1886 / 64 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 15 Mar 1886 18:00:01 GMT) scan diff

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Von dem Werk: „Die Gesetzgebung des Deutschen Reiches von der Gründung des Norddeutschen Bundes bis auf die Gegenwart. Mit Erläuterungen und Registern e. von B. Gaupp, Geh. Regierungs⸗Rath, A. Hellweg, Landrichter, R. Koch, Kaiser⸗ licher Geh. Ober⸗Finanz⸗Rath, W. Neubauer, Ober⸗Landesgerichts⸗Rath, W. L. Solms, L ber⸗Corps⸗Auditeur, R. Sydow, Geh. Postrath, W. Turnau, Kammergerichts⸗Rath, F. Vierhaus, Regierungsrath. Verlag von J. Guttentag (D. Collin) in Berlin und Leipzig“ erschien soeben die dreißigste und einunddreißigste Lieferung. Aus dem reichen Inhalt wollen wir nur die beiden großen Gesetze erwähnen: Krankenversiche⸗ rung der Arbeiter vom 15. Juni 1883 und die Gewerbeordnung für das Deutsche Reich. Die Bearbeitung der letzteren zeichnet sich be⸗ sonders aus; durch gesperrten Druck 8s in dem Gesetzestext alle diejenigen Bestimmungen hervorgehoben, welche die Gewerbe⸗ ordnung des Norddeutschen Bundes ergänzt und erweitert haben, während der früher gültige Text in den Anmerkungen selbst zum Abdruck gelangt ist. In den Anlagen sind sämmtliche ergänzen⸗ den Gesetze aufgenommen, als: Bekanntmachung, betreffend die poli⸗ zeilichen Bestimmungen über die Anlegung von Dampfkesseln, die Prüfung der Aerzte, Zahnärzte, Thierärzte und Apotheker, die Prü⸗ fung der Seeschiffer, Seesteuerleute und Maschinisten auf Seedampf⸗ schiffen; Bekanntmachung, betreffend den Gewerbebetrieb der Aus⸗ länder im Umherziehen, sowie für Legitimationskarte und Wandergewerbeschein und die Bekanntmachung, betreffend die Be⸗

schäftigung jugendlicher Arbeiter und Arbeiterinnen mit allen bis zum

Jahr 1886 erlassenen Nachträgen. Das Werk, welches mit dem Jahre 1884 vorläufig abgeschlossen werden soll, steht vor seiner unmittelbaren Vollendung: schon die nächste Doppellieferung wird den Schluß mit chronologischem und Sach⸗Register bringen.

Die 7. Lieferung' der Publikation: „Die österreichisch⸗ ungarische Monarchie in Wort und Bild“ ist reich an Illu⸗ strationen. Sie bringt eine von J. Benczur entworfene Vignette zu dem von Franz Pulszky geschriebenen Text: „Die Zeit der Völker⸗ wanderung,“ ferner von demselben Künstler Vignetten zu dem von Karl Szaboô geschilderten „Zeitalter der Herzoge und Arpadenkönige“. Von Theodor Doerre stammt die Abbildung des Astius, nach einer Tafel des Monzaer Diptychons und von Gefäßen aus dem Goldfund von Nagy⸗Szent⸗Miklös (aus der Alterthumssammlung des Kaisers); dieser Goldfund gilt angeblich als der Schatz Attilas. Seite 39 bietet eine pannorn'’sche Frauenfigur mit den charakteristischen Spangen welche ihr Gewand an den Schultern zusammenhalten, na einem rohen Kalksteinrelief im Pester National⸗Museum. Seite 42 zeigt Schmuckgegenstände aus der Völkerwanderung, gezeichnet von Lazarus Nagy. Von Julius Tornay rührt die Abbildung von Denkmälern aus der Zeit der Völkerwanderung her, von demselben Zeichner auch eine Reiterfigur aus der Zeit der Völkerwanderung nach einem Relief auf einem Gefäße des Nagy⸗Szent⸗Mikloser Fundes, sowie eine ein Schwert aus der ungarischen

eidenzeit darstellend. eite 57 zeigt eine Abbildung eines mit Edelsteinen besetzten Goldkreuzes der Königin Gisela, aus der Münchener Kapelle stammend. Das Schlußblatt stellt die Insignien des ungarischen Königthums, gezeichnet von Béla Benczur dar. Sämmtliche Holzschnitte sind unter der Leitung des Prof. G. Morelli im xylographischen Institut zu Pest ausgeführt. ¹

Das 11. Heft der von der Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft in München (vormals Friedrich Bruckmann) herausgegebenen Publikation: „Die Kunst für Alle“ bringt in Zinkographie die Reproduktionen folgender vier Bilder: „Die An⸗ betung des Lammes“ (Offenbarung Johannis) von B. von Neher, Carton zu einem Glasgemälde, ferner: „Die Schwestern“ von F. A. von Kaulbach, sodann: „Die Kaufbeurer Sage“ von W. Lindenschmit, Wandgemälde im Rathhause zu Kaufbeuren (Fragment), endlich eine „Amper⸗Landschaft“ von Ph. Röth. Der Text enthält zunächst eine biographische Skizze über Bernhard von Neher, der am 16. Januar 1806 in Biberach geboren und am 17. Januar 1886 in Stuttgart gestorben ist. Proben von einzelnen Werken des Meisters sowie sein Porträt schmücken den Text. Ein Aufsatz berichtet sodann aus römischen Ateliers. E. Daelen

bespricht einen Beschluß des Verwaltungsrathes des Kunstvereins für

KRheinland und Westfalen unter der Ueberschrift: „Ein trauriges Zeichen der Zeit“. Fr. Pecht bietet sodann Mittheilungen aus dem Münchener Kunstleben und eine Besprechung der im Heft gegebenen Bilder. Die üblichen Notizen schließen die interessante Nummer.

