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14 General⸗ und Genossenschaftsversammlungen wurde gehalten, zu dem Ende .“ 345 446 Einladungsschreiben versandt; 57 Genossenschaftsstatuten wurden genehmigt. Organisirt wurden: 57 Genossenschaftsvorstände; 313 Sektionsvorstände;
3 Schiedsgerichte; Wahlbezirke für die wurden gebildet;
9 Krankenkassen mit Stimmzetteln ꝛc. versehen;
2 Kataster⸗ und Wahlbeschwerden entschieden, im Ganzen neue Sachen (darunter 20 091 vom Jahre 1885) bearbeitet, außerdem ohne besondere Journalisirung mehrere tausend Eingänge in Sachen der Arbeitervertreterwahlen.
1
Wahl von 1054 Arbeitervertretern
Nichtamtliches.
Preußen. Berlin, 8. Mai. In der gestrigen (68.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten erklärte in der zweiten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend Abänderungen der kirchenpolitischen Gesetze, bei Art. 1, welcher von der Aufhebung der wissenschaftlichen Staatsprüfung (Kulturexamen) handelt, der Abg. Dr. Gneist, seine politischen Freunde und er hätten die wesentlichsten Bedenken gegen die Vorlage bereits motivirt. Man habe sie aufge⸗ gefordert, bestimmt zu erklären, welche Art von Zugeständ⸗ nissen sie für zulässig hielten und welche nicht. Sie seien gern bereit, diesem Ansinnen nachzukommen und bei jedem einzelnen Artikel zu erklären, ob sie für ihn stimmen könnten oder nicht. Für Art. 1 könnten sie stimmen. Niemals hätten sie das Kulturexamen für den ausschließlichen oder den besten Weg gehalten, um das wahrzunehmen, was der Staat beanspruchen könne. Von Hause aus seien sie zum Theil der Meinung gewesen, daß das Staatskommissariat, wie es früher bestanden habe und in anderen deutschen Ländern noch bestehe, der Anforderung des Staates vollkommen und in einer Weise genüge, welche die katholische wie die evangelische Kirche weniger unangenehm berühre als ein solches Examen, bei dem vielleicht die Unterrichtsabtheilung des Ministeriums etwas zu stark influirt habe auf die Methode des Kultus⸗Ministeriums, für das diese Dinge nicht in gleicher Weise paßten. Redner könne daher erklären, daß seine Freunde einstimmig für diesen Artikel stimmen würden in dem Sinne, daß sie ihn annehmen würden in der Umgebung eines zusammenhängenden Gesetzes, 8 im Uebrigen die Rechte des Staates bei diesem Punkte wahre.
Art. 1 wurde gegen die Stimmen einiger wenigen Na⸗ tionalliberalen angenommen.
Art. 2 handelt von der wissenschaftlichen Vorbildung der Geistlichen, speziell von der Wiedereröffnung der kirchlichen Seminarien, welche bis 1873 bestanden haben. Ueber die Wiedereröffnung der Seminarien für die Erzdiözesen Gnesen und Posen und für die Diözese Kulm soll durch Königliche Verordnung Bestimmung getroffen werden.
Die Abgg. von Jazdzewski und Gen. hatten beantragt,
8.
diesen letzten Passus zu streichen.
Der Abg. von Stablewski bemerkte, der Zusatz zu dem Art. 2 sei in der ursprünglichen Vorlage nicht enthalten ge⸗ wesen. Er möchte wohl wissen, wem die Polen eigentlich diesen Schlag zu verdanken hätten. Welchen Grund habe man, den Oberhirten von Posen und Kulm die Leitung der Erziehung ihrer Geistlichkeit zu erschweren? Werde diese Aus⸗ nahme eingeführt, so müsse in diesen Diözesen ein Priester⸗ mangel und eine religiöse Verwahrlosung eintreten, wie sie bisher nicht vorgekommen sei. Man möge sich doch nicht der Illusion hingeben, daß polnische Theologen auf deutschen Uni⸗
versitäten ihrer Nation untreu werden würden. Das Volk werde
wohl wissen, wem es diesen Schlag zu verdanken habe.
brüchlich bewahren.
Oder sollte man Mißtrauen gegen den neuen Erzbischof von Posen haben, zu dem das polnische Volk in Treue stehe? Wenn man glaube, vielleicht durch diese Ausnahme das feste Band der Liebe des ganzen polnischen Volkes zum heiligen Stuhle lockern zu können, so irre man sich gewaltig. In schweren Kämpfen hätten die Polen neun Jahrhunderte lang diese Liebe und Treue bewahrt. Sie würden dieselbe auch jetzt unver⸗ Der Vater der katholischen Christenheit umfasse alle seine Söhne mit gleicher Liebe. Wenn er vor⸗ läufig das nicht habe erreichen können, was er gewollt habe, so hätten die Polen doch die feste Ueberzeugung und Hoff⸗ nung, daß seine Bemühungen das erreichen würden, was die Antragsteller jetzt durch ihre Anträge vergeblich anstrebten.
Der Abg. Dr. Windthorst meinte, im Namen seiner ämmtlichen Freunde habe er auch bei dieser zweiten Berathung genau das zu wiederholen, was er bei der ersten Berathung erklärt habe. In Konsequenz dieser Erklärung sage er eben⸗ falls im Namen seiner Freunde, daß sie zu ihrem Bedauern es geschehen lassen müßten, wenn die Anträge der polnischen Fraktion nicht zur Annahme gelangten. Sie hielten diese Anträge für vollkommen begründet und theilten die Ausfüh⸗ rungen des Vorredners, soweit sie sachlicher Natur wären und sich nicht auf die polnischen Verhältnisse bezögen. Sie würden auch für die Anträge stimmen, wenn dieselben irgend welche Aussicht auf Annahme im Hause und bei der Regierung hätten. Nach den Verhand⸗ lungen im Herrenhause und neben demselben müßten sie laiber überzeugt sein, daß diese Annahme zur Zeit nicht zu erwarten sei. Eine Abstimmung für die Anträge ihrerseits würde als eigentlich nichts sein, als eine Demonstration, deren Frucht⸗ losigkeit sie von vornherein einsähen. Sie hätten aber andererseits doch die feste Zuversicht und Hoffnung, daß es der in allen diesen Verhandlungen von Neuem bewährten Weisheit des heiligen Stuhles gelingen werde, in nicht zu ferner Zeit nach Besetzung beider Stühle in Posen und Pelplin bei Sr. Majestät dem Kaiser und König den Erlaß der vorbehaltenen Verordnung zu erwirken. Se. Majestät umfasse alle seine Unterthanen mit gleicher Liebe und mit gleicher Gerechtigkeit, und der heilige Vater werde nicht umsonst auch für diesen Theil der Unterthanen an das Herz Sr. Majestät appelliren. In diesem Sinne votire die Zentrumspartei einfach und schlicht für die Beschlüsse des Herrenhauses. Sie werde keine Amendements stellen, auch für keins stimmen und sich auch an der Diskussion nicht weiter betheiligen. Den Herren aus Polen aber rufe Redner zu, daß das, was er gesagt habe, hoffentlich zu ihrer Beruhigung beitragen werde; er danke ihnen für die treue Waffenbrüder⸗ schaft, welche sie in diesem langen Kampfe gewahrt hätten. Man werde hoffentlich bald einsehen, daß von den Be⸗ strebungen des Friedens ein Theil der Bevölkerung dauernd nicht ausgeschlossen werden könne.
