1885 / 68 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 20 Mar 1885 18:00:01 GMT) scan diff

Abends 7 Uhr begab Sich Se. Kaiserliche Hoheit in die Oper und um 8 ¾ Uhr zu der Soirée bei Ihren Majestäten. Um 10 ¾ Uhr fuhren Ihre Kaiserlichen und König⸗ lichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprin⸗ zessin mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Victoria um Empfange Ihrer Königlichen Hoheiten des Prinzen von Wales, des Prinzen Albert Victor und des Herzogs von ESdinburg nach dem Bahnhof Friedrichstraße. 11X1X“X“

Der Bundesrath hielt am gestrigen Tage unter dem Vorsitz des Staats⸗Ministers, Staatssekretärs des Innern von Boetticher eine Plenarsitzung ab. Der Vorsitzende legte ein

Schreiben des Präsidenten des Reichstages vor, nach welchem der letztere die ihm vorgelegte Denkschrift über die Ausführung der seit dem Jahre 1875 erlassenen Anleihegeseze zur Berathung gezogen und anerkannt hat, daß durch die Vorlegung der Denkschrift den Bestim⸗ mungen der betreffenden Gesetze genügt worden ist. Die Vorlage wurde dem Ausschusse für Rechnungswesen über⸗ wiesen. Der Entwurf einer Verordnung wegen Er⸗ gänzung der Ausführungsbestimmungen zu dem Gesetz über die Kriegsleistungen vom 13. Juni 1873, der Entwurf eines Gesetzes für Elsaß⸗Lothringen über die erzinsung der Gelder der Sparkassen und Hülfsgenossen⸗ chaften, die Uebersicht der Ausgaben und Einnahmen der Lan⸗ desverwaltung von Elsaß⸗Lothringen für 1883/84 und die allgemeine Rechnung über den Landeshaushalt von Elsaß⸗ Lothringen, wurden ebenfalls den zuständigen Aus⸗ schüssen überwiesen. Von einer Petition mehrerer Firmen in Mannheim wegen Erhöhung der Holzzölle nahm die Ver⸗ sammlung Kenntniß. Sodann ertheilte dieselbe dem vom Reichstage angenommenen Entwurf eines Gesetzes wegen Abänderung des Gesetzes über die Erhebung der Tabacksteuer ihre Zustimmung, und beschloß, daß den. Fabrikanten von Lacken, welche als Ueberzug 3 Oeldruckbilder benutzt werden, gestattet werden 8 den zur Herstellung dieser Lacke steuerfrei zu verwendenden Branntwein mittelst ½ Proz. Terpentinöl denaturiren u lassen. Die Vorlagen, betreffend die Prüfung der Maschinisten auf Seedampfschiffen, Angaben über die Maschinenkräfte der Seedampfschiffe und den bezüglichen Ver⸗ zeichnissen in den Nachweis der Befähigung zum Schiffer uf deutschen Kauffahrteischiffen in kleiner Südseefahrt, fanden nach den Anträgen der Ausschüsse ihre Er⸗ ledigung. Nachdem noch beschlossen worden war, dem Entwurfe eines Gesetzes für Elsaß⸗Lothringen wegen Fest⸗ stellung des Landeshaushalts Etats für 1885/86 in der vom Landesausschuß beschlossenen abgeänderten Fassung und dem Entwurfe eines Gesetzes für Elsaß⸗Lothringen, betreffend die Unterstützung von dienstunfähigen Forstschutzbeamten der Ge⸗ meinden und öffentlichen Anstalten sowie von Hinterbliebenen solcher Beamten, die Zustimmung zu ertheilen, wurde die Sitzung mit der Vorlegung von Eingaben verschiedenen In⸗ halts geschlossen.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzun des Reichstages befindet sich in der Ersten Belage

In der heutigen (72.) Sitzung des Reichstages, welcher die Staats⸗Minister Dr. Lucius und von Boetticher und der Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts, von Burchard, sowie mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, wurde die zweite Be⸗ rathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend Abänderung des Zolltarifgesetzes vom 15. Juli 1879, fortgesetzt, und zwar mit der Position 13, Holz und andere vegeta⸗ bilische Schnitzstoffe ꝛc.

Zur Diskussion stand zunächst die Position 13 c 3. Die⸗ selbe lautet in der Regierungsvorlage:

Bretter, nicht gehobelte; in der Richtung der Längsachse be⸗

schlagene oder gesägte Kanthölzer und ähnliche Säge⸗ und Schnitt⸗ waaren: v““

Anmerkung zu c: Mengen von nicht mehr als 50 kg, nicht mit der Eisenbahn eingehend, für Bewohner des Grenzbezirks, vorbehaltlich der im 8 Falle eines Mißbrauchs örtlich anzuordnenden Aufhebung oder Be⸗ ENGeaen. ... . . Die Kommission hatte folgende Sätze beschlossen: Zin der Richtung der Längsachse gesägt; nicht gehobelte Bretter; gesägte Kanthölzer und andere Säge⸗ und Schnittwaaren: E111 8 oder Hierzu lag folgender Antrag des Abg. Spahn vor: 3) der Richtung der Längsaxe gesägt; nicht gehobelte Bretter; esägte und andere Säge⸗ und Schnittwaaren:

1111664*“

Der Referent Abg. Freiherr von Goeler erklärte im Namen der Kommission, daß dieselbe von der Voraussetzung aus⸗ gegangen sei, daß zwischen den Zollsätzen sub c 1 und sub c3 ein Verhältniß von 1:5 bestehen müsse.

Der Abg. Graf von Holstein erklärte sich gegen einen Bretterzoll, indem er namentlich darauf hinwies, daß die Provinz Schleswig⸗Holstein sehr arm an Holz sei, und ihren Bedarf durch Import aus Schweden und Norwegen decken müsse. Der Verbrauch an Holz sei namentlich in der Landwirthschaft sehr be⸗ deutend. Zu der Vertheuerung durch den Zoll komme noch S vanneiceidniche Kertheuerung durch den Zwischenhandel,

die Mehrbelastung der Provinz Schleswig⸗ t

nach Millionen zählen daccbe G

Hen Wen bar von den gh Ffüben⸗ Rickert und Ge⸗ g eingegangen, die Zollposition 13 ⸗c

0,70 festzusetzen. 1.“

Der Abg. Graf Adelmann bedauerte, daß dieser An⸗ trag überhaupt eingebracht sei. Es sei schon in der Kommission schwer gewesen, für Zoll auf Rohholz und auf Bretter ein richtiges Verhältniß herzu⸗ stellen, im Plenum werde dies noch viel schwerer sein. Da aber eine Reihe von Sägemühlenbesitzern sich in einer Petition an den Reichstag dafür ausgesprochen hätten, für den Fall der Erhöhung des Holzzolles überhaupt, zwischen dem Zoll auf Rohholz und auf Brettern ein Verhältniß von

1: 5 eintreten zu lassen, erkläre er sich d n Antrag Spahn. sich demgemäß für den

11.“ 1

Das Herrenhaus hielt heute seine 9. Sitzung. Derselben wohnten der Justiz⸗Minister Dr. Friedberg und mehrere Regierungskommissarien bei. 11.“

Der Präsident, Herzog von Ratibor, welcher die Sitzung um 12 Uhr 20 Minuten eröffnete, hob zunächst hervor, daß er glaube, das Herrenhaus werde, wie in früheren Jahren, den Wunsch hegen, Se. Majestät den Kaiser und König zu Allerhöchstseinem Geburtstage zu beglückwünschen. Wenn kein Widerspruch erhoben werde (was nicht geschah), so nehme er an, daß das 8 damit einverstanden sei, daß Sr. Majestät das Präsidium die unterthänigsten Glückwünsche des Hauses zum Ausdruck bringe. 1

Hierauf theilte der Präsident mit, daß der Regierungs⸗ Präsident a. D., Wirkliche Geheime Rath von Kotze seit der letzten Sitzung gestorben ist. Das Haus ehrte das Andenken desselben durch Erheben von den Plätzen.

In das Haus neu eingetreten ist der Graf von Althann. Derselbe wurde vom Präsidenten Namens des Hauses begrüßt in der nächsten Sitzung auf die Verfassung vereidet werden.

In die Tagesordnung eintretend, nahm das Haus zunächst den mündlichen Bericht der Agrarkommission über die Peti⸗ tionen der Deputation des Neuländer Deichverbandes ent⸗ gegen, welchen Freiherr von Manteuffel erstattete.

In Betreff derjenigen Petition, welche die Erstattung der für die Vertheidigung und Wiederherstellung der im Dezember 1875 be⸗ schädigten Hoopter Deiche mit 74850 aufgewendeten Kosten aus Staatsfonds zu bewirken bittet, beantragt der Referent, diese Petition der Staatsregierung zu thunlichster Berücksichtigung zu überweisen.

Der Regierungskommissar, Geheime Ober⸗Regierungs⸗ Rath Beyer bat dagegen, die Petition abzulehnen. Die Herren Graf Brühl, Struckmann und Graf von Zieten⸗ Schwerin befürworteten unter Hinweis darauf, daß das Abgeordnetenhaus über dieselbe Petition in gleichem Sinne beschlossen habe, die Annahme des Kommissionsantrages, und das Haus beschloß demgemäß.

In Betreff der zweiten Petition derselben Körperschaft, in welcher dieselbe ersucht, die Beseitigung der Verlängerung des Hauer Flügeldeiches herbeiführen und die Sicherstellunts der gefährdeten Deichstrecke veranlassen zu wollen, beantragte derselbe Berichterstatter: in Erwägung, daß der Instanzenzug noch nicht beendigt, und in der Hoffnung, daß die hohe Staatsregierung den bedrängten Verhältnissen der Petenten nach Möglichkeit Rechnung tragen werde, über diese Petition zur Tagesordnung überzugehen.

Auch bezüglich der dritten Petition dersel ben Körperschaft, welche wünscht, die Aufräumung der Seeve auf der Strecke vom Aschäuser Mühlbach bis zur Elbe zu erwirken, beantragte der Berichterstatter, zur Tagesordnung überzugehen. „Das Haus trat den Anträgen des Referenten ohne Dis⸗ kussion bei.

1 Es folgte als zweiter Gegenstand der Tagesordnung der mündliche Bericht der Kommission für kommunale Angelegen⸗ heiten über die Petition des Vorsitzenden des Grund⸗ und Hausbesitzervereins von Aachen und Burtscheid und der Herren Piest und Genossen zu Stettin um Aufhebung resp. Herab⸗ setzung der Gebäudesteuer.

Der Referent, Herr von Woyrsch, beantragte, diese Peti⸗ tionen der Königlichen Staatsregierung als Material für die Steuergesetzgebung zu überweisen, und das Haus entsprach diesem Antrage ohne Dehbatte.

Freiherr von Manteuffel berichtete hierauf Namens der Petitionskommission über die Petition des Vorstandes der katholischen Kirchengemeinde zu Wiesbaden, welche dahin geht: das Herrenhaus wolle seine Verwendung ein⸗ treten lassen, daß die vom Ober⸗Präsidium zu Berlin erlassenen Verfügungen, nach denen der altkatholischen Ge⸗ meinschaft zu Wiesbaden der Gebrauch der dortigen Pfarrkirche eingeräumt wurde, zurückgenommen werden. Er beantrage, wie dies bereits im vorigen Jahre vom Hause beschlossen worden, die Petition der Königlichen Staatsregierung zur Erwägung zu überweisen mit dem Ersuchen, wenn thunlich, Abhülfe zu schaffen. 1 Nachdem die Herren Struckmann, Graf Brühl und Beseler den Antrag zur Annahme empfohlen hatten, erklärte der Regierungskommissar, Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Hübner, daß der Herr Minister gern bereit sei, in dem Sinne der Petition thätig zu sein, wie es der Minister schon früher in Aussicht gestellt habe. Es hätten auch bereits in diesem Sinne Verhandlungen und Erörterungen stattgefunden, welche voraussichtlich zu einem günstigen Ziele führen würden.

Der Antrag des Referenten wurde hierauf ohne weitere - angenommen.

err von Wiedebach berichtete über die Petition der Ein⸗ wohner von Oberdrees (Kreis Rheinbach, Regierungsbezirk Köln): die Staatsregierung zu veranlassen, daß dieselbe den angeordneten Neubau eines Schulhauses einstweilen sistire und beantragte Uebergang zur Tagesordnung. 8 Das Haus schloß sich diesem Antrage ohne Debatte an. Herr von Schöning berichtete über die Petition des „Centralverbandes der evangelisch christlichen Enthaltsamkeits⸗ gesellschaften in Deutschland zur Bekämpfung der Trunksucht“ um den Erlaß von Gesetzen zur Bekämpfung der Trunk⸗ sucht und empfahl: in Erwägung, daß die Königliche Staatsregierung den auf Bekämpfung der Trunk⸗ sucht gerichteten löblichen Bestrebungen der Petenten volle Würdigung zu Theil werden lasse, die Hauptpunkte der Petition aber der Reichs⸗Gesetzgebung unterliegen und durch Polizeiverordnungen geregelt seien oder geregelt werden könnten, über die Petition zur Tagesordnung überzugehen. „Nachdem sich die Herren Frhr. von Durant und Graf Zieten⸗Schwerin im Sinne der Petition, aber auch im Sinne des Antrages des Referenten ausgesprochen hatten, wurde der Antrag ohne weitere Debatte angenommen.

Damit 85 Ee Faeeefkabc Fsseht 8 der Sitzung: 2 Uhr inuten. Nächste Sitzung: Sonnabend 1 Uhr. 2 ö

Nachdem in der gestrigen (45.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten der Gesetzentwurf über die Veräußerung und hypothekarische Belastung von Grundstücken im Geltungsbereiche des Rhei⸗ nischen Rechtes en bloe angenommen worden war, er⸗ folgte in der heutigen (46.), welcher der Minister der öffentlichen Arbeiten Maybach nebst Regierungskommissarien beiwohnte, die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Beschaffung von Mitteln für die Erweiterung und Vervollständi

Für den Bau einer Eisenbahn von Hildesheim nach Braunschweig, welche als Vollbahn gebaut werden soll, waren von der Regierung 3 500 000 gesfordert. Die Kommission beantragte, die geforderte Summe unverändert zu bewilligen.

Der Abg. von Strombeck wünschte, daß in Zukunft auch zu den Kosten der Vollbahnen beitragen

ollten.

Der Staats⸗Minister Maybach hielt diesen Wunsch zwar für gerechtfertigt, bat jedoch, hierüber in jedem einzelnen Falle zu entscheiden.

Die Summe von 3 500 000 wurde hierauf bewilligt.

Für die Linie Hochneukirch —Grevenbroich waren 1 500 000 gefordert; die Kommission beantragte, dieselben zu streichen.

Hierzu lag ein Antrag der Abgg. g. und Berger vor:

Den §. 1 unter Ia Nr. 2 durch Wiedereinfügung der im Regierungsentwurf emhallenen, von der verstaͤrkten Budgetkommission gestrichenen Worte, wie folgt zu fassen:

2) von Hochneukirch nach Grevenbroich die Summe von 89 1 150 000

Der Staats⸗Minister Maybach wies darauf hin, daß die Interessen der Stadt Gladbach durch diese Linie keineswegs geschädigt würden, sondern daß diese Strecke als Stück einer zukünftigen direkten Linie für den Güterverkehr Köln —Ant⸗ werpen in Aussicht genommen sei.

Nach einigen weiteren Bemerkungen der Abgg. Kieschke und Berger, sowie nach einer Erwiderung des Ministers May⸗ bach wurde der Antrag Janssen angenommen.

Für die Linie Oppeln Namslau hatte die Regierung 3 400 000 gefordert, die Kommission beantragte die Be⸗ willigung derselben. Die 3 400 000 wurden ohne Debatte bewilligt.

Für die Linie Glatz —Rückers waren von der Regierung 1 580 000 gefordert, deren Bewilligung die Kommission beantragte. Auch diese Summe von 1 580 000 wurde ohne Debatte bewilligt.

„Eine weitere Summe von 6 610 000 war von der Re⸗ gierung für den Bau einer Eisenbahn von Rogasen nach Inowrazlaw gefordert, welche die Kommission zu bewilligen vorschlug.

Hierzu lag ein Antrag des Abg. Dr. Grafen von Posa⸗ dowsky⸗Wehner vor:

1) In §. 1 I a 5 „Zum Bau einer Eisenbahn von Rogasen nach Inowrazlaw“ anstalt der Summe von „6 610 000 ℳ“ zu setzen „6 730 000 ℳ“, und

2) in §. 1 C a dementsprechend bei Nr. 5 (Rogasen Inowrazlaw) statt der Summe von 240 000 ℳ“ zu setzen „120 000 ℳ“.

Die Abgg. von Oertzen (Bromberg) und Seer befürwor⸗ teten den Antrag.

Der Staats⸗Minister Maybach erklärte sich gegen den Antrag, damit nicht der Widerstand einzelner Kreise gegen ein im de p liegendes Unternehmen noch verstärkt werde.

Hierauf zog der Abg. Dr. Graf von Posadowsky seinen Antrag zurück, und die Summe von 6 610 000 wurde dem Antrage der Kommission gemäß bewilligt.

Für die Bahn Deutsch⸗Krone Kallies waren von der Regierung 3 100 000 gefordert, deren Bewilligung die Kommission vorschlug.

Der Abg. Büchtemann bemängelte, daß die Bahn nicht von Westen nach Osten gebaut würde. So hätte man jenen Gegenden besser helfen, namentlich die Industrie heben können. „Die Abgg. Dr. Wehr und Graf d'’Haussonville erklärten, die Bahn würde besonders der Landwirthschaft jener Gegend dienen.

Der Staats⸗Minister Maybach bemerkte, daß die Bahn nicht für immer in Kallies endigen, sondern bei besserer Finanz⸗ faßt nach Stargardt und Arnswalde weitergeführt werden ollte.

Die 3 100 000 wurden darauf dem Kommission gemäß unverändert bewilligt. Die Forderung von 2115 000 für den Bau einer Eisenbahn Löwenberg Templin sowie die weitere Forderung von 4 606 000 für den Bau einer Linie Stralsund Rostock mit Abzweigung von Velgast nach Barth wurden ohne Debatte nach dem Antrage der Kommission der Regierungs⸗ vorlage entsprechend angenommen.

Bei Schluß des Blattes berieth das Haus den Etat für den Bau einer Eisenbahnlinie Neustadt a. D. nach Meyen⸗ burg⸗Landesgrenze.

Die Verfasser der Entwürfe eines Reichs gerichts⸗ gebäudes in Leipzig, welchen die in dem Konkurrenz⸗ ausschreiben ausgesetzten Preise durch die Entscheidung der mit der Prüfung beauftragten Jury zuerkannt wurden, sind in der amtlichen Bekanntmachung in Nr. 62 dieses Blattes aufgeführt. Danach wurden der erste Preis mit 8000 dem Entwurfe von Ludwig Hoffmann in Darmstadt und Peter Dybwad in Berlin, die beiden zweiten Preise mit je 4000 dem Entwurfe von H. Lender in Straßburg und dem Entwurfe von Eisenlohr und Weigle in Stuttgart, die beiden dritten Preise mit je 2000 dem Entwurfe von E. Vischer und Fueter in Basel und dem Entwurfe von E. Giese und P. Weidner in Dresden zu Theil. Außer diesen preisgekrönten sind unter den ein⸗ gegangenen Entwürfen noch mehrere andere Seitens der Jury für sehr beachtenswerth erklärt worden, welche insbesondere noch drei Entwürfe, einen von Schmieden, von Weltzien und Speer in Berlin, einen von A. Busse in Berlin und einen mit dem Motto: Suum cuique bezeichneten, zum An⸗ kauf empfohlen hat.

Antrage der

Nach einer nach Benehmen mit dem Finanz⸗Minister erlassenen Circularverfügung des Ministers der öffentlichen Arbeiten, vom 7. d. M., erlischt bezw. ruht das Recht auf den Bezug des gesetzlichen Waisengeldes nur in den in den §§. 18 und 19 des Reliktengesetzes vom 20. Mai 1882 vor⸗ gesehenen Fällen, bleibt dagegen von der Aufnahme des Bezugs⸗ berechtigten in eine staatliche Erziehungs⸗Anstalt soweit nicht etwa bei der Aufnahme zugleich auf das Waisen⸗ geld Verzicht geleistet wird unberührt.

Königsberg i. Pr., 19. März. (W. T. B.) Der Provinzial⸗Landtag hat die Errichtung einer Gewerbe⸗ kammer für Ostpreußen angenommen und hierzu vom 1. April 1886 den Betrag von 5000 bewilligt.

Sachsen. Dresden, 19. März. Das „Dresd. Journ.“ meldet: Se. Majestät der Kön ig und Se. ieth Hoheit der Prinz Georg werden Sich am Sonnabend, den 21. d. M., nach Berlin begeben, um Se. Majestät den Deutschen Kaiser, König von Preußen, aus Anlaß Allerhöchst⸗

Bei Schluß des Blattes sprach der Abg. Münch.

eisenbahnnetzes.

dessen Geburtsfestes persönlich zu beglückwünschen.

ö“ 8 11“ Die im Lause des gestrigen Tages aus Würzburg hier eingegangenen Nachrichten lassen erfreulicher Weise keinen Zweifel darüber, daß die Erkrankung Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Friedrich August daselbst nur in einer sehr leichten Lungenentzündung besteht und fast schon behoben ist. Das Fieber ist gewichen, Appetit und Schlaf gut, sodaß der Eintritt in die volle Rekonvalescenz und sodann die Weiter⸗ reise Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Friedrich August hierher ehebaldigst erwartet werden kann.

„Hessen. Darmstadt, 20. März. (W. T. B.) Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Carl, die Mutter des Großherzogs, ist seit dem 15. d. M. an einem katarrhalischen Fieber nicht unbedenklich erkrankt. Das heute in der „Darm⸗ städter Zeitung“ erschienene Bulletin meldet: es sei eine entzündliche Verdichtung in dem linken Lungenflügel eingetreten.

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 19. März. Die heutige Feier des Geburtstages Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs⸗in der Residenz legte aufs Neue⸗— ein beredtes Zeugniß von der Verehrung und Dankbarkeit der Schweriner gegen ihren geliebten Fürsten ab. Leider mußten sich auch in diesem Jahre die Wünsche von Glück und Segen für den erlauchten Landesvater in die Ferne, und zwar nach Palermo, richten, wo Se. Königliche Hoheit zur Zeit mit Höchstseiner Gemahlin weilt. Da aber die Nach⸗ richten über das Befinden Höchstdesselben nach wie vor auf das Günstigste lauten, so kann sein treues Land wohl mit Zuversicht darauf hoffen, daß es dem Großherzog vergönnt sein werde, im künftigen Jahre, den 19. März, in der Heimath inmitten seiner Unterthanen zu verleben. Zur Vorfeier des festlichen Tages fanden gestern Abend von 8 ¼ 10 ¼ Uhr im Palais Ihrer Königlichen Hoheit der Frau Großherzogin Marie Theateraufführungen vor den beiden Großherzoginnen und den höchsten Hofchargen statt. Heute in der Frühe durchzog eine Reveille, ausgeführt von den sämmtlichen Militär⸗Musikcorps, die mit Fahnen und Flaggen reich geschmückten Straßen der Hauptstadt. Während der Reveille wurden 101 Salutschüsse abgefeuert. In den Schulen feierte man den Tag in angemessener Weise. Mittags 12 Uhr erfolgte auf dem Alten Garten eine von dem Major von Götz kommandirte und von dem Di⸗ visions⸗Commandeur General⸗Lieutenant Bronsart von Schellendorff abgenommene Parade, bei welcher der ge⸗ genannte Höchstkommandirende das Hoch auf den Großherzog ausbrachte. In den Offiziers⸗Kasinos wurden Festessen ver⸗ anstaltet. Im Hoftheater ward bei festlich erleuchtetem Hause die Oper „Frithiof“ zum ersten Male aufgeführt. Nach der Festvorstellung beschloß ein glänzender Fackelzug die Festlich⸗ keiten. Der außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister für beide Mecklenburg am Königlich preußischen Hofe, Geheimer Legations⸗Rath von Prollius, ist zum Wirk⸗ lichen Geheimen Rath mit dem Prädikat Excellenz ernannt worden.

19. März. Aus Palermo, vom 14. März, wird den „Meckl. Anz.“ geschrieben: Se. Königliche Hoheit der Großherzog und Ihre Kaiserliche Hoheit die Groß⸗ herzogin sind am Mittwoch, den 11. März, von Neapel nach einer guten Ueberfahrt hier im besten Wohlsein ein⸗ getroffen und haben in der Villa Belmonte Wohnung ge⸗ nommen. Zum Empfange waren die Spitzen der Civil⸗ und Militärbehörden, sowie der deutsche und russische Konsul erschienen und geleiteten die hohen Herrschaften in einer Regierungsbarke vom Schiff zum Hafen. In der Villa selbst wurden Allerhöchstdieselben vom Principe Pandolfina empfan⸗ gen, der als äußeres Zeichen seiner Freude über die ihm durch den hohen Besuch zu Theil gewordene Ehre eine Fahne in den mecklenburgischen Landesfarben und mit kunstvoll aus⸗ eführtem Wappen auf seinem gastlichen Hause aufgehißt atte. 1eh am Geburtstage Sr. Majestät des Königs von Italien, fand hier, Nachmittags 4 ½ Uhr, eine Parade der Garnison statt, der der Großherzog und die Großherzogin vom Balkon des Palazzo Butera zusahen. u“

Oesterreich⸗Uugarn. Wien, 18. März. (Wien. Abdp.) Im Abgeordnetenhause wurde heute die Debatte über den Etat des Ackerbau⸗Ministeriums zu Ende geführt. Sodann gelangte der Voranschlag des Justiz⸗Ministe⸗ riums zur Verhandlung. Als erster Redner zum Kapitel „Centralleitung“ ergriff Dr. Knotz das Wort, welcher durch seine heftigen Auslassungen stürmische Scenen provozirte. Sodann wurde die Berathung abgebrochen.

19. März. (W. T. B.) Das Abgeordnetenhaus hat in seiner heutigen Abendsitzung die Berathung des Budgets zu Ende geführt und das Finanzgesetz ohne Debatte nach den Anträgen des Ausschusses genehmigt. 1

Pest, 18. März. (Wien. Ztg.) Die liberale Partei des Reichstages genehmigte die vom Minister⸗Präsidenten unterbreitete Resolution, betreffend die Entsen dung einer Regnicolar⸗Deputation für die kroatischen An⸗ gelegenheiten, ohne Debatte. 1

Der Dreier⸗Ausschuß des Oberhauses hat heute endgültig die Textirung der beschlossenen Modifikationen der

Oberhausreform⸗Vorlage festgestellt und den Bericht

authenticirt. Derselbe wird in der morgen stattfindenden Plenarsitzung unterbreitet.

Niederlande. Haag, 18. März. (Köln. Ztg.) Die Regierung hat der Zweiten Kammer zwölf verschiedene Gesetzentwürfe vorgelegt, die sämmtlich die Abände⸗ Ir der Staatsverfassung in einzelnen Artikeln be⸗ treffen.

Belgien. Brüssel, 19. März. (W. T. B.) In der Repräsentantenkammer verlas heute der Präsident die Antwort des Königs auf die in Bezug auf das Kongoland an ihn gerichtete Adresse. Der König sagt darin, daß ihn die ihm in der Adresse ausgesprochenen Gesinnungen ermuthigen, das Werk weiter zu verfolgen; er vertraue fest auf den Erfolg und hoffe, daß Belgien in jenen ausgedehnten Länderstrichen neue Absatzgebiete finden werde.

Großbritannien und Irland. London, 19. März.

W. T. B.) In der heutigen Unterhaussitzung zeigte der remier Gladstone an, daß die Osterferien des Unter⸗ hauses vom 31. d. M. bis zum 9. April cr. dauern würden, sofern nicht durch die Berathung des egyp⸗ tischen Finanzabkommens eine Veränderung in diesen Diepositionen herbeigeführt werden sollte. Er halte es nicht für wünschenswerth, daß dem Verlangen North⸗

cothe's, die Berathung des egyptischen Finanzabkommens

bis nach den Osterferien zu vertagen, stattgegeben werde, weil der Zustand der egyptischen Finanzen eine Verzöge⸗ rung nicht rathsam erscheinen lasse, behalte sich indessen vor, darüber morgen eine bestimmte Antwort zu geben. Der Staatssekretär des Krieges, Lord Harting⸗ ton, bemerkte zu dem Budget des Kriegs⸗Ministeriums für das nächste Finanzjahr: dasselbe umfasse nicht alle Bedürf⸗ nisse; einige Kreditforderungen würden dem Hause erst nach Ostern vorgelegt werden, wie z. B. die für die Nil⸗ und Sudan⸗Expeditionen und für die Eisenbahn von Suakim nach Berber. Die Rekrutirung habe im letzten Jahre 35 650 Mann betragen, also 7500 Mann mehr, als zur Ausfüllung der Lücken erforderlich waren. Im Sudan und in Egypten befänden sich jetzt 16 400 Mann; die Reserve zähle gegenwärtig 39 244 Mann, die Miliz 30 803 Mann und die Freiwilligen⸗Corps 208 000 Mann. Weiter theilte Lord Hartington mit, daß die Festungswerke in Hongkong im nächsten Jahre vollendet werden würden; diejenigen in Trin⸗ comalee, Singapsre, an der *St. Simonsbay, in Sierra Leone und im Fort Elisabeth sollten begonnen werden. In Chatam sei eine Uebungsschule für die Bedienung unterseeischer Minen errichtet. Schließlich beantragte Lord Hartington den Effektivbestand des Heeres auf 114 694 Mann festzusetzen.

Fraukreich. Paris, 19. März. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer begann heute die Berathung des Antrages wegen Wiedereinführung des Listen⸗ skrutiniums. 1

Der Senat trat in die Berathung der Getreidezoll⸗ Vorlage ein, wird dieselbe auf Verlangen der Regierung aber morgen unterbrechen, um nochmals über die von der Kammer angefochtenen Artikel des Budgets in Berathung zu treten. Die Budgetkommission des Senats ist bei der Ansicht verblieben, daß zwei der von der Kammer gestrichenen Posten nicht gestrichen werden könnten, weil sie auf gesetzlicher Vorschrift beruhten und durch eine ein⸗ fache Abstimmung bei der Budgetberathung nicht beseitigt werden könnten.

Italien. Rom, 19. März. (W. T. B.) Die „Agenzia Stefani“ meldet: Italien hat sich für die Zulassung Spa niens und der Niederlande bei der in Paris stattfindenden Suezkanal⸗Konferenz ausge⸗ sprochen.

In der Deputirtenkammer wurde heute der An⸗ trag des radikalen Deputirten Facio: allen politischen Wäh⸗ lern auch das administrative Wahlrecht zuzugestehen, vom Minister⸗Präsidenten Depretis bekämpft und sodann mit 224 gegen 41 Stimmen abgelehnt. Eine große Anzahl von Deputirten enthielt sich der Abstimmung.

Afrika. Egypten. Suakim, 17. März. (A. Corr.) Heute früh wurde eine Rekognoscirung vorgenommen, und fanden bei der Gelegenheit einige Kavallerie⸗Manöver statt. Eine starke Abtheilung des Feindes kam von den Hügeln herab, doch wurden keine Schüsse abgefeuert. 150 Mann der berittenen Infanterie sind hier von Cairo angekommen. Das 19. Husaren⸗Regiment geht nach Cairo ab, um sich nach dem Nil zu begeben. Das egyptische Kameel⸗Corps wird demselben folgen. 228 Eisenbahnarbeiter sind heute hier angekommen, um an der Berber⸗Suakim⸗Eisenbahn zu arbeiten, die mög⸗ lichst schnelle Fortschritte macht.

Suakim, 19. März. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ berichtet: Die englischen Truppen rückten heute in Hashun ein. Der Feind hatte sich nach einem leichten Scharmützel, das zwischen den englischen Tirailleurs und Arabern stattfand und wobei die englischen Truppen 3 Mann verloren, zurückgezogen. Die englischen Truppen führten hierauf noch eine Rekognoszirung aus und kehrten nach dem Lager zurück; die von den Engländern geräumten Positionen wurden von den Aufständischen schleunigst wieder besetzt. Nach einem Befehl General Grahams soll seine ganze Truppenmacht bis auf ein Bataillon morgen früh 6 Uhr außerhalb des Lagers versam⸗ melt sein.

Korti, 17. März. (Allg. Corr.) Lord Wolseley wird sich in Kurzem zur Inspektion des Lagers nach Abu Dom unweit Merawi begeben. General Grenfell reist von hier ab, um die Verbindungslinie bis Assiut zu inspi⸗ ziren. Ende März wird der General den Befehl über die egyplische Armee übernehmen. General Sir Evelin Wood wird die zwischen Merawi und Dongola stationirten Truppen befehligen. Die Flottenbrigade ist in 4 Sek⸗ tionen eingetheilt und in verschiedenen Lagern unter dem Befehl der Lieutenants Abdy, Reed, Montgomerie und Hardy stationirt worden. Lord Charles Beresford wird sich wiederum dem Stabe Lord Wolseley's anschließen.

(W. T. B.) Das „Daily Chronicle“ bringt ein Telegramm aus Suakim, vom 20. März, nach welchem die englischen Truppen heute bei Tagesanbruch v n Neuem gegen Hasheen vorgerückt sind.

Zeitungsstimmen.

ie „Deutsche volkswirthschaftliche Corre⸗ spondenz“ schreibt über die deutsche Kolonialpolitik und die Eisenindustrie: 1 , Von allen deutschen Industriezweigen ist es in erster Linie die deutsche Eisenindustrie, für welche sich auf Grund der neuen Ko⸗ lonialpolitik die frohe Aussicht auf bessere, nutzbringendere Zeiten er⸗ öffnet, denn ihr wird es in hervorragendem Maße beschieden sein, an der Lösung dieser schwierigen Aufgabe durch Lieferung von Material zum Bau von Häusern, Brücken, Eisenbahnen u. s. w. Antheil zu nehmen. Wenn auch die Zeit vorläufig nur langsam herannahen wird, in welcher ein namhafterer Konsum deutschen Eisens durch die deutschen Kolonien eintritt, ss ist es doch unzweifelhaft, daß die Eisen⸗ produktion die neue Wendung in der Kolonialpolitik des Deutschen Reichs mit großen Erwartungen begrüßen darr. Im Hinblick hierauf ist in der neuesten Publikation des Vereins zur Beförderung des Gewerbefleißes (Februarheft 1885) eine inter⸗ essante Abhandlung über die wirthschaftliche Lage der deutschen Eisen⸗ industrie mit Bezug auf die Kolonialpolitik vom Geheimen Berg⸗ rath Dr. Wedding veröffentlicht worden, worin der Verfasser zu⸗ nächst nachweist, wie die seit dem Jahre 1881 in Deutschland eingetretenen Aenderungen in den Absatzverhältnissen und die Schwan⸗ kungen in den Preisen des Eisens zwar bald die übertriebensten Hoffnungen geweckt, bald die unbegründetsten Befürchtungen für die Zukunft der deutschen Eisenindustrie gezeitigt baben, aber doch nicht erheblich genug gewesen sind, um etwas anderes sicher zu kennzeichnen, als anfangs eine allgemeine Steigerung der Pro⸗ duktion ohne entsprechende Zunahme der Konsumtion, die dadurch

hervorgerufene Erschwerung des Absatzes, dann eine folgende Ein schränkung der Produktion, aber trotzdem einen, wenn auch langsamen, dennoch beständigen Preisrückgang auf dem Weltmarkte. Vergeblich war es, wie der Verfasser ausführt, dem Einflusse dieser all⸗ gemein gültigen Thatsachen auf dem deutschen Markte ent⸗ gegenzutreten. Von allen Versuchen dazu war am meisten wirksam der Patriotismus, welcher nicht nur Staatsverwaltungen, sondern auch zahlreichen privaten Eisenkonsumenten die thunlichste Bevorzugung des inländischen Produkts auferlegte, während sich der Verfasser über den Einfluß der Koalitionen sehr abfällig ausspricht. Ein ganz neuer, freundlicher Ausblick in die Zukunft, heißt es dann, habe sich jetzt auf einmal, lang ersehnt von Vielen, unerwartet dennoch für die Meisten, unter dem Einfluß der deutschen Kolonialpolitik geboten. „Wer nur einigermaßen den Ein⸗ fluß verfolgt hat, den die britischen Kolonien auf den Absatz der englischen Ueberproduktion gehabt haben, und den Unterschied beobachtet hat, der in der Bedeutung eigener Kolonien gegenüber den anderen Abnehmern auf dem Veltmarkte für England liegt, der wird in keinem Zweifel sein über die hohe Be⸗ deutung der Kolonialpolitik für die deutsche Industrie, welche darin zu suchen ist, daß es fortab unabhängige Deutsche sind, die vom Vaterlande die Produkte beziehen, nicht Deutsche, welche von anderen Staaten Schutz genießen und dementsprechend deren Einfluß folgen müssen.“ Der Verfasser macht über die Gesammt⸗Roheisenproduktion de Erde in den beiden letzten Jahren die folgenden Angaben: Die Roheisenproduktion betrug Kilotonnen: in 1883 Großbritannien. . 8616

Vereinigte Staaten 5147

Deutschland. 3470

Frankreich 2067

770 575 290 370 130 8 565 562

8 zusammen .. 22000 und 20000 Hiernach hat also 1884 die gesammte Roheisenproduktion der Erde um etwa 2000 Kilotonnen abgenommen, woraus sich auch die von überall her gemeldete weniger reichliche Beschäftigung aller Werke erklärt, so daß jetzt Produktion und Konsumtton der Erde in Bezug auf Roheisen in einem richtigen Verhältniß ständen.

Es wird dann darauf hingewiesen, daß es für Deutschland in erster Linie nothwendig sei, sich den Absatz von Eisenbahnmaterial für den Zu⸗ wachs jener Länder zu sichern, welche auf dem Weltmarkte konkurriren; ferner, daß das internationale Schienenkartell nichts anderes gezeigt habe, als was im Inlande längst zur Erfahrung geworden sei, nämlich, daß am Kartell nur so lange gehalten werde, als es den Mächtigeren Nutzen bringe; daß daher England sich den indischen Schienenbedarf vorbehalten und damit dort die Konkurrenz Deutschlands ausgeschlossen habe, um nachher das Kartell aufzugeben, dürfe nicht wunder nehmen. „Darum erscheint die Erwerbung von Kolonien in jenem Erdtheile, welcher die meisten Aussichten für eine schnelle Entwickelung eines großartigen Eisenbahnnetzes bietet, von einer ungeheuren Bedeutung für die deutsche Eisenindustrie, welche

ch, wie England für Indien, so zuvörderst für seine Gebiete die Lieferungen vorbehalten wird.“

Dem „Allgemeinen Holzverkaufsanzeiger“ wird aus Königsberg geschrieben:

Die Erhöhung des Holzzolles würde für uns keinen großen Nachtheil haben, im Gegentheil, die Schneidemühlenbesitzer würden sogar zu einer erhöhten Thätigkeit kommen, denn die Konkurrenz der polnischen Brettmühlen würde ja wohl nach Einführung des erhöhten Zolles von selbst wegfallen. Die Händler und Konsumenten von oberwärts würden gezwungen sein, ihren Bedarf in erhöhtem Maße aus unserer Provinz zu entnehmen, wodurch wohl etwas mehr Leben bei uns einziehen würde. Die Konsumenten werden sich zwar in der ersten Zeit schwer daran gewöhnen können, ihre Fabrikate im Ver⸗ hältniß theurer zu verkaufen und werden daher die Leidtragenden sein, jedoch auch diese werden sich mit der Zeit in das Unvermeid⸗ liche fügen

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Eisenbahn⸗Verordnungs⸗Blatt. Nr. 6. Inhalt: Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeitern: Vom 4. März 1885, betr. Vereinfachung der Ermittelung des Gewichts der auf Nebenbahnen beförderten frachtpflichtigen Postgüter. Vom 6. März 1885, betr. Bestellung von Amtskautionen. Vom 7. März 1885, betr. Zahlung des gesetzlichen Waisengeldes an Bezugsberechtigte, N. in staatliche Erziehungsanstalten aufgenommen sind. Nach⸗ richten.

Statistische Nachrichten.

MNach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 8. März bis incl. 14. März d. J. zur Anmeldung gekommen: 202 Eheschließungen, 945 Lebendgeborene, 25 Todtgeborene und 546 Sterbefälle.

Schiffsunfälle im Januar 1885. Das Bureau „Veritas“ veröffentlicht soeben eine Zusammenstellung der im Januar 1885 stattgehabten Schiffsunfälle, soweit dieselben bisher zu seiner Kenntniß gelangt sind. Hiernach beziffert sich der Verlust in dem ge⸗ nannten Monat auf 83 Segelschiffe und 18 Dampfer. Diese Schiffe vertheilen sich unter die verschiedenen Nationalitäten, wie folgt: Segelschiffe: 1 amerikanisches Schiff, 340 Reg.⸗T. (netto), 2 dänische Schiffe mit 639 Reg⸗T, 5 deutsche mit 1486 Reg.⸗T., 43 englische mit 12 532 Reg.⸗T., 3 französische mit 764 Reg.⸗T., 1 niederländisches Schiff von 266 Reg.⸗T., 15 italienische Schiffe mit 4742 Reg.⸗T., 1 japanisches Schiff von 939 Reg.⸗T., 5 norwegische Schiffe mit 1602 Reg.⸗T., 1 österreichisch⸗ungarisches Schiff von 220 Reg.⸗T., 2 portugiesische Schiffe mit 457 Reg⸗T., 1 russisches Schiff von 598 Reg.⸗T. und 3 spanische Schiffe mit 486 Reg⸗T., zusammen 83 Schiffe voo 25 031 Reg.⸗T. Dampfer: 1 amerika⸗ nisches Dampfschiff von 1700 Reg⸗T., 15 englische von 9033 und 2 französische Dampfschiffe von 1764 Reg.⸗T., im Ganzen 18 Dampfer mit 12 497 Reg⸗T. Unter den Seglern sind 7, unter den Dampfern 3 als verschollen gemeldet. 8 1

Eisenbahn⸗Subhastations⸗Verkäufe in den Ver⸗ einigten Staaten. Während der letzten neun Jahre fanden nach den Angaben des in Chicago erscheinenden „Railway Age“ folgende Subhastationsverkäufe von Eisenbahnen in den Vereinigten Staaten

von Amerika statt. Aktien⸗Kapital und Bonds⸗Schuld 217 848 000 Doll. 198 948 000 311 631 000 243 288 000 263 882 000 127 923 000 65 426 000 47 000 000 23 504 000 8 25 844 1 499 450 000 Doll. In den neun Berichtsjahren ist ein Fünftel des ganzen jetzigen Eisenbahnnetzes der Vereinigten Staaten gerichtlich verkauft worden. Die meisten dieser Bahnen sind jetzt schon wieder ganz einträglich, weil die Bondsbesitzer es verstanden haben, sie schnell und gut zu reorganisiren. Beweis dafür ist die ständige Abnahme der Eis nbahn⸗

Länge in

Subhastations⸗Verkäufe seit 1879.