1885 / 93 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 21 Apr 1885 18:00:01 GMT) scan diff

Fortsetzung der zweiten Berathung des Entwurfs

einer Kreisordnung für die Provinz Hessen⸗

Nassau, sowie die zweite Berathung des Entwurfs

eines Gesetzes über die Einführung der Pro⸗

vinzial⸗Ordnung vom 29. Juni 1875 in der Provinz

Sessen⸗ean.

Die Berathung wurde bei §. 30 fortgesetzt. .

§. 30 lautet nach den Beschlüssen der Kommission:

In den zum Landkreis Frankfurt a. M. gehörigen Gemeinden führt der Landrath die örtliche Polizeiverwaltung. Er ist befugt, sich zu diesem Zwecke der Mitwirkung der Bürgermeister (Schultheißen) als seiner Organe zu bedienen. Der Bezirk der Königlichen Polizeiverwaltung zu Frankfurt a. M. wird auf das Gebiet des Stadtkreises Frankfurt a. M. beschränkt.

Hierzu lag folgender Antrag des Abg. Dr. Ennec⸗ cerus vor:

Dem §. 30 folgende Fassung zu geben:

Der Bezirk der Königlichen Polizeiverwaltung in Frankfurt a. M. wird nach Maßgabe der Verordnung vom 29. Juni 1867 auf die sämmtlichen Gemeinden des Landkreises Frankfurt a. M. ausgedehnt. Der Minister des Innern ist befugt, einzelne Zweige der Polizeiverwaltung auf den Landrath des Kreises zu übertragen.

Des Weiteren war beantragt von dem Abg. Schreiber (Marburg) und Genossen:

An Stelle der §§. 30 bis 33 a die §§. 30, 31, 32 und 33 der Beschlüsse des Herrenhauses anzunehmen.

Zu diesem Antrage lag folgender Unterantrag des Abg. Schreiber und Gen. vor:

Im §. 30 der Beschlüsse des Herrenhauses an Stelle der letzten drei Zeilen zu setzen:

. Die Vertretung des Landrathes führt ein vom Minister des

Innern ernannter, zum höheren Verwaltungsdienst qualifizirter

Beamter.

Der Abg. Zelle beantragte, dem §. 30 folgende Fassung

u geben:

P Der Bezirk der Königlichen Polizeiverwaltung in Frankfurt a. M. wird nach Maßgabe der Verordnung vom 29. Juni 1867 bezüglich der Administration der Sicherheitspolizei auf die sämmt⸗ lichen Gemeinden des Landkreises Frankfurt a. M. ausgedehnt. Ein von dem Minister des Innern zu erlassendes Regulativ be⸗ xv die Gebiete, welche zum Bereich der Sicherheitspolizei gehören.

8 Der Abg. Flinsch bat um Wiederherstellung der Re⸗

gierungsvorlage oder der Herrenhausbeschlüsse.

Der Abg. Dr. Enneccerus befürwortete den von ihm gestellten Antrag.

Der Staats⸗Minister von Puttkamer bekämpfte diesen Antrag, obwohl er die wohlwollende Absicht desselben an⸗ erkannte. Ein Landrath ohne Polizeigewalt sei eine bedeu⸗ tungslose Behörde. 1b

Der Abg. Hahn trat für die Regierungsvorlage ein, e der Abg. Westerburg die Beschlüsse des Herrenhauses vertheidigte.

Die Debatte wurde hierauf geschlossen; die Anträge Zelle und Dr. Enneccerus wurden abgelehnt, der Unterantrag und der Antrag des Abg. Schreiber (Marburg) dagegen ange⸗ nommen. Mit der Annahme dieses Antrages waren die zu §. 30 bis 33a gefaßten Beschlüsse der Kommission beseitigt. (Schluß des Blattes.)

Das Reichs⸗Eisenbahnamt hat eine in neuer Auflage bearbeitete „Uebersichtskarte der Eisenbahnen Deutschlands“ herausgegeben. Dieselbe hat gegen das Vorjahr wieder durch Aufnahme der neu eröffneten Linien und Stationen sowie der inzwischen durch Landesgesetze oder durch Konzessionen zum Ausbau genehmigten Eisenbahn⸗ projekte eine Erweiterung erfahren. Außerdem sind diejenigen Eisenbahnen, welche neuerdings in den Besitz bezw. Betrieb des preußischen Staats über⸗

angen sind, sowie die zu Bahnen untergeordneter sedeutung erklärten bisherigen auptbahnen bezw. die in Hauptbahnen umgewandelten bisherigen Bahnen unter⸗ eordneter Bedeutung in entsprechend veränderter Form zur Parstellung gebracht worden. Ferner haben in der Karte sämmtliche Eisenbahnstationen sowie die Entsernungen und stärksten Steigungen zwischen den einzelnen Knotenpunkten der Bahnlinien Aufnahme gefunden. Die Karte ist mit und ohne Gebirgsdruck zum gleichen Preise von 5 pro Exemplar durch die Königliche Hof⸗Buchhandlung von E. S. Mittler u. Sohn, Berlin SW., Kochstraße 69, zu beziehen.

Nach einem Cirkularerlaß des Ministers für Land⸗ wirthschaft ꝛc., vom 7. d. M., genügt es, daß in Zukunft die Grenzen der Königlichen Oberförstereien von den betreffenden Forstmeistern im Laufe von 10 Jahren nur ein Mal vollständig revidirt werden. Die Regierungen ec. haben aber unter Aufstellung eines Planes für die Ausführung der Grenzrevisionen unter Kontrole zu stellen, daß jährlich etwa der 10. Theil der Grenzstrecken der Revision unterzogen, und diese binnen 10 Jahren vollständig durchgeführt wird. Die Forstmeister können sich, wenn dies nach Lage der Um⸗ stände zulässig erscheint, und der Regierungs⸗Präsident es genehmigt, durch Forst⸗Assessoren bei einzelnen Grenz⸗ revisionen vertreten lassen. Es sind dann aber aus der Dienstaufwands⸗Entschädigung der Forstmeister den Forst⸗ Assessoren Diäten und Fuhrkosten nach denjenigen Sätzen zu vergüten, welche bei der Beschäftigung mit Forst⸗Abschätzungs⸗ arbeiten Anwendung finden würden.