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Hierauf erklärte der Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten, Dr. von Goßler:
Meine Herren! Nach den eben gehörten Erklärungen des Hrn. Abg. Dr. Windthorst werde ich mich kurz fassen, und ich kann zu⸗ nächst nur bestätigen, daß, wenn der Antrag der Hrn. von Jazdzewski und Genossen Annahme findet, das Zustandekommen des Gesetzes auf das Aeußerste gefährdet ist.
Der Hr. Abg. von Stablewski hat eine Reihe von prinzipiellen Ausführungen in seine Begründung des Amendements verflochten. Ich werde auf dieselben nicht weiter zurückgreifen; ich will nur erwähnen, daß, wenn ich es nicht thue, ich nicht alle seine prinzipiellen Ausfüh⸗ rungen unwidersprochen gelassen habe oder irgendwie anerkenne. Das, was mich interessirt, ihm zu erwidern, ist folgendes:
Hr. von Stableweki hat sich darüber verbreitet, daß der letzte Zusatz des Art. 2 der Beschlüsse des Herrenhauses in der Regierungs⸗ vorlage nicht enthalten sei, und hat die Frage daran geknüpft, sie auch nur in einer mir nicht verständlichen Andeutung beantwortet: wem wohl das polnische Volk den Schlag zu verdanken habe, der mit diesem letzten Alinea ihm zu Theil geworden. Darauf die kurze Antwort: Der Art. 2 hat überhaupt in keiner Gestalt in der Regierungsvorlage gestanden, folglich auch nicht der letzte Absatz. In der Regierungsvorlage war überhaupt nicht die Rede von den so⸗ genannten Klerikal⸗Seminaren, also den Anstalten, welche zur wissen⸗ schaftlichen Ausbildung der jungen katholischen Theologen bestimmt sind. Die Vorlage der Regierung bezieht sich nur auf die Errichtung von Konvikten bei den verschiedenen Anstalten und auf die Wieder⸗ eröffnung der praktischen Seminare. Wenn die Vorlage des Herren⸗ hauses so Gesetz wird, wie sie hier Ihnen unterbreitet ist, so kommen die Bischöfe von Kulm und von Gnesen⸗Posen genau in dieselbe Lage, in welcher ein Theil ihrer preußischen Amtsbrüder sich befindet; in dieselbe Lage, wie beispielsweise der Erzbischof von Köln, welcher auch nicht im Stande sein wird, außer dem praktischen Priester⸗Seminar noch ein besonders wissenschaftliches Seminar zu eröffnen, vielmehr auf die Universität angewiesen bleibt.
Wenn weiter der Hr. Abg. von Stablewski gefragt hat, wem die Ausnahmebestimmung des Schlußsatzes zu verdanken sei, so kann ich ihm, ohne ihn kränken zu wollen, nur erwidern: Wesentlich ihm und seinen politischen Freunden. Die Staatsregierung hat die Ueber⸗ zeugung, daß die exklusive Haltung der polnischen Geistlichkeit, oder richtiger der Geistlichkeit in den ehemals polnischen Landestheilen im Wesentlichen mit hervorgerufen ist durch die exklusive Erziehung, welche dieselben auf den kirchlichen Bildungsanstalten genossen haben. Ich bin in der Lage, an der Hand der eingehend gesammelten Mate⸗ rialien das noch näher nachzuweisen; ich bin sehr wohl in der Mög⸗ lichkeit, Ihnen auch Beweise zu liefern, wie allmählich steigend ent⸗
egen den Verhältnissen, welche zur Zeit der Begründung der wissen⸗
schaftlichen Seminare bestanden, die Entwickelung dazu geführt hat, die polonisirende Tendenz in diesen Anstalten zur Herrschaft gelangen zu lassen.
Es ist daher auch unrichtig, wenn Seitens des Hrn. Abg. von Stablewski bei der Regierung irgendwie Mißtrauen gegen den neuen Erzbischof von Posen vorausgesetzt wird; im Gegentheil, das Miß⸗ trauen, welches die Regierung hat, besteht sicher nicht gegen den von dem Papst ausgewählten Erzbischof der Diözese, sondern gegen Die⸗ jenigen, welche er, wie ich hoffe, schon in der nächsten Zeit unter seine Leitung nehmen wird.
Ich will zur Begründung des Mißtrauens hier nicht weiter ein⸗ gehen auf eine Reihe von Aeußerungen, die wohl jedem der Herren aus der Presse bekannt geworden sind. Dieses Mißtrauen wird aber sich mindern, wenn die unbedingte Folgsamkeit gegen die vom päpst⸗ lichen Stuhle bezüglich des Erzbischofs getroffene Entscheidung, welche der Hr. Abg. Stablewski — mir sehr sympathisch — so lebhaft be⸗ tont hat, sich bethätigt, wenn diese selben Gesinnungen in den ehe⸗ mals polnischen Landestheilen Wurzeln schlagen und zur deutlichen Er⸗ kenntniß kommen; dann wird sich ganz von selbst die Frage beant⸗ worten, wann und wie die Königliche Verordnung auf Grund des letzten Absatzes zu erlassen ist. Die Staatsregierung hält sich heute für verpflichtet, aus den Gründen, die in der Gesammtpolitik des Staates liegen, besonders Acht zu geben auf die Entwickelung in den beiden Diözesen Kulm und Gnesen⸗Posen. Ist sie eine solche, wie der Hr. Abg. von Stablewski heute mit großer Emphase und, wie ich überzeugt bin, mit voller Aufrichtigkeit in Aussicht stellt, so wird der Zeitpunkt naturgemäß ein viel näherer sein, in dem dasjenige Maß des Vertrauens den Diözesen bewiesen werden kann, welches sie von der Staatsregierung erwarten.
