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Die Nummer 6 der Gesetz⸗Sammlung, welche von heute ab zur Ausgabe gelangt, enthält unter
Nr. 9034 das Gesetz, betreffend die Kündigung und Um⸗ wandlung der 4 ½ v konsolidirten Staatsanleihe. Vom 4. März 1885; und unter
Nr. 9035 die Verfügung des Justiz⸗Ministers, betreffend
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die Anlegung des Grundbuchs für einen Theil des Bezirks
des Amtsgerichts Flensburg. Vom 3. März 1885. Berlin, den 9. März 1885. 1
Khnigliches Gesetz⸗Sammlungs⸗Amt. Didden. —
Richtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 9. März. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute nach den militärischen Meldungen den Vortrag des Geheimen Civilkabinets entgegen und empfingen sodann den Grafen zu Solms⸗Laubach.
Nachmittags 5 Uhr findet zur Feier des Allerhöchsten Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers von Rußland bei Ihren Majestäten ein größeres Diner statt.
— Ihre Majestät die Kaiserin und Königin wohnte gestern dem Gottesdienst in der Kapelle des Augusta⸗ Hospitals bei.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm am Sonnabend Vormittag 11 ¼ Uhr mi⸗ Uitärische Meldungen entgegen und empfing um 1 Uhr den General⸗Feldmarschall Grafen von Moltke.
Gestern Mittag 12 Uhr empfing Höchstderselbe militärische Meldungen. 1
Nachmittags 5 Uhr fand bei den Kronprinzlichen Herr⸗ schaften ein kleineres Familiendiner statt.
Abends wohnten Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz und Se. Königliche Hoheit der Prinz Christian zu Schleswig⸗ Holstein der Vorstellung im Opernhause 1“ 82
1“
— Die vereinigten Ausschüsse des Bundes raths für Fesegessen und für Rechnungswesen sowie die vereinigten
usschüsse desselben für das Landheer und die Festungen und für Justizwesen hielten heute Sitzungen.
— Die Schlußberichte über die vorgestrigen Sitzungen des Reichstages und des Hauses der Ab⸗ eordneten befinden sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (62.) Sitzung des Reichstages, welcher der Vize⸗Präsident des Staats Ministeriums Staats⸗ Minister von Puttkamer, die Staats⸗Minister von Boetticher und von Scholz sowie mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath nebst Kommissarien desselben beiwohnten, ertheilte der Präsident vor Eintritt in die Tagesordnung dem Fürsten Radziwill zu der Erklärung das Wort daß die Behauptung des Abg. Bebel, ein Hauptmann Prinz Radziwill habe auf einer Treib⸗ jagd einen Soldaten angeschossen, Ebenso sei es nach Erkundigungen, die er eingezogen habe, ausgeschlossen, daß gegen ein anderes Mitglied seiner Familie eine Klage auf Entschädigung angestrengt sei.
Das Haus setzte darauf die zweite Berathung des Ent⸗ wurfs eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des Zoll⸗ tarifgesetzes vom 15. Juli 1879, fort, und zwar wurde zunächst die am Sonnabend abgebrochene Debatte über den Antrag Ausfeld und Gen. wieder aufgenommen.
Bei Schluß des Blattes ergriff der Staats⸗Minister von Scholz das Wort.
— In der heutigen (36.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Minister des Innern von Putt⸗ kamer, der Finanz⸗Minister von Scholz, der Justiz⸗Minister Dr. Friedberg und der Minister der öffentlichen Arbeiten Maybach nebst Regierungskommissarien beiwohnten, stand auf der Tagesordnung die Fortsetzung der zweiten Berathung des Entwurss des Staatshaushalts⸗ Etats für 1885/86, und zwar wurde zunächst der Nach⸗ trags⸗Etat berathen.
Namens der Budgetkommission beantragte der Bericht⸗ erstatter, Abg. von Tiedemann⸗Bomst:
Den Gesetzentwurf, betreffend die Feststellung eines Nachtrags
zum StaatshaushaltsEtat für das Jahr vom 1. April 1885/86
nebst dem dazu gehörigen Nachtrags⸗Etat unverändert zu genehmigen.
Das Haus trat diesem Beschlusse ohne Debatte bei.
Hierauf wurde auch das Etatsgesetz und das Anleihe⸗ gesetz ohne Debatte unverändert angenommen.
Es folgte die dritte Berathung des Entwurfs eines Ge⸗ setzes, betreffend wegepolizeiliche Vorschriften ür die Provinz Schleswig⸗Holstein mit Aus⸗ nahme des Kreises Herzogthum Lauenburg.
In der Generaldiskussion gab der Abg. von Rauchhaupt dem Wunsche Ausdruck, daß ein ähnliches Gesetz nach vor⸗ hergehender Anhörung der Provinzial⸗Landtage auch für die übrigen Provinzen vorgelegt werden möchte.
Von einem Regierungskommissar erfolgte die Antwort, daß ein weiteres Vorgehen in dieser Richtung bereits in Aus⸗ sicht genommen sei.
In der Spezialberathung wurden hierauf die einzelnen Paragraphen des Gesetzes und sodann das ganze Gesetz unver⸗ ändert angenommen.
Das Haus berieth an letzter Stelle den Rechenschafts⸗ bericht über die Verwendung der flüssig gemachten Bestände der im §. 94 der Hinterlegungsordnung vom 14. März 1879 bezeichneten Fonds und der im §. 95 Abs. 3 daselbst erwähn⸗ 72 Gelder für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember
Der Rechenschaftsbericht wurde durch Kenntnißnahme für erledigt erklärt. mürn 12 ³¾ Uhr vertagte sich das Haus auf Dienstag
— Sendet Jemand an einen Anderen einen Brief, in welchem er diesen auffordert, einen Dritten in einem gericht⸗ lichen Verfahren, bei welchem Dritte als Zeuge figuriren soll, zum Meineide zu verleiten, so hat er sich nach einem Urtheile des Reichsgerichts, I. Strafs., vom 4. Dezember v. J., durch die bloße Absendung des Briefes, selbst wenn der Brief durch einen Zufall nicht an seine Adresse gelangt,
der Begründung entbehre.
