1886 / 150 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 29 Jun 1886 18:00:01 GMT) scan diff

Hieraus dürfte man den Beweis entnehmen, daß der erste Stoß aus südwestlicher Richtung erfolgt sei; dieser bewegte den Kloben nach Nordost bei dem Pfosten rechts vorbei; ein nachfolgender Stoß aus Südost oder Ost gab dem Kloben eine Bewegungsablenkung nach West zu, wodurch allein er um den Pfosten in dieser Weise geschlungen werden konnte. Wäre der östliche Sturmstoß der zuerst wirkende gewesen, so hätte die Umschlingung um den Pfosten im umgekehrten Sinne nach rechts herum, „mit der Uhr“ stattfinden müssen.

Derartige für das Studium des Phänomens nicht un⸗ wichtige Einzelheiten ließen sich noch zahlreiche anführen, doch müssen wir dies der ausführlichen Bearbeitung vor⸗ behalten. 8

Am Pferdestalle der Marmorschleiferei, welcher auf der anderen Seite der vorüberführenden Chaussee nach West zu liegt, wurde das Dach demolirtt. b

Verfolgt man diese Chaussee weiter in der Richtung der Sturmbahn, so findet man zahlreiche Bäume umgestürzt, und zwar sowohl aus West und Westnordwest, als auch, nur durch die Chaussee getrennt, aus Ost. Am ärgsten mit⸗ genommen zeigt sich indeß das an der Ostseite der Chaussee gelegene einzelne Haus der Wittwe Rupp. Sämmtliche Da desselben liegen in weiter Entfernung im Westen desselben; die östliche Mauer dagegen ist bis auf die Fundamente nach Ost hin aus dem Hause heraus⸗ gestürzt. Das ganze Haus ist nahezu völlig demolirt so daß es fast unverständlich ist, wie dessen Zerstörung nich Opfer an Menschenleben gekostet hat, da die Unterräume von zahlreichen Spaziergängern als Zufluchtsort gegen das grauen⸗ voll heraufziehende Unwetter benutzt worden waren.

Das Herauswerfen der östlichen Mauern kann sicherlich nur durch einen von West her kommenden Stoß bewirkt worden sein, welcher auf der Westseite die sämmtlichen Fenster nach innen geschleudert, darauf die Zwischenwände und die östliche Außenwand nach Ost geworfen hat. 8

Weiter nordwestlich ist am Sieghof ein Stallgebäude abgedeckt und dessen Pappdach sammt Schalung im Ganzen über das davorstehende höhere Wohnhaus hinweg nach Ost ca. 100 m weiter getragen worden, wo es in einem Kornfelde jenseits des Weges nach dem Dorfe Nieder⸗Girmes wenig be⸗ chädigt vorgefunden wurde. Dieses selbst, am nördlichen

ande der Flußniederung gelegen, ist völlig unberührt ge⸗ blieben. 1

Von hier aus, wo die sanft ansteigenden nördlichen Rand⸗ höhen des Lahn⸗ und Dillthales beginnen, verliert sich die Spur der Zerstörung fast völlig. Auf der Höhe finden sich indeß wieder zahlreiche aus verschiedener Richtung abgebrochene oder umgelegte Obstbäume.

Gänzlich unerwartet aber fand sich ostnordöstlich von der Ruine Hermannstein an dem Steilabfalle des Höhenzuges nach einem ca. 30 m tief eingeschnittenen von west nach Nordost verlaufenden Längsthale ein neues Zerstörungs⸗ centrum.

Hier waren am nordöstlichen Rande des sogenannten Brunnenwäldchens ca. 35 mächtige, am steilen eet

lichen Rande der Bruchstelle aus West, daneben drei mächtige Fichten aus Ostsüdost, die Mehrzahl indeß aus Süd⸗ südost. Die Aehnlichkeit dieser Bruchstelle, welche 75 m in der Breite mißt, mit der am Abhange des Lahnberges befindlichen war eine geradezu frappante. 8

Dieses schien indeß die letzte größere Kraftleistung des Wirbelsturmes gewesen zu sein, da nach Nordost zu nur noch einige aus West gleichmäßig gestreckte Obststämme zu finden waren, so daß man hier das Ende der Zerstörungsbahn an⸗ zunehmen hat.

Werfen wir auch auf den Gewittersturm von Wetzlar einen kuxzen Rückblick, so sinden wir hier ebenfalls, wie bei dem Krossener Sturme, ein weit verbreitetes Unwetter mit Gewittern und Hagelfällen über das Land ziehend, innerhalb dessen sich ein Luftwirbel ausbildet, welcher Zerstörungen auf seinem Wege anrichtet. Die Ausprägung der Wirbelbewegung ist bei dem Wetzlarer Sturme indeß eine bedeutend schärfere und die zerstörende Wirkung derselben viel gleichmäßiger auf alle Theile des Umkreises vertheilt. Trotzdem sind naturgemäß, wie wir dies bei dem Krossener Falle näher erläutert haben, die auf der Rückseite wehenden Winde die stärkeren, da sie mit der Bahnrichtung des Luftwirbels nahezu zusammen fallen; wir finden daher auch die Zerstörungen aus Südost und Südwest die der anderen Quadranten überwiegen. 8

Eigenartig erscheint die Thatsache, daß die volle Orkan⸗ stärke in zweifacher Aufeinanderfolge erst dann hervortrat, als der Wirbelsturm von einem Hochplateau in eine erheblich tiefer gelegene Niederung überschritt. Hierzu könnte der plötzlich ganz erheblich verringerte Reibungswiderstand am Erdboden, sowie das Hineinziehen einer beträchtlichen Luftsäule, welche sehr hohe Temperatur und relativ bedeutenden Wasserdampf hatte, wohl beigetragen haben. G“ 8

Eigenartig erscheint ferner die merkwürdige Formverände⸗ rung der rotirenden Luftsäule, welche vielleicht ebenfalls durch das plötzliche Hinzutreten einer ca. 60 m hohen Luftsäule am unteren Ende des Wirbels veranlaßt sein könnte. Die Wirbel⸗ bewegung bekam hierdurch eine so stark abwärts gerichtete Komponente, daß sie sich in der Höhe erschöpfte, und erst dann wieder eine aufwärts gehende Richtung annahm, als sie den Boden der Niederung erreicht hatte. Die aufsteigende Be⸗ wegung innerhalb der rotirenden Luftsäule konnte in diesem Falle in völlig unzweifelhafter Weise durch die Beobachtungen erwiesen werden. 1b

Der Gewittersturm in Wetzlar kann daher wohl mit gutem Grund als ein Tornado im kleinen Maßstabe bezeichnet werden.

