berechnet wird, ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, G V. Civilsenats, vom 7. Dezember v. J., nicht ohne Weiteres jeder gegenseitige (doppelseitige) Kaufvertrag über Grundstücke in rrags⸗Instrument zu erachten; vielmehr muß im Vertrage die beiderseitig versprochene Grundstückshingabe in em direkten Verhältniß von Leistung und Gegenleistung zum Ausdruck gebracht sein. Fehlt dieses Erforderniß, so macht ie Bezeichnung der beiderseitigen Verkäufe als „Tauschvertrag“ den Vertrag nicht zu einem Tauschvertrag im Sinne des reußischen Stempelgesetzes.
— Der Minister des Innern hat durch Cirkularerlaß om 19. Februar d. J. an die Regierungs⸗Präsidenten in den Provinzen Ost⸗ und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien, Sachsen und Sigmaringen, sowie an den Ober⸗ Präsidenten zu Potsdam — zur Beachtung bezüglich des Stadt⸗ ausschusses fur den Stadtkreis Berlin — und an den Ober⸗ Präsidenten in Hannover verfügt, daß alljährlich eine Zu⸗ ammenstellung der bei den Kreisausschüssen (Stadtaus⸗ chüssen, r Sr , eines jeden Regierungsbezirks vorge⸗ kommenen Geschäfte der allgemeinen Landesverwaltung (Streit⸗ und Beschlußsachen) einzureichen sei.
— — Unter dem 28. Februar d. J. hat der Minister des Innern durch Cirkularerlaß sämmtlichen Ober⸗Präsidenten mitgetheilt, daß ein Bedürfniß für eine erschöpfende allgemeine Neuregelung
es gesamniten Gefangenen⸗Transportwesens, wenn⸗ gleich die noch in Geltung befindliche General⸗Instruktion vom 16. September 1816 zum großen Theil veraltet, nicht anzu⸗ erkennen sei. Was die Gefangenen⸗Transporte auf den Staats⸗ eisenbahnen anlange, so sei auf Anordnung des Ministers der öffentlichen Arbeiten die vorherige Zahlung des zur Erhebung kommenden Fahrgeldes zu leisten. Sofern uniformirte Gen⸗ darmen als Begleiter fungirten, hätten dieselben nicht den Militärfahrpreis, sondern stets das gewöhnliche tarifmäßige Fahrgeld zu entrichten, da in solchen Fällen die Reisen der
endarmen nicht für Rechnung der Militärverwaltung aus⸗ geführt würden.
— Nach Allerhöchster Bestimmung vom 11. d. M. treten bezüglich der Entscheidungsbefugnisse in Armee⸗Verwal⸗ tungs⸗Angelegenheiten mit dem 1. April d. J. zahl⸗ reiche Veränderungen ein, die in der Nr. 7 des „Armee⸗ Verordnungs⸗Blatts“ bekannt gemacht werden.
— Der General⸗Lieutenant von Oppeln⸗Broni⸗ kowski, Commandeur der 3. Division, ist Allerhöchst zur Vertretung des beurlaubten kommandirenden Generals des II. Armee Corps kommandirt worden und aus dieser Veran⸗ lassung zur Abstattung persönlicher Meldungen mit kurzem Urlaub aus Stettin hier eingetroffen.
— Das Schulgeschwader, bestehend aus S. M. Schiffen„Stein“, „Moltke“, „Sophie“ und „Ariadne“, Geschwader⸗Chef: Kapitän zur See und Kommodore Stenzel, hat am 24. März cr., S. M. Kreuzer⸗Fregatte „Elisabeth“, Kommandant Kapitän zur See Schering, am 25. März cr. von Plymouth die Heimreise fortgesetzt.
. M. Kreuzer „Habicht“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän von Schuckmann I., ist am 23. März cr. in Kapstadt eingetroffen.
Sachsen. Dresden, 24. März. (Dr. J.) Die Erste Kammer nahm heute zunächst Mittheilungen über die Er⸗ gebnisse des Vereinigungsverfahrens entgegen. Hiernach hat in dem Vereinigungsverfahren über den Gesetzentwurf, die Maßregeln gegen das Ueberhandnehmen von Feldtauben und Aufhebung der Schonzeit für wilde Tauben betreffend, die De⸗ putation der Ersten Kammer Fhben Widerspruch gegen die Be⸗ stimm ung, daß frei umherfliegende Tauben während der angeord⸗ neten Sperrzeit geschossen werden dürfen, nicht fallen gelassen. Der Gesetzentwurf kommt demnach wenigstens in seinem 8— Theil nicht zu Stande. Sodann nahm die Kammer u. A. den Gesetzentwurf, einen Zusatz zu den §§. 18 und 19 des Gesetzes über das Mobiliar⸗ und Privat⸗Feuerversicherungs⸗ wesen vom 28. August 1876 betreffend, 1 einiger Debatte gegen 2 Stimmen mit den in der jenseitigen Kammer be⸗ schlossenen Zusatzanträgen und unter Ablehnung eines An⸗ trags, auch den sächsischen Privat⸗Versicherungsgenossenschaften die Beiträge zu den örtlichen Feuerlöschkassen zu erlassen, an, erklärte mit der Aufhebung des §. 50, Abs. 1 der Armenordnung vom 22. Oktober 1850 ihr Einverständniß, beschloß weiter, der Staatsregierung die nachgesuchte eventuelle Ermächtigung zum provisorischen Erlaß einer Verordnung über die Heranziehung der Militärpersonen zu den Gemeinde⸗ abgaben zu ertheilen, und nahm endlich den von dem Abg. Dr. Schill eingebrachten Gesetzentwurf über die Abänderung einiger Bestimmungen der Notariatsordnung vom 3. Juni 1859 und des Gesetzes vom 9. April 1872 ohne Debatte an.
Die Zweite Kammer nahm die Mittheilung entgegen, daß in dem Vereinigungsverfahren über die Gesetzentwürfe, betreffend die Befugniß der Polizeibehörden zum Erlaß von Aufenthaltsverboten gegenüber von bestraften Personen, und betreffend die Bildung von Zuchtgenossenschaften und die Körung von Zuchtbullen, die 1. Deputation der Ersten Kammer den diesseitigen Beschlüssen in der Hauptsache beigetreten ist. Dem letztern Gesetzentwurf sind, abgesehen von einigen redaktionellen Aenderungen, einige Zusätze hinzugefügt worden, nach welchen der Besitz der sächsischen Staatsangehörigkeit zur Ausübung des Stimm⸗ und Wahlrechts in den Zuchtgenossen⸗ sgaften nicht erforderlich ist und die Statuten dieser Genossen⸗ schaften über die etwaige Freilassung und Ausschließung ein⸗ zelner Viehbesitzer Bestimmung zu treffen haben.