—
des vollendeten Unternehmens der Verleitung zum Meineide (§. 159 des Strafgesetzbuchs) schuldig gemacht.
— Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Königlich württem⸗ bergische Wirkliche Geheime Kriegsrath Horion ist von hier wieder abgereist, und der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Landes⸗Direktor des Fürstenthums Waldeck und Pyrmont, von Saldern, hier angekommen.
— Der Inspecteur der Kriegsschulen, General⸗Lieutenant von Schlippenbach, hat sich auf Inspizirungsreisen egeben.
— Nach einer Allerhöchsten Ordre vom 12. v. M. hat
— die Einstellung von Offizier⸗Aspiranten beiden Train⸗
Bataillonen fortan in Wegfall zu kommen, und ist dem⸗ entsprechend der §. 16 der Dienstvorschriften für den Train im Frieden vom 15. Januar 1874 abzuändern.
— Zur Theilnahme an dem heute begonnenen 20tägigen militärärztlichen Operationskursus ist von der Armee und Marine eine größere Anzahl Assistenzärzte kom⸗ mandirt worden und hier eingetroffen.
— S. M. S. „Ariadne“, 9 Geschütze, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Chüden, ist am 8. März d. J. in Teneriffa eingetroffen und beabsichtigte, am folgenden Tage die Heimreife fortzusetzen.
Kiel, 7. März. (W. T. B.) Laut Kabinetsordre vom 3. März sind im Laufe des Frühjahrs in Dienst zu stellen: 1) das Panzerschiff „Bayern“, das Torpedo⸗Fahr⸗ zeug „Mücke“ zu Versuchs⸗ und Uebungszwecken; 2) eine Anzahl von Torpedobooten, das Panzerfahrzeug „Brummer“, der Aviso „Blitz“ als Torpedobootsflotille, das Torpedo⸗ Schulschiff „Blücher“, für welches das Fahrzeug „Ulan“ als Tender in Dienst gestellt, wird zeitweise der Flotille bei⸗ gegeben; 3) die Kreuzer⸗Fregatte „Stein“, die Kreuzer⸗Korvette „Sophie“ als Freiwilligen⸗Schulschiffe, zu welchem Zweck auch die „Olga“ weiter verwendet wird; 4) die Kreuzer⸗Korvette „Luise“ und die Brigg „Musquito“ als Schiffsjungen⸗Schul⸗ schiffe; für denselben Zweck bleiben nach der Heimkehr im Dienst die Kreuzer⸗Korvette „Ariadne“ und die Brigg „Rover“; 5) der Aviso „Grille“ und das Fahrzeug „Drache“ zu Vermessungszwecken in der Ost⸗ und Nordsee; 6) der Aviso „Pommerania“ zur Ueberwachung und zum Schutz der Fischerei in der Nordsee; 7) das Fahrzeug „Hay“ als Tender für das Artillerie⸗Schulschiff; 8) Torpedo⸗Fahrzeug „Rhein“; 9) das Kanonenboot „Cyklop“ zu politischen Zwecken.
Hessen. Darmstadt, 7. März. (W. T. B.) Die Zweite Kammer nahm mit 26 gegen 12 Stimmen bezüglich der Weinsteuer den Antrag des Ausschusses an: die Re⸗ gierung wolle die Frage der Besteuerung von Weineinlagen Privater erwägen und eine Vorlage machen, wenn dies ohne Einführung allgemeiner Bezettelung möglich sei. Alle an⸗
Anträge fielen dadurch weg. 8 1
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 6. März. (Wien. Ztg.) m Abgeordnetenhause beantwortete heute der Minister⸗ Präsident Graf Taaffe die Interpellation der Abgg. Wiesen⸗ burg und Genossen, betr. hZa Recht sverhältniß dgs Wiener Versatzamtes. S⸗dann mulle d Spezialdebatte eber das Budget fortgesezt. Dieselbe nahm große Dimensibnen an; insbesondere veranlaßte der Titel „Centralleitung“ des Etats des Ministeriums des Innern eine lebhafte Diskufston, in welche auch der Minister⸗Präsident eingriff.
— (Wien. Ztg.) Der Kronprinz Erzherzog Ru⸗ dolph ist mit Gefolge in besonders zur Verfügung gestellten Wagen am 5. März in Damascus eingetroffen. Sechs Stunden vor Damascus wurde derselbe von einer Kavallerie⸗ Escadron empfangen. Daselbst waren beim Eintreffen des Kronprinzen zwei Bataillone mit Musik zum Empfange auf⸗ gestellt. Fast die ganze Bevölkerung drängte sich in den Straßen zusammen, um den hohen Gast zu begrüßen. Der Kronprinz stieg in einem Privathotel ab, besichtigte die Stadt und bestieg das Minaret der großen Moschee. Zu Ehren desselben führten 40 arabische Reiter des Bavia⸗Stammes ein Scheingefecht mit Lanzen aus.
— „W. T. B.“ meldet ferner aus Damascus u. d. 9. März: Der Kronprinz und die Kronprinzessin von Oesterreich⸗Ungarn begaben sich vorgestern nach Bahri, wohnten dort einem Reiterspiel der Beduinen bei. Abends kehrten dieselben hierher zurück und setzten dann gestern früh die Reise nach Beyrut fort, wo Ihre Kaiser⸗ lichen Hoheiten heute Mittag einzutreffen gedenken, um sich sofort auf dem „Miramar“ nach Athen einzuschiffen.
Pest, 6. März. (Wien. Ztg.) Der Finanz⸗Ausschuß des Abgeordnetenhauses nahm die Vorlage betreffs Vermehrung der Kupferscheidemünze an. Im Lauf der Debatte verwies Referent Hegedüs auf die Nachtheile des Guldens als Geldeinheit und proponirte die Einführung des Franks⸗ oder Mark⸗Systems. Der Finanz⸗Minister Graf Szapary erwiderte: er werde die Angelegenheit zum Gegen⸗ stande des Studiums machen. Harkanyi schloß sich den Aus⸗ führungen Hegedüs an und beantragte seinerseits, auch Nickel⸗ metall für Scheidemünzen zu verwenden, was jedoch Graf Szapary als undurchführbar bezeichnete.