Also, meine Herren, die Zusage, die Sie von mir erwarten, können Sie sich im Wesentlichen selbst ertheilen. Wenn Sie die Hoffnungen und Erwartungen erfüllen, welche die preußische Regierung an den Amtsantritt des neuen Erzbischofs knüpft, der sich nach unserer Auffassung als ausgezeichneter Katholik, aber auch als zuverlässiger Preuße bewähren wird, dann wird der von Ihnen gewünschte Zeit⸗ punkt nahe sein. Dazu beizutragen sind die Herren Antragsteller durchaus in der Lage.
Der Abg. von Zedlitz wollte im Namen seiner Freunde erklären, daß, wenn sie bei der gegenwärtigen Verhandlung gegen den einen oder den anderen Artikel stimmen würden, daraus nicht der Schluß gezogen werden dürfe, daß sie diese elben Bestimmungen nicht annehmen würden, wenn sie nicht in dieser Vorlage, sondern im Rahmen eines abschließenden Gesetzentwurfs zur Annahme vorgelegt würden.
Der Abg. Dr. von Jazdzewski behauptete, es sei objektiv unwahr, daß die Klerikalseminare seiner Heimath darauf aus⸗ gegangen seien, polonisirende Tendenzen zu verfolgen. Er müsse dies auf Grund seiner Erfahrungen auf das entschiedenste bestreiten. Mit der peinlichsten Genauigkeit sei dafür Sorge getragen worden, daß die polnischen Geistlichen das Deutsche soweit beherrschen könnten, daß sie auch deutsche Gemeinden pastoriren könnten. Er frage nun den Minister, wie hinfort der Klerus ergänzt werden solle und woher die Mittel zu diesem Zweck genommen werden sollten?
Der Staats⸗Minister Dr. von Goßler erwiderte:
Meine Herren! Ich habe an und für sich kein Interesse, die Diskussion zu verlängern, aber eine Aeußerung, die gefallen ist, nöthigt mich doch zu einer Abwehr. Ich halte es im Rahmen der Diskussion nicht für angebracht, solche Worte wie „objektiv unwahr“ auf meine Ausführungen anwenden zu wollen. Der Herr Vorredner hätte meines Erachtens richtiger gethan, wenn er gesagt hätte: er wäre im Stande, meine Ausführungen zu widerlegen auf Grund der ihm innewohnen⸗ den Kenntniß — er kann aber unmöglich wissen, worauf ich alle meine Behauptungen stütze.
Ich werde nicht lang sein, ich will auch die Herren nicht damit aufregen, indem ich ihnen den Zustand schildere, in welchem nach den Befreiungskriegen der Bildungszustand der katholischen Geistlichen in der Erzdiözese Posen⸗Gnesen sich befand und wie die damaligen Bildungsanstalten darniederlagen. Ich will nur bemerken, daß es der ganzen Energie der preußischen Staatsregierung bedurfte, diejenigen Mittel und Wege zu finden, um die Bildung des Klerikalseminars in Posen zu Stande zu bringen, und doch gelang dies erst im Jahre 1885. Die Professoren wurden damals im Wesentlichen unmittelbar von der Regierung an⸗ gestellt, jedenfalls in vollem Einvernehmen mit derselben und unter deren Bestätigung und Genehmigung. Die ersten Dozenten, welche während des ersten Jahrzehnts an dem Klerikalseminar lehrten, waren deutscher Abkunft. Im Jahre 1842 wurde von einem auch sonst mehr⸗ fach genannten Propst, dessen Name hier nichts zur Sache thut, dem Erzbischof eine Denkschrift überreicht, in welcher die Lehrmethode der deutschen Seminarprofessoren als nicht zweckentsprechend kritisirt und ein veränderter Studienplan auf polnisch⸗nationaler Grundlage empfohlen wurde. Der Erzbischof von Dunin — es war sein Todes⸗ jahr, 1842 — ließ sich auf diese Agitation nicht ein, aber von dem Nachfolger desselben, Hrn. von Przyluski, wurde bald darauf die Re⸗ organisation des Klerikalseminars in Posen auf nationaler Grundlage
“ in Angriff gen Zan mit, daß man t au bereits nach wenigen us 1
und vollzogen. Mant deritschen Professoren
begann
entfernte, und
da⸗
nach 3 Jahren, war es so weit gekommen,
daß nur noch ein enz vo. Profßessor deutscher Abstammmung an dem
genannten Seminare füber.
So ist es weitereicktenagen; sogar die Anstellungspatente der Dozenten wurden verändeschey früheren Form, den Hinwe — Hinweis, welcher die Verpiet d ig der Treuhaltung gegen den König von Preußen enthielt. Wiriel —
es 1846 erleben müssen, daß der
damalige Lizentiat Janiszews un 7 durchsetzte, daß die Korrespondenz⸗
die bis dahin deutsch mit der — hen Behörde geführt wurde, nun
in polnischer Sprache abgefaßt zme *. Meine Herren, das sind That⸗ sachen, die aus den Akten genigi, m wurden zu einer Zeit, wo ich absolut nicht wußte, daß ich sie bzereitt heutigen Diskussion gebrauchen
würde. 8 1 Frühje
„Ich könnte dieses Material nocind, hnehren, aber Sie werden aus dieser kurzen Aufstellung schon erse — — aben, daß die Verhältnisse nicht so einfach liegen, als d.) . welcher doch nur aus einer Zeit refe 7 Ekann
N. ner in welcher er selbst als Seminarist dieser Anstalt angehörtr si 2
Meine Herren, ich weise
e ließ aus ihnen, im Gegensatz zu der das Unterthanenverhältniß aus, einen
Lerr Abgeordnete bekundet,
also den Vorwurf der Unwahrheit, auch; 1 Ger bescheidensten Gestalt
der objektiven Unwahrheit, als durchaus — chtfertigt zurück.
