiellen Seite Kulm sei man übrigens von dem berührt worden, das Kadetten⸗

nach der In schmerzlich Es heiße nun, das Kulmer

dorthin verlegt sei

In sani⸗

der Gesundheitszustand der Kadetten ein vortrefflicher gewesen sei. Wenn zur Begründung der Verlegung angeführt werde, daß das Kulmer Jägerbataillon, für das jetzt nur schlechte Bürgerquartiere vorhanden seien, im jetzigen Kadettenhause kasernirt werden könne, so werde des Weiteren von glaub⸗ hafter Seite mitgetheilt, daß keine Stadt bessere Bürgerquar⸗ tiere besitze als Kulm. Der Staats⸗Minister Bronsart von Schellendorff rechtfer⸗ tigte das Vorgehen der Regierung, welches wesentlich im In⸗ teresse der Reichsfinanzen liege. Wolle man die Anstalt nicht nach Stolp verlegen, so würde in Kulm mitten in der Stadt ein Umbau und Erweiterungsbau mit äußerst hohen Kosten vorgenommen werden müssen. Die Militärverwaltung dürfe auch nicht die Interessen einer einzelnen Stadt wie Kulm gegenüber den Reichsinteressen voranstellen. Mit dem Projekt der Regierung würden etwa 300 000 gespart. Dazu wür⸗ den noch zahlreiche andere praktische Gründe kommen, die für die Verlegung des Corps sprächen. Aus Zweckmäßigkeits⸗ wie aus Sparsamkeitsgründen bitte er, die Regierung in dieser Sache zu unterstützen. Der Abg. Rickert glaubte, daß das Projekt nicht Erspar⸗ nisse, sondern Mehrkosten verursachen würde. Da es außer⸗ dem berechtigte Interessen verletze, so müsse dem Hause jeden⸗ falls die volle Freiheit gewahrt bleiben, die späteren detaillir⸗ teren Vorschläge der Regierung zur Ausführung des Projekts abzuwarten. 1 Die Position wurde nach dem Kommissionsantrag be⸗ willigt. b Deckung der eben bewilligten Ausgaben wird eine entsprechende Erhöhung der Matrikularbeiträge in Aussicht genommen. Die Kommission beantragte Tit. 1 bis 26 vor⸗ behaltlich der definitiven Feststellung der Ziffern zu bewilligen. Das Haus beschloß demgemäß. Hierauf vertagte sich das Haus um 5 Uhr auf Dienstag 1 Uhr.

Im weiteren Verlauf der gestrigen (31.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten erklärte bei Berathung des Kap. 125 (Medizinalwesen) der Abg. Frhr. Dr. von nunmehr seien es zehn Jahre, seit die geistlichen

enossenschaften von der Krankenpflege ausgeschlossen worden seien. Jedes Jahr wiederhole er hier sein ceterum censeo auf Restitution dieser Genossenschaften, stets vergeblich; fast sei er versucht, auch quousque tandem hinzuzufügen. Revolutionen von oben seien gefährlicher als solche von unten; das solle sich die Regie⸗ rung merken. Den Abgg. von Minningerode und Thilenius, die im vorigen Jahre seinen Klagen Gehör geschenkt hätten, danke er dafür von Herzen, und an die Regierung, die ja allerdings katholischen Angelegenheiten gegenüber ein Herz von Stein habe, richte er auch diesmal von Neuem die Bitte, doch end⸗ lich jene Gesetze zu beseitigen, die, aller Humanität ins Ge⸗ sicht schlagend, verderbend und vergiftend auf das öffentliche Leben einwirkten. Zahlreiche Fälle seien vorgekommen, wo den barmherzigen Schwestern verboten worden sei, Kranke zu pflegen, obgleich andere nur einigermaßen aus⸗ reichende Pflege nicht zu beschaffen gewesen sei. Jene Schwestern würden in dieser Weise behandelt, obwohl sie doch bei Tag und Nacht thätig seien in Werken der reinsten Nächstenliebe ohne Unterschied der Konfession, ohne Unterschied des Standes Derjenigen, denen sie Wohlthaten erwiesen. Sie thäten dies lediglich in dem Bewußtsein, für ihr Wirken einst ewigen Lohn zu finden, wenn es auch auf Erden nicht anerkannt werde, sie verzichteten dabei auf alles, was sonst von Menschen erstrebt werde, auf alle Annehmlichkeiten dieser Welt und böten darin der Menschheit ein Vorbild solcher Größe und Erhabenheit des Charakters, daß schon deshalb jede gegen sie gerichtete Maßregel aufs Allertiefste zu beklagen sei. Den Liberalen sträube sich stets sofort bei jeder geringsten Freiheitsbeschrän⸗ kung das Gefühl; hier sähen sie ruhig zu und billigten es, daß diese barmherzigen Schwestern unter polizeiliche Ausnahme⸗ gesetze gestellt würden. Das katholische Volk natürlich denke, man beschränke und bedränge die Krankenpflegeorden nur deshalb, weil sie katholisch seien. Würden doch auch die evangelischen Ge⸗ nossenschaften für Krankenpflege auf alle Weise staatlicherseits gefördert, und dasselbe würde sogar bei ganz konfessionslosen Korporationen dieser Art geschehen. Das komme allein von den bei der protestantischen Majorität gegen die Katholiken nun einmal vorhandenen Vorurtheilen. Das Centrum ver⸗ lange aber, daß der Staat, den auch die Katholiken mit Gut

