8—
sche Krediteinrichtungen ausgeglichen en. Nun habe man ja schon zahlreiche Kreissparkassen, die segensreich wirkten, aber diese gewährten doch nicht Alles, was zur schleunigen Befriedigung des entstandenen Kreditbedürfnisses nothwendig sei. Der Geschäftsgang sei zu weitläufig und umständlich und zwinge die Kreditsucher in der Mehrzahl der Fälle zur Heranziehung eines Rechtskonsulenten oder sogenannten Linksanwalts, der auch seinerseits für den Darlehnsnehmer sehr kostspielig werde. Wo aber auch diese Hülfsquelle fehle, fielen die mittleren und kleinen Landwirthe nur zu oft in Wucherhände. Wie lukrativ die Geschäfte dieser professionellen Geldverleiher seien, gehe aus dem einen Beispiel hervor, daß ein solcher über 3 Millionen Mark im Laufe der Zeit hypothekarisch habe ein⸗ tragen lassen. Die meisten der Borger seien den Wucherern völlig hülflos preisgegeben; anläßlich der Sammlungen für die Hinterbliebenen der auf Grube Camphausen Ver⸗ unglückten sei die Ansicht laut geworden, daß man die ein⸗ gekommenen Gelder nicht besser als zur Bezahlung der Schulden der Verunglückten verwenden könnte, und es habe sich in der That erwiesen, daß die betreffenden⸗Bergleute, zum Theil auf mehreren Stellen, sehr hoch verschuldet gewesen seien und fast ruinirt erschienen. Diese Bewucherung ziehe eine Unzahl wirthschaftlicher Benachtheiligungen nach sich, denen auf die Dauer nur durch öffentliche Kassen und Beschaffung billigen Geldes vorgebeugt werden könne. Diese Kassen müßten sich an ein großes Bankinstitut, z. B. die Reichsbank, an⸗ lehnen; durch zweckmäßige Organisation müßten die nöthigen Garantien für die Bank beschafft werden, und solche Garantien würden die Kreissparkassen mit ihrem öffent⸗ lichen Charakter leichter als die Raiffeisenschen Darlehnskassen zu bieten in der Lage sein. Zur Umgehung des weitläufigen schriftlichen Verfahrens würde sich empfehlen, daß die Kreis⸗ sparkassen möglichst Agenten in den sämmtlichen Ortschaften unterhielten. Ratenweise Rückzahlung müßte natürlich zur Bedingung jeder Darlehnsgewährung gemacht werden. Wie das Beispiel der Kreissparkasse des Kreises Merzig beweise, sei auch die Einwirkung einer solchen Orga⸗ nisation auf die Entwickelung der Landeskultur eine höchst segensreiche. Die Behandlung, welche der Antrag in der Füeifinnigen Zeitung“, die ihn für einen höchst konfusen erklärt habe, und durch den Abg. Dirichlet, der in ihm die Verstaatlichung des Kuhhandels erblicke, könne Redner für eine besonders liebenswürdige nicht halten; den betreffen⸗ den Kritikern scheine das Verständniß für den Inhalt und Zweck des Antrags noch zu fehlen. Der Antrag von Oertzen iege in derselben Richtung, gehe aber nicht so weit als der Antrag des Redners, der auch dem wucherischen Handel mit Grundstücken einen Riegel vorschieben wolle. Er bitte die Regierung, den Antrag wohlwollend aufzunehmen und damit auch ihrerseits einer Landplage entgegenzutreten, die am Marke unserer ländlichen Bevölkerung zehre.
Hierauf erklärte der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministe⸗ riums, Minister des Innern, von Puttkamer:
Meine Herren! Die Uebelstände, mit deren Beseitigung der An⸗ trag des Hrn. Abg. Knebel sich beschäftigt, liegen ja überwiegend auf dem mein Ressort nicht unmittelbar berührenden Gebiet; aber die Mittel der Abhülfe gegen die Uebelstände, welche der Herr Abgeordnete vorschlägt, sind fast ausschließlich auf dem mir anvertrauten Spar⸗ kassengebiet zu sehen, und ich würde deshalb glauben, meiner Pflicht nicht zu genügen, wenn ich nicht einige Worte an die Bemerkungen des Herrn Antragstellers knüpfte. Ich muß dabei mich zu entschuldigen bitten; ich bin im Gebrauch meines Stimmorgans durch ein Unmwohl⸗ sein erheblich gehindert, ich werde deshalb nicht sehr lange und auch 15 8* sprechen können und mich auf einige wenige Bemerkungen beschränken.
Der Herr Antragsteller hat, wie mir scheint, seinen Antrag wesentlich begründet aus den Verhältnissen der westlichen Provinzen. Ich will damit in keiner Weise die volle Bedeutung und Wichtigkeit des Antrages unterschätzen, denn meiner Ansicht nach hat der den wirthschaftlich schwächeren Klassen angehörende Theil der ländlichen und industriellen Bevölkerung genau dasselbe Recht auf Fürsorge der Staatsregierung, und ich bin vollkommen davon durchdrungen, daß, soweit es überhaupt in der Möglichkeit und in dem Bereich der Thä⸗ tigkeit der Königlichen Staatsregierung liegt, dem Kreditbedürfniß Abhülfe zu verschaffen, die sogenannten kleinen Leute und ihre Inter⸗ essen mit derselben Sorgfalt und Gründlichkeit behandelt werden müssen, wie die der größeren Grundbesitzer durch die Errichtung und Pflege der landwirthschaftlichen Kreditanstalten.
Wenn ich also vorausschicke, daß ich voll und ganz von der Wichtigkeit der Interessen durchdrungen bin, als deren Wortführer der Herr Abgeordnete hier auftritt, so muß ich andererseits doch be⸗ tonen, daß es für mich eine sehr ernste Frage ist, ob die Abhülfe wirksam auf dem Gebiet wird gesucht und gefunden werden können, auf welchem er sie suchen und finden will nach seinem Antrag und nach der demselben beigegebenen Begründung.
Der Herr Vorredner hat anerkannt — und ich glaube, das hier nochmals besonders betonen zu müssen —, daß die bestehenden öffentlichen Sparkassen, sei es, daß sie von städtischen, von ländlichen Kommunen, von Kreisen oder anderen Korporationen er⸗ richtet sind, in ausgiebiger Weise den Kreditbedürfnissen auch des kleinen Mannes gerecht geworden sind und fortdauernd gerecht werden. Er hat aber daran allerdings die, wie ich auch anerkenne, that⸗ sächlich zutreffende Bemerkung geknüpft, daß vollauf, also im ganzen Umfang des Kreditbedürfnisses, die Sparkassen nicht in der Lage sind, zu helfen, — ich komme später auf die Gründe zurück, aus denen das, meines Erachtens, eine Naturnothwendigkeit ist — und er ist nun der Meinung, daß durch seine Vorschläge der Erweite⸗ rung des bisherigen Sparkassenwesens mit einem Schlage alle die Uebelstände würden beseitigt werden können, denen er die kleine länd⸗ liche Bevölkerung anheimgegeben sieht, also die Bewucherung durch gewissenlose oder lediglich dem Gelderwerb fröhnende Personen. Er at namentlich auf das Gebiet des Viehhandels, des Verkehrs mit Grundstücken hingewiesen — alles Gegenstände, die, wie ich glaube, überwiegend sich in den westlichen Provinzen abspielen. Ich muß aber doch von vornherein betonen, meine Herren, daß, wenn es sich hier darum handelt, die bestehenden öffentlichen Sparkassen heranzuziehen zu einer größeren und umfassenderen Befriedigung des kleinen ländlichen Grund⸗ und Personalkredits, vor allen Dingen man sich die Frage wird vorlegen: bis zu welchem Maße und in welchem Um⸗ fange ist dies möglich, ohne die Grundsätze zu erschüttern, auf denen das öffentliche Sparkassenwesen beruht? Und in dieser Beziehung muß ich doch einige sehr erhebliche Vorbehalte dem gegenüber aus⸗ sprechen, was der Herr Abgeordnete ausgeführt hat. Es muß zunächst
daran erinnert werden, daß die Kreissparkassen ursprünglich gegründet sind und, wie ich glaube, auch verwaltet werden müssen in dem Sinne, um den kleinen Leuten die zweckmäßigste Gelegenheit zu geben zur Anlegung ihrer kleinen Ersparnisse. Ich glaube, der Herr eerbrete hatte versäumt, in dieser Beziehung den Stand der Thatsachen so ausführlich und gründlich darzulegen, wie derselbe sich in Wirklichkeit stellt, und hieraus folgt für die öffentliche Verwaltung, welche mit der Beaufsichtigung dieses wirthschaftlichen Zweiges beauftragt ist, die meiner Auffassung nach ernste und gar nicht abzuweisende Pflicht, keine Wege zu betreten, welche irgendwie dazu führen könnten, die Sicherheit dieser Einlagen zu gefährden. Ich erlaube mir, daran zu erinnern, daß nach der letzten Auf⸗ stellung, die bis zum Jahre 1885 reicht, die Einlagen und wenn auch darunter einzelne nicht ganz kleine Beträge sind, so wird man
doch im Allgemeinen sagen können, es s Ersparnisse der kleinen
2.⸗ 0 W.
“
widmen se
über 2 Milliarden betr⸗gen, eine Summe, für deren Sicher⸗ heit zu sorgen eine so ungemein große Verantwortung mit sich bringt, daß ich, wenigstens für mein Theil, Bedenken tragen muß, folchen grundlegenden Aenderungen beizustimmen im Gebiete der Verwaltung des Sparkassenwesens — der Herr Abgeordnete nennt es ja Reorga⸗ nisation —, welche geeignet sein könnten, auch nur die leise Besorgniß zu provoziren, daß die absolute Sicherheit für die Einlagen künftig nicht mehr vorhanden sein würde, und auch für die Solidität des Instituts selbst. Der Herr Abgeordnete hat, um diesen Einwand zu entkräften, einen Grundsatz ausgesprochen, der, wie ich glaube, von der bei weitem großen Mehrzahl der betreffenden Sparkassenverwaltungen zurückgewiesen werden wird. Er sagt nämlich: selbst wenn bei einer größeren Ausdehnung in der Gewährung des Peisonalkredits an die kleinen Leute für das betreffende Institut hier und da einmal ein Verlust entsteht, er mag kleiner oder größer sein, so steht ja dahinter die Kommune mit ihrer Gesammtgarantie! Nun, meine Herren, ich glaube, in dieser Be⸗ ziehung haben wir doch schon recht eigenthümliche Erfahrungen ge⸗ macht, oder wir sind wenigstens in der Lage, sie machen zu können. Die Gesammtgarantie der Kommunen ist doch im großen Ganzen die Steuerkraft der sämmtlichen Einwohner der Kommune, und wenn ich auch vollkommen anerkenne, daß diese Gesammtgarantie als Grund⸗ lage für das Bestehen der Kreis⸗ und anderen öffentlichen Sparkassen vom äußersten Werthe ist: so glaube ich doch nicht, daß man so weit gehen darf, anzunehmen, daß, weil die Gesammtgarantie vor⸗ handen ist, man ganz ruhig sich einem etwas weniger vorsichtigen Geschäftsgebaren hingeben könnte. So, glaube ich, ist diese Gesammtgarantie doch wohl kaum gemeint und kann wohl kaum gemeint sein; denn wenn ich mir die Lage einer Kommune, welche eine Sparkasse gegründet hat, in der Zeit der Krisis, wo ohnehin alle Erwerbszweige stocken und sich in Gefahr befinden, wenn ich mir die
Lage einer solchen Kommune in einem solchen Momente vergegen⸗
wärtige und mir sagen muß, daß sie vielleicht in einem solchen Augen⸗ blick für die Verwaltung ihrer Sparkasse nicht die nöthige Vorsicht beobachtet hat, mit großen Summen haftet und als Garantie ein⸗ treten soll, wo sie selbst schon ohnehin in der größten Verlegenheit ist, um den Bedürfnissen gerecht zu werden, so glaube ich, — wird sich doch kaum die Besorgniß verscheuchen lassen, daß mit der bloßen Gesammtgarantie der Korporation, welcher die Sparkasse angehört, nichts gethan ist, um jede Furcht davor auszuschließen, daß eine etwas weniger vorsichtige Behandlung der Verwaltung Verluste und sehr schwere Krisen für eine solche Korporation mit sich bringen könnte.
Meine Herren, der Herr Vorredner hat darauf hingewiesen, daß das Normalstatut, welches er gewissermaßen als Motiv für seinen Antrag beigefügt hat, ja alles das enthalte, was seiner Meinung nach nöthig und nützlich sei, um den von ihm erprobten Zweck einer größeren Ausdehnung des Personalkredits für die kleinen Leute in den Sparkassen herbeizuführen. Nun, ich habe dieses Normalstatut auch mit den in lateinischen Lettern gedruckten Anmerkungen sehr sorgfältig geprüft und bin da zu der Ueberzeugung gekommen, daß im Großen und Ganzen nur das bestehende Recht reproduzirt wird, und daß die Ausdehnungen, welche der Herr Abgeordnete vorschlägt, doch einiger⸗ maßen bedenklich sind. Er hat, wenn ich seinem Vortrage richtig gefolgt bin, den bedenklichsten Theil keiner Erörterung unterzogen — ich komme gleich noch darauf zurück —; er hat nur einige Punkte bezeichnet.
Also er spricht von der durch seine Vorschläge gegebenen Mög⸗ lichkeit, daß man auf mündlichen statt auf schriftlichen Antrag das Darlehen erhalten soll. Nun, ich glaube, daß bei der großen Mehr⸗ zahl der Sparkassen das schon ganz befriedigend geregelt ist und daß es keiner grundsätzlichen Aenderung des Normalstatuts bedarf.
Die Einführung von Kassenanwälten, wie der Hr. Vorredner sie
vorgeschlagen hat, ist, glaube ich, ein Institut, welches längst vielleicht unter einer anderen Bezeichnung überall da besteht, wo eine Spar⸗ kassenverwaltung ihrer Pflicht einer ordentlichen Geschäftsführung sich bewußt ist. Unter⸗Rezepturen sind ja fast überall. Mit einem Wort, ich glaube nicht, daß man sagen kann: es ist in diesem Augenblicke die Sache so, daß den darlehensuchenden kleinen Leuten der Zugang zur Sparkasse irgendwie erschwert wäre, sei es durch Festhalten an der Vorschrift der schriftlichen Anträge, sei es durch den Mangel des vermittelnden Personals. Was dann die Aufhebung der festen Rückzahlungsfristen betrifft, so betreten wir da ein Gebiet, welches grundsätzlich so auszusprechen schon seine Bedenken hat. Eine vernünftige und humane Sparkassen⸗ verwaltung wird in dieser Beziehung gewiß schon Alles das thun, was im Interesse einer soliden Geschäftsführung nöthig ist in der Richtung der Wünsche des Herrn Antragstellers.
Aber sein Hauptvorschlag beruht in der quantitativen Erweite⸗ rung des Personalkredits, indem er wünscht, daß die Möglichkeit ge⸗ geben werden soll, die Sparkasseneinlagen mehr für den Personal⸗ kredit nutzbar zu machen, als bisher geschehen ist. Er sagt in der Nr. 2 des §. 15: Die auf Handscheine gegebenen Darlehen dürfen zwei Drittel der Einlagen nicht überschreiten, und ich glaube, seine Motivirung ging doch dahin, daß es thatsächlich wünschenswerth sei, wenn dieses Ganze überall erreicht würde. Es ist ja in manchen anderen Sparkassenstatuten — ich brauche Namen nicht zu nennen — theoretisch auch gestattet, bis zu zwei Drittel der ge⸗ sammten Spareinlagen Darlehne auf Handscheine zu geben; aber meines Wissens fällt es keiner Verwaltung ein, thatsächlich diese Grenze auch nur anmähernd zu erreichen. Die Gründe dafür liegen ziemlich auf der Hand. Wenn ich also davon ausgehe, daß es in der That in der Absicht des Herrn Antragstellers liegt, die auf die Hand⸗ scheine auszahlbaren Darlehne bis zu zwei Drittel der gesammten Einlagen zu erweitern, dann muß ich sagen, daß dieser Punkt — ich will in manchen anderen Punkten mich seinem besseren Urtheil unter⸗ ordnen — zu fundamentalen Bedenken Veranlassung giebt.
Ich glaube, wenn man die letzt erschienene Hauptübersicht über das Sparkassenwesen zur Hand nimmt, so wird man sich über⸗ zeugen, daß im Großen und Ganzen die Vertheilung der Darlehne und die Anlegung der Sparkasseneinlagen, wie sie jetzt besteht, eine zweckmäßige und gesunde ist. Meine Herren, den Löwenantheil der Darlehne bezieht der Grundkredit und ich glaube, daran werden Sie Alle und daran wird auch der Hr. Abg. Knebel nichts ändern wollen. Es sind nach der letzten Aufstellung von den über 2 Milliäarden be⸗ tragenden Einlagen — und dazu kommen noch die Reservefonds, die auch zinsbar angelegt werden müssen, also von 2 200 000 000 im Ganzen, auf städtische Hypotheken ausgeliehen 587 Millionen — ich lasse die Tausende und Hunderte weg — also 26,43 % des Ge⸗ sammtbestandes; auf ländliche Hypotheken 612 495 000 oder 27,64 %; das macht im Ganzen 54 % des gesammten Einlage⸗ und überhaupt anzulegenden Kapitals. Ich wiederhole, meine Herren, ich glaube, Niemand wird wünschen, daß hier eine Aenderung eintritt; denn daß der Realkredit den ersten Anspruch auf Befriedigung hat, das erkennt ja auch der Herr Abgeordnete selbst an. Also die Summe würde schon gegenüber allen Vorschlägen der Erweiterung der Darlehne auf Handscheine welche der Abgeordnete wünscht, ausscheiden. u“
„Nun ist allerdings eine dritte Kategorie von Anlagen vorhanden, nämlich die Erwerbung von Inhaberpapieren; sie beträgt gegenwärtig 623 Millionen, im Ganzen 28,12 % des gesammten Einlagekapitals. Auf Lombard sind gegeben 51 Millionen gleich 2,33 %, auf Schuld⸗ scheine und Wechsel 188 Millionen, also schon eine aus iebige Summe (ungefähr 9 %) und an Kommunen und Genossens aften, also jedenfalls auch eine sehr gemeinnützige Anlage, 146 Millionen gleich 6,18 %.
Mun wird es sich fragen, wenn angenommen werden kann, daß in Bezug auf den Realkredit nichts geändert werden soll, welche Ver⸗ schiebung könnte alsdann in dem Sinne des Antragstellers eintreten in Beziehung „auf die übrigen verlesenen Kreditbranchen? Der Lombard fällt bereits unter seine eigene Absicht; die Schuld⸗ scheine, die Wechsel würden nicht vermindert, sondern erweitert werden; es bleibt daher nur übrig, die Beleihung auf Inhaberpapiere einigermaßen zu beschränken, und es würde von den 623 Millionen ein größerer Theil wie bisher den chirographarischen Darlehne zu
88 1—
28 2
Und, da komme ich nun auf den eigentlichen Punkt des Antrages der mir denn doch zu gewissen Bedenken Anlaß giebt.
Meine Herren, die Erwerbung der Inhaberpapiere in der er⸗ wähnten Höhe von 28 15 stellt meiner bescheidenen Auffassung nach die eigentliche Sicherheit der Sparkassen für schwierige Zeiten und für Zeiten der Krisen dar; und die leichte Realisirbarkeit dieser Summen bietet eine große Sicherheit für die gesammte Geschäfts⸗ gebarung, im Interesse sowohl der Sparer wie der kommunalen Verbände, welche die Kassen garantirt haben, um schwierigen Krisen gegenüber Stand zu halten. 2.
Ich bitte die Herren sich zu erinnern, daß alle von mir eben ge nannten Darlehne in Zeiten einer Krisis absolut nicht realisirbar sind. Sie können bei einer längeren schweren Krisis weder den Realkredit kündigen, noch auch die auf Pfandscheine gegebenen Darlehne, ohne die Schuldner zu ruiniren, noch auch den Lombard durch Zwangsver käufe zu einer perniziösen Geldoperation bringen, wenigstens würde das sehr inhuman sein; es bleibt — das hat die Praris gezeigt — allein übrig die zwar auch nicht ohne Verlust, aber doch immer mit dem relativ geringsten Verlust zu bewirkende Veräußerung von Werth⸗ papieren, um den herantretenden Anforderungen gegenüber Front zu machen, welche in Zeiten der Krisen über jede, auch über die beste Kasse hereinbrechen können.
Das ist, wenn ich so sagen kann, eine sehr nüchterne, ich möchte fast sagen: eine brutale Anschauung der Sache; aber da man doch in der ganzen Materie nun einmal nur mit Zahlen zu rechnen hat, so muß ich die Frage wiederholen, ob es irgend rathsam gefunden werden kann, abgesehen von kleinen Korrekturen, grundsätzlich das bis⸗ herige System der Darlehnsgewährung aus den Sparkassen so zu ändern, daß in der Richtung des Antrages eine sehr wesentliche Ver⸗ änderung gegen den bisherigen Zustand mit Nutzen und ohne Ver letzung der nöthigen Vorsicht herbeigeführt werden kann. Ich muß das doch einigermaßen bezweifeln, jedenfalls wird — und der Hr. Abg Knebel, der ja eventuell auch mit dem Antrage von Oertzen sich ein verstanden erklärt, wird das am allerwenigsten bestreiten —, jedenfalls wird der vorliegende Antrag einer sehr sorgfältigen, alle Momente der Vorsicht mitumfassenden Prüfung bedürfen, bevor wir uns schlüssig machen können, ob es möglich sein wird, auf dem Wege, den der Hr. Abg. Knebel angiebt, den von ihm mit Nachdruck hervorgehobenen und von mir rückhaltlos anerkannten Mißständen im Kreditwesen für die ländlichen kleinen Grundbesitzer abzuhelfen. Ich möchte fast meinen daß es nöthig sein würde, diese Sache in eine Kommission zu ver weisen, in welcher das pro und contra — ich will ja gar nicht sagen daß meine Bedenken überall durchschlagend sind, ich lasse mich ja auch gern belehren, aber verschweigen habe ich sie nicht können —, daß in der Kommission das pro und contra sorgfältig erwogen wird, und daß man sich vielleicht bei der Erörterung der Sache so viel Zeit läßt um den Behörden — sowohl den Ober⸗Präsidenten, welche für ihre Provinz die Aufsicht über die Sparkassen führen, als den Behörden welche mit der unmittelbaren Verwaltung der Sparkassen betraut sind Gelegenheit zu geben, sich umfassend über die Gesichtspunkte zu äußern, die der Herr Abgeordnete hier in die Diskussion gebracht hat.
Daß das eine sehr schwierige Frage sein wird, und daß dabei die allerverschiedenartigsten Interessen sorgfältig gegeneinander abgewogen werden müssen, wird aus meinen Ausführungen hervorgegangen sein Jedenfalls muß ich darauf zurückkommen: für die Staatsverwaltung ist die erste aus ihrer Verantwortlichkeit gegenüber dem Sparkassen⸗ wesen folgende Pflicht, die unbedingte Sicherheit dieser Institute, so⸗ wohl im Interesse der Sparenden als im Interesse der Kommunen, die sie begründet haben, festzuhalten; alles, was damit irgendwie vereinbar ist, im Interesse einer Erweiterung des Personalkredites, soll von meiner Seite gewiß kein Hinderniß erfahren, sondern im Gegentheil Förderung nach allen Richtungen. Aber über diese Grenzlinie hinaus, glaube ich, wird eine vorsichtige Staats⸗ verwaltung nicht gehen können.
Ich bitte deshalb, wenn es dem hohen Hause gefallen sollte, diese Angelegenheit in eine Kommission zu verweisen, um die Erlaubniß, persönlich oder durch meine Kommissarien an dieser Berathung mich doch auch zu betheiligen. Es wird ja auch das Ressort des Herrn landwirthschaftlichen Ministers, wie ich anerkenne, wesentlich dadurch berührt; und wir werden dann in einer gemeinschaftlichen, wie ich hoffe, gründlichen und eingehenden Berathung uns über das einigen können, was auf diesem Gebiete bereits geschehen kann. Aber ich glaube nicht, daß so in dem vollen und ganzen Umfang, wie der Hr. Abg. Knebel es wünscht, diese Sache sich gestalten lassen wird.
Der Abg. Janssen (Aachen) war der Meinung, daß die bestehenden Verhältnisse vollkommen ausreichten, um den eigent⸗ lichen Zweck des Antrages, die wichtige Aufgabe der Kredit⸗ verbesserung wirthschaftlich schwacher Unterthanen, zu erfüllen. Wenn es sich im Wesentlichen nur darum handele, den kleinen Leuten in ihrem Handel mit Vieh und Grundstücken unter die Arme zu greifen, so besitze man in den Darlehns⸗Kassenvereinen nach Raiffeisenschem System ein Mittel, wie es besser und zweckmäßiger nicht gedacht werden könne. Wo die Verhält⸗ nisse dazu nicht günstig lägen, könne man ja zu Kreisdarlehns⸗ kassen oder Kreisbanken übergehen. Dazu bedürfe es keiner Intervention der Staatsregierung, höchstens, wenn die Kräfte fehlten, der Subpentionirung durch provinzielle oder Staatsmittel. Die Raiffeisenschen Kassen würden erfahrungsmäßig vor den Kreis⸗ kassen bei Weitem bevorzugt und verdienten auch den Vorzug; das Publikum wolle in solchen Darlehnssachen nicht gern mit dem Landrath zu thun haben. Streiche man aus dem Knebelschen Antrage die Zwischensätze, so bleibe ein viel weiter greifender Vorschlag übrig, der sich in die Frage zusammen⸗ fassen ließe: ob es nicht zweckmäßig wäre, von der Reichsbank aus durch Filialen die Unterstützung der wirthschaftlich Be⸗ drängten zu ermöglichen. Die Sorge der Abstellung der Noth⸗ lage in landwirthschaftlichen Kreisen der Bevölkerung sei eine der wichtigsten Aufgaben, denn in der ländlichen Bevölkerung stecke eine wichtige Staatsgrundlage. Einer kommissarischen Vorberathung der Anträge werde sich das Centrum nicht widersetzen.