Der Prezeß eines Bankiers als Inhabers von Stamm⸗ Aktien der Halle⸗Sorau⸗Gubener Eisenbahngesell⸗ schaft wider diese Gesellschaft, in welchem der Kläger die Gültigkeit des am 28. Mai v. J. erfolgten Beschlusses der Generalversammlung, der den Verkauf der Bahn an den preußischen Staat genehmigte, anfocht, ist vom Reichsgericht, I. Civilsenat, durch Urtheil vom 25. Februar d. J. zu Gunsten der Gesellschaft und des von ihr beschlossenen Verkaufs ihres Unternehmens an den Staat entschieden worden.

Der General⸗Lieutenant von Strempel, bisher Commandeur der 5. Infanterie⸗Brigade, ist aus Veranlassung seiner Beförderung sowie Ernennung zum Commandeur der 2. Division zur Abstattung persönlicher Meldungen hier an⸗ gekommen.

Der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath und vortragende Rath im Landwirthschaftlichen Ministerium, Ramm, ist am 18. d. M. verstorben.

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Dr. Joerich in Lübben, Dr. Kalm in Ronnenberg, Dr. Doerffler . -ehi Dr. Keßler in Homberg und Dr. Oswald in Hof⸗ geismar.

Posen, 20. April. In der heutigen (3.) Plenarsitzung des 23. Provinzial⸗Landtages des Großherzogthums Posen sind folgende Gegenstände zum Vortrage resp. zur Erledi⸗

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gung gekommen: Die Siegelsorm für die Organe der provin⸗ zialständischen Verwaltung ist nach der Allerhöchst erfolgten Genehmigung mitgetheilt. Dieselbe ist eine dreifache: nämlich ein reicheres Siegel und ein einfacheres Siegel für die Central⸗ organe und ein einfaches Siegel für die Organe der Provinzialverbände. Ueber die Jahresrechnungen pro 1881/82 und 1882/83 des Provinzial⸗Landarmenfonds ist der Provinzial⸗Institutenkasse Decharge ertheilt. Die in dem Etatsjahre 1882/83 mit 87 637,29 unvermeid⸗ lich gewesene Ueberschreitung der nach dem Hauptetat für die Verwaltung des gesammten Landarmen⸗ und Korrigenden⸗ wesen der Provinz Posen pro 1880 und die folgenden Etats⸗ jahre bewilligte Totalsumme von 230 550 ist genehmigt. Es ist nachträglich die Ausgabe derjenigen 18 648,31 ℳ, welche aus dem Provinzial⸗Kommunalfonds zur Deckung der Kosten für die Zwangserziehung verwahrloster Kinder her⸗ gegeben sind, genehmigt worden. Die Rechnungen über den Bau einer Dampf⸗Koch⸗ und Waschküche im Landarmen⸗ hause zu Kosten, sowie eines zweiten Treppenaufganges im Männerhause daselbst sind als richtig anerkannt und die von den bewilligten Baugeldern übrig gebliebenen 3190,74 dem Provinzial⸗Kommunalfonds als Einnahme zugefü hrt worden. Der Provinzial⸗Institutenkasse ist für die gelegten Rechnungen über das Zwangserziehungswesen pro 1881/82, 1882/83 und 1883/84 Decharge ertheilt. Dem Direktorium der Rettungs⸗ und Waisenanstalt Rokitten ist ein Vorschuß von 3960 bewilligt worden, welcher durch die Unterhaltungskosten für die in der Rokittener Anstalt untergebrachten 11 Zwangs⸗ zöglinge verrechnet werden soll. Die Errichtung eines be⸗ sonderen Lazarethgebäudes für das Arbeits⸗ und Landarmen⸗ haus in Kosten ist abgelehnt, dagegen 15 000 zum Bau und zur Einrichtung einer Baracke bei dieser Anstalt bewilligt worden. Es ist abgelehnt worden, dem Posener Provinzialverein gegen die Wanderbettelei eine Unterstützung aus Provinzialfonds zu gewähren. Den Vaterländischen Frauenvereinen zu Posen und Bromberg sind an einmaliger Unterstützung resp. 3000 und 1500 aus Provinzial⸗Kommunalfonds bewilligt; da⸗ gegen ist das Gesuch des Vaterländischen Frauen⸗Zweigvereins zu rh eeebat worden. Nächste Sitzung am Dienstag, en 21. d. M.

Mecklenbura⸗Strelitz. Neustrelitz, 19. April. (Meckl. Anz.) Herzog Carl Michael, welcher gestern früh aus St. Petersburg in Berlin eintraf, hat in Begleitung des russischen Staatsraths von Buxhöpden Berlin wieder ver⸗ lassen, um sich zur Fortsetzung seiner Studien nach Straß⸗ burg zu begeben.

Anhalt. Dessau, 18. April. (Leipz. Ztg.) Gestern Nachmittag, am Geburtstage der Herzogin, fand im hiesigen Residenzschlosse die Taufe der Prinzessin⸗Tochter des Erbprinzen durch den General⸗Superintendenten, Ober⸗ hofprediger Dr. Teichmüller statt. Von den hohen Pathen waren dabei persönlich anwesend die Tags vorher mit dem Prinzen Friedrich Carl und der ö Sibylla von Phi⸗ lippsruhe eingetroffene verwittwete Landgräfin von Hessen, die Herzogin und die Prinzessin Friedrich von Anhalt. Die junge Prinzessin erhielt nach den beiden hohen Großmüttern die Namen Antoinette Anna.

Oeste reich⸗Ungarn. Wien, 20. April. (W. T. B.) Im Herrenhause machte der Minister⸗Präsident Graf Taa ffe heuce Mittheilung von dem am 22. d. M. erfolgenden feier⸗ lichen Schluß der Reichsrathssession. Helfert brachte eine Petition der Geographischen Gesellschaft ein um Subvention von 5000 Fl. für eine nach Afrika zur Er⸗ forschung des Gebietes der Wasserscheide zwischen dem Nil und dem Congo zu entsendende wissenschaftliche Expedition. Die Petition kam sofort zur Verhandlung und wurde, nach⸗ dem Khevenhüller dieselbe warm unterstützt hatte, der Regie⸗ rung zur eingehenden Würdigung überwiesen. Während der Verhandlung war der König von Schweden in der Hofloge erschienen, wo derselbe vom Grafen Taaffe be⸗ grüßt wurde. Nach kurzem Verweilen verließ der König den Saal, um das Haus selbst zu besichtigen.