In dem soeben ausgegebenen Märzheft von „Petermanns Mittheilungen aus Justus es' Geographischer Anstalt“ (Gotha) wird die von H. Rink zusammengestellte Uebersicht über die neueren dänischen Untersuchungen in Grönland zum Abschluß gebracht und werden die gewonnenen Resultate für die all⸗ gemeine Geographie, über Binneneis und Gletscher, die Ergeb⸗ nisse für die Geologie, Botanik und Zoologie, Ethnographie, Anthropologie und Archäologie mitgetheilt. In letzterer Beziehung hat die Expedition eine Frage, die über 100 Jahre lang manche unnütze Mühe verursachte, aus der Welt geschafft, nämlich die An⸗ nahme von großartigen Ruinen auf der Ostküste von Grönland, welche von früheren europäischen Wohnsitzen zeugen sollten: was man fand, war nur ein zirkelrunder Steinhaufen von 2 m im Durchmesser und zweifelhaften Ursprungs. Die Alterthumsforscher können nunmehr ihre Bemühungen auf den genaueren Vergleich der beiden Bezirke der Westküste mit den alten isländischen Sagas koncentriren. Diese und keine anderen seien mit der „Oesterbygd“ und „Wester⸗ bygd“ gemeint. Man wisse jetzt, daß die fruchtbarsten Flecken Grön⸗ ands sich innerhalb Julianehaab befinden, allein diese habe auch schon Erik der Rothe entdeckt; dort habe er seinen Wohnsitz gewählt und ort habe auch vor ca. 400 Jahren ein Bischofssitz bestanden, dessen Lage freilich noch zu ermitteln bleibe. Ein Beitrag von dem Afrikareisenden E“ a. D. von Francgois betrifft die „Likonafrage“. iese Frage spielt bei der definitiven Abgrenzun des durch den „Vertrag mit dem Cougostaat Frankrei zugesprochenen Gebiets eine Rolle. Der Verfasser hat mit Mr. Grenfell die Mündungen der zwischen Mubangi und Lefini ein⸗ mündenden rechten Zuflüsse des Congo genau explorirt, auch einzelne eine gewisse Strecke aufwärts verfolgt, und ist (wie er mit Hülfe einer Kartenskizze näher begründet) zu dem Schluß gekommen, daß der von de Brazza Likona genannte Fluß weder im Delta des Mubangi aus⸗ laufe, noch ein rechter Zufluß desselben, sondern vielmehr mit dem Punga oder Kunja identisch sei. Zur definitiven Entscheidung der Frage ist von beiden Regierungen eine Kommission ernannt worden, die sich am 1. November v. J. den Kongo aufwärts begeben hat. Prof. Dr. Philipp Paulitschke macht Mittheilungen über Major Heache und Lieutenant Peytons Reise von Härar nach Bérbera im

uni 1885 (nebst Karte). A. Philippson liefert einen Beitrag zur Erosionstheorie, indem er die Frage erörtert: welches im Allgemeinen das Resultat der Erosionsthätigkeit eines Gewässers an den einzelnen 85 seines Laufes sei. Ferner theilt Dr. A. Woeikow die Re⸗ ultate des sibirischen Nivellements (im Auftrage des Conseils der Kaiserlich russischen geographischen Gesellschaft bearbeitet von W. Fuß) mit und läßt eine Tabelle der Entfernungen und der Höhe über Neeresniveau vom Anfangspunkt folgen. In dem „Geographischen Monatsbericht“ wird u. a. auch der geplante Nord⸗Ostsee⸗Kanal besprochen und darauf hingewiesen, daß „außer der Belebung des Handels⸗ und Schiffsverkehrs, welche die Häfen sowohl der Nord⸗ wie der Ostsee erfahren werden, auch der Vortheil, welchen Schleswig⸗Holstein in wirthschaftlicher Beziehung erlangen werde, nicht gering anzuschlagen sei, denn für bedeutende Landstriche im Gebiete der Eider werde der Wasserabfluß erleichtert werden, während andere Landestheile durch leichte Bewässerung einer intensiveren Kultur entgegengehen.“ Das 258 schließt wie sonst mit dem Literaturverzeichniß und dem Literatur⸗ ericht.

Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek (Stutt⸗ Pärt, J. Engelhorn) bringt im 15. Bande des mweiten Jahrgangs zwei

ovellen von Salvatore Farina: „Aus dem Meeresschaum“ und „Aus den Saiten einer Baßgeige“. Der fruchtbare italienische Romandichter, dessen Novellen zum großen Theil auch in Deutschland durch die „Deutsche Rundschau“ und durch eine in Leipzig erschienene

Auswahl von Borchers bekannt sind, rechtfertig ch in den hier

vorliegenden neuen anmuthigen und humoristischen Erzählungen den

r von seinen Landsleuten verliehenen Beinamen des italienischen ickens.

Im Verlage von Alexius Kießling in Berlin 8. Branden⸗ burgstraße 64, erschien soeben in zweiter Auflage: Kießlings Neuer großer 1 von Berlin und den nächstgelegenen Ort⸗ schaften im Maßstabe von 1 : 15 000, mit Angabe der Weichbild⸗ grenze, des Bebauungsplans, der Straßen⸗ und Häusernumerirung, der Postbezirke, des vollständigen Pferdeeisenbahn⸗Netzes sowie der Stadt⸗ und Ringbahn⸗Linie, nach amtlichen Mittheilungen. Preis: in sauberem 5 farbigem Druck ausgeführt und kartonnirt 2 ℳ, eleg. ebunden 2 ½ ℳ, auf Leinwand gezogen und gebunden 4 ℳ, 4farbig karkonnirt 1 ½ ℳ, Zfarbig 1 Der Kießlingsche Plan ist korrekt und vollständig und zeichnet sich durch Uebersichtlichkeit und geschmack⸗ volle Druckausführung vortheilhaft aus. .

Veterinärwesen.

Schweden.

Durch Bekanntmachung des Königlich schwedischen Kommerz⸗Kol⸗ legiums vom 26. Februar d. J. ist angeordnet worden, daß die Ein⸗ fuhr seewärts von Rindvieh, Schafen, Ziegen und anderen wieder⸗ käuenden Thieren, sowie von Pferden über Malmö stattfinden darf.

Gewerbe und Handel.

Der Aufsichtsrath der Breslauer Wechslerbank hat be⸗ schlossen, der Generalversammlung vorzuschlagen, von dem Reingewinn von 435 000 ℳ, nach Dotirung beider Reservefonds mit 31 000 ℳ, 5 % Dividende zu vertheilen.

Der dem Aufsichtsrath der Breslauer Disconto⸗Bank, Hugo Heimann u. Co. vorgelegte Geschäftsabschluß für das Jahr 1885 ergiebt einen Reingewinn von 719 599 Es wurde beschlossen, nach Dotirung des Reservefonds, nach Abstellung der statutenmäßigen Tantièmen, 5 % Dividende an die Aktionäre zu vertheilen und auf den Grundbesitz 90 000 abzuschreiben.

