fort, und zwar wurde vom Etat des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Ange⸗ legenheiten, dauernde Ausgaben Kap. 116 a berathen.
Der Abg. Dr. Lieber führte Beschwerde darüber, daß den Altkatholiken in Wiesbaden die Benutzung einer römisch⸗ katholischen Kirche eingeräumt sei.
Der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten, Dr. von Goßler, erklärte, daß die Regierung lebhaft die Beseitigung des Streits zwischen den] römisch⸗katholischen und altkatholi⸗ schen Gemeinden wünsche. Dieselbe werde es auch an Be⸗ 12 nicht fehlen lassen, um die Parteien zu einem friedlichen Abkommen zu veranlassen.
Der Abg. Lehmann hielt es ber ein Unrecht, daß die schöne große katholische Kirche Wiesbadens durch Ueberlassung an die kleine altkatholische Gemeinde für die römisch⸗katholische Gemeinde unbenutzbar gemacht worden sei.
Der Abg. von Eynern sprach seine Verwunderung darüber aus, daß trotz der friedlichen Erklärungen, welche der Abg. Windthorst abgegeben habe, der alte Kulturkampfsstreit wieder aufs Neue ausgebrochen sei. Indem die Centrumspartei allen Beschwerden des Polenthums ihre Unterstützung leihe, setze sie sich direkt in Widerspruch mit dem Auslassungen, welche der Bischof Kopp im Herrenhause gemacht habe. Man beabsichtige vielleicht damit, die friedlichen Ver⸗ handlungen, die gegenwärtig schwebten, zu stören. Der Kurie sei es sicher Ernst mit ihren Bestrebungen zur Her⸗ stellung des Friedens; aber es seien Elemente vorhanden, welche dieselben zu stören trachteten. Er fordere alle die Männer, die auch in der Centrumspartei dahin strebten, einen Frieden mit dem Staate zu machen, auf, sich loszusagen von dem — Windthorst, dem Führer des intransigenten Welfen⸗ thums.
Der Abg. Dr. Freiherr von Schorlemer⸗Alst erwiderte, daß der Abg. Windthorst sich lediglich darauf beschränkt habe, mit Unrecht angegriffene Männer in Schutz zu nehmen. Von dem Abg. Windthorst werde sich die Centrumspartei niemals trennen. Er beantrage, daß über das Kapitel eine gesonderte Abstimmung vorgenommen werde.
Der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten, Dr. von Goßler, brachte eine Reihe von Aktenstücken zur Verlesung, um die Bemühungen der Königlichen Staatsregierung für die Herbeiführung eines friedlichen Abkommens zwischen den streitenden Gemeinden darzuthun.
Der Abg. Dr. Windthorst führte aus, daß er mit seiner Erklärung nicht habe sagen wollen, daß die Centrumspartei auf alle gerechten Beschwerden verzichten wolle. Er habe lediglich konstatirt, daß die gegen zwei Männer erhobenen Beschul— digungen unberechtigte seien. Es sei ein vergebliches Bemühen, einen Widerspruch zu konstatiren zwischen der Centrumspartei und dem Episkopat. Er werde niemals etwas gutheißen, was das Zustandekommen des Friedens stören könnte.
Der Abg. Spahn verlas sodann eine Reihe von Stellen aus dem Buche eines Königsberger Professors der Theologie, welche gehässige Urtheile über den Katholizismus enthalten sollten.
Der Abg. Graf Limburg⸗Stirum meinte, daß sich der— artigen Urtheilen auch gehässige Urtheile katholischer Schrift⸗ steller über die evangelische Kirche entgegenstellen ließen. Er Kagaccs sich, das zu thun, denn man fördere damit den Frie⸗ den nicht.
3 Der Abg. Theissing verwahrte sich gegen die Beschuldigung, den Kulturkampf wieder angefacht zu haben. —
Bei Schluß des Blattes sprach der Abg. von Eynern.
— Die Vorlesung eines Abschnitts der „Thora“ (des Pentateuchs) vor versammelter jüdischer Gemeinde im An⸗ schluß an vorausgehendes und nachfolgendes Gebet ist, wenn die betreffende Gemeinde thatsächlich diese Thora⸗Vorlesung
als einen Bestandtheil ihres Gottesdienstes auffaßt, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Strafsenats, vom 7. Ja⸗ nuar d. J, auch rechtlich als ein Theil des jüdischen Gottes⸗ dienstes zu erachten, und eine Störung dieser Thora⸗Vor⸗ lesung als Störung des Gottesdienstes aus §. 167 des Str.⸗G.⸗B. zu bestrafen.
— Der Disziplinarhof für nichtrichterliche Beamte trat heute zu einer Sitzung zusammen.
— Der hiesige französische Botschafter, Baron de Cour cel, hat Berlin auf einige Zeit verlassen. Während seiner Ab⸗ wesenheit fungirt der Botschafts⸗Rath Raindre als interimisti⸗
scher Geschäftsträger.
— S. M. Kreuzer „Nautilus“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän Rötger, ist am 10. März cr. von Shanghai nach Amoy in See gegangen.