20. April, Abends. (W. T. B.) Der König von Schweden ist heute Abend von hier abgereist. Der Kaiser geleitete denselben zum Bahnhofe, auf welchem auch der tür⸗ kische Botschafter und der schwedische Gesandte zur Verabschie⸗ dung anwesend waren.

Niieederlande. Haag, 18. April. (Köln. Ztg.) Der Finanz⸗Minister Grobbée hat seine Entlassung aus dem Ministerium Heemskerk nachgesucht, weil die Erste Kammer nur durch die Drohung, daß das ganze Ministe⸗ rium abdanken werde, bewogen worden ist, das Budget mit 25 gegen 10 Stimmen gutzuheißen.

Großbritannien und Irland. (W. T. B.) Der Prinz und die Wales haben heute Killarney verlassen und sich nach Dublin zurückbegeben. Auf der Reise dorthin wurde das prinzliche Paar auf verschiedenen Stationen mit feindlichen Demonstrationen empfangen, während dasselbe auf anderen Stationen mit enthusiastischen Kundgebungen begrüßt wurde.

In der heutigen Sitzung des Oberhauses erwiderte der Staats sekretär des Aeußern, Lord Granville, auf verschiedene bezügliche Anfragen: er werde morgen ant⸗ worten, wenn der Premier Gladstone anläßlich der Kredit⸗ forderung eine kurze Erklärung im Unterhause geben werde. Zu erwähnen sei noch, daß die am reitag eingegangene Depesche Lumsdens den früheren Bericht desselben über die Vorgänge bei Pendjeh bestätige und daß derselbe dem Bericht Komaroffs widerspreche; die Regierung erwarte indessen noch weitere Details von Lumsden.

Im Unterhause theilte der Premier Gladstone mit: wegen der Unterdrückung des „Bosphore Egyptien“ finde ein Schriftwechsel zwischen der englischen, der französischen und der egyptischen Regierung statt. England wünsche nur, daß die egyptische Regierung den Gesetzen gemäß verfahre; daß es sich in der Angelegenheit um eine völkerrechtliche Frage handle, sei möglich. Die egyptische Regierung sei in der Sache nicht allein vorgegangen. England könne die Verantwortlichkeit nicht desavouiren. Bei der morgen dem Hause vorzulegenden Kreditforderung werde er nur eine kurze, zum völligen Verständniß der⸗ selben erforderliche Erklärung abgeben. Der Meinungs⸗ austausch zwischen dem Emir von Afghanistan und

London, 20. April Prinzessin von

Lord Dufferin bezüglich der B sei ein höchst befriedigender. Der Unter⸗ taatssekretä

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Lord Fitzmaurice erklärte: die Regierung habe keine Nachricht, daß die Afghanen Bala Murghab und Kuschk geräumt hätten oder daß Komaroff die provi⸗ sorische Regierung bis zum Paropamisus⸗Gebirge aus⸗ gedehnt habe, oder daß Rußland eine Proklamation zu Gunsten der Freundschaft mit Afghanistan vorbereite Bei der Spezialberathung des Marinebudgetz erklärte Caine: die englische Flotte sei, mit den Flotten anderer Nationen verglichen, so stark, wie sie zu irgend einer Zeit in den Jahren von 1874 bis 1880 gewesen sei, und werde, wenn alle jetzt im Bau begriffenen iffe fertig seien, stärker sein, als die vereinigten Flotten von irgend welchen anderen zwei Miächten.

höchsten Maße befriedigend sei die Art und Weise in welcher die Schiffe in den letzten Tagen für den Dienft hergerichtet worden seien. Die Admiralität könne binnen einer Woche 7000 bis 8000 Matrosen, ohne die Reserven ein⸗ berufen zu müssen, für den Seedienst bereit haben; einschließ⸗ lich der Reserve könne sie auf 20 000 Matrosen rechnen. Von Schiffen seien, abgesehen von den Kreuzern und Kanonen⸗ booten, 10 Panzerschiffe und 8 Schiffe für die Küsten⸗ vertheidigung bereit und könnten im Nothfall in weniger denn

10 Tagen bemannt werden, (W. T. B.) Den „Daily

21. April, Morgens.

News“ zufolge sind in dem gestrigen Kabinetsrath wichtige Angelegenheiten berathen worden. Die Angelegen⸗ heit des „Bosphore Egyptien“ habe gespannte Be⸗ ziehungen zwischen England und Frankreich hervorgerufen. Was die afghanische Frage angehe, so entbehre das Gerücht: Rußland habe weitere Gebietsforde⸗ rungen gestellt, der Begründung; die russische Regierung halte an ihren ursprünglichen Forderungen fest und die Basis der Controverse sei unverändert dieselbe. Die englische Re⸗ gierung habe beschlossen, die Kolonne Graham unverzüg⸗ lich aus dem Sudan zurückzuberufen, um die besten Ss Englands nicht länger dem dortigen Klima aus⸗ zusetzen.

Der „Standard“ meldet über die in den Verhand⸗ lungen zwischen der englischen und russischen Regie⸗ rung neuerdings entstandenen Schwierigkeiten, daß die englische Regierung der russischen vorgeschlagen habe, dieselbe solle nach Fixirung der neuen afghanischen Grenze sich verpflichten, unter keinen Umständen über diese Grenze hinaus⸗ zugehen. Die englische Regierung habe erklärt, daß sie dies als nothwendig für eine solide und dauernde Regelung der Verhältnisse ansehe. Die russische Regierung habe sich darauf bereit erklärt, bezügliche allgemeine Versicherungen zu ertheilen, habe jedoch gezögert, bestimmte Verpflichtungen einzugehen. Es werde indeß die Hoffnung festgehalten, daß die hieraus sich ergebenden Schwierigkeiten beseitigt werden würden.

Ein Telegramm des „Standard“ aus Tirpul, vom 16. d. M., meldet: Die vierzehn Tage, welche seit dem Angriff der Russen auf die Afghanen verstrichen, wurden von den Mitgliedern der Mission Lumsdens verwendet, um die Ursache des Zusammenstoßes zu ermitteln. Das Ergebniß stelle über jeden Zweifel fest, daß der Angriff Komaroffs völlig unprovozirt gewesen sei; die Afghanen seien nicht vorgerückt, aber Komaroff hätte 3000 Russen vor⸗ geschoben, bis dieselben Angesicht zu Angesicht mit den Afghanen standen, welche in Anbetracht dieses Vorstoßes nur die noth⸗ wendigsten Vorsichtsmaßregeln getroffen hätten.