Der Herr Abgeordnete hat dann an Von die Frage gerichtet: 8
wie soll die Bildung der jungen Theologennfgeser Erzdiözese Gnesen⸗
Posen stattfinden, wenn das Klerikalseminar igiger Posen nicht wieder
eröffnet wird? neister
Ich habe vorhin schon den Hinweis auf Ltfahrtgethan — ich darf jetzt auf Osnabrück hinweisen. Osnabrück ha.. sei weder ein Klerikalseminar noch eine theologische3) iltät; mals sind die Osnabrücker Bischöfe in Verlegknhect., gewesen, ihre Kleriker zu erziehen, sie haben einfach ein Konvikt errezichtet an der Akademie zu Münster, und ihren jungen Theologen an dieser die wissenschaftliche Ausbildung geben lassen. Und wenn ich jeßt ugen⸗ blicklich einen Vorschlag für den Ersatz des Posener Klerika machen sollte — wozu ich nicht verpflichtet din —, dann könnte ich einfach rathen: der Erzbischof von Gnesen⸗Posen möge in Breslau oder Braunsberg ein Konvikt errichten und die Kleriker von dort aus die staatliche Bildungsanstalt besuchen lassen.
Was die Mittel betrifft, so wird sich vielleicht eine andere Ge⸗ legenheit finden, darüber mit den berufenen Organen in Verbindung zu treten. Aber diese Verhandlungen werden nicht zwischen der Staatsregierung und dem Herrn Abgeordneten stattfinden, sondern mit dem Herrn Erzbischof.
Der Abg. Dr. Gneist wies darauf hin, daß die Umgestal⸗ tung dieser Vorseminare parallel der Universität in der Re⸗ gierungs⸗ wie in der jetzigen Herrenhausvorlage als gemein⸗ same Angelegenheit sei, fast ebenso wie in Bayern und den übrigen deutschen Staaten. Das Interesse des Staates an diesen Einrichtungen sei dem der römischen Kirche gerade entgegengesetzt; das könne man nicht ändern: auf Sei⸗ ten der Kirche das Bestreben nach möglichst fester Abschließung, auf Seiten des Staates das Bestreben, wenigstens in den Vor⸗ stadien, in dem Vorleben der Geistlichkeit in gewissem Sinne die Duldsamkeit zur Erfüllung der staatsbürgerlichen Pflichten im Zu⸗ sammenhang mit dem Familien⸗ und Gemeindeleben zu erhalten. Das sei nicht die Ansicht einer Partei, sondern das sei die An⸗ sicht der Staatsregierung bei der Entstehung der Maigesetze, das sei die überwiegende Ansicht der höheren Beamten ge⸗ wesen, die in ihrer täglichen Praxis diese Kultusangelegen⸗ heiten verwalteten. Sie. sähen die Hauptwurzeln der all⸗ gemeinen immer sichtbarer werdenden Entfremdung in diesen Vorbildungsklassen. Nun seien zwar in der Herrenhausvor⸗ lage einige dieser Beschränkungen beibehalten worden, die von diesem Gesichtspunkte aus dem Staate nothwendig seien. Man vermisse aber immer noch für den Staat wesentliche Dinge, von denen man gern zugestehe, daß sie den Wünschen der Kirche widerstrebten; man könne aber entgegengesetzte Zwecke nicht vereinbaren, sondern müsse dem Staat das Seinige er⸗ halten. Das Bedenken der Nationalliberalen gegen die Vor⸗ lage in ihrer jetzigen Gestalt sei die ausschließliche und unbe⸗ dingte Kirchenleitung der Vorseminare, die Ausschließung jedes Einspruchsrechtes und jeder Betheiligung des Staates bei dem Personal. Während bei den Pfarrstellen dieses Einspruchs⸗ recht, diese Betheiligung noch stattfinden solle, sollten diese hier für die viel wichtigeren, für die Entwickelung der ge⸗ sähan Geistlichkeit viel entscheidenderen Anstalten wegfallen. Es solle dem Staat überhaupt kein besonderes Aufsichtsrecht irgend einer Art über diese Anstalten eingeräumt sein, die namentlich unter der Leitung der geistlichen Orden und Kon⸗
regationen einen ihm unsympathischen, mit ihm unverträg⸗ ichen Geist entwickeln könnten. Der vorletzte unvollständig gefaßte Satz dieses Artikels vermöge das nicht zu ersetzen.
Der Abg. Graf Limburg⸗Stirum äußerte, der Staat er⸗ halte hier nur das, was für ihn nöthig sei, und gebe preis, was in den Maigesetzen für ihn unbrauchbar Fechesen sei. Wenn man sehe, daß nur Einheimische, nur solche, die dem Sprengel angehörten, für den das Seminar errichtet sei, auf⸗ genommen werden bürsten in das Seminar, daß ferner zur Anstellung an diesen Anstalten die wissenschaftliche Befähigung, an einer deutschen Staats⸗Universität zu lehren, erforderlich sei, so sei doch genügende Garantie vorhanden. Das Einspruchs⸗ recht des Staates könne Redner doch nach den gemachten Er⸗ fahrungen nicht für eine wesentliche Sache erachten, denn auf diese Weise könne der Staat niemals auf den Geist der Anstalten einwirken. Man habe es doch erlebt, daß Jemand an eine Stelle gebracht sei auf Wunsch des Staates, und daß er sich doch dort ganz anders gezeigt habe als man erwartet hätte. Die bisherige gesetzliche Bestimmung liefere gar keine Garantie, sie habe für den Staat keinen Nutzen; es sei besser, sie durch die vorliegenden Bestimmungen zu ersetzen.
Der Abg. Dr. von Jazdzewski meinte, der Minister habe es ihm übel genommen, daß er demselben vorgeworfen habe, etwas Unwahres gesagt zu haben. Seine (Redners) Be⸗ merkung sei darauf hinausgegangen, daß es unwahr sei, wenn man behaupte, es sei die Einrichtung des Seminars in Posen darauf hinausgegangen, zu polonisiren. Er behaupte noch jetzt, daß dies unwahr sei, denn ein Beweis für diese Behauptung sei nicht erbracht worden.
Der Antrag der Polen wurde gegen die Stimmen der Polen und eines Theiles der Freisinnigen abgelehnt; für den Artikel 2 stimmten die Konservativen, das Centrum und ein kleiner Theil der Freisinnigen.
Artikel 3 lautet:
Die kirchlichen Oberen sind befugt, Konvikte für Zöglinge, welche Gymnasien, Universitäten und kirchliche Seminare, hinsichtlich deren die gesetzlichen Voraussetzungen für den Ersatz des Universitäts⸗- studiums ersfüllt sind, besuchen, zu errichten und zu unterhalten.