Der Abg. von Rauchhaupt meinte, mit der Tendenz des Antrages Knebel sei er einverstanden, aber nicht mit dessen Motivirung. Er habe in demselben weder etwas Neues, noch etwas Belehrendes oder Acceptables für die Praxis gefunden. Die Umwandlung des guten Namens Sparkassen in Kreis⸗ banken müsse schon im Volke ein gewisses Gruseln hervor⸗ rufen. Was der Antrag vorschlage, sei fast durchweg schon bestehendes Recht. Neu sei nur die Conto⸗Anlage bei irgend einem Banguier. Dagegen müsse Redner sich aber ganz ent schieden erklären. Denn im Falle des Bankerotts des Banquiers fehle jede Sicherheit der Deckung. Sollten die „Kassen⸗Anwalte“ auch bis zu 100 000 ℳ Einlage an nehmen? Im Interesse der Sicherheit der Kassen müßte doch der Höhe der Einlage eine Grenze gezogen werden. Der Nö eag weise empfindliche Lücken auf. Rebhner habe ge hofft, die erren von der nationalliberalen Partei würden eine Verschärfung des Wuchergesetzes, eine weitere Erbffnung der Pfandbrief⸗Institute für den kleinen Grundbesitz und eine Anlehnung der Sparkassen an die kommunalen Institute ver langen. Indessen sei er dem Antragsteller boch bankbar, daß er das Kreditbebürfniß der schwächeren Nolkeklassen betont habe. Man müsse wohl unterscheiben zwischen Neal’ und Per
onalkredit. Was biesen betreffe, so hätten vie Schultze’schen Kassen deshalg große Erfolge gehabt, weil bie klelnen Leute von ihresgleichen Krebit genommen und sich nicht von Beamten in ihre Verhältnisse hätten hineinsehen zu lassen brauchen
“
. 1 . b2 2„ 8 . . 1 .. . * 2 2 . —.* 2 2 * . * 8 2 na 8 2 „
2
6
&.= . 2. 2* 1
Auch Redner sei dafür, diese schwierigen Verhältnisse in einer mission zu prüfen. aeehn Abg. von Schorlemer sprach seine Zustimmung zu den treffenden Worten des Ministers aus. Eine Reform der Sparkassen in dem Sinne des Knebelschen Antrags sei von dem früheren Direktor des Statistischen Bureaus vorgeschlagen worden. Die Sparkassen litten an einer gewissen Schwer⸗ äͤlligkeit; sie seien in ihrer Entwickelung mehr Sparkassen für wohlhabende Leute, sie seien Bank⸗ und Kontokurrentgeschäfte geworden. An dieser Entwickelung müsse auch der Knebelsche Vorschlag scheitern. Wolle er die Reform zwangsweise einführen? Spontan stehe ja schon jetzt den Kassen frei, Alles einzuführen, was der Antrag vorschlage; aber die Kassen würden in ihrer Mehrheit unter keinen Um⸗ ständen darauf eingehen. Redner hätte es verstanden, wenn der Antragsteller ein ganz neues Institut vorgeschlagen hätte. Der Schwerpunkt des Vorschlags liege in den Kassenanwalten. Redner bezweifle, daß für ihre Funktionen eine elementare Schulbildung, wie die Motive des Antrags annähmen, aus⸗ reichen würde. Eine Revision müßte auch nicht alle zwei ahre, sondern mindestens vierteljährlich erfolgen. Bedenklich ei auch, daß der leidige Gewinn für die Kreise aus den Sparkassen aufrecht erhalten werde. Dieser Gewinnparagraph müsse fortfallen. Ueber die Trennung von Personal⸗ und Realkredit sei sich der Antragsteller wohl nicht klar gewesen. Redner fürchte, daß mit solchen Vorschlägen der Personalkredit nicht erweitert werden würde. Er möchte andererseits auf die günstigen Resultate hinweisen, welche der westfälische Bauernverein mit seinen nach Raiffeisenschem Muster gegründeten Spar⸗ und Darlehns⸗Instituten gemacht habe. Seit der Einrichtung derselben seien die Wucherer weg, eine kleine Gemeinde sei vor dem Bankerott geschützt worden. Besondere Berücksichtigung verdiene der kleine und mittlere Grundbesitz. Eine Hauptquelle ihrer Leiden sehe Redner in der übermäßigen Zerstückelung von Grund und Boden und in der Kapitalisirung desselben. Die Werthüberschätzung des Grund⸗ besitzes habe zu einer unverhältnißmäßigen hypothekarischen Ueberlastung geführt. Eine intensive Wirthschaft könne die Be⸗ sitzer nicht vom Ruin retten. Die „Kölnische Zeitung“ habe bei der Zuckerkrisis den Landwirthen den Kamillenanbau empfohlen, aber so viele Leibschmerzen seien gar nicht zu beschaffen gewesen. Auch reiche Ernten hülfen wenig. Es sei zwar komisch, aber nicht ganz unbegründet, wenn Louis Philipp in einer Thron⸗ rede gesagt habe, dem Unglück einer zu reichen Ernte sei die Regierung nicht im Stande gewesen vorzubeugen. Der zu hoch verschuldete Grundbesitz sei überhaupt nicht zu retten. Dem übrigen Grundbesitz sei zu helfen durch Sparsamkeit im Etat des Staatshaushalts, der Provinzen und Kommunen und durch eine weitere Entwickelung der Pfandbrief⸗Institute. Redner empfehle dies auf die Gefahr hin, als Agrarier und Reaktionär verschrien zu werden. Das seien Schlagworte, hinter welche sich oft genug gerade Diejenigen versteckten, welche von dem Herzblute der Reaktion lebten.
Der Abg. Dr. Scheffer (Schlochau) befürwortete in längerer Ausführung die Schaffung von Darlehnskassen nach Raiff⸗ eisenschem Muster, welche ihrer ganzen Konstruktion nach den Zielen, welche der Knebelsche Antrag erstrebe, am nächsten kämen. Sie gewährten den relativ wirksamsten Schutz gegen Wucher und Ausbeutung, und ihre durch die Solidarhaft be⸗ gründete Sicherheit könnte noch durch einige Spezialvorschriften, wie die Beschränkung der Höhe des Umlaufskapitals auf ein bestimmt fixirtes Maximum, erhöht werden.
Der Abg. Dr. Meyer (Breslau) meinte: nach der Rede des Ministers des Innern habe er sich sehr gehoben gefühlt durch das stolze Bewußtsein, einmal voll und ganz auf dem Standpunkt der Königlichen Staatsregierung stehen zu können; der weitere Verlauf der Debatte habe ihm dieses stolze Be⸗ wußtsein zwar nicht getrübt, aber doch geschmälert, denn er müsse sein Glück mit dem ganzen Hause theilen; kein Wort des Angriffs habe er gehört auf die zutreffenden Aeußerun⸗ en des Ministers, und selbst der Antragsteller werde sch gegen die ihm widerfahrene Kritik nur mit Mühe wehren können. Der Abg. Knebel habe sich scharf gegen Angriffe gewandt, die seinem Antrage außerhalb dieses Hauses zu Theil geworden seien. In der That, auch der Redner finde den Ausdruck „konfns“ und die „Verstaat⸗ lichung des Kuhhandels“ sehr unglücklich gewählt, wenn man damit habe sagen wollen, daß der Antrag der wünschenswerthen Klarheit in hohem Grade entbehrte. Indeß jeder Witz habe zwei Eltern, einen, der ihn gemacht und einen, der Ver⸗ anlassung dazu gegeben habe. Der Abg. Knebel
Redner sympathisire zunächst mit Antragstellers, daß die Gefahr des Hebung des gesunden Kredits dieser volkswirthschaftlichen
hin ausschütten sollen. der Erkenntniß des
Wuchers nur durch die vermindert werden könne. Zu⸗ 8 Ueberzeugung bekenne auch er sich. Der gesunde Kredit be⸗ dürfe fester Formen, organischer Einrichtungen; der Nachweis aber, daß die vorhandene Mannigfaltigkeit der Formen dem Bedürfniß nicht genüge, sei nicht erbracht. Man habe die freieste Bewegung auf dem ganzen Kreditgebiete; man habe die Erwerbs⸗ und Wirthschaftsgenossenschaften nach Schulze⸗ Delitzsch, man habe die Raiffeisenschen Darlehnskassen, man habe die Aktiengesellschaften, speziell eine durch das neue Aktien
esetz geschaffene Form derselben, in welcher der Erwerb einer Aktie der Genehmigung der Generalversammlung bedürfe. Da seien ferner die Sparkassen mit ihrer blühenden Entwickelung, und wenn von Reformen die Rede sei, so scheine hier insofern ein Bedürfniß dafür vorhanden, als die für das Sparkassenwesen geltende Grundlage auf 1838 zurückgehe und namentlich die Vorschrift, daß jede Statutenänderung der Allerhöchsten Ge⸗ nehmigung bedürfe, wohl abzuändern sein möchte. Der große Nutzen der Sparkassen für den öffentlichen Kredit aber seie heute von allen Seiten in der ausgiehigsten Weise bezeugt worden. Außerdem ständen für den Kredit noch gewisse Me liorationsfonds zur Verfügung, so daß an Kreditsormen ein Mangel nicht behauptet werden könne. Vielleicht fehle es. hier und da noch an Kredit⸗Instituten. Nun aber sei für gute Krediteinrichtungen vor Allem erforderlich ein gemeinnütziger Sinn, der solche Institute ins Leben rufe und sie leite, wie es dem wohlverstandenen Interesse ent spreche. Diesen gemeinnützigen Sinn könne man aber nicht durch die 28e ng. erzwingen, sondern hier beginne die Pflicht der freien Thätigkeit der Gesellschaft. Fehle es irgende wo daran, so solle man nicht gleich nach dem Gesetzgeber rufen. Nun habe man andererseits ausgeführt, an Kredit fehle es nicht, vielleicht würde sogar zu viel gewährt, das wäre aber nur solcher, der die Landwirthe ausbeute. Wenn irgend etwas in der Welt, so habe der Krebit ein Janns⸗ Gesicht. Wenn man das Geld erhalten solle, dann zeige
8 hätte die Schale seines Zornes nicht so einseitig nur nach einer Seite
außer
tung nicht mehr einigermaßen harmonirte,
er sein schönes Gesicht, dann heiße man ihn vlll⸗ kommen; komme es aber ans Bezahlen, dann zeige er seine Rückseite, dann heiße es: „Pfui Teufel! Das ist ja Wucher!“ Der Gegensatz zwischen Kredit und Wucher liege sehr häufig nur in den Zeiten, und dagegen genügend Schutz zu gewähren, sei die Gesetzgebung nicht ausreichend. Im Wesentlichen würden immer die Sparkassen den Real⸗, die Genossenschaften den Personalkredit zu vermitteln haben. Das Normalstatut, welches der Abg. Knebel seinem Antrag beigegeben habe, unterscheide nicht scharf genug zwischen kurzem und langem Kredit, zwischen rein bureaukratischer und kaufmännischer Verwaltung. Kreditkassen, welche Darlehen bis zu 5 ℳ herab gewähren sollten, könnten eine Festlegung der Zinsmaximalgrenze von 5 Proz. nicht ertragen. Minder Kreditfähigen könne nicht derselbe Kredit wie den in hohem Grade Kreditfähigen gewährt werden. Vor den ent⸗ stehenden Riß sollten nach dem Antragsteller die Gemeinden treten, dieselben Gemeinden, die nach der zutreffenden Defini⸗ tion des Ministers nichts Anderes seien, als die Gesammtheit der Steuerzahler. Auch eine Kommissionsberathung könne den Antrag Knebel nicht wieder zum Leben bringen; man solle den Antrag von Oertzen annehmen, der so harmlos sei, daß ein Bedenken gegen seine Annahme nicht erhoben werden önne.
Der Abg. Möllmann schlug vor, die beiden Anträge an eine Kommission von 21 Mitgliedern zu verweisen. Die Grund⸗ idee des Antrags Knebel gehe auf eine Reform des Spar⸗ kassenwesens hinaus im Sinne einer Erweiterung des Personalkredits. Daß diese Idee eine gesunde sei, werde bestätigt durch die Thatsache, daß weite Kreise im Reiche, vor allem der deutsche Sparkassentag, für den gleichen Gedanken eingetreten seien. Es bedürfe für die Spar⸗ kassen einer Erleichterung des Verkehrs. Auch für die Aus⸗ dehnung des Sparkassenwesens müsse mehr denn bisher ge⸗ sorgt werden. 1883 habe es in Preußen 6 Kreise gegeben, in welchen Sparkassen überhaupt nicht vorhanden gewesen seien. Wünschenswerth wäre es auch, wenn der Reservefonds auf 5 Proz. etwa herabgesetzt werden könnte. Alle diese Punkte könnten aber nur in einer Kommission geprüft werden.
Der Abg. von Oertzen (Jüterbog) erklärte, daß seine Partei mit dem Gedanken, die ländliche Bevölkerung durch die Beschaffung eines gesunden Kredits aus den Händen der Wucherer zu retten, einverstanden sei, und sie erkenne auch an, daß in dieser Beziehung die vorhandenen Kassen nicht ge⸗ nügend seien. Der Fehler liege nicht, wie der Abg. Knebel gemeint habe, in der Organisation, sondern in der Ver⸗ waltung. Um hier eine Abhülfe zu schaffen, sei der Antrag seiner Partei gestellt. Es müßte vor Allem gesorgt werden für eine Vermehrung der Sparkassen. Eine kom⸗ missarische Berathung halte er für überflüssig, da die Materie klar genug liege, um die Entscheidung gleich im Plenum zu treffen, doch werde sich seine Partei einem dahingehenden An⸗ trage nicht widersetzen.
Die Debatte wurde hierauf geschlossen.
In einem kurzen Schlußwort wies Abg. Knebel die gegen seinen Antrag gemachten Angriffe zurück.
Der Antrag auf kommissarische Berathung der beiden Anträge wurde abgelehnt und hierauf auch der Antrag Knebel. Der Antrag von Oertzen wurde dagegen angenommen.
Schluß 4 Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 11 Uhr
— Zur Ergänzung unseres Berichts über den ersten Theil der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten lassen wir noch nachstehend die Rede des Ministers der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Ange⸗ legenheiten, Dr. von Goßler, in ihrem Wortlaut folgen:
Meine Herren! Ich kann Sie nur bitten, für ven §. 3 der Regierungsvorlage zu stimmen, den Zusatzantrag von Rauchhaupt aber nicht anzunehmen, mit anderen Worten, die Verpflichtung der Guts⸗ herrschaften aus dem §. 33 Theil II Titel 12 des Allgemeinen Land⸗ rechts zu beseitigen, aber an dem Bestande des §. 56 der preußischen Dezember 1845 nicht zu rühren.
Schulordnung vom 11. 33 Theil I
Was die Beseitigung des §. anbetrifft, so hat der Herr Vorredner de Hauptsache nach ganz richtig referirt. Dasjenige, was an dem §. 33. bei der Anwendung als drückend empfunden wird, liegt vor allen Dingen nicht in der Höhe der daraus originirenden Lasten, sondern in der Rechtsunsicherheit der Grundlagen des Umfanges der Ver⸗ pflichtung. Darüber ist gar kein Zweifel, daß der §. 32 Titel 12 des Allgemeinen Landrechts auf der alten Gutsherrlichkeit, auf der alten Gerichtsobrigkeit beruht.
Es ist in den Motiven zur Schulordnung sowohl wie bei Ge⸗ legenheit vieler Verhandlungen in dem Hause und in der Kommission dieses hohen Hauses die Auffassung zur Geltung gelangt, daß, nach⸗ dem unsere ganzen reformatorischen Gesetze von 1807 bis 1814 erlassen waren, der §. 33 mit Aufhebung der Erbuntertbänigkeit Anwendung gesetzt sei. Erst päter Haben auf dem Gebiete der Unterrichtsverwal⸗ hat die Unterrichtsverwal⸗ tung sich genöthigt gesehen, auf den §. 33 zurückzugreifen, und zwar, wie aus den Vorbereitungen der preußischen Schulordnung evident hervorgeht, in vollem Widerspruch mit den übrigen Ministerien des Staates. Als man in den dreißiger Jahren und in dem Anfang der vierziger Jahre an die Ausarbeitung der preußischen Schulordnung ging, legte man einen ganz besonderen Werth darauf, sich klar zu machen, ob §. 33 Theil II Titel 12 noch in Geltung sei oder nicht. Sämmtliche Ministerien. mit Ausnahme des Verwaltungs⸗Justiz⸗ Ministeriums und des Kultus⸗Ministeriums, waren darin einig, daß entsprechend der früher vom Unterrichts⸗Ministerium entwickelten An⸗ sicht der §. 33 obsolet geworden sei, und daß man auf das Prinzip desselben nicht zuruͤckgehen dürfe.
Es ist aber nicht allein die Rechtsunsicherheit in Ansehung des §. 33, welche in neuerer Zeit eine steigende Unzufriedenbeit bei den in Anspruch genommenen Gutsberren bhervorgerufen hat, sondern, wie Hr. von Haugwitz ganz richtig angeführt dat, auch die Thatsache, daß, waͤbrend fast Jahrzehnte lang, wenigstens in einer
Titel 12
Soll und
Reihe von Regierungsbezirken, dieser §. 33 gleichsam latent war, in
neuerer Zeit, weil die Bedürsnisse des Schulwesens und die vordan⸗ denen Mittel zur Unterstützung der nothleidenden Schulgemeinden nicht im richtigen Verbältniß standen, die Regierungen geundtdigt ge⸗ wesen sind, da zu sparen, wo nach ibrer gewissenhasten Ueberzeugung es am leichtesten möglich war, und demzufolge auf den §. 38 zurück⸗ griffen. Daber erklärt sich, wie Hr. von Haugwitz ganz richtig gn⸗ deutete, diese große Zabl von Beschwerden in einer Reide von Re · gierungsbezirken, in denen bis dahin der § 3 üderbaupt nicht oder nur in sehr bescheidenem Maße in praktischer Anwendung sich de⸗ funden batte.
Is ist aber nicht allein diese rechtsunsichere Grundlage, welche die Disserenzen bervorgerufen bat, sondern ver allen Dingen guch die Schwierigkeit, welche fuͤr die Verwaltung in der Fassung der Be⸗ stimmungen des §. 33 Uegt. Es ist da gesagt, dab die utsderken verpflichtet sind, ibre Unterthanen zu unterstützen, welche zur Auk⸗ bringung ihres schuldigen Beitrags ganz oder zum LTdeil auf eine Jeit lang unvdermsgend sind, und gwar à Keiddurft. Schon beim Vorlesen dieses Hengfapben werden Bie entnoemmen haben, daß eine Reihe von Schwierigkeiten darim steden, amentled
später, als das
vur . 2. 8 Iun „veIgg IEIE1611“ Entwickelung unserer Fiamzen verpflächtet.
die Bedeutung der Worte „ganz oder zum Theil“, „auf eine Zeit lang“, „nach Nothdurft“, — so daß Sie es wohl verstehen werden, daß die Regierung, die Schulverwaltung überhaupt nicht mehr im Stande ist, in der gegenwärtigen Zeit einer so intensiven Bewegung gegenüber nach sicheren Normen die Schwierigkeiten zu lösen. Ich gestehe ganz offen, daß ich den Moment herbeigesehnt habe, wo ich den §. 33 aus der Welt habe schaffen können, und ich würde dankbar sein, wenn das Abgeordnetenhaus sich auf den Stand⸗ punkt der Staatsregierung stellte. Ich kann es nicht mehr verant⸗ worten, diese Unruhe in einer Reihe von Provinzen zu lassen, wenn ich anerkennen muß, daß die Vorschriften, auf Grund deren die Unter⸗ richtsverwaltung die Gutsherrschaften zu Beiträgen heranzieht, ihrem rechtlichen Bestande nach nicht ganz außer Zweifel, jedenfalls in ihrem Umfange unsicher sind. Meine Herren! Wenn ich an dem §. 33 II. 12 des Allgemeinen Land⸗ rechts diese Zweifel hervorzuheben habe, so muß ich andererseits ge⸗ wissenhaft betonen, daß der §. 56 der preußischen Schulordnung auf einem anderen rechtlichen Fundamente beruht. Soweit ich aus den Ausführungen des Herrn Referenten habe entnehmen können — es war ja von meinem Standpunkt nicht ganz leicht, ihm zu folgen —, so glaube ich, daß wir uns in der Auffassung begegnen, daß in der That, wie ich schon in der Kommission angedeutet habe, die preußische Schulordnung im §. 56 ein anderes Prinzip angenommen hat als das Allgemeine Landrecht in seinem §. 33. Aus meinen vorhergehenden Ausführungen haben Sie schon gehört, daß bei Vorbereitung der preußischen. Schulordnung der Gesetzgeber, das preußische Staats⸗Ministerium, sich vollkommen darüber klar war, daß man auf den §. 33 nicht zurückgehen könne, weil man die Gerichtsobrigkeit aufgehoben hatte und damit auch der Rechts⸗ grund hinweggefallen war, auf welchem der §. 33 beruht. Denn die Gerichtsobrigkeit hatte nach unserer preußischen Auffassung das sehr wohlthätige, für die damaligen Verhältnisse auch sehr anerkennens⸗ werthe und sehr wohlthätig wirkende Prinziv, daß die Gerichts⸗ obrigkeit subsidiär verpflichtet war, in jeder öffentlich⸗rechtlichen Be⸗ ziehung ihren Unterthanen zur Seite zu stehen; und die Herren, die mit der Geschichte unserer bäuerlichen Regulirung näher bekannt sind, werden ja wissen, daß der Wegfall dieser subsidiären, wohlthãtig wirkenden Verpflichtung in einer großen Anzahl von Bauerngemeinden das dringende Verlangen aufrecht bestehen ließ, aus der bisherigen, zum Theil sehr wohlwollenden Beziehung nicht hera 8 ich will
8
— 9
8* x [9 8 æ
„
2* 89
092
24
8 t. & E &
„„82 8 23
½ 21
sagen: der Gesetzgeber war sich daß man nach einem anderen Rechtsfundamente denn er konnte sich der Ueberzeugung nicht verschließen, einmal die sogenannte Gemeinde, die ja durch die bäuerlich guts liche Regulirung frei geworden war, an und für sich keine Verpflich⸗ tung hatte, für die Schulbedürfnisse der außerhalb der kommunalen Gemeinden sich befindenden Anwohner auf gutsherrlichem Lande zu sorgen, und daß es zweitens nothwendig den Anwohnern zwar im Prinzip die Pflicht aufzuerlegen, für e Schulbedürfnisse zu sorgen, sei es durch Vertragschließung mit einer benachbarten Gemeinde,
sei es durch wirkliche Fürsorge innerhalb der aber auch Bestimmung zu treffen, wer fü herrlichem Land, soweit sie dem Dienstboten
angehören und nur eine beschränkte Leist
2,.—, Rmn SZ 8- 822
—
pflichtet sein solle, eine subsidiäre Unterstützung zu konnte nach der Natur der Entwickelung, der A Gesetzgebers, wie es hier ausdrücklich gesagt ist, nicht der Staat e treten, sondern nur der Grundherr. Unter dem Grundh glaube, das hat der Herr Referent s 1 man und versteht die preußische qua Gerichtsobrigkeit, sondern des selbständigen Gutsb deutlich schon aus dem Wort
herrn für verpflichte t
05ö,: 2
vrch —2*
— : 5 —
upflege zu bestreiten.
e Armengesetz vom 3
8 2 883
zember 1 und die werden wissen,
21 31.
üben und zu gerichtsherrl pflichtung des daß die Erfüll 3 Gutsbesitzern in dem Geltung
schwer fallen mag, so ist an i
ich im Gegensatz zu
mnhd 2v, in don bokreftee S erall — mü den betressenden S
ve,]; eeee S
8 28 8ö8* u dem Secim men, wem sie merzlichen That
*
selbst nich
sachen liegen j Meine Herren
vorgehoben hat, daß die Ver g rem 31. März d. mit der
Staatshaushalts⸗Etat . amwiderruflich zu vertdeilen;
zusammenhängt. Erst dann, wenn eine Verpeätchtung dem Staat
2* —. XIU ü“ · . 8 aufert dgt ist, raounmn ven einer Unw
S 8 dälents 8 Etatsverhältnif d 2 † 28 If 8» 8 „ e Sn — n 1 rechtigt, L. t, die nur m — .
. Srun kann iner Unwiderruflichlert die Nede secin. J
will damit nur andenten, das es durchans nicht in meiner Adfücht und Erwartung liegen kann, rinen Widerruf der gewädeten Berhülee eintreten zu lassen; aber ich din eber ctaterechtleh mach der Pangen
S △ 8„ . die Wderreinbkit der
SkShsen 8 K 28 8 „ ⁸ 8 re „ 8 detonen. 8 ““ Jö“
8 2* 8 1 8 8 8 2 8 grarische Noemigkoiten un „g rIigIISoẽ S*28 Literarische Aenegeennen. AANU52öenenne
b 8½89Noe
XS7 2 2½ 8* 9. %
Beideft zum MilitärWechenblatt. DBecken Erʒst
Siegfried Mittler und Sohn. Könlsche Hefduchdandtung, Koch⸗ strae 68— h Orittes und dertes ft. — Irdalt; OrPenssaezow. Ergäxanah. Verwendumg und Lusdildung des nesdern Samänöts⸗ persenals der Landarner in Deutschland, Nrsband, Oeberrencde⸗ Uar Cugland, Frankeeich ren nd der Fümes 1 dn den einzelnen Armern destedenden ‚mmnenem der erdemnen Beehdcden und Mittdeilungen unter Anschink chnsgekner derden iesder Lmere Uangen zuasamnmenesträt ven Un. Geimab. Srade ven Xrxilerne⸗ Amt Füer⸗Batanenn 4. Garden Neimend AE— Deuksce Landwirtbschaftliche Presse Deche Sw. Wildelmftr .) N. X. — Indad; O. Berkdnee Markrhahoen⸗ MNrich SF Ir b dr KeRkarv e e 3 Ncht üder 8** Ne der Kr ASresR AN 88 AMee rliner MastdRoed-ANAnN . W & Meed Aekde NR Wien Ven N. Pedex. N. Hememe. Cereredündenem. Berlin Ans der Peeres Pesen Oendasa — Pereehe wammlungen Srredsal — Perrseder Sndenm Hander und Verkedr.