Es verdient hervorgehoben zu werden, daß ähnliche 888 nomen, wie das oben geschilderte, in diesem Theile des Lahn⸗ thales auch früher schon vorgekommen sind. Im Frühsommer des Jahres 1878 (nach anderen Angaben 1880) zerstörte eine trichterförmige Windhose eine Reihe von Häusern in Naun⸗ heim, ca. 6 km nordöstlich von Wetzlar; sie überschritt die Lahn in nordöstlicher Richtung und hob hierbei große Wasser⸗ mengen in die Höhe, welche sie im weiteren Verlaufe über die erstörten Häuser ausschüttete. Die vorher braunröthliche Farbe wurde nach dem Uebergange über die Lahn milchweiß.

stehende Kiefern völlig niederge egt worden; am südwest⸗

Im März 1876 wurde ein Theil der chemischen Fabrik in Wetzlar von einem Sturme abgedeckt; doch sollen hierbei Wirbelerscheinungen nicht bemerkt worden sein.

Erinnern wir uns, daß im Jahre 1873 die Stadt Zehdenick zum großen Theile durch ein ähnliches Phänomen Besden wurde, daß im Sommer 1885 bei Karlsruhe eine durch Herrn Baudirektor Honzell sorgfältig untersuchte Wind⸗ hose den Wald verwüstete, daß ferner der Botanische Garten in Berlin im vorigen Jahre unter ähnlichen Bedingungen Beschädigungen erlitt, so kommt man zu dem Schluß, daß derartige Phänomen in unserem Lande doch nicht gar so selten sind, wie man gemeinhin annimmt. Diese Annahme wurde naturgemäß durch den Mangel der näheren Unter⸗ suchung und Erforschung der Phänomen bestärkt, von welchen man eben außer einigen kurzen Zeitungsnotizen nichts weiter

örte. h Wo finden sich z. B. Untersuchungen des gewiß hoch interessanten Wirbelsturmes von Zehdenick?

Der Grund aber wiederum, weshalb diese mächtigen Er⸗ scheinungen spurlos an dem größeren Publikum nicht nur, sondern auch an den Fachmännern vorübergingen, ist in der völligen Unzulänglichkeit der Einrichtungen auf meteoro⸗ logischen Gebieten zu suchen. G

Ohne ein genügend dichtes Netz von Beobachtungs stationen bleibt das Wichtigste, die Erforschung der inneren meteorologischen Gründe, unmöglich. Nachträgliche Unter⸗ suchungen können, wenn auch noch so sorgfältig angestellt, nur die gröbsten Erscheinungen zu einem Bilde vereinigen, über dessen Richtigkeit in allen Punkten stets Zweifel herrschen können. Einige korrekt abgelesene Barometer oder gut funktionirende Barographen, einige Windfahnen und Thermo⸗ meter, vor Allem aber auch eine hinreichend große Zahl über das ganze 1u1““ möglichst gleichförmig vertheilter, gut geschulter Beobachter, welche, wenn auch ohne instrumentelle Hülfsmittel zu besitzen, doch über alle un gewöhnlichen atmosphärischen Ereignisse sofort die noth wendigsten Aufzeichnungen machen und thunlichst balb an die Centralstelle einsenden, liefern für die Erforschung solcher Vor gänge mehr und besseres Material, als die eifrigste Nachles zu beschaffen vermag.

Angesichts der erschreckenden Ereignisse, von welchen eben gesprochen wurde, besteht deshalb auch die Absicht, mit der Errichtung eines Netzes von Gewitterbeobachtungsstationen, wie es z. B. in Bayern oder auch in einigen Theilen Preußens d. h. in der Provinz Sachsen, der Uckermark und in einem Theile von Schlesien bereits besteht, noch rascher vor⸗ zugehen, als es nach dem ursprünglichen Plane für die Reorganisation des Königlich meteorologischen Instituts i Aussicht genommen war.

Von Seiten der Direktion des Instituts hat deshalb dieser Punkt auch bereits bei dem Entwurfe für den Etat des kommenden Rechnungsjahres in geeigneter Weise Berück⸗ sichtigung gefunden.

Wissenschaftlicher

Dr. Aßmann. Ober⸗Beamter im Königlich meteorologischen Institut.

preußischen

Preuß. Staats⸗Anzeiger und das Central⸗Handels⸗ register nimmt an: die Königliche Expedition

Steckbriefe und Untersuchungs⸗Sachen. .Zwangsvollstreckungen,

5 I Anzeiger (Inserate für den Deutschen Reichs⸗ und Königl. Oeffentlich er nzeig . dc Inserate nehmen an: die Annoncen⸗Expeditionen de/

Aufgebote, Vor⸗ Großhandel.

Industrielle Etablissements, Fabriken und

„Invalidendank“, Ruydolf Mosse, Haaseustein & Vogler, G. L. Daube & Co., E. Schlotte, Büttner & Winter, sowie alle übrigen größeren

des Dentschen Reichs⸗Anzeigers und Königlich Prenßischen Staats-Anzeigers: Berlin SW., Wilhelm⸗Straße Nr. 32.

ladungen u. dergl. . 3. Verkäufe, Verpachtungen, Verdingungen ꝛc. 4. Verloosung, Kraftloserkläͤrung, Zinszahlung 8 u. s. w. von öffentlichen Papieren.

gen, Aufgebote,

Zwangsvollstreckun Vorladungen u. dergl. [17075 Oeffentliche Zustellung. Die Ehefrau des Maurergesellen Carl Friedrich Wendlandt, Marie, geb. Bapst, zu Stettin, ver⸗ treten durch den Justizrath Bohm zu Stettin, klagt gegen ihren Ehemann, den Maurergesellen Carl Friedrich Wendlandt, unbekannten Aufenthalts, wegen böslicher Verlassung mit dem Antrage, die Ehe der Parteien zu trennen und den Beklagten für den allein schuldigen Theil zu erklären, und ladet den Beklagten zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor die erste Civilkammer des König⸗ lichen Landgerichts zu Stettin Zimmer 23 auf den 20. Oktober 1886, Mittags 12 Uhr, mit der Aufforderung, einen bei dem gedachten Gericht zugelasfenen Anwalt zu bestellen. Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung dieser Auszug der Klage bekannt gemacht.

wird

orll, Gerichtsschreiber des Königlichen Landgerichts.

