spiels in den Klubs u. s. w., das Lotteriespiel, wie es bei uns regulirt worden ist, dasjenige welches am wenigsten die Leidenschaften anregt oder die Neigung und Fähigkeit zur Arbeit abnützt.
Im gegenwärtigen Falle aber handelte es sich um alle diese Er⸗ wägungen gar nicht. Die Lotterie besteht und besteht als staatliche Einnahmequelle nicht blos in Preußen, sondern auch in anderen deutschen Bundesstaaten, nur mit dem Unterschiede, daß diese einen großer⸗ wo nicht den größten Theil ihrer Loose nach Preußen absetzen,
eil hier dem Bedarf an Loosen nicht entsprochen wird.
. ob Preußen seine eigenen Einnahmen oder die Ein⸗ ahmen Sachsens Hamburgs u. s. w. steigern soll, ist daher sicherlich heine Frage der Ethik, und wir halten die Abweisung der Forderung aus Gründen der Ethik durchaus nicht für gerechtfertigt. Noch be⸗ fremdlicher aber erscheint uns die Stellungnahme Derjenigen, welche die Frage der Loosvermehrung mit der der Lehrerpension in Verbin⸗ dung brachten, also die Ausgleichung der ethischen Bedenken in dem praktischen Effekt suchten. 1
Wir anerkennen die gute Absicht; aber dieselbe kann einen poli⸗ tischen Mißgriff nicht rechtfertigen.
Gewiß ist die Regelung des Lehrerpensions⸗Wesens ein Wunsch, welcher jedem am Herzen liegt; aber eben deshalb sollte man nicht den Schein auf sich laden, als bedürfe die Regierung eines besonderen Sporns, um sich der Sorge für den Lehrerstand zu widmen; als ob der Sorge genügt werden könnte, wenn für bestimmte Ansprüche auf ungewisse Einnahmen verwiesen wird!
— Die „National⸗Zeitung“ bemerkt zu der von dem Abg. Richter am Sonnabend gehaltenen Rede:
. . Herr Richter suchte den gestrigen Appell des Reichskanzlers an das Nationalgekühl abzuschmwächen oder zurückzuweisen. Er be⸗ diente sich dazu einiger Citate aus einer Rede des Hrn. von Ben⸗ nigsen vom Jahre 1882, nach der Ablehnung des Tabackmonopols; als damals Fürst Bismarck ebenfalls über einen Rückgang des Na⸗ tionalgefühls geklagt, hatte Hr. von Bennigsen dargelegt, wie wenig Anlaß dazu in jenem Augenblicke war. Der Unterschied zwischen der da⸗ maligen Situation und der heutigen ist doch wohl offenbar. Ob das Monopol einzuführen oder eine andere Form der Tabackbesteuerung vorzuziehen sei, das war eine steuertechnische Frage, deren Entschei⸗ dung im einen oder anderen Sinne nur im Unmuth als Gradmesser für die Stärke des Reichsgedankens konnte ausgegeben werden. An dem Widerstande gegen die Kolonialpolitik und gegen die Förderung des überseeischen Verkehrs überhaupt ist das Traurige aber der Um⸗ stand, daß diese Politik zwar dazu angethan ist, über Steuer⸗, Zoll⸗ und ähnliche Fragen hinweg, die Parteien zu der zeitweiligen Einigkeit zusammen zu führen, die in einem jungen Reiche doppelt nothwendig ist als Gegengewicht wider die unvermeidlichen Meinungs⸗ verschiedenheiten, daß jedoch von links und aus dem Centrum her Alles aufgeboten wird, um jeden solchen Zusammenklang der nationalen Empfindungen zu einem vollen und starken Tone zu verhindern. Es ist uns unbegreiflich, wie Männer, deren politischer Ruf in ihrer Thätigteit auf dem linken Flügel der großen nationalliberalen Partei von 1863 bis 1879 wurzelt, eine solche Politik mitmachen oder auch nur gewähren lassen können
Dasselbe Blatt berichtet aus Adelaide:
Vor mir liegt die Nr. 3 des siebenunddreißigsten Jahrgangs der „Australischen Zeitung“, ausgegeben in Adelaide am 21. Januar dieses Jahres.
Den Leitartikel des Blattes bildet ein drei Spalten langer Bericht über die Feier der Wiedergeburt des Deutschen Reichs, welche in der Alberthalle des Deutschen Klubs in Adelaide am Sonnabend, den 17. Januar, stattfand. Dazu war der Saal mit deutschen Fahnen und Laubgewinden ausgeziert. Tafelmusik lud die Gäste zu Tisch. Hr. Balk eröffnete die Feier mit einem Prolog. Am Schluß desselben hob sich der Vorhang und man erblickte die Bronze⸗Bildsäule des Kaisers Wilhelm in einer ge⸗ schmackvoll geordneten Gruppe von tropischen Pflanzen. Der Statue des Kaisers gegenüber war das in der Kolonie von einem jungen Künstler, Hrn. Bohne, meisterhaft gemalte Bild des Reichskanzlers im Laubschmuck aufgestellt. Der Vorsitzende, Hr. Dr. Mücke, brachte den ersten Trinkspruch aus, der in loyaler Weise der Königin von Eng⸗ land, der Beherrscherin des Landes, gewidmet war. Derselbe hielt auch die Festrede des Abends, in welcher er ein Bild der Einigung und Erhebung Deutschlands entwarf. Der Schluß derselben lautete: „Hoch Deutschland! Hoch Kaiser Wilhelm! Hoch unser Fritz, hoch Bismarck, hoch Moltke und alle Mitwirkende, und hoch das deutsche Heldenheer!“ Die Ansprache ist erfüllt von freudigem Stolz, wie der ganze Bericht über das Fest. Wenn nun solche Stimmen aus so weiter Ferne zu uns herüberschallen, so kommen wir unwillkürlich dazu, uns zu fragen, welch' ein Echo wohl in eben dieser Ferne die wegwerfenden Urtheile über deutsche Politik und über deutsche Kolonial⸗ politik im Besonderen wecken, die wir jeden Tag bei uns zu Hause hören. Doch das brauchen viele unter uns nicht zu fragen. Sie haben es vernommen von manchem Landsmann, der in der letzten Zeit von „draußen“, wie der übliche Ausdruck lautet, über das Welt⸗ meer nach Deutschland gekommen ist. Dieses „Draußen“ ist ein Wort, das dem Hörer ans Herz geht, auch wenn diejenigen, die es gebrauchen, sich nicht viel dabei denken mögen.
Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 11. — In⸗ halt: 71. und Steuerwesen: Veränderungen in dem Stande oder den Befugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen. — Bankwesen: Status der deutschen Notenbanken Ende Februar 1885. — Konsulatwesen: Erxequaturertheilung. — Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete.
Armee⸗Verordnungs⸗Blatt. Nr. 5. — Inhalt: Uebun⸗ gen des Beurlaubtenstandes für das Etatsjahr 1885/86. — Nachträge zum Exercierreglement für die Kavallerie und zur Instruktion für die Waffenübungen der Kavallerie. — Zeichnungen des Trainmaterials. Anrechnung der Fütterungszeit auf die Dauer der Vorspann⸗ eistung. 8
Amtsblatt des Reichs⸗Postamts. Nr. 8. Inhalt: Verfügungen: vom 2. März 1885. Einrichtung von Kassen bei den preußischen Justizbehörden; vom 10. März 1885. Eröffnung der Post⸗ Dampschiffahrt auf der Linie Stettin⸗Kopenhagen.
„Justiz⸗Ministerial⸗Blatt. Nr. 11. — Inhalt: Allge⸗ meine Verfügung vom 2. März 1885, betreffend die Zuständigkeit der Justizbehörden in Anstellungsangelegenheiten. — Allgemeine Ver⸗ fügung vom 3. März 1885, betreffend den Erlaß der Instruktion für die Verwaltung der Etatsfonds bei den Justizbehörden. — Allge⸗ meine Verfügung vom 4. März 1885, betreffend die bei den Justiz⸗ hehörden als Lohnschreiber beschäftigten Civilpensionäre und Warte⸗ geldempfänger. — Allgemeine Verfügung vom 6. März 1885, be⸗ treffend die Gebühren für die den Gerichtsvollziehern von preußischen Staatsbehörden übertragenen Amtshandlungen.
FmeEaen e
Statistische Nachrichten.
Das erste Heft des Jahrgangs 1885 der Monatshefte zur Statistik des Deutschen Reichs hat folgenden Inhalt: 1) die im Laufe des Jahres 1884 ergangenen des Bundesraths über die gemeinsame Statistik des Deutschen Reichs, 2) die Ergebnisse der Ermittelung der landwirthschaftlichen Bodenbenutzung im Sommer 1883, 3) die deutsche See⸗ schiffahrt im Jahre 1883 bezw. am 1. Januar 1884, 4) Statistik der allgemeinen Wahlen für die sechste “ des Reichstages im Jahre 1884, 5) die deutsche Auswanderung nach überseeischen Ländern im Jahre 1884 und im Januar 1885, 6) Durchschnittspreise wichtiger Waaren im Großhandel für Januar 1885, 7) Ein⸗ und Ausfuhr der wichtigeren Waarenartikel im Januar 1885, 8) Uebersicht über die ver⸗
1“
GSewerbe und Handel.
In der Nacht vom 23. zum 24. Februar d. J. ist zu la Croix⸗ Rousse, einer Vorstadt von Lyon, eine Frau, Namens Marie Rigottier, ermordet worden. Von den Verbrechern sind 20 ver Ermordeten ge⸗ hörige Obligationen der Stadt Lyon entwendet worden, welche
folgende Nummern haben: I 192. 007 193. 007 194. 007 195. 007 196. 011 240. 666 885. 066 886. 066 887. 066 888. 066 889. 066 890. 080 445. 080 446. 080 447. 430 105.
569 078.
6066 904. 080 444. 569 077. Für den Fal⸗ daß diese Papiere in den Verkehr gebracht werden sollten, empfiehlt es sich, der nächsten Polizeibehörde hievon Mit⸗ theilung zu machen.
— In der Generalversammlung der Schlesischen Boden⸗ Kredit⸗Aktien⸗Bank vom 14. März cr. wurde die von der Direktion vorgelegte Bilanz genehmigt, die Dividende auf 6 % für das Jahr 1884 festgesetzt und der Verwaltung Decharge ertheilt.
—. Die Generalversammlung der Leipziger Kreditanstalt genehmigte sämmtliche Anträge des Aussichtsraths und setzte die Divi⸗ dende auf 9 ½ % fest.
— Dem Geschäftsbericht der Braunschweigischen Bank für das Jahr 1884 entnehmen wir Folgendes: Der flüssige Stand des Geldmarkts war von einer noch größeren Stetigkeit als in dem Vorjahre, denn der offizielle Bankdiskont hat während des ganzen Jahres keine Erhöhung erfahren, ist vielmehr unverändert 4 % ge⸗ wesen, während der Privatdiskont meist noch erheblich niedriger sich stellte. Die Zinseneinnahmen der Bank sind in Folge dessen auch hinter dem Vorjahre zurückgeblieben. An ihren Wechselforderungen an die in Zahlungsstockung gerathenen Strauß'schen Zuckerfirmen, deren Liquidation, soweit zur Befriedigung der Gläubiger erforderlich, durch die von der Gläubigerschaft ke⸗ stellten Vertreter so rasch als möglich herbeigeführt wird, glaubt die Bank keinen Ausfall zu erleiden. Was die einzelnen Positionen des Gewinn⸗ und Verlustkontos anlangt, so hat sich der oben er⸗ wähnte Zinsenausfall auf den Wechselkonten geltend gemacht, die einen Mindergewinn von 57 573 ℳ ergeben haben. Diese Differenz ist aber wesentlich verringert durch die Mehreinnahmen, welche auf allen übrigen Konten zu verzeichnen sind. Wenn die Gesammt⸗ umsätze mit 996 Millionen Mark gegen das Vorjahr mit 1043 Millionen Mark um 47 Millionen Mark zurückbleiben, so ist daraus keineswegs auf einen verringerten Umfang des Geschäfts zu schließen; die kleinere Summe findet vielmehr durch die Preisermäßigung der Bodenprodukte wie durch den verringerten Werth vieler anderen Handelsartikel genüzende Erklärung. Von dem Rein⸗ gewinn, welcher mit 578 138 ℳ gegen 1883 um 17 601 ℳ zurück⸗ bleibt, schlägt die Bank im Einverständniß mit dem Aufsichtsrathe vor, nach Abzug der Zuweisung an das Delkrederekonto im Betrage von 50 000 ℳ und der Abschreibungen 4 ¾ % pro Aktie als Dividende zu vertheilen und 6717 ℳ auf das laufende Jahr zu übertragen.
