1885 / 170 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 23 Jul 1885 18:00:01 GMT) scan diff

roßbritannien und Irland. London, 22. Juli. (W. T. B.) Ein heute abgehaltener Kabinetsrath berieth über die Drummond Wolff zu gebenden Instruk⸗ tionen, sowie über die letzten aus St. Petersburg ein⸗ gegangenen Nachrichten, betreffend die afghanische Grenzfrage. Im Unterhause theilte der Kanzler der Schatzkammer, 5 mit, daß der Regierung eine offizielle achricht von dem Tode des Mahdi nicht zuge⸗ gangen sei. Der letzte Angriff der Aufständischen auf Kassala sei zurückgeschlagen worden; über den Verlust an Todten bei dem Kampfe sei noch nichts bekannt. 23. Juli, Morgens. (W. T. B.) Der „Morning⸗ post“ zufolge beträfen die neuesten Vorschläge der russischen Regierung den Abschluß eines vorläusigen Abkommens über die afghanische Grenze, während der streitige Punkt bezüglich Zulficars noch in der Schwebe gelassen werden solle. Es werde indessen die Bedingung ge⸗ stellt, daß die Afghanen nicht eine Stellung besetzen dürfen, welche die einzige mögliche Weide für die russischen Truppen beherrsche. Eine solche Besetzung werde als gefährlich sür die Aufrechterhaltung des Friedens betrachtet. Nach einer Meldung des „Standard“ aus Teheran, vom 21. d., verlautet dort, die russische Grenzkommission unter Lessar werde Ende August an der Grenze eintreffen. Liverpool, 22. Juli. (W. T. B.) Der erste Lord der Admiralität, George Hamilton, inspizirte heute die Marine⸗Freiwilligen⸗Corps von Liverpool und theilte bei dieser Gelegenheit mit: die Regierung habe, um zur Zildung ähnlicher Corps behufs Vertheidigung verschie⸗ dener englischer Häfen zu ermuthigen, beschlossen, dieselbe mit Geldmitteln zu unterstützen. Für die Equipirung eines jeden eintret enden Freiwilligen werde eine bestimmte Summe angewiesen werden.

Ottawa (Canada), 20. Juli. (A. C.) Das canadische Parlament wurde heute von dem Generalgouverneur, Marquis von Lansdowne, vertagt. In seiner bei bieser Gelegenheit gehaltenen Rede beglückwünschte der General⸗ gouverneur die Mitglieder zu der Niederwerfung der jüngsten Rebellion im Nordwesten und lobte die Tapferkeit und die gute Mannszucht der canadischen Truppen. Ferner hob derselbe die guten Gesinnungen der Regierung der Vereinigten Staaten hervor, die sie durch Ueberwachung der Grenze während des Aufstandes bethätigt habe. Der Generalgouverneur veranschlagt die Gesammtausgabe sämmtlicher Departements für das Jahr auf 37 000 000 Doll. Das Parlament hat während seiner Session 95 neue Gesetz⸗ entwürfe angenommen.

Die Städte Canadas überbieten einander in ihren Kundgebungen des Willkommens gegenüber den aus dem jüngsten Feldzuge im Nordwesten zurückkehrenden Truppen. Montreal ist heute Nachmittag zu Ehren der Rückkehr seines Kontingents festlich geschmückt, und in der ganzen Stadt herrscht großer Enthusiasmus. In der Kathedrale wurde ein besonderer Gottesdienst abgehalten, und nach diesem durchzog ein Festzug die Straßen. Schließlich wurden die Mannschaften des Kontingents mit einem Gabelfrühstück bewirthet.

Toronto, 20. Juli. (A. C.) Den von dem Schau⸗ platz der Rebellion hierher zurückkehrenden Freiwilligen ist ein enthusiastischer Empfang bereitet worden. Der Pro⸗ zeß gegen Louis Riel, den Führer der Rebellion, nahm heute hier seinen Anfang. General Miodleton ist als Zeuge vorgeladen worden.

Frankreich. Paris, 21. Juli. (Fr. Corr.) Der Kriegs⸗Minister hat von dem General de Courcy nachstehende Meldungen erhalten:

„Der General traf in Haiphong mit den Generälen Briere de l'Isle, de Négrier und Warner zusammen. Das Land ist noch beunruhigt; Banden werden im Norden und Westen des Deltas ge⸗ meldet. Es ist wahrscheinlich, daß diese Sachlage in Tongking sich bessern wird, wenn sich die Wirkung der Proklamationen des neuen Regenten dort fühlbar gemacht hat. Bezüglich Anams hegt der General de Courcy die feste Hoffnung, daß, wenn er in Hus bleibt, sich gegen die Königin⸗ Mutter, die sehr einflußreich, und den Prinzregenten, der sehr populär ist, aufmerksam zeigt, die feindlichen Mandarinen durch Anhänger der französischen Sache ersetzt, er in kurzer Zeit sehr günstige Aenderun⸗ gen der jetzigen Lage herbeiführen wird. Der Hafen von Dong⸗Hein wurde ohne Schwertstreich besetzt. Ein Bataillon wurde daselbst unter günstigen Umständen installirt. Alle Verbindungen zwischen den Banden Thu⸗Yets und den Grenzprovinzen von Tongking sind unterbrochenr..

Der „Paris“ bringt folgende Note:

„Ein Abendblatt scheint dem Minister der Auswärtigen Angelegenheiten eine persönliche Einmischung in die Leitung unserer augenblicklichen Angelegenheiten in Anam zuzuschreiben. Hr. de Freycinet erachtet unter den obwaltenden Umständen es im Gegentheil für angemessen, das militärische Element in seiner vollen Freiheit walten zu lassen, unter der Reserve, daß sich diese Aktion innerhalb der von dem Protektorat gezogenen Grenzen bewege. Wir kön⸗ nen sogar hinzufügen, daß der Minister des Aeußeren ein vollständig ausgearbeitetes Projekt über das Civilprotektorat in Anam besttzt. Allein er hält augenscheinlich für das Wichtigste, vor Allem vie Ruhe in Hué wieder herzustellen, und weiß, daß dieses Ziel nur mit den Mit⸗ teln erreicht werden kann, über welche die Armee verfügt, d. h. daß es dem General de Courcy zusteht, für den Augenblick als Komman⸗ dirender en chef und nicht als General⸗Resident zu handeln. Das ist die von unserem Minister des Aeußeren angenommene Verhal⸗ tungslinie, bis sich die Lage gebessert hat und die Aenderung der Diplomatie gestattet, ihre Rolle zu erfüllen.“

Gestern wurde die Jahresversammlung des Obersten Unterrichtsrathe durch eine Ansprache des Unterrichts⸗ Ministers Goblet eröffnet. Der Minister wies namentlich auf die allseitig als nothwendig erkannte Reform des Baccalaureats (Maturitäts⸗ oder Abiturientenprüfung) hin und stimmte dem von dem Pariser Ober⸗Schulrath Gréard in seinem Bericht aufgestellten Reformvorschlage vollkommen bei. Nach demselben sollen diejenigen zungen Leute, die sich dem Handel, gewissen Gewerben oder den meisten der staͤatlichen Verwaltungszweige widmen, weniger mit klassischen Studien beschäftigt und dafür mehr fachmäßig ausgebildet werden. Der klassische Unterricht könnte in Folge dessen den⸗ jenigen Schülern, die ihn zu ihrem eigentlichen Studium machen, gründlicher ertheilt werden. Es handelt sich also darum, neben dem gegenwärtigen Baccalaureat noch eine Abgangsprüfung für die Spezialstudien zu schaffen, die den Zutritt zu gewissen staatlichen Lausbahnen eröffnen würde.

22. Juli. (W. T. B.) General de Courecey ist nach Hue zurückgekehrt und hat angeordnet, daß die Pro⸗ vinz Thanhya überwacht werde, um zu verhindern, daß sich daselbst etwa aus Annam kommende Banden mit den Schwarzflaggen aus Tongking vereinigten.

Spanien. Madrid, 22. Juli. (W. T. B.) Der König und die Königliche Familie werden sich morgen nach La Granja, in der Nähe von Segovia begeben.

Die ministerielle „Correspondencia“ erklärt die von dem „Standard“ gebrachte Nachricht, daß der Bruder der Königin, Erzherzog Karl Stephan von HOesterreich, in die spanische Marine eintreten und die Schwester des Königs heirathen werde, für durchaus unbegründet.

Griechenland. Athen, 22. Juli. (W. T. B.) Die Königin wird sich in der nächsten Zeit nach St. Petersburg begeben. Die Kammer hat ein Gesetz angenommen, durch welches dem Minister⸗Präsidenten Delyannis während der Abwesenheit des Königs die Regent⸗ schaft übertragen wird. Die Berathung des Budgets wird morgen beginnen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 23. Juli. (W. T. B.) Dem „Grashdanin“ zufolge werden sich der Kaiser und die Kaiserin am 4. August n. St. mit größerem Gefolge nach Finnland begeben und daselbst 6 Tage verweilen. Nach einem in Helsingfors zu ver⸗ anstaltenden Hofball werden der Kaiser und die Kaiserin den Manövern beiwohnen und nach ihrer Rückkehr hierher sich in das Lager von Krasnoe⸗Selo begeben.

Das „Journal de St. Petersbourg“ sagt: Wenn der von London aus jüngst verbreitete Lärm den Zweck hatte, den Puls Europas zu fühlen, so müsse man sagen, daß dieses Manöver nicht gelungen sei. Der Kontinent sei nicht geneigt, jede Beschwerde zu unterstützen, welche man im Namen der Interessen und der Ehre Englands erheben wolle. Die kühle Aufnahme, welche der von London aus erhobene Alarmruf überall gefunden, hatte diese Illusion schwinden lassen müssen. Die Probe sei nunmehr gemacht, und die englischen Politiker, welche geneigt seien, Nutzen zu ziehen aus den Sympathien, welche angeblich der konservativen Partei gälten, müßten jetzt wissen, daß diese Sympathien in viel höherem Grade der Sache des Friedens gewidmet wären.

Amerika. New⸗York, 20. Juli. (Allg. Corr.) Der Staatssekretär hat die Ernennung Mr. Charles Jonas' aus Wisconsin zum amerikanischen Konsul in Prag annullirt, da die österreichische Regierung gegen diese Persönlichkeit Einsprache erhob. Für Mr. Jonas wird ein anderer Posten gefunden werden.

Während der letzten vier Tage hat längs der atlan⸗ tischen Seekütste eine schreckliche Hitze geherrscht. Das Quecksilber stieg bis auf 100 Grad F. Viele Fälle von Sonnenstich waren die Folge davon; in New⸗York ereig⸗ neten sich gestern deren fünf, einer in Brooklyn und vier in Philadelphia. Der Mangel an Regen macht die Unbehag⸗ lichkeit noch größer, und die Vegetation ist verdorrt.

Asien. China. (W. T. B.) Ein Telegramm des „Reuterschen Bureaus“ aus Bombay, vom 23. Juni, mel⸗ det: Die chinesische Regierung hat nach Ili und K 6 gar wegen der dort fortdauernden Unruhen Truppen gesandt.

Afrika. Egypten. Kairo, 20. Juli. (Allg. Corr.) Die egyptische Regierung hat Hussein Pascha Khalifa, den früheren egyptischen Gouverneur von Zerber, da sie sich von seiner Treue überzeugt hat, zum Attaché des Ministeriums des Innern in Verbindung nut dem Polizei⸗Departement ernannt. Sie glaubt, des Paschas gründliche Kenntniß von Ober⸗Egypten und sein persönlicher Einfluß bei den Stämmen in der Umgegend von Korosko werde sich als höchst nützlich erweisen.

Tomhbo repräsentirt noch immer die Regierung von Dongola, aber der Kabbabisbh⸗Stamm hat seinen Ent⸗ schluß kundgegeben, sich der Provinz trotzdem zu bemächtigen. Mittlerweile ist Handak, 35 Meilen südlich von Dongola gelegen, im Besitz der Shaghiehs und Movnassiehs, die es nach jeder Richtung hin plündern.

22. Juli. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ meldet: General Grenfell teiegraphirt aus Assuan, daß von Gabra kommende Boten melden: der Mahdi sei am 29. Juni an den Blattern gestorben.

Kaibar, 17. Juli. (A. C.) Fatmeh wurde heute geräumt. Die Nachhut der Garnison von Dongola verläßt die Gegend unter der Befehl des Generals Bracken⸗ büeg, Sämmtliche Dampfer haben den Kaibar⸗Katarakt Hassirt.

Abri, 21. Juli. (A. C.) Sämmtliche Truppen, Dampfer, Boote und Vorräthe sind hier angekommen. General Brackenbury hat den Befehl über die Nachhut der Garnison von Dongola an Oberst Grenfell übertragen und ist nach Kairo abgereist.

Zeitungsstimmen.

Der „Hamburgische Correspondent“ schreibt über die Erfolge der preußischen Eisenbahnpolitik:

Der slebergang von dem sogenannten gemischten System, welches in Wahrheit das Gegentheil von einem System war, zum Staats⸗ bahnsystem ist ohne Frage die hervorragendste Leistung der inneren Politik Preußens in dem laufenden Jahrzehnt Die finanziell günstigen Ergebnisse dieser Maßregel sind ebenso wie die überaus günstige Ein⸗ wirkung derselben auf die Entwickelung des Sekundärbahnwesens aus Anlaß von völlig aus der Luft gegriffenen Eründungen des „Reichsfreundes“ unlängst Gegenstand der Erörterung in den öffent⸗ lichen Blättern gewesen. Wie seit der ersten Verstaatlichung etwa 100 Nebenbahnen von etwa 4000 km Länge theils entstanden, theils wenigstens im Entstehen begriffen sind, ohne daß dadurch der preußische Steuerzahler belastet wurde, so hat seit der Verstaatlichung die Eisenbahnverwaltung, deren Ueberschüsse vor 1879 nicht völlig zur Deckung der Verzinsung und Amortisation der Staats⸗ schuld ausreichten, durchschnittlich jährlich 27 Millionen über den Bedarf für die Zinsen und die Tilgung der ge⸗ sammten Staatsschuld geliefert, mithin zu den Verwaltungsausgaben im engeren Sinne noch etwa halb soviel, als das ganze Aufkommen der Einkommen⸗ und Klassensteuer, und erheblich mehr, als der Staat für das Elementarschulwesen ausgiebt, beigesteuert. Dabei sind seit 1879 die unproduktiven Staatsschulden zur Deckung der Deficits, für die Linderung der Nothstände in Oberschlesien, in den Ueber⸗ schwemmungsgebieten des Rheins und der Mosel um über 200 gestiegen, deren Verzinsung jährlich etwa 8 Millionen Mark erfordert.

Wie sehr ferner die Leistungsfähigkeit der Eisenbahnen seit ihrer Vereinigung in der Hand der Staatsverwaltung gestiegen ist, zeigt ein Vergleich der Verhältnisse und Leistungen gegenüber derjenigen Aufgabe, welche in Deutschland die schwersten Ansorderungen an die Leistungsfähigkeit des Bahnbetriebes stellt. Es ist dies die Befrie⸗ digung des Bedarfs der Zechen und Kokereien im Ruhr⸗

kohlenrevier an offenen Wagen, dessen bekanntlich die ühn Centren des Kohlenbergbaues in Deutschland weitaus überrazen Produktion sich auf zahlreiche größere oder kleinere, auf 8 Raum vereinigte vertheilt. Die Schwierigkeiten, welche dem großen Bedarf an solchen Wagen und dem Umstande, daß; stärkste Kohlenversandt gerade in diejenigen Monate fällt, in 4. die Verfrachtung der landwirthschaftlichen Produkte offene Wazen großer Zahl erfordert, resultiren, werden noch durch die Komplikatign mit der Rheinschiffahrt gesteigert, bei deren Sperrung auch die n⸗ hebliche, sonst zu Wasser von Ruhrort, Duisburg und Hochfeld frachtete Kohlenmasse den Eisenbahnen zugeführt wird. n6 Seit die drei Bahnen, welche in den Verkehr des Ruhr⸗ Kohlenreviers sich theilen, die Köln⸗Mindener, die Bergisch⸗Märtist⸗ und die Rheinische Bahn, verstaatlicht sind, erfolgt die Heranziehune und Vertheilung der Wagen einheitlich durch das zu diesem Er⸗ eingesetzte Königliche Eisenbahnwagenamt zu Essen. b Der Wagenbedarf selbst ist seit dem Jahre 1879, dem letzten Jahre vor dem Uebergang jener Bahnen auf den Staat, von rund 1 Millionen Wagen von 10 t auf rund 21 Millionen. die durtz⸗ schnittliche Gestellung auf den Arbeitstag von rund 5500 auf rund 7800 Stück gestiegen. Der Zuwachs beträgt mithin nabezu 400 In den Wintermonaten, in denen der Kohlenversandt am stärksten st verkehren üeßt in dem Kohlenrevier nahezu 500 Güterzüge jeden Tag welche beinahe 20 000 beladene oder leere Wagen befördern. 8 Vor der Verstaatlichung herrschte trotz der damals so viel de⸗ ringeren Verfrachtung in den Monaten Oktober bis Dezember 19 welchen jene Konkurrenz der Landwirthschaft bezüglich der Nachfrag⸗ nach offenen Wagen sich geltend macht, chronischer Wagenmangtl So stellte sich nach dem „Archiv für Eisenbahnwesen“, dem wir diese Daten entnehmen, 1879 die Zahl der fehlenden Wagen im Oktober und November auf 1200, und stieg im Dezember sogar auf 3000 während die höchste Zahl der an einem Tage gestellten Wanen nicht voll 7000 Stück betrug. Im Jahre 1884 dagegen stellte sic der Höchstbetrag der an einem Tage gestellten Wagen auf übe 10 000 Stück; von dauerndem Wagenmangel war nicht mehr die Rede. Im September fehlten vorübergehend 175, und im Neven⸗ ber 650 Wagen, im September wegen der durch die Manöver ver⸗

ursachten Betriebsstörungen, im November wegen längerer Sperrung

der Rheinschiffahrt. Diesen Daten auch noch ein Wort beizufügen, wäre Luxus; se sprechen selbst deutlich genug. So zeigt sich die Durchführung des Staatsbahnsystems als ein finanziell und wirthschaftlich gleich erfolgreiches und der nationalen Wohlfahrt dienliches Unternehmen. Dasselbe verdankt neben der energischen und geschickten Initiative der Regierung der entschiedenen Unterstützung und Mitwirkung der beiden konservativen Fraktionen und der Nationalliberalen seine Verwirklichung, während Fortschrit und Sezession ebenso entschieden, das Centrum überwiegend gegnerisch war. Es ist gut in der heutigen Zeit, in der Centrum und Hochkonservative sich das Verdienst der Bekämpfung des Manchester⸗

thums allein vindiziren daran zu ecinnern, daß, wie Kranken⸗ und

Unfallversicherung und die ersten Schritte auf dem Wege einer kräf⸗ tigen überseeischen Politik, so die erfolgreichste Maßregel zur Be⸗ seitiaung des Grundsatzes des laisser faire et laisser aller auf dem Gebiete der Verkehrspolitik unter der entscheidenden Mitwirkung der Mittelparteien sich vollzogen hat.

Der „Danziger Zeitung“ erwidert auf einen Bericht über die gegenwärtige mißliche Lage der Roheisenproduktion die „Danziger Allgemeine Zeitung“:

Unsere geschätzte Kollegin übersieht zunächst, daß die Lage der Roheisenproduktion nicht allein in Deutschland, sondern ganzen Welt augenblicklich eine ungünstige ist und schon aus diesem Grunde die Schutzzollpolitik für das Darniederlieger der heimischen Industrie nicht verantwortlich gemacht wer⸗ werden kann. Vor Einführung unseres Zolltarifs lag die Sacke wesentlich anders.

Hohofen nach dem ondern ausgeblasen werden mußte, weil Deutsch⸗ land mit fremdem Produkt geradezu überschwemmt wurde. Der im Jahre 1879 eingeführte Schutzzoll brachte sofort einen er⸗ freulichen Umschwung hervor. Tausende und Arbeitern der Eisenindustrie, welche lange, lange Zeit mit de bittersten Noth gekämpft hatten, fanden wieder lohnende Beschäste gaung, denn allenthalben entwickelte sich wieder eine rege Thätietil Wenn innerhalb der letzten zwei Jahre sich die Lage unserer Eife⸗

industrie wieder erheblich verschlechtert hat, so sind die Uecsachen ganz b

eigenartiger Natur. Die allgemeine Ueberproduktion mag einen Haupt⸗ theil der Schuld tragen, speziell für unsere deutsche Eisenindutteie ist aber auch die immer weitere Ausbreitung des Entphosphorungs⸗ verfahrens von ungünstigem Einflusse gewesen. Gegenwärtig arbeiken außer Krupp, der nach eigenem Patent entphosphort, 22 Huͤttenwerke nach dem Thomas⸗Gllchrist'schen Entphosporungspatent. Der Hauptwerth dieses Verfahrens beruht darin, von aus gerim⸗ werthigen Erzen erblasenen Roheisen durch die Entphosphe⸗ rung ein werthvolles und in manchen Beziehungen aue⸗ gezeichnetes Material weit billiger heczustellen, wie dieses in Puddel⸗ und Schweißverfahren möglich ist. Diejenigen Hüttenwerk, welchen es versagt ist, nach diesem Verfahren zu arbeiten und e ist dies die weit überwiegende Mehrheit sind daher selbstverstand. lich außer Stande, mit irgend welcher Aussicht auf Eifolg in dea Konkurrenzkampf einzutreten. An einen Export ist schon gar nicht denken, da im Auslande das Thomas⸗Gilchrist'sche Patent schon 11 verbreiteter ist als bei uns.

Uebrigens ist der gegenwärtige Stand unserer Eiseninduftre immerhin noch ein erheblich besserer als der vor Einfübrung 9 Zolltarifs, wie aus den kuͤrzlich von uns mitgetheilten Cegeönlse einer von dem Centralverband deutscher Industriellen angestellte Enquete hervorgeht.

Statistische Nachrichten.

Das Amtsblatt des Reichs⸗Postamts veröffentlicht die der Wirksamkeit der für die Angehorigen d Post⸗ und Telegraphenverwaltung 1 rhätigkeits⸗ 2ꝛc. Anstalten für das Etatsjahr, bezw. für das Kalenderjahr 1884. Nach dieser Uebersicht Etatsjahr 1884 85 die Kaiser⸗Wilhelm⸗Stiftung für die 1„,495, der D. R. P. u. T. V. 33 696,655 Einnahmen und 31 72940 Ausgaben (2400 Reisestipendien für Beamte und böberꝛ Studienstipendien, 300 für das Heimathhaus für Töchter ekaufte Stände, 18 896,85 Unterstützungen, 7698,60 für 2188650ℳ Werthpapiere), das Kapitalvermögen der Stiftung beträgt 1 sse bal (. 6650 ℳo.) Die Postarmen⸗ bezw. Unterstützung asse, ener 851 578,56 Vermögen in Werthpapieren und Hypotheten i, ge 728,64 baar und 125 400 in Sicherheitsdokumenten men be⸗ stiftete 16 Freistellen in 3 Waisenanstalten. Die Einna den Be⸗ trugen 443 031,28 (darunter 106 714,06 Abzüge von⸗ sse die soldungen u. s. w., 200 000 Beitrag aus der P Ausgaben 442 302,64 (darunter 58 726 Kapitalsanlage, Post'

Im Ganzen haben empfangen: 33 Vorsteher 4 7 22 ämtern III. 3210 ℳ, 275 Unterbeamte 9434 hvsthalur 132 Unterbeamte im Vertragsverhältniß 8587 ℳ, „hwon ꝛc. von 123 ℳ, 1165 Postillone 98215 ℳ, 25 ₰, 335 Wirtwn c. ren Vorstehern von Postämtern III. 25 859 ℳ, 4307 Wittüterpenmie Unterbeamten 212 409 43 ₰, 136 Wittwen ꝛc. von Un vsth im Vertragsverhältniß 4690 ℳ, 16 Wittwen ꝛc. on 1219 36 ₰, 732 Wittwen ꝛc. von Postillonen zusammen 7133 Personen mit 382 514 58 ₰.

Die Gesammtzahl der unter Mitwirkung der Postv geschlossenen noch bestehenden Lebensversicherungen von Unterbeamten der Post⸗ und Telegraphenverwa ung 1 März 1885 8444 Versicherungen mit einer Versicherun 21 814 784 ℳ, dagegen Ende März 1884 8180 Ver

dem zu allversicherungsgesetz vom 6. Juli 1884 sind Abänderungen

rvon Emil Rittmeyer,

in der

1 Damals befand sich die Eisenindustrie in fest allen Ländern der Erde in schönster Blüthe, während bei uns ein

Abertausende von

8 gssumme von 21 097 264 Hiernach sind in der Zeit er verüih sst bis Ende März 1885 binzugetreten 264 Versicherungen 1. April Swerungssumme von 717 520 Auf Grund dieser Lebens⸗ sind bis Ende März 1885 500 Kapitalien im Betrage 369 800 an die Hinterbliebenen von Unterbeamten der Post e zallt worden. Aus der Postkasse sind zu den Kleiderkassen für kbeza nte der Post⸗ und Telegraphenverwaltung an Beträgen ge⸗ sebeorden: für 4581 Briefträger 137 312 50 ₰. für 6501 ir gaffner 194 710 ℳ, für 1627 Postpacketträger 48 760 ℳ, für poteadtpostboten 20 510 ℳ, für 11 999 Landbriefträger 359 881 ‧Außcrordentliche und fortlaufende Unterstützungen bezw. Vergü⸗ in sind bewilligt worden an 29 424 Personen, und zwar: an ns Beamte, an 15 499 Unterbeamte, an 3000 Hinterbliebene von amten und Unterbeamten. Be 8 De Nach Obigem sind im Etatsjahr 1884/85 Zuwendungen erfolgt n Ganzen an 36 778 Personen. R 8 in Die Spar⸗ und Vorschußvereine für Beamte der Post⸗ und Tele⸗ mraphenverwaltung zählten Ende 1884 54 442 Mitglieder (gegen 1883 + - an die 2852 879 (+ 136 354 ℳ) Beiträge zahlten und denen 4 aufe des Jahres 2 538 645 (+ 549 235) zurückgezahlt in en. Ihr Guthaben betrug 10 982 025 (+ 809 421) ℳ, das he insvermögen 11 314 921 (+ 813 025) An Vorschüssen wurden Pereihs nit 3344 527 (s—158 628) bewilligt. 3 360 219 (— 130550) Marf zurückgezahlt. An Zinsen (3 %) wurden den Mitgliedern 296 259 gurgeschrieben. Der Gewinnantheil, betrug (1,50 bis 3 %) 201 3224 Dem Reservefonds wurden 46 873 überwiesen, wo⸗

geiner Versi sicerungen

durch derselbe die Höhe von 235 092 erreichte.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

u dem Krankenversicherungsgesetz vom 15. Juni 1883

und dem Gesetz über die Ausdehnung der Unfall⸗ und Kranken⸗ mficherung vom 28. Mai 1885 erschienen. Die Verlagshand⸗ mg R. von Deckers Verlag in Berlin hat hiervon einen Separat⸗ nmeuck in 80 veranstaltet, der für 15 käuflich ist. Derselbe ird auch den obigen Gesetzen vom 15. Juni 1883 und 6. Juli 1884 ggefügt. (Preis 40 resp. 50 ₰.) ““

Zu dem statistischen Wgarenverzeichniß sowie zu dem Verzeichniß der Massengüter sind in dem R. von Deckerschen Verlage in Berlin vorläufige Abänderungen (Preis 60 ₰) schienen. Auf obige Verzeichnisse findet die Bestimmung im §. 11 Ibsatz 2 Ziffer 3 des Gesetzes vom 20. Juli 1879, betreffend die Statistik des Waarenverkehrs, Anwendung. Die Abänderungen gelten für die Zeit vom 1. Juli d. J. ab. ur Die Alpen, in Natur⸗ und Lebensbildern dargesteilt von A. Berlepsch. Mit 18 Illustrationen nach Originalzeichnungen fünfte sehr vermehrte und verbesserte Auflage. Zweite wohlfeile Volksausgabe, amgearbeitet, vermehrt und ecgänzt oöm Sohne des Verfassers G. E. von Berlepsch, Jena H. Costenoble

1885, gr. 8. IX. u. 570. Elegant gebunden mit Golddrucktitel 12

Dieses jetzt zum fünften Male in sehr eleganter Ausstattung er⸗ sceinende Werk hat sich bereits einen ehrenvollen Platz in der deutschen Bücherwelt erworben, weil die charakteristischen und eigenthüͤmlichen Er⸗ scheinungen der Alpenlandschaften aus langjähriger eigener Anschauung in ihrem wissenschaftlichen Zusammenhang gründlich erklärt, Natur und Bewohner ebenso naturgetreu wie anziehend dargestellt sind. Aus gediegener naturwissenschaftlicher Kunde vermag der Verfasser das geologische Verständniß der Ureigenheit der Alpennatur zu eröffnen und die Gesetzmäßigkeit der physikalischen Bildungen zu erklären. Ueber alle Eigenthümlichkeiten in dieser großartigen Welt wird Auf⸗ klärung und Belehrung gegeben, so über Lawinen, Gletscher, Alpen⸗ glühen, rothen Schnee, Sennenleben in den Alpen, Dorfleben im Gebirge, Alphorn. Rittmeyers lebensvolle Zeschnungen erfassen trefend und fein die Ureigenheit der verschiedenartigsten Naturgegenden wie der Geißbuben, Holzflößer und Wildheuer. Nicht nur im Lokal⸗ lilde fondern auch in der gesammten Schilderung ist ein anziehendes slandschaftliches Panorama dargestellt. Dürfen die Illustrationen als wahre Meisterwerke bezeichnet werden, so ist auch die Darstel⸗ ung des Verfassers frisch, lehendig, von malerischer Anschauung tenso wie von wissenschaftlichem Geiste durchdrungen. Aus der Ver⸗ scherung des Sohnes, daß der Vater die Berge enthusiastisch liebte, deren sachliche Kenntniß ebenso wie die äußere malerische Gestalt ihn fort und fort zum Wandern, zum Betrachten, zum Untersuchen trieb, eilärt sich die öfter poetische und begeisterte Sprache in den einzelnen §Bildern, welche Tschudi's „Thierleben der Alpenwelt“ geschickt der Urt ergänzen, daß Berlepsch durch lebensvolle Auffassung Leben und Treiben der Alpenbevölkerung zur genauen Kenntniß bringt. Reise der russischen Gesandtschaft in Afghani⸗ stan und Buchara in den Jahren 1878.—79 von Dr. J. L. Javorskij. Autorisirte Ausgabe aus dem Russischen, übersetzt und it einem Vorwort und Anmerkungen versehen von Dr. Ed. Petri, Dozent füc Geographie und Antropologie in der Universität Bern. 1. Band. Mit zwei Vollbildern und einer Karte S. XII. und 427 II. Band. Mit einem Vollbilde und einer Karte S. VIII. und 392 rr. 8. Jcna, H. Costenoble 1885. Das seit Jahrzehnten bestehende politische Interesse für Central⸗Asien, speziell für Afghanistan ist in unsern Tagen sehr lebhaft erwacht. Unaufhaltsam rücken die beiden europäi⸗ scen Großmächte Rußland und England in Central⸗Asien vor; un⸗ abwendbar erscheint der Zusammenstoß, unabwendbar der Untergang der Seloständigkeit der kleinen centralasiatischen Staaten. Aber unter Nücklicheren Umständen werden diese Gebiete wahrscheinlich zu einer großen Rolle für die Kultur berufen werden. Diesen beiden Gesichts⸗ punkten hat der Verfasser des obengenannten Werkes, ein mit vielseitigem Wissen und tüchtiger Beobachtungsgabe ausgerüsteter Arzt, seine be⸗ sondere Aufmerksamkeit gewidmet. Er bietet uns eine genaue und werthvolle für den Geographen, nicht minder aber auch für den Politiker Hochinteressante Forschung über die geographischen Verhältnisse gerade dersenigen Partien und Routen, welche bei einem feindlichen Zusammen⸗ stoße stets in Betracht kommen und auch fernerhin noch kommen werden. Andererseits werden auch die Kulturverhältnisse der von ihm bereisten Gegenden eingehend geschildert. Ein besonders bedeu⸗ tungsvolls Interesse erlangt das vorliegende Werk dadurch, daß der Verfasser als Arzt der russischen Gesandtschaft von 878 79 und als Leibarzt Schir Ali⸗Chans, des unglück⸗ lichen Emirs von Afghanistan, Gelegenheit hatte, Afghanistan in einer Epoche kennen zu lernen, die füglich als ein zweites „TDaauerspiel in Afghanistan“ bezeichnet werden dürfte. Die finsten und mitunter geradezu ergreifenden Partien des Werkes ünd mit frischen und lebensvollen Schilderungen von Land und euten, sowie von den Erlebnissen der Gesandtschaft in dem russischen Lurkestan, in Buchara und Afghanistan verwoben. Von, be⸗ deutendem Interesse sind die nach Originalquellen ausgearbeiteten urzen Uebersichten über die Geschichte der vom Verfasser bereisten Die Ergebnisse fuͤr die Naturkunde dieser Länder sind Ben dürftig ausgefallen; werthvoll dagegen sind die originellen Kemetkungen des Verfassers über den Stand der medizinischen

Uintnisse der Afghanen. Der Uebersetzer ist bemüht gewesen, dem d möglichst treu zu bleiben und hat sich, um den ohnehin lniglih erbeblichen, Umfang des Werks nicht noch zu vergrößern,

nene auf einige wenige erläuternde wie berichtigende em erkungen beschränkt, von jeder eingehenden Erörterung der von

erfaßer aufgestellten Ansichten aber Abstand genommen. Jedem Sande ist ein Bildniß vorgesetzt, das von Schic Ali⸗Chan und erle Mosafar Ed⸗Din Chan, Emir von Buchara. Da die vom si G Druck und Papier löblich ausgestattete Uebersetzung wirk⸗ gelezetgemäß ist, so kann sie zur näheren Kenntnißnahme nur an⸗ entlich empfohlen werden.

e in Leipzig und Berlin am 25. d. M. erscheinende 5 Ner Iklaikrirten Feitung enthält folgende Abbil⸗ Blumenmädchen. Gemälde von F. E. Bertier. Nach

Photographie aus dem Verlage von Braun u. Co. in Dornach naticnaris Vertreter: Hugo Grosser in Leipzig). Von der Inter⸗ aͤlen Ausstellung in Antwerpen: Die österreichische Abtheilung.

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5 Abbildungen. Nach Skizzen unseres Spezialzeichners L. v. Elliot. Das Fest der Independent⸗Newyvork⸗Schützen am Rhein: Das Festbanket in Bingen. Originalzeichnung von K. Kögler. Bilder von der Niederelbischen Eisenbahn. 21 Abbildungen. Originalzeich⸗ nungen von Ferdinand Lindner. (Zweiseitig.) 1) Schloß Ritzebüttel. 2) Hafen in Kurbafen. 3) Leuchtthurm in Kurhafen. 4) Kugel⸗ bake. 5) Der Thurm von Neuwerk. 6) Dobrok. 7) Die Kirche von Altenbruch. 8) Galgenberg. 9) Der Kirchhof von Horneburg. 10) Der Haidenkirchhof. 11) Otterndorf 12) Der Balksee. 13) Ein Marschhof in Hadeln. 14) Der Kirchplatz von Jork. 15) Idylle an der Lühe. 16) Partie aus dem Alten Land. 17) Burtebude. 18) Aus den Bremervörder Mooren. 19) Fischerdorf Duhnen. 20) Die Eisenbahn zwischen Marsch und Geest. 21) Ansicht von Stade, Hafenseite. Bilder aus Tirol. 2 Abbilrungen. Originalzeichnungen von K. Schmetzer 1) Der Hoch⸗ Sg im Zillerthal. 2) Mayrhofen im Zillerthal. Professor Ernst Victor Leyden. Christian Jakob Gerhardt. Porträtstatue des Kaisers Joseph II. von Oesterreich in Tetschen, modellirt von Oskar Rassau. Johann Christoph Hilf, 103 Jahre alt. Frauen⸗ zeitung: Prinzessin Elisabeth von Sachsen⸗Weimar. Moden: Schwarzes Spitzenkleid. Vorder⸗ und Rückseite.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

St. Petersburg, 23. Juli. (W. T. B.) Wie der „Re⸗ zierungs⸗Anzeiger“ meldet, ist der Stand des Winter⸗ und Sommergetreides im Czarthum Polen ein befriedigender, bis auf das Gouvernement Lomsha, in welchem der Stand des Ge⸗ treides nur zum Theil ein befriedigender, zum Theil ein mittel⸗ mäßiger ist. v“

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Gewerbe und Handel

nächste Börsenversammlung zu Essen findet am 27. Juli 1885 im Kasino (bei C. Rothe) statt.

Die „New⸗Yorker Hdls.⸗Ztg.“ äußert sich in ihrem vom 10. d. M. dotirten Wochenbericht über die allgemeine Geschäftslage folgendermaßen: Der Hochsommer hat jetzt allen Ernstes seinen Einzug bei uns gehalten und die an und für sich schon scwache Geschäftsthätigkeit ist dadurch in fast allen Zweigen noch mehr gelähmt worden. Nichtsdestoweniger bleibt die Thatsache beftehen, daß das Gefühl der Entmuthigung und Gedrücktheit, welches in unserer Handelswelt seit Mitte 1881 die Oberhand ge⸗ habt und in der Finanzkrisis im Mai vorigen Jahres gipfelte, jetzt allmählich zu schwinden beginnt. Das Geschäft am Waaren⸗ und Produktenmarkt entbehrte auch in der verflossenen Woche auf fast allen Gebieten jeglicher Regsamkeit und ist in Folge der Unterbrechung, die es durch die Feier des Unabhängig⸗ keits⸗Festes erlitten hat, an Umfang noch kleiner gewesen als bisher. Brodstoffe haben stillen legitimen Verkehr und im Ganzen ge⸗ nommen schleppenden Terminhandel uad willigere Preistendenz ge⸗ habt. Das Befrachtungsgeschäft ist rubig geblieben und Raten haben keine Besserung erfahren. Disponible Baumwolle fand für Ex⸗ port weniger Beachtung, wurde aber für Rechnung einheimischer Spinner in größerem Umfang gekauft als in den Vorwochen; Ter⸗ mine haben träges Geschäft gehabt und einen im Laufe der Woche erzielten Avanz fast ganz wieder eingebüßt. Am Wollmarkt habe sich Preise trotz schwacher, auf Deckung des nächsten Bedarfs be⸗ schränkter Nachfrage, recht gut behauptet. Brasil⸗Kaffees waren ebenso wie reinschmeckende Sorten still, aber fest. Rohzucker hatte lebhaftere Nachfrage und ungeachtet der matteren Haltung des Londoner Markts entschieden feste Preistendenz. Am Theemarkt gab sich bei anhaltend schleppendem Geschäft eine willigere Stimmuag kund. Schmalz, Schweinefleisch und Speck fanden nur wenig Be⸗ achtung und stellten sich Anfangs in Sympathie mit den Getreide⸗ märkten niedriger, sind aber in den letzten Tagen angesichts der ver⸗ hältnißmäßig kleinen Schweinezufuhren an den westlichen Märkten wieder etwas fester gewesen. Raff. Petroleum ruhig und fest Pipe line Certificates schlossen in fester Tendenz zu 97 ½w. G. Ter⸗ pentinöl verkehrte in steigender Tendenz, Harz stand zu höheren No⸗ tirungen in lebhafter Frage. Von Metallen hatten Zinn und Blei steigende Tendenz, während Kupfer till und williger und Eisen flau und im Werth nominell war. Der Import fremder Webstoffe beträgt für die heute beendete Woche 1 840 863 Doll. gegen 1 631 731 Doll. in der Parallelwoche des Vor'ahres.

Amsterdam, 22. Juli. (W. T. B.) Surinamzucker⸗ Auktion. 182 Barrels 15 ½ à 20 ½, 291 Boncauts 13 ½ à 18 ¾.

Liverpool, 22. Juli. (W T. B.) Bei der gestern eröffneten Wollauktion war ziemlich gutes Geschäft zu etwas niedrigeren Preisen. Zum Angebot kommen 18 000 Ballen.

Submissionen im Auslande.

I. Brasilien. ö Bau zweier schmalspuriger Eisenbahnen in der Provinz Perzam⸗ buko. Bahnlänge etwa 185 und 50 km. Baukosten etwa 56 250— 75 000 Fr. pro km. Die Provinzialregierung hat etwa 16 870 Fr. Subvention für den Kilometer bewilligt. Näheres an Ort und

Stelle. 1 II. Niederlande. 1) 6. August 1885, Mittags. Kolonial⸗Ministerium im Haag. Loos Nr. 72. Lieferung von Vieh⸗ und Holzwagen; Loos Nr. 73. Lieferung des Eisenmaterials für die Ueberdachung

eines Stationsgebändes mit zwei Perronüberdachungen;

Loos Nr. 74. Lieferung des metallenen Oberbaues für 21 Brücken. Alles für den Bedarf der Staatseisenbahnen auf Java. Bedingungen liegen im Technischen Bureau des vorgenannten

Ministeriums zur Einsicht aus und sind für 3,50 Fl., 3,50 Fl. und 1 Fl. bei dem Buchhändler Martinus Nijhoff im Haag, Nobelstraat Nr. 18, käuflich. 1 2) 25. August 1885, Mittags. Kolonial⸗Ministerium im Haag. Lieferung von eisernen Trägern in Doppel⸗T. Form für Brücken⸗ bau, nebst sonstigem Zubehör. 1 1 Bedingungen für 1 Fl. käuflich bei den Buchhändlern Gebrüder van Cleef im Haag, Hofspui Nr. 28a.

Verkehrs⸗Anstalten.

Stettin, 22. Juli. (W. T. B.) Der Stettiner Lloyd⸗ dampfer „Martha“ ist, von New⸗York kommend, wohlbehalten in Stettin eingetroffen und tritt am Sonnabend früh eine Extrafahrt nach Kopenhagen an.

Bremen, 23. Juli. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Amerika“ ist gestern in Baltimore eingetroffen.

Sanitätswesen und Quarantänewesen.

Rußland.

Laut einer neueren Verfügung des Kaiserlich russischen Mini⸗ steriums des Innern an den temporären General⸗Gouverneur zu Odessa sind Schiffe, welche aus spanischen Häfen kommend in Gibraltar eine fünftägige Quarantäne überstanden haben, zwar wie bisher einer strengen ärztlichen Besichtigung gemäß den bestebenden Quarantänebestimmungen, jedoch nur nach Maßgabe des festgestellten sanitären Befundes unterworfen.

Egypten.

Zufolge Beschlusses des Conseil sanitaire, maritime et quaran- tenaire d'Egypte vom 7. Juli 1885 werden von diesem Tage ab die Provenienzen aus Madras in den egyptischen Häfen wieder zum freien Verkehr zugelassen. (Vergl. ⸗„R.⸗A.“ Nr. 75 vom 28. März 1885.)

Berlin, 23. Juli 1885.

Durch das von der Generalverwaltung der Königlichen Museen soeben im Verlage von W. Spemann herausgegebene „Ver⸗ zeichniß derantiken Skulpturen“ hat nunmehr auch die Berliner Sammlung von Original⸗Bildwerken antiker Kunst wieder den seit langer Zeit entbehrten, dem heutigen Stande der Wissenschaft ent⸗ sprechenden Katalog erhalten. Das zuletzt erschienene, noch von Ed. Gerhard bearbeitete Verzeichniß vom Jahre 1861 nebst dem 1867 von K. Boetticher binzugefügten Nachtrage war nicht blos längst schon im Buchhandel vergriffen und in Bezug auf die Zahl der beschriebenen Stücke durch die seitdem hinzugekommenen neueren Erwerbungen weit überbolt, sondern es vermochte auch inhaltlich selbst für den älteren Bestand der Sammlung nicht entfernt mehr den gegenwärtigen Anforderungen zu genügen Dem dringenden Verlangen nach einem neuen Katalog aber konnte, obschon die Vorarbeiten bereits 1879 in Angriff genommen wurden, doch erst jetzt entsprochen werden, da einerseits die pergame⸗ nischen Ausgrabungen mit ihren glänzenden Resultaten die Verwal⸗ tung fortdauernd stark in Anspruch nahmen und andererseits eine von Grund aus neue Arbeit zu liefern war, die eine eingehende Unter⸗ suchung jedes einzelnen Stücks sowie eine umfassende Heranziehung des bezüglichen Aktenmaterials und der einschlägigen Literatur er⸗ forderlich machte. Für das spätere Erscheinen entschädigt jetzt die Vollständigkeit und Zuverlässigkeit des dargebotenen Verzeichnisses. das trotz knappster Fassung doch weit über den Umfang des früberen hinausgewachsen ist und einen eng gedruckten Klein⸗Oktavband von 260 Seiten bildet. Dabei sind die ehemals mit den antiken Bildwerken vereinigten Skulpturen des Mittelalters und der Renaissonce, die jetzt eine selbständige Sammlung bilden, ebenso ausgeschlossen, wie die assyrischen und nordsyrischen, die nebst Verwandtem an eine andere Abtheilung der Museen übergehen sollen. Dasselbe gilt ferner von den Arbeiten cyprischer Herkunft sowie mit Ausschluß der etruskischen Aschenurnen von sämmtlichen Terrakotten, die jetzt dem Antiquarium zugehören, obschon sie zum Theil noch in den Räumen der Skulpturensammlung ihren Platz haben, und endlich von den gesammten vergamenischen Funden, deren Zusammenordnung ein abschließendes Verzeichniß noch nicht ermög⸗ lichte und für die daher einstweilen der bereits in sechster Auflage erschienene kleine Separatkatalog als Ersatz dienen muß. Im Uebrigen stellt sich das Verzeichniß, das im Ganzen 1365 Nummern umfaßt, als erschöpfend vollständig dar. Auf die umfangreiche erste Abtheilung der griechisch⸗römischen Werke läßt es in einer zweiten alles Etruskische und in einer dritten die in der Sammlung enthaltenen, meist aus älterem Bestand, besonders aus der 1742 angekauften Kollektion Polignac herstammenden, aber auch neuerdings wieder durch die im Ganzen erworbene Kollektion Sa⸗ bouroff um zwei Stücke vermehrten unechten Arbeiten und direkt Fälschungen folgen, die in das Magazin verwiesen als Materia kritischer Studien auch weiterhin zugänglich bleiben werden. Eine weitere Gruppirung innerhalb der stattlichen ersten Abtheilung, auf die im Ganzen 1219 Nummern entfallen, würde sich am passendsten an eine systematische Aufstellung der Arbeiten selber ange⸗ schlossen haben, wenn jeder Versuch ciner solchen nicht durch die beengende Ueberfüllung der knapp bemessenen Räume bis auf Weiteres völlig unmöglich gemacht wäre. Man hat sich daher damit begnügt, in der Eintheilung des Verzeichnisses zunächst die Bronzen und die Arbeiten von Stein, sowie innerhalb der letzteren wieder die Rundbildwerke, die Reliefs, die Architekturstücke und Ge⸗ räthe und schließlich die Inschriften zu gesonderten Gruppen zusammen⸗ zufassen. Unter den Rundbildwerken sind sodann des Weiteren die alphabetisch geordneten Darstellungen von Göttern und Heroen, diejenigen von Menschen, diejenigen unbestimmbaren Inhalts und diejenigen von Thieren, unter den Reliefs die Votivreliefs, die Grabreliefs und die Darstellungen sonstiger Art zu in sich geschlossenen Abtheilungen vereinigt. Bleibt diese Ein⸗ theilung nothwendiger Weise hier und da mehr oder weniger äußer⸗ lich, so ermöglicht sie doch zum mindesten sowohl die Orientirung über Umfang und Inhalt der Sammlung, wie die schnelle Auffindung und Vergleichung der in ihr vereinigten Beispiele der verschiedenen Denkmälergattungen. Was die Bebandlung des Verzeichnisses im Einzelnen betrifft, so findet man bei jeder Nummer außer dem Stand⸗ ort und der kurzen Bezeichnung des Gegenstandes der Darstellung die Angabe des Materials und des Hauptmaßes, zumeist der Höhe, des Erhaltungszustandes mit Aufführung der irgendwie wesentlichen Er⸗ gänzungen, des Fundorts und der sonstigen Herkunft, sowie den Nachweis der bezüglichen Literatur, woran sich als⸗ dann eine knappe, bei den bedeutenderen Stücken ent⸗ sprechend eingehende Beschreibung mit einer kurzen Andeutung des Kunstwerthes und. wo irgend angängig, die Bestimmung der Ent⸗ stehungszeit anschließt, so daß nach jeder Seite hin auch für ein ein⸗ gehenderes Studium der Weg gewiesen ist. Vorausgeschickt ist dem Katalog ein Abriß der Entstehungsgeschichte der Sammlung, während ihm am Schluß Sach⸗, Inschrift⸗ und Fundort⸗Register, eine kunst⸗ geschichtliche Uebersicht, eine Zusammenstellung der jetzigen und der früheren Katalognummern und ein Nachweis derjenigen Stücke an⸗ gefügt sind, von denen die Formerei der Königlichen Museen Gips⸗ abgüsse abgiebt

Frankfurr a, M, 22. Juli. (W. T. B.) Bei der heutigen Beerdigung eines Sozialdemokraten, Namens Hiller, kam es auf dem Friedhof zu Ausschreitungen. Als der Leichenzug auf dem Friedhofe eintraf, gab der Polizei⸗Kommissar Maver den Befehl des Polizei⸗Präsidiums kund, daß auf dem Friedhofe weder Reden gehalten, noch Demonstrationen veranstaltet werden dürften. Damit war die Aufforderung verbunden, die rothen Schleifen zu entfernen. Als der Zug an das Grab vam und einer der Anwesenden begann: Sehr geehrte Genossen“, wiederholte der Kommissar die Aufforderung, Reden zu unterlassen. Als bierauf verschiedene rothe Schleifen in die Gruft geworfen wurden und gleichzeitig ein anderer Sozialdemokrat begann, den Dabhingeschiedenen als Kämpfer der Freiheit zu feiern und eine lange rothe Schleife in der Hand haltend, weiter sprechen wollte, forderte der Kommissar auf Grund des § 9 des Sozialisten⸗ gesetzes die Anwesenden auf, auseinander zu gehen. Er wieder⸗ holte die Aufforderung drei Mal, und als dessenungeachtet sich keiner vom Fleck rührte und der letzte Redner auch nach der dritten Auf⸗ forderung wörtlich fortfuhr: „Diese Schleife gebe ich Dir mit als Zeichen der Freibeit“, befahl der Kommissar der anwesenden Schutz⸗ mannschaft, die Versammlung auseinander zu treiben. In Folge des Widerstandes, dem die Beamten hierbei begegneten, fand eine Anzahl Verhaftungen und Verwundungen statt.

Dresden, 22. B.) Das offizielle Schiedg⸗

Fult (W I.

gericht des Turnfestes hat vdem ersten Sieger, Jennewein

aus Stuttgart, einen Kranz und ein Diplom verliehen. Weitere Diplome haben Turner aus Wiesbaden, München, Reichenberg, Chemnitz, Frankfurt, Mannheim ꝛc. erhalten.

23. SIuli. (TW. T. S.) Gestern Abens 10 Uhr fand in der Festhalle der oöffizielle Schluß des sechsten Deutschen Turnfestes start, wobei der Geheime Hofrath Ackermann eine Abschiedsrede an die Turner hielt. Die Turner aus Salzburg über⸗ reichten der Dresdener Turnerschaft eine mit einer Widmung ver⸗ sehene Marmortafel und die Turner aus Insbruck einen Edelweiß⸗ kranz. Die amerikanischen Turner übergaben dem Direktor Bier ein Ehrenzeichen; andere ausländische Turner dankten für die glänzende Veranstaltung des Festes und die herzliche Aufnahme.

Krolls Theater. Die vielfach gewünschte Wiederholung von Marschners „Vampyr“ eine s. Zt. gewürdigte ausgezeichnete Leistung des Hrn. Adolf Robinson ist auf Sonnabend ange⸗ setzt. Der Kunstler tritt an diesem Abend zum vorletzten Male auf. Morgen, Freitag, erscheint Fr. Katharina Klafsky als ‚Donna Anna“ zum vorletzten Male. Am Sonntag wird sich die Sängerin sodann in derselben Rolle verabschieden, mit welcher sie ihr Gastspiel ein⸗ leitete, nämlich als „Fideliov. Den Don Juan, am Freitag, singt Hr. von Bongardt.