Nuͤrnberg, 13. März. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held.) In Folge größerer Einkäufe eines Luneviller Hauses und einiger Spekulanten hat diese Woche am Markte ein vermehrter Umsatz stattgefunden, wobei Preise jedoch ohne Veränderung und ge⸗ drückt blieben. Es gingen nahezu 1400 Ballen ab, während die Zu⸗ fuhren äußerst gering waren. Für Export sind auch einige Posten Transithopfen genommen worden die Kundschaft kauft grünliche gute Mittelsorten und Prima⸗Waare. Die Tendenz bleibt eine matte. Die Notirungen lauten: Bayerische Hopfen: Markthopfen prima 30 35 ℳ, mittel 20 25 ℳ, gering 12 15 ℳ; Gebirgs⸗ hopfen prima 35 40 ℳ; Aischgründer prima ℳ, mittel 20 25 ℳ, gering 12 16 ℳ; Hallertauer prima 65 75 ℳ, mittel 25 35 ℳ, gering 12 18 ℳ; Hallertauer Siegelgut prima 70 80 ℳ; Spalter, je nach Lage und Qualität, 20 60 ℳ; Württemberger prima 65 75 ℳ, mittel 25 35 ℳ, gering 12 18 ℳ; Badische mittel 20 25 ℳ, gering 12 18 ℳ; Elsässer 12 35 ℳ; Posener prima 70 75 ℳ, mittel 25 35 ℳ, gering 12 18 ℳ; Saazer Kreis und Bezirk, je nach Qualität, 65 105

Hannover, 13. März. (W. T. B.) Die heutige General⸗ versammlung der Hannoverschen Bank, in welcher 31 Aktionäre mit 494 Stimmen vertreten waren, hat die vorgeschlagene Dividende von 5,76 % genehmigt, die erforderliche Decharge ertheilt, die aus⸗ scheidenden 4 Verwaltungsrathsmitglieder wiedergewählt und den vor⸗ gelegten Statutenentwurf angenommen.

Brüssel, 13. März. (W. T. B.) Die Nationalbank hat den Diskont von 3 auf 2 ½ % herabgesetzt.

Paris, 14. März. (W. T. B.) Der Finanz⸗Minister hat die Zinsen der Schatzbons um ½ % herabgesetzt.

New⸗York, 13. März. (W. T. B.) Der Werth der Waareneinfuhr in der vergangenen Woche betrug 8 897 257 Doll., davon 2 912 464 Doll. für Stoffe. Der Werth der Einfuhr in der Vorwoche betrug 8 225 481 Doll., davon 3 084 789 Doll. für Stoff v

8 8 8 8

18 Submissionen im Auslande.

Fg. Italien. 8 .

1) 20. März. Marine⸗Ministerium, Rom. General⸗Direktion der Materialverwaltung. Transport von 38 000 t Steinkohlen und 2500 t Kokes aus Kardiff und Newcastle nach verschiedenen italienischen Häfen. Voranschlag: 600 000 Lire; Kaution 10 %. .2) 26. März. Mailand. Direktion des Genie⸗Corps. Bau eines neuen Ausrüstungsmagazins und Einrichtung der Kaserne ⸗des Militärdistrikts Monza. Vokanschlag 60 000 Lire. Kaution 10 %.

Näheres an Ort und Stelle.

Verkehrs⸗Anstalten.

Bremen, 15. März. (W. T. B.) Der Dampfer des Norddeutschen Lloyd „Fulda“ ist gestern Nachmittag in

New⸗York eingetroffen.

Hamburg, 15. März. (W. T. B.) Der Postdampfer „Silesia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Aktiengesellschaft ist, von Hamburg kommend, gestern in

St. Thomas eingetroffen.

Sanitätswesen und Quarantänewesen. Portugal.

1

5 —6—

Inhaltlich eines Erlasses vom 5. März 1886 ist die bisher be⸗ standene Quarantäne in den Lazarethen zu Elvas und Marvao nunmehr aufgehoben worden, auch finden die für diese beiden Grenz⸗ orte vorgeschriebenen außerordentlichen Gesundheitsmaßregeln keine Anwendung mehr.

Dänemark.

Durch Bekanntmachung des Königlich dänischen Justiz⸗Ministers vom 6. März 1886 ist die Quarantäne für Schiffe von Tunis und Venedig („Reichs⸗Anzeiger“ Nr. 273 vom 20. November v. J. und Nr. 35 vom 9. Februar d. J.) aufgehoben worden. Dagegen sind die Bestimmungen des 2. Abschnittes Nr. I. des Gesetzes vom 2. Juli 1880, betreffend Maßregeln gegen die Einschleppung ansteckender Krankheiten, bis auf Weiteres für Schiffe aus den genannten Plätzen in Kraft gesetzt. Eine Quarantäne ist ferner angeordnet für die Pro⸗ venienzen aus; den französischen Häfen zwischen Nantes und Cherbourg, aus sämmtlichen spanischen Häfen und aus Gibraltar.

Die obengedachten Bestimmungen des Gesetzes vom 2. Juli 1880 bestehen gegenüber folgenden Plätzen in Wirksamkeit: den französischen Häfen zwischen Cherbourg und der belgischen Grenze, sämmtlichen französischen Mittelmeerhäfen, den Häfen des italienischen Festlandes an dem Meerbusen von Genua und dem Toskanischen Meere, sämmt⸗ lichen Häfen Siziliens, Venedig, Tunis, sämmtlichen Hafenstädten Egyptens, den Häfen am Rothen Meere, Fez, Mequinez und Dar el Beida 8 Marokko, Rio de Janeiro, Havana und sämmtlichen Häfen Japans. 3 „Das Verbot der Einfuhr von gebrauchter Wäsche, gebrauchten Kleidungsstücken und gebrauchten Betten, sofern diese Gegenstände nicht zum Reisegepäck gehören, von Lumpen, von gebrauchter Watte, Kratzwolle, Papierabfällen, Haaren und Häuten besteht gegenüber fol⸗ enden Plätzen: sämmtlichen französischen Häfen, den Häfen des italienischen Festlandes an dem Meerbusen von Genua und dem Tos⸗ Fünischen Meere, sowie den spanischen Häfen am Mittelländischen

eere.

„Das Verbot der Einfuhr von gebrauchter Wäsche, gebrauchten Kleidern und seeeancgr Betten, sofern die genannten Gegenstände nicht zum Reisegepäck gehören, besteht gegenüber Rio de Janeiro und Außerdem ist eine Reinigung von Wäsche, Kleidern und von einem der beiden zuletzt genannten Orte als cht werden, unter öffentlicher Aufsicht besonders an⸗

avana. Betten, welche Reisegut mitgebr. geordnet.

