1886 / 146 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 24 Jun 1886 18:00:01 GMT) scan diff

Die Kommission hat alljährlich dem Staats⸗Ministerium über ihre Thätigkeit Bericht zu erstatten. . . 15. 8— desfalhaun⸗ der ee esüa Das Staats⸗Ministerium ist ermächtigt, zur Aus⸗ wev. dieser Verordnung die erforderlichen Anweisungen zu ertheilen. 5 Der Geschäftsgang der Kommission wird durch ein vom Staats⸗Ministerium zu genehmigendes Regulativ geordnet. Urkundlich unter Unserer 88* steigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel. Gegeben Bad Ems, den 21. Juni 1886. 1 (L. S.) Wilhelm. von Bismarck. von Puttkamer. Maybach. ucius. Friedberg. von Boetticher. von Goßler. von Scholz. Bronsart von Schellendorff.

des Hauses der Abgeordneten 25. Juni 1886, Vormittags 11 Uhr.

agesordnung: 8 Erste und zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Berechnung der Dienstzeit von Beamten des Kunstgewerbe⸗ Museums zu Berlin. Dritte Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Bewilligung von Staatsmitteln zur Beseitigung der im unteren Weichselgebiete durch die diesjährigen Früh⸗ sahrs⸗Hochftuthen Feteeeerten 6;-S.Seen; Zweite serathung des Gesetzentwurfs, betreffend Abänderungen der Kirchengemeinde⸗ und Synodalordnung für die Provinzen Preußen (Ost⸗ und Westpreußen), Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen vom 10. September 1873 und die Form der schriftlichen Willenserklärungen der Presbyterien der evangelischen Gemeinden in der Provinz Westfalen und in der Rheinprovinz. Dritte Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Kantongefängnisse in der Rheinprovinz.

93.

Plenarsitzun am Freitag, 88 T

Bekanntmachung.

Wegen Ueberführung der Niederlagegüter von jebigen Packhof am Museum nach der neuen Anlage, Alt⸗Moabit 143/44, können in der Woche vom 28. Juni bis 3. Juli d. J. Waaren aus der Packhofs⸗Niederlage nicht abgefertigt werden. Während desselben Zeitraums findet die Entladung der mit Zollgütern eingehenden Wasserfahrgeuge, sowie die Anfuhr und Abfertigung von Spiritus und Bier gegen Steuervergütung bereits auf jener Anlage statt, wogegen der sonstige Geschäfts⸗ verkehr des unterzeichneten Haupt⸗Amts nur noch bis zum Schluß der Dienststunden des 1. k. M. auf dem jetzigen Pack⸗ hof verbleibt. Die Betriebseröffnung auf der neuen Packhofs⸗ Anlage erfolgt im vollen Umfange am 5. Juli, Morgens 7 ½ Uhr, wodurch jedoch der Verkehr auf den hiesigen Bahn⸗ hofs⸗ und Post. Joll⸗Abfertigungsstellen erfährt.

Berlin, den 21. Juni 1886. 1 Königliches Haupt⸗Steuer⸗Amt für ausländische Gegenstände.

von Pochhammer.

keine Aenderung

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 24. Juni. Kaiser und König empfingen, wie „W. T. B.“ aus Ems meldet, gestern Mittag 1 Uhr den einstündigen Besuch Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin, Allerhöchstwelche mit Separatzug von Koblenz eingetroffen war.

An dem Diner nahmen der Graf und die Gräfin Hohenau sowie die Gräfin Wimpffen Theil.

Heute machten Se. Majestät eine Kurpromenade und nahmen später die Vorträge des Hofmarschalls Grafen Per⸗ poncher und des Chefs des Militärkabinets, General⸗Lieute⸗ nants Albedyll, entgegen.

““

In der gestrigen Plenarsitzung des Bundesraths ab der Vorsitzende, Staats⸗Minister, Staatssekretär des üinner von Boetticher im Auftrage Sr. Majestät des

aisers dem tiefen Bedauern Allerhöchstdesselben über den Hintritt Sr. Majestät des Königs Ludwig II. von Bayern Ausdruck und gedachte ferner des am 13. d. M. erfolgten Ablebens des Fürstlich waldeck'schen Bevollmächtigten, Landesdirektors von Saldern. Dem Entwurf einer Verordnung zu dem Gesetz über die Aus⸗ dehnung der Kranken⸗ und Unfallversicherung vom 28. Mai 1885, dem Antrage Sachsens wegen erneuter Anordnungen auf Grund des §. 28 des Gesetzes gegen die E“ en Bestrebungen der Sozialdemokratie für den Bezirk der Stadt und der Amtshauptmannschaft Leipzig und dem Antrage der Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr, betreffend die Unterscheidung des Talgs und der unter Nr. 26i des Zolltarifs fallenden Kerzenstoffe ꝛc., wurde die Zustimmung ertheilt und beschlossen, die Vorlagen: wegen zollfreier Ablassung zum Schiffbau be⸗ stimmter Blei⸗ und Zinkplatten und Zinknägel, und, betreffend die Veranstaltung einer allgemeinen deutschen Industrie⸗Aus⸗ stellung zu Berlin im Jahre 1888, sowie den Antrag Lübecks auf Genehmigung einer von der Generalversammlung der Aktionäre der Commerzbank zu Lübeck beschlossenen Statuten⸗ Aenderung den zuständigen Ausschüssen zur Vorberathung zu übergeben. Der Vorsitzende theilte mit, daß der schweizerische Bundesrath unter Berufung auf die Bestimmungen des Artikels 12 des Handelsvertrages zwischen Deutschland und der Schweiz vom 23. Mai 1881 die Anfrage an die Kaiserliche Regierung gerichtet habe, ob sie geneigt sei, in Unterhandlungen wegen Revision dieses Vertrages einzutreten. Die Kaiferliche Regierung habe hierauf eine be⸗ jahende Antwort ertheilt. Die Versammlung nahm hiervon, von einer Uebereinkunft mit der Schweiz wegen Fortfalls der sogen. Trau⸗Erlaubnißscheine und von den durch das Königlich preußische bezw. das Königlich bayerische Kriegs⸗Ministerium aufgestellten Uebersichten der Ergebnisse des Heeres⸗Ergänzungsgeschäfts für das Jahr 1885 Kenntniß. Endlich wurde über die Zulassung von

1G

8

Se. Majestät der

rivat⸗Transitlagern für Sesamöl, über die dem Kaiser

8 8

ständigen Mitgliedes des Patentamts zu machenden Vorschläge und über die geschäftliche Behandlung von Eingaben Beschluß efaßt. Eine Eingabe wegen lülaffune von Privat⸗Transit⸗ agern ohne Mitverschluß für Mineral⸗Schmieröle wurde dem Reichskanzler überwiesen.

