einer in Aussicht genommenen Revision der einschlägigen
Gesetzgebung zu überweisen. 8 Gegen den Antrag Kommission sprachen zunächst die elsässischen Abgg. Zorn von Bulach und Guerber, weil die be⸗ stehende —— durchaus genügend sei und daher auch zu keinen Klagen Veranlassung gegeben habe; für denselben die Abgg. von Helldorff (konservativ) und Kayser (Sozial⸗ demmokraf). wenn auch aus wesentlich abweichenden Motiven. Auch der Abg. Dirichlet (deutsch⸗freisinnig) sprach für den Kommissionsantrag, indem er der Ansicht war, daß der Gel⸗ tungsbereich des Unterstützungswohnsitzes sich mit dem Gebiete der Frei ügigkeit decken müsse. Nach weiterer Debatte, in welcher die betreffenden Redner ihre Ausführungen gegen die gegnerischen Einwendungen auf⸗ recht zu erhalten suchten, wurde die Petition, dem Antrage der Kommission entsprechend, dem Reichskanzler überwiesen. Ohne Debatte wurde schließlich eine Petition des Central⸗ vorstandes des Deutschen Technikerverbandes, welche sich darüber beschwert, daß die Stellung der Techniker zu den Arbeitgebern, Jens die Auflösung des Vertrages in Fseao⸗ kommt, gesetzlich nicht geregelt sei, dem Antrage der eeg gemäß dem Reichskanzler zur Erwägung über⸗ wiesen. Um 5 ¼ Uhr vertagte sich das Haus auf Dienstag 1 Uhr.
— In der heutigen (89.) Sitzung des Reichs⸗ tages, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗ Minister von Boetticher der Staatssekretär des Reichs⸗ Justi amts, Dr. von Schelling, sowie mehrere andere
evollmächtiget zum Bundesrath und Kommissarien desselben beiwohnten, theilte der Präsident zunächst mit, daß die Darlegung der Anordnung, welche von dem preußischen Staats⸗Ministerium auf Grund des §. 28 des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 unter dem 11. d. M. mit Genehmigung des Bundesraths getroffen worden, eingegangen sei.
Der Abg. Graf von Bismarck hat in Folge seiner Er⸗ nennung zum Staatssekretär des Auswärtigen Amts sein Mandat niedergelegs
Der erste Gegenstand der Tagesordnung war die Berathung des Berichts der Reichsschulden⸗Kommission: I. über die Verwaltung des Schuldenwesens des Norddeut⸗ schen Bundes bezw. des Deutschen Reichs; II. über ihre Thätigkeit in Ansehung der ihr übertragenen Aufsicht über die Verwaltung: a. des Reichs⸗Invalidenfonds, b. des Festungsbaufonds und ec. des Fonds zur Errichtung des Reichstagsgebäudes; III. über den Reichs⸗Kriegs⸗ schatz und IV. über die An⸗ und Ausfertigung, Ein⸗ ziehung und Vernichtung der von der Reichsbank auszugebenden Banknoten.
8 Eine Debatte fand nicht statt. Der Bericht wurde der Rechnungskommission überwiesen.
Darauf ging das Haus zur ersten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Besteuerung des Zuckers, über.
Der Abg. Witte widersprach der in den Motiven ent⸗ haltenen Behauptung, daß der vor Ostern gefaßte Beschluß des Reichstages die Zuckerindustrie dem Verfall “ Der Verfall könne nur die Folge des hartnäckigen Fest⸗
12. der verbündeten Regierungen an der Materialien⸗
euer sein. In der Regierungsvorlage liege ein stärkerer Anreiz zur Melasse⸗ E 8 öbtamt der Ertrag der Rübensteuer herabgemindert werde. Die Heilung der Krankheit, an welcher die Zuckerindustrie leide, könne nur durch Uebergang zur Fabrikatsteuer erfolgen. Redner kündigte an, daß er mit seinen politischen Freunden in der zweiten Lesung den Antrag stellen werde, die jetzige Rübensteuer von 1,60 ℳ festzuhalten und die Exportbonifika⸗ tion nach dem Verhältniß von 10:1 zu bemessen.
Der Abg. Buhl erklärte, daß nach seiner Ansicht der Uebergang zur Fabrikatsteuer nicht direkt möglich sein werde, daß man zunächst zu einer Kombination von Fabrikat⸗ und Materialiensteuer werde kommen müssen. Auch er sei der An⸗ sicht, daß das Gesetz, welches gegenwärtig hergestellt werde, nicht für eine lange Dauer gerechtfertigt sei.
Bei Schluß des Blattes erhielt der Abg. Haerle das Wort.
— Der Bericht über die gestrige Sitzung des Hases der Abgeordneten befindet sich in derserden ilage.
— In der heutigen (77.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Vize⸗Präsident 82 “ Ministeriums, Minister des Innern, von Puttkamer, nebst Kommissarien beiwohnte, stand auf der Tages⸗ ordnung die Fortsetzung der zweiten Berathung des Entwurfs einer Kreisordnung für die Provinz Westfalen und die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes über die Einführung der Provin⸗ ö11“n vom 29. Juni 1875 in der Provinz
59 8 n.
ie Berathung wurde bei §. 33 der Kreisordnung fort⸗ gesetzt, der ohne Debatte nach den Beschlüssen der Reunge for⸗ genehmigt wurde.
8 bestimmt, daß die Kreistags⸗Abgeordneten aus der Wahl der Wahlverbände der größeren Gutsbesitzer, der Amts⸗ verbände und der Städte hervorzugehen haben.
Ein Antrag des Abg. Uhlendorff wollte diese Befugni dem Magistrat und den Stadtverordneten Ceelesens gg Amtederscnmn ung andererseits übertragen.
Der Abg. Uhlendorff trat für den von ihm gestellten Antrag ein und bemerkte: die Einführung eines Wahlverbands der Großgrundbesitzer und Industriellen werde in Westfalen h-h FPenen 8
„Der Abg. vom Heede glaubte, daß der Antrag Uhlendorff lediglich darauf hinauslaufe, den Großgrundbesitz 88 Nüö Provichialrerwältng Kne lasetnag.
er Abg. Richter erklärte, daß es seiner Partei fern liege,
die Rechte des Großgrundbesitzes zu slbine, h gsen vei⸗
Seeee welche dieser habe, auch dem Kleingrund⸗ n.
Der Regierungskommissar, Geheime Ober⸗Regierungs⸗ Rath Braunbehrens bat, den Antrag Uhlendorff abzulehnen.
„Auch der bg. Frelserr von der Reck hielt eine Ablehnung dieses Antrags für wünschenswerth.
Der Abg. Dr. Freiherr von Schorlemer sprach sich gleich⸗ falls gegen den Antrag Uhlendorff aus. Nach seiner Ansi t sei die Zahl der Großgrundbesitzer in den neu konstruirten
Der Abg. von Liebermann trat für die unveränderte An⸗ nahme des §. 34 ein. Der h von Eynern hob hervor, daß seine Partei praktische Politik treibe und sich deshalb auch hier mit dem wirklich Erreichbaren begnüge. Nach einigen weiteren Bemerkungen der Abgg. Richter und von Eynern wurde der Antrag Uhlendorff abgelehnt und §. 34 in der Fassung des Herrenhauses angenommen. Die §§. 85—=50 wurden nach kurzer Debatte unverändert angenommen. “ ““ Schluß des Blattes. 1“ 5
— Durch Allerhöchste Ordre vom 3. d. M. ist dem Kreise Steinau, welcher den Bau einer Chaussee von Raudten nach Köben mit 8 von Nistitz nach Rad⸗ schütz ausgeführt hat, gegen Uebernahme der chausseemäßigen Unterhaltung dieser Straße das Recht zur Erhebung des Chausseegeldes auf derselben nach den Bestimmungen des Chausseegeld⸗Tarifs vom 29. Februar 1840 verliehen worden einschließlich der in demselben enthaltenen Bestimmungen über die Befreiungen sowie der sonstigen, die Erhebung betreffenden zusätzlichen Vorschriften — vorbehaltlich der Abänderung der sämmtlichen voraufgeführten Bestim⸗ mungen. Auch sollen die dem Chausseegeldtarif vom 29. Fe⸗ bruar 1840 angehängten Bestimmungen wegen der Chaussee⸗ . zeivergehen auf die gedachte Straße zur Anwendung ommen.
—. Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Loevy in Schwetz, Dr. Jankowski in Mocker, Dr. Hansch in Lauban, Dr. Magerhausen in Berthelsdorf, Dr. Proche in Warmbrunn, Piorethski in Beuthen a. O., Dr. Bach in Frey⸗ stadt, Dr. Koch in Ascheberg.
Osnabrück, 17. Mai. (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht ist zur militärischen Be⸗ sichtigung heute Abend hier eingetroffen und am Bahn⸗ hof von den Spitzen der Civil⸗ und Militärbehörden, sowie von dem Bischof Hoeting und den Mitgliedern des Dom⸗ kapitels empfangen worden. Zahlreiche Gebäude haben ge⸗ flaggt. Abends findet großer Zapfenstreich statt.
Bayern. München, 17. Mai. (W. T. B.) Die Kammer der Abgeordneten nahm heute nach mehr⸗ tägiger Berathung den Gesetzentwurf über die Abänderung der Subhastations⸗Ordnung in namentlicher Ab⸗ stimmung mit 103 gegen 19 Stimmen an und begann sodann die Berathung der Gebühren⸗Novelle. Sämmtliche Redner erkannten die gewährten Erleichterungen an und sprachen die Hoffnung auf weitere Erleichterungen aus. Der Finanz⸗Minister stellte solche sobald als thunlich in Aussicht.
Die Kammer der Reichsräthe genehmigte das Flur⸗ bereinigungs⸗Gesetz sowie den Gesetzentwurf, betreffs der Lokalbahn Reichenhall — Berchtesgaden und nahm den Antrag Schels, betreffend die Zulässigkeit der Dis⸗ kussion bei Beantwortung von Interpellationen mit 22 gegen 19 Stimmen an.
Sachsen⸗Cobtzrg⸗Gotha. Coburg, 17. Mai. (W. T. B.) se Herzogft von Ebinburg ist heute nach Paris ab⸗
Anhalt. Dessau, 15. Mai. (Anh. St. A.) Der Herzog und die Herzogin haben sich heute mit hoher Fa⸗ milie zu längerem Aufenthalt nach Wörlitz begeben.
6
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 17. Mai. (W. T. B. Das „Fremdenblatt“ bezeichnet die E““ 88 einem angeblich bevorstehenden Gegenbesuch des öster⸗ reichischen Herrscherpaares bei dem Kaiser und der Kaiserin von Rußland als unbegründet. Das Herrenhaus nahm den Gesetzentwurf, betref⸗ fend die Garantie für die letzte egyptische Anleihe, an. Pest, 17. Mai. (W. T. B.) Der volkswirthschaft⸗ liche Ausschuß berieth heute den Antrag Istoczy's, be⸗ treffend die Einführung einer Börsensteuer, und nahm nach längerer Debatte einen Antrag an: zu erklären, daß der Ausschuß die Besteuerung von Börsengeschäften für berechtigt erachte, daß er jedoch den gegenwärtig nicht zeitgemäßen Gesetz⸗ entwurf ablehne. Die Regierung solle indessen ersucht werden, die Frage aufmerksam zu verfolgen und seiner Zeit eine ent⸗ sprechende Vorlage einzubringen.
Niederlande. Haag, 17. Mai. (W. T. B. n der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer faad 6 Diskussion über die Anlässe der Ministerkrisis statt. Der Minister Heemskerck gab nähere Erläuterungen über die Angelegenheit. Mackay konstatirte die Unmöglichkeit, die Bildung eines Kabinets der Rechten zu übernehmen, angesichts der vom Könige aufgestellten Bedingung, die Revision der Verfassung fortzuführen. Heemskerck entgegnete, daß es sich hierbei nicht um eine Bedingung, sondern nur um einen mlunsch des Königs handele. Die Diskussion schloß ohne Ab⸗ ng.
Großbritannien und Irland. Lon don, 17. Mai (W. T. B.) Das Unterhaus setzte heute die Berathung der irischen Verwaltungsbill fort. Der Präsident des Local Government Board, Stansfeld, erklärte: die Rede Lord Salisbury's in dem Meeting der Konser⸗ vativen am Sonnabend übersteige an berechneter Rücksichts⸗ losigkeit Alles, was je in der Rede eines Mitglieds der National⸗ L ge enthalten gewesen sei. Redner dankte Lord Salisbury für dessen Ruf zum Kampf, der in den Reihen der Liberalen Ent⸗ rüstung, Entschlossenheit und Einigkeit erwecken werde. Es sei thöricht zu glauben, daß nach weiterem, zwanzigjährigem Be⸗ stehen von Zwangsgesetzen Irland versöhnt sein werde. Bei der Behandlung der irischen Frage seien auch die Irländer in Amerika nicht zu vergessen. Die irische Nation sei von der Zuversicht erfüllt, daß sich ihre Forderungen als unabweisbar herusftelen würden. Die Bill sei bestimmt, den Frieden Sga Feignfn zwischen Irland und England
n, weil dieselbe alsdann auf morali 1 25 “ 1 — 18. Mai. (W. T. B.) weiteren Verlauf de E Sitzung des Unterhauses erklärte der duf 8 5taatssekretär Bryce: die Regierung sei nicht abgeneigt, die Wähler über die Nothwendigkeit der Bill zu befragen. Dänemark habe sich im Besitz Islands erhalten, weil es ihm eine besondere parlamentarische Vertretung gegeben habe; da⸗ egen hätten die Niederlande Belgien und Dänemark Schleswig⸗
Wahlverbänden noch viel zu gering. “
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verweigert worden seien. Die Demokratie könne nicht nach des potischen Grundsätzen regieren, und die irische Partei wisse tde neugeborene englische Demokratie auf ihrer Seite. Er ho die irische Partei werde in friedlicher Haltung verharren 6 ihr Gerechtigkeit werde. — Die weitere Berathung wurde na achtstündiger Debatte auf heute vertagt. 8 Der bisherige General⸗Sekretär des Unterhauses, Erskin May, welcher äͤngst, bei dem Rücktritt von diesem Poster unter dem Namen Lord Farnborough zum Pair ernannt wurde, ist gestern Abend, nachdem er kurz vorher noch den Verhandlungen des Unterhauses beigewohnt hatte, gestorben
Frankreich. Paris, 18. Mai. (W. T. B. Anlaß des am Sonnabend im Palais 5 Fr 212. Paris vor dessen Abreise nach Portugal stattgehabten Empfanges soll, wie aus Deputirtenkreisen verlautet von den Radikalen in der Kammer eine Interpellation e und zugleich die Ausweisung der Prinzen beantragt
n.
Spanien. Madrid, 17. Mai. (W. T. B.) Die Königin ist heute von einem Prinzen entbunden worbden. — 18. Mai. (W. T. B.) In der Deputirtenkammer sprachen gestern der Kammer⸗Präsident und der Minister⸗ Präsident Sagasta ihre hohe Freude über die Geburt eines Königs mit der Versicherung aus, daß sich alle Spa⸗ nier in treuer Gesinnung um den neuen König, als den Ver⸗ treter des Friedens und der Ordnung, zusammenschaaren wür⸗ den. Das Haus nahm diese Erklärungen mit lebhaftem BVei⸗ fall auf. — Eine ähnliche Erklärung wurde im Senat al⸗ gegeben und auch dort enthusiastisch aufgenommen. — Der Prinz wird den Namen Alfons erhalten.
Rußland und Polen. Sebastopol, 17. Mai. (W. T. B.) Der Kaiser hielt heute eine Truppenschau ab. — Am Dienstag, dem Geburtstage des Thronfolgers, wird das Kriegsschiff „Tschesme“ vom Stapel gelassen werden.
b Amerika. Washington, 13. Mai. (Allg. Corr.) Da Repräsentantenhaus nahm heute eine Resolution an welche den Präsidenten Cleveland ersucht, mitzutheilen, welche Schritte gethan worden sind, um die Beschlagnahme des „David Adams“ durch die kanadischen Behörden zu untersuchen, und die näheren Umstände, unter welchen die Be⸗ schlagnahme erfolgte, darzulegen. Mr. Price, Kongreßabgeordneter für Massachusetts, nahm Bezug auf die „Alabama⸗Vorfälle“ und den damals geforderten Schadenersatz und drückte die Hoff⸗ nung aus, daß man jetzt ebenfalls einen Ersatz für den Schaden, welchen Unterthanen Großbritanniens amerikanischen Fischereien zufügten oder zuzufügen versuchten, erlangen werde. Auch das Kabinet zog heute wiederum die Beschlagnahme des „David Adams“ in Erwägung. Der amerik anische Konsul in Halifax telegraphirt, daß er die näheren Un⸗ stände untersucht habe und morgen der Regierung seinen Be⸗ richt einsenden werde. — Die Kommission des Repräsen⸗ tantenhauses für Handel hat beschlossen, über die Bill des Senators Frye, wonach ausländische Schiffe keine größeren Hande sprivilegien haben sollen als die, welche amerikanischen Schiffen in den Häfen der Länder, wohin die ausländischen Schiffe gehören, gewährt werden, sich günstig zu äußern.
Nach dem amtlichen Bericht wurden bei dem kürzlichen Zusammenstoß mit den Sozialisten in Chicago 66 Polizisten verwundet. Fünf Polizisten sind den durch die Explosion der Bomben erhaltenen Verletzungen erlegen.
Afrika. Egypten. (Allg. Corr.) Ueber eine Araber⸗ Revolte unweit Jeddah wird dem „Reuterschen Bureau“ von dort unterm 10. Mai berichtet:
Ein Sudanese schnitt an der Spitze von 50 Arabern den Tele⸗ graphendraht nicht weit von hier ab und proklamirte sich zum Mahdi. In einem Scharmützel zwischen den Rebellen und einer Abtheilung türkischer Soldaten verloren die Letzteren mehrere Todte und Ver⸗ wundete. Später hatte eine vom Kaimakam befehligte Truppen⸗ abtheilung mit dem Mahdi einen Zusammenstoß und nahm 7 seiner Anhänger gefangen. Dieselben wurden enthauptet und ihre Köpfe auf Stangen an den Thoren Jeddahs ausgestellt. Es ist nicht bekannt, ob es dem falschen Propheten selbst gelang, zu entkommen.
Zeitungsstimmen.
Branntweinsteuer eine Zuschrift des Grafen Hugo Rei
in 8 heißt: —.„Das „Schlesische Morgenblatt“, Organ der Konservativ⸗
Schlesiens, macht in Nr. 111 unter dem Fedaktionszechn Pen der Ueberschrift: „Die neue Branntweinsteuer⸗Vorlage“ den Vorschlag, noch jetzt zum Branntwein⸗Monopol zurückzu⸗ kehren und bei Gelegenheit der Berathung der jetzigen Vor⸗ lage durch erneute Anträge eine eingehendere Berathung und Amendirung der Regierungsvorlage zum Branntwein⸗ Monopol beim Reichstage herbeizuführen. Da ich beinahe 40 Jahre hindurch Besitzer einer größeren Brennerei gewesen bin und somit die Mono⸗ polisirung des Spiritushandels durch die Spritfabrikanten mit offenem Auge habe vollziehen sehen, dürfte ich vielleicht als ein unparteiischer, 1“1“ Zeuge in dieser Angelegenheit gehört werden Klar und unbezweifelt ist der Satz: ohne Dünger keine Ernte Den Dünger aber erlangt der Landwirth nur durch reichliche Ernt. haltung bei reichlichem Futter. Das reichliche Futter erlangen die Landwirthe der 5 östlichen Provinzen nur durch einen starken Kar⸗ toffelbau, und dieser wird nur möglich durch einen starken Brennerei⸗ betrieb. Lohnt dieser nicht mehr, so wird eine intensive Bewirth⸗ schaftung und damit die Fruchtbarkeit in 5 Provinzen unmöglich, folglich auch die Ernte von Brotgetreide und der Absatz von Erzeug⸗ nissen der Industrie sehr bedeutend verringert.
Wie schon gesagt, dies sind unbezweifelte Sätze; aber ebenso wenig kann ein Vernünftiger bezweifeln, daß der Brennereibetrieb in kleineren Brennereien schon jetzt nicht mehr lohnt und daß der Be⸗ trieb in größeren Brennereien nur wenig lohnt. Es ist also der Zeit⸗ da, IShe . muß. ...
„Der 1. Juli jeden Jahres ist für beinahe jeden Landwirth der Siteessternth großer Zinszahlungen und hee. Verbindli 8 o lange die Schafhaltung noch Erträge gab, wurden diese Za lungen aus dem Erlös am Wollmarkt gedeckt, denn andere Einnahmen ent⸗ fallen der Landwirthschaft während der Sommermonate nicht; durch den Ausfall der Einnahme an der Wolle wurden die meisten Land⸗ wirthe gezwungen, zur Tilgung ihrer Zahlungen im Sommer per⸗ sönlichen Kredit zu such eerselbe verkauft Erzeugnisse seiner Wirthschaft, welche er später zu ernten hofft, im Voraus unter Notizverluft am Tage der Lieferung; es war ganz gewöhnlich, daß man von Abschluü en hörte, nach welchen der Eimer Spiritus (d. h. 60 Quart zu 80 %) zu 15 bis 20 Sgr. unter Notiz am Tage der Lieferung gegen ein Angeld von 3 bis
olstein verloren, weil diesen Ländern mäßige Zugeständnisse
4 Thlr. für den Eimer voraus verkauft wurde; für das Angeld t der Gutsbesitzer einen dreimonatlichen Wechsel unterschreiben nufts⸗
Die „Neue Preußische Zeitung“ veröffentlicht zur
“
den Abzug von Diskont und ½ % Provision gefallen lassen; natürlich ab der Käufer den Wechsel sofort an die Reichsbank weiter, wofür 8 nur den Diskont zu zahlen hatte und kaufte demnach recht eigent⸗
[c mit dem Gelde des Verkäufers, also des Gutsbesitzers, den Spi⸗
ritus des Gutsbesitzers 15 — 20 Sgr. unter Notiz und empfing dafür noch 2 % desselben Geldes als Bonifikation. . Die nothwendige Folge dieses Zustandes ist, daß der Händler mit Spiritus und der Spritfabrikant seinen Be⸗ darf an Spiritus bereits vor der Fabrikation ankauft, daß, weil der Bedarf gedeckt ist, die Brennereibesitzer, welche nicht vorher verkauft haben, nur schwer Abnehmer finden und durch ihr Angebot also die Notiz herunterdrücken und daß die Export⸗Bonifikation nur dann die Notiz beeinflussen kann, wenn in unvorhergesehenen Massen Spiritus ausgeführt wird, diese Export⸗Bonifikation also dem Guts⸗ besitzer nicht, wohl aber dem Kaufmann einen Vortheil bringt.
Nie kann der Preis des Spiritus der hohen Steuer entsprechen
wenn der Vorausverkauf nicht aufhört. Dies also ist hauptsächlich
die Ursache der Krankheit des Brennereigewerbes.
Wie aber ist diese Krankheit zu heilen? 8
Die Selbsthülfe der brennereitreibenden Landwirthe auf dem Wege der Errichtung von Lagerräumen ist unausführbar, weil beinahe jeder Brennereibesitzer schon einen Theil seiner künftigen Einnahme zur Fortführung Feiner Wirthschaft voraus verbraucht und deshalb seinen
piritus verkauft hat, bevor derselbe in die Lagerräume kommen soll,
weil so der Spiritusbedarf der Börse bereits gedeckt ist und somit eine Konkurrenz beim Einkauf stattfinden müßte, bevor die Waare an⸗ gefertgt wird, wozu ein sehr großes Kapital zusammen⸗ geschossen werden müßte. Da die Brennereibesitzer dieses Ka⸗ pital aber nicht zusammenschießen können, weil sie es nicht haben (sonst würden sie ja doch den Spiritus nicht vor⸗ ausvertaufen), so ist der Vorschlag nur durch eine Aktiengesellschaft durchzuführen und diese würde wohl bald nur ihren Aktien, aber nicht den Brennereien, welche keine Aktien gezeichnet haben, aufhelfen wollen. Ausführbar wird die Selbsthülfe der Landwirthe nur, wenn die Reichsbank genügenden Kredit ohne Unterpfand gewährt; da dies aber zu den Unwahrscheinlichkeiten gehört, bleibt auch die Selbsthülfe der Landwirthe unwahrscheinlich. Licht und Luft sind beim Ringen ums Dasein eben nicht gleichmäßig unter unsere Staatsbürger vertheilt, so lange unsere Reichsbank an eine Aktiengesellschaft vergeben ist; darunter leiden die Landwirthe gerade so, wie die kleinen Handwerker und sonstigen kleineren Gewerbetreibenden. Das Reformwerk unseres Kaisers und des Fürsten Bismarck würde erst gekrönt sein mit Erfolg, wenn die Steuer von 2 %, welche jeder kleinere Gewerbtreibende an den geldvermittelnden Banquier oder größeren Kaufmann oder Fabrikanten in Form von Provision abgeben muß, dadurch beseitigt würde, daß in jeder kleineren Stadt eine Kom⸗ mandite der Reichsbank errichtet und nach Anhörung der betreffenden Innungsvorstände oder sonstigen Korporationen dem kleinen Gewerb⸗ freibenden ohne Erforderniß einer zweiten Unterschrift persönlicher Kredit gegen den einfachen Reichsbank⸗Diskont gegeben würde; und in gleicher Lage wie die Handwerker befinden sich größere und kleinere Gutsbesitzer. 1 “
Da dies leider unerreichbar zu sein scheint, so bleibt für die Brennerei betreibenden Landwirthe nur das Monopol als Heilmittel ubrig. Durch dasselbe würde der Staat gewissermaßen die Brennerei⸗ besitzer zur Selbsthülfe zwingen und dabei eine bedeutende Vermeh⸗ rung seiner Einnahmen herbeiführen. 58
Der Vorschlag in Nr. 111 des „Schlesischen Morgenblattes“ verdient also Berücksichtigung. Vielleicht würde ein Antrag hervor⸗ ragender Mitglieder des Reichstages, die Monopolvorlage mit der neuen Regierungsvorlage in einer Kommission zu berathen und das Bessere dann zu wählen, segensreiche Folgen haben.
— Wie die „Neue Reichscorrespondenz“ mittheilt, hat der Verein Deutscher Eisen⸗ und Stahl⸗Industrieller auch in diesem über die Lohnverhältnisse und über die finanziellen Resultate der Aktien⸗Gesellschaften vor und nach der Wiedereinführung der Eisenzölle eine Enquete veran⸗
staltet:
Bis Mitte April waren die Antworten von 247 (vorwiegend großen) Eisenhüttenfirmen, Gießereien und Maschinenbauanstalten (darunter 103 Aktiengesellschaften) aus allen Theilen des Reichs ein⸗ gegangen. Im Januar 1879 beschäftigten diese 247 Werke 129 277 Arbeiter mit 8 039 260 ℳ Monatslohn, im Januar 1886 dagegen 175 554 Arbeiter mit 11/480 118 ℳ Monatslohn. Demnach waren die Zahl der Arbeiter um 46 277 (35,8 %), die Gesammtlöhne pro Monat um 3440 858 ℳ (42,8 %) ge⸗ stiegen. Im Januar 1879 verdiente durchschnittlich (also mit Einschluß der jüngeren und geringer bezahlten Arbeitskräfte) 1 Arbeiter monatlich 62,19 ℳ, im Januar 1886 dagegen 65,39 ℳ Für die 12 Monate des Jahres 1885 berechnet, würde sich ein Mehr⸗ verdienst des Arbeiters von 38,40 ℳ und für die 247 Werke, die nur erst einen wenn auch sehr ansehnlichen Theil der deutschen Eisenindustrie repräsentiren, eine Steigerung an Lohnzahlungen um die bedeutende Summe von 41 290 296 ℳ annehmen lassen.
Die obengenannten 103 Aktiengesellschaften erzielten laut ihrer veröffentlichten Bilanzen im Geschäftsjahr 1879, bez. 1878/79, mit 374 225 841 ℳ Aktienkapital einen Gesammtüberschuß von 8 592 304 ℳ = 2,29 %; im letzten Geschäftsjahr 1885, bez. 1884/85, dagegen mit 364 125 084 ℳ Aktienkapital einen Ueberschuß von 19 301 085 ℳ = 5,30 %, demnach einen Mehrertrag von 3,01 % ihrer Aktienkapitalien.
— Das „Kleine Journal“ sagt in einer Besprechung der Staats⸗Ministerial⸗Verordnung, die Versammlungen betreffend:
.. In liberalen Blättern ist ausgesprochen, gegen die Sozial⸗ demokratie habe die Regierung der neuen Waffe gegen den Mißbrauch des Versammlungsrechts nicht bedurft, weil sozialdemokratische Ver⸗ sammlungen schon auf Grund des bestehenden Gesetzes vom 12. Ok⸗ tober 1878 nicht blos jederzeit aufgelöst, sondern auch im Voraus untersagt werden konnten. Indeß ist es für die Behörde schon wichtig, daß ihr künftig die Absicht, eine Versamm⸗ lung abzuhalten, mindestens 48 Stunden vorher mitgetheilt werden muß, während das preußische Vereinsgesetz vom 11. März 1850 die Anzeige nur 24 Stunden vorher anordnet. Die erweiterte Frist erleichtert es der Polizei wesentlich, sich zu informiren. Sodann schützt die neue Verordnung die Behörde, welche eine Versammlung aus Mißverständniß nicht gestattet hat, gegen den Vorwurf, daß diese beabsichtigte Versammlung mit der Sozialdemokratie nichts zu thun gehabt habe. Der Hauptzweck der Verordnung ist offenbar der, die Verhinderung von Versammlungen zu ermöglichen, welche nicht direkt von der Sozialdemokratie veranstaltet und nicht in erster Reihe oder überwiegend von erklärten Mitgliedern dieser Partei besucht sind, aber doch mit ihr im Zusammenhang stehen und ihren Zwecken dienen. Dies gilt ganz besonders von den systematisch be⸗ triebenen Strikebewegungen. Arbeitscheue, gewissenlose Subjekte, die von Strikegeldern leben wollen und theils offen sich zur Sozial⸗ demokratie bekennen, theils sich begnügen, heimlich die Ver⸗ bindung mit den Führern derselben so weit zu unterhalten, daß sie von diesen keine Anfeindung und Störung in ihrem Erwerbe zu befürchten haben, treten Jahr aus, Jahr ein als Organisatoren der Arbeitseinstellungen auf. Die armen Arbeiter opfern leichtgläubig ihre kleinen Ersparnisse und befinden sich während des Strikes und nach demselben in bitterer Noth. Aber mit jedem jungen Jahr, sobald die ersten Lerchen schwirren, stellen sich die Pfadfinder in der „Lohnbewegung“ wieder ein und — finden aufs Neue Gehör. Auch die Thatsache, daß in vielen Fällen grobe Veruntreuungen bei der Verwaltung der Unterstützungsgelder nachgewiesen sind, öffnete bisher den Be⸗ thörten nicht die Augen. Es ist wiederholt vorgekommen, daß die Theilnehmer an einer Arbeitseinstellung in Ausgleichsverhand⸗ lungen standen, und daß gerade in dem Moment, als eine Einigung gesichert schien, eine Versammlung berufen und durch den professio⸗ nellen Organisator der Friedensschluß verhindert worden ist. Unleug⸗
“
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bar ist in einem solchen Falle die Verhinderung der Versammlung sehr wünschenswerth, und wir könnten darin nicht eine einseitige Partei⸗ nahme der Behörde zu Gunsten der Arbeitgeber gegen die Arbeiter erkennen
Armee⸗Verordnungs⸗Blatt. Nr. 13. — Inhalt: Exerzier⸗Reglement für die Kavallerie. — Sitz der am 1. Mai von Posen nach Berlin verlegten Linien⸗Kommission. — Abänderung der administrativen Bestimmungen über die jährlichen Uebungsreisen des Generalstabes. — Namentliches Verzeichniß der ernannten und ge⸗ wählten Beisitzer der Schiedsgerichte im Bereich der preußischen Heeresverwaltung. — Preisbewerbung für veterinäre Zwecke. — Visir⸗ kappen. — Neußearbeitete Beilage 5 der Kriegs⸗Sanitäts⸗Ordnung, medizinisch⸗chirurgischer Etat. — Ladenpreis der Dienstvorschrift für die Waffenmeister der Feld⸗Artillerie. — Servisanspruch der Selbst⸗ miether, welche von einem Kommando direkt zu ihrem behufs der Uebungen ausgerückten Truppentheile zurückkehren. — Feier des Todes⸗ tages des Herzogs Leopold von Braunschweig. Marineverordnungsblatt. Nr. 10. — Inhalt: Ab⸗ änderung der Venfseegee. — Disziplinar⸗Straf⸗Ordnung. — See⸗ Equipage. — Gebührnisse bei Kommandos von Bord im Auslande. — Friedens⸗Geldverpflegungs⸗Reglement. — Dienstalters⸗ und See⸗ fahrzulage. — Schießbücher. — Koblenbeschaffung. — Schußtafeln. — Personalveränderungen. — Benachrichtigungen.
Centralblatt der Abgaben ⸗‧⸗Gese zgebung und Verwaltung in den Königlich preußischen Staaten. Nr. 10. — Inhalt: Anzeige der in der Gesetz⸗Sammlung und im Reichs⸗Gesetzblatte erschienenen Gesetze und Verordnungen. — I. Allgemeine Verwaltungsgegenstände: Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen. — III. Indirekte Steuern: Gesetz, betreffend einen Zusatz zum §. 5 des Zolltarifgesetzes. — V. Statistik: Verzeichniß der den Direktivbehörden und Haupt⸗ ämtern des Deutschen Reichs zur Kontrole der Zölle und Verbrauchs⸗ steuern beigeordneten Beamten. — VI. Personalnachrichten.
Sttatistische Nachrichten.
Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts sind in der Zeit vom 2. bis 8. Mai cr. von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 23,4, in Breslau 30,0, in Königsberg 34,1, in Köln 22,9, in Frankfurt a. M. 23,6, in Wiesbaden 17,8, in Hannover 24,6, in Kassel 19,5, in Magdeburg 24,0, in Stettin 25,6, in Altona 29,8, in Straßburg 33,9, in Metz 26,0, in München 33,8, in Nürnberg 46,7, in Augsburg 29,4, in Dresden 24,1, in Leipzig 17,7, in Stuttgart 20,1, in Kehrleruße 28,1, in Braunschweig 20,1, in Hamburg 29,6, in Wien 31,1, in Pest 40,4, in Prag 35,9, in Triest —, in Krakau —, in Amsterdam 24,7, in Basel 21,3, in Brüssel 28,9, in Paris 26,5, in London 18,7, in Glasgow 26,3, in Liverpool 24,6, in Dublin 24,8, in Edinburg 17,8, in Kopenhagen 22,5, in Stockholm 23,7, in Christiania 18,7, in St. Petersburg 42,8, in Warschau 26,7, in Odessa 29,9, in Rom —, in Turin 28,4, in Venedig 37,2, in Madrid —, in Alexandria 45,1 Ferner in der Zeit vom 11. bis 17. April cr.: in New⸗York 27,0, in Philadelphia 24,1, in Baltimore 20,4, in San Francisco —, in Kalkutta —, in Bombay 23,1, in Madras 33,0.
Die Sterblichkeit hat auch in dieser Berichtswoche in den meisten Großstädten Europas etwas zugenommen, nur aus wenigen Städten, wie aus Kassel, Köln, Leipzig, Magdeburg, Stuttgart, Basel, Edin⸗ burg, Christiania, Kopenhagen wurde die Sterblichkeit kleiner oder blieb, wie in Wiesbaden, Braunschweig, London, fast die gleich gün⸗ stige. — Namentlich haben bei dem unter vorwiegend nördlichen und nordöstlichen Windströmungen erfolgten Temperaturwechsel, wobei die Morgentemperaturen wiederholt unter 0 Grad sanken, akute entzündliche Prozesse der Athmungsorgane, besonders in süddeutschen und rheinischen Städten, wie Aachen, Barmen, Elberfeld, Dortmund, Köln, Krefeld, Mainz, München, Nürnberg, aber auch in Altona, Hamburg, Breslau, Berlin, Dresden, Königsberg, Paris, London, Wien u. a. viel Sterbe⸗ fälle und Erkrankungen veranlaßt. — Darmkatarrhe führten etwas mehr, Brechdurchfälle etwas seltener zum Tode, nur in Berlin, Ham⸗ burg, Königsberg, Nürnberg war die Zahl der Sterbefälle an letzte⸗ ren gleichfalls etwas gesteigert. Die Theilnahme des Säuglings⸗ alters an der Sterblichkeit war eine etwas verminderte. Von 10 000 Lebenden starben aufs Jahr berechnet in Berlin 67, in München 108 Säuglinge. — Von den Infektionskrankheiten haben Masern, Diphtherie und Unterleibstyphus im Allgemeinen etwas mehr, Scharlach, Keuchhusten und Pocken etwas weniger Sterbe⸗ fälle hervorgerufen. — Masern haben in Elberfeld, Stettin, Straßburg, Lyon und besonders in Nürnberg größere Ausdehnung gewonnen, in Hamburg, Wien, Zürich, Paris, London, Edinburg, St. Petersburg nahm die Zahl der Todesfälle ab, in Berlin blieb sie die gleiche. Dagegen stieg die Zahl der ge⸗ meldeten Erkrankungen an Masern in den Regierungs⸗Bezirken Düsseldorf, Hildesheim, Königsberg und Marienwerder. — Das Scharlachfieber forderte nur in St. Petersburg mehr Opfer, Erkrankungen wurden in Berlin, Hamburg, Wien, Christiania seltener. — Die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup war im Allgemeinen eine größere, als in der Vorwoche. Die Zahl der Sterbefälle stieg in Hamburg, Nürnberg, Stuttgart, Magdeburg, Altona, Breslau, Dort⸗ mund, Dresden, Wien, . Paris, Turin, während sie in Berlin und Warschau die gleiche blieb und in London, St. Peters⸗ burg und Christiania eine kleinere wurde. Im Regierungs⸗ Bezirk Schleswig hat die Zahl der gemeldeten Erkrankungen wieder zugenommen. — Das Vorkommen des Unterleibstyphus blieb im Allgemeinen ein beschränktes. In Berlin, Hamburg, Warschau, Paris, London nahm die Zahl der Sterbefälle ab, in Königsberg, Prag zu. — Sterbefälle an Flecktyvphus wurden seltener gemeldet, aus Pest kamen 2, aus St. e 2, aus Odessa 1 Todesfall, aus dem Regierungsbezirk Marienwerder 2, aus St. Petersburg 6 8L zur Anzeige. — Rückfallsfieber ver⸗ anlaßten nur in St. Petersburg mehrfache Todesfälle, doch nahm auch hier die Zahl der Erkrankungen erheblich ab. An epidemischer Genickstarre kamen aus St. Petersburg 1, aus Kopenhagen 5 Todes⸗ fälle, aus den Regierungsbezirken Düsseldorf und Marienwerder ver⸗ einzelte, aus Berlin 2, aus Kopenhagen 14 Erkrankungen zur Kenntniß. — Rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut führten in Berlin, Paris, London, St. Petersburg mehrfach zum Tode, auch aus Kopenhagen wurde eine größere Zahl von Erkran⸗ kungen gemeldet. — Sterbefälle an Keuchhusten waren in Berlin, Paris, London, Glasgow etwas seltener, in Liverpool, Dublin etwas häufiger. In Hamburg und Kopenhagen haben die Erkrankungen daran zu⸗, in Nuͤrnberg abgenommen. — Dem Kind⸗ bettfieber erlagen in Berlin, London, 8— weniger Frauen. — Pocken traten seltener auf; in vereinzelten Fällen zeigten sie sich in Edinburg, St. Petersburg, Wien, Paris als Todesursachen. Aus Zürich werden 5, aus Prag 6, aus Pest 17 Todesfälle mitgetheilt. Erkrankungen an Pocken kamen aus den Regierungsbezirken Stettin und Königsberg je l, auch aus Edinburg I, aus Berlin und Breslau je 2, aus St. Petersburg 4, aus London 11, aus Wien 18 zur Mittheilung. — Die Cholera hat in Italien größere Ausdehnung erlangt und wurden namentlich aus Venedig und Bari mehr, aus Brindisi weniger Sterbe⸗ fälle mitgetheilt. In der Berichtswoche erlagen in Venedig 21 Per⸗ sonen, in der Zeit vom 8. bis 13. Mai 28 Personen (bei 40 Erkran⸗ kungen) der Seuche. Auch aus Ostuni Oria und mehreren anderen Ortschaften wird das Auftreten der Cholera gemeldet.
AKunst, Wissenschaft und Literatuir. 8
Inaktive Offiziere und Unteroffiziere oder die
Fönlans; des Staats für Beide. Von einem alten Offizier. Rathenow, Verlag von Max Babenzien. (Preis 0,40 ℳ0) — Der Verfasser
dieser Broschüre sucht darzuthun, daß die inaktiven Unteroffiziere in Bezug
auf Anstellungen im Staatsdienste vor den inaktiven Offizieren würden, und stent am Schluß, um diesem vermeintlichen Uebelstand ab⸗ zubelfen, folgende Forderungen auf: a. Die Gelegenheit, sich in prak⸗ tischen Wissenschaften und nicht blos solchen Kenntnissen, die für den Berufssoldaten erforderlich sind, auszubilden, muß Seitens des Staates den Offizieren bereits im Kadettenkorps resp. auf der Kriegsschule gevoten werden. b. Den Offizieren soll es gesetzlich gestattet werden, gleich den Unteroffizieren, sich für den Civildienst durch Probedienstleistungen vorzubereiten. c. Den ausscheidenden Offizieren soll, um ihnen den Uebertritt ins bürgerliche Leben zu erleichtern, nicht blos das Gnaden⸗ gehalt eines Monats gewährt, sondern es soll ihnen eine größere Beihülfe gleich den Unteroffizieren zugebilligt werden. d. Festsetzung und Ver⸗ mehrung der Stellen im Civildienst in ausreichender Weise, welche lediglich für inaktive invalide Offiziere reservirt bleiben. e. Die enaue Kontrole der Listen, auf denen die Offizieranwärter verzeichnet tehen, durch die Ministerien und Offenlegung derselben, um eine gerechte Reihenfolge einzuhalten und jeder Bevorzugung einen Riegel vorschieben zu können, wäre unzweifelhaft zweckmäßig. f. Den ganz invaliden Offizieren soll das Recht zugesprochen werden, gegen Er⸗ höhung ihrer Pension, gleich den Unteroffizieren, auf die Anstellungs⸗ berechtigung im Civildienst verzichten zu dürfen. g. Gleichwie durch die Regierung eine Vakanzenliste im Interesse der aus dem Unter⸗ offizierstande hervorgegangenen Anwärter veröffentlicht wird, so soll auch eine speziell für Offiziere erscheinen, in der zugleich Privat⸗ stellungen, Stellungen im Kommunal⸗ resp. Provinzial⸗ oder städtischen Dienst aufgeführt sind.
— Das Maiheft XX. Jahrgangs von „Kunst und Gewerbe“, Zeitschrift zur Förderung deutscher Kunst⸗Industrie, herausgegeben vom Bayperischen Gewerbe⸗Museum zu Nürnberg (redigirt von Dr. J. Stockbauer; Verlags⸗Anstalt des Bayerischen Gewerbe⸗Museums — C. Schrag) bietet im Eingange eine Beschreibung des prächtigen spätgothischen Flügelaltars aus Tramin in Südtirol, welcher zu den schönsten Erzeugnissen alter Holzskulptur im Münchener National⸗ Museum gehört. Der Verf. des Aufsatzes, G. Dahlke, sucht nachzu⸗ weisen, daß die Annahme, das Werk rühre von der Hand Michael Pachers her, auf einem Irrthum, einem Lesefehler, beruhe, wenn er auch zugiebt, daß dasselbe aus der Schule des Brunecker Schnitzers stamme. Eine Abbildung ist in den Text eingedruckt. Der zweite größere Beitrag des Hefts enthält interessante Studien über portu⸗ giesische Keramik, nach Joaquim de Vasconcellos, von F. Jaennicke. — In dem Abschnitt „Museen, Vereine, Schulen, Ausstellungen ꝛc.“ wird mitgetheilt, daß die permanente Ausstellung des bayerischen Ge werbe⸗Museums im Monat April in das neue Ausstellungsgebäude verlegt und auch bereits eröffnet worden ist. Eine ausführliche Be⸗ schreibung der ausgestellten Gegenstände soll die nächste Nummer der Zeitschrift bringen. Der durch diese Verlegung frei gewordene Raum ist der Mustersammlung eingeräumt worden und wird die beiden Gruppen der Glas⸗ und Thonindustrie aufnehmen; auch die übrigen Gruppen der Mustersammlung erfahren in Folge dessen eine neue Aufstellung. — Dann folgen Berichte über die Generalversammlung des bayerischen Kunstgewerbe⸗Vereins München, die Ausstellung der König⸗ liche Porzellan⸗Manufaktur im Berliner Kunstgewerbe⸗Museum, die Ausstellung der Kunstgewerbeschule in Stuttgart, sowie die Lehranstalt für Hand⸗ und Preßvergoldung ꝛc. von Horn und Paßelt in Gera. Weiter reihen sich Mittheilungen aus dem Kunsthandel und aus dem Buchhandel an. Unter letzteren finden sich Referate über die „Kunst⸗ geschichte des Mittelalters“ von Dr. Franz von Reber (Leipzig, Weigel, 1886) und „Le Meuble“ von Alfred de Champeaux (Paris, Quantin) mit einer ganzen Reihe von Probe⸗Illustrationen aus diesen neu erschienenen Werken. Den Schluß bilden die periodische Literatur der Kunst und des Kunstgewerbes sowie kleine Nachrichten. — Die dem Heft beigegebenen drei Kunstbeilagen veranschaulichen sämmtlich bemerkenswerthe Stücke aus der Mustersammlung des bavyerischen Gewerbe⸗Museums, und zwar die erste (Chromolithographie) einen schönen Delster Fayence⸗Teller mit reicher vielfarbiger Rand⸗ bemalung und dem Porträt des Kaisers Karl VI., die zweite (Lichtkupferdruck) eine Anzahl alter Schmuckgegenstände und die dritte eine ornamentale italienische Relief⸗Holzschnitzerei Aus den Abbildungen im Text seien noch hervorgehoben eine pracht⸗ volle Truhe mit eingelegten Ornamenten (Renaissance⸗Styl) aus dem Germanischen Museum in Nürnberg, schöne Entwürfe zu Tellern, von L. Hellmuth, und eine reich verzierte indische Kaffeekanne mit ihren flach⸗ornamentalen Details. — Die gleichzeitig als Beilagen ausge⸗ gebenen Nrn. 8 und 9 XIII. Jahrgangs der „Mittheilungen des bayerischen Gewerbe⸗Museums“ enthalten Referate über die im Gewerbe⸗Museum gehaltenen Vorträge, und zwar: von Dr. Justus Brinckmann, Direktor des Hamburgischen Museums für Kunst und Gewerbe über „Die Naturmotive in dem Kunstgewerbe der Japaner“; Ingenieur Kröller „Ueber Gasmotoren“; Bibliothekar Carl Friedrich über „Die Geschichte und Formen der Nachtuhren“ und Sekretär des Museums Dr. von Schorn über „Das Glas und seine dekorative Behandlung“. Sodann wird eine Statistik der Lehrvorträge und ihres Besuchs gegeben. Mittheilungen aus dem Verbande bagyerischer Gewerbevereine, aus dem Gewerbeleben und Rathschläge für die Werkstatt bilden den übrigen Inhalt.
— Die Nr. 10 der,Illustrirten Frauenzeitung“ vom 16. Mai d. J. (III. Jahrgang; Verlag von Franz Lipperheide, Berlin W., Potsdamerstraße 38) bringt im ersten Blatt ein lebensvolles Brust⸗ bild von Matthias Schmid, dem mit Recht hochgeschätzten bayerischen Genremaler. In Begleitworten dazu schildert Helene Pichler einen Besuch in dem traulichen Heim des Künstlers. Die Novelle „Sturm“ von L. Westerfeldt wird in der Nummer fortgesetzt. Sehr interessant sind die unter dem Titel „La reine de France et de Navarre“ mit- getheilten Erinnerungen an ö von F. A. Bacciocco. Auch die von 86 Colberg geschilderten Bestrebungen zur Reform der Frauentracht in England (mit Abbildungen) sind sehr lesenswerth. Die Bestrebungen des Verlegers zur Vervollkommnung der deutschen Illustrationskunst finden ihren erfolgreichen Ausdruck in zwei neuen vollendeten Facsimile⸗Reproduktionen nach einer Gouache von Franz Skarbina: Père Jean Baptiste TFarigee Studie) und einer Ansicht der Gladenbeck'schen Bildgießerei hierselbst (Gouache⸗Grisaille von E. Thiel). — Der Abschnitt „Kunstgewerbliches“ bietet verschiedene interessante neue Arbeiten von L. C. Busch in Berlin, Herm. Damme in Dresden und Martin Kimbel in Breslau (Möbel in japanischem Stil). Ferner finden wir einen Bericht über das Tanzpoem „Amor“ im Viktoria⸗Theater, von E. Schubert, Verschiedenes, Mittheilungen aus der Frauenwelt, über neue Handarbeiten (mit Illustrationen), eine interessante Briefmappe u. s. w. — Die Modenummer zeigt die gewohnte reiche illustrative Ausstattung mit den sorgfältigen Abbildungen der neuesten Kostüme und alles dessen, was zur Damentoilette gehört. In Chromodruck sind 2 Modeblätter und eine neue Nummer der Blätter zur Kostüm⸗ kunde, darstellend eine Dame aus Leipzig in der Tracht des 16 Jahr⸗ hunderts, beigegeben. 8
— Im 16. Heft der „Kunst für Alle“ (München, Verlags⸗ anstalt für Kunst und Wissenschaft, vormals Fr Bruckmann) tritt uns Matthias Schmid, der grofe Schilderer seiner tiroler Landsleute, mit dem ergreifenden Bilde „Auswanderung der Zillerthaler Pro⸗ testanten“ in zweiseitiger, vorzüglich gelungener Reproduktion entgegen. Einige sehr anziehende Skizzen von seiner Hand begleiten außerdem den dazu gegebenen Ueberblick über die Geschichte seines Lebens und Schaffens, von A. Svoboda In dem gleichen Heft findet sich der Schluß des Reberschen Aufsatzes über Fritz von Uhde mit Skizzen des Künstlers und außer den üblichen Kunstnotizen noch ein Aufsatz von Fr. Pecht über „Unsere Bilder“, in welchem die Vollbilder „Standbild der Kaiserin Maria Theresia“ von Kaspar Zumbusch und „Alpensee in Graubünden“ von J. G. Steffan, sowie zwei im Text reproduzirte Standbilder Henbasce eingehend besprochen werden. — Die „Kunst für Alle“ erscheint monatlich zweimal; der Abonnements⸗ preis pro Vierteljahr beträgt 3 ℳ 60 ₰, das einzelne Heft kostet 75 ₰. Die Redaktion richtet an alle Leser und Freunde des Blattes die Bitte, in Zukunft alle Briefe und Einsendungen direkt an die Redaktion (Muünchen, Gartenstraße 22) und nicht an den Herausgeber zu adressiren. ö “ e“ “
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