(Allg. Corr.) Der Londoner General⸗Agent für das Kap der guten Hoffnung ist benachrichtigt worden, daß das östliche Netz der Kap⸗Eisenbahnen, welche die kolonia⸗ len Kohlenfelder durchschneiden, vollen det worden ist und am 19. v. M. bis Burghersdrop dem Verkehr er⸗ öffnet wurde.

Aus Canada liegen folgende Nachrichten vor:

Ottawa, 16. April. General Middleton ist in der Nähe von Clarkes Crossing angekommen und marschirt auf diesen Punkt, um sich desselben zu bemächtigen. Plänkler der Aufständi⸗ schen fangen an aufzutauchen. Riel hat den nördlichen Sas⸗ katchewanfluß, unweit des Schauplatzes des ersten Treffens, über⸗ schritten und hält beide Ufer besetzt.

Der amerikanische Korrespondent der „Times“ berichtet u. d. 17.: General Middletons Kolonne befindet sich auf dem Vormarsch, westlich von Humboldt nach Clarks Uebergang zu, wo die Straße nach Battleford den Saskatchewan überschreitet. Gestern befand sich der General etwa 60 Meilen vom Flusse entfernt. Er hat eine aus Karallerie und Artillerie bestehende fliegende Kolonne entsandt, die bei dem Uebergange eine Stellung besetzen, dieselbe ver⸗ schanzen und halten soll. Das Gros wird so schnell als möglich folgen. Seine Späher stoßen fortwährend mit den Spionen der Rebellen zusammen. Riels Streitkräfte stehen jetzt an beiden Ufern des Flusses in kurzer Entfernung von Clarks Uebergang. General Middleton ist gegen eine Unterhandlung mit den Rebellen und zieht es vor, ihnen zuerst eine Niederlage beizubringen. Er will den Ueber⸗ gang mit einer Garnison versehen und dort ein Depot für Vorräthe anlegen, die zu Wasser leicht dorthin gesandt werden können. Gegenwärtig werden alle wichtigen Punkte an der Pacific⸗ Eisenbahn westlich von Qu'Appelle mit Garnisonen versehen, wodurch jede Erhebung längs der Bahnstrecke verhindert wird. Ein heute aus Winnipeg eingegangenes Telegramm konstatirt, daß Riel einen Zusammenstoß vermeidet und auf die Entsendung einer Ee1114“ zur Regelung der Streitfragen wartet.

n amtlichen Kreisen herrscht die Ansicht, daß es nur zu wenigem e kommen und die Angelegenheit bald beigelegt werden werde.

Italien. Rom, 20. April. (W. T. B.) Der Kar⸗ dinal Lasagni ist in Folge eines Schlaganfalls gestorben.

Griechenland. Athen, 20. April. (W. T. B.) Die Wahlen zur Deputirtenkammer haben in vollkommener Ordnung stattgefunden. Das genaue Resultat derselben läßt sich noch nicht übersehen, doch sind, soweit bis jetzt bekannt, die Führer der Opposition gewählt, wogegen der Minister des Aeußern nicht gewählt wurde.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 20. April. (W. T. B.) Aus Anlaß des Besuches der slavischen Gäste zur Methodiusfeier fand gestern hier ein zahlreich be⸗ suchtes slavisches Concert statt, welchem auch mehrere Mitglieder des Kaiserlichen Hauses beiwohnten. An der am Abend vom slavischen Wohlthätigkeitsverein veranstalteten Festversammlung nahmen auch die Minister v. Giers, Deljanoff und Nobakoff Theil. Der Präsident des Ver⸗ eins, Durnowo, begrüßte die ausländischen slavischen Gäste und sprach dabei die Hoffnung aus, daß ihr Besuch ein Bindemittel für die slavischen Stämme und ein Anzeichen für deren intellektuelle Einigkeit sein werde, die man innerhalb der russischen Gesellschast, eingedenk des Vermächtnisses der slavischen Apostel, stets angestrebt habe. Ristitsch dankte in serbischer, Naumowitsch in russischer Sprache; Letztere

l it einem Hoch auf den Kaiser und auf Rußland.

Moskau, 20. April. (W. T. B.) Die „Moskowskija Wjedomosti“ schreiben: Schon das jüngste Auftreten Lord Dufferins sei ein casus belli, allein die Annexion von Port Hamilton durch England übkbersteige alles bisher Dagewesene. Die Räumung von Port Hamilton müsse jedenfalls sobald als möglich verlangt werden. Wenn England Port Hamilton nicht wieder heraus⸗ gebe, so sei ein Krieg unvermeidlich. Angesichts dessen müßten unbedingt alle möglichen Maßnahmen ge⸗ troffen werden, um den russischen Waffen den Erfolg zu sichern und die Unbill zu mildern, welche Rußland durch einen Krieg erwachse. Der Wegfall der Pariser Deklaration habe Rußlands Hände für die Ertheilung von Kaper⸗ briefen freigemacht. Es sei wünschenswerth, daß die russische Regierung die Kaperbedingungen vereinfache, um die Zahl der Kaperschiffe zu vergrößern. Wenn sich die Nachbarn Rußlands am Baltischen Meere und am Pontus bei einem englisch⸗russischen Kampfe streng neutral verhielten, würde die englische Flotte nicht in diese Meere gelangen. Ferner dürfe der Verkehr der englischen Flotte mit dem fernen Osten und dem Sudan nur um das Kap der Guten Hoffnung bewerkstelligt werden, da der Suezkanal während eines solchen Krieges für englische und russische Kriegsschiffe geschlossen sein müsse. Da bei Landkriegen die benachbarten neutralen Mächte Observations⸗Corps aufstellen, damit die Grenze nicht forcirt werde, so würde es auch nothwendig sein, Observations⸗Geschwader an den Endpunkten des Suezkanals, der Dardanellen, der Belte und des Sundes zu errichten. Rechtzeitige darauf hinweisende kollektive Erklärungen der Mächte würden die Ansprüche Englands bedeutend dämpfen und einem Bruch Rußlands mit England vorbeugen. Allein ohne einen entsprechenden Antrag russischer⸗ seits würde wahrscheinlich keine der betreffenden Mächte die Initiative ergreifen. Ein solcher Antrag Rußlands sei auch darum nothwendig, weil die gedachten neutralen Mächte dar⸗ aus ersehen würden, welche Aktionsweise Rußland als un⸗ parteiische Neutralität ansehen werde.