Dem Minister der geistlichen Angelegenheiten sind die für diese Konvikte geltenden Statuten und die auf die Hausoronung bezüglichen Vorschriften einzureichen, sowie die Namen der Leiter und Erzieher, welche Deutsche sein müssen, mitzutheilen.
Der Abg. Dr. Gneist bemerkte, bei der Entstehung dieser Bestimmung sei erwogen worden, daß weder der Staat, noch die Kirche etwas dagegen haben könnten, mit Gymnasien und
seinem Sprengel aber nie⸗
seminarrs
8
Universitäten Pensionate und Alumnate zu verbinden. Es sei
ch daran erinnert worden, daß evangelischerseits derartige Anstalten in segensreichster Wirksamkeit errichtet worden seien. Der Grund des Bedenkens habe sich nur gegen solche Konvikte
unter ausschließlicher Souveränetät der Geistlichen, besonders
der Ordensgeistlichen gerichtet, weil sie dazu dienten, die Kleriker schon von Kindesalter an aller Duldsamkeit zu entfremden. Das sei der entscheidende Grund gewesen und derselbe dauere fort. Die Nationalliberalen könnten dem Artikel in seiner jetzigen Gestalt nicht beistimmen, weil er jedes Einspruchsrecht und jede in dieser Richtung wirksame Einwirkung des Staats beseitige. Redner bittet, dabei zu erwägen, daß die evan⸗ gelischen Alumnate niemals ausschließlich zur Erziehung von Geistlichen bestimmt gewesen seien, sondern zur Erziehung für alle Berufe, während hier die ausschließliche Bestimmung ür den zukünftigen Geistlichen und die ausschließliche Leitung
es Instituts durch Geistliche der Anstalt einen andern Charakter gebe. 1“
Der Artikel wurde mit derselben Majorität wie der
rhergehende angenommen. 8 haact. 4 bestimmt:
Die kirchlichen Oberen sind befugt, die zur theologisch⸗praktischen Vorbildung bestimmten Anstalten (Prediger⸗ und Priester⸗Seminare) wieder zu eröffnen. .
Dem Minister der geistlichen Angelegenheiten sind die Statuten dieser Anstalten und die für dieselben geltende Hausordnung ein⸗ zureichen, sowie die Namen der Leiter und Lehrer, welche Deutsche sein müssen, mitzutheilen. . 1— 8 8
Der Abg. Dr. Gneist spricht im Namen seiner Freunde deren Bereitwilligkeit aus, für diesen Artikel zu stimmen, weil sie die in demselben den kirchlichen Oberen zugesprochenen Be⸗ fugnisse für ein wesentliches Recht der Kirche hielten.
Der Artikel wurde fast einstimmig angenommen.
Durch Art. 5 werden die in den §§. 9 bis 14 des Ge⸗ setzes vom 11. Mai 1873 enthaltenen besonderen Vorschriften wegen der Staatsaufsicht über die in den Art. 2, 3 und 4 bezeichneten Anstalten aufgehoben. b
Der Abg. Dr. Gneist sprach sich gegen diesen Artikel aus, weil 1 die allgemeine Aufsicht aus Art. 23 der Ver⸗ fassungsurkunde für alle Unterrichtsanstalten fortbestehe, die besonderen Rücksichten aber, die der Staat zu nehmen habe, in Art. 2 und 3 nicht genügend gewahrt seien.
Der Beschluß des Herrenhauses wurde ohne weitere De⸗
batte gegen die Stimmen der Nationalliberalen und eines
Theils der ““ angenommen. Art. 6 lantte .“ Der §. 1 im Gesetz vom 12. Mai 1873 wird aufgehoben. Kirchendiener im Sinne des Gesetzes vom 12. Mai 1873 sind nur solche Personen, welche die mit einem geistlichen oder juris⸗ diktionellen Amte verbundenen Rechte und Verrichtungen ausüben. Der Abg. Dr. Gneist meinte, der erste Absatz des Artikels habe im Deutschen Reich und in deutschen Staaten als ein wesentliches Attribut des heutigen Staats gegolten. Der heutige Staat würde seine obere Souveränetät über seine Unterthanen, Kleriker und Laien beider Konfessionen, nicht genügend wahren können, wenn eine Jurisdiktion irgend einer Art geübt werde von einer auswärtigen Macht, auf die ihm kein Einfluß zustehe. Das sei die Absicht des preußischen Landrechts gewesen, das sei der Grundsatz, den alle neueren Staaten aufrecht erhielten; es sei der Grundsatz, der nothwendig geworden sei dadurch, daß der heutige Staat nicht mehr eine Kirche, sondern zwei Kirchen mit gleichen Rechten sich gegenüberstehen habe. Auf Recht zu verzichten, hielten die Nationalliberalen nicht blos für einen Verzicht auf ein Ehrenrecht, sondern der Verzicht habe Konsequenzen, die sich in diesem Augenblicke noch gar nicht darstellen ließen. Der zweite Absatz sei untergeordneter Natur. Man könne gegen die Deklaration nichts haben, aber es sei zu wünschen, daß den anderen Kirchen derjenige Rechts⸗ schutz bleibe, den sie nach der Kabinetsordre von 1882 hätten. Art. 6 wurde mit derselben Mehrheit, wie die früheren Artikel, angenommen.
Art. 7 bestimmt:
Die Vorschrift des §. 2 Abs. 2 im Gesetz vom 12. Mai 1873 findet nur Anwendung, wenn mit der Entfernung aus dem Amt der Verlust oder eine Minderung des Amtseinkommens verbunden ist.
Der Abg. Dr. Gneist hielt es für Aufgabe des Staats,
auch über Vermögensnachtheile hinaus seinen Unterthanen
Schutz zu gewähren und sie vor Nachtheilen zu schützen.
Art. 7 wurde gleichfalls angenommen.
Art. 8 lautet:
Dem Minister der geistlichen Angelegenheiten sind die Statuten und die Hausordnung der Demeritenanstalten einzureichen, sowie die Namen der Leiter derselben mitzutheilen. Am Schlusse jedes Jahres ist dem Minister der geistlichen Angelegenheiten ein Verzeichniß der Demeriten, welches deren Namen, die gegen sie erkannten Strafen und die Zeit der Aufnahme und Entlassung enthält, einzureichen. Von einer Verweisung in eine Demeritenanstalt für länger als 14 Tage, oder einer Entfernung aus dem Amt ist dem Ober⸗ Präsidenten gleichzeitig mit der Zustellung an den Betroffenen Mit⸗ theilung zu machen. Die in den §§. 6 und 7 des Gesetzes vom 12. Mai 1873 enthaltenen besonderen Vorschriften wegen der Staatsaufsicht werden aufgehoben.