(Nat.⸗Ztg.) Der Bericht des Kuratoriums der Spar⸗ kasse über das Jahr 1885 ist beim Magistrat einge angen. Er stellt folgende interessante Zahlen fest: Betrag der Einlagen am Schlusse des Rechnungsjahres 1884 55 359 810 ℳ; Zuwachs im Jahre 1885 I. durch Zuschreibung der Zinsen 1 838 502 ℳ, II. durch neue Einlagen 20 315 570 ℳ, Ausgabe im Jahre 1885 durch abge⸗ hobene Einkagen 13 886 883 Betrag der Einlagen am Schlusse des Jahres 1885 63 626 998 Alle Zahlen gehen über die des Jahres 1884 recht erheblich hinaus, namentlich die des Kassenverkehrs (mehr als 20 Millionen Einlagen und fast 14 Millionen Rückzahlungen). Die Zinsüberschüsse stellen sich trotz des gesunkenen insfußes auf 544 556 Der Reservefonds beträgt 3 198 050 Der Zinsfuß, welcher bei der Belegung erzielt worden ist, betrug 3,99 %, im Jahre 1884 stellte er sich auf 4,01 %, war indeß noch früher viel höher. Die Zahl der Bücher belief sich Ende Dezember 1884 auf 231 086; im Jahre 1885 kamen hinzu 63 343, es gingen ein 34 631, es blieben Ende 1885 259 798 Bücher. Davon lauteten nicht weniger als 95 288 auf weniger als 60 ℳ, 50 278 auf über 60 bis 150 Die Mehrzahl aller Bücher gehörte also kleinen Sparern. Von dem Rest der Bücher lauteten nur 33 341 auf 601 bis 1000

8 Wie die Photographische Gesellschaft in Berlin uns mittheilt, wird dieselbe gegen jeden Nachdrucker des Richter⸗ schen Bildes der Königin Luise die Einleitung des straf⸗ rechtlichen Verfahrens veranlassen.

8

Wiezsbaden, 15. Marz, früh. (W. T. B.). In der vergan⸗ Nacht um 12 Uhr 28 Minuten wurde hier ein heftiger Erd toß verspürt.

Das Königliche Opernhaus brachte am Sonnabend das seit langer Zeit nicht gegebene Ballet „Der Seeräuber“, welches von Paul Taglioni nach dem Gedicht des Lord Byron zusammen⸗ gestellt ist und wozu Gährich die Musik geschrieben hat, vor zahl⸗ reichem Publikum zur Aufführung. Das anmuthige kleine Werk, welches dem Balletpersonal der Oper reichlich Gelegenheit giebt, seine Fertigkeit in den Einzeltänzen wie auch in den Chortänzen und Gruppirungen zu zeigen, erfreute sich der Anerkennung der Zu⸗ schauer und trug den für ihre tüchtigen Leistungen den verdienten Beifall ein. Die im ersten Akt von den Damen Urbanska, Stoßmeister, A. Sonntag, Wenzel, Kaselowsky, Bethge und den Herren Quaritsch, Krüger, E. Müller, Guichard getanzte Tarantella wurde sicher und geschmackvoll ausgeführt. Der Pas de deux, welchen Frl. Hofschüller und Hr. Burwig tanzten, fand gleichfalls die Anerkennung der Zuschauer, deren Schaulust sich an dem zum Schluß des ersten Aktes von dem Corps de Ballet aus⸗ eführten Grand Ballabile vollauf befriedigen konnte. Im zweiten

kt, war es vor allen anderen Tänzen der von Frl. dell' Era und Hrn. E. Graeb in künstlerischer Vollendung ausgeführte Pas de deux, der besonders hervorgehoben zu werden verdient. Der originelle Glockentanz, welcher von Hrn. Trost sowie den Damen Urbanska, H. Sonntag, A. Sonntag, Wenzel, Stoß⸗ meister, Kaselowsky, sowie dem weiblichen Corps de Ballet mit großer Akturatesse zur Ausführung gebracht wurde, verfehlte seine Wirkung nicht. Die geschmackvolle Inscenirung des Ballets und die tüchtige Ausführung sämmtlicher mit großem Fleiß sorgfältig eingeübten Tänze ließen das Taglionische Werk auch nach der längeren Pause eine reundliche Aufnahme beim Publikum finden.

Nach längerer Pause gelangte am Sonnabend im Circus Renz die Pantomime „Diamantine“, neu einstudirt und mit neuen Kostümen ausgestattet, wieder zur Aufführung. Der Eindruck der Vorstellung war nicht weniger glänzend als vor Jahren; fast wollte es scheinen, als ob die schillernden Gewänder und die farbig wechselnde Beleuchtung an Fülle und Reiz noch gewonnen hatten. Es konnte somit an rauschendem Beifall Seitens des Publikums umsoweniger fehlen, als die verschiedenen reizvollen und theilweise neuen Tanz⸗Arrangements und Gruppirungen mit der gewohnten Exaktheit und Verve ausgeführt wurden und unaufhörlich wechselnde Bilder von reicher Farbenpracht boten. Der pantomimische Humor und die aus unvermittelten Koatrasten fließende Komik findet auch in „Diamantine“ seine Stelle. Im Einzelnen fanden die Scenen mit dem in die Lüfte wachsenden Helrebeuhn und die Schlußapotheose den meisten Beifall und wiederholt mußte Hr. Direktor Renz den Dank der Zuschauer entgegennehmen. Im Uebrigen fand an diesem Abend der Direktor auch noch Gelegenheit, sich durch das Vorführen eines in Freiheit dressirten Hengfies. welcher im Seilspringen Vorzügliches leistete, in die Gunst des Publikums zu setzen. Ferner lassen wir nicht un⸗ erwähnt, daß Hr. Hager als eleganter und gewandter Schulreiter das Publikum erfreute. Die übrigen Nummern des reichen Programms: der Jongleur zu Pferde, die Künste der Clowns u. s. w. fanden die gewohnte Anerkennung und ungetheilter Beifall folgte allen Piècen.

Literarische Neuigkeiten und periodische Schriften.

