Berlin, 1. Juli 1886. Der Stab der Garde⸗Feld⸗Artillerie⸗Brigade und die beiden Garde⸗Feld⸗Artillerie⸗Regimenter sind heute früh zur Scheß. übung nach dem Schießplatz bei Jüterbog ausgerückt. Die Rückkehr erfolgt am 23. d. M.
In Krefeld tagte kürzlich der Rheinische Provinzial⸗ Handwerkertag und faßte seine Beschlüsse in folgenden Resolutionen zu ammen:
1) Der Rheinische Handwerkertag in Krefeld empfiehlt zur Er⸗ reichung des angestrebten Ziels allerorts in der Provinz die Gründung von Innungen, und zwar möglichst der Fachinnungen. Besonders empfiehlt derselbe aber allen Handwerkern den Beitritt zum Rheini⸗ schen Provinzial⸗Bundesamt vom Allgemeinen Deutschen Handwerker⸗ bunde. Alle gutgesinnten Handwerker und Staatsbürger müssen die Bestrebungen des Handwerkerbundes unterstützen, damit der aus⸗ gleichende Mittelstand wieder zu seinem Rechte gelange und den sich immer mehr breit machenden Umsturzparteien die Spitze abgebrochen werde.
2) In Erwägung, daß die Gewerbekammern die Interessen des außerhalb des Handwerks stehenden Gewerbestands in erster Linie, des Handwerkerstands dagegen stets in untergeordnetem Maße vertreten, an der Förderung der Bildung von Handwerker⸗ oder Innungs⸗ kammern festzuhalten. Ferner empfiehlt der Handwerkertag den In⸗ nungen, wenn möglich, Rohstofflager und Verkaufshallen zu errichten, um den Mitgliedern auch einen materiecllen Vortheil zu bieten. Der Handwerkertag empfiehlt ferner zur Verhütung von Zersplitterung in Gesammtinnungen, bei Annahme des Statuts einer aus der Gesammt⸗ innung hervorgehenden Fachinnung durch die Königliche Regierung da⸗ hin zu wirken, daß die neu zu gründende Fachinnung den Beweis der Lebensfähigkeit vorher nachweise. Ferner spricht sich der Handwerker⸗ tag ganz entschieden gegen die Bildung eines Reichs⸗Innungsamts aus.
3) Die Errichtung von Innungs⸗Krankenkassen soll thunlichst an⸗ gestrebt, dann aber bei dem nächsten Allgemeinen Deutschen Hand⸗ werkertage, welcher im September in Kösen stattfindet, der Antrag gestellt werden, bei der Reichsregierung dahin zu petitioniren, daß die Unzuträglichkeiten, welche das Krankenkassengesetz vom Juni 1883 im Sns hat, zu entsprechender Abänderung des Gesetzes Veranlassung gäben.
4) Der Rheinische Handwerkertag erkennt die Sonntagsruhe als unbedingt nothwendig an, vom christlichen Standpunkte sowohl als auch vom rein menschlichen, und richtet an alle selbständigen Hand⸗
er die dringende Bitte, in ihren Werkstätten nur in Fällen der dringendsten Noth die Arbeit an Sonntagen gestatten zu wollen, und die untergebenen Gesellen und Lehrlinge zur Heiligung des Sonn⸗ tags anzuhalten.