seien eine Brücke zwischen Arm und Reich gewesen. den Minister, diese Brücke nicht abzubrechen.

Er bitte

Der Abg. Dr. Graf (Elberfeld) bat das Centrum, wenn es die Wünsche des Vorredners erfüllt sehen wolle, dafür zu sorgen, daß der Kulturkampf aufhöre, das Centrum möge Vorschläge zu einer organischen Revision der Maigesetze machen. Die nationalliberale Partei habe ihre Geneigtheit, darauf einzugehen, längst zu erkennen gegeben. Der dies⸗ jährige Medizinaletat habe im Kreise der Aerzte wieder große Enttäuschung hervorgerufen, alle die Wünsche bezüglich der Organisation des Aerztestandes, deren Erfüllung der Minister schon im vorigen Jahre zugesagt habe, seien unerfüllt ge⸗ blieben. Im Weiteren plaidirte Redner für Ausdehnung der Kompetenz und für bessere Besoldung der Kreisphysiker.

Der Staats⸗Minister Dr. von Goßler erklärte:

Meine Herren! Wenn ich zunächst dem ersten Herrn Vorredner antworte, so kann ich damit beginnen, daß ich bekenne, daß ich mit vielen seiner allgemeinen Ausführungen, namentlich, was die Hoch⸗ schätzung der katholischen krankenpflegenden Orden in ihrem religiösen und sozialen Werth betrifft, übereinstimmen. Es

wird daher nicht überraschen, wenn ich Ihnen über die Handhabung

des Gesetzes und die Wirkungen desselben die Mittheilung

mache, daß, soweit es in der Centralinstanz bekannt

geworden ist, niemals im Laufe des letzten Jahres ein Fall vorge⸗

kommen ist, in dem irgend eine Differenz bestanden hat. Es ist kein

Fall vorgekommen, in dem irgend einem Antrag der Krankenpflege⸗

genossenschaften entgegen getreten ist, und wenn der Fall in Cleve,

von dem ich zum ersten Mal hier Kunde erhalte, darthun sollte, daß

Seitens der unteren Behörde in einer über die Bestimmungen unserer

Verordnung vom Jahre 1882 hinausgehenden Weise die Bedürfnißfrage

gedrückt ist, so kann ich das nur bedauern. Ich bin sehr gern bereit, in

eine Erörterung des Falles einzutreten, wenn ich in der Lage bin, selbst Einsicht in die Schriftstücke zu nehmen bekannt ist in der

Centralinstanz nichts.

Als Wirkung der Novelle vom Jahre 1880 tritt hervor, daß die krankenpflegenden Orden, in den letzten 4 Jahren denn erst seit dem Jahre 1881 sind Vermehrungen derselben eingetreten einen ganz bedeutenden Aufschwung genommen haben. Es sind die Auf⸗ nahmegenehmigungen, wie den Herren aus meinen früberen Ausführungen bekannt ist, nicht nur in nachträglicher Weise ertheilt, sondern einer sehr großen Zahl, wie ich beinahe annehmen möchte, wohl fast allen Genossenschaften ist in blanco eine Vermehrung ihres Bestandes ge⸗ stattet worden, so daß sie nur in den vierteljährlichen Veränderungs⸗ nachweisen unter einer besonderen Ueberschrift mitzutheilen hatten, welche einzelnen Persönlichkeiten auf Grund der generellen Erlaubniß aufgenommen sind. Es sind in den letzten 4 Jahren die Aufnahmen von 3977 Ordenspersonen genehmigt worden, und zwar in der Zeit vom 29. Januar vorigen Jahres bis zum 29. Januar dieses Jahres von 1042. Die Zahl der Genossenschaften, welchen in dieser be⸗ quemen Weise entgegengekommen ist, beträgt 37.

ch glaube auch nicht, wie der Hr. Abg. Frhr. von Heereman annimmt, daß ein Theil der inländischen Frauen, welche sich den Be⸗ strebungen der Genossenschaften widmen wollen, ins Ausland geht, denn es haben umgekehrt 9 Genossenschaften den Wunsch ausge⸗ sprochen und die Erlaubniß erhalten, aus ihren außerhalb Preußens befindlichen Niederlassungen Genessenschaftsmitglieder ohne Weiteres unter der Bedingung der nachträglichen An⸗ zeige zu übernehmen, vorausgesetzt, daß die betreffenden Mitglieder die deutsche Reichsangehörigkeit besitzen und früher einer preußischen Niederlassung angehört haben.