Abg. Dr. Gneist sprach sich unter großer Unruhe des Hauses gegen diesen Artikel aus, weil er dem Staat eine wichtige Waffe in dem Kampf gegen eventuelle Ausschreitungen der geistlichen Gewalt nehme.
Art. 8 wurde gegen die Stimmen der Nationalliberalen und einiger Freisinnigen angenommen.
Art. 9 hebt den Gerichtshof für kirchliche Angelegen⸗ heiten auf.
Der Abg. Dr. Gneist glaubte, der Bestimmung, den kirch⸗ lichen Gerichtshof aufzuheben, nicht einfach beistimmen zu können, ohne einen Beschluß darüber, was an seine Stelle treten solle.
Art. 9 gelangte mit derselben Mehrheit wie der vorher⸗ gehende Artikel zur Annahme.
Art. 10 beseitigt den Abschnitt II des Gesetzes vom 12. Mai 1873, welcher von der Berufung an den Staat han⸗ delt. Eine Beschwerde wegen der Ausschließung aus dem Kirchenvorstande soll an den Kultus⸗Minister gehen.
Der Abg. Dr. Gneist betonte, daß hier der Staat auf Befug⸗ nisse verzichten solle, die Reich und Einzelstaaten von Alters her für nothwendig gehalten hätten. Es sei die Souveränetät über zwei Kirchen, die einander mit gleich vollem vee gegenüberständen. Wenn irgend ein Staat auf diese Stellung nicht verzichten könne, so sei es der preußische. Der zweite Satz handle von untergeordneten Verhältnissen. Die National⸗ liberalen seien aber der Meinung: daß, wenn man die Selbständigkeit des Kommunalbeamten in der neueren Gesetz⸗ gebung gegen wechselnde ministerielle Entscheidungen gesichert habe, die kirchlichen Gemeindebeamten mindestens dasselbe
Recht haben müßten; Diejenigen, denen an der Selbständigkeit
des Gemeindelebens etwas liege, müßte gung gerade der kirchlichen Selbständigkeit sehr bestimmt empfinden.
Der Abg. Graf Limburg⸗Stirum entgegnete, der recursus ab abusn sei nur eine alte, ja selbst veraltete Institution, die niemals von Bedeutung gewesen sei, da die Geistlichkeit auch nie davon Gebrauch gemacht habe. Der Antrag der Regierung, wie der Beschluß des anderen Hauses seien durchaus gerechtfertigt.
Der Abg. Dr. Gneist erwiderte: die berechtigte Disziplin überschreite die gesetzte Schranke nicht; gebe man aber das Rechtsmittel weg, so eröffne man der Kirche die Möglichkeit, Alles in das Gebiet der Disziplin zu — was sie nach kanonischem Recht und nach den neuesten Urkunden der römischen Kirche dazu rechne. Redner sollte meinen, der Scharfsinn des Kollegen Grafen Stirum hätte das wohl finden können.
Der Artikel wurde angenommen.
Art. 11 setzt die Vorschrift wegen der Dispensation der Bisthumsverweser vom Eide wiederum in Kraft.
Der Abg. Dr. Gneist meinte, man verlange von einer Seite kurzweg einen Eid der Bischöfe auf die Befolgung der Landesgesetze; von anderer Seite ziehe man die alte Form des Eides vor, durch die sie Treue und Gehorsam zum Könige schwüren; von anderer Seite halte man provisorische Eide überhaupt für bedenklich; wieder von anderer Seite glaube man, daß man den römischen Bischöfen einen direkten Eid auf die Staatsgesetze, in die nun jetzt auch ein konstitutio⸗ nelles Element hineinspiele, nicht zumuthen könne. So habe man 1880 seine Zustimmung gegeben zur Aufhebung dieses Erfor⸗ dernisses ad interim, um die Hesebunz der erledigten Bischofssitze oder wenigstens ihre Verwaltung durch Vertreter zu ermöglichen. Das was man damals ad interim bewilligt habe, verwandle sich in etwas Anderes, wenn es eine grundsätzliche Bestim⸗ mung des dauernden Verhältnisses zwischen Kirche und Staat werde, und diese Frage erscheine doch noch weiterer Erwägung bedürftig. Die Nationalliberalen glaubten allerdings, daß, wenn wenigstens sonst die nöthigen Garantien gegeben seien, dann auch der alte Treue⸗Eid gegen den König genügen könne. Aber in dieser isolirten, negativen Gestalt sei ihnen die Sache denn doch nicht unbedenklich.
Der Artikel wurde angenommen. Auch ein großer Theil der Nationalliberalen stimmte für denselben.
Art. 12 bestimmt, daß die Versagung kirchlicher Gnaden⸗ mittel nicht unter das Gesetz, betreffend die Straf⸗ und Zucht⸗ mittel, falle.
Der Abg. Dr. Gneist erklärte, der Inhalt dieser Paragraphen habe die weltliche Gesetzgebung seit dem Mittelalter beschäf⸗ tigt. Die Kirche sei im Besitz von Zwangsmitteln gegen ihre Gläubigen in einer Weise, wie dieselben dem weltlichen Staat nicht zuständen. Die Versagung der Gnadenmittel, der Absolution, der Sterbesakramente sei möglich. Für den aufgeklärten Katholiken freilich, der auf dem Voltaire'schen Standpunkt stehe, sei das nicht von Bedeutung. Man wisse aber, daß nur eine kleine Minderheit der Katholiken auf die⸗ sem Standpunkt stehe. Für die große Masse der katholischen Bevölkerung liege darin das wirksamste Zmangsmittel, das sich überhaupt denken lasse. Wie solle sich der Staat verhalten, wenn die Kirche in ihrem Streit mit dem Staat diese ihre Zwangsmittel verwende zur direkten Beseitigung der Staatsgesetze? Man habe dagegen nichts Anderes schaffen können, als den Artikel 12 der Verfassung, der ausspreche, daß die kirchlichen Ansprüche niemals in Widerspruch kommen dürften mit der Erfüllung der staatsbürgerlichen Pflichten. Sei das der Fall, so könne er seine staatsbürgerlichen An⸗ forderungen nur aufrecht erhalten dadurch, daß er das An⸗ kämpfen gegen die staatsbürgerlichen Pflichten unter Strafe stelle. Wolle man das nicht, so müsse man erklären, daß zwar Rechte habe, dieselben aber nicht anwenden dürfe.