Die Mehrzahl der Städter, die der Arzt in den Sommermonaten in einen Kurort schickt, ist nicht so krank, daß irgend ein bestimmtes Bad von vornherein indizirt ist, sondern in den meisten Fällen wird das Familienhaupt vor die Wahl eines Kurorts gestellt, der den verschiedenen Familienmitgliedern zusagt. Sie finden einen unter⸗ richteten Mentor in dem im Verlage von Rudolf Mosse in Frankfurt a. M. und Berlin, in dritter Ausgabe (1886) erschienenen „Bäder⸗ Almanach“. (Preis in eleg. Calico⸗Decke 3 ℳ; durch jede Buch⸗ handlung oder den Verleger direkt zu beziehen.) — Die dem Bäder⸗ Almanach zu Grunde liegende eigenartige Idee, welche das Buch wesentlich von all den zahlreichen balneologischen Führern unterscheidet, findet in dem Titel „Mittheilungen der Bäder“ ꝛc. ihren Ausdruck. Der Almanach enthält nämlich eine sorgfältig nach wissenschaftlichen Grundsätzen geordnete Sammlung von Original⸗Prospekten, die jedes Bad für sich selbst zur Aufnahme in dem Bäder⸗Almanach einsandte. Die Darstellungsweise ist eine ausführlichere, als man sie sonst zu finden gewohnt ist, und die lokalen Eigenthümlichkeiten der einzelnen Bäder finden in den Prospekten besondere Berücksichtigung, da ein jeder Kurort über sich selbst berichtet. Eine wesentliche Ver⸗ besserung der neuen Auflage gegen die früheren Aus⸗ gaben besteht darin, daß auch diejenigen Kurorte, welche ihre Prospekte nicht einsandten, redaktionell Berücksichtigung fanden, und man wird daher beim Gebravnche des Buches keine Lücke entdecken. Die vorzügliche knappe und klare Darstellungsweise des wissenschaftlichen Theils ist von dem verstorbenen Sanitäts⸗Rath Dr. Georg Thilenius verfaßt und von seinem Bruder Sanitäts⸗Rath Dr. Otto Thilenius⸗Soden revidirt. In kurzen Zügen werden dem Arzt und Heilbedürftigen sowohl für die einzelnen Krankheitsformen die erforderlichen Direktiven zur Auswahl der Kurorte gegeben, als auch den einzelnen Bädergruppen spezielle Besprechungen gewidmet. — Das umfangreiche Material der „Bäder⸗Almanach“ enthält ca. 600 Kurorte — ist nach wissenschaftlichem Prinzip in 12 Gruppen eingetheilt. Ein ausführliches Sach⸗ und Namenregister dient zur schnellen Orientirung. Wie der Titel sagt, ist das Buch für Jeder⸗ mann bestimmt, welcher als Leidender oder Erholungsuchender eine Badereise antreten will
Theater und Gasthäuser in Wien im Jahre 1 Dem von uns schon neulich angezogenen Bericht der Wiener Polizei⸗ verwaltung entnehmen wir die nachstehenden interessanten Mittheilungen über Wiens Theater, Gasthäufer ꝛc. und Verkehrsmittel.
Der Niedergang des Theaterwesens in Wien ist seit 1880 durch eine stete Abnahme der Zahl der Theatervorstellungen ausgedrückt; für 1885 ist eine geringe Besserung zu verzeichnen. Während in den Wiener Theatern 1880: 2811, 1881: 2665, 1882 (nach dem Brande des Ringtheaters): 2203, 1883: 2138, 1884 (in diesem Jahre brannte das Stadttheater ab): 1837 Vorstellungen gegeben wurden, stieg die Zahl derselben im Jahre 1885 auf 1905. Dagegen hat sich die Zahl der Volkssängerproduktionen (Spezialitätenvorstellungen u. s. w.) in den letzten zehn Jahren ungemein vermehrt; die Zahl der Vorstellungen dieser Art betrug im Jahre 1876 wenig über 10 000, im Jahre 1885 aber nahezu 15 000, also um 50 % mehr. Aehnlich wie den Theatern erging es den Hôtels und Gasthöfen; auch ihre Zahl hat sich seit 7 Jahren vermindert. In den Jahren von 1876 bis 1878 war ihre Zahl von 110 auf 161 gestiegen; seitdem ist sie aber mit verschiedenen kleinen Schwankungen bis auf 153 im Jahre 1885 gesunken. Die Zahl der Hötelgarnis blieb sich in den 10 Jahren gleich, nämlich 15. An Cafés und Cafe⸗ restaurants zählte man 1876 im Wiener eha 609, und nachdem diese Zahl 1878 auf 584 gesunken war, hat sie sich bis 1885 wieder auf 643 gehoben. Restaurationen und Bier⸗ häuser aller Art gab es 1885 im Wiener Polizeirayon 3223 gegen 2063 im Jahre 1876. Erfreulich ist die stete Abnahme der Branntwein⸗ schänken von 1626 im Jahre 1876 auf 1156 im Jahre 1884 und 1230 in 1885; hoffentlich bedeutet die kleine Zunahme im letzten Jahre nicht den Anfang einer neuen Steigerung. — Die Zahl der Fiaker und Comfortables hat sich in den letzten 10 Jahren nicht nur nicht vermehrt, sondern sogar vermindert. Im Jahre 1876 zählte man 1080 Fiaker (Zweispänner) und 1277 Comfortables (Einspänner), dagegen 1885 nur 954 bezw. 1220 solcher öffentlichen Fuhrwerke.