[17067] Oeffentliche Zustellung. Die verehelichte Tuchmacher Franz Dobbert, Auguste, geb. Maronde, zu Bahn, vertreten durch den Rechtsanwalt Brunnemann zu Stettin, klagt gegen ihren Ehemann, den Tuchmacher Franz Dobbert, unbekannten Aufenthalts, wegen böslicher Ver⸗ lassung, unordentlicher Wirthschaft und verschuldeten Unvermögens zur Gewährung des Unterhalts, sowie wegen Ehebruchs, mit dem Antrage, das zwischen den Parteien bestehende Band der Ehe zu trennen und den Beklagten für den allein schuldigen Theil zu er⸗ achten, und ladet den Beklagten zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor die erste Civil⸗ kammer des Königlichen Landgerichts zu Stettin Zimmer Nr. 23 auf 1 den 20. Oktober 1886, Vormittags 11 ¾ Uhr, mit der Aufforderung, einen bei dem gedachten Ge⸗ richte zugelassenen Anwalt zu bestellen. Zum Zwecke der öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klage sfrnasßt orll, Gerichtsschreiber des Königlichen Landgerichts. 8 * 1

[1708¹41 Gütertrennung.; Durch rechtskräftiges Uͤrtheil der Ersten Civil⸗ kammer des Königlichen Landgerichts zu Bonn vom 31. Mai 1886 ist die zwischen den Eheleuten Hermann Fuchs, Sammtweber, und Lisette, Hundhausen, ohne Geschäft, Beide zu Stromberg bei Herchen Sieg, bestandene eheliche Gütergemeinschaft

Zonn, den 25. Juni 1883. Die Gerichtsschreiberei des Königlichen Landgerichts. b Klein, Landgerichts⸗Sekretär.

117086) Kgl. Staatsanwaltschaft Hall. Vermögensbeschlagnahme.

Durch Beschluß der Strafkammer des K. Land⸗ gerichts dahier vom 21. v. Mts. ist das Vermögen der Nachgenannten zur Deckung der ihnen wegen Verletzung der Wehrpflicht rechtskräftig zuerkannten Geldstrafe von je 600 und der Kosten des Straf⸗ verfahrens, je bis zum Betrage von 670 ℳ, mit Beschlag heract worden: 1

1) Ries, Sigmund, Handelsmann von Michel⸗ bach a. L., geb. 30. August 1863, 2) Haas, Fried⸗ rich, Schreiber von Geislingen, geb. 14. Juni 1863, 3) Hörner, Georg Friedrich, Schneider von Hengst⸗ feld, geb. 31. Oktober 1863, 4) Haaf, Leonhard, Maurer von Bächlingen, geb. 17. Juni 1863, 5) Lindner, Emil, Pferdehändler von Heimsheim, Baden, geb. 15. März 1862, 6) Eberlein, Jakob Karl, Schuhmacher von Gröningen, geb. 14. Oktober 1865, 7) Greßler, Franz Karl, von Oehringen, geb. 27. Juni 1863, 8) Nagler, Johannes, von Mazen⸗ bach, geb. 17. September 1863 in i 9) Erhardt, Johann, Ochsenknecht von Mäder, geb. 3. Mai 1863, 10) Schluchterer, Karl Ludwig, Metzger von Künzelsau, geb. 31. März 1865, 11) Hofmann, Gustav, von Dörzbach, geb. 29. April 1864, 12) Vohmann, Johann Friedrich, Metzger von Kocherstetten, geb. 24. Februar 1865, 13) Müller, Georg Michael, Metzger von Rodachs⸗ hof, geb. 16. September 1864, 14) Krämer, Christian, Bäcker von Belsenberg, geb. 30. Sep⸗ tember 1865, 15) Speidel, Johann Gottlieb, Metzger von Niedernhall, geb. 11. Juni 1863, 16) Rösch, Anton, Ochsenbauer von Jagstberg, geb. 3. Juni 1865, 17) Vogel, Friedrich, Schuh⸗ macher von Hollenbach, geb. 22. November 1863, 18) Zeller, Anton, Müller von Ailringen, geb. 12. Juni 1864, 19) Pfeiffer, Friedrich, Metzger von Dörzbach, geb. 17. Januar 1863, 20) Fuchs, Fe Bauer von Nitzenhausen, geb. 31. Dezem⸗

er 1863, 21) Conrad, Georg, von Dörzbach, geb. 22. September 1864, 22) Deuser, Josef Anton, von Oberkessach, geb. 9. Dezember 1865, 23) Ger⸗ ner, Johann Adam, Wagner von Ailringen, geb. 20. April 1864. 11.“

Den 22. Juni 1886.

Hilfs⸗Staatsanwalt. (Unterschrift.)

[170871 Kgl. Staatsanwaltschaft Hall.

Vermögensbeschlagnahme.

Durch Beschluß der Strafkammer des K. Land⸗ gerichts dahier vom 21. v. Mts. ist das Vermögen: 1) des Georg Martin Piernsagb. Schuster von Niedersteinach, geb. 25. Juli 1863, 2) des Christof Ziegler, Müllers von Neidenfels, geb. 20. Oktober 1865, 3) des Karl Schwarz, Schmieds von Jagst⸗ heim, geb. 11. Februar 1865, 4) des Michael Georg

Verschiedene Bekanntmachungen Literarische Anzeigen. 3. Theater⸗Anzeigen. In der Börsen⸗

Aunoncen⸗Bureaux.

NSö

9. Familien⸗Nachrichten. Beilage. E

Butz, Schusters von da, geb. 9. April 1865, 5 des Johann Kreißel, Dienstknechts von Bronnholzheim, geb. 16. Juli 1865, 6) des Johann Schaffert, Schneiders von Wollmershausen, geb. 4. August 1864, 7) des Karl Stegmayer, Schuhmachers von Wildenstein, geb. 20. April 1865, 8) des Johann Haag von Wachbach, geb. 19. Februar 1863, 9) des Johann Karl Drexel, Gärtners von Untermünk⸗ heim, geb. 12. April 1863, 10) des Johann Christian Friedrich Roll, Schreiners von Gelbingen, geb. 26. Januar 1863, 11) des Albert Ernst Feeser, Kaufmanns von Sittenhardt, geb. 17. November 1863, 12) des Philipp Friedrich Vogelmann, Bauern von Wackershofen, geb. den 19. April 1863, 13) des Johann Evangelist Abs, Dienstknechts von Großallmerspann, geb. 6. Dezember 1863, 14) des Christian Friedrich K Warterer von Hall, geb. 30. September 1863, 15) Christian Friedrich Klenk, Dienstknechts von Brettach, geb. 8. August 1863 zur Deckung der denselben wegen Verletzung der Wehrpflicht zuerkannten Geldstrafe und der Kosten des Strafverfahrens je bis zum Betrage von 670 mit Beschlag belegt worden. Den 22. Juni 1886. Hilfs⸗Staatsanwalt. (Unterschrift.)

[17088] Kgl. Staatsanwaltschaft Hall. Vermögensbeschlagnahme.

Durch Beschluß der Strafkammer des Kgl. Land⸗ gerichts dahier vom 21. vor. Mts. ist das Vermögen der nachgenannten Wehrpflichtigen zur Deckung der denselben zuerkannten Geldstrafe (je 600 ℳ) und der Kosten des Verfahrens je bis zum Betrage von 670 mit Beschlag belegt worden:

1) Bauer, Jakob Philipp, Metzger von Dörzbach, geb. 20. April 1851, 2) Baur, Johann Heinrich, Bierbrauer von Itzelberg, geb. 9. November 1850, 3) Baur, Christian Gottlieb, Metzger von Itzel⸗ berg, geb. 13. Juli 1852, 4) Biermann, Karl Gustav Heinrich Christian, Kaufmann von Künzelsau, geb. 10. Dezember 1850, 5) Deuser, Franz Wil⸗ helm, Färber von Oberkessach, geb. 1. April 1851, 6) Engelhardt, Johann Martin, Bauer von Bie⸗ ringen, geb. 19. August 1853, 7) Feuchter, Chri⸗ stian Friedrich Leonhard, von Kupferzell, geb. 16. Juni 1852, 8) Gobel, Johann Georg Friedrich Robert, von Dörzbach, geb. 18. Juni 1850, 9) Göller, Jo⸗ hann, Bauer von Buchenbach, geb. 25. Januar 1852, 10) Heinle, Friedrich, Bauer von Nitzenhausen, geb. 22. Dezember 1853, 11) Hölle, Georg Friedrich, von Kemmeten, geb. 11. Dezember 1853, 12) Hölle, Johann Wilhelm (auch Christian), Metzger von Fitdelbach geb. 29. Januar 1852, 13) Holzinger,

ohann Michael, von Hachtel, geb. 14. Mai 1853, 14) Horlacher, Friedrich, Hausknecht von Sommers⸗ berg, geb. 29. Juni 1854, 15) Host, Johann Josef, Schasker von Bieringen, geb. 17. Januar 1850,

16) Jäger, Ludwig Friedrich, Metzger von Kün

geb. 15. März 1852, 17) Kempf, Johann von Oberkessach, geb. 3. Dezember 1853, 18) Kneller, Gottlieb Friedrich, Bäcker, jetzt Metzger von Künzelsau, geb. 7. Februar 1852, 19) Lang, Georg Johann Paul, Metzger von Kün⸗ zelsau, geb. 2. Februar 1851, 20) Münz, Georg Michael, Bauer von Hohebach, geb. 23. Dezember 851, 21) Ott, Sebastian, Metzger von Western⸗ hausen, geb. 16. Dezember 1852, 22) Rupp, Michael Friedrich, Metzger von Scheurachshof, geb. 1. April 1853, 23) Seßler, Friedrich, Schneider von Bernds⸗ hausen, geb. 6. Juli 1853, 24) Stirn, Johann Heinrich, Metzger von Hohebach, geb. 20. Dezember 1853, 25) Stier, Heinrich, Bauernknecht von Buchen⸗ mühle, geb. 20. September 1851, 26) Strein, Wilhelm, Schuster von Aschhausen, geb. 3. Juni 1851, 27) Wachtler, Johann Georg, Schäfer von Eberbach, geb. 29. März 1851, 28) Wittmann, Leonhard, Bauer und Maurer von Singrechtshausen, geb. 12. Oktober 1853, 29) Zißler, Andreas Wil⸗ helm, Weingärtner von Künzelsau, geb. 12. Januar 1852

Den 22. Juni 1886. Staatsanwalt. Schäfer.

Oeffentliche Ladung.

zelsau, Franz,

[17091]

Nachdem die beantragte Ablösung der den Kolo nisten zu Esterwegen mit den beiden Nebengemeinden Bookhorst und Heidbrücken, Kreis Hümmling, in der sg. Esterweger Mark zustehenden Servitutrechte von der Königlichen General⸗Kommission zu Hannover für stattnehmig erkannt ist, wird zur Ermittelung der Betheiligten und ihrer Rechte an dem Auseinander⸗ setzungsobjekt Termin anberaumt auf

Dienstag, den 17. August 1886, Vormittags 9 Uhr, 8 im Hause des Wirths Franz Funke in Esterwegen.

Alle Diejenigen, welche aus irgend einem Grunde Ansprüche an das Theilungsobjekt zu machen haben, namentlich auch die Gutsherren, werden behufs An⸗ meldung und Klarmachung ihrer Ansprüche oder Widersprüche zu dem angesetzten Termine unter der Verwarnung hierdurch geladen, daß im Falle des Aus⸗ bleibens ihre Berechtigungen nur nach Angabe der übrigen Betheiligten berücksichtigt und sie in sonstigen Beziehungen als zustimmend angesehen werden sollen.

Den aus irgend einem Grunde betheiligten dritten Personen, insbesondere den Zehntherren, Gutsherren, Pfandgläubigern, Hütungs⸗, Fischerei⸗ oder sonstigen Servitutberechtigten wird zugleich aufgegeben, ihre etwaigen Rechte in dem anberaumten Termine wahrzunehmen, widrigenfalls die in dieser Beziehung Betheiligten es sich selbst beigumessen haben, wenn die Sicherstellung ihrer vermeintlichen Rechte unterbleibt.

Lingen, den 25. Juni 1886.

Der Königliche Spezial⸗Kommissar: Bornemann, Regierungs⸗Assessor.

1”“

8

Zweit

8 11

e Beilage

Berlin, Dienstag, den 29. Juni

Anzeiger und Königlich Preußischen S

8 Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 29. Juni. Im weiteren Verlauf der gestrigen (95.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten wurde bei Fortsetzung der Berathung des Entwurfs einer Kreisordnung für Westfalen dieser Gesetzentwurf, ebenso wie der Gesetzentwurf über die Einfuͤhrung der Provinzialordnung in West⸗ falen angenommen.

Es folgte die Verlesung der Interpellation von Strombeck:

1) Welche Resultate haben die amtlichen Ermittelungen er⸗ geben, welche über die durch Ueberschwemmungen Anfangs dieses Monats in den Kreisen Duderstadt, Einbeck, Göttingen, Heiligen⸗ stadt, Nordhausen, Osterode, Worbis und angrenzenden Bezirken verursachten Verheerungen stattgefunden haben?

2) Welche Maßregeln beabsichtigt die Königliche Staats⸗ regierung zur Linderung des Nothstandes in den d Gegenden zu treffen?

Nachdem der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Minister des Innern von Puttkamer, sich zur sofortigen Beant⸗ wortung der Interpellation bereit erklärt hatte, erhielt zur Begrün⸗ dung der Abg. von Strombeck das Wort, welcher erklärte, der durch die Ueberschwemmungen im Gebiete des Eichsfeldes ver⸗ ursachte Schaden beschränke sich nicht auf den geringen Umfang, von dem man in der vorigen Woche Kennt⸗ niß erhalten habe; er sei weit größer und rechtfertige die Einbringung einer besonderen Interpellation durch⸗ aus. Die Interpellanten verlangten keineswegs den Ersatz des ganzen erwachsenen Schadens, aber sie wünschten eine schleunige und gründliche Prüfung der eingetretenen Schädigun⸗ gen und die Einbringung einer Nothstandsvorlage, sobald es die Perhältnisse gestatteten. Genau lasse sich die Gesammthöhe des Schadens noch nicht beziffern; eingehende Schätzungen be⸗ wertheten allein die in den Kreisen Worbis und Heiligenstadt eingetretenen Verluste auf ca. 900 000

Hierauf erwiderte der Staats⸗Minister von Puttkamer:

Meine Herren! Indem ich mich beehre, zunächst die Nr. 1 der Interpellation zu beantworten, habe ich zu reseriren, daß allerdings von Seiten der zuständigen Regierungs⸗Präsidenten in Erfurt und Hildesheim der Königlichen Staatsregierung der Bericht zugegangen ist, daß in ausgedehnteren Distrikten ihrer Bezirke am 1. und 2. Juni durch ein mit Blitz⸗ und Hagelschlag verbundenes starkes Unwetter in einer Anzahl von Ortschaften erhebliche wirthschaftliche Schäden herbeigeführt worden sind.

Was den zweiten und wichtigeren Theil der Interpellation an⸗ betrifft, so habe ich darauf folgende Erklärung abzugeben. Die Staatsregierung und bisher mit ihr auch stets die Volksvertretung haben anerkannt, daß unter gewissen ganz außergewöhnlichen Verhältnissen die Staatsgesammtheit für wirthschaftliche Schäden, die in einzelnen Landestheilen entstehen, mit Mitteln des Staates einzutreten wohl in der Lage ist, und die Geschichte der neuesten Gesetzgebung ist ja reich an Vorgängen dieser Art. Aber die Regierung und die Volksvertretung sind auch bisher stets der Meinung gewesen, daß im wahren und wohlverstandenen Interesse der Staatsgesammtheit die Grenze, bis zu welcher in solchen Fällen zu gehen ist, sehr vorsichtig zu ziehen sein wird, weil, wenn man dies verabsäumt, Konsequenzen und Präzedenzien entstehen, deren Umfang schlechterdings nicht abzusehen ist, und welche unter Umständen doch dahin führen würden, das Gleichgewicht der Staatsfinanzen in einer bedenklichen Weise zu schädigen.

Dies vorausgeschickt, meine Herren, hat die Staatsregierung sich die Frage vorgelegt, ob sie in diesem Falle veranlaßt sei, entweder aus den ihr zustehenden ordinären Unterstützungsfonds, oder gar durch eine besondere Vorlage Abhülfe vorzubereiten, und sie hat nach reif⸗ licher Erwägung bei allem Wohlwollen für die betheiligten Landestheile in diesem Fall die Frage verneinen zu sollen geglaubt. Ich bitte dies nicht als einen Mangel an Theilnahme oder als eine „Kühl bis ans Herz hinan“⸗Auffassung der Sache zu betrachten, sondern sich versichert zu halten, daß diese uns recht schwer gewordene Entschließung die Frucht einer sehr sorgsamen und pflichtmäßigen Er⸗ wägung gewesen ist. Die vorliegenden Berichte bekunden nicht, daß das durch das Unwetter berbeigeführte Unglück einen Umfang relativ angenommen hat, welcher befürchten läßt, daß eine größere Anzahl von Staatsangehörigen in ihrem Haus⸗ und Nahrungsstande dadurch gefährdet und beeinträchtigt seien, wenn auch anzuerkennen ist, daß der geographische Umfang des Schadens ein ziemlich erheblicher, vielleicht ein solcher ist, wie der Herr Abgeordnete, der eben die Tribüne ver⸗ lassen hat, ihn schilderte, aber eine eigentliche Landeskalamität, nament⸗ lich in dem Sinne, daß ihr selbst durch die angestrengte Thätigkeit der Interessenten z. B. bei Deichbrüchen gesteuert werden köͤnnte, ist doch nicht nachgewiesen. 8 8 Aunuch würde die Analogie mit dem ostpreußischen Nothstand, der ja die Frucht der klimatischen Nachtheile eines sehr strengen Winters war, nicht zutreffken. Im Gegentheil, der Herr Abgeordnete hat ja selbst anerkannt, daß ein großer Theil des Schadens durch zündende Blitze und durch Hagelschlag entstanden ist. 8

Nun bitte ich, meine Herren, zu bedenken, zu welchen Folgen es nothwendig führen muß, wenn die Staatsgewalt und die Volks⸗ vertretung sich auf den Boden stellen wollen, in solchen Fällen durch Zutritt finanzieller Beihülfe des Staates Besserung zu schaffen. Ich sänbe wir würden damit in die Lage kommen, den Staat von vorn⸗ herein zu einer Versicherungsanstalt für alle möglichen wirthschaft⸗ lichen Schäden, die überhaupt eintreten können, zu machen.

Das sind die Gründe, daß, so sehr wir es beklagen, daß das Un⸗ wetter mit solchen verhängnißvollen Folgen für Einzelne stattgefunden at, die Staatsregierung bisher nicht hat zur Ueberzeugung gelangen

Staatsmitteln einzutreten. Das schließt natürlich nicht aus, daß, wenn uns von Seiten der betreffenden Behörden einzelne Fälle nam⸗ haft gemacht werden, in denen dieser oder jener Besitzer in seiner rüsftetion ggigkeit für den Staat, in seinem Haus⸗ und Nahrungs⸗ tande wirklich erschüttert sei, in Erwägung genommen werden wird, ob in diesem einzelnen Fall eine Beihülfe zu gewähren sei. Aber im Großen und Ganzen, wie das von dem errn Abgeordneten verlangt zu werden scheint, und wie es in anderen Kothstandsvorlagen, glaube ich, mit Recht ins Auge gefaßt wird, von vornherein auf den Boden zu treten, daß wir auch nur eine mora⸗ lische Verpflichtung eines staatlichen Zutretens anerkennen so weit zu gehen ist die Staatsregierung ihrerseits nicht in der Lage, und ich hoffe, daß eine vorurtheilsfreie Prüfung von Seiten des hohen Hauses letzteres auch zu keinem anderen Ergebniß führen wird. Das schließt keineswegs ein lebhaftes Interesse für das entstandene Unglück aus, und es schließt, wie ich wiederhole, auch nicht aus, daß in dem ein⸗ zelnen Fall, wo die näheren Nachweisungen geliefert werden, man die Gewährung von mäßigen Unterstützungen wird ins Auge fassen können.

Der Abg. Imwalle meinte, die Worte des Ministers be⸗ wiesen leider das Gegentheil von Theilnahme für die be⸗ troffenen Landestheile; Redner bedauere, daß der Minister so wenig warme Worte für die schwere Kalamität gefunden habe. Zur Prüfung der Behauptung, daß die Noth nicht so groß sei, um Staatshülfe zu rechtfertigen, habe der Minister gar kein Material beigebracht; es solle einfach der Grundsatz gelten: „Hilf Dir selbst!“ Redner könne die Engherzigkeit nicht begreifen; sonst sei es nicht so gewesen, man habe ja Schlesien und Westpreußen Hülfe gewährt. Hagel und Blitzschlag hätten nicht allein den Schaden verursacht, sondern hauptsächlich Wolkenbrüche. Man treibe auf diese Weise die Leute zur Verzweiflung. Der Staat habe doch eine edlere Aufgabe, als blos durch den Steuer⸗Exekutor das Geld aus der Tasche zu holen! Der Staat müsse auch heilend und segnend auf⸗ treten. Der Minister sollte sich nicht mit allgemeinen Redensarten begnügen, sondern eingehendere Informationen einziehen. Es könnte sehr wohl Hülfe durch unverzinsliche Darlehen, Erlaß der Grundsteuer ꝛc. gewährt werden. Redner rufe dem Minister die Worte zu, welche neulich einer der Kollegen desselben bei der Kanalvorlage angewendet habe: „Mann mit zugeknöpften Taschen, Dir thut Niemand was zu lieb; Hand wird nur von Hand gewaschen, wenn Du nehmen willst, so gieb.“ ier seien die Worte mehr am Platze als damals; er bitte, dieselben zu beherzigen.

Der Staats⸗Minister von Puttkamer entgegnete:

Meine Herren! Die Gefühle, welchen der Hr. Abg. Imwalle Ausdruck gegeben hat, sind ja sehr geeignet, einen Widerhall in jeder patriotischen Brust zu finden, und ich kann mir ganz gut denken, daß er in meinen Ausführungen eine gewisse Engherzigkeit gefunden hat. Aber dieses Urtheil kann mich doch nicht davon entbinden, Ihnen noch einmal in ganz kurzen Zügen die Bedenklichkeit des Vorgehens vor⸗ zuhalten, welche es mit sich bringen würde, wenn wir so verfahren wollten, wie die Herren Interpellanten es wünschen.