Der Abg. Graf Limburg⸗Stirum bemerkte, die hier auf⸗ gehobene Bestimmung habe in den letzten zehn Jahren gar⸗ nichts genützt. Habe die Bestimmung etwa dazu geführt, daß die Agitation des Klerus in politischen Dingen aufgehört habe? Man sei doch nicht im Stande, die Kirche zu hindern, ihre Gnadenmittel zu politischen Zwecken zu mißbrauchen. Also sei es besser, solche Bestimmungen zu entfernen
Art. 12 wurde angenommen.
Art. 13 lautet: 1“ 8
Die Bestimmungen des Art. 6 des Gesetzes 4. Juli 1880 werden ausgedehnt auf die Uebernahme der Pflege und Leitung in Waisenanstalten, Armen⸗ und Pfründnerhäusern, Rettungs⸗ anstalten, Asylen und Schutzanstalten für sittlich gefährdete Per⸗ sonen, Arbeiterkolonien, Verpflegungsanstalten, Arbeiterherbergen, Mägdehäusern, sowie auf die Uebernahme der Leitung und Unter⸗ weisung in Haushaltungsschulen und EEEEE1“ für Kinder in nicht schulpflichtigem Alter, als Nebenthätigkeit der ausschließlich krankenpflegenden Orden und ordensähnlichen Kongregationen,
welche im Gebiete der preußischen Monarchie gegenwärtig bestehen.
Der Abg. Dr. Gneist erkannte die segensreiche Wirksam⸗ keit der Krankenpflege auf das nachdrücklichste an; die Nationalliberalen würden zu jeder Zeit bereit gewesen sein, in dem weitesten Maße die Ausdehnung zu befürworten, wenn dieselbe nicht nach der Natur der Kirche und ihrer Orden in ungemessener und unkontrolirbarer Weise stattfände. Im Westen habe man die entschiedene Neigung der Ausdehnung, im Osten, namentlich in den rein protestantischen und gemischten Bezirken, sei die Ausdehnung dieser Thätigkeit der Bevölkerung unsympathisch und errege die Besorgniß einer ungemessenen Ausdehnung der Ordensbildung und des gewaltigen Einflusses ihrer Vermögensmassen. Redner und seine Freunde meinten daher, daß es einer Reihe von Kautelen bedürfe, die einiger⸗ maßen Rücksicht nähmen auf die Bedürfnisse der Landestheile, nicht durch fest formulirte Paragraphen, aber auf dem lokalen Verwaltungswege. Die überwiegende Mehrheit seiner Partei werde deshalb gegen diesen Artikel stimmen.
Der Art. 13 wurde angenommen. Auch ein großer Theil der Nationalliberalen stimmte für denselben.
Art. 14 bestimmt:
In denjenigen Landestheilen, in welchen der Vorsitz im Vor⸗ stande einer katholischen Kirchengemeinde — Kirchenrath — nicht bereits vor dem Erlaß des Gesetzes vom 20. Juli 1875 (Gesetz⸗ Samml. S. 241) einem weltlichen Mitgliede zustand, geht der Versit auf den ordnungsmäßig bestellten Pfarrer und Pfarrverweser, in Filialgemeinden auf die für dieselben ordnungsmäßig bestellten Pfarrgeistlichen über. 8
In der Erzdiözese Gnesen⸗Posen und in der Diözese Kulm erfolgt die Regelung im Wege Königlicher Verordnung. Ein Antrag der polnischen Abgg. Dr. von Jazdzewski und Genossen will die letzte Klausel streichen. Der Abg. Dr. Gneist äußerte, die Vertheilung der Funktionen in dem Kirchenverwaltungsgesetz beruhe auf einem
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vorigen Sommer, theils
Kompromiß, in welches so singulair einzugreifen sicherlich nicht rathsam sei.
Der Abg. Dr. von Jazdzewski bemerkte, hier könnten doch nicht politische Rücksichten mitsprechen, es handele sich einfach um eine Frage der Zweckmäßigkeit: der Pfarrer sei der brauchbarste und beste Vertreter für diese Funktionen. Es liege durchaus kein Grund vor, in den Diözesen Kulm und Gnesen⸗Posen die Sache anders zu regeln. Man thue daher nur Recht, wenn man den letzten Absatz streiche.
Nach Ablehnung des Polenantrages wurde Artikel 14 angenommen.
Art. 15 macht das Lesen der Sterbesakramente straffrei.
Der Abg. Dr. Gneist erklärte: er und seine Freunde würden für diesen Paragraphen stimmen, einstimmig, weil sie niemals stille Messen, die zu den Privatandachten gehörten, Sterbesakramente, die zu den Nothfällen gehörten, verbieten wollten. Sie würden den Satz wörtlich unterschreiben, vorausgesetzt, daß er in einer Umgebung stehe, die sonst dafür sorge, daß die Rechte des Staats gewahrt würden, die ver⸗ hüte, daß gegen gesetzliche Bestimmungen ein Geistlicher Besitz von einem Amte nehme, das er bis zur Erledigung des Ein⸗ spruchs nicht im Besitz haben sollte.
Art. 15 wurde fast einstimmig angenommen; dagegen nur einige Nationalliberale.
stiller Messen und das Spenden -
Damit war die zweite Berathung der Vorlage erledigt.
Schluß 1 Uhr. Nächste Sitzung: Sonnabend 11 Uhr.
Verkehrs⸗Anstalten.
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wesentlichsten Aenderungen ꝛc. des am 1.2 in nden ö“ für 1886 Winter⸗Fahrplan 1885/76.
(Zeitangaben nach Ortszeit).
1) Neue Züge.
