XVII.
Die Ausbändigung einer Ausfertigung dieser Konzessionsurkunde an den Konzessionar und die Veröffentlichung derselben in Gemäßbeit des Gesetzes vom 10. April 1872 erfolgt erst, nachdem die Hinter⸗ legung der unter VI vorgeschriebenen Kaution und Verpfändungs⸗ urkunde stattgefunden hat.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel. 1b
Gegeben Berlin, den 20. April 1885.
(L. S.) 84 von Bismarck. von Puttkamer. Dr. Friedberg. von Boetticher. Dr. vo
Graf von Hatzfeldt. Bronsart v
Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.
Der Privatdozent Dr. Paul Natorp in Marburg ist zum außerordentlichen Professor in der philosophischen Fakultät der dortigen Universität ernannt worden.
Der ordentliche Lehrer Dr. Basedow vom Luisen⸗ Gymnasium zu Berlin ist als Oberlehrer an das Stifts⸗ Gymnasium zu Zeitz, und der Oberlehrer Dr. Weber von letzterer Anstalt in gleicher Eigenschaft an die erstere versetzt worden.
Der ordentliche Lehrer Grunwald vom Schullehrer⸗ Seminar zu Braunsberg ist in gleicher Eigenschaft an das Schullehrer⸗Seminar zu Hildesheim versetzt worden.
Am Schullehrer⸗Seminar zu Braunsberg ist der bisherige Hülfslehrer Geschke zum ordentlichen Lehrer befördert, und —2veübtrüchdte⸗ Grüner als Hülfslehrer angestellt worden
Justiz⸗Ministerium. 1.““
Der Amtsrichter Füngling in Langenberg ist an das Amtsgericht in Köln versetzt.
In der Liste der Rechtsanwälte sind gelöscht: der Rechts⸗ anwalt Bigge bei dem Amtsgericht in Olpe, und der Rechts⸗ anwalt Dr. Ponfick bei dem Landgericht in Frankfurt a. M.
In die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: der Ge⸗ richts⸗Assessor Reichenbach bei dem Landgericht ] in Berlin, der Gerichts⸗Assessor Heimbach bei dem Landgericht II in Berlin, der Rechtsanwalt Wigand aus Medebach bei dem Amtsgericht in Ellrich, und der Rechtsanwalt Dr. Ponfick bei dem Amtsgericht in Frankfurt a. M.
Der Notar Sander, bisher in Guben, hat das Notariat niedergelegt. Der Rechtsanwalt und Notar, Justiz⸗Rath Haarmann in Duisburg ist gestorben. .
vh11““
Ministerium der öffentlichen Arbeiten.
Der Kreis⸗Bauinspektor Freye ist von Hildesheim nach Goslar, und
ddeer Kreis⸗Bauinspektor, Baurath Wichmann in Gronau in gleicher Amtseigenschaft nach Hildesheim versetzt; der bis⸗ herige Baukreis Gronau ist eingezogen.
Derr Kreis⸗Bauinspektor, Baurath Treede in Tondern ist in gleicher Amtseigenschaft nach Husum rersetzt worden.
Personalveränderungen. Königlich Preußische Armee.
Irnennungen, Beförderungen und Verseßungee⸗ Im aktiven Heere. Berlin, 18. April. Henning, Zeug⸗Pr. Lt. vom Art. Depot zu Erfurt, zum Zeughauptm, Dingel, Zeug⸗-Lt. von der Geschoßfabrik zu Siegburg zum Zeug⸗Pr. Lt. be⸗ fördert. — 23. April. v. Below, Pr. Lt. vom 1. Garde⸗Regt. zu Fuß, vom 1. Mai cr. ab auf ein Jahr zur Dienstleist, bei dem Großen Generalstabe kommandirt. v. Treutler, Sec. Lt. v. Hus. Regt. Nr. 6, in das Garde⸗Hus. Regt, von der Marwitz, Sec. Lt. vom Kür. Regt. Nr. 8, in das Kür. Regt. Nr. 5 versetzt. John, Hauptm. von der 1. Ingen. Insp., vom 1. Mai cr. ab, unter Ent⸗ bindung von seiner Stellung als Comp. Chef im Pion. Bat. Nr. 8 zur Dienstleist, bei der Versuchsstation für Kaptifballons komman⸗ dirt. — 25. April. Blume, Oberst und Chef des Generalstabes des IV. Armee⸗Corps, vom 6. Mai d. J. ab zur Dienstleist beim Kriegs⸗Ministerium, Hassel, Oberst und Commandeur des Füs. Regts. Nr. 36, vom 6. Mai d. J. ab zum Gen. Kommando des IV. Armee⸗Corps, behufs Vertretung des abkommandirten Chefs des Generalstabes, kom⸗ mandirt. Feldt, Rittm. vom Hus. Regt. Nr. 6, in seinem Kom⸗ mando als Adjut. von der 13. Div. zum Gen Kommando des IX. Armee⸗Corps übergetreten. v. Braun, Rittm. und Escadr. Chef vom Drag. Regt. Nr. 12, als Adjut. zur 13. Div. kommandirt v. Rohr, Pr. Lt. vom Drag. Regt. Nr. 12, zum Rittm. und Eecadr. Chef befördert. Graf zu Stolberg⸗Wernigerode, Sec. Lt. vom Drag. Regt. Nr. 8, unter Beförderung zum Pr. Lt., in das Drag. Regt. Nr. 12, Frhr. v. Schrötter, Pr Lt. à la suite des Ulan. Regts. Nr. 12, unter Be⸗ lassung in seinem Kommando als Adjut. bei der 2. Kav. Brig., zum Drag. Regt. Nr. 12, à la suite desselben, Graf zu Stolberg⸗Roßla, Sec Lt. vom Hus. Regt. Nr. 12, in das 3. Garde⸗Ulan. Regt. versetzt. v. Lippa, Pr. Lt. vom Inf. Regt. Nr. 58, vom 1. Mai cr. ab auf ein Jahr zur Dienstleist, bei der Schloßgarde⸗Comp. kommandirt.
Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Berlin, 18. April. Schimoneck, Zeug⸗Hauptm. vom Art. Depot zu Metz, mit Pens. und seiner bisher. Unif. der Abschied bewilligt. .
Aiichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 2. Mai. Se. Majestät der Kaiser und König begaben Sich heute Morgen zur Be⸗ sichtigung des 1. Garde⸗Regiments z. F. nach Potsdam.
— Am Sonntag trifft Ihre Königliche Hoheit die Groß⸗ Perzogin von Baden zum Besuch der Kaiserlichen Majestäten r ein. Ihre Majestät die Kaiserin und Königin be⸗ absichtigt, Sich zu Beginn der nächsten Woche zu einer mehr⸗ wöchentlichen Frühjahrskur nach Baden⸗Baden zu begeben.
— Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, sowie der Ausschuß desselben für Zoll⸗ und Steuerwesen hielten heute Sitzungen.
— Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstages und des Hauses der Abgeordnet befinden sich in der Ersten Beilage. ““
— In der heutigen (91.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staats Minister von Boetticher, der Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts, von Burchard, sowie mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, stand zunächst die zweite Berathung der Ueber⸗ sichten der Ausgaben und Einnahmen des Deutschen Reichs für das Etatsjahr 1882/83 auf der Tagesordnung.
Die Kommission beantragte: “
Der Reichstag wolle beschließen: 9
I. nachstehende Etatsüberschreitungen des Rechnungsjahres
1882/83, welche die Uebersicht der Ausgaben und Einnahmen (Nr. 6 der Drucksachen) nachweist, und zwar: a. bei den fortdauernden Ausgaben (Seite 6 bis 171)
8 4 250 480,43 ℳ, 8 b. bei den einmaligen Ausgaben (Seite 172 bio 5́F“ 486 873,39 c. bei den Ausgaben der Einnahmeverwaltung und bei den Hauptzollämtern in den Hanse⸗ städten (Seite 234 bis 301 und Anlage — Seite 305) .öC Sa. I 11 268 526,72 ℳ, II. Die in derselben Uebersicht nachgewiesenen außeretats⸗ mäßigen Ausgaben: a. bei den fortdauernden Ausgaben (Seite 6 bis 171) 108,00 ℳ
339 346,80 „ 299,95 „
339 754,75 ℳ etwa sich noch
b. bei den einmaligen Ausgaben (Seite 172 bis ec. bei den Ausgaben der Einnahmeverwaltung (Seite 234 bis 301) 8 1““
Summe II vorbehaltlich der bei der Prüfung der Rechnung ergebenden Erinnerungen vorläufig, dagegen
III. die in der Anlage X zu den Uebersichten (Seite 375 ff.) nachgewiesenen, die Einnahme⸗Etats überschreitenden, bezw. außer⸗ etatsmäßigen Einnahmen aus der Veräußerung von Grundstücken, Materialien, Utensilien und sonstigen Gegenständen nachträglich zu genehmigen.
Das Haus trat dem Antrage der Kommission bei.
Es folgte bei Schluß des Blattes die Fortsetzung der zweiten Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des Zolltarifgesetzes vom 15. Juli 1879, und zwar der zweite mündliche Bericht der XVII. Kom⸗ mission über die Anträge der Abgeordneten: Ausfeld und Genossen, — Struckmann, Scipio, Woermann — und Scipio.
— Der heutigen (14.) Sitzung des Herrenhauses, welche um 1 Uhr eröffnet wurde, wohnten die Staats⸗ Minister Maybach und Dr. Friedberg sowie zaͤhlreiche Kommissarien bei.
Der erste Gegenstand der Tagesordnung war der münd⸗ liche Bericht der Eisenbahn⸗Kommission üͤber den Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Beschaffung von Mitteln für die Erweiterung und Vervollständigung des Staatseisenbahnnetzes, sowie über die dazu eirge⸗ gangenen Petitionen.
Der Berichterstatter Herr Bredt empfahl, dem Gesetz⸗ entwurf in Uebereinstimmung mit dem Abgeordnetenhause unverändert die verfassungsmäßige Zustimmung zu ertheilen, die Petition des Bürgermeister Rusch und Genossen zu Bedburdyk der Staatsregierung zur Erwägung zu überweisen, einige Petjtionen als Material zur weiteren Er⸗ wägung der Staatsregierung zu überweisen und eine große Anzahl von Petitionen durch den Beschluß über die Vorlage für erledigt zu erachten.
Herr von Plötz bat im Laufe der Diskussion um die
Ausführung einer Zweigbahn von Altdamm über Wollin⸗
nach Neu⸗Strelitz. Bei Schluß des Blattes hatte der Staats⸗Minister Maybach das Wort.
— In der heutigen (63.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister der geistlichen, Unter⸗ richts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten, Dr. von Goßler, und der Finanz⸗Minister Dr. von Scholz nebst Kommissarien bei⸗ wohnten, stand auf der Tagesordnung die Fortsetzung der zweiten Berathung des Antrages des Abg. Frhrn. von Huene auf Annahme eines Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Ueberweisung von aus landwirthschaftlichen Zöllen eingehenden Be⸗ trägen an die Kommunalverbände.
Die Debatte begann bei §. 4, welcher lautet:
Bis zum Erlasse eines die Verwendungszwecke endgültig regeln⸗ den Gesetzes sind die überwiesenen Summen zur Erfüllung solcher Aufgaben zu verwenden, für welche Seitens der Land⸗ und Stadt⸗ kreise die Mittel durch Zuschläge zu den direkten Staatssteuern oder durch direkte Gemeindesteuern aufgebracht werden.
In denjenigen Landkreisen, in welchen die überwiesenen Summen nach Absatz 1 nicht Verwendung finden, können die nicht verwendeten Beträge unter Genehmigung der zuständigen Aufsichts⸗ behörde durch Beschluß des Kreistages verwandt werden:
a. zur Entlastung der Schul⸗ beziehungsweise engeren Kom⸗ munalverbände hinsichtlich der Schullaften, insbesondere auch zur Aufhebung oder Minderung des Schulgeldes in denjenigen Schulen, welche der allgemeinen Schulpflicht dienen;
.b. zur Gewährung von Beihülfen an die Ortsarmenverbände, insoweit nicht die Landarmenverbände dazu verpflichtet sind.
„Kommt ein solcher Beschluß zu den Zwecken Absatz 2 a und b
nicht zu Stande, so sind die nicht verwendeten Beträge an die Stadt⸗ und Landgemeinden (Gutsbezirke) des Kreises unter Fest⸗ haltung des §. 3 Absatz 1 und 2 weisen.
Diese Untervertheilung erfolgt durch die Kreisausschüsse, bezw.
Kreiskommissionen und wird in den Kreisblättern publizirt. Gegen die Richtigkeit der Untervertheilung steht den einzelnen Gemeinden binnen 2 Wochen von dem Tage ab, wo das betreffende Kreisblatt ausgegeben ist, die Beschwerde an die zuständige Aufsichtsbehörde zu.
Für die Verwendung der auf die Stadt⸗ und Landgemeinden (Gutsbezirke) untervertheilten Beträge finden die Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entsprechende Anwendung.
Hierzu lagen folgende Anträge vor:
1) von den Abgg. Ludowieg und Dr. Enneccerus:
a. Als Absatz 3 einzuschalten:
„Diese Verwendungen können nur nach für den ganzen Kreis gleichmäßig aufzustellenden Regeln erfolgen, welche der Geneh⸗ migung der zuständigen Aufsichtsbehörde unterliegen.
2) von den Abgg. von Tiedemann (Bomst) und von Tiede⸗ mann (Labischin):
1) Im §. 4 Absatz 3 folgende Worte zu streichen:
’unter Festhaltung des §. 3 Absatz 1 und 2 festgesetzten Maß· stabes zu überweisen“
und dafür zu setzen: àuzu vertheilen und zwar nach Maßgabe von statutarischen Be⸗ stimmungen, welche von den Provinzial⸗Landtagen, nach Anhörung der Kreistage, unter Genehmigung der Aufsichtsbehörden zu er⸗ lassen sind.“ “
3) von dem Abg. Frhrn. von Zedlitz⸗Neukircht. 2, Dem §. 4 als letzten Absatz hinzuzufügen:
Bei der Vertheilung der alsdann noch verbleibenden Kreis⸗
festgesetzten Maßstabes zu über⸗
bezw. Kommunalabgaben können unbeschadet des im Uebrigen be⸗ stehenden Vertheilungsmaßstabes die drei untersten Stufen der Klassensteuer von der Heranziehung ganz freigelassen, oder mit einem geringeren Prozentsatze berangezogen werden, als die übrigen Stufen der Klassen⸗ und klassifizirten Einkommensteuer. 2
Der Abg. Frhr. von Zedlitz befürwortete seinen Antrag damit, daß die unteren Klassensteuerstusen etwas mehr er⸗ leichtert werden sollten als die oberen.
Der Abg. Frhr. von Huene führte aus, daß, nachdem alle im §. 4ü aufgezählten Verwendungen aus der überwiesenen Summe vorgenommen sein würden, wohl nichts übrig bleiben würde, um dem Antrage von Zedlitz gemäß noch weitere Erleich⸗ terungen zu beschließen. Er habe einen ahnlichen Versuch machen wollen, aber bei näherer Prüfung gefunden, daß dies unmög⸗ lich sei. 8 Der Abg. von Rauchhaupt wendete sich gegen den Antrag von Zedlitz den er für sehr bedenklich halte. Er und seine politischen Freunde würden für den Vorschlag der Kommission stimmen, der eine übersichtliche Fassung erhalten habe und die Interessen aller Betheiligten in gleicher Weise berücksichtige.
Der Staats⸗Minister Dr. von Goßler erklärte, in die Be⸗ schlüsse des Hauses nicht eingreifen zu wollen, meinte aber, das Bedenken nicht unterdrücken zu können, daß die Kreis⸗ verbände für die Erleichterung der Schullasten nichts übrig behalten würden. Er müsse deshalb die Bitte aussprechen, daß die Kreistage sich vor Verschwendung hüten und auch die Sorge für die Schule nicht außer Acht lassen möchten.
Der Abg. Büchtemann sprach sich gegen den Paragraphen aus, unter wiederholter Betonung des Satzes, daß das Gesetz lediglich im Interesse des Großgrundbesitzes liege und auf eine Entlastung der ärmsten Klassen nicht einwirken würde.
Der Abg. von Rauchhaupt wendete sich gegen die Er⸗ klärung des Staats⸗Ministers, die geeignet sei, das Zustande⸗ kommen eines Gesetzes zu gefährden, dem die Regierung bisher zugestimmt habe.
Der Staats⸗Minister Dr. von Goßler erwiderte, daß ihm fern gelegen habe, sich gegen das Gesetz zu erklären; seine Absicht sei gewesen, den Kreisen die Mahnung ans Herz zu legen, auch die Schule nicht zu vergessen.
Bei Schluß des Blattes sprach der Abg. Rickert.
— Die Bestimmung des §. 165 Absatz 1 des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes, nach welcher im Falle der Rechts⸗ hülfe unter den Behörden verschiedener Bundes⸗ staaten die baaren Auslagen, welche durch eine Abliefe⸗ rung oder Strafvollstreckung entstehen, der ersuchten Behörde von der ersuchenden zu erstatten sind, hat bei den Justizbehörden der Bundesstaaten eine verschiedene Auffassung erfahren. Die Landesjustizverwaltungen der deutschen Bundesstaaten sind in Folge dessen übereingekommen, bei der Ausführung dieser Be⸗ stimmung die nachstehenden Grundsätze zur Anwendung bringen zu lassen: 1) Als Beginn des Ablieferungs⸗ oder Strafvollstreckungsverfahrens ist die Ergreifung des Ab⸗ zuliefernden beziehungsweise Verurtheilten anzusehen. 2) Die nach dem Zeitpunkt der Ergreifung ent⸗ stehenden, zur Ausführung der Ablieferung oder Strafvollstreckung aufgewendeten Kosten, insbesondere auch die Kosten der Verpflegung, sind zu den zu erstattenden baaren Auslagen zu rechnen, ohne Rücksicht darauf, ob die Ablieferung oder Strafvollstreckung völlig durchgeführt oder ob etwa durch die Flucht des Verhafteten oder durch andere Umstände ein Hinderniß entgegengetreten ist. 3) Zu den zu erstattenden baaren Auslagen gehören nur die mit dem Ablieferungs⸗ oder Strafvollstreckungsverfahren selbst verbundenen Kosten, nicht die nebenbei durch Zustellungen oder Korrespondenzen entstehenden Auslagen (Zustellungsgebühren, Postgebühren und dergleichen).
— Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Fürstlich schaumburg⸗lippesche Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Spring ist von hier abgereist.
Potsdam, 2. Mai. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser und König traf in Begleitung Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen und Sr. König⸗ lichen Hoheit des Prinzen Friedrich Carl heute Vor⸗ mittag um 10 Uhr 40 Minuten hier ein und besichtigte im Lustgarten die drei Bataillone des Ersten Garde⸗Regi⸗ ments. Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm führte das erste Bataillon vor. Darauf besichtigte Se. Majestät der kaiser die Kaserne des ersten Garde⸗Regiments und nahm mit den Prinzen und dem gesammten Offizier⸗Corps das Dejeuner im Regimentshause ein. Sämmtliche fremden Militärbevollmächtigten waren bei der Besichtigung zugegen.
Württemberg. Stuttgart, 1. Mai. (St.⸗A. f. W.) Nach aus Nizza hier eingetroffenen Nachrichten ist die Königin von dort abgereist und hält sich gegenwärtig in Paris auf. Der König reist am 4. d. M. von Nizza ab und begiebt sich zunächst nach Stresa am Lago maggiore; die Rückkehr hierher erfolgt zu Pfingsten. Se. Majestät litt während des Wminters weniger als fruüͤher an Katarrhen und Athmungs⸗ beschwerden und blieb ebenso frei von Fiebererscheinungen. Die neuralgischen Beinschmerzen freilich sind wesentlich unver⸗ ändert; der König bedarf deshalb noch der Schonung.
Baden. Karlsruhe, 30. April. (Karler. Ztg.) Se. Majestät der Kaiser von Oesterreich empfing den Erbgroßherzog am 28. d. M. in Schönbrunn und hatte die Gnade, ihm das Großkreuz des St. Stephan⸗ Ordens zu verleihen. Am gleichen Tage besuchte der Kaiser den Erbgroßherzog in Wien, und da er ihn nicht zu Hause traf, suchte er ihn bei der SHerzog⸗ lich nassauischen Familie auf, wo Se. Majestät sehr theilnahmvoll bei dem Brautpaar verweilte. Der Erb⸗ großherzog wurde ebenso von dem Kronprinzlichen Paar empfangen, Höchstwelches hierfür besonders von Laxenburg nach Wien kam. Von der ganzen Kaiserlichen Familie ist der Erbgroßherzog in freundlichster Weise aufgenommen worden, und auch von Seite der höheren Gesellschaftskreise Wiens werden ihm die theilnehmendsten Gesinnungen bekundet. — Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Groß⸗ herzogin beabsichtigen, sich morgen zum Besuch Ihrer Ma⸗ jestät der Kaiserin von Oesterreich nach Heidelberg zu begeben, wo sich die Großherzogin von der Kaiserin verab⸗ schieden wird, da Höchstdieselbe am Sonnabend, den 2. Mai, sich nach Berlin zu Sr. Majestät dem Kaiser begiebt, um daselbst so lange zu verweilen, als Ihre Majestät die Kaiserin Augusta in Baden⸗Baden Aufenthalt nehmen wird.
Hessen. Darmstadt, 1. Mai. (W. T. B.) Die Königin Victoria hat mit der Prinzessin Beatrice heute Abend die Rückreise nach England angetreten.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 1. Mai. (Th. C.) Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz verabschiedete Sich heute von Sr. König⸗ lichen Hoheit dem Großherzog und kehrte von der Wartburg nach Potsdam zurück. — Der Großherzog und der Kronprinz wohnten am Mittwoch Abend der Aufführung des Volksstücks „Im Austragsstüberl“ durch die Gesellschaft der oberbayerischen Schauspieler vom Gärtnertheater in München bei. Höchstdieselben wurden beim Betreten des Theaters von dem Publikum, welches das Haus bis auf den letzten Platz gefüllt hatte, in enthusiastischer Weise empfangen.
Sachsen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meiningen, 30. April. (Th. C.) Dem Landtag ist ein Gesetzent⸗ wurf über die Besteuerung des Gewerbebetriebes im Umherziehen zugegangen. Die Steuer soll bei ge⸗ werblichen Leistungen zwischen 1 bis 6 ℳ monatlich, bei Schaustellungen zwischen 2 bis 8 ℳ betragen. Wanderlager
sollen in den größeren Städten 24, in den mittleren Ort⸗ schaften 16, in den kleinsten 8 ℳ entrichten. 8
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 1. Mai. (Wien. Ztg.) Der Kaiser ist gestern Abend nach Pest abgereist.
Pest, 30. April. (Wien. Ztg.) Das Kronprinzliche Paar ist in Begleitung der Erzherzöge Albrecht und Friedrich und der Frau Erzherzogin Isabella hier an⸗ gekommen.
Der vorgeleate Ausschußbericht über den Gesetzentwurf, betreffend das Wasserrecht, gelangt am nächsten Donnerstag zur Verhandlung. Der Gesetzentwurf über die Herab⸗ setzung des Brückenzolls wurde in dritter Lesung votirt.
Agram, 30. April. (Wien. Ztg.) In der heutigen Sitzung des Landtages beantragte der Präsident die Aus⸗ schließung des Abg. Hinkovic von 40 Sitzungen. Der Antrag wurde angenommen. — In fortgesetzter General⸗ debatte über das Budget wies Gyurkovic im Namen des Serben⸗Clubs die Behauptungen der Opposition über den serbischen Separatismus zurück. Derselbe erörterte sodann den Begriff des Serbenthums, welcher nicht allein auf Konfession, sondern auch auf zweifellosen ethnographischen Grundlagen beruhe. Nur um den Preis der Aner⸗ kennung des Serbenthums sei eine Verständigung zwischen Kroaten und Serben möglich. Als bisher unberücksichtigte, durchaus legale Forderungen der Serben bezeichnete Redner eine gerechte Vertheilung der Unterstützungen an die Geist⸗ lichkeit, die Bestellung eines eigenen Kultusreferenten bei der Landesregierung, die Inartikulirung der serbischen Autonomie und die Reform des Schulgesetzes. Er erklärte, für das Budget stimmen zu wollen. Posilovic (Stroßmayer⸗Partei) polemisirte
gegen Gyurkovic und äußerte sich für Ablehnung des Budgets.
Großbritannien und Irland. London, 1. Mai. (W. T. B.) Die amtliche Gazette veröffentlicht die Verleihung des Großcommandeur⸗Kreuzes des Sterns von Indien an den Emir von Afghanistan.
Von dem Assisengericht in Ipswich wurden heute wegen Beraubung der deutschen Schiffe „Diedrich“ und „Anna“ 3 Seeleute zu 12 und 5 zu 9 Monaten Zwangsarbeit verurtheilt. Der Richter drohte im Wieder⸗ holungsfalle Zuchthausstrafe an.
Das Oberhaus nahm heute in dritter Lesung die Bill wegen Errichtung eines Bundesraths für Australien an.
Im Unterhause erwiderte auf die Frage North⸗ cothes: ob heute neue Nachrichten aus St. Petersburg eingetroffen seien, der Premier Gladstone: soweit ihm be⸗ bekannt, lägen keine weiteren Nachrichten vor.
— 2. Mai, Morgens. (W. T. B.) Die „Daily News“ wollen aus angeblich unanfechtbarer Quelle erfahren haben: der Kaiser von Rußland, von dem Wunsche be⸗
seelt, einen Krieg mit England wenn möglich zu vermeiden,
sei geneigt, dem Vorschlage Englands, den Zwischen⸗ fall von Pendjeh einem Schiedsspruch zu unter⸗ breiten, zuzustimmen. Das englische Kabinet sei von der versöhnlichen Stimmung des Kaisers und der russischen Re⸗ gierung zunächst auf nichtamtlichen Wege benach⸗ richtigt worden. Die amtliche Antwort könne erst in der nächsten Woche in England eintreffen. Dieselbe werde voraussichtlich die förmliche Annahme der englischen Vorschläge übermitteln. Die diesem Arrangement zu gebende Form, welche jede Kollision mit der erregten beiderseitigen Stimmung vermeiden müsse, sei von der englischen Regierung erwogen worden und beschäftige jetzt die Aufmerksamkeit des russischen Kabinets. Das Verhalten Komaroffs oder Lumsdens solle dem Schiedsspruch nicht unterbreitet werden; nur die Frage, ob die Instruktionen, welche in Folge des Abkommens vom 17. März gesandt wurden, auf der einen oder anderen Seite falsch ausgelegt worden seien, werde den Gegenstand des Schiedsspruchs bilden. Es sei auch nicht die Absicht, die Grenzfrage dem Schiedsspruch zu unter⸗ werfen; über diese seien vor dem Zwischenfall von Pendjeh gewisse Details für eine Lösung erzielt worden, auf einer Basis, die für England, Rußland und Afghanistan sich als befriedigend erweisen werde. Wenn der Vorschlag, den Zwischenfall von Pendjeh einem Schiedsspruch zu unterbreiten, angenommen wird, solle die Grenzregulirung fortgesetzt wer⸗ den, ohne die Entscheidung des Schiedsrichters abzuwarten. Während der Arbeiten der gemischten Grenzkommission werde das streitige Gebiet als neutral betrachtet und solle weder von Russen noch Afghanen besetzt werden.
— (Allg. Corr.) Aus Durban wird dem Reuterschen Bureau unterm 29. d. gemeldet: „In Stellaland ist eine Civilregierung hergestellt worden. Die militärische Ver⸗ waltung wurde zurückgezogen. General Sir Charles Waaren hat sich nach Sassong begeben.
Aus Canada liegen folgende Nachrichten vor:
Ottawa, 29. April. Von Battleford gingen heute Truppen ab, um nach dem Reservatgebiet der Poundmaker⸗ Indianer zu marschiren, wo ein hartaäckiger Widerstand erwartet wird. Im Fort Qu' Appelle, wo sich etwa 20 Indianer⸗Reser⸗ vate und 500 männliche Mischlinge befinden, geben sich Zeichen der Rastlosigkeit kund. Die Indianer wollen die Reservate verlassen
nd sich nach der Gegend unterhalb Fort Ellice begeben. Das Militär ergreift Vorsichtsmaßregeln zur Verhinderung eines Aufstandes. — Die canadische Pacific⸗Eisenbahn wird am nächsten Sonnabend von Montreal nach dem Gipfel des Selkirk⸗ gebirges, auf eine Entfernung von 2500 englischen Meilen, fertig gestellt sein. Um Mitte nächsten Monats wird es möglich sein, Truppen von Halifax nach Vancouver in 12 Tagen zu befördern. — Das canadische Haus der Gemeinen hat die Bill zur Ver⸗
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leihung des Stimmrechts an Frauen nach 31 stündiger ununter⸗ brochener Debatte verworfen.
Frankreich. Paris, 1. Mai. (W. T. B.) Eine Depesche des Generals Briere de l'Isle bestätigt, daß die Chinesen Langson geräumt haben. Dong⸗ song und Thammoi seien französischerseits besetzt worden. Die Ausführung der Friedensbedingungen sei in regelmäßigem Fortgange begriffen.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 2. Mai. (W. T. B.) Die deutsche „Petersburger Zeitung“ er⸗ fährt von gut unterrichteter Seite, daß der Friede als ge⸗ sichert zu betrachten sei. Die ganze diplomatische Aktion, die sich englischerseits jetzt noch vollziehe, sei lediglich eine Rückzugsbewegung, der man einen möglichst anständigen Charakter wahren wolle. Die deutsche „Petersburger Zeitung“ äußert jedoch ihrerseits noch Zweifel, ob die Situation in dieser unbedingt günstigen Weise schon jetzt aufzufassen sei.
Afrika. Egypten. Suakim, 29. April. (Allg. Corr.) Ein Haufen Rebellen beseitigte gestern Abend den Sand unter den Schwellen der Eisenbahn unweit Handub und verbrannte dieselben. Die Garnison von Suakim wird aus dem Berkshire⸗ und dem Surrey⸗Regiment sowie dem indischen Kontingent bestehen.
Dongola, 29. April. (Allg. Corr.) Die Truppen des Mudirs griffen am vorigen Sonnabend die Rebellen auf der Abdassi⸗Insel unweit Merawi an. Achud, der lei⸗ tende Rebell des Distrikts, wurde in dem Treffen getödtet. Eine Abtheilung des Hassaniye⸗Stammes unternahm am Montag einen Streifzug nach der Nuri⸗Insel und schleppte eine Anzahl Rinder hinweg.
— Aus Kamerun wird dem „Hamb. Corr.“ von be⸗ freundeter Seite mitgetheilt: Laut soeben aus Kamerun ein⸗ getroffenen Nachrichten, vom 27. März, ist der Friede daselbst mit den Joßleuten wieder hergestellt. Die Letzteren haben den Mörder des Hrn. Pantänius ausgeliefert, und derselbe ist standrechtlich erschossen worden. — Die Joßleute bauen sich wieder in ihren früheren Wohnsitzen an.
Zeitungsstimmen.
Das „Berliner Fremdenblatt“ schreibt:
Die wirthschaftliche Lage Preußens. Ein Hauptargument für die oppositionelle Haltung der Freisinnigen während der Wintersession im Reichstage und Abgeordnetenhause bildete die angeblich schlechte wirthschaftliche Lage, welche von ihnen zugleich zur Empfehlung ihrer Wirthschaftspolitik, bezw. ihrer Steuerpolitik, auszunutzen versucht wurde. Nun lag aber der Bebauptung, daß die wirtbschaftliche Lage eine ungünstige sei, nur die Thatsache zu Grunde, daß infolge des Rückganges der Rübensteuer und des Ausfalls vorjähriger Ueberschüsse und in Ermangelung genügender Einnahmen aus indirekten Reichssteuern zur Deckung der Reichs⸗ ausgaben die Matrikularbeiträge um etwa 37 ½ Millionen Mark erhöht werden mußten. Dies war denn auch die Veranlassung, daß Preußen zur Deckung eines Theils seiner außerordentlichen Ausgaben eine Anleihbe aufnehmen mußte. Hiermit war aber noch lange nicht der Beweis für die Ungunst der wirthschaftlichen Lage, sondern höchstens für die Unterlassungssünde, nicht rechtzeitig für die Ver⸗ mehrung der Einnahmequellen — worauf die Regierung schon lange gedrungen hatte — gesorgt zu haben. 8
Daß das wirthschaftliche Leben in Reich und Staat sich im Aufschwunge befindet, davon zeugt der im Vergleich zu der Zeit vor Einführung des Zolltarifs günstige Stand der meisten Industriezweige, die günstige Handelsbilanz, die Zunahme des Eisenbahn⸗, Tele⸗ graphen⸗ und Postverkehrs und der daraus resultirenden Einnahmen. Einen ferneren Beweis von der günstigen wirthschaftlichen Lage liefert ein Vergleich zwischen den Verpflichtungen, welche aus der Staatsschulden⸗ last herrühren, und den Einkünften aus den Betriebsverwal⸗ tungen des Staates, sowie ein Vergleich dieser Verhältnisse Preußens mit denen auswärtiger Staaten. Bei den eigenthümlichen Verhält⸗ nissen, in denen sich das Reich zu den Einzelstaaten befindet, lassen sich die Finanzverhältnisse des Reichs nicht mit denen anderer, einen einheitlichen Wirthschaftsverband bildenden Großstaaten vergleichen. Dagegen wird bei einem Vergleich Preußens mit diesen auch der An⸗ theil berücksichtigt werden müssen, den Preußen an den Reichsschulden und Reichseinnahmen hat.
Dies vorausgeschickt, ergiebt sich, daß Preußen (also mit Zu⸗ rechnung der auf Preußen mit zu veranschlagenden Reichsschulden) eine Schuldenlast von 5 768 424 990 ℳ hat, also 209,17 ℳ auf den Kopf. Zur Deckung der Zinsen muß Preußen 234 628 600 ℳ jährlich — also 8,51 auf den Kopf — aufbringen. Nun aber geben die Einkünfte Preußens aus seinem Besitz an Bergwerken, Forsten, Domänen, Eisenbahnen — nach Abzug aller Betriebsausgaben — den Nettoertrag von 464 557 400 ℳ jährlich, also auf den Kopf 16,85. Mithin betragen die Erwerbseinkünfte auf den Kopf schon 8,34 ℳ mehr als die
insenlast pro Kopf. Hierzu kommen noch die Einnahmen aus den teuern und Zöllen, welche 470 188 300 ℳ, also 17,05 ℳ auf den Kopf, betragen. 8
Mit diesen Verhältnissen steht Preußen besser da als Frankreich, Großbritannien, Oesterreich und Italien. Die Staatsschuldenlast Frankreichs beläuft sich auf mehr als 27 Milliardea Francs, diejenize
—
Englands auf 746 Millionen Pfund (14 Milliarden Mark), Oester⸗
reichs auf beinahe 4 Milliarden Gulden (7 Milliarden Mart), Italiens auf 11 Milliarden Francs. Während zur Verzinsung dieser Schuld in Preußen auf den Kopf 8,51 ℳ aufgebracht werden müssen, muß Frankreich 21,50 ℳ, England 16,70 ℳ, Oesterreich 9,11 ℳ, Italien 15,20 ℳ aufbringen. Aber alle diese Staaten müssen zur Tilgung dieser Zinsen einen großen Theil ihrer Steuern ver⸗ wenden, während die Einkünfte aus dem preußischen Staats⸗ besitz so groß sind, daß nach Tilgung der Zinsenlast noch auf den Kopf 8,34 ℳ übrig bleiben. Hieraus folgt, daß Preußen im Verhältniß zu jenen Staaten am wenigsten Steuern aufzubringen hat und in der That, während Preußen auf den Kopf nur 17,05 ℳ an Steuern aufbringt, muß Frankreich 51,95 ℳ, England 41,24 ℳ, Oesterreich 27,82 ℳ und Italien 20,37 ℳ an Steuern — theils zur Deckung der Schuldenlast, theils zur Bestreitung der laufenden Ausgaben — erheben. .
In Preußen, bezw. im Reich, braucht man also weder über die Staatsschulden⸗ noch über die Staatssteuerlast zu jammern. Nun mögen ja die anderen Länder steuerkräftiger und von der Natur begünstigter sein, als Preußen, bezw. das Reich. Aber die Politik des Schutzes der nationalen Arbeit und die Kolonialpolitik werden auch den Wohlstand unseres Landes mehren helfen. Doch auch jetzt schon kann nach dem Vorstehenden kein Zweifel sein, daß die wirth⸗
schaftliche Lage unseres Gemeinwesens die relativ günstigste ist.
— In der „Berliner Zeitungs⸗Korrespondenz“ lesen wir: 8 ““ .. . Die deutsche freisinnige Presse behauptet jahraus jahrein, daß die Lage der deutschen Industrie und des deutschen Gewerbes in Folge einer gänzlich verfehlten Tarifpolitik des Reichskanzlers eine wahrhaft trostlose geworden sei, so daß Deutschland am Rande der Verarmung stehe, während die nämliche Presse als hervorragendste Be⸗ schützerin und Kennerin der Interessen der Börse doch ganz genau weiß, daß in Deutschland seit 1879 durch Vermittelung der Börse alljähr⸗ lich durchschnittlich eine halbe Milliarde Mark fremder Werthpapiere untergebracht worden ist. Die deutsch⸗freisinnige Presse erzählte übri⸗
gens ihren Lesern, daß die Kapitalüberschüsse in Deutschland sogar derart zunehmen, daß die Börse gar nicht genug weitere Kapital⸗ anlage⸗Papiere herbeischaffen kann. Mit dieser Schilderung steht die Behauptung von dem Rückgange von Handel und Wandel und von der zunehmenden Verarmung der deutschen Nation in grellem Wider⸗
Indem einerseits die Thatsache nicht geleugnet werden kann, daß in Deutschland in den Jahren 1873 — 79 der Volkswohlstand bedeu⸗ tend abwärts ging, indem sogar die von Frankreich bezahlten Mil⸗ liarden rasch wieder verdusteten, weil solche von der sich damals heillos ungünstig gestaltenden Handelsbilanz zum größten Theile aufge⸗ zehrt wurden, ist es anderntheils ebenso feststehend, daß in dem genannten Zeitraum die Thätigkeit der Börse so stark stockte, daß an Unter⸗ bringung bedeutender Beträge fremder Werthpapiere gar nicht zu denken war. Erst als in Folge ciner radikalen Aenderung der deutschen Tarifpolitik Industrie und Handel wieder auflebten, sammel⸗ ten sich auch in den mittleren Schichten des Volkes wieder Er⸗ sparungen an, welche Veranlagung in Werthpapieren suchten.
Wer leugnen wollte, daß die Milliarden von Mark, welche in dem neuen Zeitabschnitt von Seiten deutscher Kapitalisten in fremden Werthpapieren angelegt wurden, nicht zum großen Theil aus den sog. mittleren Bevolkerungsschichten geflossen sind, der müßte nach⸗ weisen, daß es in Deutschland eine ungeheure Anzahl von Millionären giebt, welche im Stande wären, vermöze ihrer Erübrigungen an Zinsen die betreffenden Milliarden von neuen Werthen aufunehmen. Denn eine Milhiion Vermögen ergiebt à 4 % Zinsen erst ein Jahres⸗ einkommen von 40 000 ℳ
Um jährlich eine halbe Milliarde Mark neuer Werthpapiere zu absorbiren, wären mindestens 12 500 solcher Millionäre erforderlich, von denen ein jeder nach Abzug aller Kosten für seinen luxuriösen Lebensunterhalt jahrlich noch 40 000 ℳ zur Wiederanlage übrig hat. Aber auch diese Ziffer ist noch viel zu niedrig gegriffen, weil speziell die reichen Leute einen beträchtlichen Theil des Vermögens theils in liegenden Gütern, theils in Hypothekarausleihungen anzulegen pflegen. Bringt man sowoshl diesen Umstand, sowie auch den mehr oder weniger großen Lurus und bezw. den Lebensunterhalt der Millionäre in Anschlag, so ist auch die vierfache Ziffer von millionen⸗ reichen Leuten, i. e. die Existenz von 50 000 deutschen Millionären als zur Unterbringung von jährlich einer halben Milliarde Mark neuer Werthpapiere erforderlich wohl noch viel zu tief gegriffen.
Allerdings kaufen auch andere, weniger reiche Leute fremde Werth⸗ papie e. Zieht man aber von der obigen erforderlichen Ziffer von Millionären die geringe Anzahl von in Deutschland wirklich eristirenden Millionären ab, und vertheilt man den Restbetrag auf solche Kapi⸗ talisten, die jährlich tausend oder mehrere tausend Mark in solchen fremden Werthpapieren anlegen mögen, wie sie die Börse in den letzten Jahren im Betrage von Milliarden von Mark in Deutsch⸗ land untergebracht hat, so gelangt man zu einer so fabelhaften Ziffer
zu einer solchen Aufnahmsfähigkeit fähigen Kapitalisten und parern, daß unser Nationalwohlstand fürwahr im günstigste
schemlt . .
Centralblatt für da Nr. 17. — Inbalt: Militärwesen: von Zeugnissen über die wissenschaftliche Befäk freiwilligen Militärdienst berechtigten höheren L en. — Desgl. der provisorisch berechtigten Anstalten.
Archiv für Post und Telegraphie. Nr. 7. Aktenstücke und Aufsätze: Die Berathungen im Reichstage über den Gesetzentwurf. betreffend Postdampfschiffsverbindungen mit über⸗ seeischen Léändern. — Kleine Mittbeilungen: Die Bismarck⸗Ausstellung in Berlin. — Auflieferung und Zustellung von Telegrammen mittels des Fernsprechers in Paris. — Die Zahnradbahn zwischen Rüdes⸗ heim und dem Niederwald⸗Denkmal. — Flaschenpost. — Papyrus Erzherzog Rainer. — Literatur des Verkehrswesens: Die Mehrfach⸗ Telegraphie auf einem Drahte. Mit besonderer Rücksicht auf den Stand der Gegenwart. Von A E. Granfeld, K. K. Telegraphen⸗ kommissär und Postkentrolor. Mit 118 Abbildungen und 5 Tabellen 258 Seiten. Wien. Pest. Leipzig. A. Hartlebens Verlag. 1885.
— Zeitschriften⸗Ueberschau. Nr. 18. — Inhalt: Allge⸗
Justiz⸗Ministerial⸗Blatt. meine Verfügung vom 21. April 1885, betreffend die durch eine Ab⸗ lieferung oder Strafvollstreckung entstehenden baaren Auslagen. — Allgemeine Verfügung vom 25. April 1885, betreffend die Abliefe⸗ rung von Akten an die Staatsarchire. — Erkenntniß des Reichs gerichts vom 31. Januar 1885
: Ve zeichni zur Ausstellung
— Inhalt
Statistische Nachrichten.
Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 19. April bis incl. April d. J. zur Anmeldung gekommen: 322 Eheschließungen, Lebendgeborene, 40 Todtgeborene und 588
Sterbefälle.
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25 Kunst, Wi
enhagen, 2. Mai. des im vorigen Jahre
enschaft und Literatur. Kai. (W. T. B) Professer Panum, der J hier stattgehabten Aerzte⸗Kongresses,
chts⸗ und Verwaltungsgrundsätze in Feuer Versicherungs⸗Angelegenheiten. Zusammengestellt vo Kaßner, Direktor der Prov.⸗Städte⸗Feuersozietät der Prov. Sachsen, .Kreisgerichts⸗Direktor a. D. Berlin, 1885. Verlag von Frz. — Von allen Zweigen des Versicherungswesens besitzt die sicherung zur Zeit sicherlich den ausgedehntesten Interessen⸗ d zwar sowohl im Publikum, als Versicherungsnehmer, als 1 zahlreichen Organen der Versicherungsanstalten und den für dieses Gebiet mit der Entscheidung erwachsender Streitfragen und Straffälle, sowie mit der staatlichen hrunz betrauten richterlichen und Verwaltungsbeamten. eine übersichtliche Zusammenstellung nur w den obersten preußischen Gerichten (dem früheren Ober⸗ Ober⸗Landesgerichten, dem Ober⸗Verwaltungsgericht) un gerichten in Civilstreitsachen, wie auch in Strafsachen, angenommenen Rechtsgrundsätze und der von den obersten Landes⸗Ver⸗ 1 waltungsbehörden festgestellten Verwaltungsgrundsätze in Feuerversicherungs⸗Angelegenheiten vorzuzsweise einem praktischen Bedürfniß begegnen. Eine derartige Uebersicht der bis auf die neueste Zeit ergangenen Entscheidungen versucht die vorstehende Schrift zu dieten. Dieselbe handelt von den Rechtsverhältnissen der Versicherungs⸗ anstalten, von den Rechtsverhältnissen aus dem Versicherungsvertrage, von Strafsachen, und theilt die Erkenntnisse des Königl. Ober⸗Ver⸗ waltungsgerichts, betreffend die polizeiliche Prüfung von Versicherungs anträgen, mit. Den Schluß des Schriftchens bildet ein alphabetisch geordnetes Sachregister. “ 8 1 — Von Teschs Katechismus für die Prüfungen zum Subaltern⸗Beamten I. und II. Klasse des inneren Dienstes und zum technischen Eisenbahn⸗Sekretär der Staats⸗Eisenbahnen“, das im Verlage von Franz Siemen⸗ roth hierselbst erscheint, ist soeben Lieferung 3 veröffentlicht worden. Dieselbe enthält die Fortsetzung der 2. Abtheilung (Etats⸗, Kassen- und Rechnungswesen) und handelt 1) vom Etatswesen (Allgemeines und Spezielles), 2) vom Kassenwesen (Stations⸗, Spezialbau⸗, Betriebs⸗ und Hauptkassen), 3) vom Rechnungswesen (der Ober⸗ Rechnungskammer, der Rechnungslegung und den Rechnungs⸗ bestimmungen). 8 “ — Zeenh hrift des Harzvereins für Geschichte und Alterthumskunde. Herausgegeben im Namen des Vereins von dessen erstem Schriftführer Dr. Ed. Jacobs. 17. Jahrgang 1884 4. Heft. Wernigerode, Selbstverlag des Vereins. In Kommission bei H. C. Huch in Quedlinburg, 1885. — Außer einem Inbalts⸗- verzeichniß des 17. Jahrganges überhaupt, bringt das 4. Heft desselben
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