Die Zahl der Neuaufnahmen, welche wirklich stattgefunden haben, können die Centralbehörden schwer kontroliren, aber aus den Ver⸗ änderungsnachweisen, soweit sie den Centralbehörden zugegangen sind, ist zu ersehen, daß erheblich über 2000 Ordenspersonen neu Aufnahme gefunden haben. 1

Die Zahl der krankenpflegenden Niederlassungen beträgt gegen⸗ wärtig, soweit es sich um neue Niederlassungen handelt, 85, allein im letzten Jahre sind 30 neu genehmigt worden. Ich kann hierbei daran erinnern, daß diese krankenpflegenden Niederlassungen zwar aufgelöst werden können, daß das aber nicht durch den Minister geschehen darf, sondern daß dazu eine Allerhöchste Verordnung erforderlich ist.

Auch was die Ausdehnung der Ordensthätigkeit auf die Forsorge für Kinder, welche in nicht schulpflichtigem Alter sind, betrifft, so ist ein sehr starker Gebrauch von den entgegenkom⸗ menden Bestimmungen der Novelle von 1880 gemacht worden, indem in 109 Fällen die Orden ihre Thätigkeit hierauf ausgedehnt haben, allein im abgelaufenen Jahre in 32 Fällen. Soweit unsere Nach⸗ richten gehen, hat nie zu einer Zeit die Ordensthätigkeit einen gleichen Aufschwung genommen. Ich würde den Evangelischen nur wünschen, daß sie annähernd gleiche Ziffern auf dem Gebiet der christlichen Krankenpflege zu verzeichnen hätten. 1

Ich beschränke mich auf diese Mittheilungen, durch welche ich ich will nicht sagen, dem Volke, aber doch Ihnen hier die Ueberzeugung zu geben hoffe, daß, soweit es irgend wie in dem freien Willen der Centralbehörden liegt, die Bedeutung dieser krankenpflegenden Ge⸗ nossenschaften anerkannt wird, und daß deshalb, soweit es möglich ist, den Genossenschaften die Wege geebnet werden für eine gedeihliche Entfaltung ihrer Thätigkeit. 8

Ich wende mich zu den Ausführungen des letzten Herrn Vor⸗ redners über die Organisation des Medizinalwesens. Ich kann dem Herrn Vorredner nur dankbar sein für die große organisa⸗ torische und anregende Thätigkeit, welche er in seiner Stellung außer⸗ halb dieses Hauses auf diesem Gebiet entfaltet und ich verstehe auch, daß es ihn beunruhigt, wenn die Bestrebungen, von denen er weiß, daß ich mich zu ihrem Träger gemacht habe, nicht so raschen Erfolg haben, wie er wünscht. Ich habe kein Geheimniß daraus gemacht, daß ich einen Entwurf fertig gestellt habe, durch welchen die beiden Richtungen, welche der Herr Vorredner angedeutet hat, zum Gegenstande einer Segeexeen Durcharbeitung gemacht sind, also einmal die Organisation des ärzt⸗ lichen Standes und sodann die Organisation des ärztlichen Beamten⸗ thums, bei gleichzeitiger allgemeiner Einführung von örtlichen Gesund⸗ heitsorganen. Man kann hier vielleicht auch sagen: gut Ding will Weile haben. Es ist ihm vielleicht bekannt, daß mein Entwurf inner⸗ halb der Staatsregierung eirculirt Ich würde mich sehr freuen, wenn die warme Befürwortung, welche der Hr. Abg. Graf meinen Bestrebungen hat zu Theil werden lassen, auch in Erfüllung gehen möchte und ich im nächsten Etat in der Lage wäre, allerdings unter Erforderung neuer und nicht ganz unerheblicher Mittel, einen Gesetz⸗ entwurf vorzulegen, der alle die Wünsche erfüllt, die der Hr.

zu jeder Zeit einig. . Der Abg. Nobbe erklärte die Zustimmung der Reichs⸗

und Blut stützten, dem sie ihre materiellen und intellek⸗

Graf und seine Standesgenossen hegen.