Baden. Karlsruhe, 25. März. (W. T. B.) Der Erbgroßherzog hatte, da die Abends wiederkehrenden rheumatischen Beschwerden sich allmählich milderten, eine ver⸗ hältnißmäßig gute Nacht. Heute zeigte sich eine frische An⸗ schwellung der linken Hand mit mäßigem Schmerz; die pleu⸗ ritischen Ergüsse sind eher im Rückgang.
Braunschweig. Braunschweig, 24. März. (W. T. B.) Der Landtag genehmigte in der heute Abend abgehaltenen Sitzung einstimmig und ohne Debatte die Militär⸗ konvention mit Preußen.
8 8 8
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 24. März. (W. T. B.) Das Abgeordnetenhaus beschloß heute mit großer Majorität, in die Spezialdebatte über das Budget einzutreten. Dafür s. auch die Mitglieder des deusceastereiüshen Klubs,
agegen nur die äußerste Linke. Nach längerer Debatte wurde
nachdem der Minister⸗Präsident, Graf Taaffe, das Vorgehen der Regierungspresse wiederholt gerechtfertigt hatte.
— (Wien. Abdp.) Die Eisenbahn⸗Kommission des Herrenhauses hat den Bericht über die Gesetzvorlage, be⸗ treffend die Betriebsübernahme und eventuelle Apprz; der Prag⸗Duxer und Dux⸗Bodenbacher Eisenbahn durch den Staat, bereits erstattet und beantragt mit allen gegen eine Stimme die Annahme der Vorlage in der vom Ab⸗ geordnetenhause beschlossenen Fassung. Die Budget⸗Kom⸗ mission des Herrenhauses hat die Vorlage, betreffend die Verlängerung des Budgetprovisoriums bis Ende Mai 1886, e und stellt den Antrag auf un⸗ veränderte Annahme derselben. u6
Pest, 23. März. (Wien. Abdp.) „Budapesti Közlöny“ publizirt das Allerhöchst sanktionirte Budgetgesetz.
Großbritannien und Irland. London, 25. März. (W. T. B.) Morgen findet ein Kabinetsrath statt, in welchem die Vorschläge des Premiers Gladstone für die künftige Regierung Irlands erörtert werden sollen.
— (Allg. Corr.) Aus Mandalay (Birma) berichtet der Korrespondent der „Times“ unterm 13. d.:
Der Mittelpunkt der Ruhestörungen hat sich nach Süden zu geschoben. In Topo und Yemethen 1e2 sich die Insurgenten zusammengerottet. Das gegenwärtige System der Entsendung einer großen fliegenden Kolonne hat sich beim Angriff von Freibeutern als vollständig mißlungen erwiesen. Reguläre Truppen sind nutzlos zur Verfolgung dieser Freibeuter, die sich beständig zurückziehen, und die durchzogenen Dörfer haben nach der Rückkehr der Kolonne ernstlich zu leiden. Es ist nutzlos, eine wesentliche Mitwirkung der Dorf⸗ bewohner zu erwarten, wenn wir nicht ein gewisses Element der Gewalt zur Aufrechterhaltung der Ordnung unter ihnen vertheilen. Wir halten die Wasserstraßen, haben aber nur geringen Halt im Innern. Die Aktionslinie sollte in das Innere vorgeschoben und es müßten zahlreiche Polizei⸗ und Militärposten von je 50 bis 100 Mann hergestellt werden, von denen jeder einen Radius von etwa 15 Meilen beherrschen könnte. Wenn nicht derartige Schritte gethan werden, wird die Schwierigkeit immer größer werden; die Dorf⸗ bevölkerung wird sich gegen uns erheben, und bei dem Hin⸗ zutritt wachsender Schwierigkeiten in Ober⸗Birma werden wir der Nothwendigkeit gegenüber stehen, dort eine große Militärmacht zu stationiren. Die Schwierigkeit der Lage ist in hohem Grade dadurch vergrößert worden, daß wir bei unserer ersten Ankunft im Lande es versäumten, die Bevölkerung zu entwaffnen, soweit dies nur möglich war, dann auch durch die spätere Entsendung von Agenten des Hlusdaw mit einer Anzahl bewaffneter Anhänger zu dem angeblichen Zweck, die Freibeuter niederzuwerfen. Diese Leute sind selber nicht besser als Fretn und handeln jetzt unter unserer Aegide. Sie weigern sich, aus den Distrikten zurückzukommen und ihre Waffen ab⸗ zuliefern.
— (W. T. B.) Ein Telegramm aus Rangun, vom 22. März, berichtet: Mayanchung Punghi, der Führer der Rebellion in Shwegyin, wurde zum Theil durch die Mitwirkung der amerikanischen Missionäre im Distrikt Tunghu gefangen genommen. Ein Telegramm des Generals Prendergast meldet, daß die Rebellen im Norden vost e zerstreut worden sind, und daß er hierher zurückkehre.
Kalkutta, 24. März. (W. 27 B.) In dem heute durch die amtliche Zeikung veröffentlichten Budget für Indien konstatirt der Finanz⸗Minister, daß hauptsächlich die Lage des Handels und Verkehrs die Ursache der herrschenden Beunruhigung bilde, und fügt hinzu: Seitens der indischen Regierung sei die Aufmerksamkeit des Staats⸗ sekretärs auf diesen Gegenstand gelenkt und dabei die Noth⸗ wendigkeit hervorgehoben worden, gemeinsam mit den Groß⸗ mächten und den Vereinigten Staaten von Nord⸗Amerika eine Lösung der Schwierigkeit der Silberfrage zu suchen.
Frankreich. Paris, 23. März. (Fr. Corr.) In dem heute unter dem Vorsitz des Präsidenten der Republik gehaltenen Ministerrath theilte der Minister des Innern, Sarrien, das Resultat der Untersuchung mit, welche bezüglich eines Zwischenfalls in Decazeville angestellt worden war. Richtig ist, wie auch die Depeschen melden, daß ein Soldat auf der Wache in der letzten Nacht zwei Schüsse auf Individuen abgefeuert hat, die sich ihm zu nähern suchten. Aus der von dem kommandirenden General der Gegend angestellten Unter⸗ suchung ergiebt sich, daß der erste Schuß um 9 ½ Uhr Abends auf einen Strikenden abgefeuert worden ist, der von einer Anzahl Kameraden vorausgesandt worden war, die sich dessen zu vergewissern beabsichtigten, ob die Ueberwachung organisirt sei, um nach dem Schacht Lafont zu dringen und daselbst Zerstörungen anzurichten. Der zweite Schuß wurde um 11 ½ Uhr Abends auf Individuen abgegeben, die aus Firney kamen, in denen man aber keine Strikenden ver⸗ muthet. In beiden Fällen wurde Niemand getroffen. Die Untersuchung ergab die Thatsache, daß der Wachtposten, ein bewährter Soldat, nur seinem Befehle nachgekommen war.