Stettin, 9. März. In der heutigen 2. Sitzung des 12. pommerschen Provinzial⸗Landtages, welche um 1 Uhr eröffnet wurde, erfolgte zunächst die Wahl des Amts⸗ gerichts⸗Raths und Landschaftssyndikus Krause zu Stolp zum Mitgliede des Provinzial⸗Ausschusses an Stelle des ausgeschiedenen Justiz⸗Raths Puchta zu Bütow, sowie von Mitgliedern und Stellvertretern der Bezirks⸗ Kommissionen für die klassifizirte Einkommensteuer in den Re⸗ gierungsbezirken Köslin, Stettin und Stralsund. Demnächst gelangte zur Verhandlung die Petition der Magistrate und der Stadtverordneten der Städte Pollnow, Bublitz, Polzin, betreffend den Bau einer Eisenbahn in der Richtung von Zollbrück nach Schivelbein über Pollnow, Bublitz, Bärwalde, Polzin auf Kosten des Staates, welche in Uebereinstimmung mit dem Antrage der Kommission, in Anerkennung der schlechten wirthschaftlichen Verhältnisse und der mangelhaften Verkehrsmittel der betreffenden Gegen⸗ den, der Königlichen Staatsregierung zur Berücksichtigung empfohlen wurde. Hieran schloß sich der Vortrag verschiedener Rechnungssachen, welche sämmtlich kein besonderes Interesse boten und bei denen die nachgesuchte Entlastung ertheilt wurde, sowie mehrfacher Petitionen von Provinzialbeamten bezw. Hinterbliebe⸗ en derselben um Gewährung außerordentlicher Unterstützungen, bezw. von Mitgliedern der Feuer⸗Sozietät für die Provinz Pommern um anderweitige Regulirung der erlittenen Brand⸗ ntschädigungen bezw. um Gewährung von Brandvergütigun⸗
en, bei denen die gestellten Anträge zwar meist berücksichtigt wurden, bei denen indessen besondere Umstände und Gesichtspunkte nicht zur Verhandlung traten. Dagegen wurde über die Petition des Magistrats zu Polzin, ggerichtet auf die Gründung einer Pommerschen Provinzial⸗ Anstalt behufs ver ofcunß der Hinterbliebenen der städtischen Gemeindebeamten, zu welcher sich indessen nur 29 Städte zu⸗ stimmend, 39 dagegen ablehnend und 7 abwartend bezw. unbestimmt erklärt hatten, nachdem die Abgg. von Reiswitz, Kummert und Schultze auf das Segensreiche der angestrebten Einrichtung, die Abgg. Haken und von Vahl dagegen auf die
4 — 82 8 86
berufen werden.
große Schwierigkeit, die große der Provinzial⸗Verwaltung er⸗ wachsende Arbeitslast sowie die sinanziellen Opfer in längeren Vorträgen hingewiesen hatten, in Uebereinstimmung mit dem Vorschlage der Kommission zur Ta esordnung übergegangen. — Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
Württemberg. Stuttgart, 8. März. Das Geburts⸗ fest des Königs wurde, wie der „St.⸗A. f. W.“ aus Nizza erfährt, daselbst im Familienkreise gefeiert. Se. Majestät nahm Morgens die Glückwünsche der Personen der Umgebung ent⸗ gegen. Von Cannes waren zur Beglückwünschung der Groß⸗ herzog und die Großherzogin von Mecklenburg⸗ Schwerin sowie der Prinz von Wales eingetroffen, welche mit dem Prinzen Herrmann zu Sachsen⸗Weimar und dem Herzog Georg von Leuchtenberg am Familien⸗ frühstück theilnahmen. — Der König empfing während des Tages theils auf schriftlichem, theils auf telegraphi⸗ schem Wege zahlreiche Glückwünsche von Souveränen und anderen Fürstlichen Personen sowie von Behörden, Korpo⸗ rationen, Gemeinden und von Gesellschaften, die sich zur Feier des Tages versammelt hatten. In Nizza fanden sich die Spitzen der Staats⸗ und Gemeindebehörden sowie die Ihren Majestäten vorgestellten Personen der Ein⸗ wohnerschaft und der Fremdenkolonie in der Villa Boutau ein, um sich bei dem König einzuschreiben, welcher auch mit prachtvollen Blumenspenden erfreut wurde. — Aus Anlaß des Allerhöchsten Geburtsfestes wurde auch in diesem Jahre einer gerem Anzahl Strafgefangener Begnadigung zu Theil; ferner hat der König wie alljährlich an diesem Tage die unter der besonderen Fürsorge der Königin stehenden Armen⸗ und Krankenanstalten mit reichen Gaben bedacht; auch wurden zur Feier des Tages die unbemittelten Besucher der beiden hiesigen Volksküchen auf Kosten der Königin gespeist.
Baden. Karlsruhe, 8. März. Heute Vormittag wurde ein Extrablatt der „Karlsruher Zeitung“ mit folgendem Bulletin über das Befinden des Erbgroßherzogs ausgegeben:
Seit gestern in der Frühe trat eine Beklemmung nicht mehr ein und verlief sowohl der gestrige Tag als die heutige Nacht befriedi⸗ gend. Auch in den inneren Veränderungen zeigt sich eine Besserung, nur deuten Fieber und das Wiederanschwellen des rechten Hand⸗ gelenks an, daß der rheumatische Prozeß noch anhält.
Dr. Tenner.
Geheim⸗Rath Kußmaul, welcher am Sonnabend Abend hier eintraf, ist heute Mittag nach Straßburg zurückgekehrt.
— 9. März. (Karlsr. Ztg.) Das heute 10 Uhr erschienene Bulletin lautet:
Gelenkschmerzen und Fieber verliefen gestern unter Schwankun⸗ gen. Eine am Nachmittag sich einstellende Steigerung der Tempera⸗ tur ermäßigte sich gegen Abend, und hatte Se. Königliche Hoheit eine ruhige und schlafreiche Nacht. Die inneren Veränderungen nahezu auf demselben Stande wie gestern. Beklemmungsanfälle traten nicht auf. Dr. Tenner.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 9. März. (Th. C.) Der Großherzog und die Großherzogin werden am Sonnabend nach Italien abreisen. — Die Frau Prinzessin Marie Reuß ist in der vorigen Woche in Wien an den Masern erkrankt. Die bisher eingegangenen Nachrichten lauten glücklicherweise durchaus günstig.
Dr. Freiherr von Groß, Chef, des Ministerial⸗Departe⸗ ments des Invurn und Aeußern, ist zum Wirklichen Geheimen Rath mit deronwaenprädikat“ Excellgaz“ ernannt worden.
Wie man ttheilt, wird nach dem Schluß der Landtags⸗ Session, die im Herbst stattfindet, die Landessynode ein⸗
8 1““ 8
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 8. März. (Wien. Abdp.) In Folge der kurzen Pause in der Thätigkeit des Abgeord⸗ netenhauses haben auch die Berathungen der Ausschüsse eine mehrtägige Unterbrechung erfahren. Nur der Budget⸗ ausschuß tritt schon am Donnerstag, den 11. d. M., wieder zusammen, um die Berathung des Staatsvora nschlages zum Abschluß zu bringen.