Glasgow, 14. März. (W. T. B.) Die Vorräthe von Robeisen in den Stores belaufen sich auf 589 000 Tons, vecs 593 900 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betrieb befindlichen Hochöfen 92, gegen 97 im vorigen Jahre.
New⸗York, 14. März (W. T. B.) Der Werth der Waareneinfuhr in der vergangenen Woche betrug 8 656 000 Doll., davon 2 119 000 Doll. für neue Weißwaaren.
Submissionen im Auslande.
Ftalien. “
rz Ausrüstungsdirektion des 1. Seedeparte⸗ 8 Spezia. Lieferung von Droguen, Farben, Pinseln und Schwämmen. Voranschlag: 93 593,57 Lire. Kaution: 9400 Lire. 2) 28. März, Mittags 12 Uhr. Schiffsbaudirektion des 1. See⸗ departements zu Spezia. Verschiedene Werkhölzer und Gegenstände aus Holz. Voranschlag: 54 879,34 Lire. Kaution: 5500 Lire. 9 Näheres an Ort und Stelle sowie im Marine⸗Ministerium zu om.
Verkehrs⸗Anstalten.
Die „Neue Freie Presse“ brachte kürzlich eine Uebersicht über den Eisenbahnverkehr Oesterreich⸗Ungarns in den Mo⸗ naten Januar bis Dezember 1884, welchem wir nachfolgende Angaben entnehmen: Das Eisenbahnnetz der österreichisch⸗unga⸗ rischen Monarchie ist im Jahre 1884 um 1324 km gewachsen; davon entfallen 1024 km auf Oesterreich, 300 km auf Ungarn. Die Zahl der im Laufe des Berichtsjahres beförderten Passagiere bezifferte sich auf 55 705 860 Köpfe, die dafür erzielten Einnahmen betrugen 56183 113 Fl. Die Zahl der Reisenden hatte sich gegen das Vorjahr um 6 825 696 Köpfe gehoben, was eine Zunahme von 14 % bedeutet. Diesem Zuwachs steht eine Mehreinnahme aus dem Personenverkehre von 3 224 616 Fl. oder von 6,1 % gegen⸗ über. Per Passagier berechnete sich die Einnahme 1883 mit 108, für 1884 nahezu mit 101 Kreuzern. Der Frachtenverkehr des Jahres 1884 war um 2 564 922 t oder 4 % größer, die bezüglichen Einnahmen um 6 214 416 Fl. oder 3,2 % geringer als 1883; das beförderte Güterquantum von 66 381 260 t brachte nur eine Ein⸗ nahme von 185 687 328 Fl. Tarifreduktionen und die Verminderung des Exports haben den Frachttransport vieler Bahnen minder rentable Der Brutto⸗Ertrag per Kilometer⸗Bahnlänge
etrug 14 948 Fl. bei den gemeinsamen, 12 671 Fl. bei den öster⸗ reichischen und 6480 Fl. bei den ungarischen Bahnen, bezw. 4,7 — 5,7 — 2,7 % weniger als im Jahre 1883 Mit Rücksicht auf den Um⸗ stand, daß im Laufe des Berichtsjahres mehr als 1300 km neuer Bahnen, auf welchen der Verkehr noch wenig entwickelt ist, zuge⸗ wachsen sind, kann die Abnahme des mittleren Kilometer⸗Ertrages um 5,3 % als geringfügig betrachtet werden.
Bremen, 14. März. (W. T. B.) Die Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Rhein“ und „Fulda“ sind in New⸗ York eingetroffen, der erstere gestern Abend, der letztere heute früh.
Hamburg, 15. März. (W. T. B.) Der Postdampfer „Westphalia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packet⸗ fahrt⸗Aktiengesellschaft hat von New⸗York kommend, heute Morgen Seilly passirt.
Libau, 16. März. (W. T. B.) Gestern traf auf der biesigen Rhede der dänische Dampfer „Kjoebenhavn“ ein, welcher die Passage nach Riga nicht hatte ermöglichen können.
Reval, 14. März. (W. T. B.) Die Rhede ist ganz mit Treibeis bedeckt. Der deutsche Dampfer „Sirius“ blieb eine halbe Werst vor dem Hafen in dem Eise stecken, ebenso der englische Dampfer „Wintrope 5 Werst vor dem Hafen. In Baltischport ist der dänische Dampfer „Knud“ mit Hülfe des Bergungsdampfers durch das Treibeis in den Hafen gelangt.
Berlin, 16. März 1885.