Gesundheit. Nr. 2. Inhalt: Original: Kanalisation und Fluß⸗Verunreinigung. Uebersichten: Aus den Berathungen der GFfundheitsbeamten Hollands. Von W. Berger. Entscheidung des Reichsgerichts. Vergiftung mit Trichinen. Zuschriften und Mittheilungen: Aus Amerika. Besprechungen neuer Schriften: Elsner, Praxis des Nahrungsmittel⸗Chemikers. Norwegens offtzielle Statistik. Die Stadt der Zukunft. Von Prof. C. Reclam. erschiedenes. Anzeigen. Musikalische Jugendpost. Nr. 5. Inhalt: Unter⸗ haltungen über Musik und Musiker, von Louise Hitz. Das Suchen nach der Musik, ein musikalisches Spiel. Der heimliche Musikant, von Carl Cassau. Im Lenz des Lebens, Musikalische Kinderszenen von Johanna Baltz. Was ist eine Sonatine? von „Kipper. Ein kleiner Musikmeister, von L. Herzog. Elfen⸗ bt gaft von L. Förster. Räthsel. Briefkasten. Literatur. Anzeigen. Musik⸗Beilagen: Heinrich Enckhausen „Galopp“ für Klavier, J. Haydn „Adagio“ für Violine und Klavier und C. Haaß „Frühling überall“ Lied für 1 Singstimme und Klavier. Illustrirte Berliner Wochenschrift „Der Bär“ Nr. 24. Inhalt: Gedenktage. Im goldenen Horn, Novelle aus dem Berliner Künstlerleben, von Hermann Heinrich. Feuilleton: Henning Steinhoffs Anwerbung für die Potsdamer Garde, von C. S. Am brandenburgischen Hofe des XVI. Jahrhunderts. (Fort⸗ setzung.) Denkmäler alter Gießkunst in der Mark Branden⸗ burg. IV.; Die Spiele in dem Schrein des Kronprinzlichen Paares. Miscellen: Prinzessin Marie Louise Anna von Feeg (mit Abb.); Die alte Münze auf dem Werderschen Markt (mit Abb.); Beschrän⸗ kung der Häuserhöhe; Aufruf zur Errichtung eines Denkmals für Fritz Reuter; Ansicht der Stadt Tangermünde (mit Abb.). Abonnements⸗Einladung. Inserate.

Rieeedacteur: Riedel. 8

Verlag der Expedition (Scholz). Druck: W. Elsner. Sieben Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

Berlin:

8

Zeitschrift für öffentliche und private Hygieine.

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E Beilage

Berlin, Montag, den 15. Müärz

geiger und Königiih Preißtschen Staat⸗Alzeiger.

1886.

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 15. März. Im weiteren Ver⸗ lauf der vorgestrigen (66.) Sitzung des Reichstages wurde die zweite Berathung über den Gesetzentwurf des Abg. Lenzmann, betreffend die Entschädigung fürunschuldigerlittene Untersuchungs⸗ und Straf⸗ haft, bei §. 5 und 6 fortgesetzt. Dieselben lauten:

§. 5.

Der Klage auf Ersatz des Schadens muß die Entscheidung der betheiligten obersten Justizverwaltungsbehörde vorhergehen. Zu dem Zweck hat der Berechtigte binnen einer Frist von sechs Monaten seit dem Tage der Rechtskraft des freisprechenden Urtheils bei der Staatsanwaltschaft des Gerichts, bei welchem das freisprechende Urtheil ergangen ist, die Gewährung des Schadenersatzes in An⸗ trag zu bringen. Der Antrag muß von einem Rechtsanwalt unter⸗ zeichnet sein oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers erklärt werden; er soll den Betrag der Entschädigungssumme und die den Anspruch begründenden Thatsachen und Beweise angeben,

Gegen die Entscheidung des Chefs der Justizverwaltung findet binnen einer Frist von sechs Monaten seit Zustellung der Ent⸗ scheidung der Rechtsweg statt. 1 1“

Für die in diesem Paragraphen vorgeschriebenen Fristen sind die Bestimmungen der Civilprozeßordnung über Nothfristen maß⸗ gebend. 8

Für die Verhandlung und Entscheidung über den Anspruch ist die Civilkammer des Landgerichts, von welchem oder in dessen Be⸗ zirk das aufgehobene Strafurtheil gesprochen war, ausschließlich zu⸗ ständig.

Ihnen entsprechen 1) ein Antrag Hartmann, die §§. 4 bis 7 und 14: §. 4

Der Antrag auf Entschädigung muß binnen einem Monat nach Eintritt der Rechtskraft des in dem wieder aufgenommenen Ver⸗ fahren gesprochenen Urtheils bei dem Ober⸗Landesgericht angebracht werden.

§. 5. Der Antrag ist der Staatsanwaltschaft zuzustellen. Derselben liegt die Vertretung der Interessen des Staates und der Staatskasse ob. 6., 6 6.

Zur Entscheidung über den Antrag ist der Strafsenat des⸗ jenigen Ober⸗Landesgerichtes zuständig, zu dessen Bezirk das Unter⸗ suchungsgericht gehört.

Der Senat entscheidet in der Besetzung von fünf Mitgliedern mit Einschluß des Vorsitzenden.

1

Die Entscheidung erfolgt in öffentlicher Verhandlung mittels Urtheils auf den Bericht eines der Mitglieder des Senats und nach Anhörung der Staatsanwaltschaft und des Antragstellers.

Der Antragsteller kann im Beistand eines Rechtsanwaltes er⸗ scheinen oder sich durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

Durch das Ausbleiben des Antragstellers oder seines Vertreters wird das Gericht an der Aburtheilung nicht gehindert. Jedoch kann dasselbe auch die Vertagung der E verfügen.

Das Recht, die Feststellung der Entschädigungssumme zu fordern, verjährt in zwei Jahren von der Verkündung des Urtheils an, durch welches der Entschädigungsanspruch zugelassen ist.

2) im Antrage von

Ueber die Anträge auf Gewährung einer Entschädigung ent⸗ scheidet der Reichskanzler. Derselbe hat vor Abgabe seiner Ent⸗ scheidung, sofern nicht die frühere Verurtheilung von dem Reichs⸗ gericht in erster und letzter Instanz ausgesprochen ist, die Justiz⸗ verwaltung des betheiligten Bundesstaats zu hören.

Anträge, welche nach Ablauf von sechs Monaten, von dem Tage an gerechnet, an welchem das im Wiederaufnahmeverfahren ergangene Urtheil in Rechtskraft getreten ist, eingehen, bleiben un⸗ berücksichtigt.

Die gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Behörden des Reichs und der Bundesstaaten, welche in dem betreffenden Straf⸗ verfahren mitgewirkt haben, sind verpflichtet, sich auf Erfordern des Reichskanzlers über die Begründung des Antrages auf Ent⸗ schädigung gutachtlich zu äußern.

Der Abg. von Reinbaben befürwortete seinen Antrag unter Hinweis darauf, daß er denselben in Gemäßheit der vom Vertreter der verbündeten Regierungen in der Kommission abgegebenen Erklärungen gestaltet habe.