Im weiteren Verlauf der gestrigen (92.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten beantragte der Abg. Serbig im Namen der Agrarkommission, über die Petition des Grund⸗ besitzers Bunning u. Gen. in Kaltenhoff, Kreis Eckernförde, Regierungsbezirk Schleswig, um Aufhebung einer gegen ihren Einspruch erfolgten Jagdverpachtung, ervent. um Anschluß ihrer Grundstücke an einen anderen Jagdbezirk, zur Tagesordnung überzugehen. Das gegen die Petenten geübte Verfahren sei zwar nach seinem materiellen In⸗ halt nicht richtig. Es sei auch scharf getadelt worden, daß eine Gutsherrschaft von der ihr durch die Ge⸗ setzgebung eingeräumten obrigkeitlichen Befugniß Gebrauch mache, um lediglich ihre eigenen Privatinteressen zu fördern. Der für ein Areal von etwa Morgen von ihr stipulirte Jagdpachtzins von 200 stelle vielleicht nur ¼ bis der sonst wohl zu erreichenden Summe dar. Nach Lage der be⸗ stehenden Gesetzgebung aber sei eine Rückgängigmachung der einmal vorgenommenen Verpachtung nicht möglich, es könne dieses nur durch Anstellung einer Klage auf dem Rechtswege angestrebt werden. b

Der Abg. Sattler glaubte, daß das Verfahren des Land⸗ rathsamts gegenüber den Petenten ein durchaus illegales gewesen sei.

Derselben Meinung war der Abg. Zelle, der eine Disziplinirung der untergeordneten Beamten wünschte und zugleich beantragte, die Petition der Regierung zur Erwägung zu überweisen.

Der Regierungskommissar, Geheime Regierungs⸗Rath Humperdinck wiederholte die schon in der Kommission ab⸗ gegebene Erklärung, daß sich Gutsobrigkeit und Landraths⸗ amt innerhalb der ihnen gesetzlich zustehenden Befugnisse bei ihren in Rede stehenden Amtshandlungen gehalten hätten. Es sei deshalb keine Möglichkeit Barge. der von den Petenten vorgebrachten Beschwerde, selbst wenn sie für be⸗ gründet erachtet würde, auf dem Verwaltungswege Abhülfe zu verschaffen.

Der Abg. Freiherr von Minnigerode bedauerte den sach⸗ lichen Ausgang der ö“ glaubte aber, daß die Be⸗ hörden formell korrekt gehandelt hätten. 1

Der Nüg Freiherr von Huene meinte, die Sache sei nicht soweit aufgeklärt, daß man disziplinarisch gegen die Beamten vorgehen könnte, und empfahl einfache Tagesordnung.

Der Abg. Langerhans schloß sich den Ausführungen des Abg. Zelle an und beantragte, die Sache als nicht spruchreif an die Kommission zurückzuverweisen.

Der Abg. von Rauchhaupt bemerkte, daß der Landrath gar nicht anders habe handeln können, als es geschehen sei. Die Petenten hätten selbst ihre Rechte nicht genügend im Ter⸗ min der Jagdverpachtung wahrgenommen. Dieser Fall sei aber dazu angethan, auf den Erlaß eines Jagdpolizeigesetzes zu dringen.

Die Abstimmung über den Antrag Zelle blieb zweifelhaft. Das Haus schritt deshalb zur Auszählung, welche die An⸗ wesenheit von nur 155 Mitgliedern ergab; das Haus war deshalb nicht beschlußfähig.

Schluß 2 ½ Uhr. Nächste Sitzung: Freitag 11 Uhr.

Ein bei dem Aus⸗ oder Einladen eines stillstehenden Eisenbahn⸗Packwagens einem Bediensteten zugestoßener Unfall ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Civilsenats, vom 16. April d. J., als ein Unfall beim Eisenbahnbetriebe aufzufassen und der Verletzte dementsprechend zu entschädigen, wenn er mit Grund angenommen hatte, daß er im Interesse des Eisenbahnbetriebes das Aus⸗ oder Einladen eilig zu besorgen habe, selbst wenn thatsächlich eine Eile nicht geboten war.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Großherzoglich mecklenburgische Ober⸗Zoll⸗Direktor Oldenburg, ist in Berlin angekommen.

Der Herzoglich braunschweigische Minister⸗Resident am hiesigen Allerhöchsten Hofe, Freiherr von Cramm⸗ Burgdorf, hat einen ihm von seiner Regierung bewilligten längeren Urlaub angetreten.

S. M. Kreuzer „Adler“, Kapitän von Wietersheim, ist am eingetroffen und beabsichtigt, am 28. zu gehen.

S. M. Brigg „Musquito“, Kommandant Korrvetten⸗ Kapitän Piraly, ist am 23. Juni cr. in Plymouth eingetroffen.

Posen, 23. Juni. (W. T. B.) Der Minister der geist⸗ lichen ꝛc. Angelegenheiten, Dr. von Goßler, stattete heute dem Erzbischof einen Besuch ab. Der Erzbischof erwiderte den Besuch am Nachmittage.

Bayern. München, 22. Juni. weite Trauergottesdienst für weiland Se. Ma⸗ jestät König Ludwig II. wurde heute Vormittag 11 Uhr in der St. Michaels⸗Hofkirche in der gleichen feierlichen Weise begangen wie am Montag der erste. Unter dem schwarzen Thronhimmel nahm Se. Königliche Hoheit der Prinz⸗ Regent in der Uniform des General⸗Feldzeugmeisters Platz. Im Presbyterium befanden sich die Königlichen Prinzen, Herzöge und Prinzessinnen. Das Traueramt hielt Bischof Senestrey von Regensburg. Die Hof⸗Musik und Hof⸗Kapelle führte ein Requiem von Aiblinger auf. Das Libera war auch diesmal ein fünffaches. Die Würdenträger, die Militär⸗ und Civilbeamten aller Rang⸗ stufen und Chargen sowie die gesammte Ordens⸗ und Stadt⸗ geistlichkeit nebst dem Domkapitel und dem Hof⸗Klerus waren anwesend.