Afrika. Egypten. Kairo, 20. April. (W. T. B.) Ein Telegramm des „Reuterschen Bureaus“ meldet: In der Beantwortung der Forderungen Frankreichs anläßlich der Unterdrückung des „Bosphore Egyptien“ erklärt Nubar Pascha: da die Kapitulationen in Ueber⸗ einstimmung mit der Pforte geschlossen seien, könne die egyptische Regierung keine bestimmte Antwort geben, bevor sie bei der ottomanischen Regierung angefragt habe, wie diese die Kapitulationen in diesem Fall interpretire, und wie die egyp⸗ tische Regierung die Antwort formuliren solle.

Demselben Bureau zufolge haben die Aufständischen Berti Sani in der Richtung auf Berber, dessen Bevölkerung sich gegen den Mahdi empörte, verlassen.

Suakim, 17. April. (A. C.) Ein Deserteur von Osman Digma ist von einigen Vedetten der bengalischen Ulanen hierher gebracht worden. Er sagt: Osman Digma halte sich in Tamai mit etwa 100 Anhängern auf und leide empfindlichen Mangel an Lebensmitteln. Der Deserteur verlor jüngst eine Hand, die, wie er sagt, ihm auf Befehl von ] abgehauen wurde, weil er über Mangel an Nahrung

agte.

Drei Kolonnen, und zwar eine von Suakim, eine von Handub und die dritte von Otao werden morgen bei Tagesanbruch nach Deberet vorrücken und sich bemühen, den Feind zu umzingeln.

Zeitungsstimmen. 8

Das „Berliner Fremdenblatt“ schreibt über die en Handelsinteressen und die nationale Wirthschafts⸗ politik:

Unter den Anschuldigungen, welche die fortschrittlich⸗freisinnige Presse gegen die Wirthschaftspolitik der Regierung erhebt, nimmt

die Klage über angebliche Begünstigung der Landwirthschaft auf Unkosten von Industrie und Handel eine erste Stelle ein. Macht man dawider geltend, daß das deutsche Gewerbewesen im Laufe der letzten Jahre einen von aller Welt anerkannten Auf⸗ schwung genommen und (wie ein französischer Staatsmann neulich sagte) trotz der Ungunst der gegenwärtigen allgemeinen Lage, wahre „Riesenfortschritte“ gemacht habe, so wird das entweder todt⸗ geschwiegen oder mit einem Hinweise auf den Abbruch beantwortet, der dem deutschen Handel durch die Begünstigung der Landwirthschaft bereitet worden sein soll.

In den Handelskreisen selbst denkt man anders. Es hat seinen guten Grund, daß der Reichskanzler unter den im Auslande lebenden deutschen Großkaufleuten und in unseren Hansestädten seine frühesten, eifrigsten und verständnißvollsten Anhänger zählt. Genaver, wie sonst irgend wo, weiß man an den Mittelpunkten des großen Geschäfts, in wie hohem Grade die veränderte Weltstellung unseres Vaterlandes den Interessen des deutschen Handels zu Gute gekommen ist, der sich noch vor zwanzig Jahren als vaterloses Kind fühlen mußte. Und nicht das allein. Für die direkte Förderung deutscher kaufmännischer Unternehmungen im Aus⸗ lande ist während der letzten Jahre mehr geschehen, als zu irgend einer anderen Zeit. Schlagende Belege dafür bietet das in voriger Woche veröffentlichte letzte, die Verhandlungen der Congo⸗Konferenz umfassende Weißbuch. Den Ausgangspunkt der gesammten in dieser Angelegenheit entwickelten Thätigkeit unseres Auswärtigen Amtes bildete die Fürsorge dafür, daß die dem deutschen Handel durch den englisch⸗ portugiesischen Vertragsentwurf vom 26. Februar vorigen Jahres angedrohte Schädigung abgewendet werde. Als die Handelskammern von Hamburg, Solingen, Hannover, Nürnberg, Plauen Elberfeld, Köln, Bremen, Mannheim u. s. w. sich in dieser Angelegenheit an die Reichsregierung wandten, fanden sie nicht nur ein offenes Ohr, sondern eine starke und thätige Hand, welche sich ihrer Interessen sofort annahm. Der gesammte diplo⸗ matische Apparat wurde in Bewegung gesetzt, um die Sache der Handelsfreiheit der westafrikanischen Länder gegen die ihr drohenden Beeinträchtigungen zu sichern und der deutschen Ausfuhr nicht nur die alten Absatzgebiete zu erhalten, sondern neue hinzu zu erwerben. Noch bevor das Jahr zu Ende ging, war nicht nur das englisch⸗portugiesische Projekt aufgegeben, sondern eine Kon⸗ ferenz zusammengetreten, der das wichtige Werk der Gewährleistung einer den deutschen Interessen entsprechenden freien Handelsbewegung gelungen ist. In Afrika wie in Australien hat es nur eines festen und entschiedenen Eintretens von Seiten unserer Regierung bedurft, damit den Ver⸗ tretern des deutschen Handels die Stellung eingeräumt wurde, auf welche sie durch den Umfang und die Bedeutung ihrer kommerziellen Thätigkeit Anspruch erworben hatten. Seit dieses feste Auftreten da ist, geht es mit dem deutschen Handel allenthalben vorwärts.

Gegenüber so schlagenden Belegen für die Aufmerksamkeit, welche die Regierung der Förderung des deutschen Handels hat zu Theil werden lassen, verliert die fortschrittliche Anklage fauf einseitige Parteinahme für die landwirthschaftlichen Interessen jeden Sinn und jede Berechtigung. Es läßt sich im Gegentheil behaupten, daß die übrigen Zweige des deutschen Wirthschaftslebens von der

veränderten Stellung Deutschlands Maße Nutzen gezogen haben, als die Landwirthschaft und daß mit den zu Gunsten der letzteren ergriffenen Maßregeln lediglich bisher begangene Versäumnisse eingeholt und so weit das über⸗ hbaupt möglich ist ausgeglichen werden sollen. In der Geschichte des deutschen Handels haben die beiden letzten Jahrzehnte geradezu Epoche gemacht und demselben Gebiete erschlossen, von denen sonst angenommen worden war, daß sie zur Domäne anderer von dem Geschicke begün⸗ stigterer Staaten bestimmt seien.