Zum Besten der durch Erdbeben heimgesuchten Be⸗ wohner Spaniens ist im Uhrsaal und dem anstoßenden südlichen Korridor der Königlichen Kunst⸗Akademie seit Kurzem eine Ausstellung von Oelgemälden, Aquarellen, Handzeichnungen, Kupferstichen und Skulpturen eröffnet, die schließlich als Gewinne einer mit der Ausstellung verbundenen Lotterie zu dienen bestimmt sind. Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kron⸗ prinzessin, Höchstderen Hoher Initiative die Herausgabe des an dieser Stelle bereits besprochenen Albums von Skizzen und Zeich⸗ nungen spanischer Künstler zu demselben wohlthätigen Zweck zu danken ist, bat auch diesem Unternehmen der Künstlerschaft Höchst⸗ ihre huldvolle Theilnahme und örderung durch Ueberlassung eines von Ihr Selbst herrührenden Pastellbildes, einer mit sicherer
die Abtheilung der neueren Bildwerke des Königlichen Museums schmückt. Mit reichen und mannigfachen Gaben haben sich dazu Künstler und Künstlerinnen aus Berlin, Kassel, Dresden, Düsseldorf und Königsberg sowie eine Anzahl von Verlegern und Kunstfreunden an der Ausstellung betheiligt, so daß der Katalog derselben eine Reibe von 246 Nummern aufzählt. Den Arbeiten kleineren Umfangs, die selbst⸗ verständlich die überwiegende Mehrzahl bilden, den Skizzen, Entwürfen und Gipsabgüssen gesellen sich ansehnliche Aquarellen und Oelgemälde, statt⸗ liche Kupferstiche und Skulpturen in echter Bronze zu; unter den einen aber wie unter den anderen fehlt es so wenig an Stücken von hervor⸗ ragendem künstlerischem Werth, daß sich von dem Unternehmen der beste Erfolg erwarten läßt. Eine Besprechung der Ausstellung im Einzelnen vexbietet sich schon im Hinblick auf die Zahl der in ihr vereinigten Beiträge; ein kurzer Hinweis auf die bekannten und an⸗ gesehenen Namen, die in ihr vertreten sind, und auf einige wenige in dieser oder jener Hinsicht besonders hervortretende Stüͤcke wird genügen, ihren Charakter und das Interesse, auf das sie Anspruch machen darf, anzudeuten. Als ein Meisterwerk ersten Ranges ist vor Allem ein Gouachebild von Adolf Menzel zu nennen, dem der Künstler den bezeichnenden Doppeltitel „Baumstudie aus einem Atelierfenster; Morgen nach Fasching“ gab. Von hoch oben ickt man“ in eine Parkstraße, auf die Stämme und das dichte Gezweig der Bäume, die starr und kahl, bereift und verschneit in die grauverhangene Luft des eben dämmmernden kalten Wintertages aufragen, und auf die tief unten müde und überwacht entlangschreitenden oder auch hintaumelnden Figürchen der heimkehrenden Theilnehmer eines Maskenballs in bunten Kostümen mit darüber gezogenen modernen Mänteln und Röcken —, ein Bild, das in seiner ganzen Anlage so originell wirkt, wie es durch die schärfste Erfassung des vollen Lebens, durch die unvergleichliche. Charakteristik der landschaftlichen Stimmung und der winzigen Staffagefigürchen den Blick immer wieder von Neuem gefesselt hält. Zwei Kompositionen von echt monumentalem Gepräge bei lebensvoller Kraft der Gestal⸗ tung und von vornehmer Schönheit der Farbe bei edler und einfacher Zeichnung bieten sodann Geselschap und C. Gehrts, der Erstere in der Aquarellskizze seiner Allegorie der Nacht, der Letztere in der des Bildes der heiligen Elisabeth mit den ihre Gaben empfangenden Armen und Bedürftigen. Von Bleibtreu findet man die treffliche Zeichnung seiner „Schlacht bei Wörth“, von Plockhorst die Oel⸗ skizze zu dem in der National⸗Galerie befindlichen Porträt Sr. Majestät des Kaisers, von Freyberg ein frisch und lebendig gemaltes Reiter⸗ bildniß Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen, von A. v. Werner ein Kostümporträt, von Hünten eine charak⸗ teristisch aufgefaßte Husarenpatrouille. Unter den zahlreichen Genre⸗ szenen sind die Kostümbilder von Knille und E. Hildebrand, eine Szene aus dem antiken Leben von Knackfuß und die echt moderne „Sommerfrische“ von Kraus, das meisterliche Pastellbild einer Fischerfrau aus der Gegend von Rotterdam von Skarbina, das Brustbild eines Kriegers von Ehrentraut, eine Oelskizze von Knaus, die ausgezeichnet beobachtete Figur eines Collekteurs, der vor dem Gitterthor eines herrschaftlichen Parks seine Liste studirt, von F. Werner und ein liebenswürdiges Bild von Dieffenbach, eine in abendlich gestimmter Sommerlandschaft unter einem Rosenstrauch dasitzende Kleine, hervorzuheben. Mit Studienköpfen verschiedenster Art haben sich u. a. Vautier, Pfannschmidt, Schrader, Spangenberg, Fehr, Gentz, C. Becker, Scheurenberg, F. Encke, A. v. Heyden und namentlich auch Gussow betheiligt, dessen jugendlicher, über die halb entblößte Schulter sich rückwärts wendender und den Beschauer lächelnd anblickender weib⸗ licher Kopf vor einem tief und reich getöntem Fond zu den malerisch glänzendsten Stücken der Ausstellung zählt. Von P. Meyerheim fesselt die Aquarelle eines im Käfig ruhig daliegenden Löwen, von Elise Hedinger ein farbenprächtiges Blumenstück, von Hildegard Lehnert ein delikat durchgeführtes zier⸗ liches Stillleben. Noch schwerer als bei den übrigen Gruppen ist es bei der großen Zahl der Landschaften das Bemerkenswertheste namhaft zu machen. Von Körner findet man das große, meisterlich durch⸗ geführte Bild der Alhambra mit ihren Gärten, das bereits die im vorigen Jahre zur Erinnerung an die spanische Reise Sr. Kaiser⸗ lichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen veranstaltete Aus⸗ stellung schmückte, von E eine in Pastellfarben gemalte ideale Landschaft mit der Staffage der Flucht nach Egypten, von E. Bracht ein Motiv aus dem Orient mit der großen Figur einer Wasserträgerin, die am steinigen Ufer in abendlicher Beleuchtung binschreitet, von Ed. Fischer ein fein und kräftig getöntes Lagunenbild in Morgen⸗ stimmung, von C. Ludwig eine charakteristische Hochgebirgslandschaft mit aufsteigenden Nebeln, von Müller⸗Kurzwelly eine energisch behandelte Partie aus einem Gebirgsdorf mit eben aufsteigendem Mond bei noch hell und klar dämmerndem Abendlicht, von Schnee ein breit und frisch gemaltes Bild des Klosters Michaelstein am Harz, von dem Grafen Harrach eine treffliche Gebirgspartie mit figuren⸗ reicher Staffage, von Andreas Achenbach ein Stranddorf in Mondscheinstimmung, von Oswald Achenbach einen Blick auf Capri, — beide Bilder von breiter, skizzenhafter Behandlung, von Pape eine desto sorglicher durchgeführte große Gebirgslandschaft, von Victor Freudemann die effektvolle Perspektive einer erleuchteten Straße, von Seel ein Architekturbild der Alhambra. Mit land⸗ schaftlichen Motiven in Oelgemälden sind dann ferner noch Amberg, Oeder, Irmer, Strützel u. A., mit trefflichen Aquarellen L. Spangenberg, Gude, P. Graeb, Breitbach, Schauß, Pflugradt, Teschendorff, Deiters, Dücker u. A., sowie A. Scherres jun. vertreten, der in sechs kleinen Bildchen eine dem Talent seines Vaters verwandte Begabung, aber, wie es scheint, ein lebendigeres koloristisches Gefühl bekundet. Eilers, Jacoby und Hans Meyer in Berlin, Kohlschein in Düsseldorf, L. Friedrich, ürkner und Langer in Dlresden, sowie der Verlagshändler Schuster haben zu den Gemälden, Aquarellen und Zeichnungen schließlich noch eine ansehnliche Kollektion von Kupferstichen, eine Reihe von Bildhauern eine Auswahl plastischer Arbeiten hinzugesellt, von denen wenigstens die verkleinerten Bronze⸗ nachbildungen der Kölner Bismarck⸗ und Moltke⸗Statue von Schaper der farbig behandelte Gipsabguß der Büste einer Negerin von E. Encke die elegante Figur des italienischen Lautenspielers von Diez, ein farbiges Majolikarelief aus dem Fries des Gräfe⸗Denkmals von Siemering, die zierliche Frauengestalt im Renaissancekostüm von Herter und die beiden interessanten, farbig bemalten Figuren eines Mandolinenspielers und einer Lautenspielerin von Landsberg erwähnt sein mögen.