Pest, 8. März. (Prag. Ztg.) Im O berhause wies der Finanz-⸗Minister heute nach, daß der Staatshaushalt nunmehr dahin angelangt sei, daß die ordentlichen Ausgaben aus den Einkünften gedeckt werden könnten. Bei dem Prä⸗ liminare seien nur solche Summen eingestellt, deren Einlauf bestimmt zu erwarten sei. Der Staatskredit habe sich we⸗ sentlich gebessert; die Regierung dürfe dem Lande die Mög⸗ lichkeit seiner Entwickelung nicht entziehen, wolle aber die Investitionen thunlichst beschränken. Der Minister⸗Prä⸗ sident erörterte die finanzielle Lage des Jahres 1873 und wies nach, daß die fusinnirte Partei das von ihr auf⸗ gestellte Programm ersülle. Am drückendsten belaste den Staat, wie überhaupt alle europäischen Staaten, der Heeres⸗ aufmand, doch würde es weder staatsmännische Einsicht noch patriotische Gesinnung zugeben, daß die Wehrkosten, so lange die heutigen Verhältnisse in Europa beständen, nur deshalb reduzirt würden, um kein Defizit mehr zu haben. Auch andere Kosten könnten nicht einfach gestrichen werden. Die Regierung selbst habe die Inittative zur Einschränkung der Investitionen ergriffen und werde Kreditüberschreitungen vermeiden. Die Ausführungen des Ministers wurden mit großem Beifall aufgenommen.
Großbritannien und Irland. London, 10. März. (W. T. B.) Das Unterhaus lehnte in seiner heutigen Sitzung den Antrag Dillwyn's auf Entstaatlichung der Kirche im Fürstenthum Wales mit 241 gegen 229 Stimmen ab. Der Schatzkanzler Harcourt hatte den Antrag bekämpft und dabei namentlich hervocgehoben, daß die kirchliche Frage im Fürstenthum Wales von der kirchlichen Frage in England überhaupt nicht getrennt werden könne, und daß bezüglich der letzteren der Premier Gladstone während der jüngsten Parlamentswahlen erklärt habe: sie solle in diesem Parlament nicht aufgeworfen werden.
Frankreich. Paris, 7. März. (Köln. Ztg.) Das „Jour⸗ nal officiel“ veröffentlicht heute den Vertrag mit Mada⸗ gaskar. Hr. de Freyecinet telegraphirte sofort nach der gestrigen Senatssitzung an seine Vertreter in Tamatave den Befehl, den Vertrag zu ratifiziren. Alle Förmlichkeiten müssen bis zum 17. d. beendigt sein, und die Zeit ist knapp abgemessen, da der Telegraph nur bis Zanzibar geht und der ministerielle Befehl von dort zu Schiff weiterbefördert werden muß. — Der Finanz⸗ Minister wird zur Deckung des Defizits von 1887 die Umwandlung einer 89. bald verfallener Staats⸗ schulden in 3 prozentige tilgbare Schuld bewirken, um so
Vormittag
die in der nächsten Zeit zu machenden jährlichen Rückzahlun⸗
gen zu verringern. Da dies aber nicht genügt, um die Aus⸗ gaben zu decken, so hat derselbe beschlossen, r auf den Alkohol zu legen, die ungefähr 50 bis 60 Mil⸗ lionen einbringen wird.
— 8. März. (K. Ztg.) Ein Theil der aus Tongkin zurückkommenden Truppen ist gestern in Algier eingeschifft worden. — Das amtliche Blatt veröffentlicht ein Dekret, durch welches der Dienst der unterseeischen Verthei⸗ digungswerke und der Torpedos organisirt wird.
— (Fr. C) Der „Temps“ bringt folgende Note: „Man hat behauptet: der Kriegs⸗Minister beabsichtige, in diesem Jahre einen Mobilmachungs⸗Versuch anzustellen. Wie wir bereits gemeldet haben, ist diese v. falsch.
Im Ministerrath ist keine Rede von einem Mobilisirungsvera⸗
such gewesen. Allein der Kriegs⸗Minister kündigt
den allgemeinen Bestimmungen für die Herbstmanöver an, daß im nächsten Jahre gewisse Präliminarien zur Mobil⸗ machung vorgenommen werden sollen, so die Requirirung von Pferden und Wagen. An einen eigentlichen Mobilisirungs⸗ versuch ist Angesichts der Unzukömmlichkeiten, welche die Unterbrechung der Eisenbahnzüge in einer bestimmten Gegend verursachen würde, nicht zu denken.“
— 9. März. (W. T. B.) Der Ministerrath beschäftigte sich heute Morgen mit den Arbeiterverhältnissen in Decazeville. Nach den dem Minister des Innern vor⸗ liegenden Berichten hat sich die Lage daselbst gebessert.
Eine Depesche aus Saigon, vom heutigen Tage, theilt mit, daß die Aufständischen in der Umgegend von Tourane einen Kapitän und zehn Soldaten getödtet haben und bis Quinhone vorgerückt sein sollen; eine amtliche Bestätigung liegt jedoch bisher nicht vor.
Türkei. Konstantinopel, 10. März. (W. T. B.) Die Cirkularnote der Pforte vom 6. d. M. erklärt: die Türkei bleibe dabei, Griechenland keinerlei Konzes⸗ sionen zu machen. Es könnten also auch über solche Kon zessionen gemäß den früheren Erklärungen der Pforte keine Verhandlungen stattfinden.
Amerika. New⸗York, 7. März. (Allg. Corr.) Der
Senat hat die Bill über das Erziehungswesen an⸗
genommen, welche 79 000 000 Dollars aus den Ueberschüssen der Staatseinkünfte zur Vertheilung während der nächsten 8 Jahre unter die verschiedenen Staaten und Territorien zu Gunsten des Elementar⸗Unterrichts bewilligt. Ein jeder Staat hat einen gleichen Beitrag oder mehr aus seinen eigenen Mitteln zu demselben Zweck beizutragen.
Asien. Persien. Teheran, 8. März. Nasser⸗el⸗Mulk, der Minister der gelegenheiten, ist zum Gouverneur der Provinz Khorassan ernannt worden. In seinem bisherigen Amt wurde derselbe durch Mushir⸗ed⸗dowleh, den Bruder des früheren Premier⸗Ministers Sadr Aazem, ersetzt.
Afrika. Egypten. (Allg. Corr.) Aus Kairo wird dem „Reuterschen Bureau“ unter dem 8. d. telegraphirt: „Entgegen der Meldung in einem heutigen Londoner Morgen⸗ blatt ist es nicht Thatsache, daß Sir H. D. Wolff bereits endgültige Instruktionen erhalten hat, Wady Halfa als die Grenze sowie die Ersetzung britischer Truppen durch egyptische vorzuschlagen. Es ist indeß nicht unwahr⸗ scheinlich, daß die britischen Truppen aus klimatischen Grün⸗ den eventuell nach Unter⸗Egypten zurückgezogen werden. — Es verlautet, daß die Meinungsverschiedenheit, welche zwischen Sir H. D. Wolff und Mukhtar Pascha in Bezug auf die Offi⸗ ziere in den zwei neuen Bataillonen für Suakim be⸗ stand, beigelegt worden ist, da der ottomanische Spezial⸗ Kommissär der Ernennung von 11 britischen Offizieren seine Zustimmung ertheilt hat.“
(Allg. Corr.) auswärtigen An⸗
Zeitungsstimmen.
Neben der Petition des Aachen⸗Burtscheider Grund⸗ und Hausbesitzervereins hatte, wie die „Aachener Volks⸗ zeitung“ meldet, dessen Vorsitzender, Hr. L. vom Hofe, u. d.
6. 9. eine Eingabe an den Reichskanzler Fürsten Bismarck gesandt, in welcher derselbe über die Ungleichheit der be⸗ stehenden Besteuerung lebhaft Klage führte. Darauf erhielt der Genannte nachstehende Antwort:
Die in Ew. Hochwohlgeboren Eingabe vom 16. d. M. ent⸗ haltenen Beschwerden über die Ungleichheit der bestehenden direkten Bestenerung halte ich für wohl begründet; die Abhülfe ist aber nur möglich, wenn durch Vermehrung der indirekten Einnahmen des Reiches den Einzelstaaten die Möglichkeit gewährt wird, für ihre unabweisbaren Bedürfnisse anderweite Deckung zu beschaffen. Die verbündeten Regierungen haben wiederholte, aber bisher erfolglose Versuche gemacht, auf diesem Wege zu einer Ausgleichung der be⸗ stehenden Steuerlasten zu gelangen. Sie haben dieselben gegenwärtig erneuert durch ihre Anträge auf höhere Besteuerung des Branntwein⸗ genusses in Gestalt des Monopols und müssen abwarten, ob die Mehrheit des Reichstages durch Annahme ihrer Vorlage den preußi⸗ schen Staar in den Stand setzen wird, sein Steuersystem in einer der Leistungsfähigkeit der Staatsangehörigen mehr als bisher entsprechenden Weise umzugestalten. von Bismarck.
— Die „Deutsche Reichspost“ schreibt:
Wir haben schon früher auf die Stimmung der Reichslande be⸗ züglich des Branntwein⸗Monopols hingewiesen. Wenn aber eine Be⸗ völkerung von 1 ½ Millionen Einwohnern, unter welchen sich über 30 000 Eigenbrenner befinden, in weit überwiegender Zahl sich für das Monopol ausspricht, so meinen wir, sei das doch be⸗ deutender, als wenn die Herren Branntweinverkäufer und In⸗ haber von Schnapskneipen in Folge einer oppositionellen Agitation sich zu Petitionen gegen das Monopol hetzen lassen. Jene Tausende von Brennern werden wohl wissen, welche Bedeutung das Monopol für ihr landwirthschaftliches Gewerbe nach verschiedenen Richtungen hin habe und lassen sich durch eine mittelst der Phrase wirksame Opposition kein X für ein U machen.
— Die Tilsiter Kaufmannschaft hatte in der „Tilsiter Zeitung“ eine Petition gegen das Branntwein⸗Monopol ab⸗ drucken lassen, in welcher von der Bewegung gesagt war, daß dieselbe auch im Sinne der littauischen Bauern liege⸗ Dieses Vorgehen hat eine Gegenerklärung Seitens littauischer Bauern erfahren, welche im „Littauischen Volksfreund“ ver⸗ öffentlicht wird, und in der es u. A. heißt:
„Wir Bauern sind in derselben (der Petition gegen das Monopol) mit einbegriffen, als wenn uns das Branntwein⸗Monopol zum großen Nachtheil gereichen würde. Wir protestiren hiermit dagegen; wir Bauern begrüßen vielmehr das Branntwein⸗Monopol sehr hoch erfreut, weil dadurch dem Krebsschaden unseres Arbeiter⸗ standes in Folge des zu starken Branntweingenusses Schranken gesetzt würden. Möge die Tilsiter Kaufmannschaft ihre Sorge zu etwas Besserem sparen und sich nicht bekümmern, was wir
eine Mehrtaxe
für die Arbeiter in der Erntezeit geben werden, wenn der Branntwein
durch das Monopol vertheuert wird;
wir werden schon wissen, dem
Arbeiter bei schwerer Arbeit mehr erquickendes und stärkendes Getränk
1] “
1
lands wirksam.
zu geben, als den Fusel zu verabreichen. . . Wir weisen jede Be⸗ vormundung der Tilsiter Kaufmannschaft ganz entschieden zurück. Einer für Alle. A. S., Littauischer Bauer.“
— Die „Deutsche volkswirthschaftliche Corre⸗ spondenz“ sagt in einer Besprechung freihändlerischer Manöver: 3 1“
... Müßte nicht England sich der vollkommensten Prosperität erfreuen, wenn die Vorhersagungen der Freihändler zutreffend wären? England ist dasjenige Land, welches, seitdem es selbst zur herrschenden Industriemacht geworden war, unentwegt zur Fahne des Freihandels gehalten hat. Keine hohben Zölle schützen dort den einheimischen Fabri⸗ kanten; die Märkte Englands stehen der Konkurrenz der ganzen Welt offen. Was sind aber auch die Folgen gewesen? So lange die In⸗ dustrie anderer Länder, namentlich jene Deutschlands, unbedeutend war, so lange war selbstverstaͤndlich der Freihandel zu Gunsten Eng⸗ Das ist aber anders geworden, seitdem die anderen Industrieländer kankurrenzfähig geworden sind. Die englischen Fabri⸗ kate sind allmählich aus Deutschland verdrängt worden und gegenwärtig konkurriren deutsche Fabrikate auf den englischen Märkten erfolgreich mit den dortigen Erzeugnissen. Aus London, Manchester, Birmingham, Sheffield, aus ganz England vernimmt man Klagen, daß deutsche Artikel den englischen scharfe Konkurrenz machen. Es scheint demnach, daß es jetzt in England stellenweise so aussieht, wie es früher in Deutsch⸗ land ausgesehen hat, als dasselbe sich noch unter der Herrschaft des Freihandels befand. Kann man da noch im Zweifel sein über die Wirkungen des letzteren? Das schutzzöllnerische Deutschland schickt eine Erzeugnisse nach England und dieses freihändlerische Land klagt über die Abnahme seines Handels. Der Kontrast spricht für sich selbst. die Freihändler aber, zur Unterstützung ihrer Argumente, auf die Ungunst der wirthschaftlichen Verhältnisse verweisen, ver⸗ rathen sie selbst die Schwäche ihrer Stellung. Denn die herrschende Kalamität ist in der ganzen Welt anzutreffen, in schutzzöllnerischen wie in freihändlerischen Ländern, mit dem Unterschied, daß sie in den letzteren noch stärker accentuirt erscheint.
Reichstags⸗Angelegenheiten.
Dem Reichstage ist folgender Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Heranziehung von Militärpersonen zu
den Gemeindeabgaben, zugegangen:
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ꝛc., verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstages, was folgt:
Die Verordnung vom 22. Dezember 1868 (Bundes⸗Gesetzbl. S. 571) tritt insoweit außer Kraft, als dieselbe der Heranziehung des außerdienstlichen Einkommens der im Offiziersrang stehenden Militär⸗ personen, sowie der Pension der zur Disposition gestellten Offiziere zu den Gemeindeabgaben entgegensteht.
„ 2
Ueber die Heranziehung des außerdienstlichen Einkommens der im Offiziersrang stehenden Militärpersonen und der Pension der zur Disposition gestellten Offiziere zu den Gemeindeabgaben Bestimmung zu treffen, wird der Landesgesetzgebung überlassen.
5 3.
Dieses Gesetz tritt mit dem Tage seiner Verkündig ung in Wirk⸗ samkeit.
Begründung.
Durch Präsidialverordnung vom 22. Dezember 1868 (Bundes⸗ Gesetzbl. S. 571) sind die in Preußen über die Heranziehung der aktiven und nicht aktiven Militärpersonen und deren Hinterbliebenen, sowie der Militär⸗Speise⸗Einrichtungen und ähnlicher Anstalten zu den Kommunalauflagen geltenden Vorschriften, wie solche in der Königlich preußischen Verordnung vom 23. September 1867 enthalten sind, auf Grund des Artikels 61 der Bundesverfassung im Gebiet des Norddeutschen Bundes eingeführt worden. ““ “
Obgleich schon damals nicht verkannt wurde, daß diese Vorschrif⸗ ten nich einen ausschließlich militärischen Charakter tragen, so wurde doch mir Ruͤcksicht darauf, daß es zu jener Zeit vor Allem darauf ankam, die neu erstandene Einheitlichkeit des Heerwesens durch jedes zulässige Mittel zu fördern, kein Anstand genommen, bundesrechtliche Bestimmungen auf ein Gebiet auszudehnen, welchem außer der mili⸗ tärischen auch eine kommunale, also der Landesgesetzgebung vor⸗ behaltene Bedeutung beiwohnt. Um der letzteren insoweit Geltung zu verschaffen, als es die militärischen Reichsinteressen gestatten, wird nunmehr beabsichtigt, die reichsgesetzliche Bestimmung in⸗ soweit außer Kraft zu setzen, als erforderlich ist, um den einzelnen Bundesstaaten die Möglichkeit zu gewähren, im Wege der Landesgesetzgebung die Heranziehung des außerdienstlichen Einkommens der im Offiziersrang stehenden Militärpersonen und der Pensionen der zur Disposition gestellten Offiziere zu den Gemeinde⸗ abgaben neu zu regeln. 1 “
Zu diesem Zweck muß zunächst die Präsidialverordnung vom 22. Dezember 1868 insoweit außer Kraft gesetzt werden, als dieselbe die zur Durchführung der beabsichtigten Reform erforderliche Zu⸗ ständigkeit der betheiligten Bundesstaaten beschränkt.
Da die Verordnung auf Grund des Artikels 61 der Bundes⸗ verfassung ergangen ist und die Einführung von Gesetzen zum Gegen— stand hat, so kann die Abänderung derselben nur auf dem Wege der Reichsgesetzgebung erfolgen.
Dem Hause der Abgeordneten ist nachstehender Entwurf eines Gesetzes, betreffend eine Erweiterung des Staats⸗ schuldbuchs, zugegangen:
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ꝛc.
verordnen unter Zustimmung der beiden Häuser des Landtages de Monarchie, was folgt: Einziger Artikel.
Die Bestimmungen des Gesetzes, betreffend das Staatsschuldbuch vom 20. Juli 1883 (Gesetz⸗Samml. S. 120), finden vom 1. Juli 1886 ab auf Schuldverschreibungen der 3 ½ prozentigen konsolidirten Anleihe mit, der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die hier⸗ nach zu bewirkenden Eintragungen in ein besonderes Buch erfolgen können. 8 88 1
Der Finanz⸗Minister ist mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragt 8
. Begründung. .“
Die Ausgabe von dreieinhalbprozentigen Schuldverschreibungen der konsolidirten Staatsanleihe hat mehrfach zu Anträgen auf Ein⸗ tragung solcher Schuldverschreibungen in das Staatsschuldbuch Ver⸗ anlassung gegeben. Diesen Anträgen hat bisher nicht entsprochen werden können, weil das Gesetz vom 20. Juli 1883 nur die Ein⸗ tragung 4 prozentiger Konsols zuläßt. Der Ausdehnung jenes Gesetzes auf 3 ½ prozentige Konsols steht indessen nichts entgegen und sie wird Angesichts der hervorgetretenen Wünsche, die in erfreulicher Weise für die wachsende Einbürgerung der Einrichtung des Staatsschuldbuchs sprechen, nicht zu versagen sein. 8 “
Rücksichten auf die Sicherheit und Uebersichtlichkeit der Geschäfts⸗ führung, sowie auf die bestehenden Einrichtungen lassen es, in Ueber⸗
“ 8* “
5
stimmung mit dem Vorgang anderer Länder, wünschenswerth erscheinen, die Buchführung für die verschieden verzinslichen Schuldverschrei⸗ bungen getrennt zu bewirken. Hierzu giebt der vorliegende Gesetzent⸗ wurf der Verwaltung die Befugniß. Die Einrichtung eines zweiten Buches hat die selbständige Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen auf dasselbe zur Folge und ermöglicht insbesondere, im Hinblick auf die Vorschrift im Schlußabsatz des §. 4 des Gesetzes vom 20. Juli 1883, die Eröffnung eines zweiten Kontos für einen i dem ande
Buche eingetragenen Gläubiger. 11““
Statistische Nachrichten.