Niederlande. Luxemburg. Luxemburg, 4. März. (Köln. Ztg.) Der Staats⸗Minister hilges hat gestern vor der Kammer folgende Erklärung verlesen:
Die Gründe der Veränderung im Regierungsrath sind Ihnen bekannt. Eine Meinungsverschiedenheit der Mitglieder über die Erwerbung der Prinz⸗Heinrich⸗Eisenbahn hat den Rücktritt des Herrn von Blochausen zur Folge gehabt. Den drei andern Mit⸗ gliedern hat der König⸗Großherzog sein Vertrauen bewahrt. Die jetzige Zusammensetzung des Kabinets bekundet den Weg, den die Regierung in der Führung der Staatsangelegenheiten einhalten wird: Bewahrung der Zuneigung des Volkes zu seinem Herrscher und seinem Lande, und freisinnige Anwendung der Verfassung und der Felcz⸗ im Geiste der Klugheit und einsichtsvollen Mäßigung, welche die Gesetzgebung des Großherzogthums kennzeich⸗ nen, Unparteilichkeit und Gewissenhaftigkeit in der Behandlung der Sachen, Achtung und Versöhnung aller berechtigten Interessen. Die Ansätze des Budgets bestimmen den regelrechten und streng innezuhal⸗ tenden Gang der Verwaltung für das laufende Jahr. Wir werden nicht davon abweichen. Unser ganzer Eifer ist diesem Programme zugewandt. Möge es uns gelingen, zur sittlichen und materiellen Entwicklung unseres theuren Vaterlandes beizutragen und zu diesem Zwecke uns die Unterstützung der hochgeehrten Versammlung zu ver⸗ dienen, die den Interessen des Landes so warm ergeben ist. Wenn die Einheit die Kraft der Nationen, so ist das Einverständniß zwischen den Staatsgewalten die sicherste Bürgschaft des Fortschritts. In
der Arbeit der Kammer wird eine Unterbrechung nicht eintreten
König⸗Großherzog hat die Gesetze, die Sie im Laufe dieser Session bereits angenommen haben, sofort genehmigt und dadurch der Ver⸗ sammlung und ihrer Vaterlandsliebe ein Vertrauenszeugniß gegeben. Die Ihnen vorliegenden Gesetzentwürfe hält die Regierung aufrecht. Wir bitten Sie also, Ihre Arbeit fortzusetzen und zu Ihrer Tages⸗ ordnung überzugehen.
Großbritannien und Irland. London, 7. März. (W. T. B.) Ein Communiqué des Kriegs⸗Mini⸗ steriums bezeichnet das Gerücht, daß General Wols eley’8 Gesundheit angegriffen sei, als unbegründet; dieselbe sei vielmehr vollkommen zufriedenstellend.
— 9. März, früh. Die„Times“ sagt: die Beziehungen Englands zum Auslande hätten sich während der letzten Tage merklich gebessert; Graf Herbert Bismarck ver⸗ lasse heute London mit dem Bewußtsein, zur Herstellung eines guten Einvernehmens zwischen der englischen und deutschen Regierung wesentlich beigetragen zu haben.
Die t „Daily News“ bestätigen, daß die englische Regierung in St. Petersburg die Zurückziehung der jenseits der Grenzen Afghanistans be⸗ ndlichen russischen Truppen verlangt habe, und fügen hinzu: es werde damit von Rußland nichts weiter verlangt, als was dasselbe Eng⸗ land gegenüber wiederholt feierlich versprochen habe. Von dem zwischen den beiden Kabinetten fortdauernden Meinungs⸗ austausch werde die Lösung der Frage abhängen.
Frankreich. Paris, 5. März. (Köln. Ztg.) Der Ministerrath faßte heute seine Beschlüsse betreffs der vom Senat am Budget vorgenommenen Veränderungen. Denselben zufolge wird der Kultus⸗Minister die Wieder⸗ herstellung eines Kredits für die Domherren befürworten, aber die Verringerung des vom Senat bewilligten Kredits verlangen und sich verpflichten, keine neue Er⸗ nennung im Jahre 1886 vorzunehmen. Die Aufrecht⸗ erhaltung des Kredits für die geistlichen Seminarien wird er ebenfalls befürworten, jedoch hinzufügen, daß es der letzte sein werde, den man für diesen Zweck verlange. Die Be⸗ soldungen der algerischen Bischöfe will der Minister aufrecht⸗ halten, weil sie durch ein Abkommen mit dem Vatikan fest⸗ gestellt seien. In Betreff der Verringerung der Besoldung des Erzbischofs von Paris wird die Regierung der Kammer
volle Freiheit lassen.
— 6. März. (Köln. Ztg.) Der Generalbericht⸗ erstatter trug heute dem Kammer⸗Budgetausschuß seinen Bericht über das vom Senat zurückgesandte Budget vor. Dieser Bericht erkennt dem Senat das Recht zu, von der Kammer eine zweite Berathung über das Budget zu verlangen, stellt aber den Grundsatz auf, daß diese zweite Berathung endgültig sei. Der Senat würde sich daher vor dem in einer zweiten Be⸗ rathung gefaßten Beschlusse beugen müssen. Von den durch den Senat hergestellten Krediten nimmt der Ausschuß nur zwei an, nämlich die, welche die Gerichte erster Instanz und die Appellationshöfe betreffen. — Die republikanische Ver⸗ einigung (Gambettisten) berieth heute ebenfalls über das Budget und schloß sich in Betreff der finanziellen Rechte der Kammer, wie sie aus dem Art. 8 der Verfassung entspringen, den Beschlüssen des Budget⸗Ausschusses an. — In den Wandelgängen des Palais Luxemb ourg, dem Sitze des Senats, wurde diese Haltung der Deputirtenkammer lebhaft besprochen, und die Senatoren haben beschlossen, auf keinen Vergleich einzu⸗ gehen, vielmehr ihre finanziellen Rechte aufrechtzuerhalten und vor einem Streit mit der Kammer nicht zurückzuschen— Die Regierung wird sich bei der ganzen Sache neutral v.. halten und nur die Wiederherstellung derjenigen Kredite ver⸗ langen, die auf einer diplomatischen Abmachung beruhen oder durch das Konkordat bedingt find.