Mit Bezug auf die Polizeiverordnung vom 26. März 1870, be⸗ treffend die Räumungstermine beim Wohnungswechsel in Berlin, macht der Polizei⸗Präsident für den bevorstehenden Wohnungswechsel bekannt, daß der nach §. 3 des Gesetzes vom 30. Juni 1834 am 1. April 1885 beginnende Umzug bei kleinen, aus höchstens 2 Zimmern nebst Zubehör bestehenden Wohnungen an dem⸗ selben Tage, bei mittleren, aus 3 bis 4 Zimmern nebst Zubehör be⸗ stehenden Wohnungen am 2. April, Mittags 12 Uhr, bei großen Wohnungen am 4. April beendigt sein muß.
Morgen Abend 8 Uhr veranstaltet Hr. Benno Stolzenberg im Saale der Sing⸗Akademie einen Liederabend.
Redacteur: Riedel.
Verlag der Expedition (Scholz). Druck: W. Sechs Beilagen (einschließlich 2 Börsen⸗Beilag 2
Berlin:
Isner.
(3774)
steuerten Rübenmengen, sowie über die Einfuhr und Ausfuhr von Zucker im Januar 1885G.) “ E““
Hand gemalten lebensgroßen Studie nach der Büste der schmerzens⸗
reichen Madonna bewiesen, die als Werk des Montanes Ma rtinen 82
von Helldorff habe
25 ö 2*
ilage
Erste Be schen Reichs⸗Anzei
Berlin, Montag, den 16. März
ger und Königlich Preußischen
vb“ 1885.
nas wane
wmnenüna—
Nichtamtliches.
Preußen. Berlin, 16. März. In der vorgestrigen (67.) Sitzung des Reichstages wurde die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffkend Postdampf⸗ schiffs⸗Verbindungen mit überseeischen Ländern auf Grund des Berichtes der VI. Kommission mit der Diskussion des §. 1 der Regierungsvorlage fortgesetzt.
Der Abg. Richter (Hagen) bemerkte, der Reichskanzler habe ganz praktisch und verständig gestern erklärt, daß derselbe auch eine einzige Dampferlinie dankbar annehmen werde und aus der Ablehnung der beiden anderen keine Kabinetsfrage machen wolle. Er habe es auch nicht anders erwartet. Aller⸗ dings habe der Reichskanzler damit das Verhalten der Kon⸗ servativen und Nationalliberalen in der Kommission, welche die Vorlage im Ganzen abgelehnt hätten, weil sie einen Torso, ein verstümmeltes Werk, die Annahme nur der ostasiatischen Linie nicht annehmen könnten, scharf dementirt. Der Kanzler habe noch den anderen Grund für die Annahme einer einzigen Linie hinzugefügt, weil die Sache noch unfertig sei und durch die Erfahrung vielfach korrigirt werden müsse. Wenn also probiren besser sei als studiren, dann sei es doch richtiger, das Risiko nicht gleich so groß zu stellen und zuerst mit einer Linie Erfahrungen zu machen, um die Nachtheile ihrer mangelhaften Gestaltung zu verrin⸗ gern. Auch die Freunde der Vorlage, ja die Regierung
selbst hätten in der Kommission ihren Standpunkt in Bezug
auf die Ausführung im Einzelnen mehrfach geändert, nur dem Staatssekretär Dr. Stephan habe es niemals rasch genug gehen können; derselbe sei mit der Sache von vornherein fertig gewesen, und habe es als ein zweifelhaftes Vergnügen bezeichnet, 8 Wochen damit in der Kommission zu verbringen. Er betrachte aber dergleichen nicht vom Standpunkt des grö⸗ ßeren oder geringeren Vergnügens, sondern von dem der Pflichterfüllung, zumal der Staatssekretär erklärt habe, schon vor 10 Jahren diese Vorlage in seinem Ressort ausgearbeitet zu haben. Zehn Jahre habe also die Regierung gebraucht, um sich schluͤssig zu machen und da finde man die Zeit für die Vorprüfung des Reichstages zu lang. Der Abg. gestern die schlechten Erfolge des Subventionssystems in Frankreich durch den Mangel an Geschicklichkeit erklärt. Also das System an sich ver⸗ bürge nicht den Erfolg, es setze noch eine besondere Geschicklichkeit in seiner Anwendung voraus: um so mehr sei ihre Erprobung auf beschränktem Gebiete angezeigt, bevor man sich weiter engagire. Ueberdies seien, wie selbst die prinzipiellen Freunde der Vorlage anerkannt hätten, die Rhedereiverhältnisse gegenwärtig besonders bedenklicher Natur. Das Angebot von Seeschiffen sei größer als die Nachfrage nach Frachten, und durch die Ausführung dieser Vorlage werde das Angebot an Schiffen noch vermehrt werden. Wenn die Schiffe, die jetzt