Ergebnisse der Volkszählung in Sachsen⸗Coburg⸗ Gotha. (Stat Corr.) — Die Herzogthümer Coburg und Gotha, in denen am 1. Dezember 1871 zusammen 174 339 Personen ortsanwesend waren, sahen ihre Bevölkerung bis zu demselben Tage des Jahres 1875 auf 182 599 oder um 4,738 % anwachsen; 1880 befanden sich daselbst nach 6,636 % neuer Zunahme 191 716 Personen, und 1885 ergab die vorläufige Zusammenstellung 198 717. Das sind immerhin 4001 mehr als fünf Jahre zuvor; aber die Vermehrung ist auf 2,055 % herabgegangen. Die einzeinen Gebietsstücke von verschiedener Größe waren hieran mit folgenden Zahlen betheiligt:
Ortsanwesende in den Jahren Ge⸗ 85 mein⸗ Ab⸗ 1871 1875 1880 1885 den nahme I. Herzogthum Gotha: 8 OrtschaftKlein⸗Keula 79 78 8 75 1 1 Rest des früheren Be⸗ 3 1“ zirkes Volkenrode 2 840 4 1 Ortschaft Wernings⸗ 5 hausen 919 8 . 908 Hallungen, Nazza, 8 Frankenroda, Ebenshausen . .. Lauterbach und Neu⸗ kirchen 1 Hauptmasse des Her⸗
1 750 1 699 806 881 115 684 121 310 130 992 134 363
Kettmannshausen, G Neu⸗Roda, Traß⸗ 8 dorf
596
zusammen 122 630 128 092 13 II. Herzogth. Coburg: ““ Amtsgerichtsbezirke — Neustadt, Sonne⸗ feld, Coburg und 11616I 52 189 54 402 55 060 Drtschaft Nassach . 304 299 297 318 1 Erlsdorf. 50 95 51 est d. Amtsgerichts⸗ bezirkes Königsberg 1 964 zusammen 51 709 54 507 57 355 162, 88 Die Exclaven des nördlichen Herzogthums sind Theile der Amts⸗ gerichtsbezirke Tonna, Thal und Liebenstein, während seine Haupt⸗ masse die drei Immediatstädte Gotha, Waltershausen, und Ohrdruf und die weit überwiegende Mehrheit der den Landrathsämtern gleichen Namens unterstellten Gemeinden enthält. Hier ist die Zahl der Orts⸗ anwesenden gestiegen: in Gotha um 1274 auf 27 799 und in Walters⸗ hausen um 30 auf 4861, in den Amtsgerichtsbezirken Gotha (Land⸗ bezirk) um 1062 auf 25 596, Thal (Theil) um 103 auf 7058, Tenne⸗ beig um 300 auf 14 170, Zella um 431 auf 6470 und Liebenstein (Theil) um 527 auf 8589. Dagegen verminderte sich die Bevölkerung in den Amtsbezirken Tonna (Theil) um 419 auf 11 064, Wangenheim um 171 auf 7523 und Ohrdruf um 24 auf 15 323, sowie in der Stadt gleichen Namens um 112 auf 5910. Im Herzogthum Coburg stieg die Bevölkerung der Immediat⸗ städte Neustadt um 514 auf 4326 und Coburg um 416 auf 16 207, der Amtsgerichtsbezirke Neustadt (Landbezirk) um 86 auf 5376 und Sonnefeld um 72 auf 8029. Andererseits trat Abnahme ein: bei den
1 978 56 728
werbe gegeben vom Bayverischen Gewerbe⸗Maseum zu Nürnberg (redigirt von J. Srockbauer; Verlagsanstalt des Baver. Gewerbe⸗ Museums [C. Schrag] in Nürnberg) bringt an der Spitze eine ge⸗
Papierfabriken 6 478 181 kg Papier gegen 6 042 820 ½ kg im Jahre 1884 gefertigt und dafür Vorjahre,
auf 373 792 ℳ Hiervon 238 wendet, in den Reservefonds fließen 12 664 ℳ, die Tantièmen und
Städten Rodach um 42 auf 1772 und Königsberg in Franken um 29 auf 924, sowie bei den Landbezirken der Amtsgerichtsbezirke Coburg um 199 auf 13 800, Rodach um 184 auf 5555 1 königsbe — 7 auf 1366. 8
Kunst, Wissenschaft und Literatt
Kulturhistorischer Bilderatlas, Kunst und Alter⸗ thum. — Bearbeitet von Prof Dr. Theodor Schreiber. Hundert Tafeln mit erläuterndem Text. Leipzig 1885. Verlag von E. A. See⸗ mann. 40. — Der Herausgeber dieses kulturhistorischen Bilderatlas, Professor der Archäologie an der Universität Leipzig, Dr. Theodor Schreiber — in wissenschaftlichen Kreisen bereits vortheilhaft be⸗ kannt durch die erschöpfende Beschreibung der in der Villa Ludovisi zu Rom befindlichen antiken Bildwerke, Leipzig 1880 — will von den weithin zersplitterten, mannigfachen Denkmälern des klassischen Alterthums, welche ein rein kulturgeschichtliches Interesse haben, das Wichtigste auf den vorliegenden hundert Tafeln zusammenstellen. Die Vielseitigkeit der klassischen Kultur soll auch in den Denkmälern zur Anschauung gebracht, dasselbe Gebiet möglichst allseitig beleuchtet und durch übersichtliche Zusammenstellung das unmittelbare Ver⸗ ständniß erleichtert werden. Diese gestellte, allerdings schwierige aber dankenswerthe Aufgabe ist mit glücklichem Geschicke gelöst worden. Das gesammte Kulturleben der Griechen und Römer wird veranschaulicht durch die mit technischer Sorgfalt und wissenschaftlicher Sachkenntniß ausgewählten Abbildungen, welche sämmklich dem reichen Schatze überlieferter Denkmäler des klassischen Alterthums enrnommen sind. Die gewährte Anschauung wird auch auf diesem Kunstgebiete eine richtige Kenntniß fördern, eine gründliche Erkenntniß erleichtern. Der Werth des für jeden Gebildeten anziehenden und anregenden Bilderwerks wird erst