— 7. März. (W. T. B.) In einem von der „Agence Havas“ veröffentlichten Communiqué wird das Gerücht, daß in Marseille die Cholera ausgebrochen sei, formell dementirt und bemerkt, daß gegen diejenigen Zeitungen, welche derartige falsche Nachrichten verbreiten, gerichtlich werde eingeschritten werden.
Gegen 20 Ausländer ist wegen ihrer Betheiligung an den jüngsten öffentlichen Kundgebungen vom Polizei⸗ Präfekten die Ausweis ung verfügt worden. Darunter sind 16 Deutsche, 2 Italiener, ein Pole und ein Russe.
Die Bureaus des Senats nahmen heute die Wahl der Kommission für den Zolltarif für Cerealien vor. Von den Gewählten sind 6 der Regierungsvorlage günstig; 3 sind für höhere Eingangszölle, als in der Regie⸗ rungsvorlage beantragt worden.
In der Deputirtenkammer interpellirte Baron Soubeyran heute die Regierung über den Geldumlauf. Er suchte darzuthun, welche Gefahren die Immobilisirung des Silbergeldes im internationalen Austausch mit sich bringe, und sagte: das Silber verliere dadurch ein Fünftel seines Werthes und könne daher nur noch zum Umlauf im Innern eines einzelnen Landes dienen. Deutschland habe nach 1870 das Silber zu demonetisiren gesucht, habe aber davyn Abstand ge⸗ nommen, weil dies ein unmögliches Unternehmen sei. Man müsse daher den Bimetallismus zulassen. Hr. von Soubeyran meinte, die allgemeine Krisis komme namentlich von dem Mangel einer Silbergeld⸗Cirkulation her. Der neue Präsident der Vereinigten Staaten schlage vor, die Prägung von Silber zu suspendiren, was eine beträcht⸗ liche Entwerthung und neue Beunruhigungen des Handels zur Folge haben würde. Das einzige Mittel dagegen sei, den Silberumlauf auf breiter Grundlage wiederherzustellen. Baron Sonbeyran stellte schließlich einen Antrag, in welchem die Wiederaufnahme der Unterhandlungen zu einer baldigst zu berufenden Münzkonferenz empfohlen wird. Der Finanz⸗Minister Tirard sagte, daß, wenn man überall den doppelten Münzfuß einrichten könnte, damit der ganzen Welt ein sehr großer Dienst erwiesen sein würde; dem stünden aber Schwierigkeiten im Wege. Die Konferenz des lateinischen Münzbundes trete am 15. April zusammen; sie werde sehen, ob sie einen Wiederzusammentritt der Münzkonferenz von 1881 in Anregung bringen könne; aber bei den auseinandergehenden Ansichten der Mächte sei kaum auf eine Einigung zu rechnen. Er bitte Hrn. von Soubeyran, seinen Antrag, dem er sich nicht wiedersetze, den er aber nicht für opportun halte, zurückzuziehen. Der Antragsteller kam diesem Wunsche nach.
General Briere de l'Isle meldet aus Tuyen quan in einer Depesche vom 3. d. M., 4 Uhr Nachmittags, daß er mit der ersten Brigade daselbst eingetroffen und daß die Belagerung aufgehoben worden sei. 8
— 8. März. (W. T. B.) Eine weitere Meldung de Generals Brière de l' Isle fügt hinzu, daß er in einem Defilé vor Tuyenquan auf Schwarzflaggen und die
Arm e von Nunnan in stark verschanzter Stellung gestoßen
sei, mit der er einen heftigen Kampf bestanden habe. In der Nacht vorher habe der Feind die Belagerung aufgehoben. Die französische Besatzung von Tuyenquan habe nach Oeffnung einer Bresche sieben Sturmangriffe ausge⸗ halten und dem Feinde große Verluste zugefügt. General Negrier habe chinesische Forts an der Grenze sowie bedeutende Mengen von Munition und Magazine zerstört. Wie dem „Temps“ aus Hanoi, von heute, gemeldet wird, sind die chinesischen Verschanzungen vor Tuyen⸗ guan erst nach zweitägigen Kämpfen genommen worden. Die Chinesen, welche den hartnäckigsten Widerstand leisteten, wurden vollständig geschlagen und erlitten sehr bedeu⸗
tende Verluste.
Italien. Rom, 7. März. (W. T. B.) Die Nachricht, daß der Oberst Ceresa, welcher sich gegenwärtig in Tunis aufhält, eine offizielle Mission nach Tripolis habe, wird von der „Agenzia Stefani“ mit dem Bemerken in Ab⸗ rede gestellt, daß Ceresa, der vor vielen Jahren aus dem italienischen Militärdienst ausgetreten sei, zu seinem Ver⸗ gnügen reise. .
Dem „Moniteur de Rome“ zufolge wird das nächste Konsistorium zur Besetzung vakanter Bischofs⸗ und Erzbischofssitze in der Charwoche stattfinden.
Amerika. Washington, 5. März. (Allg. Corr.) Während der heutigen Berathung in der Vollzugssitzung des Senats über die von Hrn. Cleveland nominirten Ka⸗ binetsmitglieder erhob Hr. Riddleberger Einwand gegen die Ernennung des Hrn. Bayard zum Minister des Aus⸗ wärtigen „wegen der G desselben in Bezug auf die irische Frage und besonders auf die Dynamitfrage.“ Er habe persönlich nichts gegen ihn, jedoch seiner Meinung nach sei Hr. Bayard mehr Engländer als Amerikaner. Da Hrn. Bayards Name der erste auf der Liste war, wurde die Be⸗ rathung über die Nominationen den Regulationen des Senats
gemäß vertagt.
Süd⸗Amerika. Argentinien. Buenos⸗Ayres, 7. März. (W. T. B.) Der Finanz⸗Minister de la Plaza hat sein Entlassungsgesuch eingereicht und der Präsident hat dasselbe angenommen.
Afrika. Egypten. Alexandria, 6. März. (Allg. Corr.) Hier eingelaufenen Berichten zufolge herrscht in Suakim Wassermangel. 1
Korti, 6. März. (A. C.) Der Dampfer „Nasif Kheir“ stieß, während er mit einer Anzahl von Verwundeten auf dem Wege nach Abufatmet war, wegen des niedrigen Wasserstandes des Nils auf einem Felsen auf und erlitt be⸗ deutenden Schaden. — Die Kameellastträger⸗Abtheilung wird morgen von hier aufbrechen, um den Truppen auf dem Marsche behülflich zu sein.