Rom, 30. Juni. (W. T. B.) Von gestern Mittag bis heute Mittag sind an der Cholera in Brindisi 5 Personen erkrankt und 11 gestorben, in Latiano 67 Personen erkrankt und 24 ge⸗ storben, in Francavilla 27 Personen erkrankt und 15 gestorben, in San Vito 13 Personen erkrankt und 11 gestorben.
Preußischen Staats-Anzeigers: Berlin SW., Wilhelm⸗Straße Nr. 32.
N
R 8 Inserate für den Deutschen Reichs⸗ und Königl. Preuß. Staats⸗Anzeiger und das Central⸗Handels⸗ register nimmt an: die Königliche Expedition 1. des Bentschen Reichs⸗-Anzeigers und Königlich
Steckbriefe und Untersuchungs⸗Sachen.
2. Zwangsvollstreckungen, Aufgebote, Vor⸗ ladungen u. dergl.
3. Verkäufe, Verpachtungen, Verdingungen ꝛc.
4. Verloosung, Kraftloserklärung, Zinszahlung
Zwangsvollstreckungen, Aufgebote, Vorladungen u. dergl. [17640] 8 In dem Verfahren, betreffend die Zwangsversteige⸗ rung der bisher dem Büdner Joachim Viereck ge⸗ hörigen Büdnerei Nr. 17 zu Blievensdorf wird zur Erklärung über den vom Gerichte angefertigten Theilungsplan sowie zur Ausführung der Vertheilung Termin auf den 20. Juli 1886, Vormittags 10 Uhr, vor dem unterzeichneten Amtsgerichte anberaumt. Der Theilungsplan liegt vom 12. k. Mts. ab auf Gerichtsschreiberei zur Einsicht der Betheilig⸗ ten aus. Neustadt i. Meckl., den 26. Juni 1886. Großherzogliches Amtsgericht.
[17636] . Zum Zwecke der Zwangsversteigerung der bei Neubrandenburg belegenen, dem Muͤhlenbesitzer B. Schweder gehörigen Heidemühle stehen Termine zum Verkauf und zur endlichen Regulirung der Verkaufs⸗ bedingungen auf Mittwoch, den 8. September d. Js., sowie zum Ueberbot auf 8 Freitag, den 1. Oktober d. Js., jedesmal Vormittags 10 Uhr, und endlich zur Anmeldung aller dinglichen Ansprüche an die Heidemühle und an die zur Immobiliarmasse derselben gehörigen Gegenstände auf b Mittwoch, den 8. September d. Js Vormittags 10 Uhr, vor Gericht hier an. Neubrandenburg, den 24. Juni 1886. Großherzogliches Amtsgericht. I. F. Scharenberg. 17637] 8 Aufgebot. Das Sparkassenbuch Nr. 852, welches von der Sparkasse zu Koschmin für die katholische Schul⸗ gemeinde Galewo am 21. April 1884 über 219 ℳ 46 ₰ ausgestellt worden ist und bis zum 3. Dezem⸗ ber 1885 an Einlagen und Zinsen einen Bestand von 1569 ℳ 52 ₰ nachweist, ist verloren gegangen und soll zum Zwecke einer ueuen Ausfertigung amertisirt werden. Der unbekannte Inhaber wird hiermit aufgefor⸗ dert, spätestens im Aufgebotstermine den 18. Februar 1887, Vormittags 10 Uhr, bei dem unterzeichneten Amtsgericht, Zimmer Nr. 4, seine Rechte anzumelden und das Sparkassenbuch vorzulegen, widrigenfalls dessen Kraftloserklärung er⸗ folgen wird. kcoschmin, den 25. Juni 1886. Königliches Amtsgericht.
“ Aufgebot.
Auf den Antrag des Fräulein Olga von Gotzkow wird deren Bruder, der Oekonom und Offizier Leo Karl Wilhelm Adolf von Gotzkow, geboren am 12. April 1822, welcher sich zuletzt in Adl. Rogainen aufgehalten hat und seit dem Jahre 1851 verschollen ist, aufgefordert, sich spätestens im Aufgebotstermine den 30. April 1887, Vormittags 11 Uhr,
bei dem unterzeichneten Gericht — Zimmer Nr. 6 — zu melden, folgen wird. Goldap, den 27. Juni 1886.
17642] “ Das Großherzogliche Amtsgericht hieselbst hat heute folgenden Beschluß erlassen: Niachdem der Gemeindevorstand zu Kl. Raden hierher in glaubwürdiger Weise die Mittheilung ge⸗ macht, daß der unter dem 8. Juni 1882, über eine
widrigenfalls seine Todeserklärung er⸗
*
Vogel'schen Eheleuten am 12. November 1833 er⸗
[117648] Oeffentliche Bekanntmachung.
NR u. s. w. von öffentlichen Papieren.
Oeffentlicher Anzeiger.
5. Industrielle Etablissements, Fabriken Großhandel. 6. Verschiedene Bekanntmachungen. 7. Literarische Anzeigen. b 8. Theater⸗Anzeigen. In der Börsen⸗ Beilage. R
Inserate nehmen an: die Annoncen⸗Expeditionen des „Invalidendank“, Rudolf Mosse, Haasenstein & Vogler, G. L. Daube & Co., E. Schlotte, Büttuer & Winter, sowie alle übrigen größeren
5
Annoncen⸗Bureaux.
R.
9. Familien⸗Nachrichten.
für die Ortsgemeinde Kl. Raden als Gläubigerin in das Grund⸗ und Hypothekenbuch der Büdnerei Nr. 2 zu Kl. Raden Fol. 5 am gleichen Tage ge⸗ schehene Intabulation von Neunhundert Mark, ver⸗ zinslich zu 4 %, von dem hiesigen Gerichte aus⸗ gefertigte Hypothekenschein bei Gelegenheit des in der Nacht vom 4./5. Mai 1886 stattgehabten Abbrandes des Gehöftes des Ortsschulzen Schröder zu Kl. Raden vernichtet worden sei, und die Mortifikation dieses Hypothekenscheines beantragt hat, so werden alle Diejenigen, welche aus dem bezeichneten In⸗ tabulate und dem verloren gegangenen Hypotheken⸗ schein Ansprüche und Rechte zu haben vermeinen, hierdurch aufgefordert, diese Ansprüche und Rechte spätestens in dem hiermit auf Sonnabend, den 18. September 1886, Vormittags 11 Uhr, bestimmten Aufgebotstermine unter dem Rechtsnach⸗ theile anzumelden, daß sie mit denselben werden aus⸗ geschlossen werden, der ausgefertigte Hypothekenschein außer Wirksamkeit gesetzt und dem Antragsteller ein neuer ausgefertigt werden wird. 3 Sternberg i. Meckl., 26. Juni 1886 (Unterschrift), Gerichtsschreiber des Großherzoglichen Amtsgerichts.
[17644] Oeffentliche Bekanntmachung.
In dem von dem Kaufmann Rudolf Katz am 30. März 1886 errichteten und am 17. Mai 1886 publizirten Testamente ist der Frau Mathilde Matthias, geb. Mond, die Summe von 9000 ℳ vermacht.
Leben und Aufenthalt dieser Miterbin ist unbekannt.
Dies wird auf Grund der Katz'schen Testaments⸗ akten — 61 T. 4527 ausw. — hiermit öffentlich bekannt gemacht. w
Berlin, den 24. Juni 1886.
Königliches Amtsgericht I. Abtheilung 61. [17647] Oeffentliche Bekanntmachung.
In dem von den Schuhmachermeister Christian Gottfried Uhlich'schen Eheleuten am 13. Januar 1832 errichteten und am 25. Juni 1886 publizirten Testamente haben sich die Eheleute gegenseitig zu Erben eingesetzt.
Beide Eheleute sind bereits verstorben. Leben und Aufenthalt der übrigen Erben ist unbekannt.
Dies wird auf Grund der Uhlich'schen Testa⸗ ments⸗Akten — 61. U. 24. 1832 H. V. G. — hier⸗ mit öffentlich bekannt gemacht. 18
Berlin, den 25. Juni 1886.
Königliches Amtsgericht I. Abtheilung 61.
In dem von den Tischlermeister Johann August
richteten und am 25. Juni 1886 publizirten Testa⸗ mente haben sich die Eheleute gegenseitig zu Erben eingesetzt
Der Ehemann sowohl, wie dessen Ehefrau sind bereits verstorben.
Leben und Aufenthat des Posamentiers Johann Ludwig Beyer, welcher als Miterbe eingesetzt worden ist, ist unbekannt.
Dies wird auf Grund der Vogel'schen Testaments⸗ Akten — 61. V. 60.1833 H. V. G. — hiermit öffentlich bekannt gemacht. “
Berlin, den 25. Juni 1886. 1
[17643] Oeffentliche Bekanntmachung.
In dem von den Schuhmachermeister Bernhard Friedrich Schröder'schen Eheleuten am 7. Juni 1833 errichteten und am 25. Juni 1886 publicirten Testamente ist die unverehelichte Caroline Riehle als Universalerbin eingesetzt worden.
117430)
Dies wird auf Grund der Schröder'schen Testamentsakten — 61. S. 481. 1833 H. V. G. — hiermit öffentlich bekannt gemacht.
Berlin, den 25. Juni 1886.
Königliches Amtsgericht I. Abtheilung 61. [17649) Oeffentliche Bekanntmachung.
In dem von den Handelsmann George Stein⸗ haus'schen Eheleuten am 19. August 1848 errichteten und am 26. Juni 1886 publizirten Testamente haben sich die Eheleute gegenseitig zu Erben eingesetzt.
Beide Eheleute sind bereits verstorben. Leben und Aufenthalt der Miterben, und zwar: “
1) des Johann Wilhelm August Senf, 2) der Caroline Jost, “ ist unbekannt. 8
Dies wird auf Grund der Steinhaus'schen Testa⸗ ments⸗Akten — 61. 8. 719. 1848 H. V. G. — hier⸗ mit öffentlich bekannt gemacht.
Berlin, den 26. Juni 1886.
Königliches Amtsgericht I. Abtheilung 61.
[17646] Oeffentliche Bekanntmachung.
In dem von der verwittweten Schneidermeister Sophie Magdalena Trose, geborene Dobbert, am 8. September 1843 errichteten und am 26. Juni 1886 publizirten Testamente sind:
1) der Drechslermeister Wilhelm Heinrich Dobbert, 2) die verehelichte Graveur Emilie Zimmermann, geborene Dobbert, zu Erben eingesetzt worden.
Leben und Aufenthalt derselben ist jedoch unbekannt.
Dies wird auf Grund der Trose'schen Testaments⸗ Akten — 61. T. 149. 1843 H. V. G. — hiermit öffent⸗ lich bekannt gemacht. . ““
Berlin, den 28. Juni 1886.
Königliches Amtsgericht I. Abtheilung 61.
[17650] Oeffentliche Bekanntmachung.
In dem von dem Kaufmann Carl Wilhelm Theo⸗ bald Thime am 24. April 1846 errichteten und am 24. Juni 1886 publizirten Testamente sind:
1) dessen Ehefrau Friederike Henriette, geborene
öffler, . 8 dessen Sohn Carl Anton Theobald Thime zu Erben eingesetzt worden. Leben und Aufenthalt derselben ist unbekannt. Dies wird auf Grund der Thime'schen Testaments⸗ Akten — 61. T. 173. 1846. H. V. G. — hiermit öffentlich bekannt gemacht. ““ Berlin, den 28. Juni 1886. 6“ Königliches Amtsgericht I. Abtheilung 6(—l.
[17645] Bekannutmachung.
Durch Urtheil des Königlichen Amtsgerichts I. hierselbst vom heutigen Tage sind die Policen Nr. 10810 und 10811 der Londoner Union⸗Assecuranz⸗ Societät, betreffend die Lebensversicherung des Wil⸗ helm Ferdinand Diestel, Premier⸗Lieutenant im 1. Artillerie⸗Regiment zu Spandau, in Höhe von Einhundert Pfund, beziehungsweise von Fünfzig Pfund Sterling, beide de dato Hamburg, den 27. De⸗ zember 1853, für kraftlos erklärt. 8
Berlin, den 26. Juni 1886. 1
Trzebiatowski, Gerichtsschreiber
des Königlichen Amtsgerichts I. Abtheilung 48.
Bekanntmachung.
Durch Ausschlußurtheil des unterzeichneten Gerichts vom heutigen Tage
1) ist die Hypothekenurkunde über 38 Thlr. 6 Sgr. 8 Pf. nebst 5 % Zinsen, eingetragen aus der gericht⸗ lichen Obligation vom 10. September 1836 ex de- creto vom 27. September 1836 in Abth. III. Nr 2 des den Besitzer Endruscheit'schen Eheleuten in Gr. Steindorf gehörigen Grundstücks Gr. Stein⸗
Leben und Aufenthalt der Erbin ist unbekannt.
1“
dorf Nr. 3 für den Erdmann und Johann
.
Szelies — der Antheil des ersteren im Erbwege übergegangen auf die Tapezierer⸗Wittwe Wilhelmine Seidler und deren minderjährige Kinder Carl Erd⸗ mann Max, Erdmann Ludwig Arthur und Helene Margarethe Wilhelmine, Geschwister Seidler, sämmt⸗ lich zu Königsberg — gebildet aus der mit In⸗ grossationsvermerk versehenen gerichtlichen Obligation vom 10. September 1836 nebst angeheftetem Hypo⸗ thekenschein, für kraftlos erklärt;
2) sind die Henriette Charlotte Szillies sowie deren Rechtsnachfolger mit ihren Ansprüchen auf das in dem vorstehend sub 1 bezeichneten Grundbuche Abth. III. Nr. 3 aus der gerichtlichen Schuld⸗ verschreibung vom 29. Juni 1838 für die Henriette Charlotte Szillies zufolge Verfügung vom 27. No⸗ vember 1840 eingetragenen Erbtheils von 19 Thlrn. 3 Sgr. 4 Pf. ausgeschlossen. 11“
Labiau, den 22. Juni 1886.
Königliches Amtsgericht.
[1743808 Im Namen des Königs! Verkündet am 28. Mai 1886. Buchholz, Gerichtsschreiber.
Auf den Antrag:
1) des Rentiers W. Andrée von hier,
2) des Schiffseigners Johann Friedrich Wilhelm
Weber zu Damm⸗Hast,
3) des Kaufmanns Bernhard Hirschfeld in Zehde⸗ nick, vertreten durch den Kaufmann Hermann Hirschfeld ebenda,
zu 2) und 3) vertreten durch den Rechtsanwalt
Loeck zu Zehdenick,
erkennt das Königliche Amtsgericht zu Zehdenick durch den Amtsrichter Hellwig für Recht:
1) Das über die im Grundbuche von Hammel⸗ spring Band I. Blatt Nr. 17 in der III. Abth. unter Nr. 17 für den Rentier Wilhelm Andrée zu Zehdenick eingetragene Forderung von 1025 Thlrn. = 3075 ℳ gebildete Hypothekeninstrument,
2) das über die im Grundbuche von Hast Band I. Blatt Nr. 7 in der III. Abtheilung unter Nr. 2 für den Carl Wilhelm Eduard Tamm eingetragene Forderung von 50 Thlrn. gebildete Hypotheken⸗ instrument,
3) das über die im Grundbuche von Hast Band I. Bl. Nr. 50 in der III. Abtheilung unter Nr. 1 für den Kossäthen Johann Friedrich Wilke zu Hast ein⸗ getragene Forderung von 200 Thlrn. gebildete Hypo⸗ thekeninstrument
werden für kraftlos erklärt.
Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens
zu tragen. 3 “
Z 8
In der Aufgebotssache Carnein ist erkannt: die un⸗
bekannten Berechtigten werden mit ihren Ansprüchen
an die im Grundbuch von Medebach Band 14 Blatt 17 und Band 19 Blatt 32 aus der Schuld⸗ urkunde vom 14. März 1861 eingetragene Post von 49 Thalern 29 Groschen 11 Pfg. für den Rechts⸗ anwalt Cramer in Medebach ausgeschlossen. 8 Medebach, den 21. Juni 1886. Königliches Amtsgericht.
Redacteur: Riedel. Berlin:
Verlag der Erpedition (Scholz). MPruck: W. Elsner. Sieben Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage), sowie eine Extra⸗Beilage, enthaltend das Verzeichniß der gekündigten Obligationen der H rs Landes⸗Kredit⸗Anstalt.
zu machen.
suchen, vielleicht auch in der Errichtung
zum Deuts
en R
Berlin, Donnerstag, den 1. Juli
“
ger.
ANichtamtliches.
Preußen. Berlin, 1. Juli. In der gestrigen Sitzung des Herrenhauses leitete Graf Zieten⸗Schwerin als Berichterstatter die Debatte über den Antrag des Herrn von Kleist⸗Retzow: “
„Das Herrenhaus wolle beschließen: .
an die Königliche Staatsregierung den Antrag zu richten, das Geeignete wahrzunehmen, daß bei Wiedergewährung größerer Frei⸗ heit und Selbständigkeit an die römisch⸗katholische Kirche, auch der evangelischen Kirche ein entsprechend größeres Maß von Freiheit und Selbständigkeit, und reichlichere Mittel zur Befriedigung der kirchlichen Bedürfnisse gewährt werden“, mit der Bemerkung ein, daß die Motive des Antrages, deren Mangel man dazu habe benutzen wollen, die Berathung durch Verweisung an die Petitionskommission zu vereiteln, aus jenem ohne Zweifel leicht heraus zu lesen seien. Nachdem er Kulturkampf, welcher die evangelische Kirche mehr denn die katholische geschädigt und den längst gefühlten Nothstand der ersteren auf den Höhepunkt getrieben, nunmehr
als beseitigt zu betrachten, sei es angezeigt, auch die Rechte
der evangelischen Kirche in ausgiebigerer Weise geltend zu machen. Es sei völlig unzutreffend, wenn man behaupten wolle, der Antrag bedeute einen Feldzug gegen den Summ⸗ episkopat, denn einen solchen Akt der Unklugheit und der Undankbarkeit könne man den Freunden des Antrages unmög⸗
lich im Ernste suppeditiren. Es würden ja keine unbeschränkten