nach Asien und Australien gegangen seien, aus dieser Linie hinausgedrängt würden, müßten sie andere Frachten aufsuchen und würden dadurch den Preis der Frachten noch mehr herunterdrücken. Gerade aus diesem Grunde werde die Sympathie für das Unternehmen immer kühler, je mehr man sich dem Seestrande nähere, und die Begeisterung dafür mit der Entfernung vom Seestrande um so größer. Je mehr Schiffe jetzt unmittelbar neu eingerichtet würden, desto inten⸗ iver wuͤrden die Gefahren für die Entwickelung der Seeschiff⸗ Wenn man gleich ein viertel Dutzend Linien subven⸗ tionire, werde die Entmuthigung für die selbständige Entwicke⸗ lung der Rhederei natürlich viel stärker sein, als wenn man es mit einer einzigen Linie bewenden lasse. Ueber die Finanzfrage habe sich der Abg. von Helldorff sehr leicht hin⸗ weggesetzt, indem derselbe mit einer gewissen Mißachtung von den Kalkulatoren gesprochen habe. Ja, wer im Privathaus⸗ halte nicht Einnahmen und Ausgaben kalkulire, den hole sehr bald der Exekutor, und wenn man im öffentlichen Haushalte ebensfo verfahre, trage man zur Vermehrung der Steuern bei, die auch vielfach nur durch den Exekutor oder durch Gewalt beigetrieben werden könnten. Der Abg. von Helldorff ver⸗ weise auf die vielen neuen Millionen, die das Reich durch die jüngst bewilligten Zölle bekommen habe. Die Kon⸗ servativen im Abgeordnetenhause hätten aber ganz anders ge⸗ sprochen. Sie rechneten so wenig darauf, daß von diesen Millionen den Finanzen der Einzelstaaten etwas zu Gute komme, daß sie zwei Mal im Abgeordnetenhause den Versuch gemacht hätten, die Einnahme Preußens durch Vermeh⸗ rung des öffentlichen Glücksspiels aufzubessern. Von einer Seite sei im Abgeordnetenhause ein Gesetz, be⸗ treffend die Altersversorgung der Lehrer, eingebracht worden. Die Regierung habe aber zu verstehen gegeben, daß die dazu erforderlichen 2 oder 3 Millionen trotz der erhöhten Zölle nicht vorhanden seien, wenn man nicht dazu schreite, das Lotteriespiel zu erweitern, um diese beiden Millionen zu er⸗ halten. Hier handele es sich um die Bewilligung von 5 400 000 ℳ, beschränke das Haus diese Summe auf die Forderung von 1 700 000 ℳ für die ostasiatische Linie, so werde eine Summe verfügbar, die in Preußen in der Haupt⸗ sache hinreichen würde, jene immerhin noch kärgliche Pension für die Volksschullehrer aus der Staatskasse zu decken. Der Reichskanzler habe gestern eine eigenthümliche Theorie ent⸗ wickelt bezüglich der Verpflichtung des Staates, Millionäre ins Land zu ziehen im Interesse der Volkswohlfahrt. Ja, das hätten frühere Könige gethan; die Zeiten hätten sich aber geändert. Das Kapital sei heute unabhängig vom Wohnsitz des Besitzers, man habe die Form der Vergesellschaftung ge⸗ funden, und heute sei es nicht Sorge des Reichstages, mehr Kapital ins Land zu ziehen, er habe im Gegen⸗ theil die Befürchtung, daß zu viel Kapital aus dem Lande hinausgehe. Der Minister von Scholz habe mit Recht von einer Depression des Wirthschaftslebens gesprochen, welche das Herabgehen des Zinsfußes verursache und jene Befürch⸗ tung wahrscheinlich mache. Eine der Ursachen dafür liege in der fortgesetzten Beunruhigung von Handel und Gewerbe durch neue Steuern, neue Zölle, neue Wirthschaftsprojekte. Jetzt herrsche wieder eine neue Unruhe und Besorgniß vor der Verstaatlichung des Versicherungswesens, vor der Mono⸗ polisirung der Mobiliarversicherung. Es werde immer uf
den Vortheil der Vorlage für die Werftarbeiter, insofern die⸗
selben dadurch Beschäftigung erhalten würden, hingewiesen,
dieser Vortheil komme aber nur einem ganz begrenzten Kreis
von Arbeitern zu Gute, während alle übrigen ebenfalls zu
den Ausgaben beitragen müßten. Nach der Rede des Neichs⸗
kanzlers gestern habe er den Eindruck gehabt, ob es nicht an⸗
gemessen sei, das Gefecht damit abzubrechen. Der Reichskanzler
habe sich ja befriedigt erklärt, wenn nur eine Linie angenom⸗
men würde, daran könnte man dann Erfahrungen sammeln.
Diesen Standpunkt hätten schon seine Freunde, besonders der
Abg. Bamberger in der Kommission vertreten. Durch allseitigen
Kompromiß hätte man also leicht zur Annahme der öst⸗
asiatischen Linie kommen können. Er habe Namens seiner
politischen Freunde zu erklären, daß seine Partei, wie er
hoffe, einmüthig gegen die australische und afrikanische Linie
stimmen werde. In dem Maße, wie auch nur ein Stück
der australischen Linie in der Vorlage bleibe, verringerten sich
die Chancen auf Annahme der ostasiatischen Linie. Die australische Linie sei die theuerste von allen, sie koste allein an Subvention 2 ½ Millionen Mark, während die ganze Summe für alle drei nur 5 400 000 Mark betrage. Bei der afrikanischen und ostasiatischen Linie betrage der Reichs⸗ zuschuß 37 bis 38 Proz. der Gesammtkosten, bei der australischen Linie dagegen 53 Proz., und selbst wenn die Zweiglinie nach Samoa fortfiele, immer noch 50 Proz. Dagegen belaufe sich der Export nach Ostasien und Afrika auf je 31 Millionen Mark, nach Australien aber nur auf 14 Millionen Mark. In China werde sich die Bevöl⸗ kerung vielleicht an europäische Bedürfnisse gewöhnen. Die australische Bevölkerung sei dagegen zum größten Theil europäischen Ursprungs; sie sei an europäische Bedürfnisse bereits gewöhnt und damit auch zum größten Theil versehen. Australien habe bereits seine Eisenbahnen und richte seine Be⸗ dürfnisse nach seinem Mutterlande England. Die hohen Zahlen über die Einfuhr seien immer nur mit einer gewissen Klausel anzusehen; denn in diesen Importzahlen seien nämlich, da die australischen Provinzen gegen einander Schutzzölle hätten, die Einfuhren aus denselben mit eingerechnet. So seien z. B. in der Provinz Neu⸗Südwales die Einfuhrzahlen aus der Provinz Victoria mit einbegriffen. Die Importe für Neu⸗Südwales müßten sich dadurch ganz bedeutend reduziren. Auf Neu⸗Guinea sei der Gesundheitszustand ein so ungün⸗ stiger, daß man an eine Besiedelung im größeren Maße nicht denken könne. Es sei ja in den tropischen Gegenden überall so. Wo der Aufenthalt gesund sei, bringe der Boden nichts, und wo der Boden viel trage, sei der Aufenthalt ungesund. Die Engländer, die in dieser Beziehung doch „nicht dumm“ seien, hätten bisher eine Besiedelung von Neu⸗ Guineau nicht unternommen. Auch die Holländer begnügten sich mit ihrem Besitztitel von Nord⸗Guinea und hätten sich das Land von Weitem angesehen. Auch die Herren von Han⸗ semann und von Bleichröder würden sich hüten, das dortige Klima persönlich zu genießen. Er möchte sie auffordern, als die Pioniere der Kultur doch einmal selbst nach Neu⸗Guinea zu gehen, und das Klima zu probiren. Nun komme er zum australischen Export. 72 Proz. des ganzen Exports beständen in Wollen. Jetzt schon mache die australische Wolle der deut⸗ schen Konkurrenz. Begünstige man nun diesen Import von Wolle, so schädige man die Landwirthschaft und hebe damit wieder einen Theil der durch die Schutzzölle geschaffenen Be⸗ günstigungen auf. Nur ein Fünftel der im Inlande ver⸗ brauchten Wolle werde auch in Deutschland produzirt, die Verwendung der inländischen Wolle zur inländischen Woll⸗ fabrikation habe abgenommen. Man dürfe den Import australischer Wolle nicht noch begünstigen. Australien mache der deutschen Landwirthschaft aber nicht blos durch den Import von Wolle Konkurrenz, sondern auch durch den Import von Hammelfleisch, und dieser Punkt werde auch bei diesen Erörterungen außer Acht gelassen. Australien mache Deutschland zunächst wesentlich auf dem englischen Markt Konkurrenz in dem Erport deutscher Hammel. Dieser habe in den letzten Jahren abgenommen von 1 418 000 auf 1 335 000, darauf habe der landwirth⸗ schaftliche Minister in Verbindung mit der Einfuhr aus Australien gerade besonders aufmerksam gemacht. In der Kommission hätten die Regierungskommissare die Er⸗ klärung abgegeben, daß für einen direkten Verkehr nach Deutschland der Import der australischen Hammel nicht ren⸗ tabel sei, und hätten sich zum Beweise auf einen amtlichen Artikel in den Preußischen Handelsbüchern bezogen. Der Bericht sage genau das Gegentheil von dem, was derselbe beweisen solle. Dieser sage nämlich ausführlich, daß allerdings gegenwärtig, wenn man die Hammel indirekt über London aus Australien beziehen wolle, die Einfuhr in Folge der Um⸗ ladung in London noch nicht profitabel sei. Anders sei es aber und gerade das Gegentheil, wenn man sie direkt nach Deutschland transportiren könne, dann würden sich die direkten Transportkosten hierher nicht höher stellen, als gegenwärtig nach London. Was solle man nun noch einem Regierungskommissar glauben? Der austra⸗ lische Export habe erst im Jahre 1880 begon⸗ nen, und das so junge Unternehmen werde sich nach den erfreulichen Erfolgen immer weiter entwickeln. Der Abg. von Helldorff wolle sich hier damit helfen, daß derselbe im Nothfalle die Fleischzölle erhöhe, eine solche widerspruchs⸗ volle Politik wolle seine Partei doch nicht erst beginnen. Früher habe man das postalische Interesse in den Vorder⸗ grund gestellt; jetzt stelle es sich heraus, daß man auf dem Posthorn nur Zwischenaktsmusik gemacht habe bis der kolonial⸗ politische Vorhang in die Höhe gegangen sei. Der Staats⸗ Sekretär Dr. Stephan vertrete die Vorlage deshalb nicht mehr als Ressortchef, sondern als begeisterter Anhänger der Kolonial⸗ politik. Es stelle sich heraus, daß aus der ganzen australischen und ostasiatischen Linie nur 30 000 ℳ für die Post heraus⸗ gekommen seien. Die australischen Staaten hätten sich auch ohne diese Vorlage dem Weltpostverein angeschlossen. Mit der Linie nach dem australischen Festlande scheine man nach den Worten des Reichskanzlers vorläufig noch keine Kolonialpolitik
haupt erst bestimmt F
zu verbinden. Er verlange, daß mit der Kolonialpolitik über⸗ be bekannt werde. gb 11u““
auf die Stimmung des Landes und suche sie in Gegen⸗ satz zu seiner Partei zu bringen. Das sei wohl nicht am wenigsten in der Absicht geschehen, die Aufmerksamkeit von wichtigeren Dingen, wie die Zölle, abzulenken. Die Kolonial⸗ politik werde nicht von der Begeisterung des Volkes getragen das Volk wünsche nicht, daß das Haus dem Reichskanzler auf dem betretenen Wege der kolonialen Politik vorwärts treibe. Nach seiner Meinung sei man im Lande sehr vorsichtig mit pekuniärer Betheiligung an den überseeischen Unternehmun⸗ gen. Seien also die Privaten sehr vorsichtig mit ihrem eigenen Gelde, wie viel mehr habe der Reichstag Ver⸗ anlassung, mit den Mitteln des Reichs vorsichtig und spar⸗ sam umzugehen? Die Dampfer sollten sich nach den ursprüng⸗ lichen Absichten auf den Weltstraßen bewegen. Die deutschen Kolonien lägen indeß nicht an den Weltstraßen. Bei den Dampferlinien handele es sich ursprünglich darum, die großen verkehrsreichen Handelsplätze in direkte Verbindung mit den deutschen Handelsemporen zu bringen und auf diese Weise die deutschen Handelsbeziehungen zu erweitern und zu kräftigen. Die Verquickung der Dampfersubvention mit der Kolonial⸗ politik, wie neuerdings geschehen, widerspreche den ursprüng⸗ lichen Intentionen und stehe in keinem organischen Zusammen⸗ hange zu einander. Die Entwickelung der überseeischen Ver⸗ bindungen Deutschlands müsse selbständig erfolgen, ob später in einem gewissen Stadium der Entwickelung Subventionen gegeben werden sollten, könne bejaht werden, es werde dann aber die Frage sein, ob diese Subventionen nicht von den Interessenten getragen werden müßten. Vorläufig, wo in den sämmtlichen deutschen Kolonien noch nicht soviel Deutsche wohnten, wie in einem Berliner Hause, sei die große Sub⸗ vention nicht am Platze. Was bedeute, wenn die Export⸗ Industrie in buntem Papier auch noch so sehr durch die neue Kolonialpolitik und Dampfer⸗Subvention gesteigert werde, gegenüber dem durch die deutsche Zollpolitik provozirten neuesten österreichischꝛungarischen Zolltarif, welcher den deutschen wirth⸗ schaftlichen Verhältnissen zum größten Nachtheil gereichen müsse. Die deutsche Zollpolitik sei keine aktive, wie die Motive zur Vorlage gesagt hätten, sondern eine den deutschen Ausfuhrhandel zur Unthätigkeit verurtheilende. Der Reichskanzler sei wieder auf die Buntpapierindustrie zu sprechen gekommen. Man wisse ja, daß auch von dieser In-⸗ dustrie, wie von der Industrie der Maultrommeln Leute lebten, und er unterschätze sie nicht, aber er wolle sie nur nicht andern Exportgegenständen gegenüber überschätzen lassen. Wenn auch alle Japaner bei den Leichenfeierlichkeiten ihre feierliche Stimmung durch sächsische Buntpapierschnitzel ausdrückten, so entstehe der deutschen Industrie dadurch doch nicht so viel Nutzen, wie Schaden blos durch die jetzige österreichische Zoll⸗ novelle entstehe. Und diese Zollerhöhung sei direkt hervor⸗ gerufen durch die neueste Zolltarifnovelle, deren Nutzen man nicht verschaffen könne, ohne daß man zugleich die Schläge fühlen würde, die der neue österreichische Zolltarif Deutschland gebe. Er hätte gewünscht, daß man mit Oesterreich, auf dessen nahe Stammverwandtschaft gestern mit Recht hingewiesen sei, wieder die alten Wege wandelle, nicht blos in Bezug auf den Handels⸗, sondern auch in Bezug auf den Tarifvertrag, und er bitte, daß die Herren vor den Bewilligungen der dritten und bei den weiteren Bewilligungen der zweiten Lesung sich über⸗ legen wollten, welchen Schaden sie durch diese Zolltarifnovelle dem deutschen Export zufügen würden, indem die Verbindung mit den nächsten Nachbarn und den natürlichen Abnehmern gestört werde. Die augenblicklichen Konstellationen der auswärtigen Politik könnten seiner Meinung überhaupt nicht von Einfluß sein, wenn es sich um eine Bewilligung für 15 Jahre zu einer organischen Einrichtung mit rückwirkender Bedeutung sür das Land handele. So wenig die Regierung geneigt sein werde, einen Freihandelsvertrag aus Rücksicht auf die augenblickliche enen g. Konstellation zu schließen, so wenig könne man letztere bei einer Frage in Betracht ziehen, die für die ganze Entwickelung der inländischen Schiffahrt und Rhederei von Bedeutung sei. Im Uebrigen könne sich Niemand mehr als er darüber freuen, daß dem Reichskanzler die Herbeiführung einer Ver⸗ ständigung mit England gelungen sei. Der Abg. Windthorst habe Unrecht, wenn derselbe meine, Deutschland trenne eine tiefe Kluft von diesem Lande. Die letzten Nachrichten, theils vom Reichskanzler, theils aus öffentlichen Blättern, hätten jedoch bestätigt, daß beiderseits erkannt worden sei, daß keine vitalen Interessen beider Länder sich gegenüber gestanden hätten, daß sie so viel gemeinsame Interessen hätten, daß die zu seiner Freude erfolgte Vereinbarung über die Kolonial⸗ streitigkeiten in Neu⸗Guinea und Kamerun leicht erklärlich sei. Er würde diesen Vertrag jetzt mit einem Glück⸗ wunsch an den Reichskanzler für dessen jüngsten diplo⸗ matischen Erfolge schließen können, wenn er nicht ein Schlußkapitel anderer Art hinzufügen müßte, das ihm durch die Einlagen aufgenöthigt werde, welche der Reichskanzler ge⸗ wissermaßen zur besonderen Ehre des Tages seinem Vortrage hinzugefügt habe. Der Reichskanzler stimme, wie der Abg. Windthorst sich ausdrücke, ein Klagelied Jeremiä über den Rückgang der nationalen Bewegung an. Diese Klage selbst habe man auch schon früher gehört, neu sei nur diesmal ihre mythologische Einleitung und Verzierung gewesen, auf die der Reichskanzler gerade besonderen Werth zu legen scheine, und deren Nichtbeachtung in der Presse, im Parlament, im Publikum den Reichskanzler gewissermaßen beschwert habe. Man habe genau dieselbe Klage schon bei Gelegenheit der Be rathung des Tabackmonopols zu hören bekommen; auch da⸗ mals Rückgang der nationalen Bewegung, Parteihader, Ueber wuchern des Fraktionswesens ꝛc. Damals sei der Reichs⸗ kanzler sogar noch weiter als gestern gegangen, derselbe habe damals eine Reaktivirung des alten Bundestages in Aussicht gestellt. Da sei es Hr. von Bennigsen gewesen, der am 15. Juni 1882 dem Reichskanzler eine Antwort gegeben habe, die demselben zwar am Schlusse das Zischen der Rechten, desto lebhafteren Beifall aber auf der Linken eingebracht habe. Hr. von Bennigsen habe gesagt, des Reichskanzlers Klage sei nicht berechtigt aus den gegenwärtigen Verhältnissen heraus, sondern beruhe blos auf subjektiven Vorstellungen seinerseits. (Zurufrechts: Zur Sache! Ohol links.) Da hätte man gestern den Reichs⸗
Man berufe sich
kanzler zur Sache rufen sollen! Hr. von Bennigs en habe da⸗