Merawi, 6. März. (A. C.) General Bracken⸗ bury’'s Kolonne ist hier angekommen. b
— (W. T. B.) Aus Suakim, vom 8. März, wird ge⸗ meldet: die durch die Kavallerie in der Umgegend vor⸗ genommenen Rekognoszirungen hätten die Anwesenheit feindlicher Streitkräfte in Stärke von etwa 10 000 Mann ergeben.
Zeitungsstimmen.
Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ schreibt:
In den freihändlerischen Argumentationen gegen die vorgeschlagene Erhöhung der Holzzölle kehrt stets die Behauptung wieder, die in Folge dessen zu erwartende Steigerung des Holzwerthes werde zur
evastation des „deutschen Waldes“ Anlaß geben, und schon um des Schutzes des Waldbestandes willen sei die Erhöhung abzuweisen.
Man wird zunächst bei Erörterung wirthschaftlicher Fragen wohl kaum von der Voraussetzung ausgehen dürfen, das der in Rede stehende Betrieb von der Mehrzahl der in Frage stehenden Per⸗ sonen betrieben werden könne unter Außerachtlassung der wirthschaft⸗ lichen Grundregeln, nach denen ein guter Haushalter überhaupt zu verfahren hat. Waldwirthschaft kann je nach den örtlichen Ver⸗ hältnissen nur in gewissen langschichtigen Umtriebsfristen betrieben werden, und ein Waldbesitzer, der ein Erhebliches über die Grenze der Schlagbarkeit hinausgreifen wollte, würde zunächst seinen eigenen Geldbeutel schädigen, da er unreife, minderwerthige Hölzer schlagen würde und so gewissermaßen die Henne, welche die goldenen Eier legen soll, schlachtete. Auch ganz abgesehen davon, daß der weitaus größte Theil des deutschen Waldes im Besitze der Staaten, Städte, Korporationen ꝛc. ist und nach Grundsätzen bewirth⸗ schaftet wird, die den Gedanken an die Möglichkeit einer Devastation ausschließen, würde also ein wirthschaftlich verfahrender Privatbesitzer selbst durch Steigerung der Holzpreise kaum zu einer Devastation seines Waldes verführt werden. Wer aber den
Stolz gerade der kleineren bäuerlichen Besitzer auf einen schönen Bestand kennt, wer weiß, daß gerade in Privatforsten viel öfter der Fehler gemacht wird, schlagreife Hölzer überstehen zu lassen und un⸗ reife zu schlagen, der wird kaum die Ansicht theilen, daß eine De⸗ vastation den deutschen Wald als Folge der Holzzollerhöhung be⸗ drohen dürfte.
Vielmehr liegt die Sache gerade umgekehrt, und zwar wieder ganz abgesehen vom Staats⸗ ꝛc. Besitz. Der Privatwaldbesitzer, der heute eine dem Betriebe nach zum Abholzen kommende Fläche herunter⸗ schlägt, der heute die Erfahrung macht, daß seine zu Nutzholzzwecken
geeigneten Hölzer keinen Markt finden, der solche also zu Brennholz
verarbeiten und zu dieser Verwerthung entsprechenden Preisen ver⸗ kanufen muß: wird ein solcher Privatbesitzer — sei es nun ein großer
oder ein kleiner — wohl sehr geneigt sein, die abgeholzte Fläche wieder anzuschonen? Hat nicht gerade die Erfahrung gelehrt, daß diese Verhältnisse eine beträchtliche Fläche eigentlichen Holzbodens der Holzzucht entzogen haben und noch entziehen, daß bestenfalls auf der⸗ elben eine wenig wirthschaftliche Benutzung als Acker ꝛc. stattfindet, nderenfalls aber dieselbe Dedland wird? Würden aber die vorgeschlagenen Holzzölle zur Folge haben, aß die im Auslande vorgearbeiteten und dort fast fir und fertig verwendbar hergestellten Nutzhölzer aller Art unseren Markt weniger berflutheten, so würde doch voraussichtlich als erste Folge eintreten, aß unsere Holzhändler und Holzkonsumenten sich in den deutschen Wäldern umsehen würden, ob denn nicht dort der Nutzholzbedarf zu ecken sei. Daß und zwar auch in der Mehrzahl unserer Staatsforsten die Nutzholzprozente noch einer erheblichen Steigerung fähig sind, arüber besteht auch auf freihändlerischer Seite kein Zweifel; ver⸗ weist man doch von dort aus gerade die Waldbesitzer darauf, durch ine derartige Steigerung könnten sie ihre herabgesunkene Waldrente rhöhen. Gelangt aber ein größerer Theil des schlagbaren Holzes zur Verwendung als Nutzholz, als heute, so erhöhen sich damit ganz von selbst die Einnahmen der Waldbesitzer, ohne daß eine Erhöhung der Holzpreise an sich einzutreten braucht, und gerade diese Möglichkeit dürfte verhüten, daß als Folge einer Zollerhöhung eine Holzpreis⸗ steigerung eintritt. b Darin beruht ja aber gerade die Gefahr der Devastation, wird man uns einwenden wollen. Nein, im Gegentheil, denn — wirth⸗ schaftliches Gehahren vorausgesetzt — wird der Waldbesitzer, um die von seiner Waldwirthschaft beanspruchte Rente zu erzielen, weniger
Holz zu schlagen brauchen als heute, wo er einen größeren Theil nur als Brennholz verwerthen kann.
Wie nun jetzt im Auslande die Bearbeitung unseres Nutzholz⸗ bedarfs am Standorte oder in der Nähe desselben erfolgt, so wird sie in Zukunft eben dort, in oder am deutschen Walde erfolgen können und gerade dieser Umstand bildet das Hauptargument für die Holz⸗ zollerhöhung. Der Regel nach sind unsere Waldgegenden die ärmeren Landestheile, und diesen schaffte man durch Holzzollerhöhung Arbeit.
