1885 / 65 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 17 Mar 1885 18:00:01 GMT) scan diff

„Beim Beginn der Berichtswoche herrschten in Konitz und Breslau südliche und südöstliche, an den süddeutschen Stationen westliche und füdwestliche, in Mittel⸗, Nordwest⸗ und Westdeutschland nördliche dis nordwestliche Luftströmungen, die in Konitz, Berlin und Karls⸗ rube schon am 2. März nach Nordost, in München, Heiligenstadt, Bremen und Köln am 3. nach Ost⸗ bezw. Südest gingen, jedoch in Karlsruhe am 3., in München am 4. wieder nach Südwest bezw. West zurückdrehten. Diese östlichen Strömungen blieben aber nur in Konitz und Bremen bis zum 4, in Heiligenstadt und Berlin mit südwestlichen Winden wechselnd bis zum 7., wo der Wind an den meisten Stationen nach Nordwest, in Karlsruhe wieder nach Nordost umlief, überwiegend. Die Temperatur der Luft lag an ast allen Stationen ein wenig über, in Berlin etwas unter der nor⸗ alen. Leichte Nachtfröste kamen besonders in den ersten Tagen der Woche aus Konitz, Breslau, München und Karlsruhe zur Meldung. Niederschläge, zum Theil Schnee, fielen häufig und auch ergiebig. Der beim Wochenbeginn mäßig hohe Druck der Luft sank vom 2. an rasch, stieg am 4., sank am 5. März von Neuem und zwar am 6. auffallend tief, doch stieg zu Ende der Woche das Barometer an allen Stationen wieder bis über den beim Wochenbeginn eingenommenen Standpunkt. 1 Die Sterblichkeit hat in den meisten Großstädten Europas in der Berichtswoche etwas abgenommen. Auch die allgemeine Sterblich⸗ keitsverhältnißzahl für die deutschen Städte sank ein Wenig (auf 25,3 von 25,6 der Vorwoche pro Mille und Jahr berechnet). Der Antheil des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war im Allgemeinen ein geringerer, so daß von 10 000 Lebenden aufs Jahr berechnet 77 Säuglinge starben gegen 81 der Vorwoche, in Berlin 77, in München 124. b 1 1 Unter den Todesursachen haben die Infektionskrankheiten vielfach mebr, nur Diphtherie und in deutschen Städten auch Kindbettfieber, weniger Todesfälle hervorgerufen. Mehrere haben wieder größere Ausdehnung gewonnen und herrschen in Berlin, München, Potsdam, Hanau, Bockenheim, London, Glasgow, Stockholm, St. Petersburg. Das Scharlachfieber nahm in Danzig, Dresden, Halberstadt, Bremen, Stockholm, Bukarest häufiger einen tödtlichen Aus⸗ gang, während es in Berlin, Paris, London, Glasgow sel⸗ tener als Todesursache auftrat. Die Sterblichkeit an Diph⸗ therie war besonders in Königsberg, Danzig, Stolp, Breslau, Bromberg, Erlangen, Chemnitz, Plauen, Meerane i. S., Eise⸗ nach, Leipzig, Halle, Frankfurt a. O., Spandau, Hamburg, Köln, Braunschweig, Elberfeld, Hagen, Paris, Christiania, Warschau, Turin u. a. eine größere, während in Berlin, München, Stuttgart, Nürnberg, Dresden, Mühlhausen i. Thür., Berlin, Dresden, Triest, Amsterdam, St Petersburg, Stockholm die Zahl der Sterbefälle etwas abgenommen hat. Der Keuchhusten forderte in Berlin, Kiel, Greiz, Karlsruhe, Prag, Amsterdam, Stockholm mehr Opfer, in London, Glasgow, Birmingham wurde die Zohl der Sterbefälle kleiner. Typhöse Fieber kamen meist in beschränkter, nur in Paris in etwas gesteigerter Zahl zum Vorschein. Flecktyphen zeigten sich nur vereinzelt. Todesfälle werden nur aus St. Peters⸗ burg und Warschau je 1 mitgetheilt. Dem Kind⸗ bettfieber erlagen in deutschen Städten 16 Frauen. Darmkatarrhe und Brechdurchfälle zeigten keine wesentliche Ver⸗ änderung in ihrem Vorkommen. Erheblich seltener führten viel⸗ fach akute entzündliche Prozesse der Athmungsorgane zum Tode. Todesfälle an Pocken kamen aus deutschen Städten 2 (beide aus Chemnitz) zur Anzeige. Einzelne Pockentodesfälle kamen aus Prag, Genf, Basel, Liverpool, Birmingham, Manchester, Warschau, Alexandria gemeldet. Häufiger wurden Pocken in Wien, Paris, Petersburg, Odessa, Rom (im Januar), Venedig Todesveranlassung, in London und Triest läßt die Epidemie nach. In den indischen Städten zeigt sich Cholera in beschränkter Weise.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

In Düsseldorf verschied im 68. Lebensjahre am 13. d. M. nach langen schweren Leiden der Genremaler Heinz Ewers. Geboren in Wismar, bildete derselbe sich in Düsseldorf und Antwerpen künstlerisch aus. Seit Jahren lebte er in der erstgenannten Stadt als Bildniß⸗ und Sittenbildmaler. Unter seinen Genrebildern sind besonders zu nennen: Kinder vor dem Pfarrhause; der Gang zur Taufe; in der Ahnengallerie; im Atelier (letztere beide Motive aus dem 17. Jahrhundert); Mönche und Esel vom Gewitter überrascht; Fischerfrau mit Tochter in den Sturm hinaussehend; Bildniß des Glasmalers und Konservators Gildemeister⸗Schwerin; großes Interieur darstellend den Herzog Christian Ludwig und den Erbprinz Friedrich von Mecklenburg⸗Schwerin, wie sie ein Bild besehen, das ihnen der Kammerdiener von Hafften präsentirt. Die letztgenannten vier Bilder befinden sich im Schweriner Museum. Das Portrait Gillemeisters ist ganz vorzüglich und das Interieur ein außerordentlich fein empfun⸗ denes, wirksames Werk, das allgemein für die beste und höchste Leistung des dahingeschiedenen Meisters erklärt wird. Dasselbe ist sein letztes größeres Bild. Außerdem malte Ewers noch sechs Brust⸗ bilder des hochseligen Großherzogs Friedrich Franz II. von Mecklen⸗ burg⸗Schwerin. Eins ist im Besitz des regierenden Großherzogs, der das ausgezeichnete Porträt schon als Erbgroßherzog bekam. Ein anderes, das den hochseligen Herrn (im Arbeitszimmer) in ganzer Figur darstellt, befindet sich in den Händen Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Frau Großfürstin Maria Paulowna von Rußland, geborenen Herzogin von Mecklenburg⸗Schwerin. Zwei lebensgroße Kniestücke wurden vom Großherzog an Regimenter verschenkt und zwei, noch zur Zeit im Großherzoglichen Museum in Schwerin ausgestellte, gleichfalls sehr gut getroffene Brustbilder, sind verkäuflich.