Der Abg. Dr. Reichensperger bekämpfte diese Vorschläge, befürwortete dagegen die Beschlüsse der Kommission.

Der Abg. Kayser beantragte, hinter Absatz 2 einzufügen:

„Der freigesprochene Verurtheilte ist von dem vorsitzenden Richter, der außer Verfolgung gesetzte Angeschuldigte von seinem Untersuchungsrichter über seine erworbene Berechtigung auf Ent⸗ schädigung zu belehren.“ 8 3

Nachdem der Abg. Dr. Reichensperger den §. 5 in der Kommissionsfassung befürwortet, wurde derselbe fast ein⸗ stimmig angenommen, der Antrag Kayser gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und der Volkspartei, der Antrag von Rein⸗ baben einstimmig abgelehnt.

Ohne Debatte genehmigte das Haus die noch übrigen Bestimmungen des Entwurfs, sowie die mit ihm in Verbindung stehende Vorlage, betreffend die Abänderung der Bestimmungen der Strafprozeßordnung über das Wiederaufnahmeverfahren, nach den Vorschlägen der Kommission.

Es folgte die zweite Berathung des von dem Abg. Aus⸗ feld eingebrachten Gesetzentwurfs, betreffend die Ab⸗ änderung des Zolltarifgesetzes. (Petroleumfaßzoll.)

Kommission hat dem Antrage nachstehende Fassung gegeben:

„Dem §. 2 des Zolltarifgesetzes in der Fassung der Bekannt⸗ machung, betreffend die Redaktion des Zolltarifgesetzes vom 24. Mai 1885, sind folgende Absätze hinzuzufügen! Die Umschließung, deren Gewicht bei der Verzollung der Waare in das der letzteren selbst mit einzurechnen ist, unterliegt, mag die Erhebung des Zolls für die Waare nach Bruttogewicht oder nach Nettogewicht vor⸗ geschrieben sein, einer weiteren besonderen Verzollung nicht. Ist die Umschließung derart, daß sie als fabrik⸗ oder handelsübliche Nerpackung nicht anzuerkennen ist. und ist zugleich der auf ihr ruhende Zoll höher als der auf der Waare selbst ruhende, so tritt, selbst wenn an sich eine Verzollung der Waare unter Zuzug des Gewichts der U. hließung vorgeschrieben ist, Nettoverwiegung ein, und auf Grund des ermittelten Gewichtes sind die Umschließungen wie die Waare gesondert mit dem für jede

derselben im Tarif vorgeschriebenen Zollsatze zu verzollen. Werden Flüssigkeiten in zum Transport derselben eigens eingerichteten Land⸗ oder Wasserfahrzeugen ohne anderweitige Umschließung eingeführt, so ist behufs der Verzollung dem unmittelbaren Gewicht der Waare selbst ein der gewöhnlichen Verpackungsart entsprechender, vom Bundesrath festzustellender Gewichtszuschlag hinzuzufügen.“

Der Referent Struckmann erklärte: die Kommission habe sich mit der Begutachtung jener Verordnung des Bundesraths zu befassen gehabt, nach welcher die Petroleumfässer, da die⸗ selben in der Venttoper,nne des Petroleums nur den Zollsatz des letzteren trügen, noch einem Zuschlagzoll unterworfen würden. Die Kommission habe aber die Definition der Regierung, der zu Folge sich das Petroleumfaß als Böttcherwaare darstelle und als solche verzollt werden müsse, nicht für richtig anerkennen und die Zweckmäßigkeitsgründe nicht für durchschlagend er⸗ achten können. Die Bruttoverzollung geschehe, wo sie Platz greife, vom Ganzen, Waare und Umhüllung würden identi⸗ fizirt, es sei in Folge dessen unzulässig, einen bereits verzollten Gegenstand nochmals zu verzollen. Daß die Verzollung der Petroleumfässer im Interesfe und zum Schutze des Böttcher⸗ gewerbes geboten erscheine, könne die Kommission nicht er⸗ kennen; denn von der jährlich aus Amerika bezogenen Million Fässer Petroleum werde kein Stück weniger eingehen, wenn ein besonderer Prs0 erhoben werde, denn die Zahl regulire sich dur den Bedarf an Petroleum. Im Gegentheil könne der Faßzoll eher eine Schädigung des Böttchergewerbes herbeiführen, indem er die Händler ver⸗ anlasse, die Fässer wieder zurückzuführen, um den Zoll her⸗ auszubekommen, was andererseits eine Ueberfüllung des ame⸗ rikanischen Faßmarktes und somit einen Preisdruck auf die Fässer veranlassen würde. Aus diesen Gründen habe die Kommission die vom Bundesrath erlassene Maßregel als mit dem bestehenden Gesetz nicht im Einklang stehend erachten können, sie habe aber geglaubt, die Sache klarer hinstellen zu sollen, damit jeder Zweifel ausgeschlossen sei.

Hierauf ergriff der Staatssekreäär von Burchard das Wort:

Meine Herren! Der Herr Referent hat am Schlusse seiner Aus⸗ führungen ausdrücklich nochmals hervorgehoben, daß der Antrag der Kommission nicht bedeuten sollte, daß die Kommission anerkannt habe, der Bundesrath sei bei Erlaß seiner bekannten Bestimmung bezüglich der Petroleumfässer nach Maßgabe des Gesetzes verfahren; die Kom⸗ mission sei vielmehr in ihrer Mehrheit der Ansicht gewesen, diese Anordnung des Bundesraths entspreche den bestehenden Gesetzen nicht. Nun, ich habe ja mich nicht darüber zu äußern, in welcher Weise die Mehrheit der Kommission oder mehrere Redner derselben sich geäußert haben, aber ich glaube doch konstatiren zu müssen, daß, wenn die Nothwendigkeit anerkannt wird, ein neues Gesetz zu erlassen, welches einen neuen Rechtszustand schafft, doch zum mindesten nicht daraus zu folgern ist, daß die Aus⸗ legung, welche der Bundesrath dem bisherigen Gesetze gegeben hat, nicht im Einklang stehen soll mit dem geltenden Süee Es mögen ja Zweifel in dieser Beziehung existiren, aber ich glaube, daß der Vorschlag der Kommission nicht die Folgerung rechtfertigt, der Bundesrath habe bei Erlaß seiner Anordnung die gesetzlichen Befugnisse, welche ihm zustehen, überschritten. 1