Alle Armee⸗Corps werden im September Ma⸗ növer durchführen, deren Programm endgültig festgestellt ist. Das 12. Corps (Limoges) und das 18. (Bordeaux) werden gemeinsam manövriren und die fremden Missionen hierbei anwesend sein. Divisions⸗Manöver finden im 4., 5., 6., 9. 10., 11., 14., 15., 16. und 17. und Brigade⸗Manöver im 1., 2., 3., 7. und 13. Corps statt. Die 9. Infanterie⸗Division wird Ende August Paris verlassen, gegen die 10. Division manövriren, welche jene in der Hauptstadt ersetzen wird. Wie bereits gemeldet, wird den die Manöver lei⸗ tenden Generälen das Thema derselben erst am Tage vor Beginn der Uebungen übergeben werden. Für das 12. und 18. Corps, bei denen die Manöver von den Corps⸗Kom⸗ mandanten selbst geleitet werden, wird der Kriegs⸗Minister das Thema aufsetzen. Die 2. und 6. Kavallerie⸗Division werden durch 12 Tage im Lager von Chalons unter der Oberleitung des Generals L'Hatte, Präsidenten des Kavallerie⸗ Comités, vereinigt werden. Diese Divisionen umfassen, die zweite: das 1. und 2. Kürassier⸗, das 7. und 18. Dragoner⸗ und das 5. und 10. Husaren⸗Regiment; die sechste: das 4. und 9. Kürassier⸗, das 4. und 5. Jäger⸗ und das 3. und 8. Husaren⸗Regiment. Sechs berittene Batterien wer⸗ den diesen Divisionen zugetheilt werden. Kein fremder Offizier wird diesen Uebungen folgen dürfen: diese formelle Regel ist immer in Frankreich beobactel worden; ein Gleiches fand im Vorjahr bei den deutschen Kavallerie⸗Manövern in der Ebene von Soltau statt. Die Garnisonen von Toul, Verdun und esfen werden an diesen Orten unter der Lei⸗ tung der Generäle in Verdun, Varaigne in Toul, und Saint⸗Beuve in Belfort manövriren.
Die Blätter bringen folgende Note: „Der Kriegs⸗ Minister hat nachstehende bebeutende Aenderung in dem bisher bei den Herbstmanövern befolgten System einge⸗
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hierauf der Dispotsionsfonds mit Majorität angenommen,
füͤhrt: In Zukunft wird nach erfolgter Truppenkonzentrirung
einander manövrirenden Brigaden und der Kriegs⸗Minister für die Divisions⸗ und Corpsmanöver mit doppelter Aktion das allgemeine Operationsthema jedem kommandirenden General am Tage vor dem Beginn der Manöver übermitteln.“
— 23. März. (Köln. Ztg.) Der Senat hat die zweite Berathung des Elementarschulgesetzes weitergeführt. — Unter den Senatoren herrscht keine günstige Stimmung für die gestern von der Deputirtenkammer zugestandene Bevoll⸗ mächtigung der Stadt Paris, eine Anleihe von 250 Millionen aufzunehmen. — Die Deputirtenkammer setzte die Berathung über die Eisenbahntarife fort und vertagte sich
Ausschusses erfolgen soll.
Die Verhandlungen über die Erneuerung des italienisch⸗ ranzösischen Schiffahrtsvertrages, welche durch ouviers Rückkehr nach Paris unterbrochen worden sind,
sollen erst in einiger Zeit wieder aufgenommen werden; Hr. de Freycinet hat die Absicht, dann ein Ultimatum zu stellen.
Amerika. Washington, 24. März. (W. T. B.) Der Schatzsekretär Manning ist plötzlich erkrankt; fürchtet einen Schlagfluß.
Zeitungsstimmen.
“
Die „Landes⸗
8
Zeitung für Elsaß⸗Lothringen“
Auch Elsaß⸗Lothringen hat sich dem Eindruck nicht entziehen können, den Kaiser Wilhelms machtvolle Persönlichkeit auf Alle aus⸗ übt, welche sich Ihm nahen durften. Er hat auch hier die Herzen gewonnen, und mit freudiger Erregung wurde die Kunde vernommen, daß des Kaisers Majestät das Reichsland in diesem Jahre mit einem Besuche beglücken werde. Herzlicher und begeisterter Heilruf wird den geliebten Monarchen in der Westmark begrüßen, wie diese auch heute den heißen Wunsch theilt, der Millionen von Herzen bewegt, in den eine Stätte gegründet:
Gott schütze, Gott erhalte den Kaiser! — Die „Deutsche volkswirthschaftliche Corre⸗ spondenz“ bringt folgende Betrachtung aus den Kreisen der Industrie:
„Zwar fallen auch auf die deutsche Industrie die Schatten der ungünstigen wirthschaftlichen Weltlage, aber weit besser als die In⸗ dustrien anderer Länder, ist sie im Stande, die Ungunst der Zeit zu ertragen. Diesen Vorzug verdankt sie in erster Reihe der politischen und wirthschaftlichen Entwickelung und einer weisen Gesetzgebung, welche beide der Weisheit unseres Kaisers zu danken sind. Es hat also die deutsche Industrie ganz besondere Veranlassung, dem Kaiser zu danken, denn fast mehr als irgend ein anderes Feld der Erwerbsthätig⸗ keit hat sie Vortheil gezogen aus den Errungenschaften, welche Deutschland seinem Herrscher verdankt. Man braucht nur an die Zeiten zurück⸗ zudenken, wie sie sich darstellten, ehe König Wilhelm den Thron Preußens bestieg. Gewiß haben auch zu früherer Zeit Preußen und die anderen deutschen Staaten Vieles gethan, was der Begründung und dem Wachsthum einer nationalen Industrie förderlich war; an dem guten Willen und an der Energie in der Verfolgung der einnal eingeschlagenen guten Wege hat es fast nirgends gefehlt. Aber e fehlte die Hauptsache, ohne welche Großes nicht erreicht werde konnte. Wenn Deutschland geblieben wäre, wie es vor 1866 wa in kleine rivalisirende Staaten gespalten, denen es an Einig keit gebrach, dann hätte die wirthschaftliche Entwickelung des Landes auch nicht entfernt den Aufschwung genommen, um welchen das Aus⸗ land heute uns beneidet. Das Deutschland des Frankfurter Bundes hatte weder den Beruf noch die Kraft zu großen nationalen Schöpfungen auf irgend einem Gebiet. Daß darin keine Uebertreibung liegt, das weiß man nur allzuwohl, und es wird gewiß keinem einzigen In dustriellen an Beispielen fehlen, welche die damalige traurige Lag illustriren. Man braucht nur an die Eisenbahn⸗Bauprojekte zwischen Bremen und Hamburg zu denken, welche lediglich wegen der Eifer⸗ süchteleien Hannovers nicht zu Stande kommen konnten. Selbst an noch viel drastischeren Beispielen fehlt es keineswegs Welche Weitläufigkeiten und welche Mühen haben nicht die ersten steuer⸗ und zollpolitischen Gesetzgebungsversuche auf Bundesgebiet gemacht! Das Verkehrswesen lag tief im Argen und war zum Theil von aus ländischen Einflüssen beherrscht, welche dem Wachsthum der deutsche Industrie schwerlich wohlgesinnt waren.