Außer den bereits vom 1. Mai ab verkehrenden neuen Zügen, als:
a. je eines Schnellzuges 1.—3. Klasse zwischen Eisenach ind Bitterfeld in beiden Richtungen, Nr. 7 und 8, anschließend in Bitterfeld an die 12,30 Nachm. in Berlin eintreffenden bezw. 2,30 Nachm. daselbst abfahrenden Berlin-Leipziger Tages⸗Schnellzüge: ab Eisenach 5,40, an Bitterfeld 9,50 Vorm, und ab Bitterfeld 4,53 Nachm., an Eisenach 9,7 Abds., sowie der Anschluß⸗Personen⸗ züge Nr. 77 und 78 zwischen Corbetha und Leipzig, Ank. Leipzig 9,40 Vorm. und ab Leipzig 5,5 Nachm.
b. eines gemischten Zuges, Nr. 421, 2.—4. Klasse Eise⸗ nach — Halle, ab Eisenach 2,5 Nachm., ab Erfurt 4,11, ab Weißenfels 6,59, Ank. Halle 8,3 Abds.
c. je eines Lokalzuges 2.—4. Klasse zwischen Weißenfels und Halle in beiden Richtungen, Nr. 29 und 30, ab Weißenfels 1,45, an Halle 2,46 Nachm., und ab Halle 3,20, an Weißenfels 4,20 Nachm., erfolgt mit dem 1. Juni.
d. besondere Durchführung des Tages⸗Schellzuges Berlin — Leipzig und umgekehrt: ab Berlin 8,30 Vm., an Leipzig 11,38 und ab Leipzig 5,10 Nachm., an Berlin 8,23, in der Zeit bis 31. August.
e. Wiedereinlegung der Schnellzüge von und nach Leipzig (Leipzig —Corbetha) zum Anschluß an die Berlin— Frankfurter Tages⸗ Schnellzüge, ab Leipzig 11,20 Vm., an Corbetha 11,56 und ab Cor⸗ betha 5,12 Nachm., an Leipzig 5,50.
f Einlegung je eines neuen Lokalzuges, 2.—4. Kl., zwischen Bitterfeld und Leipzig in beiden Richtungen, ab Bitterfeld zum Anschluß an den 4,40 aus Berlin fahrenden Personenzug Nr. 12, 8,20 Abds., an Leipzig 9,15 und ab Leipzig 10,45 Abds., an Bitter⸗ feld 11,41. .
Einlegung eines neuen Lokalzuges, 2.—4. Kl., Halle — Bitkerfeld, ab Halle 8,40 Abds., an Bitterfeld 9,38 (Anschluß nach Dessau und Berlin). Rücksichtlich dieses Zuges hält der Schnell⸗ zug Nr. 75 nicht mehr zwischen Halle und Bitterfeld.
h. Besondere Durchführung des Abendpersonenzugs Nr. 49. Dresden —Jüterbog bis Berlin mit Ankunft daselbst 10,31 Abds.
i. Vermehrung der Berlin — Lichterfelder Lokalzüge um je einen in beiden Richtungen (gegen 10 Uhr Vorm.) und Wieder⸗ durchführung derjenigen bisherige Nr. 272 und 273 bis und von Ludwigsfelde.
k. Einlegung je eines neuen Schnellzuges, 1.—3. Kl., zwischen Weißenfels und Probstzella (— Hochstadt —München) in beiden Richtungen über Zeitz —Gera.
a. ab Weißenfels im direkten Anschluß an den 2,30 Nachm. aus Berlin fahrenden Schnellzug Nr. 38/8, 6,17 Abds., Zeitz 7,17, Gera 8,0, Saalfeld 9,50, in Hochstadt anschließend an den Schnell⸗ zug nach München, Ankunft daselbst 7,52 früh, und
5. zum Anschluß in Hochstadt an den 7,25 früh von München abfahrenden Schnellzug, ab Probstzella 4,14 Nachm., Saalfeld 4,55, Gera 6,42, Zeitz 7,25, an Weißenfels 8,10, also direkt anschließend an den 12,28 Nachts in Berlin eintreffenden Schnellzug Nr. 5/75/35.
1. Einlegung von Anschluß⸗Schnellzügen (1.—3. Kl.) an die vorbezeichneten auf der Strecke Leipzig —Zeitz, ab Leipzig 6,5 Abds., an Zeitz 7,4 und ab Zeitz 7,28 Abds., an Leipzig 8,28.
m. Auf der Strecke Saalfeld —Probstzella (—Hochstadt) werden an Stelle der Züge 160a und 157 nunmehr die Züge 160 und 159 durchgeführt. 8
n. Personenbeförderung (2. und 3. Kl.) mit dem Güter⸗ zuge 317 von Großheringen bis Weißenfels, ab Groß⸗ heringen 10,50 Abds., zum Anschluß an einen 10,30 daselbst ein⸗ treffenden Saalbahnzug, an Weißenfels 12,14.
o. Einlegung eines neuen Frühzuges Erfurt — Weimar (2.— 4. Kl.) ab Erfurt 4,55, an Weimar 5,30, zum direkten Anschluß daselbst nach Jena, Gera und Saalfeld, und Durchführung des Frühzuges Nr. 20 Erfurt-—Eisenach schon von Weimar aus, ab daselbst 5,40 früh. b 1
p. Personenbeförderung (2. und 3. Kl.) mit dem Güter⸗ zuge 312 von Weimar bis Erfurt, ab Weimar 10,37 Abds., zum Anschluß an den 10,22 daselbst von Gera, Saalfeld, Jena eintreffen⸗ den Zug, an Erfurt 11,32 Abds.
. Wiedereinlegung der 1 Mühlhausen und Gotha, ab Gotha 6,3 und ab Gotha 9,20 Abds., an Mühlhaufen 10,32.
r. Wiedereinlegung der Vormittagszüge zwischen Ohrdruf und Gotha zum direkten Anschluß in Gotha an die Hauptbahnzüge. Nr. 15 und 24, sowie der weiteren Züge:
ab Gotha 1,5 Nachm., an Ohrdruf 1,49, „ Ohrdruf 2,0 Gotha 2,42,
12 0, 9 99 77 5,54, Gotha
Früh⸗ und Abendzüge zwischen Mühlhausen 4,50 früh, an
8 6,55 „ „ Ohrdruf 7,41. Die Früh⸗ und Abendzüge dieser Strecke werden wieder, wie im ; früher, theils später gelegt.
s. Wiedereinlegung je eines Racht⸗Personenzuge in beiden Richtungen zwischen Neudieten dorf und Ritschenausen, in Neudietendorf anschließend an die Berlin-—Frankfurter No⸗cht⸗Schnellzüge, in Ritschenhausen Anschluß nach und dezw. von (Schweinfurt und Kissingen: 8
ab Neudietendorf 2,15 früh, an Ritschenhausen 5,16 und ah
Ritschenhausen 10,42 Abds., an Neudietendorf 1,25.
t. Wiedereinlegung eines besonderen Zanges Neudietendors—
Ilmenau und zur ack zum direkten Anschluß in Neudietendarf an
die Hauptzüge Nr. 24. 15 und bezw, 71, 22: