Bekanntmachung. u““ Im ersten Quartal d. J. haben nach abgelegter Prüfung
achbenannte praktische Aerzte das Fähigkeitszeugniß zur Ver⸗
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waltung einer Physikatsstelle erhalten:
Dr. med. Emil Adolf Behring zu Winzig, Regierungs⸗ bezirk Breslau.
Dr. med. Friedrich Wilhelm Buddenberg. zu Ratzeburg, Regierungsbezirk Schleswig.
Dr. med. Edwin Alexander George Dippe zu Kiel, Regierungsbezirk Schleswig.
Dr. med. Julius Bonifacius Froehlich zu Jauer, Regierungsbezirk Liegnitz.
Dr. med. Richard Otto Louis Gaul zu Stolp, Re⸗ gierungsbezirk Köslin. Dr. med. Otto Hebold zu Bonn, Regierungsbezirk Köln.
Dr. med. Adolf Hecker zu Osnabrück.
Dr. med. Heinrich Hensgen zu Bergneustadt, Re⸗ gierungsbezirk Köln.
Dr. med. Martin Kirchner zu Altona, Regierungs⸗ bezirk Schleswig.
Dr. med. Ernst Lehmann zu Oeynhausen, Regierungs⸗ bezirk Minden.
Dr. med. Hermann Carl Elias Lemcke zu Grimmen, Regierungsbezirk Stralsund.
Dr. med. Max Hans Matthes zu Posen.
Dr. med. Franz Anton Leopold Neumann zu Leob⸗ schütz, Regierungsbezirk Oppeln.
Dr. med. Johannes Paffrath zu Bonn, Regierungs⸗ bezirk Köln.
Dr. med. Carl Eduard Pfuhl zu Königsberg i. Pr.
Dr. med. Wolfgang Samuel Fritz Straßmann
zu Berlin. Dr. med. Franz Gottfried Stüler zu Belzig, Re⸗ ierungsbezirk Potsdam. Berlin, den 2. April 1885. 1 Der Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medtzinal⸗ Angelegenheiten. In Vertretung:
Lucanus.
Justiz⸗Ministerium. “
Dem Amtsgerichts⸗Rath Hartmann in Melle ist die nachgesuchte Dienstentlassung mit Pension ertheilt.
In der Liste der Rechtsanwälte ist gelöscht: der Rechts⸗ anwalt Schroeder in Breslau bei dem Ober⸗Landesgericht daselbst.
In die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: der Rechtsanwalt Glandorf aus Bocholt bei dem Amtsgericht in Gelsenkirchen, der Gerichts⸗Assessor Karl Weber bei dem Amtsgericht in Rosenberg in O.⸗Schl., der Gerichts⸗Assessor Hein bei dem Amtsgericht in Schleswig, der Gerichts⸗Assessor Vohren bei dem Amtsgericht in Rheine, der Gerichts⸗Assessor Zilesch bei dem Landgericht in Stolp, und der Gerichts⸗ Assessor Keyl bei dem Amtsgericht in Ziegenhals.
Der Amtsgerichts⸗Rath Kaschau in Diez, der Amts⸗ gerichts⸗Rath Jeske in Meseritz, der Amtsgerichts⸗Rath Ball in Hachenburg, der Rechtsanwalt und Notar, Justiz⸗Rath Prengel in Insterburg, der Rechtsanwalt und Notar Wrzodek in Beuthen O.⸗ Schl., und der Rechtsanwalt und Notar Schantz in Marburg sind gestorben.
Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten.
Der bisherige Geheime Registratur⸗Assistent Rumpelt ist zum Geheimen Registrator beim Ministerium für wirthschaft, Domänen und Forsten ernannt worden.
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 11. April. Se. Majestät der Kaiser und König hörten heute die Vorträge des Chefs des Militärkabinets, General⸗Adjutanten von Albedyll, sowie des General Quartiermeisters, Grafen von Waldersee, und empfingen später den Fürsten von Hohenlohe⸗Waldenburg.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der
Kronprinz nahm gestern Vormittag 11 ½ Uhr militärische
Meldungen entgegen. Nachmittags 5 Uhr traf Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich aus Kiel hier ein. b Abends 7 Uhr begaben Sich Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kron⸗
prinzessin mit Ihren Königlichen Hoheiten dem Prinzen
Heinrich und der
Prinzessin Victoria nach dem Deutschen
88 “ 5 1 — Se. Majestät der König haben bestimmt, daß die Offiziere des 7. Westfälischen Infanterie⸗Regi⸗ ments Nr. 56 auf drei Tage Trauer — Flor um den linken Unterarm — anlegen, um das Andenken des ver⸗ storbenen Chefs des Regiments, Generals der Infanterie Vogel von Falckenstein, zu ehren.
— Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Eisenbahnen, Post und Tele⸗ graphen hielten heute eine Sitzung.
— Dem Landes⸗Kommunalverbande der Hohen⸗ zollernschen Lande ist durch eine Allerhöchste Ordre vom 30. März d. J. das Enteignungsrecht für die zu der beabsichtigten Verlegung der unmittelbaren Landstraße von der Stadt Haigerloch bis zum Dorfe Weildorf erforderlichen
Grundstücke verliehen worden.
— Nach einer im Einverständniß mit dem Justiz⸗Minister erlassenen Verfügung des Finanz⸗Ministers, vom 7. v. M., unterliegen die Vollstreckungsklauseln, welche Notare gemäß §. 705 Absatz 2 der Civilprozeßordnung ausstellen, einer Stempelabgabe nicht. Da Urkunden dieser Art nur Be⸗ deutung haben für das Zwangsvollstreckungsverfahren, also in einer vor die ordentlichen Gerichte gehörigen Rechtssache,
so würde die Erhebung eines Landesstempels neben den Ge⸗
bühren im vorliegenden Falle der Absicht des Gesetzes nicht
entsprechen. Ueberdies erscheint es zweifelhaft, ob auf der⸗ artige Vollstreckungsklauseln die Tarispositionen Ausfertigungen oder Atteste Anwendung finden können.
— Dem Kreise Halle, Regierungsbezirks Minden, welcher den Bau einer Chaussee von Bockel über Brockhagen bis zur Kreisgrenze in der Richtung auf Isselhorst im Kreise Bieleseld zur Ausführung gebracht hat, ist durch Allerhöchste Ordre vom 25. März d. J. gegen Uebernahme der künftigen chaussee⸗ mäßigen Unterhaltung der Straße das Recht zur Erhebung des Chausseegeldes auf derselben nach den Bestimmungen des Chausseegeld⸗Tarifs vom 29. Februar 1840 einschließlich der in demselben enthaltenen Bestimmungen über die Be⸗ freiungen sowie der sonstigen, die Erhebung betreffenden zusätzlichen Vorschriften — vorbehaltlich der Abänderung der sämmtlichen voraufgeführten Bestimmungen — verliehen worden. Auch sollen die dem Chausseegeld⸗Tarif vom 29. Fe⸗ bruar 1840 angehängten Bestimmungen wegen der Chaussee⸗ Heltzeibergehen auf die gedachte Straße zur Anwendung ommen. —
— In Bezug auf die strengere Strafbestimmung des §. 293 Str. G. B. wegen unberechtigten Jagens zur “ hat das Reichsgericht, IV. Strafsenat, durch Urtheil vom 27. Januar d. J. ausgesprochen, daß die Nacht⸗ zeit nicht mit Sonnenuntergang, sondern mit Eintritt der nächtlichen Dunkelheit beginnt.
— Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Kaiserliche von Puttkamer, ist hier wieder ein⸗ getroffen.
— Der Chef der Admiralität, General⸗Lieutenant von Caprivi, ist von den Inspizirungen in Wilhelmshaven hierher zurückgekehrt.
— Se. Durchlaucht der Prinz Friedrich von Hohenzollern, Oberst à la suite des 2. Garde⸗Dragoner⸗
Regiments und Commandeur der 3. Garde⸗Kavallerie⸗Brigade, ist gestern von Uͤrlaub aus Regensburg hierher zurückgekehrt.
— Der Archivar zweiter Klasse, Geheime Archiv⸗Sekretär beim Geheimen Staatsarchive in Berlin, Ernst Freiherr von Ledebur, ist gestorben.
Braunschweig. Braunschweig, 10. April. (W. T. B.) Das Antwortschreiben Sr. Majestät des Kaisers und Königs auf die vom hiesigen Bürger⸗ verein an Allerhöchstdenselben gerichtete Geburtstags⸗ Glückwunsch⸗adresse, welches dem Vorsitzenden des Ver⸗ eins, Kaufmann Ritter, durch den preußischen Gesandten von Normann zugegangen ist, lautet wie folgt:
Dem Bürgerverein der Haupt⸗ und Residenzstadt Braunschweig danke Ich für seine Glückwünsche und freue Mich, das Vertrauen der Bevölkerung der Stadt mit der Versicherung zu erwidern, daß Ich wie bisher so auch ferner bereit bin, der Zukunft des Herzogthums und seiner bundesmäßigen Stellung unter den Gliedern des Reichs die verfassungsmäßige Gewähr zu leisten.“
Wilhelm.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 9. April. (Presse.) Die
Blätter bestätigen übereinstimmend, daß die österreichische und
die ungarische Regierung die Vertagung der Zoll⸗ novelle bis zur Herbstsession vereinbart haben.
Die Eisenbahn⸗Kommission des Herrenhauses wird am Montag behufs Entgegennahme des Berichts des Refe⸗ renten zusammentreten, und bereits am Dienstag dürfte eine Plenarsitzung des Herrenhauses stattfinden, worauf in rascher Folge die noch der Erledigung harrenden, vom Abgeordneten⸗ mnie beschlossenen Gesetze in Berathung gezogen werden ollen.
Pest, 9. April. (Wien. Ztg.) Der Finanz⸗Aus⸗ schuß des Abgeordnetenhauses acceptirte den Gesetz⸗ entwurf betreffs Regulirung der Raab und ihrer Nebenflüsse. Graf Alex. Kärolyi reichte ein Separat⸗ votum ein.
Agram, 9. April. (Wien. Ztg.) Der Budget⸗Aus⸗ schuß erledigte heute das Kultus⸗ und das Justiz⸗ budget. Beide wurden unverändert angenommen.
Belgien. Brüssel, 9. April. (Wes. ⸗Ztg.) Die Offiziercorps der Bürgergarde haben gestern Abend dem Könige die prachtvolle Fahne des neuen Congo⸗ staats überreicht. Der König dankte herzlich für diese Ueber⸗ raschung und fuhr dann also fort:
„Die Fahne des neuen freien Congostaates ist bisher noch nicht in Brüssel entfaltet worden, und ich bin glücklich, daß Sie es sind, die sie hier zum ersten Male wehen lassen. Ihr liebenswürdiger Vorgang wird ihr Glück bringen; er wird den Eifer und die Anstrengungen derer anspornen, welche es unternommen haben, aus ihr eine Fahne des Friedens, der Civilisation und des Fortschritts zu machen. Die Gründer des afrikanischen Staats werden aus ihrer Er⸗ muthigung die Beharrlichkeit schöpfen, ohne welche es keine dauerhafte Resultate giebt und die Thaͤtigkeit verdoppeln, um dem von ihnen E.““ ganz neuen Werke einen schnellen Aufschwung zu geben.“ “ 8 1
Mit Dankesworten schloß der König. Später erschien Se. Majestät auf dem Balkon, zur Seite der General der Bürgergarde mit der Fahne, die unter den Klängen der
Brabanconne geschwenkt und jubelnd begrüßt wurde.