So gehen auch hier wieder trotz Allem, was gegnerischerseits be⸗ hauptet werden mag, die Interessen der Besitzenden und der Ar⸗ beitenden Hand in Hand. —
Setzt man also nicht geradezu unwirthschaftliches Gebahren Seitens der Waldbesitzenden voraus, so wird die freihändlerischerseits so stark betonte Devastationsgefahr kaum ernst zu nehmen sein, und der ‚deutsche Wald“ wird dem deutschen Volke nicht nur Gegenstand der Verehrung und Liebe sowie Ort der Erholung nach wie vor bleiben können, sondern er wird, mehr noch als das, eine bessere Brotstelle für Viele zu bilden vermögen. 1 5
Auf diese Gesichtspunkte gelangt man übrigens allmählich auch in Kreisen, die als spezielle Holzhandelsinteressenten betrachtet werden müssen. Das „Centralblatt für Holzindustrie“ kritisirt eine Eingabe der Holzzollgegner an den Reichstag Punkt für Punkt und schließt seine Betrachtung:
Das Eine lassen wir uns jedoch nicht bestreiten: für die allge⸗ meine Wohlfahrt des Landes ist es ersprießlicher, jene Millionen, welche alljährlich nach dem Auslande wandern, als Zahlung für Holz, für Arbeits⸗ und Transportlöhne, bleiben dem deutschen Vaterlande erhalten, werden diesem zugewendet und kommen dem deutschen Waldbesitzer, Arbeiter und Verturanten zu Gute, als daß sie ins Ausland wandern. .
Und wir trauen jedem deutschen Holzhändler soviel Patriotismus zu, daß er das, was er im Vaterlande haben kann, nicht vom . beziehen wird, nur um des Ruhmes willen: „Importeur“ zu heißen.
„Wer also den deutschen Wald wirklich schützen will, der wird weit eher für, als gegen die Holzzoll⸗Erhöhung einzutreten haben; wer aber die am deutschen Holze zu leistende Veredelungsarbeit unseren Arbeitern zuwenden will, der wird sich durch ästhetische und ethische nicht abhalten lassen dürfen, für die Holzzoll⸗Erhöhung einzutreten.
— Dem „Allgemeinen Holzverkaufsanzeiger“ wird aus Hamburg, 24. Februar, berichtet:
Bei Gelegenheit der heute hierselbst abgehaltenen ersten Auktion über Mahagoni⸗, Nußbaum⸗ und sonstige amerikanische Hölzer, welche aus allen Theilen Deutschlands von Käufern ausnahmsweise stark besucht war, wurde auch die schwebende Holzzollfrage angeregt.
... Nachdem von dem hiesigen beeidigten Messer und Makler auf die Wichtigkeit der Zollfrage hingedeutet und der Hauptzweck der Versammlung klar gelegt war, daß nämlich durch die bevorstehende Erhöhung des Zolles auf das 7fache dem Holzhandel mit amerika⸗ nischen Hölzern eine empfindliche Last auferlegt werde und ferner durch die etwas unklare Fassung der Pos. 1 und 2 diesem Handel, weil durch die eigenartige Bewaldrechtung der amerikanischen Hölzer den Zollbeamten ein großer Spielraum zur Verwechselung der 2 Posi⸗ tionen geboten sei, ein weit größerer Schaden entstehen könne, wo⸗ gegen man energisch protestiren müsse und dieses in einer Petition an den Reichstag zum Ausdruck zu bringen sei, wurde der Vorsitz von einem hiesigen ersten Holzhändler, der per Akklamation gewählt wurde, übernommen.
Der Vorsitzende zeigte in einer längeren Auseinandersetzung auf die Unklarheit resp. Gleichheit in der Ausdrucksweise der Pos. 1 und 2 der Zollvorlage hin.
.. Die nächstfolgenden Redner waren durchgehends der Mei⸗ nung, daß der bislang existirende Zoll auf Holz zu gering sei, um in erster Linie als Zoll gelten und denselben einem Käufer in Rechnung stellen zu können; der Zoll ist daher bislang überwiegend von dem Händler getragen. Ferner herrschte überwiegend die Mei⸗ nung, daß scharfkantig besägte Hölzer, wie ste in Pos. 4 aufgeführt werden mit ℳ pro 50 kg in keinem Ver⸗ hältniß stehen zu Pos. 2, denn dadurch, daß besägtes Holz und namentlich wenn gehobelt durch den Trockenprozeß mindestens bis zu 50 % am Gewicht verliert, wäre es hier angebracht, statt 2 ℳ einen Zoll von 4 ℳ zu erheben, nur dadurch wäre es möglich, die in letzter Zeit in großen Massen von Amerika hier an den Markt ge⸗ brachten Schnitthölzer (Bohlen, Dielen und Quadrathölzer) wieder zu verdrängen, und sei es gewiß gerechtfertigt, daß in der Petition diese Position auf 4 ℳ zu erhöhen beantragt werde. Von anderer Seite war man hingegen der Meinung, daß es ge⸗ rathener wäre, nicht auf die verschiedenen Punkte in der Vor⸗ lage aufmerksam zu machen, sondern die Vorlage ihren Gang gehen zu lassen, welchen aufzuhalten auch wohl schwerlich durch eine Petition zu erreichen sei, denn der Zoll sei leicht zu tragen und werde mit Freuden begrüßt, ja selbst eine Verwechse⸗ lung der Pos. 1 und 2 wäre noch so schlimm nicht und wenn man den höchsten Zoll bezahlen müsse, so würde das auf den Preis des Holzes (amerikanisches) von wenig Einfluß sein. ... Nachdem noch verschiedentlich darauf zurückgekommen war, daß, falls der Zoll dennoch wie beantragt im Reichstage durchgesetzt werde, auch diese Eventualität auf den Handel mit amerikanischen Hölzern von sehr geringem Einfluß sein würde, jedoch der Zoll wie beantragt auf Schnittwaaren für amerikanische Hölzer viel zu niedrig sei, wurde zur Beschlußfassung der Petition geschritten, welche zu solgendem Resultat führte, der hohe Reichstag möge beschließen:
Außereuropäische Nutzbölzer, welche in der Richtung der Längsaxe behauen unter Pos. 1 als mit 40 ₰ pro 50 kg zu normiren.