Ich will die Gründe, die den Bundesrath geleitet haben, nach dem sehr eingehenden Vortrage des Herrn Referenten und unter Bezugnahme auf die Bemerkungen, die ich seiner Zeit mir vor⸗ zutragen erlaubte, nicht nochmals wiederholen; ich will nur kurz den Gedankengang, den, wie ich glaube, der Herr Referent nicht in der Weise, wie ich ihn vorgetragen habe, vollständig wiedergegeben hat, kurz rekapituliren. §. 1 des Zolltarifgesetzes sagt ausdrücklich:

Bei der Einfuhr von Waaren werden Zölle nach Maßgabe des

nachstehenden Tarifes erhoben. 1

Das ist das gemeine Recht, welches §. 1 an die Spitze stellt. In dem Tarif werden nun Gewichkszölle und Stückzölle angeordnet, und §. 2 fügt hinzu, in welcher Weise die Gewichts⸗ zölle zu erheben sind. Wenn §. 2 nicht vorhanden wäre, dann würden alle Gewichtszölle nach dem Nettogewicht zu erheben sein. Das will §. 2 aber nicht; er ordnet für gewisse Fälle an, daß nicht nach dem Nettogewicht, sondern nach dem Bruttogewicht Zölle zu er⸗ heben sind. Das ist eine Verschärfung der in §. 11 allgemeinen Anordnung. Ist daraus zu folgern, daß bezüglich der Umschließungen angeordnet sei, daß in Fällen, wo nach dem Bruttogewicht der Zoll zu erheben sei, von der Umschließung kein besonderer Zoll zu erheben sei? Das ist eine Auffassung, die nach meiner Ansicht in dem Wort⸗ laut des Gesetzes keinen Anhalt findet. Das Zollgesetz enthält Be⸗ stimmungen über Zollbefreiungen und es würde eine Zollbefreiung sein, wenn bestimmt würde: die Umschließungen sind keinem beson⸗ deren Zoll zu unterwerfen. Im §. 5 sind die Fälle aufgeführt, in welchen unter gewissen Umständen die Umschließungen oder andere Waaren nicht dem Zolle zu unterwerfen seien, der im Gesetz ausgesprochen ist; aber darunter befindet sich keine derartige Bestimmung bezüglich der Umschließungen, und der Bundesrath hat sich wiederholt von der Auffassung leiten lassen, daß über die Art und Weise, wie die Umschließungen zollamtlich zu behandeln seien, das olltarifgesetz sich nicht ausspricht. b

er Herr Referent hat dann besonders noch bemängelt, daß der Bundesrath nur den Zuschlagszoll erfordert habe, nur die Differenz des Zollbetrages zwischen dem Petroleumzoll und dem Faßzoll, während nach seiner Auffassung das jedenfalls unrichtig sein soll. Nun, ich will mich darüber nicht weiter auslassen; es mag sein, daß das zu beanstanden ist, aber der Herr Referent hat die Gründe 1“ die den Bundesrath geleitet haben. Es würde nach der Auffassung desn Bundesraths zu weitgehend sein, wenn neben dem Petroleumzoll auch noch der volle Faßzoll zur Erhebung gekommen wäre. Der §. 2 berührt die Frage, in welcher Weise die Umschließungen einem Zoll zu unterwerfen seien, nach meiner Auf⸗ fassung und nach der Auffassung des Bundesraths gar nicht; der Bundesrath hat deshalb in den ausführlichen Tarabestimmungen, die er erlassen hat, diese Frage einer besonderen Regelung unterworfen. Das ist auch nothwendig. Es ist nach meiner Auf⸗ fassung ganz unmöglich, daß das Gesetz die Frage, in welchem Fall die Umschließung zu einer Verzollung heranzuziehen sei, in irgend einer befriedigenden Weise regeln kann. Diese Frage muß immer nach Maßgabe der besonderen Umstände und der Veränderungen, die sich im Lauf der Zeiten vollziehen, asec

Zu welcher Konsequenz dieser Antrag und die Auffassung der Kommission, wenn dieser Antrag angenommen würde, kommen würde, das erlaube ich mir, noch etwas näher zu beleuchten.

Der Vorschlag sagt, daß bei brutto zu verzollenden Waaren die Umschließung nicht einer besonderen Verzollung zu unterwerfen sei. Der Vorschlag erkennt an und in der Kommission schien darüber Einstimmigkeit zu sein —, daß durch den . 2 keineswegs die Ver⸗ zollung der besonderen Umschließung von zoll reien oder netto zu ver⸗ zollenden Waaren untersagt sei. Wenn nun die Auffassung der Kom⸗

mission und des Herrn Referenten richtig wäre, daß der Bundesrath

bezüglich der Frage der Verzollung der Umschließung sich lediglich

von den Bestimmungen des Gesetzes leiten lassen solle, daß er nicht im einzelnen Falle nach Zweckmäßigkeitsgründen fragen dürfe, ob die Umschließung zur besonderen Verzollung heran⸗ gezogen werden soll oder nicht: dann würde die Konsequenz einfach die sein, daß der Bundesrath verpflichtet wäre, bei zollfreien und bei netto zu verzollenden Gegenständen allgemein die Umschließung der Verzollung nach Maßgabe ihrer Beschaffenheit zu unterwerfen. Das würde aber meines Erachtens zu einer ganz ungeheuerlichen Belästi⸗ gung des Handels führen. Der Bundesrath hat geglaubt, als Rechts⸗ nachfolger der General⸗Zollkonferenzen, seine Befugnisse dahin gegeben zu sehen, sich bei der Frage, ob und in welchem Umfang und für welche speziellen Fälle die besondere Verzollung der Umschließung angezeigt wäre, von Zweckmäßigkeitsgründen leiten zu lassen, diese Fragen in jedem einzelnen Falle einer besonderen Entschließung unterwerfen zu sollen.