dann vollauf erkannt werden, wenn man zuvor belehrt durch die allerdings nur kurzgefaßte aber doch für den Zweck ausreichenden Erläuterungen dann Bild für Bild scharf ins Auge faßt. Die Erläuterungen beschränken sich dem Plane des ganzen Sammelwerks gemäß darauf, die Gesichtspunkte anzudeuten, welche für die Bilderwahl maßgebend gewesen sind, das Gleichartige auch durch Verweise zusammenzustellen und, wo es angeht, den Ent⸗ wicklungsgang mit einigen Worten zu skizziren. Wer sich darüber hin⸗ aus über die Einzelheiten der Darstellungen eingehender unterrichten will, findet die gewünschte Auskunft entweder in der unter jedem Monument zitirten Stelle oder in den an der Spitze der einzelnen Abschnitte genannten Werken. Das ganze Bildermaterial wurde in 19 Abschnitte mit folgenden Ueberschriften, denen die gewidmete Anzahl der Tafeln hier beigefügt ist, vertheilt: 1) Theaterwesen (Taf. 1—6). — 2) Musik (7). — 3) Plastik, Malerei, Architektonik (8 — 10). — 4) Kultus (11 — 19). — 5) Oeffentliche Spiele (20—33). — 6) Kriegswesen (34—45). — 7) Marine (45 — 48). — 8) Stadtleben, Wohnhäuser, Gärten ꝛc. (49 — 56). — 9) Wegebau, Wasserleitungen, Bäder (57—60). — 10) Handel, Kalenderwesen, Verkehrsmittel (60—62). — 11) Gewerbe (63—75). — 12) Mahlzeit (75 und 76). — 13) Unterhaltungsspiele, Jagd (78 — 80). — 14) Hoch⸗ zeit, Frauenleben (81—83) — 15) Trachten (84 und 85). — 16) Haus⸗ geräthe (86). — 17) Oeffentliches Leben (87 — 89). 18) Schrift⸗ und Unterrichtswesen (90—93 und eine Hülfstafel). — 19) Bestattung (94 — 100). Ueber die Absicht der Auswahl der Bildwerke giebt der vorangeschickte Text Auskunft, an dessen Schlusse auch die 10 IJnedita genannt sind, welche in dieser Sammlung zum ersten Male bekannt gemacht werden. Möge dieses überaus zweckmäßige Hülfsmittel für den Kunstunterricht in den Schulen dazu beitragen, daß bei der heran⸗ wachsenden Jugend die Kenntniß des Alterthums vertieft und der Sinn für das Ideale gesteigert werde. Dann werden unsere dereinstigen Männer mit klarem Blicke die höchsten Kunstinteressen unseres Volkes
zu beurtheilen vermögen. “
Gewerbe und Handel.
Das Märzheft XX. Jahrgangs 1886 von „Kunst und Ge⸗ *, „Zeitschrift zur Förderung deutscher Kunstindustrie“, heraus⸗
12—
22
drängte Darstellung der Emaillirkunst im Mittelalter auf Grund der kürzlich erschienenen „Histoire de la verrerie et de l'émaillerie“ von Edouard Garnier (Tours 1886). Dem ebenso interessanten wie belehrenden Aufsatz sind mehrere Abbildungen aus dem Werk als Proben beigegeben. In einem zweiten Beitrag bespricht C. von Fabriczyh unter dem Titel „Französische Mosaikarbeiten“ die Versuche, welche neuerdings in dem von der französischen Regierung 1876 zu Ssvres ins Leben gerufenen Atelier in dieser Richtung angebahnt und bereits in großen mosaicirten Gemälden im Pantheon zu Paris sowie an Decken und Wänden der Prachttreppe im Pavillon Daru des Louvre mit schönem Erfolge praktisch ins s über Gewerbe⸗Museums, gewerbes, furt a. M. u. ga. berichtet. Mittheilungen aus dem Kunst⸗ und dem Buchhandel reihen sich an. u. a. eine Besprechung des „Lexikons der bildenden Künste“, von Dr. Hermann Alerander Müller (Leipzig, graphischen Institurs) mit mehreren Probe⸗Illustrationen im Tert. — Von den 3 Kunstbeilagen bringen die beiden ersten Stücke aus der Mustersammlung des Bayerischen Gewerbe⸗Museums zur Anschauung, und zwar einen prachtvollen Delfter Fayenceteller mit den 4 Kronen der deutschen Kaiser aus dem Hause Oesterreich und dem ungarischen Wappen (Chromophotolithographie) und einen schönen gelben Seiden⸗ stoff mit granatapfelähnlicher Musterung, norditalienischer Herkunft aus der Zeit des 16. Jahrhunderts (farbiger Lichtdruck). Die dritte Tafel zeigt die Abbildung eines mit reicher Bronzemontirung aus⸗ gestatteten Boulemöbels aus dem Louvre in Paris (Zinkographie).
tzt worden sind. Sodann wird Erwerbungen der Mustersammlung des Bayerischen über Neuheiten des Münchener Kunst⸗ über die Ausstellung im Kunstgewerbehause zu Frank⸗
Werk gesetzt neue
In dem letzteren Abschnitt findet sich
Verlag des Biblio⸗
— Nach dem Geschäftsbericht der Vereinigten Bautzner pro 1885 wurden im verflossenen Jahre
2 636 752 ℳ gegen 2 622 313 ℳ Nettofakturirung im also bei einer Mehrproduktion von 435 360 ½ kg nur eine Mehrberechnung von 14 439 ℳ erzielt. Der Bruttogewinn stellt sich Hiervon werden zu Abschreibungen 138 880 ℳ ver⸗
Dotationen des Beamten⸗ und Arbeiter⸗Pensionsfonds nehmen in An⸗ spruch 43 416 ℳ, die Dividende von 6 ½ % erfordert 175 500 ℳ und 3330 ℳ werden auf neue Rechnung vorgetragen.
Rotterdam, 9. März. (W. T. B.) Die heute von der Niederländischen Handelsgesellschaft abgehaltene Kaffee⸗ Auktion eröffnete fuͤr Nr. 1 zu 27 à 27 ½, Nr. 2 27 ½, Nr. 5 30 à 30 ½, Nr. 13 38 ¼ à 38 ½, Nr. 14 27¼ à 27 ½, Nr. 15 25 ¾ à 26, Nr. 16 50 à 50 ½, Nr. 17 45 ¾ à 46 ¼, Nr. 18 41 Cents. (f. Börsen⸗ Beilage.)
Glasgow, 9. März. b von Roheisen betrugen in der vorigen Woche Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.
Kopenhagen, 9. März. (W. T. B.) Die National⸗ bank setzt von morgen ab den Wechseldiskont und den Lombardzins⸗ fuß auf 3 ½ bis 4 % herab.
Ner Weizen⸗Ver⸗ schiffungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Ver⸗ einigten Staaten nach Großbritannien 42 000, do. nach Frank⸗ reich 2000, do. nach anderen Häfen des Kontinents 14 000, do. von Kalifornien und Oregon nach Großbritannien 172 000, do. nach anderen Häfen des Kontinents — QOrts.
— 9. März. (W. T. B.) Der Werth der in der vergangenen Woche ausgeführten Produkte betrug 6 254 223 Doll. gegen
5 246 000 Doll. in der Vorwoche. ““
(W. T. B.) Die
Verschiffungen 6700 gegen 8100
Submissionen im Auslande.
Belgien. IJ. Verwaltung der Staats⸗Eisenbahnen.
1) Nächstens, Wartesaal 1. Klasse der Station Namur. Erd⸗ und Pflasterungs⸗Arbeiten, Bau einer Laderampe ꝛc. in Station Mustier-sur-Sambre. Voranschlag 14 661 Fr. Vorläufige Kaution 700 Fr. Auskunft beim Ingenieur en chef, Betriebschef Mathieu, rue Godefroid Nr. 3 zu Namur. Preis der Pläne 1 Fr. 85 Cts.
2) Nächstens, Mittags. Wartesaal 1. Klasse der Station Mons. Bau einer Empfangshalle und einer Wohnung für den Stationschef. Trottoirlegung ꝛc. in Station Beloeil. Voranschlag 18 820 Fr. Vorläufige Kaution 900 Fr. Preis der Pläne 3 Fr. 90 Cts. Aus⸗ kunft beim Ingenieur Betriebschef Dutrieur, rue des Ursulines
Nr. 21 zu Mons.
3) Nächstens. Wartesaal 1. Klasse der Station Lüttich⸗Guille⸗ mins. Herstellung von Zäunen aus alten Schwellen, Errichtung einer Laderampe, Pflasterungs⸗ ꝛc. Arbeiten in Station Gouvy. Voranschlag 23 730 Fr. Auskunft beim Ingenieur en chef, Betriebschef Lambert, rue de Guillemins Nr. 99 zu Lüttich.
II. Finanz⸗Ministerium.
1) 30. Juni. Lieferung von 4500 kg Bindfaden, desgleichen von 1600 kg Siegellack. Kaution je 300 Fr.
2) 10. Auguft. Lieferung von 130 000 kg Fettkohle für die Zollämter zu Antwerpen und Lillo für den Winter 1886/87. Kaution 200 Fr.
4X“
Verkehrs⸗Anstalten.
In Folge des andauernden Frostes haben die Post⸗Dampfschiff⸗ fahrten auf der Linie Kiel — Korför vorläufig eingestellt werden muüssen. Die Postsendungen nach Kopenhagen sowie nach Schweden und Norwegen erhalten auf dem Wege uüͤber Vamdrup — Nyborg Beförderung.
Hamburg, 10. März. (W. T. B.) „Gellert“ der Hamburg⸗Amerikanischen Aktien⸗Gesellschaft ist, vo 1
Der Postdampfer Packetfahrt⸗
auf der Elbe eingetroffen.
Sanitätswesen und Quarantänewesen.
Portugal.
Inhaltlich zweier Erlasse der Königlich portugiesischen Regierung vom 24. Februar 1886 sind: ö
1) Die durch Verfügung vom 13. August 1885 („Reichs⸗Anzeiger Nr. 197 vom 24 August v. J.) als choleraverdächtig erklärten Häfen Marokkos auch fernerhin als solche anzusehen, die aus diesen Häfen kommenden oder dort anlaufenden Schiffe jedoch von jetzt ab nach Absolvirung einer dreitägigen Observationsquarantäne in den Häfen von Portugal zuzulassen; 18 thg die 88 Verfügungen vom 13. August und 12. September 1885 („Reichs⸗Anzeiger“ Nrn. 197 und 224 vom 24⁴. August und 24. September v. J.) als choleraangesteckt erklärten Häfen von Oran und der ganzen Provinz Algier auch fernerhin als solche zu be⸗ trachten, die von dort kommenden oder dort anlaufenden Schiffe jedoch nach Absolvirung der in Kraft bestehenden Quarantäne von jetzt ab im Hafen von Lissabon zuzulassen. “
Außerdem werden die durch die mehrerwähnte Verfügung vom 13. August v. J. als choleraverdächtig erklärten Häfen der franzö⸗ sischen Kolonie Argelien, sowie die von Tunis und von Tri⸗ poli auch ferner als solche angesehen; die von dort kommenden oder dort anlaufenden Schiffe jedoch sind in Portugal zuzulassen, und zwar nach Absolvirung einer dreitägigen Observationsquarantäne.