Do. Nutzhölzer scharfkantig besägt Pos. 4 mit einem Zoll von 3 ℳ gegen 2 ℳ per 50 kg zu belegen. 1
egen Ermäßigung des beantragten Fournierzolls einzukommen hielt man, wegen der erwähnten Bedenken als nicht rathsam und wolle man hierin eine abwartende Stellung einnehmen.
Die Petition wurde von sämmtlichen Anwesenden unterzeichnet und beschlossen, hiervon schleunigst einige Hundert Abdrücke zu machen und diese an sämmtliche Holz⸗ und Fournierhändler Deutsch⸗ lands zur Unterschrift zu senden.
— Zu der Abstimmung des Reichstages über den Haferzoll wird der „Karlsruher Zeitung“ geschrieben:
Die Ablehnung der in der Zolltarifnovelle vorgeschlagenen Er⸗ höhung des Zolls für Hafer auf 2 ℳ vom Dovppel⸗Centner in der Sitzung des Reichstages am 18. Februar dieses Jahres hat in der landwirthschaftlichen Bevölkerung ziemliches Auf⸗ sehen erregt. Mun kann nicht recht verstehen, warum die Majorität, welche die Erhöhung der Weizen „ und Roggen⸗ zölle beschloß, gerade beim Hafer ihre Mitwirkung ver⸗ sagte. Von einem Bundesraths⸗Kommissär wurde in der Debatte mit Recht hervorgehoben, daß die Bedenken, welche bei den Weizen⸗ und Roggenzöllen wegen ihrer etwaigen Rückwirkung auf die Ernäh⸗ rungsverhältnisse der ärmeren Bevölkerung erhoben worden seien, beim Hafer in keiner Weise zutreffen. Der Haferbau spielt bekanntlich in Deutschland nach dem Roggen die vornehmste Rolle; seine Anbaufläche beträgt rund 3 770 000 ha, diejenige des Weizens nur etwa 2000 000 ha. In Baden sind mit afer 60 000 ha angebaut. Da derselbe ganz vorwiegend den 21 der Pferdehaltung dient, so pflegt Seitens der Klein⸗ und mittelbäuerlichen Wirthschaften, in welchen man die Gespannarbeiten in der Regel mit Ochsen oder Kühen verrichtet, so ziemlich das ganze geerntete Quantum zum Verkauf gebracht zu werden. Gerade dieser Theil der landwirthschaftlichen Bevölkerung ist daher an den Preisen für Hafer im Allgemeinen viel mehr inter⸗ essirt, als an denjenigen für Weizen, Roggen oder Spelz, weil bei letzteren Früchten immer ein Theil der Ernte, in kleineren Wirthschaften meist die ganze Ernte in der eignen Haus⸗ haltung zum Verzehr gelangt. Denn die Sitte, das Brodgetreide zu
den sogenannten Kundenmühlen zu fahren, um ein entsprechendes
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Quantum Mehl nebst der Kleie zurückzunehmen, ist in vielen Theilen Süddeutschlands auch heute noch üblich. In ein⸗ zelnen rauheren Gegenden ist neben dem Erlös aus der Viehhaltung der Hafer vielfach das einzige Verkaufsprodukt. Die Zufuhren von Hafer haben sich in den letzten Jahren sehr gemehrt und mögen für 1884 sich auf sieben Millionen Centner belaufen. Im Interesse der landwirthschaftlichen Bevölkerung, namentlich Südwest⸗ deutschlands, wäre daher zu wünschen, wenn in der dritten Lesun
der Vorschlag der Reichsregierung nachträglich eine Majorität au
sich vereinigen würde. Bei der bedeutenden Einfuhr von Hafer ist
auch die finanzielle Wirkung der vorgeschlagenen Erhöhung nicht gering anzuschlagen. — 8½ 8
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Landtags⸗Angelegenheiten.
Der von dem Hause der Abgeordneten genehmigte Entwurf eines Gesetzes, betr. die Feststellung eines Nachtrags zum Staatshaushalts⸗Etat für das Jahr vom 1. April 1885/56, hat folgenden Wortlaut: 8
Wir Wilhe m, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc. verordnen, unter Zustimmung beider Häuser des Landtags der Monarchie, was folgt:
6 1 Der diesem Gesetze als Anlage beigefügte Nachtrag zum Staats⸗ haushalts⸗Etat für das Jahr vom 1. April 1885/86 wird in Einnahme auf . .. 1 309 186 ℳ 1n11X.“*“ 1 festgestellt und tritt dem Staatshaushalts⸗Etat für das Jahr vom 1. April 1885/86 hinzu.
§ 2.
Die Staatsregierung ift ermächtigt, die Verwaltung der Braun⸗ schweigischen und Halle⸗Sorau Gubener Eisenbahn im 4. Quartale des Etatsjahres 1885/86 nach Maßgabe der aufgestellten Spezial⸗ etats der betreffenden Bahnen für das Jahr 1885 zu führen.
Diese Spezialetats und der Spezialetat der Münster⸗Enscheder Eisenbahn für das Jahr vom 1. April 1885/86 dienen auch der Ober⸗Rechnungskammer als Grundlage für die Prüfung der Rechnungen für das Jahr vom 1. April 1885/86 und für die Aufstellung der an den Landtag zu erstattenden Bemerkungen.
§ 3.
Der Finanz⸗Minister ist mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragt.