Es ist unmöglich, nicht den gewaltigen Unterschied zu würdigen welcher zwischen der damaligen Misere und dem energischen, erfolg⸗ reichen Vorwärtsdrängen besteht, welches nach der Begründung des Norddeutschen Bundes begann und nach der Wiederaufrichtung de Reiches so überaus glänzende Erfolge erzielt hat. 3
Es darf vor allen Dingen das gewaltige Wachsthum des An⸗ sehens des deutschen Namens nicht vergessen werden, welches wir de weisen und segensreichen Wirksamkeit des Kaisers Wilhelm schulden — Wenn wir in die Geschichte anderer großer Industrie⸗ und Handelsstaaten zurückblicken, so werden wir allenthalben finden, daß der wirthschaftliche Aufschwung jener Staaten sich an die Wirksam⸗ keit irgend einer hervorragenden, man kann sagen: providentielle Persönlichkeit knüpfte. Ludwig XIV. hat den Grund zu de industriellen und kommerziellen Bedeutung Frankreichs gelegt, welch sich heute anzuschicken scheint, wieder zu verschwinden. Und i England knüpfen die stolzesten Traditionen an den Namen der Königin Elisabeth an. Damals wurde der Grundstein zu der heutigen welt⸗ Stellung des handels⸗ und industriemächtigen England gelegt.
Die deutsche Industrie erblickt in dem Kaiser Wilhelm denjenigen Schöpfer und Förderer ihres Wachsthums, dem sie auf das tiefst zur Dankbarkeit verpflichtet ist. Des Kaisers Name und seine Er⸗ rungenschaften sind die Grundlagen des Wachsthums der deutscher Industrie geworden. Das weiß man in den industriellen Kreise recht wohl, und es ist deshalb keine inhaltlose Spielerei, wenn des Kaisers Name und Bildniß auf so vielen ausgezeichneten Leistungen der deutschen Industrie zu erblicken ist.... In den Kreisen der deutschen Industrie ist man sich zugleich wohlbewußt, daß der Kaiser der sicher Hort des Friedens ist, dessen Wohlthaten ihr unentbehrlich sind.
—— Wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ mittheilt, hat sich der Ausschuß des Landwirthschaftlichen Vereins für Oberhessen nahezu einstimmig für die Einführung des Branntwein⸗Monopols nach Maßgabe des dem Reichstage vorgelegten Gesetzentwurfs ausgesprochen.
Dabei ist der Verein von der Erwägung ausgegangen:
„1) Daß der dem Reichstage vorliegende Gesetzentwurf über da Branntwein⸗Monopol das Wiederaufleben der kleineren landwirth⸗ schaftlichen Brennereien begünstigt;
2) daß das Monopol die Produktion von Alkohol in bestimmten Grenzen hält und die Ueberfüllung des Marktes verhindert;
3) daß durch das Monopol der Konsum von Branntwein vor⸗ aussichtlich auf ein erwünschtes Maß reduzirt und der Branntwein gereinigt in den Konsum gebracht wird;
4) daß den gewerblichen und industriellen Unternehmungen, welche Alkohol bei ihrem Betrieb zu verwenden haben, dieser zum Selbft⸗ kostenpreis resp. unter demselben, durch das zu errichtende Monopol⸗ Amt abgegeben, und damit eine ausgedehnte Verwendung des Alko⸗ hols Platz greifen wird; 5) daß das Monopol es erreichbar macht, die im Reiche in kom⸗ mender Zeit nothwendig werdenden Steuern durch den Branntwei
F.
aufzubringen, und damit eine Erleichterung der Kommunal⸗ un lasten ermöglicht ist.“ 1 8 1
der kommandirende General des Armee⸗Corps für die egen 5
nereien
auf, indem sie schreibt:
. 3 hr wichti blitische Bedeut hat. Ein Reichstag, dann bis Sonnabend, weil morgen die Wahl des Budget⸗ doch auch ihre sehr wichtige politische Bedeutung k chstag 9 dem Ansehen des Parlaments, und wer es mit den Interessen des
Besserung der Zuckersteuer erreicht wird.“
geschrieben:
öbündeten Ultramontanen sind bereits daran,
schließt ihren Festartikel zum 22. März, wie folgt:
Ruf einstimmt, der heute zum Himmel tönt, überall da, wo Deutsche
11“ I11I1“
ür den Fall der Ablehnung der gegenwärtigen Monopolvorlage d — Rehala⸗ sieht der Verein in der Eheführung des Koß⸗ spiritus⸗Monopols die „geeignetste und am wenigsten drückende Form, in welcher unter Erhaltung der kleineren landwirthschaftlichen Bren⸗
höhere Erträge als bisher aus dem Branntwein zu
erzielen sind“. e. — In Betreff der Zuckersteuer⸗Vorlage, deren Schicksal
e Presse lebhaft beschäftigt, fordert die „National⸗ liberale Correspondenz“ dringend zu einer Einigung Bisher haben fast alle Parteien in der Zuckerfrage ziemlich bunt durcheinander gestimmt; jetzt muß man sich erinnern, daß die Sache
so sonnenklaren Nothwendigkeit keine positive
1 egenüber einer 9 der. er Wer es mit
Abhülfe schaffte, würde sich selbst für unfähig erklären.
Reiches ernst meint, der wird seine ganze Kraft daran setzen, daß eine zwischen Regierung und Reichstag über eine wirkliche
— Dem „Schwäbischen Merkur“ wird aus Berlin
Die deutschfreisinnige Presse und gewisse Blätter der ihr ver⸗ s 8- n8gsee das F
fgegeben ist, die nur in allgemeinen Umrissen verlautenden Pläne 88 Nss. terxan bezüglich einer anderen Art der Branntwein⸗ besteuerung in beliebter Art zu bekämpfen und zu verhöhnen. Von dem ganzen Ernst der Lage unserer Reichs⸗ und Staatsfinanzen findet man in jenem Lager keine Ahnung oder man giebt sich den An⸗ schein, mit offenen Augen nicht sehen zu können. Die ganze Haltung der Nachbeter E. Richters kommt eben immer mehr auf die Weisheit: „dieser Regierung keinen Groschen“ heraus; ob die Bedürfnisse des Landes darunter leiden, ob zahllose berechtigte und von der Regierung wie von allen Parteien anerkannte Wünsche bei dieser kläglichen Ent⸗ haltungspolitik unerfüllt bleiben, ist dem Fortschritt scheinbar gleich⸗ gültig. Die ganze Berathung des preußischen Etats, welche eben beendet ist, bildete einen sprechenden Beweis für die Nothlage, in welcher sich das preußische Finanzwesen zur Zeit gegenüber den berechtigten Forde⸗ rungen der Gemeinden, der Schulen, der Beamten befindet. Fast täglich mehreremale kehrte in den Debatten die Wendung wieder: wir sehen ein, daß für diesen oder jenen Zweck Geldaufwendungen un⸗ erläßlich und nur schwer aufschiebbar sind, aber wir haben nichts dafür übrig, so lange nicht das Reich eine neue ergiebige Steuerquelle öffnet und uns Geld verschafft. Daß es sich hierbei im Wesentlichen blos um Branntwein und Zucker handeln kann, liegt, nachdem man allseitig ent⸗ schlossen ist, den Taback nicht noch mehr anzugreifen, für Jedermann auf der Hand. Die Schwierigkeit einer erheblich höhere Beträge gebenden Zuckerbesteuerung ist soeben im Reichstage wieder offenbar gewor⸗ den, und daß der Sprit sonach der einzige Gegenstand ist, welcher, zum Vortheil der Nation auch in anderen Beziehungen, bedeutende
Einnahmen sicher gewährt, wird im Grunde von Niemand bezweifelt. Aber der Fraktionsgeist, das Gelüste der Linken und des Centrums, den Kanzler ihre Macht fühlen zu lassen, sperrt sich gegen jeden Vor⸗ schlag der Regierung.
Statistische Nachrichten. 1 h. 5„ 8
Die ortsanwesende Bevölkerung Berlins am 1. Dezember 1885 (Stat. Corr.) — Soeben hat das Königl. sta⸗ tistische Bureau in einem besonderen Hefte die vorläufigen Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 1885 veröffentlicht. In Ergänzung der bisher mitgetheilten Zahlen, welche sich nur auf die Städte mit über 10 000 Einwohnern und auf die landräthlichen Kreise erstreckten, enthält dieses Heft die Ergebnisse der Volkszählung für sämmtliche Städte und im Stande der Städte vertretenen Flecken und außerdem für alle Landgemeinden, deren ortsanwesende Bevölkerung am Zählungs⸗ tage 2000 Köpfe und darüber betrug. Auch die Bevölkerung der kleineren Landgemeinden und Gutsbezirke ist, allerdings nur summarisch, angegeben, da in jedem Kreise die städtische von der ländlichen Bevöl⸗ kerung unterschieden wird. . 18 8 5
Die Gesammtbevölkerung des preußischen Staates stellt sich danach auf 28 313 833 Personen (199 weniger als laut der Nach⸗ weisung vom 17. Februar d. J.), von denen 49,07 % dem männlichen und 50,93 % dem weiblichen Geschlechte angehören. Indem wir im Uebrigen auf den Inhalt dieser neuesten Publikation des Königl. statistischen Bureaus selbst verweisen, heben wir aus derselben hier noch einige Angaben über den Stand der Bevölkerung in den einzelnen Stadttheilen der Landeshaupt⸗ und Residenzstadt Berlin hervor. Es betrug:
die ortsanwesende Bevölkerung am 1. Dezember
1885
die Zu⸗(+) oder Abnahme (—)
in den Stadttheilen “ über⸗ haupt
im Standes⸗ amtsbezirke
in %
Berlin, Kölln, Friedrichs⸗ ’ werder, Dorotheenstadt 61 895 64 934 Friedrichstadt . 68 835 69 892- riedr.⸗ u. Schöneb. Vrst. 87 727 y66 523 1 8 „Tempelh. „ 117 673 89 545 a. Luisenstadt, jenseit des
Kanals: westlich ... 97 713%
z. Luisenstadt, jenseit des Kanals: östlich 8 45 415 Luisenst., diess. d. Kanals 130 448 101 820 66 343
Stralauer Viertel: westl.
:östlich 1 8 I 76 291 63 1927+ 13 099 + 20,73 73 095 67 390(+£ 5 705,+ 8,48 89 734 3—L 082 29 90 89 ,9379%113 453† 26 348 29,22 101 917] 88 359+ 13 558 + 15,34
Friedrich⸗Wilhelmstadt, 1“ . Thiergarten, Moabit. 73 386 51 344,+ 22 042 + 42,93 54 096,₰ 15 929 + 29,45
123 777
124 881]2%95 567 142 401†++ 25 762 + 18,00
Königsviertel Spandauer Viertel.. Rosenthaler Vorst: südl. 1 8 „ :nördl.
Oranienburger Vorstadt
Wedding, Gesundbrunnen 70 025 Außerdem innerhalb der V ganzen Stadt:
Diplomatisches Corps. 341
Schiffsbevölkerung.. 2 572
( 20 2 543 +
1 315 297,1 122 330ℳ 192 967 + 17,19
29 + 1,14
zusammen ...
EFine Abnahme der Bevölkerung zeigen also nur die Standes⸗ ämter I und II, d. h. dieselben Stadttheile, welche auch schon 1880 eine starke Verminderung gegen 1875 erlitten hatten. Man geht wohl nicht fehl, wenn man die Abnahme im Standesamtsbezirke I allein oder doch wenigstens zum weitaus größeren Theile für das ältere Berlin gelten läßt, wo wegen der neu entstehenden Kaiser⸗Wilhelm⸗ straße und der Centralmarkthalle in den letzten Jahren eine große Zahl von Wohnhäusern niedergerissen wurde. Dagegen hat die Be⸗ völkerung der Stadttheile Kölln, Friedrichswerder und Dorotheenstadt wahrscheinlich noch etwas zugenommen, weil sonst im Standesamts⸗ bezirke I eine noch viel stärkere Abnahme stattgefunden haben müßte. Diese Ansicht gewinnt an Wahrscheinlichkeit dadurch, daß in den anderen älteren Stadttheilen, dem Spandauer⸗ und Königsviertel, eine erhebliche Zunahme der Bevölkerung gegen 1880 zu verzeichnen ist. Die merkwuͤrdige Thatsache, daß die sogenannte Citybildung in Berlin aufgehört hat, mag darin begründet sein, daß viele große Geschäfte zur Bequemlichkeit des Publikums Niederlagen und Zweiggeschäfte in
den aͤußeren Stadttheilen gründeten und deshalb nicht nöthig hatten,
in der inneren Stadt Wohnhäuser zu Geschäftszwecken umzugestalten.
Es sind im Gegentheil in manchen älteren Stadttheilen bisherige Geschäftshäuser wieder Wohnzwecken dienstbar gemacht worden.
Die stärkste Zunahme der Bevölkerung haben die Standesamts⸗ bezirke XII, III, IV, XIII und X (a und b) aufzuweisen; sie bestehen aus denjenigen äußeren Stadttheilen im Südwesten, Westen, Nord⸗ westen und Norden der Stadt, welche auch schon vor 5 Jahren gegen 1875 ein beträchtliches Anwachsen der Bevölkerung zeigten.
— Aus Bavyern, 19. März, wird der „N. A. Ztg.“ geschrieben:
Das Königliche Statistische Bureau hat kürzlich die Zusammen⸗ stellung der Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 1885 in Bayern abgeschlossen, und die Tagespresse bringt nun die Ein⸗ zelheiten daraus mit mehr oder minder zutreffenden Bemerkungen. Die wichtigsten Ergebnisse der Volkszählung sind folgende:
Das Königreich Bayern hatte am 1. Dezember 1885 eine Ge⸗ sammtbevölkerung von 5 416 180 Einwohnern, 131 402 oder 2,5 % mehr als 1880. Beim männlichen Geschlecht beträgt diese Zunahme 59 088 Seelen oder + 2,3 %, beim weiblichen Geschlecht 72 314 Seelen oder 2,7 %. Vom Jahre 1875 auf 1880 betrug die Zunahme der Bevöl⸗ kerung des Königreichs 262 388 oder + 5,2 %, also etwas mehr als doppelt so viel, wie in dem Quinquennium 1880 — 1885. 8
Daß an der Vermehrung der Bevölkerung die größeren Städte den Hauptantheil haben, war zu erwarten. Von der Gesammtvermehrung der Bevölkerung in der Periode 1880 — 1885 mit 131 402 Seelen treffen auf die unmittelbaren Städte 70 601 Seelen oder 54 %, und auf die Bezirksämter 60 801 Seelen oder 46 %, während in dem Zeitraum von 1875 auf 1880 die Gesammtvermehrung von 262 388 Einwohnern des Königreichs sich mit 86 672 Einwohnern oder 32 % auf die unmittelbaren Städte und mit 177 716 Einwohnern oder 68 % auf die Bezirksämter vertheilte. — 1
Die Anziehungskraft der großen Städte hat daher im letzten Jahr⸗ fünft verhältnißmäßig zugenommen. Sieben Regierungsbezirke haben von 1880 — 1885 eine prozentuale Bevölkerungsmehrung aufzuweisen, und zwar Oberbayern + 5,5 %, Mittelfranken + 4,3 %, Pfalz + 2,8 %, Schwaben + 2,4 %, Niederbayern + 2,1 %, Oberpfalz + 1,8 %, Oberfranken + 0,1 %, wogegen im Regierungsbezirk Unterfranken sich eine Abnahme von — 1,0 % zeigte. 8
Abgesehen von den großen Städten, also die Bevölkerung der Bezirksämter allein betrachtet, zeigt sich von 1880 auf 1885 ein Zu⸗ wachs der Bevölkerung in Oberbayern von + 3,0 %, in der Pfalz von + 2,8 %, in Niederbayern von + 2,1 %, in Schwaben von
1,9 %, in Mittelfranken von + 1,6 %, in der Oberpfalz von + 1,4 %, dagegen eine Bevölkerungsabnahme in Unterfranken von — 2,1 % und in Oberfranken von — 0,7 %. 8 8
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Das Gesetz, betreffend die Auflösung des Lehns⸗ verbandes der nach dem Lehnrecht der Kurmark, Alt⸗ mark und Neumarkzu beurtheilenden Lehne. Vom 23. Juli 1875. Ergänzt und erläutert durch die vollständigen amtlichen Mo⸗ tive, die Kommissions⸗Berichte und Verhandlungen des Landtags von
Karl Seger, Justiz⸗Rath, Rechtsanwalt am Kammergericht und
Notar. Berlin, 1886. Franz Siemenroth. (104 S.) Preis 2 ℳ — Das vorstehende Schriftchen verbreitet sich zunächst eingehend über die allgemeinen Grundsätze des Gesetzes vom 23. Juli 1875, schickt sodann dem erwähnten Gesetz eine ausführliche und lehrreiche, den amtlichen Motiven entnommene Einleitung voran und theilt hierauf das Gesetz selbst im Wortlaut mit. Den Schluß des Schriftchens bildet ein Sachregister. Wir bemerken zu⸗ gleich, daß es das erste Mal ist, daß das Gesetz vom 23. Juli 1875 zusammen mit den Motiven und gesammten Materialien im Druck erscheint, welche letzteren bisher lediglich durch Einsichtnahme in die stenographischen Berichte des Landtages vom Jahre 1875 und deren Anlagen zu erlangen waren. Diese letzteren sind meist wortgetreu wiedergegeben; eine Kritik hat der Verfasser hierbei deshalb nicht eübt, weil eine Abänderung des die Auflösung des Lehnsverbandes Gesetzes nicht zu gewärtigen ist. Bei dem keineswegs überall unzweideutigen Wortlaut des Gesetzes war aber die Kenntniß der Motive vielfach wünschenswerth, und diese dem Praktiker in be⸗ quemer Weise darzubieten, ist der Zweck dieses Buches. . “ — „Die Kaiserlich deutsche Marine“ betitelt sich eine in zweiter, bis März 1886 vermehrter Auflage bei J. J. Weber in Leipzig erschienene Schrift. Wer sich über die Schiffs⸗ gattungen der deutschen Marine (Panzerschiffe, Panzerfahrzeuge, Kreuzerfregatten, Kreuzerkorvetten u. s. w., Leipzig⸗, Bismarck⸗, Carola⸗, Wespe⸗Klasse u. s. w.), sowie über die einzelnen Schiffe, ihr Alter, Tiefgang, Deplacement, Konstruktion, Armirung u. s. w. unterrichten will, findet dazu in diesem sachlich und dem Laien verständlich ge⸗ schriebenen Werkchen die ausgiebigste Gelegenheit. 28 große Voll⸗ bilder veranschaulichen die verschiedenen Schiffsgattungen, ein Quer⸗ durchschnitt des „Prinz Friedrich Carl“ auch die Raumvertheilung im Innern. Von besonderem Interesse ist eine am Schluß mitgetheilte Uebersicht, welche die Entwickelung der Marine vom Jahre 1848 an erkennen läßt. Das Ganze besteht aus 4 Seiten Text und 24 Seiten Abbildungen im Format und der eleganten Ausstattung der „Illustrirten Zeitung“. Der Preis beträgt nur 1 ℳ 8 — Als 81. Ergänzungsheft zu Petermanns Mit⸗ theilungen aus Justus Perthes' geographischer Anstalt in Gotha“ erschienen soeben: „Geographisch⸗geologisch e Studien aus dem Böhmerwalde: Die Spuren alter Gletscher, die Seen und Thäler des Böhmerwaldes“, von Franz Bayberger. (Pr. 4 ℳ) — Der Verfasser weist in der Vorrede zu seiner Arbeit auf den auffälligen Umstand hin, daß der Böhmerwald für die Gletscherforschung so lange terra incognita bleiben konnte. Während man seit langer Zeit über die einstige Vergletscherung des Wasgen⸗ waldes und des Schwarzwaldes ausgezeichnet unterrichtet ist, während über die Glazialepoche des Riesengebirges, des Harzes und der Kar⸗ pathen die sorgfältigsten Untersuchungen vorliegen, hat man den Böhmerwald, ungeachtet seiner günstigen klimatischen Verhältnisse, in dieser Beziehung merkwürdigerweise gänzlich vernachlässigt. Bayberger ist deshalb mehrere Jahre hindurch bemüht gewesen, die nöthigen viel⸗ fältigen Beobachtungen und geologischen Thatsachen zu sammeln, welche er in dieser seiner Schrift darlegt, und welche beweisen, daß auch der Böhmerwald wie jene obengenannten Gebirge einst mit Firnen und Gletschern bedeckt gewesen ist. Er bespricht zunächst die Litteratur gegen und für die einstige Vergletscherung des Böhmerwaldes und weist dann im Einzelnen an den noch heute erhaltenen Spuren (Rund⸗ höcker, erratisches Gerölle, Schliffe, Moränen⸗Schlamm, Bloͤcke und Blockmeere) die Wirkungen der Glazialzeit nach. Es ist ihm ge⸗ lungen, eine ganze Reihe innerer und äußerer Gletschersysteme aufzu⸗ stellen, wobei er den Einfluß der Thalbildung auf die Entwickelung der Gletscher nicht außer Acht gelassen hat. Aus den Merkmalen der äußeren und der inneren Moräne sowie der Seenzone schließt Bayberger auf eine Folge dreier Eiszeiten im Böhmer⸗ walde. Im zweiten Abschnitt wendet er sich den Seen dieses Gebirgssystems zu und charakterisirt dieselben (den großen und kleinen Arbersee, den Rachelsee, den Schwarzen See, den Teufelssee, Plöckensteinsee, Stubenbachersee und Lakasee) zunächst im Einzelnen, vergleicht sie dann mit den Seen des Wasgen⸗ und des Schwarz⸗ waldes und legt schließlich seine Ansichten über die Bildung der Seen und den Einfluß dar, welchen die Gletscher auf ihre Entstehung ge⸗ Labt haben. — In loserem Zusammenhange zu den besprochenen eiden Hauptabschnitten steht der dritte; in diesem bietet der Verf. die Resultate seiner geographischen Studien über einige Thäler des Böhmer⸗ waldes, welche bisher gleichfalls von der Forschung ignorirt wurden, übrigens aber auch nicht entfernt in dem Maße wie die alpinen Thäler mit der einstigen Verhletscherung verflochhen sind. Er giebt zunächst eine Einzeldarstellung des Ilz⸗, Regen⸗, oldau⸗, Wotawa⸗, Wollinka⸗ und Angelbach⸗Thals, und knüpft daran allgemeine geographische Bemerkungen über die Thäler des Böhmerwaldes, über den Verlauf der Wasserscheiden, den Mittellauf und die Terrassen⸗ bildungen. — Der Arbeit sind zur Illustration zwei Karten bei⸗ gegeben, von denen die eine die Verbreitung der Glazialspuren, die
andere die Profile der Seen im Böhmerwalde darstellt. Im Text sind ebenfalls noch mehrere Profile skizirt. b
Die kürzlich erschienene Doppelnummer 26 und 27 (Februar und März 1886) des „Anzeigers des Germanischen Na⸗ tional⸗Museums“ meldet in der „Chronik“ der Anstalt, daß der⸗ selben von dem Geh. Sanitäts⸗Rath Dr. Abegg in Danzig 500 ℳ zur Verfügung gestellt worden sind, mit der Bestimmung, diese Summe zur Erwerbung von Nachbildungen Danziger Kunstwerke zu verwenden. Für den Fensterschmuck des Südbau⸗Saales wurden 500 ℳ für beliebige Zwecke 100 ℳ von Ungenannten gespendet. Außerdem ist eine beträchtliche Zahl neu angemeldeter Jahresbeiträge und einmaliger Geldgeschenke verzeichnet. Die Sammlungen und die Bibliothek haben eben⸗ falls durch Geschenke und Ankäufe Vermehrung ersahren. Durch Kauf er⸗ worben wurden u. A. ein römischer Bronzehelm, Waffen, Schmuck und Hausgeräthe aus fränkischen Gräbern bei Kaltenengers. — Dem „Anzeiger“ sind die Bogen 25 bis 27 der „Mittheilungen aus dem Germanischen National⸗Museum“ beigegeben. Hr. Direktor Essen⸗ wein beschreibt darin ein schönes Schwert mit reich geäztem Knauf und Korb, welches aus dem Besitz der Holzschuherschen Familie in das Museum gekommen ist, sowie ferner einen eichenen Stollenschrank aus der Zeit des 16. bis 17. Jahrhunderts rheinischer Herkunft, welcher in Köln für das Museum erworben wurde und ein interessantes Gegenstück zu dem schon früher mitgetheilten prächtigeren Schrank bildet. Auf einer beigegebenen Tafel ist der Schrank sorgfältig abgebildet. — In einem größeren Beitrage handelt Theodor Lindner in Münster i. W. von den „Fragen des Königs Ruprecht über die Vemegerichte“. Be⸗ kanntlich hat König Ruprecht im Jahre 1408, um sich über das Wesen dieser Gerichte näher zu belehren, zu der ersten größeren Auf⸗ zeichnung der Rechtsgebräuche der Veme Veranlassung gegeben. Lindner hat nun zu den schon vorhandenen Handschriften dieser Fragen noch eine neue entdeckt, die aus dem Wolkensteins hen Archiv in Rodenegg in das Germanische Museum gekommen sst. Und zwar erhält dieselbe dadurch ein besonderes Interesse, daß sie, wie aus der Jahreszahl 1428 hervorzugehen scheint, dem Minnesänger Oswald von Wolkenstein gehört hat. Der Verf. nimmt an, daß Oswald v. W., welcher notorisch 1424 in Köln war, auf seinen wiederholten großen Reisen die Freigerichte kennen gelernt und selbst die Wissen⸗ schaft erworben habe. Vielleicht habe ihm ihre Eigenschaft als Reichs⸗ gerichte für sein Bestreben, Tirol reichsunmittelbar zu machen, förder⸗ lich geschienen. Diese Absicht habe er freilich aufgeben und sich mit dem Herzog Friedrich versöhnen müssen, aber er habe sich nun an die westfälischen Gerichte gewandt, um Privatstreitigkeiten auszutragen, und zu diesem Zweck mochte er sich damals die Abschrift der Ruprecht⸗ schen Fragen verschafft haben. Lindner will an einigen Stellen der⸗ selben sogar die eigene Hand Oswalds erkennen. Seiner Besprechung der “ läßt er den Text derfelben vollständig folgen und vergleicht sie dem Alter und dem Werthe nach mit den anderen. — Direktor Essenwein beschreibt weiterhin eine Kollektion von 12 bemerkenswerthen und schönen Fingerringen aus dem Germanischen Museum, von denen die Abbildungen beigefügt sind. — Hans Bösch theilt sodann eine Rechnung des Nürnberger Hafners Andreas Ley⸗ poldt aus dem Jahre 1644 mit, welche sich auf einen im Beheimschen Hause gesetzten Ofen bezieht und wegen des ermöglichten Ver⸗ gleichs der Kosten älterer mit derartigen modernen Arbeiten von Interesse ist. — Endlich liegt der Nummer der 2. Bogen des „Katalogs der Spielkarten“ bei. Demselben sind 10 weitere Tafeln mit getreuen Facsimile⸗Abbildungen der vielfach äußerst seltenen, aber leider meist vom Zahn der Zeit zernagten Blätter beigegeben, welche zum Theil höchst originelle Darstellungen zeigen. 4
— Sooeben ist Nr. 6 von „Mode und Haus, praktische illustrirte Frauen⸗Zeitung“ (Verlag: Berlin W, Abonnementspreis 1 ℳ pro Quartal) erschienen. Im Mode⸗ und Hausarbeiten⸗Theil befinden sich 34 allen Geschmacksrichtungen Rechnung tragende Illustrationen. Der Haustheil enthält: Was ver Nachbar erzählte; Welchen Beruf sollen unsere Töchter einschlagen?; Ueber das Trinkgelder⸗Geben; Ueber Toilettenfragen und nützliche, das Erziehungswesen und die Gesundheitspflege betreffende Aufsätze u. s. w. Die belletristische Beilage bringt den Anfang einer spannenden Erzählung von Ludwig Habicht „Orest und Pylades“ betitelt, ferner eine angeschlossene Humoreske „Nur nicht Dreizehn“ von Marie Widdern, eine kultur⸗ historische Studie „Hochzeitsgebräuche“ von Dr. Folticineano, eine Biographie der bekannten Schriftstellerin Frau Ida Boy⸗Ed, mit Porträt, eine Kunstkritik von Dr. Russak und die Ankündigung des E“ einem Preise im Werthe von 300 ℳ (Voll⸗ tändiges Kostüm ꝛc.). 18 Im Verlage von Alexius Kießling in Berlin 8., Branden⸗ burgstr. 64, erschien soeben in dritter Auflage Kießlings Große Karte der Provinz Brandenburg im Maßstabe 1: 432 000 mit alphabetischem Ortschaftenverzeichniß, in sauberem sechsfarbigem Druck ausgeführt und kartonnirt 2 ℳ, elegant gebunden 2 ½ ℳ, auf Leinwand gezogen und gebunden 4 ℳ, in dreifarbigem Druck (ohne Ortsverzeichniß) 1¼ ℳ — Diese bekannte und wegen ihrer Uebersicht⸗ lichkeit und Zuverlässigkeit empfehlenswerthe Karte ist in allen Theilen bis auf die neueste Zeit berichtigt und vervollständigt worden. Die Ver⸗ kehrswege sind durch Farben von einander unterschieden: sämmtliche Wasserstraßen sind blau, die Chausseen und gebesserten Wege roth, die Eisenbahnen schwarz gedruckt. Als eine Neuerung ist die Ein⸗ tragung sämmtlicher projektirten Sekundärbahnen hervorzuheben.
— Die in Leipzig und Berlin den 27. d. M. erscheinende Nr. 2230 der „Illustrirten Zeitung“ enthält folgende Ab⸗ bildungen: Die Bürgermeister der Freien Hansestädte Hamburg, Bremen und Lübeck für 1886. 5 Porträts. Nach Photographien ge⸗ zeichnet von F. Waibler: Dr. Karl Petersen, Erster Bürgermeister von Hamburg, Dr. Gust. Heinr. Kirchenpauer, Zweiter Bürgermeister von Dr. Otto Gildemeister, Erster Bürgermeister von Bremen, Dr. A. Lürman, Zweiter Bürgermeister von Bremen, Dr. A. G. Kulenkamp, Bürgermeister von Lübeck. — Lord Rosebery, englischer Minister des Auswärtigen. — Die afrikanischen Zwerg⸗Erdmenschen in Berlin, aufgefunden von Mr. G. A. Farini auf seiner Forschungs⸗ reise durch die Kalahari⸗Wüste im Innern Süd⸗Afrikas. 3 Abbildun⸗ gen: 1) und 2) Gruppen derselben nach photographischen Aufnahmen. 3) Straußenjagd. — Der neue Leuchtthurm auf Rothesand in der Wesermündung. Nach einem Oelgemälde. — Querschnitt des Leuchtthurms auf Rothesand. — Die Wesermündung mit Bezeichnung der Lage des Leuchtthurms. — Dachfiguren auf dem umgebauten Museum zu Leipzig. 3 Abbildungen: 8 Modellirt und ausgeführt von Christian Behrens. Italien. — Hellas. — Deutschland. — Der Winterkurort Montreux am Genfersee. Nach einer photographischen Aufnahme von A. Garcin in Genf. — Berliner Bilder: In einem Auktionslokal. Originalzeichnung von Wilh. Geißler. — Trabfahren. Nach einem Gemälde von Gustav Marx. — Das Eisenbahnunglück bei Monte Carlo am 11. März. Nach einer photographischen Aufnahme. — Spielschrein. Geschenk des Vereins für deutsches Kunstgewerbe für das deutsche Kronprinzenpaar zur Feier der Silbernen Hochzeit. Nach einem Lichtdruck von Römmler und Jonas in Dresden (Verlag von Mar Schulz u. Co. in Berlin). — Polytechnische Mittheilungen: Submarines Torpedoboot, System Goubet. (Längenschnitt und Grundriß.) — Frauenzeitung: Karoline Pierson. (Zu deren sechzigjährigem Schri tstellerin⸗Jubiläum.) — Moden: Armband, Geschenk für die Prinzessin von Wales zur Erinnerung an die Eröffnung des Mersey⸗Tunnels (zwischen Liverpool und Birkenhead.) ö“
Gewerbe und Handel.
Die rumänische Eisenbahnverwaltung hat laut einer im „Monitorul Oficial’ vom 3. d. M. veröffentlichten Bekannt⸗ machung für die mit der Bahn nach Galatz und Braila, und von dort per Schiff nach ausländischen Häfen gehenden Spiritus⸗ und Weinsendungen die ermäßigte Taxe von 5 Cani (= 4 89 per Tonne und Kilometer, jedoch mit der Maßgabe bewilligt, da dieser Frachtsatz nur auf Transporte von mindestens 5000 kg per Waggon und Frachtbrief Anwendung findet. Diese Frachtermäßigung soll bis zum 31. Dezember 1886 in Kraft bleiben. 1
— In der gestrigen Generalversammlung der Nationalbank für Deut 1 wurden die Bilanz und das Gewinn⸗ und Verlust
Conto genehmigt und dem Aufsichtsrath und der Direktion Decharge ercheilt. Die Mitglieder des Aufsichtsraths, deren Wahlperiode 9.