Großbritannien und Irland. London, 9. April. (Allg. Corr.) Aus Dublin wird über den Empfang des Prinzen und der Prinzessin von Wales berichtet:
In dem Augenblick, wo der Prinz seinen Fuß auf irischen Boden setzte, wurden ihm Adressen und der Prinzessin Blumensträuße über⸗ reicht, während der Jubel der auf dem Landungsplatze versammelten dichten Volksmenge kein Ende nehmen wollte. Die kurze Eisenbahnreise von Kingstown nach Dublin glich einem Triumphzuge. Gegen 1 Uhr Nachmittags langte der Sonderzug in der West⸗ land⸗row⸗Station von Dublin an. Der Bahnhof war festlich ge⸗ schmückt und auf dem Perron waren Tribünen errichtet, die von Tausenden von Menschen besetzt waren, deren Jubel keine Grenzen kannte, als der Zug in die Station hineindampfte. Die Kapelle des Northumberland⸗Regiments, welches eine Ehren⸗ wache bildete, intonirte die englische Volkshymne, und als der Prinz und die Prinzessin aus ihrem Coupé stiegen, brach ein neuer Jubelsturm aus. Eine Deputation der Bürger von Dublin überreichte eine Willkommen⸗Adresse, die der Prinz mit einigen Dankesworten entgegennahm. Außerhalb des Bahnhofes hatte sich eine weitere enorme Volksmenge eingefunden, die ein stürmisches Hurrah nach dem andern erschallen ließ. Der Prinz und die Prin⸗ zessin stiegen sodann in einen offenen Wagen und fuhren unter starker Kavallerie⸗Eskorte nach der Burg; aber ehe sich der Wagen in Bewegung setzen konnte, vollzog sich eine neue Kundgebung des irischen Enthusiasmus: die Menge drängte sich an den Wagen heran, und dem Prinzen wurden von Hunderten die Hände geschüttelt. Die Straßen, welche der Auf⸗ zug vom Bahnhofe nach der Burg passirte '
Bannern reich geschmückt, und die Truppen der Garnison bildeten Spalier. Der Empfang des Thronfolgerpaares war auf der ganzen Route ein überaus herzlicher und ließ nichts zu wünschen übrig. Unter der riesigen Volksmenge, welche alle Schichten der Bevölkerung umfaßte, war kein einziges Zeichen der Feindseligkeit sichtbar. In der Burg wurden Ihre Königlichen Hoheiten von dem Vizekönig, Lord Spencer, und dessen Gemahlin empfangen. Im Laufe des Nach⸗ mittags besuchten der En und die Prinzessin die Dubliner Vieh⸗ schau, und auf der Fahrt dahin wurden sie wiederum höchst enthu⸗ siastisch begrüßt. Abends fand eine glänzende Illumination statt, und in den Hauptstraßen wogten bis in die späte Nacht hinein dichte Menschenmassen, unter denen sich das nationalistische Element schließlich etwas breit machte, doch wurden Ruhestörungen durch die Energie der Polizei verhindert. Nur anläßlich eines von den Studenten der Dubliner Universität veranstalteten Fackelzuges wäre es beinahe zu einem Krawall zwischen Loyalisten und Parnelliten gekommen. Letztere hatten sich vor dem Standbilde Wilhelms von Oranien zusammenge⸗ rottet, und als die Studenten die Volkshymne anstimmten, sangen sie „God save Ireland“ und ließen Parnell hochleben. Die Polizei ver⸗ hinderte indeß einen Zusammenstoß, der eine Zeitlang unvermeidlich schien. Im weiteren Verlauf des Abends machten die Nationalisten ihrem Unwillen über den enthusiastischen Empfang des Prinzen und der Prinzessin durch eine lärmende Kundgebung vor dem Hause, in welchem die irische Nationalliga ihre Bureaux hat, Luft. Ein Ver⸗ such, den „Union Jack“ vor dem konservativen Klub den Flammen zu übergeben, mißlang in Folge des energischen Einschreitens der Polizei. Einen sehr guten Eindrnck hat in Dublin der Umstand er⸗ zeugt, daß die Prinzessin von Wales bei ihrem Einzuge ein Kleid aus grünem Poplin trischen Fabrikats, garnirt mit irischen Spitzen, trug.
Amtlicher Meldung zufolge sind gegenwärtig 19 Schiffe für die Marine auf den Königlichen Werften und in Privat⸗ Schiffsbauhöfen im Bau begriffen. Dieselben repräsentiren ein Deplacement von 155 675 t und 70 550 Pferdekraft.
Oberst Primrose, vom Stabe Lord Wolseley's, ist in Abu Fatmeh (Egypten), 37 Jahre alt, gestorben. Der ver⸗ storbene Offizier, ein jüngerer Bruder Lord Rosebery's, war von 1879 bis 1884 militärischer Attaché der britischen Bot⸗ schaft in Wien.
Ueber den Aufstand in Manitoba berichtet der amerikanische Korrespondent der „Times“ unterm 8. d.:
Einem Telegramm aus Ottawa zufolge hat die Regierung beschlossen, keine weiteren Truppen nach der Front zu senden, wenn General Middleton nicht darum ersucht.
Ein Telegramm aus Calcany besagt, daß die Ansiedler im Alberta⸗Territorium ein Meeting abgehalten und den Alberta⸗Ansiedler⸗Rechte⸗Verein gebildet haben. Sie verlangen von der kanadischen Regierung die unverzügliche Regelung ihrer Land⸗ ansprüche, mit Bewilligungen, wie sie anderen Mischlingen gewährt worden, sowie Vertretung im kanadischen Hause der Gemeinen. Diese Forderungen wurden nach Ottawa übermittelt, Im Falle der Ablehnung wurde eine Politik gebilligt, welche einen Appell an die Waffen und eine Vereinigung mit den aufständischen Mischlingen in sich schließt. Das Alberta⸗Territorium liegt westlich von Saskatchewan, hat dieselbe Klasse von Ansiedlern zu Bewohnern, und wird von der Pacific⸗Eisenbahn durchschnitten.