In der „Bayerischen Handelszeitung“ wird dem König Ludwig II. folgender Nachruf gewidmet: „Es lie nicht in der Aufgabe einer Fachzeitschrift, des Lebens und Wirkens des verewigten Königs und der erschütternden Ereignisse der jüngsten Tage näher zu gedenken. Aber die kurze Erinnerung ist gestattet, daß unter den ver⸗ schiedenen Gruppen des bayerischen Volkes Handel, Industrie und Gewerbe vorzugsweise Anlaß zur Trauer haben. Unter der Regierung König Ludwig's II. wurden die Socialgesetze erlassen, welche eine von staatlicher Bevormundung unab⸗ hängige freiere Bethätigung der wirthschaftlichen Kräfte ermög⸗ ichten. Seine löste in glänzender Weise die Auf⸗ gabe, ohne Schädigung bayerischer Interessen der politischen

Kommandant Korvetten⸗ 23. Juni cr. in Malta dess. Mts. wieder in See

wegen Bese ung der Stellen eines Reichs⸗Anwalts und eines/ E ie

(Allg. Ztg.) Der

nigung Deutschlands auch die wirthschaftliche folgen zu lassen und damit den Grund zu dem Aufschwunge Deutsch⸗ lands und Bayerns in Handel und Industrie zu legen, der von fremden Völkern mit Staunen und Besorgniß betrachtet wird. Unvergessen wird bleiben, wie unter Ludwig's II. Herrschaft und persönlicher Einwirkung die Verbindung von Kunst und Handwerk, das Wiedererwachen und die rasche Blüthe einer deutschen Kunstindustrie, deren Hauptsitze einer unsere Stadt wurde, sich vollzog; und wenn es eines Beweises für das Ver⸗ ständniß und das Interesse bedürfte, welches der hochselige König den wirthschaftlichen Interessen seines Volkes entgegen⸗ brachte, so ist es die Gründung der Wittelsbacher⸗Stiftung zur des Handwerks in Stadt und Land, welche von Jahr zu vahr sich segensreicher erweist. Und so sind wir denn sicher, daß auch im Geräusche des Erwerbslebens das

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Andenken an König Ludwig II. nicht verschwinden, sondern

ein gesegnetes bleiben wird für lange Zeit.“

23. Juni. (W. T. B.) Die geheime Kommission der Kammer der Abgeordneten nahm heute Abend nach eingehender Verlesung des gesammten Aktenmaterials sowie nach Anhörung der Experten, der Irrenärzte Grashey, Hubrich, Müller und des Ober⸗Medizinal⸗Raths Kerschen⸗ steiner, ohne weitere Diskussion einstimmig den Antrag auf Genehmigung der Regentschaft an. Am Sonn⸗ abend wird die öffentliche Plenarsitzung stattfinden, zu welcher die Abgg. Bonn und Schauß den Bericht aus⸗ arbeiten.

24. Juni. sn. T. B.) An der heutigen Frohn⸗ leichnams⸗Prozession nahmen der Prinz⸗Regent, die Prinzen, die Minister und die Mitglieder beider Kammern Theil.

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 23. Juni. (M. K.) Der Großherzog und die Großherzogin sind gestern Abend wohlbehalten in Ludwigslust eingetroffen. 8

. 8 OesterreichUngarn. Wien, 23. Juni. (W. T. B.) Das Herrenhaus erledigte heute sämmtliche auf der Tagesordnung stehenden Gesetzentwürfe, darunter auch das Anarchisten⸗Gesetz, worauf der Minister⸗Präsident im Auftrage des Kaisers die Vertagung des Reichsraths aussprach. Fiume, 24. Juni. (W. T. B.) Der Fürst von Montenegro ist gestern Abend hier eingetroffen.

Belgien. Brüssel, 24. Juni. (W. T. B.) Der Prinz Victor Napolson ist gestern Abend 11 ¾ Uhr hier eingetroffen und im Hotel „Bellevue“ abgestiegen.

Großbritannien und Irland. London, 23. Juni. (W. T. B.) Das Oberhaus hat heute die Bill, betreffend die Kosten für die Wahlbeamten, die Medizinal⸗ Bill, die Weinzoll⸗Bill und die Finanz⸗Bill in dritter Lesung angenommen.

Lord Hartington beabsichtigt, sich am nächsten Freitag nach Glasgow zu begeben, um dort in einer großen Ver⸗ sammlung von Unionisten eine Rede zu halten.

John Bright hat an den liberalen Abgeordneten

Caine, welcher sich in der irischen Frage von Gladstone getrennt hat, ein Schreiben gerichtet, in welchem er seinen Wünschen für den Erfolg der Kandidatur Caine's bei den nächsten Wahlen Ausdruck giebt. 24. Juni. (W. T. B.) Gestern fand in der St. James Hall eine Kundgebung zu Gunsten des Homerule statt. Der irische Deputirte Sexton hielt eine Rede, in welcher er erklärte: die Irländer hätten bei den letzten Wahlen für die konservativen Kandidaten gestimmt, weil die Führer der irischen Partei Grund gehabt hätten, anzunehmen, daß nach den von Carnarvon und dem Depu⸗ tirten Howard Vincent abgegebenen Erklärungen die konser⸗ vative Partei einen Homerule⸗Entwurf vorschlagen würde.

Aus Brisbane wird unter dem 23. d. gemeldet: Das englische Kriegsschiff „Undine“ ist von den Neuen Hebriden hier eingetroffen. Der Kapitän desselben hat konstatirt, daß weder eine Annexion noch eine formelle Okkupation Seitens Frankreichs erfolgt sei, ebenso⸗ wenig sei das Protektorat Frankreichs proklamirt worden. Der Kapitän bestätigte ferner, daß die auf den Neuen Hebriden befindlichen Einwohner französischer Nationalität von den Eingeborenen Beschimpfungen und Schädigungen erlitten hatten.