Die „Neue Freie Presse“ berichtet über die Lage der Maschinenindustrie in den hauptsächlichen Industriestaaten Europas:

Die Verhältnisse der Maschinenindustrie haben sich während der letzten Monate in allen maßgebenden Ländern recht günstig gestaltet, und sind namentlich die besser situirten Etablissements in lohnender und weiterreichender Weise beschäftigt. In Oesterreich⸗Ungarn sind den Lokomotiv⸗ und Waggonbau⸗Anstalten Seitens der Staats⸗ und Privatbahnen gute Aufträge zugekommen; auch die Konstruktions⸗ Werkstätten haben genügende Arbeit, sowie auch die bedeutenderen Maschinenfabriken sowohl in der diesseitigen als in der jenseitigen Reichshälfte mit Bestellungen versehen sind, um so mehr, als auch für Marinezwecke wieder mehr Beschäftigung vorliegt. Bei den deut⸗ schen Maschinenunternehmungen herrscht fast durchaus eine rege Thätigkeit, die Mehrzahl derselben ist für längere Zeit ausreichend mit Ordres theils vom Inlande, theils vom Auslande versehen; speziell in Lokomotiven, Eisenbahnwaggons, Brücken zꝛc. erfolgen fort⸗ während neue Ausschreibungen. Auch in Werkzeug⸗, Fabriks⸗ und landwirthschaftlichen Maschinen ist ein erfreulicher Verkehr wahr⸗ nehmbar. Die Schiffsbau⸗Anstalten haben gleichfalls mehr zu thun. Der englische Maschinenmarkt befindet sich ebenfalls in einer günsti⸗ geren Situation, da sich nicht nur vermehrte Nachfrage aus den Industriedistrikten und den Kolonien zeigt, son⸗ dern auch die Regierung mit umfangreicherem Bedarfe auftritt. Auf den Schiffswerften herrscht eine große Rührigkeit, dagegen fehlt es in den Birminghamer Fabriken wieder etwas mehr an Arbeit. In Belgien haben sich die Verhältnisse der Maschinen⸗ industrie neuestens wesentlich gebessert; auch dort waren es zunächst die inländischen, holländischen und spanischen Bahnen, welche auf die Belebung dieser Branche Einfluß nahmen; auch in Kessel⸗ und Konstruktionsarbeiten sind bedeutendere Be⸗ stellungen zu verzeichnen. Ebenso haben die Gießereien vermehrte Beschäfrigung erhalten Die französischen Maschinen⸗Etablissements besitzen gleichfalls größere Aufträge in Betriebsmitteln für Eisen⸗ babnen und die Marine, ebenso liegen bei denselben für Berg⸗ und Hüttenanlagen, Industrien und für agrikole Zwecke wieder mehr Kom⸗ missionen vor. Bei den schweizerischen Maschinenfabriken bleibt es ruhig, und scheint überhaupt der Export in Maschinen dort im Rück⸗ gange begriffen zu sein. Die russischen Maschinen⸗ und Waggonbau⸗ Anstalten sind anhaltend gut beschäftigt, da der Eisenbahnbau be⸗ deutende Fortschritte macht und alle Anstrengungen gemacht werden, sich vom Auslande zu emanzipiren. Auch vom amerikanischen und I Maschinenmarkte lauten die Stimmungsberichte wieder erfreulicher.

früher und in höherem

Landtags⸗Angelegenheiten.

Dem Hause der Abgeordneten ist folgender Entwurf eines Gesetzes, betreffend eine Erweiterung der dem Finanz⸗ Minister ertheilten Ermächtigungen in Bezug auf die Anleihen verstaatlichter Eisenbahnen, vorgelegt worden:

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc. verordnen, unter Zustimmung der beiden Häuser des Landtags der Monarchie, was folgt:

Einziger Paragraph.

Die dem Finanz⸗Minister in Bezug auf die Anleihen verstaat⸗ lichter Eisenbabnen in dem Gesetz vom 17. Mai 1884 §. 5 Absatz 2 und 3 (Gesetz⸗Samml. S. 129) und in den beiden 111s vom 23. Februar 1885 §. 5 Absatz 2 (Gesetz⸗Samml. S. 11 bezw. 43) ertheilten Ermächtigungen werden wie folgt erweitert:

Der Finanz⸗Minister wird ermächtigt, den Inhabern von Schuld⸗ verschreibungen 5 oder 4 ½ % Eisenbahnanleihen, deren Kündigung nach den Anleihebedingungen erfolgen kann, vor der Kündigung auch die Belassung dieser Schuldverschreibungen unter Herabsetzung des Zinsfußes auf 4 %, im Uebrigen aber unter Aufrechterhaltung der bisherigen Anleihebedingungen durch öffentliche Bekanntmachung mit der Wirkung anzubieten, daß das Angebot für angenommen gilt, wenn nicht binnen einer in der Bekanntmachung festzusetzenden Frist unter Einreichung der Schuldverschreibungen die Baarzahlung des Kapitals beantragt wird. 88

Begründung.

Nachdem auf die gemäß §. 2 des Gesetzes vom 4. März 1885 (Gesetz⸗Samml. S. 55) erfolgte öffentliche Bekanntmachung des Finanz⸗Ministers vom 8. März dieses Jahres binnen der mit dem 10 April dieses Jahres abgelaufenen Frist Inhaber von Schuldver⸗ schreibungen der 4 ½ % konsolidirten Staatsanleihe nur ganz ver⸗ einzelt die Baarzahlung beantragt haben, die angebotene Umwand⸗ lung dieser Schaldverschreibungen in solche der 4 % konsolidirten Staatsanleihe mithin bis auf den kaum nennenswerthen Betrag von 23 000 als angenommen gilt, ist der Zweck des Gesetzes vom 4. März dieses Jahres, eine rechtlich zulässige und thatsächliche billige Er⸗ leichterung der Zinslast des Staates in Ansehung der 4 ½ % kon⸗ solidirten Anleihe vom 1. Oktober dieses Jahres ab zu erlangen, schon jetzt als vollständig und ohne alle mißlichen Weiterungen erreicht anzusehen.

schen2, Erwägungen wie die dem Gesetz vom 4. März dieses Jahres voraufgegangenen wegen deren auf die Motive des Gesetz⸗ vorschlages (Drucksachen des Abgeordnetenhauses der laufenden Session Nr. 9) und auf die stattgehabten Verhandlungen Bezug genommen werden darf erheischen nunmehr weitere Schritte zur Erlangung einer gleichen Erleichterung der Zinslast des Staates in Ansehung der 5 und 4 ½ % Prioritätsanleihen der verstaatlichten Eisenbahnen.

Zwar sind durch die Gesetze vom 17. Mai 1884 und vom 23. Februar 1885 dem Finanz⸗Minister bereits ausgedehnte Voll⸗ machten ertheilt, welche ihm die Möglichkeit gewähren, zum geeignet erscheinenden Zeitpunkt entweder die Rückzahlung der Schuldbeträge oder den Umtausch der Schuldverschreibunngen jener Anleihen in Staatsschuldverschreibungen zu bewirken, und es würde auf diesen Wegen jetzt wohl auch das vorbemerkte nächste Ziel zu erreichen sein. Um es aber auf demselben kürzesten und sichersten Wege zu erreichen, wie es nach dem Eingangs Bemerkten durch das Gesetz vom 4. März d. J. in Ansehung der 4 ½ % konsolidirten Staatsanleihe zum offenbaren Besten sowohl des Staats als auch seiner Gläubiger erreicht worden ist, dazu reichen diese gesetzlichen Vollmachten nicht ebenso aus. Denn der Finanz⸗Minister würde danach ein Angebot der Umwandlung der 5 und 4 ½ % Priori⸗ tätsanleihen der versnatlichten Eisenbahnen in 4 %, übrigens den Inhabern ganz unter den bisherigen Bedingungen namentlich auch bezüglich der Amortisation zu belassende Obligationen ausreichend wirksam nur gleichzeitig mit der Kündigung und nur mit dem Praͤjudiz machen können, daß dieses Angebot als nicht angenommen gelte, wenn nicht ausdrücklich die Annahme erklärt würde. as würde dieselben, nur in weiterem Umfange noch zu gewärtigenden mißlichen Folgen haben, denen durch die entgegengesetzte Bestimmung im §. 2 des Gesetzes vom 4. März d. J., wonach das vor der Kün⸗ digung zu machende Angebot der Umwandlung als angenommen galt, wenn nicht binnen bestimmter Frist eine gegentheilige Willenserklä⸗ rung erfolgte, in ebenso unbedenklicher wie wirksamer Weise vor⸗ gebeugt werden sollte und vorgebeugt worden ist. ö“

Es empfiehlt sich deshalb die in Bezug auf die Prioritätsanleihen der verstaatlichten Eisenbahnen dem Finanz⸗Minister bereits ertheilten esetzlichen Vollmachten auch darauf auszudehnen, daß derselbe den

nhabern der gedachten 5 oder 4 ½ % Schuldverschreibungen vor

an sich zulässigen Kündigung die Belassung dieser Schuld⸗ verschreibungen unter Herabsetzung des Zinsfußes auf 4 %, im Uebrigen aber unter Aufrechterhaltung der bisherigen Anleihebedin⸗ gungen mit der rechtlichen Wirkung anbieten kann, daß das Angebot für angenommen gilt, wenn nicht binnen bestimmter Frist die gegen theilige Willenserklärung durch den Antrag auf Baarzahlung erfolg Die Frist, wie in dem Gesetz vom 4. März d. J. geschehen, auf mindestens Einen Monat zu bemessen, scheint über das Bedürfniß hinauszugehen, und es dürfte ebenso unbedenklich wie zweckmäßig sein, der öffentlichen Bekanntmachung auch die Bestimmung der offen zu haltenden Fristen zu überlassen.

Der Gesammtbetrag der noch i verschreibungen der 4 ½ % Anlehen, soweit der Stand der Tilgung die einzelnen Anleihen zu übersehen ist, beläuft sich auf rund 1160 Millionen Mark. Hiervon scheiden gänzlich beziehungsweise zur Zeit diejenigen Anleihen zum Belaufe von rund 209 Millionen Mark aus, bei denen nach den Privilegien oder nach besonderen vertragsmäßigen Abmachungen eine Totalkündigung entweder über⸗ haupt oder bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgeschlossen ist Außerdem aber kommen noch in Betracht drei 5 % Anleihen (Bergisch Märkische und Breslau⸗Schweidnitz⸗Freiburger Eisenbahn) zum Be⸗ laufe von rund 40 Millionen Mark, welche in nahe bevorstehender Zeit kündbar sind. Eine Herabsetzung des Zinsfußes auf 4 % würde hiernach eine alsbaldige Ersparniß von mehr als 5 Millionen Mark jährlich ergeben.

Daß neben der durch den vorliegenden Gesetzentwurf zu erthei⸗ lenden Ermächtigung die früher ertheilten Vollmachten bestehen bleiben und daß es vorbehalten sein muß, hiervon denjenigen Ge 8 brauch zu machen, welchen besondere Umstände oder die eigenthüm⸗ lichen Bedingungen einzelner Anleihen an die Hand geben, bedar kaum besonderer Hervorhebung.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Katserlichen Gesund⸗ heitsamts sind in der 14. Jahreswoche von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 24,7, in Breslau 35,7, in Königsberg 28,4, in Köln 27,4, in Frankfurt a2. M. 22,2, in Hannover 23,4, in Kassel 29,6, in Magdeburg 24 3, in Stettin 31,1, in Altona 23.8, in Straßburg 28,1, in Metz 8,8 in München 32,4, in Nürnberg 22,3, in Augsburg 24,2, in Dres⸗ 8 den 23,9, in Leipzig 22 2, in Stuttgart 20,6, in Braunschweig 25,6 in Karlsruhe 26,0, in Hamburg 28,6, in Lübeck —, in Wien 35,9, in Budapest —, in Prag 36,3, in Triest —, in Krakau 46,3, in Basel 14,4, in Brüssel 18,3, in Amsterdam 27,3, in Paris 30,6, in London 23,8, in Glasgow 29,1, in Liverpool 24,7, in Dublin 32,2, in Edinburg 18,5, in Kopenhagen —, in Stockholm 37,5, in Chri⸗ stiania 23,6, in St. Petersburg 31,2, in Warschau 32,4, in Odessa 35,3, in Rom 29,2, in Turin —, in Bukarest 36,1, in Madrid —, in Alexandria 35, Ferner in der Zeit vom 15. bis 21. März: in New⸗PYork 29,9, in Philadelphia 24,7, in Chicago —, in St Louis —, in Cincinnati —, in San Franzisko 23,5, in Kalkutta 31,3, in Bombay 29,2, in Madras 42,0.

Beim Beginn der Berichtswoche herrschten an den meisten deutschen Beobachtungsorten östliche und südöstliche, in Konitz und Karlsruhe nordöstliche, in München nördliche Luftströmungen. Doch blieb Ostwind, zwischen Nord⸗ und Südost umlaufend, nur in Konitz bis an das Ende der Woche, in Breslau, Heiligenstadt, Berlin bis zum 10, in Bremen bis zum 8. April vorwiegend, wo sich der Wind in Breslau nach West, in Heiligenstadt, Berlin und Bremen nach Nordwest drehte. In München und Karls⸗ ruhe ging der Wind schon am 7. nach West 8 Südwest, in Köln am selben Tage nach Nordwest, er mit südwestlichen Winden wechselnd, bis zum Schluß der Woche vorherrschend blieb. Die Temperatur der Luft entsprach nur in Breslau der normalen, in Konitz lag sie etwas über, an den übrigen Stationen (in Karlsruhe bis über 3 C.) unter derselben Niederschläge erfolgten häufig und auch ergiebig; aus München Breslau, Köln werden Niedergänge von Gewittern gemeldet. Der beim Wochenbeginn schon niedrige Druck der Luft sank in den ersten Tagen der Woche noch tiefer, nahm jedoch vom 8. April an bis an das Ende der Woche langsam zu. 1

Die Sterblichkeit hat auch in dieser Berichtswoche an den südlich und westlich gelegeneren größeren Städten Europas zu⸗, in den deut⸗ 8 schen dagegen größtentheils etwas abgenommen. Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl für die deutschen Städte zeigte eine nur unwesentliche Abnahme und sank auf 25,9 von 26,0 der vora gegangenen Woche (pro Mille und Jahr berechnet). Der Antheil des Säuglings⸗ alters an der Sterblichkeit war in den deutschen Städten ein wenig kleiner als in der vorhergegangenen Woche. Von 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 78 Säuglinge, gegen 80 der Vorwoche; 8 in Berlin 68, in München 115. 8

Unter den Todesursachen zeigen von den Infektionskrankheiten Masern, Scharlach und Keuchhusten eine Zunahme der Sterbefälle, 8 während Diphtherie, typhöse und Kindbettfieber, sowie Pocken und epidemische Genickstarre weniger Opfer forderten. Auch Todesfälle an akuten Entzündungen der Athmungsorgane und Lungenphthisen waren etwas gesteigert, an Darmkatarrhen der Kinder dagegen ver⸗ mindert. Die Sterblichkeit an Masern war in Liegnitz, Hannover Köln, Wiesbaden, Amsterdam, Paris, Liverpool, Manchester, Bukarest eine gesteigerte, auch in Stockholm ist noch kein wesentlicher Nachlaß der Sterbefälle ersichtlich, während in München, Berlin, Potsdam Wien, London, Glasgow die Zahl der Todesfälle etwas kleiner wurde. Auch das Scharlachfieber veranlaßte in Mühlhausen, Berlin Hagen, Paris, Rotter⸗ dam etwas mehr Sterbefälle. Die Zahl der Todesfälle an Diphtherie und Croup stieg in Berlin, Hamburg, Barmen, Schwerin i. M., Apolda, Wien, St. Petersburg; in Danzig, Elbing, Breslau, Dres⸗ den, Leipzig, London, Christiania blieb die Zahl der Sterbefälle die gleiche; in Stolp, München, Paris, Amsterdam nahm sie etwas ab. 8 Typhöse Fieber zeigten sich allgemein in beschränkter Zahl. An Flecktyphus kam nur 1 Todesfall aus St. Petersburg zur Mit⸗ theilung. Sterbefälle an Kindbettfieber wurden aus deutschen Städten nur 14 (gegen 24 der Vorwoche) gemeldet. Die Zahl der Opfer an Keuchhusten hat in Breslau, Berlin, Chemnitz, Glauchau und Frankfurt a. M. zugenommen, während in Amsterdam, London die Zahl derselben kleiner wurde. Auch Darmkatarrhe der Kinder riefen namentlich in Berlin, Hamburg, Straßburg, Wien mehr, in München weniger Sterbefälle hervor. Todesfälle an epidemischer Genickstarre kamen aus Berlin, Danzig, Hamburg, Prag je 1 zur Mittheilung. Aus Prag, Brüssel, Manchester, Christiania, St. Petersburg werden einzelne, aus Paris, Warschau, Odessa, Rom, Venedig mehrfache Pockentodesfälle gemeldet. In größerer Verbreitung zeigten sich Pocken in Wien und London. In den indischen Städten Kalkutta und Bombay waren Todesfälle an Cholera Ende Februar und Anfang März nicht selten, in Madras erlag derselben in der 1. Märzwoche nur 1 Person.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Als Gratisbeiblatt zu dem „Jahrbuch der Königlich preußischen Kunstsammlungen“ erscheint seit dem Beginn des Jahres 1885 im Verlage der G. Grote'schen Verlagsbuchhandlung hierselbst, zwei⸗ wöchentlich, am 1. und 15. jeden Monats: „Der Kunstfreund“, herausgegeben von Henry Thode. Diese Zeitschrift will, da es für den Forscher wie für den Kunftfreund täglich schwerer werde, über die Resultate der in zahlreichen Zeitschriften und Broschüren nieder⸗ gelegten Einzeluntersuchungen sich zu unterrichten, das Zerstreute sammeln und der allgemeinen Kunstbewegung seine Aufmerksamkeit zuwenden. In die Museen, sagt der Herausgeber, wandern jährlich aus den verschiedensten Theilen der Welt, theils auf dem heimlichen Wege privater Abmachung, theils durch den von konkurrirenden Käufern belebten Kunstmarkt hindurch zahlreiche Kunstwerke jeder Art; von ihrem Erscheinen, dem Besitzwechsel,

ihrer neuen Heimath aber erfahren die weiten Kreise, 8 selbst die Fachleute entweder gar nichts, oder spät und zufällig. Auch über den