Ich bitte doch zu erwägen, daß naturgemäß bei außerordentlichen Schäden, die sich in gewissen Grenzen halten, auch wenn sie durch Witterungsverhältnisse herbeigeführt sind, es zunächst andere wirth⸗ schaftliche Verbände giebt, welche helfend einzutreten von der Natur und auch aus der Gesetzgebung heraus berufen sind. Ich meine die Gemeinden, die Kreise und namentlich auch die Provinzen, denen ja die sämmtlichen Fonds, welche dem Staate früher zur Abhülfe von Nothständen zur Verfügung standen, durch Gesetz überwiesen sind. Also ich glaube, wir werden zunächst abwarten müssen, ob und in welcher Weise von Seiten der Provinzialorgane das Vorhandensein der wirthschaftlichen Schäden in dem Maße, wie sie von den Herren uns geschildert sind, anerkannt, und ob und wie sie einzutreten beabsichtigen.

Wenn der Hr. Abg. Imwalle mich darauf hingewiesen hat, daß doch mindestens der Erlaß der Grundsteuer in solchen Fällen ange⸗ zeigt sei, so erlaube ich mir, ihn darauf hinzuweisen, daß der Erlaß der Grundsteuer aus Anlaß von Katastrophen unter gewissen Vor⸗ aussetzungen gesetzlich vorgeschrieben ist, und gewiß werden alle An⸗ träge, welche von den Betheiligten in dieser Beziehung gestellt werden, der sorgfältigen und wohlwollenden Prüfung unterworfen werden. denn es kann wirklich dem Staate nichts daran liegen, demjenigen, der durch Naturereignisse in einen Nothstand gerathen ist, auch noch die Steuer abzunehmen. Aber, wie gesagt, dafür liegen ganz be⸗ stimmte gesetzliche Vorschriften vor, wonach sogar auch die Klassen⸗ steuer für die niederen Klassen erlassen werden kann. Ich kann dem Hrn. Abg. Imwalle nur die Bitte vorlegen, dahin zu wirken, daß, wenn und soweit solche Anträge überhaupt zu begründen sind, sie zu⸗ nächst bei den zuständigen Behörden gestellt werden.

Aber darauf muß ich doch zurückkommen: es handelt sich hier um Unbilden und wirthschaftliche Schäden, welche durch Naturereig⸗ nisse herbeigeführt sind, auf die schtiesg jeder Landwirth gefaßt sein muß. Ich will garnicht von Blitzschlag und Hagelschlag sprechen, wo man auch prinzipielle Bedenken haben kann, von staatlicher Seite helfend einzutreten; aber auch die Wasserschäden, die durch solche lokalen Ueberschwemmungen herbeigeführt werden, tragen doch den Charakter wiederkehrender elementarer Erscheinungen an sich, und ich glaube, mit demselben Recht, mit dem die über⸗ mäßigen Wasserschäden hier in die Diskussion von Seiten der Herren Interpellanten gezogen werden, könnte man die Trockenheit berück⸗ sichtigen, welche in diesem Jahre in einzelnen Landestheilen die Ernte total vernichtet. Aus welchen elementaren Gründen diese wirth⸗ schaftlichen Schäden entstehen, das ist schließlich für den einzelnen Betheiligten sehr gleichgültig. Die Thatsache ist vorhanden und ist dafür entscheidend. Und nun bitte ich, meine Herren der Hr. Abg. Imwalle macht eine zustimmende Bewegung ich

glaubte, er würde lebhaft den Kopf schütteln und es von sich abweisen, solche Konsequenzen ziehen zu wollen, denn ich halte das in der That für unmöglich. Ich glaube, die Sache liegt hier einstweilen, bis wir auskömmlicheres Material haben, so, daß man wirklich von der Regierung nicht verlangen kann, jetzt erx officio einzuschreiten. Ich habe aber schon vorhin betont und wieder⸗ hole es, daß ich sehr gern bereit bin, soweit mein Ressort es kommen ja auch andere Ressorts in Betracht betheiligt ist, in solchen Fällen, wo nach sorgfältiger und nachträglicher Prüfung für den Einzelnen, herausgegriffen aus der großen Menge, ausnahmsweise ein Nothstand erwiesen wird, der es wahrscheinlich macht, daß, wenn keine Hülfe eintritt, der Betreffende in seinem Nahrungsstand ge⸗ fährdet wird, eine mäßige Hülfe eintreten zu lassen und zwar aus dem dafür bestimmten Fonds im Staatshaushalt. Ich glaube, weiter zu gehen, wird in diesem Augenblick kein billig Denkender verlangen.

Die Abgg. Halberstadt und Eberty kündigten eine Inter⸗ pellation, betreffend die Ueberschwemmungen in Schlesien, an, hoffentlich noch am Mittwoch zur Erörterung gelangen werde.

Der Abg. Barth lenkte die Aufmerksamkeit der Regierung auf die Verheerungen, welche in Theilen des Naumburger und Weißenfelser Kreises durch Wolkenbrüche und Ueber⸗ fluthungen angerichtet worden seien.

Der Abg. Goldschmidt fand einen Hauptgrund für die immer häufigere Wiederkehr der Ueberfluthungen in der zu⸗ nehmenden Entwaldung und bat die Regierung, auch diesen Umstand in den Kreis ihrer Erörterungen zu ziehen.

Der Abg. Mithoff bedauerte die kühle Antwort des Ministers. Allerdings sei die Nothlage nicht so groß, daß sie ein Nothgesetz rechtfertigen würde, aber schlimm genug seien die Kalamitäten. Im Kreise Göttingen allein seien 10 Ge⸗ meinden schwer betroffen. Wenigstens sollte doch für diese der Dispositionsfonds in Anspruch genommen werden.

Der Abg. von Strombeck äußerte, die Antwort des Ministers sei eine höchst bedauerliche, sie werde das Vertrauen zur Staatsregierung in den betroffenen Landestheilen nicht erhöhen. Nach den Darlegungen des Ministers dürfte konse⸗ quent eine Staatshülfe überhaupt nicht gewährt werden.

Der Abg. Schreiber (Nordhausen) legte dar, weßhalb er, obgleich Vertreter eines der betroffenen Kreise, nämlich des Kreises Nordhausen, seinen Namen nicht unter die Inter⸗ pellation gesetzt habe. Die Bevölkerung des Kreises sei nicht gewohnt, bei Kalamitäten, wie den in Rede stehenden, die jeden Landwirth treffen könnten und sie selbst auch schon in früheren Jahren betroffen hätten, sofort die Staatshülfe in Anspruch zu nehmen.

Der Abg. Freiherr von Minnigerode protestirte gegen den Ausspruch des Abg. von Strombeck, der um so unberech⸗ tigter gewesen sei, als es sich beim Eichsfelde um eine größere Landeskalamität doch nicht handle. Die Vertretung der loka⸗ len und Wahlkreisinteressen müsse doch immerhin mit ge⸗ Rücksicht auf das Ganze und die Gesammtheit er⸗

olgen. -

„Der Abg. Dr. Windthorst meinte, nach der ersten Er⸗ klärung des Ministers sei er einstweilen weder in der Lage, etwas zuzusagen, noch abzulehnen; die Berichte müßten ab⸗ ö werden und es sei eine wohlwollende gründliche Prüfung in Aussicht gestellt worden. Die Größe der Kalamität in Sachsen und Hannover unterschätze der Abg. Freiherr von Minnigerode bei Weitem; sie sei erheblicher als diejenige an der Weichselmündung. Trete nicht rechtzeitige Abhülfe ein, so werde schließlich nichts übrig bleiben, als ein Nothstands⸗ gesetz zu machen, wie man es s. Z. für Ober⸗Schlesien habe machen müssen.

Damit wurde der Gegenstand verlassen.

Die Wa hlen der Abgg. Worzewski und Meister (5. Marien⸗

werder), Dr. Lieber (8. Wiesbaden), Borck (11. Wiesbaden) und von Oertzen, Gohlke und Schreiner (2. Bromberg) wurden ohne erhebliche Debatte für gültig erklärt. Cs folgte die Berathung von Petitionen. Heinrich Hesse u. Gen. in Breitenbach und Bonifaz Wucherpfennig u. Gen. in Niederorschel bitten um Aufhebung der Ver⸗ ordnung der Königlichen Regierung zu Erfurt vom 3. Fe⸗ bruar 1876, nach welcher in deren Bezirk die hölzernen Giebelbekleidungen beseitigt werden sollen.

Die Kommission schlug durch ihren Referenten, den Abg. Dr. von Koseritz, vor, über die Petitionen zur Tagesordnung überzugehen.

Nach längerer Diskussion beschloß das Haus, entgegen der Kommission, gemäß einem Antrage des Abg. von Strom⸗ beck, die Petitionen der Regierung zur Berücksichtigung dahin zu überweisen, daß §. 36 der citirten Baupolizeiordnung in⸗ soweit aufgehoben werde, als er auch hinsichtlich der zur Zeit des Erlasses dieser Baupolizeiordnung bereits mit Brettern bekleideten Hausgiebel die Entfernung dieser Bretterbekleidung

Darauf vertagte sich das Haus Schluß 4 ¼ U Sitzung: Mittwoch 1 Uhr. 7 chste

önnen, daß in der That es hier unabweislich nothwendig sei, mit

2

X 12 Inserate für den Deutschen Reichs⸗ und Königl. Hreuß. Staats⸗Anzeiger und das Central⸗Handels⸗ register nimmt an: die Königliche Expedition des Nentschen Reichs-Anzeigers und Aöniglich Preußischen Ktaats-Anzeigers:

K.

1. Steckbriefe und Untersuchungs⸗Sachen. 2. Zwangsvollstreckungen, ladungen u. dergl. . Verkäufe, Verpachtungen, Verdingungen ꝛc. Berlin SW., Wilhelm⸗Straße Nr. 32. 4. Verloosung, Kraftloserklärung, Zinszahlung M. u. s. w. von öffentlichen Papieren.

Oeffentlicher Anzeiger ——

5. Industrielle Etablissements, Fabriken und

Großhandel. 6. Verschiedene Bekanntmachungen. 7. Literarische Anzeigen.

Aufgebote, Vor⸗

5 9. Familien⸗Nachrichten.

8. Theater⸗Anzeigen. In T.v-g 2 age.

„Invalidendank“, Rudolf Mosse, Haasenstein

& Vogler, G. L. Daube & Co., E. Schlotte,

Büttner & Winter, sowie alle übrigen größeren Annoncen⸗Bureanx.

Steckbriefe und Untersuchungs⸗Sachen. (169791 Steckbrief.

Gegen den Gärtnergehülfen Hugo Hergt, am 26. April 1862 zu Erfurt geboren, zuletzt in Fried⸗ richsberg bei Berlin wohnhaft gewesen, welcher sich verborgen hält, ist die Untersuchungshaft wegen wiederholten theils schweren, theils einfachen Dieb⸗ stahls, Unterschlagung und Betruges in den Akten III. J. 1461 de 1885 verhängt. 1 3

Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in

[16980]

das Untersuchungsgefängniß zu Berlin, Alt⸗Moabit 11/12, abzuliefern Berlin, den 25. Juni 1886. Der Untersuchungsrichter bei dem Königlichen Landgerichte II.

Steckbriefs⸗Erneuerung.

Der gegen den Kaufmann Max Kämpf, am 17. Ja⸗ nuar 1853 zu Berlin geboren, wegen versuchten Be⸗ truges unter dem

vember 1884 nochmals erneuert.

Berlin, 24. Juni 1886.

Fatken.

26. August 1881 in den Akten

J. II. ec. 286/81 rep. erlassene und unter dem 4. No⸗ erneuerte Steckbrief

Alt⸗Moabit Nr. 11/12 (NW.), den Der Uuntersuchungs⸗Richter beim Köni

bau Langbusch, 47 Jahre alt, aus Chmielno gebür⸗ tig, katholisch, mittelgroß, bartlos, gewöhnlich mit einem blauen Rock bekleidet und anzeiglich mit der unverehelichten Alwine Steinhorst, geb. Schmude, aus Langbusch nach Amerika flüchtig, ist die Unter⸗

wird hiermit

gl. Landg suchungshaft wegen Meineides verhängt.

Es wird ersucht, den Lorenz Niesolowski zu ver⸗ haften und in das hiesige Gerichtsgefängniß abzuliefern Karthaus, den 26. Juni 1886. W Königliches Amtsgericht.