Aus dem Verlage von E. S. Mittler & Sohn, Königliche Hofbuchhandlung, Berlin, liegen uns folgende Neuheiten vor: „Die 49. Infanterie⸗Brigade in der Schlacht von Vionville Mars la Tour am 16. August 1870. Eine kriegsgeschichtliche Studie aus dem Deutsch⸗Französischen Kriege 1870/71 nach der appli⸗ katorischen Methode“. Pr. 3ℳ Nach applikatorischer Methode durch⸗ forscht, bietet die Kriegsgeschichte die gründlichste und förderlichste Verwerthung für die Kriegführung selbst, wird sie zur besten Vorschule für kriegsgemäßes Handeln. In diesem Sinne ist der große Schatz belehrender Erfahrungen, wie sie der Krieg von 1870/71 darbietek, noch nicht gehoben, kaum erst angebrochen worden. Eine derartige Studie ist jetzt der Thätigkeit der 49. Infanterie⸗Brigade während der Schlacht von Vionville Mars la Tour gewidmet worden. Die Aktion derselben wird aufs Genaueste und auf Grund der authentischen Berichte klar gelegt und das Verhalten der Führer wie der Truppen in jedem Wendepunkte des Gefechts geprüft. So ergeben sich eine Reihe von Aufgaben der Verfasser entwickelt deren nicht weniger als 100 —, Fragen, die einer selbständigen Betrachtung und einer, sei es schriftlichen oder mündlichen Auseinandersetzung und Beant⸗ wortung werth sind. Eine derselben löst der Verfasser selbst als ein Normalbeispiel.

Die Lungen⸗Gymnastik. Eine Anleitung zur diätetischen Pflege und gymnastischen Ausbildung der Athmungsorgane von Dr. med. Th. Huperz. Berlin und Neuwied a. Rh. 1885. Heusers Verlag (Louis Heuser). Mit der Veröffentlichung dieser kleinen Arbeit (75 S.) beabsichtigt der Ver⸗ fasser zunächst, der nichtärztlichen Lesewelt eine kurzgefaßte Anleitung zur naturgemäaͤßen Pflege und gymnastischen Ausbildung der Athmungs⸗ organe zu bieten und dieselbe gleichzeitig von der Nothwendigkeit zu überzeugen, daß diese Organe in demselben Maße der Pflege bedürfen, wie alle übrigen; jedoch lag es keineswegs zugleich in der Absicht des

Verfassers, Gesunde oder Kranke etwa zu selbstständigen Kurversuchen zu verleiten, es wird vielmehr wiederholt ausdrücklich darauf hin⸗ gewiesen, daß bei der gymnastischen Ausbildung der Athmungsorgane der Rath des Arztes nicht zu umgehen sei, mögen dieselben

urchaus gesund sein oder schon Zeichen beginnender Erkrankung er⸗ ennen lassen. Auch für die Aerzte dürfte das Schriftchen nicht ganz ohne Interesse sein, insofern es dazu bestimmt ist, dem vielbeschäftigten praktischen Arzte in die Hände zu arbeiten und bei Kranken, sowie bei deren Umgebung ein besseres Verständniß für seine Rathschläge anzubahnen. Das Werkchen zerfällt in 4 Hauptabtheilungen.

eine Erklärung der Athmungsorgane; die zweite handelt von den nothwendigen Folgen einer mangelhaften Thätigkeit der Athmungs⸗ ocgane; die dritte von der diätetischen Pflege der Athmungsorgane; die vierte endlich von der gymnastischen Ausbildung der Athmungs⸗

organe.

1 Isenburg (Hauptm.), Die Disziplin, ihre Be⸗ dingungen und ihre Pflege. 0,75. Die Disziplin, welche alle Theile des Heeres zu einem großen, unerschütterlichen und ein⸗ heitlichen Ganzen verbindet, hat Anlagen der menschlichen Natur zur Voraussetzung, die in methodischer Pflege ausgebildet werden müssen. Dieser hohe Werth der Disziplin, einer dem militärischen Geiste be⸗ sonders zugehörenden Eigenschaft, legt es nahe, ihr Wesen, die Vor⸗ bedingungen für dieselbe und die bestmögliche Entwickelung derselben zu prüfen. In wissenschaftlicher Form erörtert der Verfasser diesen Gegenstand; indem er seine eigenen Diensterfahrungen als Beläge und Stützpunkte überall verwendet, legt er es den Kameraden, die gleich ihm über ein so wichtiges Moment für die Kraft des Heeres sich zu unterrichten wünschen, nahe, ihre eigenen Beobachtungen im Dienste ebenfalls in Vergleich zu ziehen und daraus sich eine sichere, für die Bethätigung im Dienste wirksame Ansicht zu bilden.

Gewerbe und Handel.

Der Cours für die jetzt hier zahlbaren Oesterreichischen Silbercoupons ist heute auf 165 für 100 Fl. österr. Silber herabgesetzt worden.

Unter der Verwaltung des Centralvereins Deutscher Bau⸗ unternehmer ist am 15. d. M. ein Arbeits⸗Nachweise⸗ und Stellen⸗Vermittlungsbureau des Centralvereins Deutscher Bauunternehmer ins Leben getreten. Dasselbe hat seinen Sitz am Sitze des Vereins, je eine Generaldirektion in Berlin und in Frankfurt a. M., welche wiederum in den ihnen zugetheilten Gebieten und Städten Agenturen unter sich haben. Dieses Institut bezweckt, dem Arbeitgeber Arbeitskräfte zu besorgen und dem Arbeiter Arbeit nachzuweisen. Die Beherrschnng des Arbeitsmarktes gebietet, einestheils die Anhäufung zu vieler Arbeitskräfte in einer Gegend zu ver⸗ hindern und zu vermeiden, daß die Arbeiter sich selbst gegenseitig im Lohne herunterbieten, anderntheils um dem Arbeiter Zeit und Geld zu sparen, damit derselbe sich nicht tagelang arbeitsuchend herum⸗ treibt, sodann um es dem Unternehmer durch Beschaffung genügender Arbeitskräfte zu ermöglichen, daß er seinen übernommenen Verpflich⸗ tungen in Bezug auf rechtzeitige Fertigstellung großer Arbeiten nach⸗ kommen kann. Das Institut umfaßt alle Branchen des gesammten Bau⸗ und Maschinenwesens, also: Techniker der Hoch⸗, Tief⸗, Wasserbau⸗ und Maschinenbranche, Zeichner, Bauführer, Parliere, Buchhalter, Werkmeister, Aufseher ꝛc, sodann: Mautrer, Steinhauer, Zimmerer, Erdarbeiter, Taglöhner, Schreiner, Schlosser, Klempner, Glaser, Dachdecker, Maschinisten, Heizer ꝛc. Mittelst einer kleinen Einschreibgebühr wird dem Stellensuchenden Arbeit schnell und billig verschafft. Die Ver⸗ mittelung für Arbeitsgeber erfolgt kostenfrei. Hand in Hand mit dem Institut für Arbeitsnachweis und Stellenvermittelung wird dem⸗ nächst eine Versicherung für Arbeitslosigkeit errichtet, welches dem Arbeiter gegen kleinen wöchentlichen Beitrag ermöglichen soll, bei Eintritt von Arbeitslosigkeit von dem Vereine wenigstens so⸗ viel zu erhalten, daß er sich und seine Familie vor Hunger schützen kann. Weitere Bekanntmachungen hierüber erfolgen demnächst in der Zeitschrift: „Der Deutsche Bauunternehmer“ Frankfurt am Main. Die General⸗Direktion Berlin führt Hr. G. Kosub, Wallnertheater⸗ 44, die in Frankfurt a. M. Hr. Theophil Weber, Römer⸗

erg 7.

Dem Geschäftsbericht der Königsberger Vereins⸗Bank für 1884 entnehmen wir Folgendes: Das Resultat würde ein recht befriedigendes gewesen sein, wäre dasselbe nicht durch größere Ver⸗ luste geschmälert worden. Das Gewinn⸗ und Verlustconto weist einen Reingewinn von 196 711 nach. Es wird vorgeschlagen, denselben wie folgt zu vertheilen: Reservefonds 5 % von 195 183 9759 ℳ, 5 ½ % Dividende 165 000 ℳ, Tantième 5 % an den Auf⸗ sichtsrath und die Direktion und Beamten je 9759 ℳ, Uebertrag auf 1885 2433

Dem Verwaltungsbericht der städtischen Sparkasse zu Halle a. S. für das Jahr 1884, entnehmen wir folgende Daten: Am Schlusse des Jahres 1883 betrugen die Einlagen der Interessenten 7 042 441 Im Jahre 1884 sind neu eingezahlt 3 745 614 und den Interessenten an Zinsen gutgeschrieben 69 427 ℳ, in Summa 10 857 482 ℳ; davon sind im Laufe des Jahres 1884 zurückgezogen 3 123 428 ℳ, so daß ult. 1884 den Interessenten ein Guthaben ver⸗ bleibt von 7 734 053 (+ 691 612 ℳ). Die Aktiva der Sparkasse betragen ult. 1884: an ausstehenden Kapitalien 8 935 179 ℳ, Grundstück Rathhausgasse Nr. 1 144 308 ℳ, Mobiliarwerth ult. 1884 4212 ℳ, rückständigen Zinsen von später fällig werdenden Coupons 8110 ℳ, Baarbestand 8092 ℳ, in Summa 9 099 903 Rechnet man davon ab das Guthaben der Interessenten mit 7 734 053 ℳ, so ergiebt sich als reines Vermögen der Sparkasse (17,66 % des Interessenten⸗Guthabens) ult. 1884 1 365 850 (+ 80 704 ℳ). Nach Abrechnung des von diesem Reinvermögen als Reservefonds zurückzulegenden Betroges von (statutengemäß 15 % des gesammten Interessenten⸗Guthabens) 1 160 108 ℳ, bleiben zur freien Disposition ult. 1884 205 742 An Sparkassenbüchern standen ult. 1883 aus 17 387 Stck.; im Jahre 1884 sind neu ausgefertigt 4410 Stck., macht 21 797 Stck. Davon sind im Jahre 1884 zurückgegeben 2462 Stck.; es bleiben ult. 1884 ausstehend 19 335 Stck. (+ 1948 Stck.). Auf diese 19 335 Bücher sind im Ganzen belegt 7 733 207 ℳ, also auf jedes Buch durch⸗ schnittlich 399,66 (s— 2,73 ℳ).

Glasgow, 16. März. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 8900 gegen 12 200 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

Bradford, 16. März. (W. T. B.) In Wolle mehr Geschäft, Preise unverändert, in Garnen mehr Geschäft, Genappes theurer, Stoffe sehr geschäftslos.

Paris, 17. März. (W. T. B.) Behufs schiedsrichter⸗ licher Entscheidung der zwischen den Gesellschaften der türkischen Eisenbahnen und der türkischen Regierung

obschwebenden Differenzen sind zu Schiedsrichtern ernannt worden: Jacobs und Brunet von Seiten der Baugesellschaft, Dr. von Holtzen⸗ dorf und Graf Lamezan⸗Salin von Seiten der Betriebsgesellschaft und Vahan und Ali⸗Riza von Seiten der türkischen Regierung.

Verkehrs⸗Anstalten.

Ueber die Herstellung der geplanten neuen Verbindungzwischen Berlin und Kopenhagen sind kürzlich dem dänischen Reichstage die nachstehenden Mittheilungen gemacht worden. Nach einem Vertrage zwischen Deutschland und Dänemark werden die Postverwaltungen die von dem „Deutsch Nordischen⸗Lloyd“ zu errich⸗ tenden Dampferverbindungen zwischen Warnemünde und dem auf Falster bei Kroghagn zu erbauenden Hafen benutzen. Mindestens einmal täglich muß ein Dampfer in beiden Rich⸗ tungen abgehen und es soll die Seefahrt zwischen den obigen Häfen nicht über zwei Stunden dauern. Die Beförderung zwischen Berlin und Kopenhagen wird nur dauern. Beide Staaten zahlen dem Lloyd gemeinschaftlich zu gleichen Theilen eine Unterstützung von mindestens 40 000 ℳ, höchstens 80 000 jährlich. Die Bahn von Warnemünde über Rostock nach Neustrelitz sowie die Hafenbauten bei Warnemünde sollen am 1. Juli 1886 fertig sein und der Nordische Lloyd ist verpflichtet, bis zur Fer⸗ tigstellung von Kroghagn seine Schiffe zwischen Warnemünde und Mesnedsund fahren zu lassen. Wir knüpfen hieran die weitere Notiz, daß in einer kürzlich in Rostock gehaltenen außerordentlichen Ge⸗ neralversammlung der Rostock⸗Nykjöbing⸗Dampfschiffahrt⸗Aktiengesell⸗ schaft die Auflösung der Gesellschaft beschlossen wurde, da der Zweck derselben mit dem Inslebentreten der Dampfschiffahrt des Deutsch⸗ Nordischen Lloyd, welches zu dem oben angegebenen Zeitpunkte erfolgen soll, erfüllt ist. Die Dampfschiffe des Letzteren sind bereits im Bau

Die erste enthält eine kurze Beschreibung der Respirationsorgane und

begriffen.

zwölf Stunden

Bei den Telegraphen⸗Aemtern in Rostock und Schwerin ist jetzt auch die Einrichtung getroffen,z daß während der Na chtzeit Telegramme angenommen und befördert, sowie von anderen Stationen eingegangene Depeschen bestellt werden.