Frankreich. Paris, 23. Juni. (W. T. B.) Heute fand bei dem Minister⸗Präsidenten de Freyeinet ein diplomatischer Empfang statt, zu welchem die Vertreter der fremden Mächte zahlreich erschienen waren.

Der Prinz Jérôme Napolséon begab sich Abends nach Genf; einige seiner Freunde erwarteten den Prinzen am Bahnhof. 8

Der Prinz Victor Napoléon empfing heute zahl⸗ reiche hervorragende Persönlichkeiten der bonapartistischen Partei und hielt bei dem Empfange eine Ansprache, in welcher er sagte: man möge von seiner Seite keine eitelen Proteste gegen die Ausweisungsbeschlüsse erwarten; das fran⸗ zösische Volk habe schon öfter den Verbannten die Thore wieder geöffnet. Er bleibe der Repräsentant des Kaiser⸗ reichs, wie es die Napolsons geschaffen hätten, er wünsche eine starke Autorität, Gleichheit aller Bürger und Achtung aller Religionsbekenntnisse. „Seien Sie überzeugt,“ schloß der Prinz, „daß, welche Pflichten mir auch auferlegt sein würden, ich nie aus den Augen verlieren werde, was ich der Demokratie und meinem Namen schuldig bin. Auf Wieder⸗ sehen, meine Heute Abend 6 ½ Uhr ist der Prinz nach Brüssel abgereist. Einige bonapartistische Notabilitäten, darunter der Marquis de Lavalette, Levert und Haußmann, gaben dem Prinzen bis Brüssel das Geleit. Bei der Abfahrt des Zuges rief man: „Es lebe der Kaiser! Auf Wiedersehn! während andererseits auch „Es lebe die Republik!“ gerufen und vielfach gepfiffen wurde. Die Polizei nahm auf dem Bahnhofe einige Verhaftungen vor. 1

Der Graf von Paris wird künftig in Tunbridge⸗ Wells seinen Wohnsitz nehmen.

Italien. Rom, 24. Juni. (W. T. B.) In der De⸗ putirtenkammer interpellirte gestern Abend der Sozialist Costa den Minister⸗Präsidenten wegen der in Mailand vorgenommenen Verhaftungen (s. u.). Hr. Depretis erwiderte, daß er am Freitag mittheilen werde, ob und wann er die Interpellation beantworten werde.

Mailand, 24. Juni. (W. T. B.) Gestern wurden hier 8 Führer der Arbeiterpartei verhaftet und die⸗

jenigen Vereine aufgelöst, welche dem Programm dieser

8

*

I11¹n —“ rtei zugestimmt hatten. Unter den Verhafteten befinden sich die sozialistischen Kandidaten bei den letzten allgemeinen Wahlen. An den Sihen der erwähnten Vereine und in den Wohnungen der Sozialisten ließ die Polizei Haussuchungen vornehmen. Die Untersuchung wegen Verschwörung ist eingeleitet. In Ober⸗Italien soll es 159 Vereine geben, welche dem be⸗ treffenden Programm beigestimmt haben.

Rumänien. Bukarest, 23. Juni. (W. T. B.) Gutem Vernehmen nach hat der Ministerrath heute beschlossen, den Kammern einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen die Regierung ermächtigt wird, während der Zeit, in welcher die Kammern nicht versammelt sind, mit solchen Staaten provisorische Abmachungen zu schließen, welche mit Rumänien in Handelsbeziehungen stehen; diese Abmachungen sollen auf derselben Grundlage ab⸗ geschlossen werden, wie der jüngste schweizerisch⸗rumänische Handelsvertrag; auch dürfen dieselben provisorisch in Vollzug gesetzt werden, müssen aber den Kammern bei deren Wieder⸗ w zur nachträglichen Genehmigung vorgelegt werden.

Serbien. Belgrad, 23. Juni. (W. T. B.) Die Skupschtina ist zum 12. Juli nach Nisch einberufen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 24. Juni. (W. T. B.) Der bisherige rumänische Gesandte Kretzulesco ist gestern von dem Kaiser in Abschieds⸗ Audienz empfangen worden.

Zeitungsstimmen.

Der „Hannoversche Courier“ theilt die Rede mit, welche der Ober⸗Bürgermeister Dr. Miquel kürzlich in Kassel in einer nationalliberalen Versammlung gehalten hat. Es heißt in dieser Rede:

.... Diesem werkthätigen Bürgerthum steht von allen großen Aufgaben, die ihm je gestellt wurden, eine noch weit größere und schwierigere bevor. „Die Frage der Zukunft, die über alle Fragen dominirt, ist die soziale Frage. Ja, gegen die große soziale Frage verschwinden alle anderen Fragen. Es wird sich um soziale Hermen, vor Allem um richtige Vertheilung der Güter und um Vermehrung des Mittel⸗ und Kleinbesitzes handeln. Die gerechte Befriedigung einer nach Emanzipation mit Recht strebenden Klasse, das ist die große Aufgabe der Bürgerschaft. Materielle, große, schwierige Fragen werden die Parteien in Zukunft zu entscheiden haben; meiner Ansicht nach sind die ganzen Fraktionskämpfe überhaupt eine überwundene Sache, weil sie Produkte einer überwundenen Vergangen⸗ heit sind, von der aber einzelne Parteien noch immer zehren, statt aus der Gegenwart zu schöpfen. In vielen Fragen bin ich viel fortschrittlicher gesinnt, als es die Fortschrittspartei je war, in manchen konservativer, als vielleicht hinter mir stehende Parteien. Wenn das deutsche Bürger⸗ thum seiner Aufgabe gerecht werden will, dann muß es diese große Frage erfassen. Nur die Partei wird bestehen, die jung bleibt, nicht aber eine Partei, die Alles verwirft, was ihrem von jeher eingenommenen Standpunkt nicht voll und ganz entspricht; trotz ihres Namens der Fortschrittspartei wird sie doch nur noch eine Ruine sein. Jetzt kommen uns die großen wirthschaftlichen Fragen auf den Hals, zu einer Zeit, wo noch andere Fragen uns stark beschäftigen und leider noch immer ein mangelhaftes Nationalgefühl die lroße Menge beseelt. Denn leider trifft das Wort Bismarck's auch noch heute zu, daß auf dem schwankenden Boden der Reichs⸗ einheit Jeder herumtrampeln zu können glaubt, ohne besorgt zu sein, daß er zerbricht.. So tritt vor Allem an uns die dringende An⸗ forderung, für die Befestigung des geliebten Vaterlandes, des Deutschen Reichs, nach innen und außen Sorge zu tragen. Wir können uns noch nicht den Luxus einer prinzipiellen Opposition erlauben, weil ab⸗ zulehnen unter Umständen eine große Gefahr für uns sein würde, und so müssen wir häufig auch solches annehmen, was uns nicht ganz gefällt und von dem wir glauben, es selbst besser machen zu koͤnnen. So müssen wir eine politisch vorsichtige gemäßigte Haltung einschlagen und festhalten. Und wenn jetzt auch rechts von den extremen reaktionären Parteien und links von denen bekämpft, die alles Heil in den überwundenen Dingen der Vergangenheit suchen in der Noth der Zeit, dann wird die ganze Nation die Anschauung vertreten, die wir vertreten. Möge es unserer Partei immer mehr gelingen, das Ziel klar vor Augen zu sehen, möge sie das Klasseninteresse von sich weisen und nur das Gesammtinteresse im Auge behalten, möge es dem Reiche gelingen, aller. Widersacher Herr zu werden. . . ..

Die „Deutsche volkswirthschaftliche Corre⸗ spondenz“ sagt in einem „Deutschland als Finanzmacht“ überschriebenen Artikel: 3u wiederholten Malen haben wir darauf hingewiesen, wie man im Ausland, in England, Frankreich und Italien über die gegen⸗ wärtige Situation Deutschlands in wirthschaftlicher Beziehung urtheilt, in der Hinsicht also, die die Freihändler nicht schwarz genug glauben schildern zu können. Es sind Belege dafür erbracht worden, daß die Industrie Deutschlands trotz der ungünstigen Verhältnisse auf dem Weltmarkt im Vergleich zu anderen Ländern sich eines grofen Aufschwunges zu erfreuen hat und daß dies gerade im

uslande auch anerkannt wird. Unsere Freihändler, die ja immer auf das Urtheil des Auslandes soviel geben, könnten nun ebenso Beweise in Hülle und Fülle dafür finden, daß die wirthschaftliche Situation Deutschlands auch in finanzieller Hinsicht Anerkennung findet. So schrieb die „Pall Mall Gazette“ kürzlich: „Deutsche Kaufleute haben durch die Aneignung des Auslandshandels die Regelung fremd⸗ ländischer Schulden nach Berlin, Frankfurt und Hamburg gezogen. Dieselben sind fast des Namens internationaler Comptoirs würdig und das alte Uebergewicht Londons als des Hauptiplatzes zur Regelung von Schulden zwischen fremden Ländern ist beeinträchtigt. Englische Financiers und französische Banquiers stehen über die von Berlin als einem Geldmarkt gemachten großen Schritte gleich bestürzt da. Durch seine Hülfe hat Rußland seit Jahren dem Mißtrauen von West⸗Europa Trotz geboten, fkandinavische Anleihen sind in Deutschland zu Preisen aufgenommen worden, die jene, welche Finanz⸗ äuser in London zu bieten bereit waren, weit überstiegen; italienische, panische und portugiesische Sicherheiten sind abwechselnd auf deutschen Närkten herausgebracht worden. Deutsche Handelsprofite und die in die Hände der Banquiers gelangten Gelder forderten Verwendung nnd wirken auch noch heute in dieser Weise. Die Macht des Geld⸗ eutels wird stets gefühlt. England hat sein Monopol als die Bank⸗ firma der Welt verloren. 8

Die Bedeutung Berlins mag nun immerhin in diesen Ausfüh⸗ nungen etwas übertrieben sein; selbst aber wenn man das berücksich⸗ bot, bleibt noch immer genug, was deutlich dafür spricht, in wie

ohem Grade den Engländern der Aufschwung des deutschen Marktes und des Berliner Platzes imponirt. Wer da behaupten wollte, wie es in und wieder geschieht, daß von dem Aufschwunge, den Berlin als 1 örsenplatz genommen hat, die Industrie nichts profitirt, der würde den 1 atsächlichen Verhältnissen mit seinen Anschauungen keineswegs Rechnung ragen. Wenn auch deutsches Geld in großer Menge im Auslande angelegt wurde und wenn es auch die deutschen Banquiers trotz alledem nicht immer vermochten, sich einen direkten Einfluß in den Staaten zu sichern, denen sie deutsches Geld lieferten, wie es die Franzosen und Engländer vielfach verstanden haben, so ist damit noch nicht erwiesen, daß der deutschen Industrie diese finanziellen Transaktionen nicht ennoch allmählich zu Statten kommen. Das deutsche Kapital hat seine Aufgabe für die deutsche Industrie ebensogut erfüllt, wenn es m Auslande als Bahnbrecher fungirt und Deutschlands Einfluß, Macht und Ansehen erhöht. Die Staaten, die Deutschland als ihren haupt⸗

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sächlichsten Banquier zu deutschen Industrie und ihren Produkten eine größere Beachtung zu. Auf diese Weise haben Frankreich und England ihre Bedeutung für den Welthandel gewonnen und die deutsche Industrie hat infolge dessen keine Veranlassung, dem unleugbaren Aufschwunge Deutschlands als finanzieller Macht scheel zuzusehen, sondern wird über kurz oder lang auch ihren Nutzen davon haben.

8— Landtags⸗Angelegenheiten.

Pinneberg, 23. Juni. (W. T. B.) Bei der heutigen Er⸗ satzwahl zum Abgeordnetenhause im biesigen Wahlkreise ist der Rechtsanwalt Peters in Kiel (nat.⸗lib.) gewählt worden.

Statistische Nachrichten.

Die Brandschäden und der nicht versicherte An⸗ theil in den preußischen Provinzen 1883/84. (Stat. Corr.) Haben wir unlängst die innerhalb des ganzen Königreichs Preußen im Verlaufe des Kalenderjahres 1884 durch Feuer entstandenen Ver⸗ luste beschrieben, so theilen wir nunmehr auch deren Vertheilung auf die Provinzen mit, indem wir zur Vergleichung das Jahr 1883 heranziehen, Immobiliar⸗ von den Mobiliarschäden trennen und da⸗ neben ein bisher wenig berücksichtigtes Moment den Umfang des nicht versicherten Eigenthums zur Erscheinung bringen. Es trafen Schäden in Mark

Davon war

1883/84

unversichert Immob. Mobil. 173 721 1584 839 131 434 815 877 125 121 37 909 173 784 742 626 81 526 614 400 117 552 953 967 653 108 1262 181 105 592 376 836 29 853 144 880 77 367 590 374 32 574 903 391 579 797 597 8 910

an Immobiliar! an Mobiliar 1883 1884 1883 1884

Ostpreußen . . 2698 078 3200 914 2080 676 2423 446 Westpreußen 2889 852 2729 951][2167 967,2726 532 Stadt Berlin 960 542 758 777]⁄ 666 488 730 158. Brandenburg 3801 281 3859 199]2355 589 3026 992 Pommern. 3788 910 2104 16711949 484 1803 006. Posen.. . .2380 087 2056 212]1978 097/1667 226 Schlesien. 3917 262 3571 62312473 278 2550 559 Sachsen. . . .2116 149 2398 14111939 500 ,2413 474 Schlesw.⸗Hlst. 2350 048 2699 969 1625 405 1727 182 Hannover 3579 502 3015 874[1983 338 1836 989 Westfalen. 2851 810 2965 38671219 932 1295 077 Hessen⸗Nassau 2733 772 1806 71311204 213 865 709 Rheinland 4851 493 3637 33514184 189,2771 488 Hohenzollern . 91 199 128 621] 65 240 80 660

Für den gesammten Staat betrug in Mark: der Verlust an 88 Immobiliar .39 009 985 34 932 882 1 159 476 1 074 906 Mobiliar .. . 25 896 396 25 918 498 4 450 346 4 446 532

Zwar traten in den meisten Provinzen bedeutende Verschieden⸗ heiten zwischen den beiden Jahren zu Tage, und nur die Thabsacbe, daß der Mobiliarverlust stets unter dem Immobiliarverlust geblieben ist, wird durch nicht mehr als eine einzige Ausnahme (1884 bei Sachsen) betroffen; irgend ein Gesetz aus obigen Zahlen herzuleiten, wird deshalb mißlich sein. Unternehmen wir dennoch die Entwickelung von Verhältnißreihen, so verzichten wir mithin auf deren Unanfecht⸗ barkeit, rücken aber jedenfalls das Verständniß der absoluten Zahlen näher, mildern auch die jährlichen Abweichungen, sobald die Ergebnisse beider Jahre in je eine Summe zusammengezogen werden.

Indem wir dies thun, vergleichen wir einerseits die durch⸗ schnittlichen Jahresschäden mit der Bevölkerung, als welche der Durch schnitt zwischen der definitiv festgestellten Zahl für 1880 und der vor⸗ läufigen für 1885 ganz wohl geeignet erscheint; andererseits berechnen wir die Antheile der unversicherten Schäden an den Gesammtschäden das Eine wie das Andere mit Auseinanderhaltung von unbeweglichen und beweglichen Vermögenstheilen. Das Ergebniß der betreffenden

Rechnungen ist nun, da ih der Mark Schäden kamen unversichert waren Provinzen auf je 10 000 Bewohner an von je 100 000 3 Immobiliar Mobiliar Immobiliar Mobiliar Ostpreußen 15 128 35 186 Westpreußen 19 972 16 667 Stadtkreis Berlin. 7 053 2 714 Brandenburg .. . . 16 619 13 797 Pommern 19 315 16 373 Posen 12 978 Schlesien 9 224 ““ 9 524 Schleswig⸗Holstein. 22 175 15 365 Westfalen 13 700 essen⸗Nassau 14 430 Rheinland

10 083 8 262 Hohenzollern. 16 364 10 861 6 107 überhaupt ..

auf die Provinzen

davon unversichert 1883 1884

12 320 10 664

9 184 14 721 8 900 5 923 6 599

13 301 9 320 3 022 17 171 Hiernach haben in den Jahren 1883—84 die Bewohner der beiden Provinzen Schleswig⸗Holstein und Westpreußen den absolut größten Feuerschaden erlitten; aber der Betrag von 3,69 belästigte den durchschnittlich besser gestellten Schleswig⸗Holsteiner bei weitem weniger als der Verlust von 3,74 den Westpreußen. Umgekehrt stehen Berlin und Schlesien auf der Schadenleiter am tiefsten.

Die beiden letzten Reihen der Tabelle können den Versicherungs⸗ anstalten als Einladung dienen, den Provinzen Ostpreußen, Posen und Schlesien eine besondere Aufmerksamkeit zu widmen; wo ein gutes Drittel bezw. ein Viertel des Mobiliarschadens keine Vergütung finden konnte, ist doch wohl nicht Armuth allein, sondern auch Mangel an Versicherungsgelegenheit zu vermuthen.

Kunst, Wissenschaft und Literatrr..

Der VII. Jahrgang 1884 des „Archivs der Deutschen Seewarte“, hergusgegeben von der Direktion der Seewarte in Hamburg, hat’ folgenden Inhalt: A. Allgemeiner Bericht. I. Einleitung. II. Zur Geschichte der Deutschen See⸗ warte. III. Einrichtung Deutschen Seewarte. IV. Das Personal der Centralstelle und der Nebenstellen. Die Kor⸗ respondenten der Seewarte. V. Allgemeines über die Verwaltung, die Registratur und das Kassenwesen der Seewarte; die Inspicirung, der Nebenstellen. VI. Die Bibliothek und Karten⸗Sammlung. B. Spezial⸗Berichte über die Thätigkeit der einzelnen Abtheilungen und ihre Arbeiten. VII. Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung I. Maritime Meteorologie. Stand der maritim⸗meteorologischen Ar⸗ beit an der Deutschen Seewarte ꝛc. VIII. Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung II. Beschaffung und Prüfung der nautischen, meteorologischen und magnetischen Instrumente und Apparate. Anwendung der Lehre vom Magnetismus in der Navi⸗ gation. Modell⸗ und Instrumentensammlung. IX. Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung III. Pflege der Witterungskunde, der Küsten⸗Meteorologie und des Sturmwarnungswesens in Deutschland. 1) Wetter⸗Telegraphie. 2) Die eigenen periodischen Veröffentlichungen der Seewarte. X. Bericht über die Thätigkeit der Abtheilung IV. Chronometer⸗Prüfungs⸗Institut. XI. Ueber die wissenschaftlichen Arbeiten, ausgeführt unabhängig von den einzelnen Abtheilungen. Der Lehrkursus. XII. Literarische Thätigkeit und wissenschaftlicher Verkehr der Seewarte 1884. 1) Verzeichniß sämmtlicher Arbeiten, welche als Mittheilungen von der Deutschen Seewarte in den Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie (Jahrgang XII. 1884) erschienen sind. 2) Weitere Arbeiten der See⸗ warte, welche separat erschienen sind oder als Theile an⸗ derer Werke. 3) Die Kolloquien in der Deutschen Seewarte 4) Beziehungen der Seewarte zu wissenschaftlichen Instituten, Vereinen und Behörden des In⸗ und Auslandes (Ende 1884). Anhang zum Jahresberichte der Deutschen Seewarte pro 1884. Verzeichniß der

der

betrachten haben, wenden auch bald der / Geschenke

an Büchern, Zeitschriften und Karten, b Seewarte für ihre Bibliothek in dem Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 1884 erhalten hat. Mit dem Jahre 1884 schloß das erste Dezennium der Thätigkeit der Deutschen Seewarte ab. Das Personal der Centralstelle setzte sich im Berichtsjahre zusammen aus: 1 Direktor, 1 Meteorologen, 1 Assistenten des Direktors, 1 Sekretär und Bureauvorstand, 1 Sekretär und Registrator, 2 Sekretariats⸗ und Registratur⸗Assistenten, 1 Kanzlisten, 1 Zeichner, 1 Mechaniker, 1 Bureaudiener, 1 Portier und Hauswart; das der Abtheilung I und II aus: je 1 Vorsteher, 1 Assistenten und 2 Hülfsarbeitern; das der Abtheilung III aus: 1 Vorsteher, 1 Assistenten, 5 Hülfs⸗ arbeitern und 2 Telegraphisten; das der Abtheilung IV aus: 1 Vor teher, 1 Assistenten und 1 Bureaudiener. Die Deutsche Seewarte hat Hauptagenturen in Neufahrwasser, Swinemünde und Bremerhaven; Agenturen in Memel, Pillau, Barth, Wustrow, Rostock, Lübeck, Flensburg, Hamburg, Brake, Elsfleth und Emden. Beobachtungs⸗ und Ergänzungsstationen bezw. Signalstellen der Seewarte befinden sich in 10 bezw. 44 Hafenplätzen. Wie in früheren Jahren, so hat sich die Deutsche Seewarte auch in 1884 der entgegenkommendsten Unterstützung durch meteorologische Mittheilungen und Berichte Seitens freiwilliger Mitarbeiter und Korrespondenten zu erfreuen gehabt. Von den im Jahre 1885 von der Seewarte täglich ausgegebenen Wetterprognosen waren günstig: im Januar 71 %, Februar 72 %, März 72 %, April 86 %, Mai 80 %, Juni 74 %, Juli 75 %. August 72 %, September 77 %, Oktober 75 %, November 74 %, Dezember 77 %; theilweise ungünstig: im Januar 17 %, Februar 19 %, März 18 %, April 5 %, Mai 14 %, Juni 18 %, Juli 14 %, August 17 %, Sep⸗ tember 10 %, Oktober 15 %, November 16 %, Dezember 16 %; ungünstig: im Januar 12 %, Februar 9 %, März 10 %, April 9 %, Mai 7 %, Juni 8 %, Juli 11 %, August 10 %, September 13 %, Oktober 10 %, November 10 %, Dezember 3 %; im Mittel 75 %, bezw. 15 %, bezw. 10 %/. An 45 Tagen wurden im Berichtsjahre von der Seewarte 1615 Sturmwarnungssignale telegraphisch über⸗ mittelt; die Monate April, Juni und Juli waren sturmwarnungs⸗ frei; an Sturmwarnungen entfallen auf März und August je 1, auf Mai und September je 2, auf Februar und November je 3, auf De⸗ zember 8, auf Oktober 12 und auf Januar 13.

Von dem „Kulturgeschichtlichen Bilderbuch aus

drei Jahrhunderten“, welches der durch seinen „Formenschatz“, das „Deutsche Zimmer“ und andere, in den Kreisen der Künstler und Kunstfreunde mit Recht geschätzte Publikationen bekannte Dr. Georg Hirth herausgiebt (Verlag von G. Hirth in Leipzig und München) liegen uns bereits wierer zwei neue Lieferungen, Nr. 42 und 43 (des IV. Bandes, 6. und 7. Lieferung) vor. Die erstere Lieferung bringt eine weitere Folge von Radirungen von Rembrandt aus der Zeit von 1630 54, welche für die Verehrer dieses Meisters von dem aller⸗ größten Interesse sein dürften. Die ganz vorzügliche Facsimile⸗Repro⸗ duktion derselben ist fast im Stande, die kostbaren Originale zu ersetzen. Besonders werthvoll sind aus der Reihe: das höchst realistische Porträt eines Gelehrten, dann das betkannte Blatt des Magiers, zwei große Landschaften und mehrere Genrebilder. An diese Radirungen reihen sich 20 Kupferstichblätter aus dem barocken „Todtentanz“ von dem Zürcher Rudolf Meyer (1637), sowie 5 Blätter soldatischer Typen der Zeit. Auf ein Blatt aus der Folge der „Monate“ von Peter Potter folgen dann 6 Tafeln von Jan Martsen de Jonge, welche in ungemein fleißig und sorgfältig gezeichneter, trotz der großen Zahl von Figuren ganz individuell charakterisirter Komposition den festlichen Einzug der Königin⸗Wittwe von Frankreich, Maria von Medici, in Amsterdam im Jahre 1638schildern (gestochen von Peter Nolpe). Voran geht der lange Zug der Herolde und vornehmen Kavaliere in freibewegter, lebens⸗ voller, immer wechselnder Haltung, dann folgt der Wagen der Königin. Die ganze Darstellung ist bei aller feinen realistischen Be⸗ obachtung in den vielen Einzelheiten von einer Gediegenheit und Ge⸗ wissenhaftigkeit, an der unsere so selbstzufriedenen jüngeren Künstler sich ein Beispiel nehmen könnten. Im Verein mit Simon de Vlieger hat Martsen de Jonge dann auf weiteren, nicht minder bemerkens⸗ werthen 6 Blättern die Feste zu Ehren der Königin in Amsterdam geschildert (gestochen von S. Savry). Historisch merk⸗ würdig sind die dann folgenden 2 Bildnisse von Jacob van Hexyden, darstellend den schwedischen General Torstenson und den Landgrafen Wilhelm von Hessen (1635), kulturhistorisch interessant 3 Porträts von deutschen Patrizierinnen, von Sebastian Furck. Elegante, fein gestochene Blätter im Geschmack der Zeit sind: das Brautpaar, von Guillaume de Geyn und zwei Blätter aus der Folge der „Allegorien“, von Jeremias Falck: anmuthige jugendliche Frauengestalten, welche durch ganz äußerlich hinzugefügte Attribute als die „Luft“ und die „Grammatik'“ charakterisirt sind. Diese Stiche führen uns übrigens in die folgende Lieferung hinüber, welche noch 4 Stiche ähnlichen Genres ent⸗ halten, nämlich die 4 Jahreszeiten, von Guillaume de Geyn in Gemein⸗ schaft mit Jeremias Falck ausgeführt. Sie zeigen uns vier steif positirte, kostümlich und zeitgeschichtlich aber höchst charakteristische Frauen⸗ gestalten in vornehmer, sorgfältig drapirter Gewandung mit den jahres⸗ zeitlichen Attributen (gestochen von Le Blond d. J.). In diese Reihe von allegorischen Darstellungen gehören auch die zwei Blätter aus der Folge der Monate, von Joachim Sandrart. Der den Februar personifizirende feiste Koch mit einem Stillleben von Wild und Ge⸗ flügel vor sich ist besonders frappant und lebendig aufgefaßt. Weiter finden wir in der Lieferung 3 Tafeln mit Illustrationen aus „Les abus du mariage“, sämmtlich ovale Medaillons, welche die fein individualisirten Gestalten in halber Figur umschließen. Dann folgt eine Serie von Interieurs mit sich darin abspielenden häuslichen, familiären Vorgängen von Abraham de Bosse: Stiche, welche das Leben und Treiben der Holländer jener Zeit sehr anschau⸗ lich schildern, und zwar: „Der vornehme Maler“ in seinem eleganten Atelier, „Die kranke Dame“, „Der Advokat“, „Der Konditor“, „Die Kupferstichdruckerei“, „Die Knabenschule“, „Die Mädchenschule“ und „Das Hospital“. An Bildnißstichen enthält die Lieferung u. a. das anmuthige Brustbild des jugendlichen, blondlockigen 1 n. Wil⸗ helm von Oranien, von einem unbekannten eister, das Porträt des jungen Karl II. von England, von Anton van Dyck, die Brustbilder König Ludwig's XIII. von Frankreich und seiner Gemahlin, Anna von Oesterreich, von Ph. Champaigne, das Reiter⸗ bildniß des bayerischen Generals Johann von Weert ꝛc. Wenzel Hollar schildert in zwei figurenreichen Kompositionen die Verurtheilung und die Hinrichtung des Grafen Strafford in London im Mai 1641. Am Schluß beginnt sodann eine ganze Serie von Medaillon⸗Brust⸗ bildern vornehmer Damen aus der Zeit von 1639 bis 1645, von demselben Meister. Brockhaus' Kleines Konversationslexikon liegt in seiner mit zahlreichen Karten und Abbildungen ausgestatteten und völlig umgearbeiteten vierten Auflage, 60 Hefte umfassend, jetzt voll⸗ ständig vor. Von der Bandausgabe wird der das Werk abschließende zweite Band ebenfalls binnen kurzem geheftet und gebunden zu Hende sein. Wie sehr das allbekannte und allbeliebte Werk durch die neue Bearbeitung an Brauchbarkeit gewonnen hat, ist zum öftern von uns dargethan worden; hier sei nur nochmals besonders hervor⸗ gehoben, daß der Text bis zur unmittelbaren Gegenwart reicht und man darin die wirklich neuesten Zahlen und Daten angegeben findet, die noch kein anderes Nachschlagebuch enthält. So sind z. B. die Bevölkerungszahlen der größern und mittlern deutschen Städte schon nach den Ergebnissen der letzten Volkszählung vom 1. Dezember 1885 mitgetheilt und selbst von den jüngst gestorbenen Zeitgenossen (wie Ranke, Scheffel, Waitz) schon die Todestage verzeichnet. Mehrere Tabellen über Münzen, Maße und Gewichte, Kapital⸗ und Zins⸗ berechnungen, vergleichende Uebersichten der Zeitunterschiede wie der Thermometer⸗ und Barometerskalen bilden einen werthvollen Anhang. Dem Text stehen die zur Veranschaulichung und Erläuterung dienenden Illustrationen gleichwerthig zur Seite: 23 geographische, astronomische politische Karten, 1 Weltverkehrskarte und 66 Bildertafeln, zum Theil in Chromodruck hergestellt und durchgehends vortrefflich aus⸗ geführt. Brockhaus; Kleines Konversationslexikon hat sich als zu⸗ verlässigstes Nachschlagebuch für den Handgebrauch bereits unentbehrlich gemacht; die Vollendung der vierten Auflage desselben darf daher wohl zu den allgemein interessirenden literarischen Vorkommnissen gerechnet werden.