General Middletons Kolonne rückt nördlich von Qu’'Appelle so eilig vor, wie es mit 350 Mann und einer Feld⸗ batterie bei den schlechten Wegen möglich ist. Er hat Touchwood erreicht, welches 45 Meilen nördlich an der südlichen Grenze der großen Salzebene liegt, die sich nach Humboldt zu erstreckt. Die Batterie A, welche dem General folgte, hat ihn wahrscheinlich heute in Touchwood eingeholt. 300 Mann von dem Queens⸗Own⸗ Regiment kamen heute in Qu’Appelle an; sie standen unter dem Befehl des Kommandanten der Garnison von Halifax, General Laurie, welcher der Zweite im Kommando der Expedition sein wird. Sie werden unverzüglich nach Touchwood aufbrechen, wo sie General Middleton erwartet. Dessen Kolonne wird alsdann 700 Mann stark sein. Die Batterie B steht in Qu'’Appelle und erwartet das Toronto⸗Grenadier⸗Regiment, welches speben durch Winnipeg passirt ist. Diese Kolonne von 500 Mann begiebt sich per Bahn westlich nach Swift Current, und von dort in Booten den Saskatchewan hinab, um den linken Flügel von General Middletons vorrückender Streitkraft zu bilden, der sie sich bei Clarks Uebergang anzuschließen erwarten, weil dort der General den Fluß überschreitet. Weitere 5000 Mann bewegen sich in westlicher Richtung längs der kanadischen Pacific⸗Bahn an ver⸗ schiedenen Punkten zwischen Ottawa und Winnipeg.
— Ein Telegramm des „W. T. B“ aus Ottawa vom 10. April lautet:
Der kanadische Ministerresident in Battleford hat telegraphisch um Verstärkungen ersucht, da er vollkommen von Indianern umgeben sei und weder Hülfe noch einen Boten nach Fort Pitt senden könne, von wo aus er Nachrichten erhalten habe über ein von den Indianern in Frog⸗Lake angerichtetes Blutbad. Zwei Priester, drei andere Männer und eine Frau seien ermordet, eine Person sei entkommen und habe die Nachricht nach Fort Pitt gebracht.
— 10. April. (W. T. B.) In der heutigen Unterhaus⸗ sitzungtheilte Lord Trevelyan mit: das Verbot der Vieh⸗ einfuhr aus Hamburg, Bremen und Geestemünde sei aufgehoben worden, weil die Maul⸗ und Klauenseuche in Hamburg aufgehört und die deutsche Regierung Maßregeln getroffen habe, um die Viehausfuhr aus solchen Distrikten, in denen die Seuche noch vorkomme, zu verhindern. — Der Premier Gladstone theilt mit: die Antwort der russi⸗ schen Regierung sei im Laufe des gestrigen Abends ein⸗ getroffen; dieselbe besage, daß die russische Regierung bereits vom General Komaroff Erklärungen über sein Verhalten verlangt habe. Der Premier bemerkte: er vermuthe, das Wort „bereits“ bedeute, daß diese Erklärungen verlangt worden, bevor der Botschafter Thornton mit dem Minister von Giers in Verbindung getreten sei. Letzterer habe gleich⸗ zeitig wiederholt, daß die russischen Truppen Pendjeh nicht besetzt, sondern sich in ihre früheren Positionen zu⸗ rückgezogen hätten. 1 .
—, 11. April, Morgens. (W. T. B.) Die „Dail News“ erfährt: Die neuesten Depeschen aus Peters⸗ burg seien heruhigender Natur und rechtfertigten die Annahme, daß der Frieden erhalten bleiben werde. Die Antwort der russischen Regierung auf die letzte Depesche Lord Granvilles, betreffend die Vorgänge bei Pendjeh, würde, da die Regierung Erklärungen von Komaroff verlangt habe, nicht vor 14 Tagen erwartet. Inzwischen würden, einem Beschlusse des Kabinets gemäß, die Rüstungen mit verstärkter Energie fort⸗ gesetzt. — Die „Times“ sagt: das Vorgehen Komaroffs dürfe nicht als ein allein stehendes Ereigniß betrachtet werden, son⸗ dern müsse als ein Theil jener von Rußland in Mittel⸗Asien seit Jahren befolgten Politik angesehen werden. Von diesem Gesichtspunkt aus könne nicht bezweifelt werden, daß das Vor⸗ gehen Komaroffs größere Ziele im Auge gehabt habe, als nur die Verdrängung der Afghanen aus einer wichtigen Stellung. Der Erfolg des Besuches des Emirs in Rawul⸗Pindi hätte eines Contrastes bedurft. Wenn die Niedermetzelung der Kabuleser Truppen ungerächt bleiben sollte, werde ganz Asien, trotz der großartigen Gastfreundschaft Lord Dufferins und des militärischen Gepränges in Rawul⸗Pindi glauben: Rußland sei stärk England. “
„Temps“ bringt folgende Note:
— 11. April. (W. T. B.) Der Lord don ist heute früh gestorben.
Frankreich. Paris, 8. April. (Fr. Corr.) Der
Wir haben schon gestern in letzter Stunde melden können, daß die Friedenspräliminarien zwischen Frankreich und China unterzeichnet sind. Wir sind heute in der Lage, genaue und detaillirte Angaben zu machen. Man weiß bereits aus früher von uns Gesagtem, daß offi⸗ ziöse Pourparlers eingeleitet worden waren. Ohne hierüber in retrospektive Details einzugehen, wollen wir nur sagen, daß am 22. März der französische Konsul in Tientsin, Hr. Ristelhueber, offizielle Mittheilung von den durch den Tsung⸗Li⸗Namen Hrn. Campbell, Delegirten von Sir Robert Hart, ertheilten Vollmachten und von der durch ein früheres Kaiserliches Edikt den Friedensvorschlägen ertheilten Zu⸗ stimmung erhielt, welche in den ersten Tagen des März durch den Repräsentanten von Sir Robert Hart der französischen Regierung offiziös unterbreitet waren. Die französischen Gegenpropositionen wurden am 25. März nach Peking gesandt, und, wie bereits gesagt, am 31. März, am Tage nach dem Sturze des Kabinets Ferry, gelangte an Hrn. Jules Ferry die telegraphische Nachricht von der Annahme
aller Seitens Frankreichs vorgeschlagenen Abänderungen durch
den Tsung⸗Li⸗Namen. Die chinesische Regierung hatte die fran⸗ zösischen Gegenpropositionen nur in einem Punkte abgeändert; sie schlug bestimmte Daten für die Evacuirung vor. Das unterzeichnete Arrangement umfaßt: 1) Friedens⸗ präliminarien, 2) Suspendirung der Feindseligkeiten, 3) Re⸗ gulirung aller militärischen Fragen. Die Fundamental⸗ stipulation konstatirt, daß China einwilligt, die Konvention vom 11. Mai 1884 zu ratifiziren, und daß Frankreich andrer⸗ seits nur die volle und ganze Durchführung der Konvention beabsichtigt. Der erste Akt der Ausführung soll von Seiten der chinesischen Regierung geschehen. Dieser Akt ist ein Kaiserliches Edikt, das die Durchführung des Vertrages von Tientsin anordnet und demgemäß den chinesischen Truppen befiehlt, sich aus Tongking hinter die Grenze zurückzuziehen. Sofort nach dem Erscheinen dieses Edikts wird die Blokade von Formosa und Pakhai aufgehoben werden, mit dem Vor⸗ behalt für Formosa, daß die beiden Mächte bis zum Ab⸗ schluß des definitiven Vertrages keine neuen Truppen und keine Munitionen dahin zu schaffen sich verpflichten. Unter⸗ handlungen werden sofort zwischen dem französischen Gesandten in China und den chinesischen Bevollmächtigten zum Abschluß eines definitiven Friedens⸗ und Handelsvertrags auf Grund der am 11. Mai 1884 festgestellten Grundlagen begonnen werden. Die chinesische Regierung hat dem französischen Kabinet vor⸗ geschlagen und dieses angenommen, drei Daten festzustellen: 1) Ein Datum für die Einstellung der Feindseligkeiten; 2) ein Datum für den Beginn der Räumung und 3) ein Datum für das Ende derselben. Diese Daten differiren für die beiden Armeen des Quang⸗Si und des Nunnan mit Rücksicht auf die veränderlichen Schwierigkeiten, je nach der Gegend, dem Transport und den Verkehrsmitteln. Für die Armee des Quang⸗Si sind die Daten fol⸗ gende: Einstellung der Feindseligkeiten 10. April; Be⸗ ginn der Räumung 20. April; Ende der Räumung 30. April; für die Armee von Yunnan sind die Daten: Einstellung der Feindseligkeiten 20. April; Beginn der Räumung 30. April; Ende der Räumung 30. Mai. Endlich, sobald der definitive Vertrag abgeschlossen sein wird, wird die französische Regierung aufhören, das Recht der Visitation neutraler Schiffe auf hoher See auszuüben. Der definitive Vertrag
„gleichfalls das Datum festsetzen, an dem die französischen Truppen den Norden von Formosa räumen werden. Das Protokoll, welches diese verschiedenen Arran⸗ gements umfaßt, ist am 3. April auf dem Aus⸗ wärtigen Amt zu Paris durch Hrn. Billot, den Direktor der politischen Abtheilung, welcher vom Präsidenten der Re⸗ publik zu diesem Zwecke mit Vollmachten versehen war, unter⸗ zeichnet worden. Eine gestern in Paris eingetroffene Depesche von Sir Robert Hart hat, wie wir gesagt haben, die Meldung gebracht, daß das Kaiserliche Edikt vom 6. April erschienen ist dem französischen Konsul in Tientsin notifizirt werden würde.
— 9. April. (Köln. Ztg.) Der französische Konsul in Tientsin hat von der chinesischen Regierung die offizielle Mittheilung von der Annahme des Vorfriedens und besonders auch von dem Waffenstillstande erhalten. Da aber Hr. de Freycinet auf alle Fälle vorbereitet sein will, so hat das Kabinet beschlossen, alle nöthigen Vorberei⸗ tungen zur Fortsetzung der Kriegführung zu treffen. Die zum Aufbruch fertig gestellten Verstärku ngen sollen die Zahl von 10 000 Mann nicht übersteigen. Falls diese 10 000 Mann abgeschickt werden sollten, werde das Expeditions⸗Corps die Bildung eines Armee⸗Corps erhalten und General Courcy, Befehls⸗ haber des X. Armee⸗Corps, den Oberbefehl übernehmen; Ge⸗ neral Brière de l'Isle würde dann, wenn er es wünscht, die eine Division führen. Sollte China zögern, so werde man mit 60 000 Mann auf chinesisches Gebiet rücken. — Aus Obok werden wieder Ueberschwemmungen gemeldet,
elche die ganze Gegend verwüstet und Rinder⸗ und Schaf⸗ herden fortgeschwemmt haben. — Der Budgetausschuß hat sich bis zum 27. April vertagt. — Die Krankheit des Erzbischofs von Paris erregt ernstere Besorgnisse. — Der Bischof von Fréjus ist heute gestorben.
ö 114“*“ Telegramm der g Agence Havas“ berichtet: Die Hauptpunkte der Friedenspräliminarien mit China sind folgende: Sofort nach der Verkündigung des Kaiserlichen Dekrets, welches die Aussführung der Konvention von Tientsin und die Räumung des Tongking Seitens der chinesischen Truppen anordnet, werden alle militärischen Operationen eingestellt und die Blokade von Formosa und Pakkoi auf⸗ ehoben werden. Zu derselben Zeit, wo die chinesischen ruppen den Befehl erhalten werden, über die Grenze zurückzugehen, wird sich der französische Gesandte Patendtre nach Tientsin oder Peking begeben, um über den definitiven Friedens⸗, Freundschafts⸗ und Handelsvertrag zu verhandeln. Dieser Vertrag wird das Datum der Räumung Formosas durch die Franzosen sestsetzen. Sobald der Vertrag unterzeichnet und durch Kaiserliches Dekret genehmigt sein wird, werden die dem Transport von nach Nord⸗China be⸗ stimmter Kriegskontrebande durch französische Kreuzer berei⸗ teten Hindernisse beseitigt werden, wird Frankreich seine Flotte zurückberufen und China seine Häfen dem französischen Handel wieder öffnen. ““ 8
Der „Temp 8“" meldet: die für T ongking bestimmten
Verstärkungen würden ihre Einschiffung demnächst be⸗ ginnen, damit in zuverlässiger Weise alle wichtigen Punkte besetzt würden, welche General Briere de l'Isle nach der am 20. April beginnenden und bis 31. Mai dauern⸗ den Räumung Seitens der Chinesen noch besetzen werde.
Türkei. Konstantinopel, 7. April. (Allg. Corr.) Folgende amtliche Erklärung ist hier erlassen worden: „Da der falsche Mahdi bislang in einer Weise gehandelt, die gegen die Grundsätze des Islam verstößt und folglich im Widerspruch mit den erhabenen Ideen und versöhnlichen An⸗ schauungen Sr. Majestät des Sultans steht, ist es nicht unmöglich, daß er seine Kühnheit und aufrührerische Neigung so weit getrieben haben mag, eine neue zündende Pro⸗ klamation gegen die ottomanische Herrschaft zu erlassen. Das Vorhandensein einer solchen Proklamation wird indeß bezweifelt, da den Behörden des Hedjaz oder des Yemen, welche die arabische Bevölkerung in ihrer Treue gegen die Kaiserliche Regierung über die Handlungen dieses Betrügers auf dem Laufenden halten niemals ermangelt, nichts dar⸗ über bekannt ist. Wie dem auch sein mag, so unterliegt es keinem Zweifel, daß die Araber in allen von dieser Race be⸗ wohnten Theilen des Reiches ihre Ergebenheit gegen den Kaiserlichen Thron und das Kalifat durch beständiges Ent⸗ senden von Deputationen nach Konstantinopel bekunden, und daß die Araber ebenso wie alle anderen Muhamedaner diesen vom Fanatismus und Barbarismus gemachten neuen Appell mit derselben tiefen Verachtung behandeln werden wie frühere Aufreizungen ähnlicher Art. Die in Rede stehende Prokla⸗ mation wird demnach keine Wirkung erzeugen auf die Ge⸗ müther der muhamedanischen Bevölkerung, welche den suda⸗ nesischen Agitator als nichts weiter als einen Betrüger und Räuberhauptmann der schlimmsten Art betrachtet.“
Rußland und Polen. St. Petersburg, 11. April. (W. T. B.) Das „Journal de St. Pétersbourg“ reproduzirt unter aller Reserve Privattelegramme über die letzten Debatten im Londoner Parlament und die hierbei von den Ministern abgegebenen Erklä⸗ rungen bezüglich der letzten Ereignisse in Central⸗ asien. Das Blatt bemerkt: es wäre unmöglich, an⸗ gesichts der großen Entfernung und da offizielle Details fehlen, die vorgebrachten Behauptungen richtig zu stellen. Unter diesen Umständen wäre es vorzuziehen gewesen, jedes Urtheil bis nach Erhalt genauerer Informationen zurückzuhalten. Die Thatsache, daß von der russischen Regierung Aufklärungen verlangt worden seien, beweise selbst, daß die Nothwendigkeit vorgelegen habe, informirt zu werden. Es sei nicht anzunehmen, daß russische Generale, welche die Intentionen ihrer Regierung kennen, ohne ernste Motive gehandelt hätten. Der Zwischenfall müsse allerdings als unangenehm angesehen werden, da er auf den Gang der schwebenden Verhandlungen einwirken könne, welche noch immer Hoffnung auf einen friedlichen Ausgang gestatte⸗ ten. Bei der gegenwärtigen so ungewissen Lage und an⸗ gesichts der asiatischen Völkerschaften, welche keine Disziplin kennten und nur an Gewaltthätigkeiten gewöhnt seien, sei eine Kollision immer zu fürchten. Es sei weiser, zu warten, bis die Thatsachen und weitere Details be⸗ kannt seien.
Amerika. Washington, 10. April. Der diesseitige Gesandte bei den Republiken von Central⸗Amerika meldet telegraphisch: der Vize⸗ Präsident von Guatemala, Barillas, habe an Stelle von Barrios die Präsidentschaft übernommen. — Eine Depesche der Regierung von Kolumbien berichtet, daß außer in Panama, Savanilla und Santa Marta, die noch immer von den Aufständischen besetzt seien, Ruhe aec Es würden demnächst Truppen nach Panama abgehen.
Mittel⸗Amerika. Mexiko, 11. April. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ meldet: Zwischen Guate⸗ mala und San Salvador sind Friedens⸗Unterhand⸗ lungen eingeleitet worden. Die diesseitige Regierung hat gegenüber der jetzigen Regierung von Guatemala eine ver⸗ söhnliche Haltung angenommen; sie wird aber dem Plan einer Union zwischen den Staaten von Central⸗Amerika nach wie vor keine Unterstützung angedeihen lassen.
Afrika. Egypten. (Allg. Corr.) Aus Suakim wird dem „Reuter'schen Bureau“ unterm 8. d. gemeldet’: „Die Coldstream⸗Garde, das australische Kon⸗ tingent, eine Compagnie berittener Infanterie und eine halbe Batterie reitender Artillerie unter dem Befehl des Generals Freemantle rückten heute von Station Nr. 1 nach Handub vor. General Graham schloß sich den Truppen später an. Handub wurde ver⸗ lassen vorgefunden, allein der Feind war in einiger Ent⸗ fernung sichtbar. Die Truppen errichteten in Handub zwei kleine Zeribas und eine große, wo die Coldstream⸗Garde und die Australier bleiben werden. Die schottische Garde marschirt morgen nach Handub, und andere Truppentheile werden allmählig folgen. In Handub wurde eine Quantität Wasser von etwas salzigem Geschmack vorgefunden. Man glaubt, es werde nicht beabsichtigt, die Eisenbahn vorläufig weiter als bis Handub anzulegen. Hamed Mahmud Bey, der Chef der Amarars, weilt in Handub, um Anstalten für die Unterwerfung seines ganzen Stammes zu treffen. Die Coldstream⸗Garde und die Australier haben auf einigen, die beherrschenden niedrigen Anhöhen eine feste Stellung ezogen.“
(W. T. B.)
Zeitungsstimmen. 8
Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ hebt aus einem Aufsatz der „Vierteljahrsschrift für Volkswirth⸗ schaft, Politik und Kulturgeschichte“, betitelt: „Noch ein Wort über die Reichstagswahl 1884“ folgende Stelle hervor:
„Das Unerhörteste ist leider zu fürchten, daß die Erhöhung der Getreidezölle im Reichstage angenommen wird. Die reaktionäre Strömung ist bereits so hoch gestiegen, daß von offizieller Seite die öffentliche Verkündung der Wahrheit, daß die Getreidezölle den 878 —s das Brot vertheuern, als öffentliche Friedensstörung denunzirt with.
und bemerkt dazu:
Wir würden diese Sätze unter dem Vielen, was gegen die Ge⸗ treidezölle geschrieben worden ist, nicht hervorheben, wenn nicht ein Paar Seiten nach denselben ein köstliches Gegenstück zu denselben zu lesen wäre. Es wird hier in einer Londoner Correspondenz nach einer
“ 8 — *b .“
Besprechung der englischen Grundeigenthumsverhältnisse — wobei bemerkt wird, daß es des Zusammenwirkens der gemäßigten Elemente bedürfen wird, um „staatssozialistische Erx erimente“ oder gar ein Ab⸗ weichen von der Freihandelspolitik auf die Dauer fernzuhalten — wörtlich Folgendes bemerkt:
„Gerade in den großen Städten hat ohnehin die geschäftliche Entwickelung, insofern die einzelnen Konsumenten davon berührt wer⸗ den, sich in neueren Jahren immer mehr derart gestaltet, daß sie nur zu sehr geneigt sind, ein amtliches Eingreifen gut zu heißen, ohne zu erwägen, ob dadurch die Lage gebessert werden kann. Es scheint nun einmal in der Natur der Dinge zu liegen, daß sich in Großstädten wie London Monopole eatwickeln müssen, die den Preis der noth⸗ wendigsten Lebensmittel in einer für die Konsumenten höchst empfind⸗ lichen Weise vertheuern. Dies ist in London besonders in Bezug auf Brot, Fleisch und Fisch der Fall. Trotz der ungemein billigen Weizenpreise ist der Brotpreis in den meisten Gegenden Londons auf dem nämlichen Standpunkt geblieben, wie in den letzten Jahren, und wo er theilweise gewichen ist, beträgt der Abschlag, wenn es hoch kommt, etwa 20 %. Die Bäcker bilden in jedem Bezirke unter sich einen Ring und halten den Preis auf einer gewissen Höhe. Da nun in einer Großstadt selbst zum Betriebe eines kleinen Geschäfts ein verhältnißmäßig großes Kapital nothwendig ist, so findet nur ein ge⸗ ringer Zuwachs der Bäcker statt. Eröffnet aber Jemand ein neues Bäckergeschäft und schließt sich dem Ringe in seinem Bezirke nicht an, so setzen sämmtliche Mitglieder des Ringes den Brotpreis so weit herab, daß der neue Anfänger schon nach kurzer Zeit entweder klein beigiebt oder ruinirt ist worauf der Preis sofort wieder auf die alte Höhe geschraubt wird, Aehnlich verhält es sich mit dem Fleisch, welches trotz des immer geringeren Preises, den die inländischen Viehzüchter erzielen können, und trotz der starken Zufuhr australischer und amerikanischer Waare, unverhältnißmäßig theuer bleibt. Am schlimmsten aber ist der Ring der Fischhändler, welcher die Verwaltung der City zu Mit⸗ schuldigen zählt. Dieser Ring sorgt einestheils durch Ankaufen der kleinen Fischerflotten dafür, daß möglichst viele von diesen unter seiner Botmäßigkeit stehen, und andererseits bei reichem Fischfange durch absichtliche Zerstörung eines entsprechenden Theils von dem Ertrage dafür, daß der Preis nicht gedrückt werde.
Da nun die City ein Marktmonopol besitzt, so richten sich die
Klagen des Publikums über diese Mißwirthschaft gegen die City⸗ Verwaltung, und diese sah sich dadurch gezwungen, einen zweiten, nicht unter der Kontrole des Fischhändler⸗Ringes stehenden Markt zu eröffnen. Doch sorgte die Verwaltung durch eine Reihe von erschwerenden Vorschriften dafür, daß dieser letztere Markt sich nicht recht entwickeln konnte, und machte dann gar den Versuch, ihn wieder zu schließen, wovon sie nur durch die drohende Haltung der öffent⸗ lichen Meinung zurückgeschreckt wurde.“
— Die Tabackbauer des Kreises Wittlich (Trier) haben, wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ mittheilt, sich an den Reichskanzler mit der Bitte gewendet, darauf hinzuwirken, daß der Eingangszoll auf ausländischen Taback von 85 ℳ auf 170 ℳ per 100 kg erhöht werde. Die Petenten führen zur Begründung ihrer Bitte an, daß der Tabackbau keinen Gewinn mehr abwerfe und in Folge dessen zurückgehe. Vor dem Jahre 1880 seien im Durchschnitt 18 000 a mit Laback bepflanzt worden, im Jahre 1884 nur noch 11 729 a. Der Grund für diesen Rückgang liege in den Produktjons⸗ kosten, der Grund⸗ und der Tabacksteuer. Eine Abhülfe lasse sich — Erhöhung des Eingangszolles für ausländischen Taback eschaffen.
— Dem „Hannoverschen Courier“ wird unter dem 5. April vom Rhein geschrieben: „ Aus dem Festjubel der abgelaufenen Woche hofft man bei uns am Rhein in der Folge neben der dem Kanzler persönlich gezollten Ver⸗ ehrung auch einigen Gewinn für die Nation im Allgemeinen zu ziehen. Aufmerksamen Beobachtern ist es nämlich nicht entgangen, daß sich ganz wider Erwarten an der Feier des 1. April in Worms, in Frankenthal und anderen Orts große Mengen solcher Arbeiter be⸗ theiligt haben, welche bisher für Anhänger der deutschfreisinnigen Partei galten. Wie hätte auch sonst z. B. in Worms sich ein Fackelzug von 2000 Fackeln und 500 Lampions veranstalten lassen können! Ja, es ist dort selbst vorgekommen, daß frühere linksliberale Agitatoren unter die Festredner gegangen sind. Die Gratulationsadresse der Wormser — trotzdem dieselbe die recht anständige Summe von 800 ℳ gekostet haben soll — war deshalb der patriotisch be⸗ geisterten Bürgerschaft heinahe noch nicht einmal genügend. Sehr zu loben wäre es, wenn die Herzen der Rheintänder nunmehr immer⸗ dar so dankerfüllt gegen unseren verdienten deutschen Staatsman blieben und „den Geistern der Verneinung, namentlich dem Erfinder der „Nasenstüber“ und der bEE“ je eher desto liebe bisherigen eigenen Wa lschildträgern der Laufpaß gegeben würde.
— Die „Landes⸗Zeitung für Elsaß⸗Lothringen“ schreibt über die Holzzölle:
„Das Ergebniß der zweiten Berathung der auf die Holzzölle be züglichen Positionen der Zolltarifnovelle im Reichstage ist eine Er⸗ höhung der bestehenden Zölle, wenngleich nicht in dem von der Regierung vorgeschlagenen Umfange. Abgesehen davon, daß einige Nutzholzarten für zollfrei erklärt wurden, ist der Satz für Ro nutzholz (statt verdreifacht) nur verdoppelt, der Satz für beschlagenes oder gebeiltes Nutzholz (statt vervierfacht) von 0,25 auf 0,40 ℳ er höht, der Satz für Sägewaaren (statt verachtfacht) nur vervierfacht, also auf 1 ℳ festgesetzt worden. Ob diese Sätze ausreichend un richtig gegriffen sind, mag dahingestellt bleiben; jedenfalls stehen di Beschlüsse auf dem Prinzip der Vorlage, die ausländische Konkurren an Nutzholz zurückzudrängen und die Arbeit am Holze zu schützen.
Gegner und Freunde der Vorlage nahmen in den Reichstags⸗ verhandlungen für ihren Standpunkt beide die Absicht in Anspruch, für die Erhaltung und den Schutz des deutschen Waldes einzu⸗ treten: jene erblicken in der Niederhaltung der ausländischen Kon⸗ kurrenz das Signal für Waldverwüstung, diese den Beginn einer besseren Pflege des Waldes und der Ausbreitung der Waldkultur. Wenn sich diese beiden Parteien nicht verständigen konnten, so lag dies darin, daß sie von ganz verschiedenen Grundsätzen über die Bedingungen der Erhaltung der deutschen Waldwirthschaft aus⸗ gehen. Die Einen glauben, den deutschen Wald am besten schonen zu können, wenn der deutsche Konsument sich möglichst mit aus⸗ ländischem Holze versieht. Diese Auffassung erscheint zwar auf den ersten Blick sehr plausibel, ist doch aber eine äußerst oberflächliche. Denn im Walde steckt nicht nur Geld, was sich verzinsen muß, sondern die Holzproduktion hat auch den menschliche Bedürfnisse — wie Wärmeerzeugung, Anfertigung von Werkzeugen, Geräthen aller Art, Bau von Häusern, Schiffen ꝛc. — zu befriedigen. Hieraus folgt, daß man den Wald nicht etwa un⸗ berührt lassen und sich mit den ausländischen Holzprodukten be⸗ gnügen kann; es folgt hieraus vielmehr, bewirthschaftet werden, das heißt, daß der Wald eine gewisse, den aufgewendeten Mitteln entsprechende finanzielle Ausbeute liefern, daß jährlich ein Theil abgeschlagen, aber auch stets für entsprechenden Nachwuchs gesorgt werden muß. Erhalten wenn man ihn unberührt läßt und nur ausländisches Holz ver⸗ braucht: da er in diesem Falle das in ihn gesteckte Kapital nicht verzinsen kann, liegt vielmehr die Gefahr vahe, daß der Besitzer ihn niederschlägt und ausrodet, um sein Kapital in irgend einem anderen Produktionszweige besser anzulegen. Erhalten wird der Wald vielmehr dann, wenn er rationell bewirthschaftet wird und wenn er privatwirthschaftlich rentabel ist: angemessene Holzpreise fördern die Forstkultur und tragen zur besseren Pflege des Waldes und der Ausdehnung der Waldwirthschaft bei; vor einer Waldver⸗ wüstung bei hohen Holzpreisen schützen die wirthschaftlichen Gesetze und der wohlverstandene Vortheil der Besitzer, die sich hüten werden, ihr rentables Waldkapital zu vernichten.
Ist dies richtig — und dies kann vernünftiger Weise nicht be⸗ stritten werden —, so leuchtet die Nothwendigkeit der Holzzölle ein, und so widerlegen sich alle dagegen vorgebrachten Argumente von selbst. In einer Denkschrift des Königlich preußischen Ober⸗Forst⸗
bestimmten Zweck, gewisse
wird der Wald nicht,
daß der Wald rationell
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