Die von uns neulich an dieser Stelle angekündigte neue Dampf⸗ schiffahrt zwischen Stettin, Stralsund, Rostock, Wismar und Lübeck hat bereits begonnen. Dieselbe wird von dem Dampfer „Stralsund“ I, Kpt. Meyer, der zum ersten Male am 9. d. M. in Rostock mit einer Ladung Stückgüter eintraf. Er fährt für Rechnung der Herren Lithke u. Co. in Stettin. In Kiel wird zur Zeit für dieselbe Firma und Route noch ein zweiter Dampfer gebaut. 4

Berlin, 17. März 1885.

Die Berliner Stadtmission feierte am Sonntag im Dom ihr Jahresfest. Nach der Festpredigt des Stadtmissionsinspektors, Pastor Griesemann, betrat Hofprediger Stöcker die Kanzel zur Er⸗ stattung des Jahresberichts, dem er das Sonntags⸗Evangelium von der Speisung der 5000 zu Grunde legte. Die Hauptthätigkeit der Stadtmission hat auch im vergangenen Jahre in der Gemeindepflege beruht. Die 24 Stadtmissionare, deren Zahl aber nunmehr um 4 vermehrt werden soll, haben insgesammt 51 000 Besuche gemacht. Ein zweites großes Feld erwächst der Stadtmission in der Schriften⸗ verbreitung. Allein durch Stadtmissionare wurden im Berichtsjahr 46 000 Traktate und 212 960 Predigten vertheilt. Weniger als früher haben die Stadtmissionare ungetaufte Kinder gefunden. Die Zahl betrug aber doch immer noch 3287, von denen 1506 zur Taufe ge⸗ bracht wurden. Von 1412 ungetrauten Paaren konnten 512 zur nach⸗ träglichen Trauung bewogen werden. An die Auswanderer, die 230 mal auf Bahnhöfen aufgesucht wurden, wurden u. A. 1254 Gebetbücher, daneben aber auch 179 polnische und 159 hebräische Testamente an solche Juden vertheilt, die in Gottes Wort forschen wollten. Von den Schiffen, die den Schiff⸗ fahrtskanal passiren, wurden 4083 besucht; viermal wurde für die Schiffer in der Haide bei Plötzensee unter freiem Himmel Gottes⸗ dienst abgehalten. Im Armendienst sind 6800 Besuche gemacht, 1184 davon im Auftrage Ihrer Majestät. Die Pflege entlassener Gefangener ist der Zahl der Pfleglinge nach etwas zurückgegangen. 2009 Entlassene sind durch Rath, 515 zugleich durch die That unter⸗ stützt. 150 wurden in das Asyl aufgenommen und in Arbeit gebracht, 40 wurden in der von der Stadtmission eingerichteten Cigarrenfabrik beschäftigt. Auf dem neuen Arbeitsfeld, im Kampf gegen die Unsittlichkeit, wurde die Stadtmission durch 7 Frauenvereine mit 200 Mitgliedern unterstützt. Sehr beschäftigt hat die Verwaltung das Stadtmissionshaus, für welches 50 000 verausgabt wurden. Neuerdings hat sich ein Verein von jungen Freundinnen gebildet, um der Stadtmission in allen Stäadttheilen Kapellen zu verschaffen. Die Gesammteinnabmen sind von 95 000 in 1883 auf 90 000 in 1884 gesunken Die Beiträge aus Berlin sind von 20 000 auf 40 000 gestiegen, dagegen sind die Gaben aus der Provinz zurückgegangen. 2000 bat Se. Majestät der Kaiser ge⸗ spendet, 500 Ihre Majestät die Kaiserin. Gebet und Segen des Superintendent Merensky und Gesang schlossen die Feier.

Zu den vielen Erfolgen, welche das Deutsche Theater seit seinem Bestehen bereits errungen hat, gesellte sich gestern ein neuer mit der Aufführung des „Hamlet“. Abgesehen von dem Spiel, war es zunächst die großartige, von genialer Erfindungsgabe zeugende Inscenirung, in welcher Alles originell, künstlerisch durchdacht und ausgeführt war; sie zeigte eine eigenartige Auffassung, ein nicht durch die Laune hervorgerufenes, sondern durch sorgfältiges Studium und feinen Geschmack begründetes Abweichen von den herkömmlichen Hamlet⸗ Aufführungen. Fast alle Neuerungen sind gut gelungen zu nennen. Die erste Begegnung Hamlets mit seinem Vater spielte sich jedoch bei viel zu heller Scene ab, so daß die Wandeldekoration den gewünschten Eindruck vermissen ließ, hier müßte sich durch geschickte Lichtbenutzung ein viel gewaltigerer Effekt erzielen lassen; das Mißlingen mag theilweise auf den überaus engen und nicht ge⸗ nügend tiefen Raum der Bühne zurückzuführen sein. Noch einige andere Mängel machten sich bemerkbar, denen bei Wiederholungen leicht abgeholfen werden könnte. Der Regie muß volle für ihre ausgezeichnete Leistung gezollt werden. Den „Hamlet“ ga Hr. Sommerstorf mit recht gutem Erfolge, obgleich dieser tüchtige Künstler noch viel von berühmten Vorgängern zu lernen haben wird, ehe er eine so gewaltige Rolle mit all ihren Feinheiten ganz und voll zur Geltung zu bringen im Stande ist. Die „Ophelia“ wurde von Frl. Sorma mit all jener Anmuth gespielt, welche dieser Dame eigen ist, eine etwas herbere Zeichnung und eine tiefgreifen⸗ dere Tragik besonders in den Wahnsinnsscenen könnte der Darstellung jedoch nur zum Vortheil gereichen. Hr. Förster befand sich als Polonius ganz in seinem Elemente. Hr. Pohl als König und Fr. Trautmann als Königin lösten ihre Aufgaben in recht zufriedenstellender Weise, die Maske des Hrn. Pohl war ent⸗ schieden eine charakteristische zu nennen, nur stellt man sich diesen Claudius nicht so jugendlich vor, wie Hr. Pohl denselben bis⸗ weilen gab. Von sämmtlichen anderen Rollen sei bemerkt, daß sie durchschnittlich gut gegeben wurden, hervorgehoben sei noch der Laertes des Hrn. Krausneck, dessen Maske aber etwas befremdete. Fioß der langen Dauer der Aufführung, welche erst um 11 Uhr beendet war, zeigte das Publikum von Anfang bis zu Ende die auf⸗ merksamste Theilnahme und gab seiner Anerkennung durch aufrich⸗ tigen Beifall Ausdruck.

Eines der beliebtesten Mitglieder des Friedrich⸗Wilhelm⸗ städtischen Theaters, Frl. Elise Schmidt, hat am Freitag, den 20., ihre Benefiz⸗Vorstellung. Zur Aufführung kommt selbst⸗ verständlich die beliebte Repertoire⸗Operette „Gasparone“.

Das Repertoire des Belle⸗Alliance⸗Theaters ist in dieser Woche mit „Hypochonder“, „Doktor Klaus“ und „Raub der Sabinerinnen“ abwechselnd besetzt. Ehe die Direktion die nächste

Novität in Scene gehen läßt, soll Emil Pohls unterhaltende Ge⸗-

sangsposse „Klein Geld“ noch zur Aufführung gelangen. 6

Hr Gustav Berger, ein junger Pianist, aus der Schule Liszts hervorgegangen, gab gestern im Saale der Sing⸗Akademie

sein erstes öffentliches Concert. Das Programm enthielt 15 Kla⸗ vierstücke verschiener Komponisten, die der Vortragende, wie üblich, auswendig spielte. Er hätte jedoch ein öffentliches Auftreten erst nach reiferen Studien unternehmen sollen. Abgesehen von einer empfindlichen Härte des Anschlags war auch die Sicherheit und Korrektheit des Technischen zu vermissen. Bachs Präludium und Fuge in C-moll gelangen dem Vortragenden am besten. Die Beethovensche Sonate op. 90, wenn auch in Tempo und Auffassung richtig behandelt, litt in der bekannten Decimenfigur des Basses an Undeutlichkeit. Aehnliche Fehler störten in der Ballade von Chopin. Das Nocturn und die Berceuse von Chopin waren nicht zart genug in der Ausdrucksweise, zumal auch trotz des Gebrauchs des Pianozuges der harte Anschlag fühlbar blieb. Außer einem Walzer desselben Komponisten, der mit Beifall aufgenommen hurde, trug Hr. Berger noch einige Stücke von Liszt und Rubin⸗ ein vor.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Scholz). Sieben Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

Berlin:

Druck: W Elsnex.

acre Awxee⸗

Nichtamtliches. 8

Preußen. Berlin, 17. März.

der Diskussion des §. 1 der Regierungsvorlage fortgesetzt.

Nach dem Bundeskommissar, Geheimen Regierungs⸗Rat Dr. Reuleaux ergriff der Reichskanzler Fürst von Bis ee

das Wort:

Ich habe einen Irrthum zu berichtigen, in welchem ich mich vor⸗ 8 Es war ob aus Zeitungen oder aus mündlichen 1 int g. in der Rede, die er als

captatio benevolentiae für England hielt, unter den Motiven, die unsere Haltung England gegenüber zu bestimmen hätten, auch die Ich lie mir deshalb den stenographischen Bericht vorlegen, und in vech nhes wurde mir die Hauptrede des Herrn Abgordneten von jener Sitzung, Bei 6 vepföbehen fand ich Ich schloß daraus, daß der b gr⸗ Abg. Richter in Bezug auf politischen Takt mit mir die gleichen Ansichten gehabt und bei der Korrektur die Anspielung auf die Ver⸗

gestern dem Hrn. Abg. Richter gegenüber befunden habe. mir, ich weiß nicht mehr, Mitttheilungen bekannt geworden, daß er

Verwandtschaften unserer Dynastie ins Feld geführt hätte.

5

die erste, als die Rede bezeichnet. diese Wendung der Sache nicht wieder. wandtschaften unserer Dynastie unterdrückt hätte,

eben. iese Freude mir zu zerstören, und ich habe, durch seinen Widerspruch

veranlaßt, nunmehr den vollständigen Sitzungsbericht gelesen und bin Aufklärung darüber schuldig, wie ich zu dem Irrthum gekommen bin.

Ich konnte nicht voraussetzen, daß der Herr Abgeordnete in seinem Plaidoyer für England das zweimal hintereinander denselben Gedanken das zweite Mal etwas schärfer unterstrichen zum Ausdruck zu bringen. Ich glaubte, nachdem ich seine erste Rede gelesen hatte, damit wäre die Sache beendigt, da er in dieser ersten Rede alles gesagt hatte, was meines Erachtens sich von seinem Standpunkte sagen ließ, in den Worten, die dahin lauteten:

England und Heutschland sind aufeinander angewiesen nach

Stammesverwandtschaft, nach den historischen Traditionen und

nach der ganzen Entwicklung, mehr als irgend welche anderen

Länder in Europa. Wenn augenblicklich diplomatische Streitig⸗

keiten schweben, über deren Berechtigung ich mir heute kein

Urtheil erlaube und über die ich nicht entscheiden will, so wollen

wir hoffen u. s. w. Meine Herren, den Satz konnte ich mir ja vollständig aneignen,

daß wir, England und Deutschland, wenn nicht ausschließlich auf einander angewiesen, doch den Beruf haben, nach Stammesverwandt⸗ schaft, nach historischen Traditionen, vor allen Dingen aber nach ge⸗ meinsamen Interessen und nach der Abwesenheit widersprechender nteressen, im freundlichsten Einverständniß mit einander zu leben. Dieses Einverständniß zu suchen, bin ich seir Jahr und Tag beschäf⸗ tigt. Ich kann es natürlich nur finden in einer Form, die auch für Deutschland eine befriedigende ist. Das Suchen nach dieser Form nöthigt mich, durch manche Peripetie zu gehen auf diplomatischem Wege, wo auch unter Umständen der Eindruck einer Verstimmung nicht ausgeschlossen ist und wo der Wechsel zwischen Festigkeit und Nachgiebigkeit allein zum richtigen Ziele führen kann. In diesem Wechsel, in dieser diplomatischen Operation hat mich die ganze Parteinahme des Hrn. Abg. Richter für die englische Auffassung der Sache, für England, will ich überhaupt sagen, gerade in diesem Augenblick einigermaßen genirt. Der Herr Abgeordnete hat gesagt, es wäre gar nicht die Zeit gewesen, daß seine Rede hätte einwirken können, sie wäre noch nicht bekannt gewesen. Nun, meine Herren, die Zeit, in der seine Rede wirkt, läuft noch immer fort. Unsere Verhandlungen mit England sind ja im besten Wege, sie sind aber noch nicht abgeschlossen, und daß es auf die Auffassung der englischen Regierung von einigem Gewicht ist, wenn der Führer der Opposition im deutschen Reichstag, der sich an der Spitze der der Regierung entgegenstehenden Majorität befindet, in dem Augenblick, wo streitige Interessen diskutirt werden, für die fremdländischen Partei nimmt, nun, meine Herren, das ist nach englischen Begriffen doch sehr wohl erklärlich! Nach englischen Be⸗ griffen hat die Majorität, an deren Spitze der Hr. Abg. Richter, wenn nicht ganz isolirt, doch mit wenigen Gefährten steht, alle Aus⸗ sicht, demnächst die künftige Regierung dieses Landes zu stellen. Daß das nicht wahrscheinlich ist, wird einem Deutschen, der unsere Politik versteht und aus deutschen Gesichtspunkten beurtheilt, einleuchtend sein; aber für einen Engländer nach dessen parlamentarischen Auf⸗ fassungen ist es ganz natürlich.

Ich glaube, der Hr. Abg. Richter täuscht sich über das Gewicht seines Auftretens, wenigstens in England. Der Abg. Richter hat in England ein viel größeres Schwergewicht als bei uns in Deutschland. (Heiterkeit rechts !) Ich muß darauf aufmerksam machen. Der, welcher an der Spitze der Opposition gegen die Regierung steht, an der Spitze einer Majorität, der die Regierung ziemlich regelmäßig unterliegt in Fragen, die sie bringt, ist doch für England der herr⸗ schende Punkt, der Stern der Zukunft, und man muß schon die deut⸗ schen Verhäaltnisse genauer kennen, um sich zu überzeugen, daß diese englische Auffassung bei uns nicht so ausschließlich Platz greift, wie es in England der Fall sein dürfte.

Ich habe das angeführt, was der Hr. Abg. Richter in seiner ersten Rede gesagt hat. Wenn ich nun zwei Seiten weiter umschlage, so finde ich, daß er genau denselben Gedanken nochmals wiederholt hat; er schien eins vergessen zu haben und nachholen zu müssen: das waren die verwandtschaftlichen Beziehungen der Dynastie. Die zweite Wendung ist im Uebrigen ganz identisch mit der ersten, sie hat wenige Minuten nachher unter wiederholter Meldung zum Wort statt⸗ gefunden. Ich muß daher annehmen, daß Hr. Richter auf diese Ein⸗ schaltung ein ganz besonderes Gewicht gelegt hat. Er sagt, daß er überzeugt sei, „die Ansichten weiter Kreise im deutschen Volk zu ver⸗ treten“ denke ich mir; der Satz ist nicht ganz zusammenhängend —. die sich keineswegs durch parlamentarische Debatten, die an dieser Stelle wenigstens durchaus überflüssig sind, in einen künstlichen Gegensatz zu einem uns stammverwandten Volke, das uns nicht nur durch unsere Dynastie, sondern auch durch die germanische Abstam⸗ mung verwandt und durch gemeinsame Kämpfe in kritischen Perioden der Geschichte verbunden ist, wollen hineinbringen lassen.“

Nun, der Hr. Abg. Richter hat nicht im Sinne der von dem Hrn. Abg. Windthorst accentuirten Einigkeit aller Parteien gegenüber dem Ausland gehandelt, indem er gerade in diesem Moment, bei divergirenden und rivalisirenden Interessen zweier Nationen, für die andere Seite und nicht für die deutsche eintrat; was ihn dabei geleitet haben kann, darüber will ich mich nicht äußern. Ich bin gewohnt, den Widerstand des Hrn. Abg. Richter auf allen Wegen zu finden, die ich in der inneren sowohl wie in der auswärtigen Politik

zu gehen habe, und sehe überall mich der Nothwendigkeit gegenuüͤber, diesen Widerstand, der durch eine sehr eindringliche und ausdauernde Beredsam⸗ keit unterstützt wird, zu bekämpfen. Indeß, das ist seine Sache zu er⸗ wägen. Ich ergreife hier nur das Wort, um mich gegen diese Verwerthung der dynastischen Verwandtschaften in Fragen der auswärtigen Politik

Im weiteren Ver⸗ laufe der gestrigen (68.) Sitzung des Reichstages wurde die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend

Postdampfschiffs⸗Verbindungen mit überseeischen

Ländern auf Grund des Berichtes der VI. Kommission mit

n b und erlaubte mir, darüber in meiner vorgestrigen Rede meine Freude zu erkennen zu

