1885 / 172 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 25 Jul 1885 18:00:01 GMT) scan diff

her mit Aether ab, legt ihn eine Minute auf Fließpapier und dann in ein durch Ausspülen mit Alkohol und Aether gereinigtes, trockenes Reagenzglas. Je nach dem Gewicht des Stücks, welches 0,1 bis 1,5 g betragen mag, übergießt man es mit 0,5 bis 10 ccm chlorfreier Salpetersäure von 1,3 spezifischem Gewicht. Die Einwir⸗ kung der Säure ist in der Regel sofort energisch; bleibt die Säure klar, so läßt man das Stück sich auflösen, wird sie milchig, so gießt man sie sofort in ein anderes, reines, trockenes Reagenzglas. War das Stück vergoldet, so sieht man in der Flüssigkeit, be⸗ sonders auf der Oberfläche und am Boden, Goldflitterchen. Die Reaktion ist sehr empfindlich; sie weist 1/% mg Gold auf einer Fläche von 2 qem deutlich nach. Die Salpetersäure darf kein Chlor enthalten. Man prüft sie, indem man 20 cem mit einem linsengroßen Stück echten Blattgolds etwa 10 Minuten lang schwach sieden läßt. Das Gold darf nicht gelöst werden. 2 Die Stücke dürfen nicht fettig sein, da sonst das Erkennen der Goldflitter schwierig werden kann. Ein bedeutender Ueberschuß von Salpetersäure ist, wenn nicht schädlich, doch unzweckmäßig; für 1 g Substanz genügen 6 cem

Saͤure. B

Bei anscheinend versilberten Waaren ist in der Regel die Prü⸗ fung dadurch vorzunehmen, daß ein Tropfen der Flüssigkeit, welche durch Mischen gleicher Gewichtstheile rothen chromsauren Kalis mit reiner Salpetersäure 1,25 spezifischem Gewicht entsteht, auf die zu untersuchende Waare gebracht wird, wobei die Gegenwart von Silber nach dem vorsichtigen Abspülen der Waare mit Wasser durch das Zurückbleiben eines braun⸗ und blutrothen Fleckes sich kund giebt.

Bei anscheinend schwacher Versilberung ist die Untersuchung auf das Vorhandensein von Silber in folgender Weise vorzunehmen.

Man faßt den zu untersuchenden Gegenstand mit einer Pinzette, spritzt ihn (mittelst Spritzflasche) mit Alkohol und gleich hinterher mit Aether ab, legt ihn eine Minute auf Fließpapier und betupft ihn mit einem Tropfen einer etwa 1 prozentigen Lösung von Zwei⸗ fach⸗Schwefelnatrium. Nach einer Einwirkung von 10 Minuten spült man den Tropfen mit Wasser weg. Ist der Gegenstand versilbert, se 8 der Tropfen einen vollen runden, stahlgrauen Fleck hervorge⸗

racht

Andere weiße Metalle und Legirungen, mit Ausnahme des ver⸗ quecksilberten Kupfers, zeigen bei gleicher Behandlung diese Erschei⸗ nung nicht, es tritt höchstens am Rande des Tropfens ein Ring auf. Das verquecksilberte Kupfer wird durch den Tropfen Schwefelnatrium schneller gefärbt und matter schwarz als Silber.

Die Probe ist so empfindlich, daß der Fleck auch dann auftritt, wenn die Versilberung so dünn ist, daß sie die ursprüngliche Farbe des Gegenstandes durchscheinen läßt.

Zur Bereitung des Zweifach⸗Schwefelnvatriums werden 30 g krystallisirtes Schwefelnatrium, 10 ccm Wasser und 4,2 g Schwefel⸗ blumen etwa 10 Minuten lang zum Kochen erhitzt und nach erfolgter Lösung des Schwefels durch Nachfüllen von Wasser soweit verdünnt, daß die Menge der Flüssigkeit 1 1 beträgt.

An Zöllen und gemeinschaftlichen Ver⸗ brauchssteuern sowie anderen Einnahmen sind im Reich für die Zeit vom 1. April 1885 bis zum Schlusse des Monats Juni 1885 (einschließlich der kreditirten Beträge und ver⸗

glichen mit der Einnahme in demselben Zeitraum des Vorjahres) zur Anschreibung gelangt: Zölle 53 955 356 (+. 5 063 402 ℳ), Tabacksteuer 1 302 988 (— 508 460 ℳ), Rübenzuckersteuer 56 394 756 (— 9 283 733 ℳ), Salz⸗ steuer 7 797 447 (— 39 872 ℳ), Branntweinsteuer 8 257 775 (— 456 385 ℳ), Uebergangsabgaben von Branntwein 26 527 (— 2963 ℳ), Brausteuer 4 971 064 (+ 372 177 ℳ), Uebergangsabgaben von Bier 437 988 (+ 45 290 ℳ); Summe 20 354 389 (s— 3 793 624 ℳ). Spielkartenstempel 187 396 (+ 7777 ℳ), Wechselstempelsteuer 1 670 538 (+ 16 461 ℳ), Stempelabgabe für Werthpapiere, Schlußnoten, Rechnungen und Lotterieloose 2 502 322 (— 940 661 ℳ), Post⸗ und Telegraphen⸗Verwaltung 41 009 935 (+. 1 321 316 ℳ), Reichs⸗Eisenbahn⸗Verwaltung 11 493 500 (— 122 301 ℳ).

Die zur Reichskasse gelangte Ist⸗Einnahme, ab⸗ züglich der Ausfuhr⸗Vergütungen und Verwaltungskosten, be⸗ trägt bei den nachbezeichneten Einnahmen bis Ende Juni 1885: Zölle 47 526 548 (+ 5 349 938 ℳ), Taback⸗ steuer 1 220 358 (+ 647 730 ℳ), Rübenzuckersteuer 24 246 961 (— 16 163 615 ℳ), Salzsteuer 9 006 841 (+ 1549 ℳ), Branntweinsteuer und Uebergangsabgabe von Branntwein 10 588 468 (— 502 930 ℳ), Brausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 4 597 162 (+ 355 992 ℳ); Summe 97 186 338 (— 10 311 336 ℳ). Spielkarten⸗ stempel 261 127 (— 527 ℳ).

Die im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellte, in der Ersten Beilage veröffentlichte Uebersicht der Betriebsergebnisse deutscher Eisenbahnen für den Monat Juni d. J. ergiebt für die 57 Bahnen, welche auch schon im entsprechenden Monate des Vorjahres im Be⸗ triebe waren und zur Vergleichung gezogen werden konnten, mit einer Gesammt⸗Betriebslänge von 31 600,81 km, nach⸗ stehende Daten:

Eröffnet wurden im Inni d. J.: am 1. Juni die Strecke Bentschen Meseritz 31,85 km (Königliche Eisenbahn⸗Direktion Berlin), am 15. Juni die Strecke Iserlohn —Hemer 8,20 km (Königliche Eisenbahn⸗Direktion Elberfeld) und die Hafenbahn zu Ueckermünde 1,15 km (Königliche Eisenbahn⸗Direktion Berlin).

Die Einnahme aus allen Verkehrszweigen war im Juni d. J.: a. beim Vergleiche der provisorisch ermittelten Ergebnisse des laufenden Jahres mit! dem Definitivum des Vorjahres: bei 20 Bahnen mit zusammen 23 902,86 km höher und bei 37 Bahnen mit zusammen 7697,95 km niedriger, als in demselben Monate des Vorjahres, und auf das Kilometer Betriebslänge bei 19 Bahnen mit zusammen 2873,07 km höher und bei 38 Bahnen mit zusammen 28 727,74 km (darunter 6 Bahnen mit vermehrter Betriebslänge) niedriger, als in demselben Monate des Vorjahres; b. beim Vergleiche der pro⸗ visorisch ermittelten Ergebnisse des laufen⸗ den Jahres mit den im Vorjahre ermittelten provisorischen Angaben: bei 24 Bahnen mit zusammen 23 974,82 km höher und bei 33 Bahnen mit zusammen 7625,99 km niedriger, als in demselben Monate des Vorjahres, und auf das Kilometer Betriebslänge bei 1 Bahn mit 7,29 km unverändert, bei 22 Bahnen, mit zusammen 2937,74 km höher und hei 34 Bahnen mit zusammen 28 655,78 km (darunter 5 Bahnen mit vermehrter Betriebslänge) geringer, als in demselben Monate des Vorjahres.

Die Einnahme aus allen Verkehrszweigen war vom 1. Januar bis Ende Juni d. J.: a. beim Vergleiche der provisorisch ermittelten Ergebnisse des lau⸗ fenden Jahres mit dem Definitivum des Vorjahres: bei 34 Bahnen mit zusammen 26 531,82 km höher und bei 23 Bahnen mit zusammen 5068,99 km geringer, als in dem⸗ selben Zeitraume des Vorjahres, und auf das Kilo⸗

1914,47 km höher und bei 27 Bahnen mit zusammen 29 686,34 km (darunter 5 Bahnen mit vermehrter Betriebslänge) geringer, als in demselben Zeitraume des Vorjahres; b. beim Vergleiche der provisorisch ermittelten Ergebnisse mit den im Vorjahre ermittelten provisorischen Angaben: bei 37 Bahnen mit zusammen 29 588,27 km höher und bei 20 Bahnen mit zusammen 2012,54 km ge⸗ ringer, als in demselben Zeitraume des Vorjahres, und auf das Kilometer Betriebslänge bei 33 Bahnen mit zu⸗ sammen 4970,82 km höher und bei 24 Bahnen mit zu⸗ sammen 26 629,89 km (darunter 5 Bahnen mit vermehrter 8.Sxen, geringer, als in demselben Zeitraume des Vor⸗ jahres. Bei den unter Staatsverwaltung stehenden Privatbahnen, ausschließlich der vom Staate für eigene Rechnung verwalteten Bahnen, betrug Ende Juni d. J. das gesammte konzessionirte Anlagekapital 81 449 900 (31 965 000 Stammaktien, 20 544 900 Prioritäts⸗Stamm⸗ aktien und 28 940 0t. vX ioritäts⸗Obligationen) und die Länge derjenigen (Merbver pür welche das Kapital bestimmt ist, 298,12 km, so 1 5,75 8871 km 273 212 entfallen. Bei den unteevelrlvatverwaltung stehenden Privatbahnen betrug Ende Juni d. J. das gesammte konzessionirte Anlagekapital 572 865 829 (297 339 550 Stammaktien, 84 146 150 Prioritäts⸗ Stammaktien und 191 380 129 Prioritäts⸗Obligationen) und die Länge derjenigen Strecken, für welche dieses Kapi⸗ t. S.vein ist, 3616,24 km, so daß auf je 1 km 158 415 entfallen.

Ein Arbeiter, welcher in den Arbeitsräumen seines Arbeitsgebers das ihm zur Verarbeitung übergebene Material sich aneignet, macht sich, nach einem Urtheil des Reichs⸗ gerichts, IV. Strassenats, vom 16. Mai d. J., dadurch nicht der Unterschlagung, sondern des Diebstahls schuldig.

In Zeitungsnachrichten über die Betheiligung an der im August hier stattfindenden Internationalen Tele⸗ graphenkonferenz ist die Mittheilung enthalten, daß auch Bayern auf der Konferenz vertreten sein werde. Diese Angabe entspricht nicht der wirklichen Sachlage. Ein bayerischer Be⸗ amter wird allerdings an der Konferenz theilnehmen, aber in der Eigenschaft als Vertreter des Reichs.

„— Der Königliche Gesandte in Dresden, Graf von Dönhoff, hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub an⸗ getreten. Während seiner Abwesenheit fungirt der dritte Sekretär bei der Kaiserlichen Botschaft in Paris, Graf von Metter⸗ nich, als interimistischer Geschäftsträger. Derselbe ist zu diesem Zweck in Dresden eingetroffen.

Der Chef der Admiralität, General⸗Lieutenant von Caprivi ist von seiner Dienstreise nach Kiel zurückgekehrt.

Der General⸗Lieutenant von Schlichting, Com⸗ mandeur der 1. Garde⸗Infanterie⸗Division, ist vom Urlaub zurückgekehrt.

Potsdam, 24. Juli. (W. T. B.) Ihre Kaiser⸗ lichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin sind mit Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzessinnen Victoria, Sophie und Margarethe heute Abend 8 Uhr 20 Minuten von der Wildparkstation aus über Frankfurt a. M. nach der Schweiz abgereist.

Danzig, 23. Juli. Heute Vormittag 11 ½ Uhr fand der Stapellauf des auf der hiesigen Kaiserlichen Werft erbauten Ersatzschiffes für S. M. S. „Medusa“ statt. Der Akt der Namengebung wurde durch den Contre⸗Admiral Pirner vollzogen. Nach einer kurzen Ansprache, in welcher der Wunsch ausgedrückt war, daß das Schiff die Ehre der deutschen Flagge stets hochhalten möge, ergriff er eine Flasche „Rheingold“ und schleuderte dieselbe mit den Worten: „Im Namen Sr. Majestät des Kaisers taufe ich dich „Nixe!“ gegen den Rumpf des Schiffes, wo sie zerschellte. Es be⸗ gannen hierauf die Arbeiten zum Ablauf des Schiffes, welcher in äußerst kurzer Zeit und glatt von Statten ging. Die Marinemannschaften präsentirten hierbei das Gewehr, und die Kapelle spielte die Nationalhymne. Die „Nixe“ ist aus Eisen gebaut, mit Schotten aus Stahlblech, einfacher Holz⸗ beplankung und Kupferplattung unter der Wasserlinie ver⸗ sehen. Sie erhält Maschinen von 2400 Pferdekraft sowie 88 Barktakelage. Ihre Bestimmung ist, als Schulschiff zu dienen.

Frankfurt a. M., 23. Juli. Bezüglich der Vor⸗ gänge auf dem Friedhofe erläßt der Königliche Polizei⸗ Präsident folgende Bekanntmachung, d. d. 23. Juli: „Zur Berichtigung vielfacher unrichtiger Nachrichten über das edauerliche Vorkommniß des gestrigen Tages theile ich hierdurch mit, wie Seitens des Königlichen Polizei⸗Präsidiums die Anordnung ge⸗ troffen war, daß bei der Beerdigung des Ciseleurs Hiller jede sozial⸗ demokratische Demonstration zu verbieten, resp. zu verhindern, nament⸗ lich auch Reden von anderen Personen als einem Geistlichen nicht zuzulassen seien. Von dieser Anordnung sind der Bruder des Verstorbenen sowie andere als Führer der hiesigen Sezialdemokraten bekannte Per⸗ sonen vorber in Kenntniß gesetzt worden. Als dennoch, unter demonstra⸗ tiver Erhebung einer rothen Schleife der im Leichengefolge anwesende Schneider Josef Leyendecker aus Mainz zu reden begann, löste der überwachende Polizeikommissar die Versammlung auf Grund des §. 9 des Gesetzes vom 21. Oktober 1878 auf und forderte die Versamm⸗ lung dreimal mit erhobener Stimme zum Auseinandergehen auf. Weil dieser Aufforderung von Niemand Folge geleistet wurde, gab der Pelizeikommissar den anwesenden Schutzleuten den Befehl, die Ver⸗ sammlung auseinander zu treiben. Er hat nach seiner Erklärung dies mit den Worten gethan: „Jetzt treiben Sie die Leute mit der Waffe auseinander!“ Die eingeleitete Untersuchung wird ergeben, ob zur Durchführung der zu erzwingenden Anordnung der Gebrauch der Waffe nothwendig resp. gerechtfertigt war. Amtlich sind sechs Personen als verletzt gemeldet. Ihre Verletzungen sind anscheinend nicht erheblich. In den hiesigen Hospitälern befinden sich keine Ver⸗ wundeten.“

Bayern. München, 24. Juli. Wie die „Allg. Ztg.“ vernimmt, sind die Nachwahlen zum Landtage nunmehr anberaumt, und zwar im Wahlkreise Zweibrücken auf den 20. August, im Wahlkreise Bamberg auf den 2. September, im Wahlkreise Würzburg II auf den 3. September, dann in den Wahlkreisen Dillingen und Kempten je auf den 1. Sep⸗ tember.

(W. T. B.) Die Königin⸗Mutter von Spanien ist zu einem längeren Aufenthalt in Nymphenburg ein⸗ getroffen. Ihre Majestät wurde auf dem hiesigen Bahnhof von dem Prinzen und der Prinzessin Ferdinand, der Prinzessin Adalbert und dem Prinzen Alphons empfangen.

meter Betriebslänge bei 30 Bahnen mit zusammen

Die „Neuesten Nachrichten“ veröffentlichen den Wortlaut

versität, in welcher die durch die Blätter gegangene Be⸗ hauptung, daß preußische Studirende der Theologie in München immatrikulirt seien und testirt würden, während die⸗ selben thatsächlich zu Innsbruck studirten, als unbegründet bezeichnet wird. Die vorgenommene Untersuchung habe die Grundlosigkeit der fraglichen Behauptung ergeben.

Sachsen. Dresden, 24. Juli. (Dr. J.) In den Tagen vom 25. bis mit 27. d. M. wird der König in einem Theil des Regierungsbezirks Zwickau eine Reise eh ar

25. Juli. (W. T. B.) Der König hat sich heut Morgen nach Wilischthal begeben, von wo Se. Masefti Nachmittags zum Besuch des Bundesschießens und einiger industriellen Etablissements in Chemnitz eintrifft.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 24. Juli. (Weim. Ztg.) Das heute früh ausgegebene Bulletin über 2 Ihrer Hoheit der Prinzessin Elisabeth autet:

„Weikerer erfreulicher Fortgang der Rekonvalescenz; auch haben die Kopfschmerzen bei Ihrer Hoheit sich verloren. 5 8 Dr. Pfeiffer.“

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 24. Juli. (Meckl. Anz.) Gestern beging die Großfürstin Olga Feodorowna, Mutter der regierenden Großherzogin, das Fest ihres Namenstages. In der verflossenen Nacht sind der Großfürst Michael und die Großfürstin von hier wieder abgereist.

Die Prinzessin Wilhelm von Preußen hat gestern früh 5 Uhr den hiesigen Bahnhof auf der Durchreise berührt. Ihre Königliche Hoheit, welche über Wismar nach

dem Heiligendamm fuhr, ist telegraphischer Meldung zu⸗ folge wohlbehalten dort eingetroffen. 8

Oesterreich⸗Ungarn. Prag, 23. Juli. (Prg. Ztg.) Nach einer der „Wr. Allg. Ztg.“ von Agram zugekommenen Meldung werden die Wahlen fürden serbischen Kirchen⸗ kongreß zwischen dem 20. und 26. August stattfinden. Von hervorragenden Serben wird auf Grund einer kürzlich mit dem Patriarchen Angelics gepflogenen Besprechung in den „Nar. Noviné“ ausgeführt, daß die Ausstreuungen, als ob eine Verständigung mit dem jetzigen Patriarchen unmöglich wäre, ganz grundlos seien. Dieser selbst habe erklärt, dasß über hundert Fragen, welche heute die Anhänger der orien⸗ talisch⸗orthodoxen Kirche bewegen, eine Verständigung sogar zwischen ihm und den Radikalen möglich sei. Nur im Punkte der Kirchen⸗Institutionen gäbe es für ihn keine Transaktion.

Agram, 23. Juli. (Presse.) Laut Anordnung der Landesregierung ist die Wahl des Bürgermeisters für Agram ohne Rücksicht auf die bevorstehende Ergänzungswahl des Gemeinderaths durchzuführen; in Folge dessen wird die Wahl dieser Tage vorgenommen.

Großbritannien und Irland. London, 24. Zuli, (W. T. B.) Das Oberhaus nahm heute die Bill, be⸗ treffend die Verbesserung der Arbeiterwohnungen, sowie die Bill, betreffend den Verkauf von Pachtgütern in Irland, in dritter Lesung an.

Im Unterhause theilte der Unter⸗Staatssekretär Bourke mit, daß die englische Regierung nach den Ergeb⸗ nissen der Prozeßverhandlungen wegen Beraubung der deutschen Schiffe „Diedrich“ und „Anna“ bei der nieder⸗ ländischen Regierung angefragt habe: ob sie Schritte für ein baldiges Zusammentreten der Konferenz, betreffend den Spiritushandel in der Nordsee, thue. Die niederländische Regierung habe geantwortet, daß sie bereits die bezüglichen Schritte gethan habe und hoffe, daß die Konferenz in Kurzem zusammentreten werde. Die Bill, welche die Entziehung des Wahlrechts wegen ärztlicher Behandlung Seitens der Armenpflege aufhebt, wurde in dritter Lesung ohne besondere Abstimmung angenommen, und die Bill, betreffend die Er⸗ richtung eines Ministeriums für Schottland, in zweiter Lesung genehmigt. .

Ein Telegramm des „Reuterschen Bureaus“ aus Bom⸗ bay, vom heutigen Tage, meldet: Das in London verbreitete Gerücht über angebliche Ruhestörungen in Kabul it unbestätigt geblieben. Den letzten Berichten zufolge herrscht in Kabul vollkommene Ordnung. Auch die indische Regierung hat keine derartige Nachricht erhalten. Ebenso be⸗ zeichnet die „Bombay⸗Gazette“ das Gerücht von einem Auf⸗ stande in Kabul als unbegründet.

I LS(h Nehreren Morgen⸗ blättern zufolge nehmen die englisch⸗russischen Unter⸗ handlungen bezüglich der afghanischen Grenze einen befriedigenden und glatten Verlauf. Baron Staal hatte gestern eine längere Unterredung mit Lord Salisbury.

Frankreich. Paris, 23. Juli. (Köln. Ztg.) Dem heutigen Ministerrath machte der Marine⸗Minister in Bezug auf Kambodscha so schwerwiegende Eröffnungen, daß beschlossen wurde, den Gouverneur Thomson hierher zu berufen, um persönlich Erklärungen abzu⸗ geben. Thomson wird am 27. d. M. abreisen und der Marine⸗Infanterie⸗General Bégin, der neue Ober⸗ befehlshaber der Truppen in Cochinchina, bis zur Er⸗ nennung eines neuen Gouverneurs die Geschäfte der Kolonie leiten. Die heute hier eingetroffenen Depeschen des Generals de Courcy bestätigen, daß die Lage der Dinge in Anam⸗Tongking keineswegs erfreulich ist. Der General verlangt vom Kriegs⸗Minister, daß keine weiteren Truppen seiner Armee nach Frankreich zurückgesandt werden, und stützt sich darauf, daß die Zahl der chinesischen unregelmäßigen Truppen in Tongking beständig zunehme, und daß sein kleines Heer kaum ausreiche, um die Grenzprovinz Than⸗Hoa zu überwachen. Hätten sich die Anamiten erst hier festgesetzt, so sei ihre Vereinigung mit den Schwarzen Flaggen kaum zu ver⸗ hindern. Zwar glaube er nicht, daß Grund zu Befürchtungen vorliege, und hoffe schließlich, der Bewegung Herr werden zu können; immerhin aber werde es zu schwierigen und lang⸗ dauernden Kämpfen kommen. Zu der gestrigen Versamm⸗ lung der „Demokratischen Vereinigung“ der Deputirten⸗ kammer, welche über den Spuller'schen Wahlaufruf berathen sollte, hatten sich nur 16 Mitglieder eingefunden, von denen 14 den Aufruf bereits unterzeichnet hatten, und zwei, Germain und Andrieux (der frühere Polizeipräfekt) ihre Unterschrift verweigerten. Heute ist nun abermals ein neues Wahlprogramm erschienen. Dasselbe ist von dem Gambettistischen

einer Erklärung des Rektorats der hiesigen Uni⸗

1“ v“

Senator Tolain, dem Vorsitzenden des „Bundes der republika⸗

nischen, radikalen und fortschrittlichen Ausschüsse“, unter⸗ zeichnet; es bietet aber nichts Neues und ist im Wesentlichen nur ein Abklatsch des Spuller’schen Wahlaufrufs. Die Königin⸗Mutter Isabella von Spanien reiste heute auf der Ostbahn nach München ab. Heute Nachmittag um

1 Uhr eröffnete der Handels⸗Minister Pierre Legrand

im Industriepalast die Ausstellung der Arbeiten, welche die Pariser Arbeitervereinigungen mit Unterstützung der Regierung veranstaltet haben. 1

(Fr. Corr.) Der „Temps“ veröffentlicht einen Brief aus Hanoi, vom 31. Mai, in welchem es heißt:

„Man darf sich nicht verhehlen, daß die Wiedereinnahme von Langson mit großer Mühe verbunden sein wird; die Banden, welche sich dorthin zurückgezogen und stark verschanzt haben, sind so frech, bis an unsere Vorposten heranzukommen und diese zur Abwehr zu zwingen. Jene ganze Region ist entsetzlich verwüstet und wird noch lange die Nachwehen der blutigen Kämpfe, deren Schauplatz sie war, empfinden. Der Genecral de Négrier wird besser als jeder andere den neuen Oberbefehlshaber von der Lage unter⸗ richten; denn Niemand kennt sie so genau wie er. Von dieser Seite sind wir gut bewacht. Auf dem Rothen Flusse ist die Lage noch weniger glänzend. Ein Emissär, der am 24. Mai als Träger eines Briefes chinesischer Kommissäre an den König von Yünnan ent⸗ sandt wurde, ist nach Honghoa zurückgekommen, ausgeraubt, miß⸗ handelt und von zwei Säbelhieben verwundet. Er war in Phug⸗Kig, dem ersten Dorfe am linken Ufer des Flusses Mua, in die Hände von Seeräubern gefallen. Die chinesische Mission fuhr zu Flusse in der Rich⸗ tung auf Thuan⸗Quang, als sie von einer Bande überfallen wurde, die unterhalb des Dorfes Catru beide Ufer besetzt hielt. Sie mußte sich vor einem sehr starken Feuer zurückzieben und entrann nicht ohne Noth den Piraten, welche sie zwei Stunden lang, beständig schießend, verfolgten. Zwei chinesische Diener wurden getroffen und einer starb an den Wunden. In Folge dieses Ereignisses wollen die zwei Man⸗ darinen, welche Hrn. Woodruff begleiten, Trudiensang und Kuangkvchien, durchaus die Sache aufgeben und verlangen, nach Canton zurückgebracht zu werden. Die Sendung, mit der sie betraut sind, scheint ihnen zu gefährlich. Nach den letzten Nachrichten haben sich Abtheilungen von Schwareflaggen, die in den Wäldern verborgen waren, bei Phuyenbinh verschanzt und weigern sich, chinesisches Gebiet iu be⸗ treten. Zwischen Thuan⸗Quang, das wir besetzen werden, und Bacthang (Laskai) sollen sich noch viele reguläre Truppen aufhalten. Am Klaren Flusse, bei Hagiang, durchstreift ein Häuptling die Gegend mit tausend Mann; endlich ist von zahlreichen Gruppen die Rede, die zwischen Phu⸗Doan und Hao⸗Mol das Land unsicher machen sollen. Die Wasser des Flusses steigen dieses Jahr nicht wie andere Jahre um diese Zeit, was unsere Kanonenboote verhindert, auf Rekognoszirungen auszugehen, und das Räuber⸗ wesen im Delta begünstigt. Dies wäre der richtige Moment, in Hus einen entscheidenden Streich zu führen, statt Kolonnen auszusenden, welche, von der Hitze und der Mühsal erschöpft, un⸗ verrichteter Dinge zurückkommen. Um es kurz zu sagen, das flache Land scheint uns minder sicher als vor einigen Monaten, und die Zweifel, die ich hinsichtlich der Unterwerfung der Schwarzflaggen geäußert habe. bestätigen sich. Wenn China aufrichtig ist, wenn es wirklich den Frieden will, so muß es den Verkehr zwischen den Dissi⸗ denten an der Grenze Yunnans abschneiden. Unsere Sache sei es, Hus zu überwachen und dafür zu sorgen, daß die Verproviantirung der Rebellen nicht durch Anam geschieht.“ 8

24. Juli. (W. T. B.) Der Senat wird die Be⸗ rathung des Budgets am nächsten Dienstag beginnen.

In den weiteren Berathungen der M ünzkonferenz gestanden Frankreich, Italien und die Schweiz zu, daß bei einer etwaigen Liquidation der lateinischen Münz⸗Union ein jeder Staat für sein Geld verantwortlich sein solle. Frankreich erklärte die Annahme dieser Klausel als unumgänglich noth⸗ wendig für die Erneuerung der Union, während die belgischen Delegirten, dieses nicht zugestehend, die Berathung des Ent⸗ wurfs ablehnten, sich aber bereit erklärten, ihrer Regierung Bericht zu erstatten.

Die chinesische Regierung hat der französischen an⸗ gezeigt, daß der 1“ der Schwarzen Flaggen nach China übergetreten sei. 1

8 Im Gebiet von Nizza sind zahlreiche heftige Ge⸗ witter niedergegangen und die Kommunikationen unterbrochen.

Portugal. Aus Lissabon, v. 17. Juli, wird der „Polit. Corresp.“ geschrieben: Die Session des portugitesischen Parlaments ist, nach siebenmonatlicher Dauer, am bI geschlossen worden. Die wichtigsten Beschlüsse in der ab⸗ gelaufenen Session betreffen: die Reform der Verfassung; die Ermächtigung der Regierung zur Unternehmung

wichtiger Arbeiten im Hafen von Lissabon; einen Kontrakt,betreffend die tele⸗ graphische Verbindung zwischen Portugal und seinen westafrika⸗ nischen Kolonien; die Feststellung der Grundzüge eines neuen Ver⸗ trages bezüglich der Eisenbahn von Loanda nach Ambaca; die erste Organisirung des Congogebietes; einen Kredit von un⸗ gefähr 3 Millionen Francs für die ersten Kosten der Okkupation dieses Gebiets; die Erweiterung der Munizipalitat der Haupt⸗ stadt u. s. w. Die öffentlichen Arbeiten im Hafen von Lissabon werden nach einer Kombination vergeben werden, welche in Paris zwischen dem französischen Ingenieur Hersent und dem ehemaligen portugiesischen Minister und gegenwärtigen Mitgliede der Pairskammer, Hrn. Cortez, fest⸗ gestellt wurde. Es ist nahezu gewiß, daß das Kabinet sich in kurzer Zeit kompletiren und daß dabei die derzeit. un⸗ besetzten Portefeuilles des Aeußern und der öffentlichen Ar⸗ beiten Titulare erhalten werden. An Kandidaten für diese Ministerien herrscht durchaus kein Mangel. Von den afrikanischen Küsten sind in der letzten Zeit keine wich⸗ tigen Nachrichten eingelaufen. Der König Don Fer⸗ nando befindet sich seit längerer Zeit unwohl. Die König⸗ liche Familie weilt jetzt in Cintra.

Amerika. New⸗York, 24. Juli. ( Beerdigung des Generals Grant wird Aug und zwar im New⸗Yorker Centralpark stattfinden. Die Leiche wird am 4. August von Mount⸗Mac⸗Gregor, wo Grant starb, nach Albany gebracht und dort einen Tag ausgestellt werden. In New⸗York wurd die Leiche drei Tage ausgestellt bleiben.

(W. T. B.) Die am 8 August

Zeitungsstimmen.

Derẽ „Schlesischen Zeitung“ schreibt „Jemand, der die Verhältnisse Indiens aus eigener Beobachtung kennt“, über den Verfall der indischen Industrie: 1

Das heutige Indien ist ein eminent ackerbautreibendes Land, denn von seiner Bevölkerung lebten nach dem letzten Census im Jahre 1881 in Städten von mehr als 20 000 Einwohnern nur etwa Proz. in England und Wales leben 42 Proz. und viele dieser sogenannten Städte, darunter selbst solche mit mehr als 50 000 Einwohnern, sind nichts als Gruppen von mit Gärten um⸗ gebenen Dörfern, die nur aus Verwaltungsrücksichten zu einer „municipality“ zusammengelegt worden sind. Das witthschaftliche Gedeihen aller direkt der englischen Krone unterworfenen Theile

lionen Menschen, beruht daber im Großen und Ganzen auf dem Er⸗ trag der Feldfrüchte; bleibt im Laufe des Jahres der Regenfall auch nur um wenige Zoll hinter der Normalhöhe zurück. so siedt diese ge⸗ waltige Bevölkerung den härtesten Entbehrungen, den ernstesten Ge⸗ fahren sich ausgesetzt. Und nicht genug damit! Das übervölkerte, von regelmäßig wiederkebhrenden Hungersnöthen heimgesuchte Land muß allen gesunden nationalökonomischen Prinzipien zutrotz, die ko⸗ ossale Einfuhr von Solischen Iuduftrie Grzengnifsen fast ausschließlich

krten des Ackerbaus bezablen. ] ] Produktene dee⸗ hat ein derartiges oder ähnliches ungünstiges Verhältniß nicht immer vorgewaltet. Als im Laufe des sechszehnten Jahrhunderts die ersten europäischen Händler die Malabarküste er⸗ reichten, fanden sie dort eine Industrie vor, welche mindestens ebenso entwickelt, wie die in ihrer Heimath war. In der Fabrikation von Kattun⸗ und Seidenstoffen, in der Herstellung von Mosaik⸗, Gold⸗ und Silberarbeiten blieb Indien bis Anfang des vorigen Jahr⸗ hunderts unübertroffen, und erst spät ist es gelungen, die hoch entwickelte und exvortfähige Weberei jenes Landes welche nicht nur den eigenen Bedarf der Eingebornen röllig be · friedigte, sondern fast die ganze Welt mit „Calicoes“ und „Musse⸗ linen“ versorgte, zu Grunde zu richten oder wenigstens auf die nitdrige Stufe einer Haus⸗ und Kleinindustrie hinabzudrücken... .. Bis gegen Ende des siebzehnten Jahrhunderts empfing Eng⸗ land wie das übrige Europa seinen Bedarf an Kattunstoffen oder „Calicoes“ lediglich aus Indien, von dessen Hauptstadt Kalkutta dieser Bekleidungsstoff bekanntlich seinen englischen Namen erhalten hat. Nachdem man jedoch 1676 begonnen hatte, in England selbst Baumwollenspinnereien zu errichten, wurde, um die im Entstehen begriffene neue Industrie zu fördern, das Tragen von importirtem Kattun in Großbritannien bei schwerer? und dieses absolute Verbot nicht etwa ein bloßer ausdrücklich betont werden muß ist mwähbrend des zehnten Jahrhunderts aufrecht erhalten worden erst beseitigt, nachdem durch die epochemachende Erfindu Arkwrigbt's und durch die Einführuns der Dampfmaschine als Betriebsmotor der Vortheil der billigeren Produktion Manchester und Liverpool endgültig gesichert war. Aber die Ve. des heimischen Marktes und eines großen Theiles der übrigen Welt mit „cotton piece goods“ genügte den Engländern, als sie ieses Ziel erreicht batten, noch keineswegs; sie wollten und mußten auch den Markt des Stammlandes der Baumwollenweberei erobern. Eine passende Gelegenheit, um den tödtlichen Schlag gegen die noch immer blühende, noch immer die großen Massen der Bevölkerung mit Be⸗ kleidungsstoffen versehende indische Handweberei zu führen, fand sich bei Erneuerung des Privilegiums der Ostindischen Compagnie im Jahre 1833. Die Gültigkeitsdauer des alten Freibriefes wurde nur unter der Bedingung um zwanzig Jahre ver⸗ längert, daß die Gesellschaft ihrerseits auf jeden Handels⸗ und Fabrikationsbetrieb für eigene Rechnung verzichtete. Die unmittel⸗ bare und beabsichtigte Folge dieser tiefeingreifenden Maßregel war die sofortige Aufgabe und der Verfall aller jener Weberkolenien in Beng

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len und an der Coromandelküste, in denen bis dahin die indische Compagnie von einheimischen Arbeitern Stoffe für ihren Handelsbedarf hatte anfertigen lassen, und die gleichzeitige rapide Zu⸗ nahme des Imxvorts von englichen Kattunstoffen aus Manchester. Während der vier Jahre 1840 bis 1844 hatte der letztere bereits einen jährlichen Durchschnittswerth von 3 Millionen Pfund Sterling erreicht und stiegs nun unaufhaltsam von Jahr zu Jahr, bis endlich 1878 der Werth der in Indien aus England eingeführten Baum⸗ wollenwaaren die kolossale Ziffer von über 400 Millionen Mark er⸗ rücksichtslosen Verfolgung der indischen Handweberei en sich übrigens die englischen Fabrikanten und Kaufleute keines⸗ egs begnügt. Im Jahre 1854 war nämlich mit englischem Kapital te Baumwollenspinnerei in Bombay angelegt worden, und Industrie, die trotz mannigfacher Nacktheile den Vortheil beitslöhne, der Nähe des Rohprodukts und eines auf⸗ „Marktes für sich hatte, gedieh unter dem schwachen

5 % ad valorem betragende Finanzzoll

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der 5 % te baumwollene Gewebe immerhin gewährte, so vor⸗ ß 1879 bereits 58 Baumwollfabriken in Indien be⸗ .Hätte man dieser neuen Branche der nationalen Güter⸗ produktion Zeit zur Entwickelung gegönnt, so würde sie wahrscheinlich in einer nahen Zukunft wenigstens die gröberen unter den einge⸗ führten englischen Stoff⸗ und Garnsorten aus dem Felde geschlagen haben. Selbst ein so bescheidenes Ziel glaubte indessen das unter dem Schutz des Prohibitivsystems großgewordene Manchester seinen kleinen indischen Konkurrenten (in ganz Indien gab es 1879 wie schon erwähnt 58 Baumwollfabriken mit etwa 1 ½ Millionen Spindeln, in der einzigen englischen Grafschaft Lancasbire, in der Manchester liegt, dagegen 1872 bereits 1789 Fabriken mit 27 Mil⸗ lionen Spindeln) nicht erreichen lassen zu dürfen. Es erhob sich, von der Freihandelspartei angefacht, der übliche Sturm der Entrüstung in der englischen Presse und 8

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englisch im Parlament gegen die indische Re⸗ gierung, und die letztere, die bekanntlich neben der in vielen Landes⸗ theilen nahezu unerschwinglich hohen Grundsteuer ihre Haupt⸗ einnahmen aus dem Opium⸗ und Salzmonovpol bezieht, mußte, trotz⸗ dem sie die 900 000 Tf, welche der unbedeutende Finanzoll jäbrlich einbrachte, vortrefflich hätte brauchen können, widerstrebend auf die Forterhebung desselben verzichten“*) und dafür die Grundsteuer erhöhen. Dabei haben es die indischen Gegner dieser verkehrten Maßregel an rechtzeitigen Anstrengungen, sie zu vereiteln, keineswegs fehlen lafsen. Shoshee Chunder Dutt, ein England nicht abgeneigter indischer Rechtsgelehrter, richtete gegen dieselbe bereits im September 1876 einen interessanten Aufsatz in „Fraser’'s Magazine“, in dem u. A. fol⸗ gende charakteristische und noch heute beachtenswerthe Ausführungen ent⸗ halten sind: Wie wäre der Verlust dieser Summe (jenes oben erwähnten Einfuhrzolles) wieder einzubringen? Manchester läugnet, daß es den Interessen Indiens antagonistisch gegenüberstehe; nun weiß es aber zZanz genau, daß die finanzielle Einbuße, welche wir durch te Be⸗ seitigung des Zolles erleiden würden, nur durch direkte teuern, welche vom Volke sicherlich bitter empfunden und beklagt werden vürden, gedeckt werden könnten; wenn es dennoch so eifrig nach iner Konzession dieser Art strebt, so scheint es thatsäͤchlich zu verlangen, daß sein eigener Vortheil, nicht der Indiens, als von ausschlaggebender Wichtigkeit angesehen werden olle. ‚Unsere Meinung ist, daß die Einfuhrzölle, fern davon, erniedrigt zu werden, bedeutend erhöht werden müßten, bevor die Salzsteuer er⸗ höbt oder eine Einkommensteuer wieder eingeführt wird. Es ist einfach absurd, daß eine der berechtigtsten und ertragreichsten Ein⸗ nahmequellen neu regulirt werden soll, nicht nach den Bedürjaissen der indischen Regierung oder nach den Wünschen des indischen Volkes, sondern nach der Gier englischer Handelsleute, die ihren Profit ver⸗ größern wollen“ Das war wahr gesprochen, Wort für Wort, 1 es half selbstverständlich nichte; Manchester war stärker, als alle Gründe der Vernunft und die Regierung von Indien zusammen⸗ genommen, und Manchester hat notürlich auch gesiegt. Die Lbatsache, daß die Bewohner des übervölkerten Indien den

Die Thatsache, daß die Bewohr größten Theil ihrer Kleidungsstoffe und viele andere Ver rauchs⸗ gegenstände heutzutage aus England beziehen und mit produkten bezahlen, läßt sich nicht in Abrede stellen, auch . Ar⸗ den Hinweis darauf, daß auch gegenwärtig noch einige Gewerbe, ür. z. B. die Anfertigung von Metallgefäßen, sich in Indiern gedeihlichem Zustande befinden, und daß auch jetzt noch in; zra, Delbi und Benares einige tausend Kunsthandwerker für das Bedürf⸗ niß der wenigen reichen Inder und einiger das Land Touristen zierliche Mosaik. Gold⸗ und Silberarbeiten, E beinschnitzereien oder geschmackvolle Gewebe anfertigen. Die in Indien lebenden Engläuder freilich pflegen den Fremden mitV Vorliebe auf das „noch immer blühende indische

*) Der gegenwärtig in Indien noch bestehende Zoll auf gewisse Gewebe aus den höchsten Baumwollgarnnummern ist für den Massen⸗

wenn sie dem Vorwurfe begegnen wollen, daß die einheimische Industrie unter der Herrschaft des britischen Freihandelssvstems zu Grunde gerichtet worden sei. Aber der Hinweis ist völlig hinfällig, und der Besuch der indischen Bazars, der Eintritt in den ersten besten Kaufladen des Landes würde, selbst wenn die erdrückenden Ziffern der Statistik nicht wären, Jedem überzeugend darthun, eine wie unbedeutende Rolle die einheimischen Industrie⸗Erzeugnisse lauf den indischen Märkten heutzutage spielen Mit Recht bemerkt daber der schon einmal citirte Chunder Dutt in seinem Buch „India, past and present : „England hat Freihandel in Indien eingeführt, und der Verkehr ist bedeutend vermehrt worden. Free trade hat jedoch seine Vortheile und seine Nachtheile. Er hat Indien in einen ausgedehnten Markt verwandelt, aber nur für englische Güter, zum Schaden der einheimi⸗ schen Waaren, welche mit ihren Mitbewerbern nicht unter gleichen Bedingungen konkurriren können, und dies hat schwere Nothstände unter den Handwerkerklassen des Landes verursacht, ganz besonders, weil sie in Folge der Kastenvorschriften ihre Beschäftigungen nicht so leicht wie ähnliche Klassen in anderen Ländern wechseln können.

Kunstgewerbe“ hinzuweisen,

Kunst, Wissenschaft und Literatur. buch der Königlich Kunst⸗ * (Berlin, G. Grote'sche Verlagsbuchhandlung) brinat in dem kürzlich erschienenen 3. Heft VI. Bantes, außer den schon mitgetheilten amtlichen Nachrichten, unter dem Titel „Aus der Gemälde⸗Galerie der Königlichen Museen“ eine Arbeit von Julius Mevyer über das im vorigen Jahre für die Galerie erworbene Bild⸗ niß des Hieronvmus Holzschuher von Albrecht Dürer. Ueber die Er⸗ werbung, die im Anfang unseres Jahrhunderts vorgenommene ver⸗ fehlte Restauration und die hier besorgte Herstellung des Hintergrundes ist schon früher berichtet worden. Dagegen enthält der Aufsatz alles Wissenswerthe über die Persönlichkeit des Dargestellten sowie über die Geschichte des Bildes. Der Arbeit ist eine von der Reichsdruckerei angefertigte, prachtvolle heliographische Nachbildung beigeheftet sowie zwei Facsimile⸗Hochätzungen der Inschrift und des Monogramms von Albrecht Dürer beigedruckt. In demselben Heft beginnt Karl Frey Studien zu Giotto di Bondone. Für die Chro⸗ nologie der Werke und damit die Erkenntniß des Entwickelungsganges dieses Künstlers ist, wie der Verf. in der Einleitung hervorhebt, noch nicht viel geschehen; noch immer bieten Crowe’s und Caval⸗ caselle’'s „Geschichte der italienischen Malerei“ die einzige Quelle. Der Verf. hat nun versucht das vorhandene Material zu ordnen und auf seinen historischen Werth zu prüfen, wobei sich mancherlei neue Gesichtspunkte und .

preußischen

z1 stilistische Beobachtungen Hermann Grimm setzt seine Studien über Raphael fort. In der vII. Studie untersucht derselbe die verschiedenen Bildnisse, welche für Porträts des Malers gelten und prüft namentlich die Ansicht, welche Prof. Welcker in Halle in dem „Archiv für Anthropologie vertreten hat, indem dieser mit Zuhülfenahme des Schädels Raphaels den Beweis zu führen suchte, daß das bekannte Bildniß in der Pinakothek zu Muͤnchen nicht den Kopf des Künstlers darstellen könne. Grimm bespricht nach einander das Porträt auf dem Freskobilde der „Schule von Athen“, das „Bindo Altoviti“ genannte Münchener, sowie das Florentiner Porträt und erklärt sich mit dem von Welcker aus der Dreiviertelstellung des Münchener Porträts künstlich durch Umzeichnung konstruirten Profil (in welches dann zum Vergleich die Profilansicht des Schädels ein⸗ gepaßt ist) nicht einverstanden, bält vielmehr daran fest, daß Raphael sich selbst darauf dargestellt haben könne. Von der eben erwahnten, im Auftrage Welckers besorgten Profil⸗Umzeichnung mit Schädel⸗ umriß ist dem Aufsatz eine Hochätzung eingedruckt. Ferner ist dem⸗ selben ein schöner Lichtdruck nach dem Münchener Bildniß beigebeftet. Am Schluß beschreibt A. von Heyden einen bronzenen romanischen Leuchter, welchen das Berliner Kunstgewerbe⸗Museum erworben hat. Dieses originelle kleine Kunstwerk stellt einen Reiter dar, der in voller Rüstung mit eingelegter Lanze, den großen Schild vor der Brust, auf den Feind sprengt. Aus dem Rücken des Reiters wächst in überaus naiver Weise der Leuchterarm heraus, der auf vierblättriger romani⸗ scher Blume den Dorn für die Kerze trägt. Wahrscheinlich war ein Gegenstück dazu vorhanden. Die ganze, lebendig bewegte Gestalt läßt vermuthen, daß eine zweite gleiche oder ähnliche Fieur den Gedanken des Lanzenkampfs zum Ausdruck brachte. Die Lanze ist leider verloren gegangen, aber leicht zu ergänzen. Das kleine Werk reiht sich wegen seiner vortrefflichen Ausführung und guten Erhaltung sowie der präzisen Darstellung aller kostüm⸗ lichen Eigenthümlichkeiten den seltensten und lehrreichsten Resten der Vorzeit an. Was Zeit und Ort der Entstehung betrifft, so entschei⸗ det sich der Verfasser für die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts und meint, daß man, wie Vergleiche wahrscheinlich

machen, den Verfertiger in den Nordlanden zu suchen haben dürfte. Dem Aufsatz sind zwei vortreffliche farbige Heliogravuren beigefügt, welche das beiderseitige Bild des Leuchters geben.

Veterinärwesen.

Die Maul⸗ und Klauenseuche, welche im vergangenen Winter in Budapest unter dem Hornvieh stark aufgetreten war, hat neuerdings unter den Rindviehbeständen in der Umgegend von Budapest größere Verbreitung genommen.

Gewerbe und Handel Nach der im „Berggeist“ veröffentlichten Zusammenstellung der Produktion der Eisenhüttenwerke des Ober⸗Bergamtsbezirks Dortmund im II.; al 1885 wurden daselbst produzirt; an Roheisen 287 816 t 8 I. Quartal 1885 + 14 526 t), Schweißeisen 132 251 (— 1 t, Flußeisen 211 751 (— 20 628) t. Die Stargard⸗Küstriner Eisenbahn hat in dem mit dem 31. März beendeten Geschäftsjahr 1884/85 einen Betriebeüber⸗ schus von 198 611 erzielt, von welchem, ach Abschreibung von 48 354 für den Reserve⸗ und Erneuerungsfonds, die Summe von 150 257 disponibel blieb. Aus diesem Gewinnbetrage werden 3461 für Eisenbahnsteuer, 135 000 für Dividende (4 ½ % auf die Stamm⸗Prioritäten im Nominalkapital von drei Millionen Mark) und 11 796 als Vortrag auf neue Rechnung verwendet. Die Ge⸗ sellschaft besitzt einen Erneuerungsfonds von 22 280 baar und 85 100 Effekten, sowie einen Reservefonds von 174 baar und 15 200 Effekten. Die von der Stargard⸗Küftriner Eisenbahngesellschaft betriebene Bahn Glasow Berlinchen hat im letzten Geschäftsjahr einen Betriebsüberschuß von 31 163 erzielt, von welchem zunächst 8118 dem Erneuerungs⸗ und Reservefonds zugeführt werden; als Dividende auf die Stamm⸗Prioritäten werden 21 375 vertheilt (4 ½ %), während an Eisenbahnsteuer 548 zu zahlen waren und 1122 auf neue Rechnung vorgetragen werden, Der Erneuerungsfonds dieser Gesellschaft beläuft sich auf 9400 ℳ8 in Effekten und 304 baar, der Reservefonds enthält 1250 Fffekten und 122 baar. 889 ö Baumwollen⸗ Wochenbericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 2000 B., Aus⸗ fuhr nach Großbritannien 5000 B., Ausfuhr nach dem Kontinent 4000 B., Vorrath 223 000 B Submissionen im Auslande. Ungarn. 1. September, Mittags. Budapef Bau eines ständigen Parlamentsgebäud gebäudes incl. Materialfen⸗Lieferung. Gulden. Nähere Angaben zur Einsicht in „Deutschen Reichs⸗Anzeigers“. Verkehrs⸗Anstalten. Stettin, 25. Juli. (W. T. B.) Der Stettiner Lloyd⸗ dampfer „Katie“ ist, von Stettin kommend, gestern wohlbehalten in New⸗York eingetroffen. 1 B 8 ven g—8 Juli. (W. T. B.) Der Postdampfer „Borussia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Akriengesellschaft

st. Exekutiecomité für den es. Bau Parlaments⸗ Voranschlag 12 Millionen der Expedition des

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2 . 152 5 I&; o Beg verbrauch und somit auch als Schutz⸗ und Finanzzoll ohne jede Be⸗

von Indien, die Ernährung und Existenz von mehr als 200 Mil⸗

deutung

ist, von Hamburg kommend, am 14. d. in 1 2* 8 7 5 z * Kap Hayti eingetro Der Postdampfer „Wieland“” der⸗