„Ich habe dann bezüglich der Zweckmäßigkeitsgründe lediglich auf meine früheren Ausführungen und auf die Mittheilungen des Herrn Referenten Bezug zu nehmen. Ich muß aber noch hinzufügen, daß die Zahl der Petroleumfässer, welche jährlich einkommen, nicht über 1 Million, sondern ca. 3 Millionen beträgt; es ist aber gar keine Frage, daß diese Fässer dem Böttchergewerbe eine sehr starke Kon⸗ kurrenz bereiten. Der Herr Referent hat ja schon hervor⸗ gehoben, daß nicht finanzielle Rücksichten es sind, welche den Bundesrath bei seiner Anordnung geleitet haben. Dem Bundesrath kam es nicht darauf an, neue große Erträge aus dem Petroleumzoll zu ziehen, sonst würde er nicht die Bestimmungen be⸗ züglich der Wiederausfuhr der Fässer in so liberaler Weise geregelt haben, daß zu hoffen ist, daß die Ausfuhr in verstärktem Maße statt⸗ finde. Nein, die Maßregeln sollen dahin wirken, daß die Fässer in erhöhterem Maße als bisher zur Ausfuhr gelangen, und es darf nach den bisherigen Erfahrungen angenommen werden, daß dieser Haupt⸗ zweck der Maßregel erreicht wird. Daß der Handelsstand sich mit den Einrichtungen vertraut gemacht hat, und daß Mißstände in der Be⸗ ziehung nicht hervorgetreten sind, ergiebt sich aus dem Jahres⸗ bericht der Handelskammer von Mannheim für das Jahr 1885. Ich bemerke, daß Mannheim für Süddeutschland der Haupt⸗ stapelplatz für Petroleum ist, und daß Mannheim hauptsächlich auf die amerikanische Einfuhr angewiesen ist, daß, weil es weit von der See liegt, es ganz besonders in dieser F betheiligt ist und daß, wenn die Mannheimer Handelskammer zufriedengestellt ist, anzunehmen ist, daß in der That Beschwerden auch anderwärts dadurch nicht her⸗ vorgerufen sein können. Nach dem Bericht der Mannheimer Handels⸗ kammer für das Jahr 1885 hat sich diese Einrichtung bei uns ver⸗ hältnißmäßig leicht eingelebt, da die Preise der leeren Fässer an den Seeplätzen sofort heruntergingen; auch der Preis des Oels sei zurück⸗ gegangen und so sei auch die Lage Derjenigen, welche für den ersten November dauernde Kontrakte eingegangen waren, in der Folge nicht so unangenehm geworden, wie ursprünglich angenommen wurde.

Es liegen also materielle Beschwerden nicht vor und es kann da⸗ her kein Anlaß gefunden werden, mit diesem Zustand, in den sich der Handel eingelebt hat und der zu Beschwerden keinen Anlaß gegeben hat, das Haus näher zu beschäftigen. Ich habe schon auf den prinzi⸗ piellen Unterschied zwischen der Auffassung der Kommission und der des Bundesraths hingewiesen. Ich glaube, daß der Handel ein wesentliches Interesse daran hat, daß nicht die Gesetzgebung die Frage regelt: in welchem Umfang und in welchen Fällen die Umschließungen von Waaren einer besonderen Verzollung zu unter⸗ werfen seien, sondern daß dies Sache der Ausführungsbestimmungen ist. Es ist nach meiner Auffassung ganz unmöglich, in irgend einer befriedigenden Weise die Gesetzgebung diese Frage regeln zu lassen; und ich möchte deshalb anheim geben, von der Annahme des Antrags abzusehen. Ich glaube nicht, daß der Bundesrath, der erst kürzlich es für nothwendig und zweckmäßig erachtet hat, die Petroleumfässer einer besonderen Verzollung zu unterziehen, geneigt sein wird, dem Antrag zuzustimmen.

Der Abg. Gerlich außerte: Die „Breslauer Zeitung“ habe behauptet, daß er (Redner) der Einzige gewesen sei, der in der Kommission den Bundesrath unterstützt hätte. National⸗ liberale und Freisinnige hätten sich treu zur Seite gestanden, und auch ein konservativer Redner habe den Beschluß des Bundesraths mißbilligt. Der Beschluß der Kommission sei nicht mit allen gegen eine, sondern mit 6 gegen 4 Stimmen gefaßt worden. Außerdem entferne sich dieser Beschluß gar⸗ nicht so sehr von dem, den der Bundesrath ins Leben geführt habe. Vor 17 Jahren bei Abfassung des Zollvereins⸗ gesetzes habe man den Petroleumtransport nur in Fässern gekannt. Seitdem habe sich eine Art von Revolution im Transportwesen vollzogen. Seit Jahren werde das Pe⸗ troleum in Cisternenwagen eingeführt und die Einführung von Cisternenschiffen stehe bevor. Für diesen Fall aber wür⸗ den, um einer Zollumgehung vorzubeugen, nach Absatz 2 des Kommissionsantrages die Fässer doch zu verzollen sein, also derjenige Zustand eintreten, den der Bundesrath jetzt einge⸗ führt habe. Darüber, daß die Umhüllung der Waare nicht mehr verzollt werden dürfe, stehe im ganzen Tarif nichts. Wohl aber stehe darin, daß die Fässer mit einem viel höheren Zoll zu be⸗ handeln seien als der Inhalt, nämlich mit 10 pro 100 kg. Es handelte sich darum, die Bruttoverzollung bei dem Petroleum auszugleichen mit der Verzollung der Fässer. Er gebe gern zu, daß hier eine Art von Unklarheit vorliege. Aber die Verzollung der Fässer sei deutlich genug ausge⸗ sprochen, und der Bundesrath habe, von seinem verfassungs⸗ mäßigen Rechte Gebrauch machend, einen Mittelweg betreten. In dem Petroleumhandel in Cisternen erblicke er einen Vor⸗ theil für das Böttcherhandwerk. Die Folge werde sein, daß für den inneren Vertrieb die Fässer von deutschen Böttchern gemacht würden, während früher die amerikanischen Fässer

eingeführt worden seien. Die Bundesraths⸗Verordnung bewege sich also ganz auf dem Boden des Schutzes der nationalen Arbeit. Die Beschwerde, daß die Fässer jetzt zu billig, der Verdienst mit den Fässern also gekürzt sei, gehe von Petenten aus, welche sonst immer die Billigkeit für den Konsumenten im Munde führten. E bestreite aber diese Behauptung. Eine andere Frage aber sei, inwiefern die großen Geschäfte im Stande sein würden, die kleinen Lieferanten zu drücken. Es herrsche in der That ein Monopol, wie auch von der Gegenseite anerkannt worden sei. Wenn es sich aber darum handele, irgend wo anders ein Monopol einzuführen, dann seien die Herren nicht dabei. Er bitte, den Kommissionsbeschluß Nee. eie nachdem der Staats⸗ ekretär selbst erklärt habe, daß derselbe praktisch schwer durch⸗ serretär und für den Bundesrath kaum annehmbar sei. 1 Der Abg. Dr. Meyer (Jena) meinte: Die Nothwendigkeit eines neuen Gesetzes sei von der Mehrheit der Kommission durchaus anerkannt worden; sie wolle dem Bundesrath die

Möglichkeit geben, sich mit ihr auf einem Boden zu vereini⸗