Der Hr. Abg. Richter hat sehr bald Gelegenheit genommen,

Bedürfniß empfunden haben würde,

Erste Beilage

Berlin, Dienstag, den 17. Mürz

solche Einbeziehung dynastischer Interessen und Verwandt die großen nationalen Interessen, die zwischen zwei Ranglsce 51. giren können, für die Dynastien niemals gewesen und ich frage mich: Was hat denn den Hrn. Abg. Richter bewogen, seine erste Aeußerung dadurch zu vervollständigen, daß er die Verwandt⸗ süßhen unserer Dynastie in seine zweite Auflage derselben Aeußerung einbezog? Ich bin bei dem Hrn. Abg. Richter ebenso gut wie bei anderen hervorragenden Parlamentariern gewohnt, daß sie nicht so leicht etwas ohne Ursache thun, daß irgend eine Berechnung auf die Wirkung, die sie erzielen könnten, dahinter steckt. Nun ist das Hineinziehen der dynastischen Verwandtschaften in die internationalen Interessen erfahrungsgemäß in der Geschichte den Dynastien niemals nützlich gewesen; es sind stets die Gegner der Dynastien gewesen, welche dynastische Beziehungen in den Vordergrund geschoben haben bei internationalen Fragen. Ich brauche gar nicht soweit zurückzugreifen, daß ich an die Zeit der ersten französischen Revolution erinnerte, wo es der Dyvnastie der alten fran⸗ zösischen Könige außerordentlich nachtheilig war, daß man den Verdacht verbreiten konnte, als ob die nahe Ver⸗ wandtschaft des französischen Hauses mit dem österreichischen Hause die französische Politik im österreichischen Sinne beeinflußte. Jeder⸗ mann, der die Geschichte der damaligen Zeit mit Aufmerksamkeit liest, wird sich des Eindrucks nicht erwehren können, daß das ein mächtiges Hülfsmittel der Gegner des Königshauses war, das letztere der öster⸗ reichischen Politik zu verdächtigen. Wenn Aehnliches in England passirt, würde man da nicht sofort von german influence oder foreign influence in irgend einer Weise sprechen? würde es einem englischen Parlamentarier, namentlich von der freisinnig radikalen etwa entsprechenden Richtung einfallen, die Verwandtschaften der in England regierenden Dynastie mit deutschen Häusern dafür anzuführen, daß England in den Interessen der Nation sich nachgiebig gegen Deutschland erweisen möge? Ich glaube kaum, daß dies Jemand in England riskiren würde. Ich habe sonst bei dem Hrn. Abg. Richter niemals gefunden, daß er für dynastische Verwandtschaften und Einflüsse ein wesentliches Interesse an den Tag gelegt hätte und ich bin deshalb nothwendig veranlaßt, darüber nachzudenken, welche Gründe ihn in diesem Falle veranlaßt haben können, das Gewicht der dynastischen Verwandtschaft in die Waagschale in seinem Plaidoyer für England mit einzuwerfen. Auch aus unserer eigenen neuesten Geschichte darf ich wohl daran erinnern, daß in den vierziger Jahren von den Gegnern unserer Dynastie die nahe Verwandtschaft derselben mit dem russischen Kaiser⸗ hause jederzeit ausgebeutet worden ist, um sie als abhängig, als be⸗ einflußt von dem Auslande darzustellen. Ich brauche Sie nur zu er⸗ innern oder vielleicht haben es viele von Ihnen nicht gelesen; aber ich habe es damals gelesen an das bekannte Gedicht von Herwegh, wo er in etwas gezwungenem Reim auf Meleager sagt: „Behüt' uns vor dem Czaren, Deinem Schwager!“ Dieselbe Tonart, die Herwegh im Jahre 1840 und 1841 anschlug, zog sich durch das ganze Jahr 1848. Im Jahre 1848 war es ja in Plakaten überall zu lesen: „Die Russen kommen!“ Für die Popularität der eigenen Dynastie war die sern hauptung dieses fremden Einflusses niemals nützlich. Ich bin der Behauptung ja noch begegnet im Anfange meiner ministeriellen Lauf⸗ bahn zu den Zeiten der polnisch⸗russischen Kartellkonvention. Was wurde hauptsächlich gegen die Politik Sr. Majestät des Königs, die ich damals vertrat, ausgespielt? Unsere Abhängigkeit von Rußland in Bezug auf die Kartellkonvention, in Bezug auf Alles; kurz es wurde die Dynastie im Lande verdächtigt, daß sie nicht die nationalen Bedürfnisse allein, sondern auch ihre verwandtschaftlichen Rücksichten auf die nahestehende russische Dynastie in der Politik mit zum Ausdruck brächte. Diese historischen Erinnerungen und Erwägungen und das wenige Vertrauen, das mir der Royalismus des Hrn. Abg. Richter einflößt, nöthigen mich, hier seiner Bezugnahme auf dynastische Verwandtschaften und ihrem Einfluß auf die Politik mit der Ver⸗ sicherung entgegenzutreten, daß das Gewicht der deutschen Dynastien und insbesondere unserer Kaiserlichen Dynastie unter allen Umständen jederzeit auf Seiten der nationalen Interessen und niemals auf der Seite der Fürstlichen Verwandtschaften in die Waage fallen wird. Der Abg. Lohren beantragte für den Fall der Annahme des sozialdemokratischen Antrages, die Linie nach dem Kon⸗ tinent von Australien als solche zwischen Aden und Port Elisabeth zu bezeichnen und die Gesammtsumme der Sub⸗ vention auf 4 900 000 festzusetzen. Der Abg. Dietz empfahl die sozialdemokratischen Anträge und schloß daran eine Reihe von Klagen gegen die Behand⸗ lung der Hülfsarbeiter auf den Rhedereien und besonders auf der Rhederei des Bremer Lloyd. Am liebsten würde er daher sehen, wenn der Staat selbst die Dampferlinien in die Hand nehme, damit solchen Klagen auf gesetzlichem Wege abge⸗ holfen werden könne. Wenn seine Partei heute im In⸗ teresse deutscher Industrie und deutschen Handels für die beiden (ostasiatische und australische) von seiner Partei genannten Linien stimme, so wolle seine Partei damit ihrer Abstimmung für die dritte Lesung nicht präjudiziren. Der Abg. Baron Zorn von Bulach erklärte, seine Partei werde nicht aus nationalen, sondern aus rein wirthschaftlichen Rück⸗ sichten für die Regierungsvorlage stimmen. Man wolle die ostasiatische Linie subventioniren, weil sie sich am meisten ren⸗ tiren würde; seine Partei wolle aber gerade die Linien unter⸗ stützen, die sich am wenigsten rentiren würden, die also der Hülfe am meisten bedürftig seien. Man brauche für die hoch entwickelte deutsche Industrie neue Absatzgebiete, die sich durch neue Verkehrsmittel am besten würden erlangen lassen. „Qui ne risque rien, n'a rien!“ habe ein französisches Sprüchwort gesagt, des⸗ halb müsse man Summen wagen, um dies Ziel zu erreichen.

viel gelitten, derselben müsse vor Allem geholfen werden. Die deutsche Bevölkerung vermehre sich mehr, als die der an⸗ deren Länder, deshalb seien auch die Anfänge der Kolonial⸗ politik zu begrüßen, welche bestimmt seien, die deutschen Nieder⸗ lassungen und die deutschen Auswanderer zu schützen.

Der Abg. Dr. von Jazdzewski bemerkte, seine Partei werde, wie er zu seinem Bedauern erklären müsse, wenn sie auch für einzelne Punkte stimmen werde, gegen die Vorlage im Ganzen stimmen. Die Polen seien hauptsächlich dazu durch die Behandlung veranlaßt, welche ihnen hier im Hause wiederholt und noch am Sonnabend vom Reichskanzler zu Theil geworden sei. Er weise die Unterstellung, als spekulirten die Polen auf einen unglücklichen Krieg Deutschlands, entschieden zurück. Er bestreite dem Reichskanzler das Recht, den Polen vorzuwerfen, dieselben schürten die Feindseligkeiten und speku⸗ lirten auf eine Störung des Friedens. Eine solche Insinuation sei geeignet, ihre Stellung im In⸗ und namentlich im Aus⸗

zu verwahren in meiner Eigenschaft als ein langjähriger und erprobter Diener unserer Dynastie und Sr. Majestät des Kaisers. Es ist eine

sichten nicht zu früh an den Tag zu treten, selben zu breiten und sich dadurch das Recht zu erkaufen, in dem Schooße des deutschen Reichstages das Deutsche Reich zu bekämpfen. Aber in unserem Interesse, in dem der Regierungen, liegt es, jede Verdunkelung in diesem Punkte nach Möglichkeit zu verhüten und die Absichten Derer, die uns, und wie wir glauben, der Zukunft des Reiches in ihren letzten Plänen feindlich gegenüberstehen, offen an den

Die Industrie von Elsaß⸗Lothringen habe durch den Krieg 58 zu legen, damit die Nation weiß, woran sie sich zu halten hat,

I. an dem 85 sg inzige, was übrig bleibt, wenn man sagt, daß man an einen Kr nicht denke; das Andere ist eine Redensart, Sng kein Mensch

ben wird, und die man nur unter Umständen vor Gericht, wo man nicht gezwungen werden kann, über seine Gedanken Auskunft zu geben,

hinstellen kann; der Richter muß sich damit zufrieden geben, er kann

nichts anderes thun. sich mit dieser Auskunft zufrieden geben wird: Wiederherstellung des Königreichs Polen auf Kosten von dem Druck der öffentlichen Meinung in Deutschland —, a, meine

Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußi

Verträge und durch das Völkerrecht gewährt seien, und seine Partei finde darin die Unterstütunge mebre sege, S bine rung. Diese Bevölkerung habe sich seit Jahrzehnten so maß⸗ voll benommen, daß die Anklagen gegen sie ungerecht und unverantwortlich seien. Er bestreite dem Reichskanzler das Recht, die Polen auf ihrem legalen Standpunkte anzugreifen. heeen 838 Fefalen 8 so weit es sich mit den etze ertrage. en Erfolg überla ’1 na der Pecehens g sse seine Partei Gott Der Abg. Lohren befürwortete seinen Antrag. Man brauche diese subventionirten Courierdampfer, um Briefe, Muster, kostbare Waaren und namentlich die deutschen Ge⸗ schäftsreisenden regelmäßig und bequem nach Asien, Australien und Afrika befördern zu können. Aber auch sonst seien diese Dampfer für die Stellung Deutschlands im Welthandel un⸗ entbehrlich. (Redner gab zahlreiche statistische Belege dafür, daß der Handel Europas mit jenen Ländern in steter rapider Zunahme begriffen sei; daß derselbe aber bis jetzt haupt⸗ sächlich durch Engländer und Holländer vermittelt werde, von denen der deutsche Kaufmann vollständig ab⸗ hängig sei). Deutschland beziehe allein aus Asien für 350 Millionen Mark tropische Produkte, und für min⸗ destens 100 Millionen Mark andere Waaren. Dieser große Import werde eine vorzügliche Grundlage auch für die Ver⸗ mehrung des deutschen Exports abgeben. Heute biete nun ein großer weitblickender Staatsmann dem Deutschen die Gelegen⸗ heit, sich bei der Vermittelung dieses gewaltigen Exports und Imports vom Auslande, von England und dem kleinen Hol⸗ land unabhängig zu machen. Lasse man diese Gelegenheit nicht ungenützt vorüber! Verschaffe man dem deutschen Kauf⸗ mann auch jenseits der Meere das Ansehen, welches dem Ver⸗ treter einer großen Nation zukomme. Redner befürwortete so⸗ dann seinen Antrag auf Herstellung einer ostafrikanischen Linie. Gerade diese Linie werde von außerordentlichem Vor⸗ theil für die Rhederei sein und zahlreichen deutschen Arbeitern Beschäftigung geben; namentlich aber auch zur Hebung der deutschen Kolonien in Ostafrika beitragen.

Demnächst nahm der Reichskanzler Fürst von Bismarck das Wort: ’. Der Herr Abgeordnete für Krotoschin hat sich vorher dahin ge⸗ äußert, daß ich in meiner vorgestrigen Rede seine Fraktion ungerecht beschuldigt hätte, als ob sie zu denen gehörte, deren Ideale nur durch Störung der Einheit des Deutschen Reichs, nur durch Losreißung von Landestheilen von einzelnen Staaten, die das Deutsche Reich bilden, verwirklicht werden könnten. Er hat nach dem, was mir dar⸗ über gemeldet ist, aus dem Zusammenhang meiner Worte geschlossen, daß ich auch seine Fraktion gemeint hätte. Das ist ja außer Zweifel; das braucht man nicht aus dem Zusammenhang zu verstehen. Ich habe es ganz ausdrücklich gesagt. Der Herr Abgeordnete hat aber doch meine Aeußerungen ein klein wenig verschoben, indem er mir die Behauptung in den Mund legt, daß die Fraktionen, von denen ich sprach, förmlich darauf spekulirten, denjenigen Krieg hervorzurufen, der, wenn er unglücklich für Deutschland abliefe, dahin führen könnte, ihre offen ausgesprochenen Ideale zu verwirklichen. Nun, meine Herren, wenn ich das gesagt hätte, ob ich mich da von der objektiven Wahrheit sehr weit entfernt hätte, das will ich hier unentschieden lassen; ich bin auch nicht ver⸗ Fichte⸗ mich darüber auszusprechen, denn ich habe es nicht gesagt. ch will aber das, was ich gesagt habe, nochmals richtig stellen durch Wiederanführung der Hauptstellen. auf deren Auslegung es hier ankommt, und ich glaube, daß die Versammlung davon überzeugt werden wird, daß ich Niemanden über Gebühr angeschuldigt u belastet habe in den Voraussetzungen, die ich hier aussprach. Ich geseht die Taktik aller D „Es e Taktik aller Derjenigen, deren Parteiprogamm oder deren Bestrebungen überhaupt nur durch dn. des Frie⸗ dens, nur durch Krieg verwirklicht werden können, stets Zweifel an der Sicherheit des Friedens auszusprechen.“ Das isi eine allgemeine Wahrheit, die der Herr Abgeordnete nicht wird erschüttern können. 18 „Mir ist das in meiner Erfahrung wiederholt entgegentreten, und wir haben bei uns im Reiche ja Fraktionen, deren offen auf⸗ gestellte Ideale nur durch Krieg, und zwar durch einen unglücklichen Krieg Deutschlands erreicht werden können.“ Ich frage den Herrn Abgeordneten: ist nicht die Herstellung des Königreichs Polen eins von den offen aufgestellten Idealen seiner Landsleute und namentlich der Fraktion, die hier vertreten ist? Er wird das nicht bestreiten; er sagt aber: wir wollen die Wiederherstel⸗ lung nicht durch Krieg, wir wollen sie durch den Druck der öffent⸗ lichen Meinung erreichen. Ja, meine Herren, das ist absolut un⸗ möglich; das Ideal, das ich früher anführte, die Losreißung von Provinzen von dem preußischen Staate, wie er heute unter der Garantie des deutschen Reiches steht, ist nur durch Krieg möglich oder durch ein anderes Mittel, ebenso gewaltsam, durch Revolution. Zwischen den beiden allein steht die Wahl. Es giebt keine andere Auslegung; der Druck der öffentlichen Meinung, und was man sonst noch vorgeben mag, kann nicht gemeint sein. Es liegt ja allerdings im Interesse der Se mit ihren Ab⸗ einen Mantel über die⸗

voran sie ist. Ich habe weiter gesagt:

„Die Herstellung des Königreichs Polen, die Loßreißung der polnischredenden Provinzen von Preußen ist doch nur möglich durch einen unglücklichen Krieg Preußens.“

Den Gedanken an Revolution habe ich aus Rücksicht auf den er ist aber doch das

Ob aber der Richter, hier das deutsche Volk, wir erwarten die der preußischen

Herren, das glaube ich doch nicht. Also: Ich sagte:

„die Herstellung des Königreichs Polen u. s. 8 ist 25, mög⸗ lich durch einen unglücklichen Krieg Preußens; die Wiederabtretung von Nordschleswig an Dänemark, die Wiederherstellung des König⸗

lande falsch darzustellen. Seine Partei reklamire nur fort und fort auf legalem Boden die Rechte, die den Polen durch

reichs Hannover in seinem alten Umfange, die Wiederabtretung von Elsaß⸗Lothringen an Frankreich sind alles Dinge, die nur nach