Die Einnahme setzt sich, wie folgt, zusammen: Kap. 4 Tit. 6. Die Eisenbahnabgabe vermindert sich durch die Verstaatlichung der Braunschweigischen und der Halle⸗Sorau⸗Gubener Bahn um 60 328 ℳ Außerdem kommen aus demselben Grunde in den Etat des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten noch 916 950 ℳ in Ab⸗ gang. Dagegen treten die Betriebsüberschüsse der beiden oben⸗ genannten Bahnen mit 1 901 702 ℳ und 384 752 ℳ aus der An⸗ leihe hinzu, wodurch sich bei der Einnahme ein Zugang von 1 309 186 ℳ bildet. 8
Bei den dauernden Ausgaben verminder der Altona⸗Kieler Bahn um 1 451 350 ℳ und de die Münster⸗Enscheder Eisenbahn um 94 500 ℳ Dem steht eine Erhöhung des Betriebszuschusses für diese Bahn und die Verzinsung und Amortisirung des Schleswigschen Eisenbahnunternehmens mit 746 170 ℳ Zugang gegenüber. 1
Bei den Eisenbahnkommissariaten kommen 2250 ℳ, die bisher für Beaufsichtigung der Braunschweigischen Bahnen gezahlt wurden, in Abgang. Die Dotationen (öffentliche Schuld) erhöhen sich um 1 514 946 ℳ Zinsen derjenigen 39 745 050 ℳ Eisenbahnschulden, welche durch den Umtausch der Aktien der Schleswigschen, der Münster⸗ Enscheder und der Halle⸗Sorau⸗Gubener Eisenbahn hinzutreten, und um 17300 ℳ zur Verzinsung derienigen Staats⸗Schuldverschreibungen welche nach Maßgabe der Spezialgesetze zur Beschaffung von Baar mitteln zur Deckung von Baukosten der Schleswigschen und de Halle⸗Sorau⸗Gubener Eisenbahn auszugeben sein werden.
Bei dem Ministerium des Innern treten 20 970 ℳ für einen weiteren Polizeikommissarius und weitere 12 Schutzmänner in Frankfurt a. M. hinzu.
Im Ganzen stellt sich der Zugang bei den dauernden Ausgaben auf 833 186 ℳ 1 .
Dazu kommen noch 476 000 ℳ einmalige und außerordentliche Ausgaben zum Ankauf des Antheils des Grafen Henckel von Donners⸗ marck an der Steinkohlengrube Guido bei Zabrze, einschließlich der ihm gehörigen zwei Freikuxen. Hierüber bemerkt der Etat:
„Wie aus der Begründung des im Jahre 1883 dem Land⸗ tage vorgelegten Gesetzentwurfes, betreffend den weiteren Erwerb von Privateisenbahnen für den Staat, beigegebenen Denkschrift (Seite 18 und 52) hervorgeht, besitzt die Oberschlesische Eisenbahngesellschaft die
älfte der 122 gewerkschaftlichen Kuxe der Steinkohlengrube Guido ei Zabrze, während die andere Hälfte dem überdies noch auf 2 freie Grundkuxe berechtigten Grafen Guido Henckel von Donnersmarck zu⸗ * steht. Eäbres der letztere als Mitgewerke bezüglich der Verwaltung der Geülbe auch in allen den Kostenpunkt betreffenden Angelegenheiten gleichberechtigt mit der Oberschlesischen Eisenbahngesellschaft ist, hat er gemäß eines mit dem Rechtsvorgänger dieser Gesellschaft seiner Zeit abgeschlossenen Vertrages baare Beiträge zu den Kosten des Betriebes der Grube nicht zu leisten, die Betriebskosten sind vielmehr voll von der Oberschlesischen Eisenbahngesellschaft vorzuschießen, der Art, daß der Mitgewerke die auf seinen Grubenantheil fallende Kosten⸗ hälfte erst als erstatteten Verlag von der auf seine gewerkschaftlichen Kuxe kommenden Ausbeute sich in Anrechnung bringen zu lassen hat.
Die Oberschlesische Eisenbahngesellschaft, welche in Folge dieses Verhältnisses bereits rund 3 600 000 ℳ vorgeschossen hat und in den nächsten Jahren noch weitere erhebliche Beträge würde vorschießen müssen, ist hiernach zunächst der allein zahlende Mitgewerke, während der andere Mitgewerke in die Verwaltung einzugreifen be⸗ rechtigt ist, ohne für eine lange Reihe von Jahren an dem finanziellen Ergebniß des Grubenbetriebes unmittelbar interessirt zu sein.
Eine Lösung dieses unzuträglichen Verhältnisses liegt im Inter⸗ esse beider Mitgewerken. Dieselbe im Wege des Verkaufes der fiskalischen Kuxe an den Grafen Henckel oder einen sonstigen Käufer berbeizuführen, ist bei der Höhe der Seitens der Oberschlesischen Eisen⸗ bahngesellschaft vorgelegten und noch in Aussicht stehenden Zubußen nicht gusführbar. Es bleibt also nur der Weg des Ankaufs der Graf Henckelschen Kuxe für die Oberschlesische Eisenbahngesellschaft bezw. für den Fiskus.
Bei den in diesem Sinne eingeleiteten Verhandlungen hat der Graf Henckel von Donnersmarck, unter der Voraussetzung des Zustandekommens des Geschäftes bis zum 1. April d. J., für die ihm gehörigen gewerkschaftlichen 61 Kuxe den Betrag von 456 000 ℳ Ee 7475 ℳ pro Kux) und außerdem für die beiden ihm als
rundherrn zustehenden Freikuxe je 10 000 ℳ, zusammen 476 000 ℳ gefordert.
Dieser Preis erscheint nach der von der Königlichen Eisenbahn⸗ direktion und dem Königlichen Ober⸗Bergamt zu Breslau auf⸗ gestellten, eingehenden Ermittelung nicht zu hoch.
Die Guido⸗Grube ist mit einem Felde von einer Fundgrube und zwölfhundert Maaßen = 1 033 138 qm verliehen, erstreckt sich von Südwest nach Nordost etwa 1600 m lang und grenzt in letzterer Richtung an das Feld der siskalischen Königin Louise⸗Grube. Sie baut, wie letztere, die Flötze Schuckmann = 9,0 m, Heinitz = 3,8 m, Reden = 4,5 m und Pochhammer = 6,0 m mächtig, welche der Längenerstreckung des Feldes ziemlich parallel streichen.
Die jetzigen Baue bewegen sich über der 168 m Sohle, auf welcher zwei Schächte (zur Förderung und zur Wasserhaltung) stehen. Ein dritter Schacht ist in Folge bergpolizeilicher Anordnung in Angriff genommen. Am 1. Januar 1885 enthielt das Feld 8 258 000 t ge⸗ winnbare Kohlen, deren Förderung sich nach dem aufgestellten Betriebs⸗ plane bis zum Jahre 1908 bewerkstelligen läßt. Bei Annahme eines Betriebsüberschusses von 1 ℳ pro Tonne, wie er auf der angrenzenden
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Königin Louise⸗Grube thatsächlich erzielt wird ergiebt sich