Forderungen gestellt, denn es handle sich lediglich darum, die evangelische Kirche von der Bevormundung des Ministeriums und der Kammer frei zu machen; die Kirche wolle vielmehr mit ihrem obersten Bischof direkt verkehren. Referent besprach sodann den Umstand, daß die Genehmigung von Kirchen⸗ esetzen von der Erklärung des Staats⸗Ministeriums abhängig ei: jene hätten einen staatsungefährlichen Charakter, und bezeichnete eine solche Bestimmung als mit den Forde⸗ rungen der kirchlichen Freiheit völlig unverträglich. Sodann zur Dotationsfrage übergehend, betonte er die ungleiche Behandlung beider Kirchen und erwähnte beispielsweise, daß die katholischen Bischöfe einen Staatszuschuß von 36 000 ℳ bezögen, während die evangelischen General⸗Superintendenten nur eine nebenamtliche Staatsdotirung von 2400 ℳ erhielten; daher müsse neben dem größeren Maß von Freiheit die Gewährung reichlicherer Staatsmittel für die evangelische Kirche gefordert werden. Was sodann die kirchliche Vorbil⸗ dung der jungen Geistlichen anlange, so biete dieselbe keines⸗ wegs die nöthigen Garantien, und die Gemeinden seien häufig in der Lage, auf diesem Gebiet die traurigsten Erfahrungen 1 Hier müsse Abhülfe geschaffen werden, und zwar würde er persönlich eine solche in der Institution des Vikariats einer ausreichenden Anzahl von Seminaren; auch hierzu sei die Gewährung von Mitteln erforderlich. Die Lauen und die Feinde der Kirche wiesen nun bei ihrer Opposition auf den Umstand hin, daß eine Reihe anderer wichtiger Bedürfnisse der Befriedigung harre; allein bei diesem Antrage handle es sich um ein so ernstes Bedürfniß, daß der Staat sich hier der Abhülfe nicht entziehen könne, und deshalb möge das Haus dem Antrage in möglichst großer Anzahl zustimmen.
Der Antragsteller, Herr von Kleist⸗Retzow, erklärte zunächst, daß, nachdem der Staat durch Einbringung der letzten Kirchen⸗ vorlage, welcher er (Redner) entschieden zugestimmt, seinen Irrthum bezüglich der Stellung von Staat und Kirche aner⸗ kannt habe, derselbe nun auch den berechtigten Forderungen der evangelischen Kirche gerecht werden müsse, welche ihm nicht nur nichts zu Leide gethan, sondern ihre Selbst⸗ ständigkeit vielleicht nicht immer zur Genüge ge⸗ wahrt habe. Redner besprach sodann die rechtliche Stellung des Kirchenregiments und führte bei dieser Gelegenheit aus, daß dasselbe, da es auf der Grundlage der Kirche, dem Bekenntnisse, basire, auch in innerkirchlichen An⸗ gelegenheiten die nothwendige Freiheit und Selbständigkeit haben müsse; diese würden aber durch den Einfluß des Staats⸗ Ministeriums und des Landtages in empfindlicher Weise be⸗ einträchtigt. Die Bestimmung, daß Kirchengesetze zu ihrer Genehmigung der Bezeugung ihres staatsungefährlichen Charakters bedürften, involvire eine Entmündigung des Königs und der General⸗Synode; daher bedeute der gegen⸗ wärtige Antrag nicht eine Schwächung, sondern vielmehr eine Stärkung des summus episcopus, und auch der Kultus⸗ Minister könne seinerseits nur ein Interesse daran haben, daß die kirchlichen Organe einer entsprechenden Freiheit genössen.
Was die Ausbildung der jungen Geistlichen anlange, so müsse
durch Hochhaltung des christlichen Charakters der höheren Unterrichtsanstalten für die Durchdringung mit dem kirchlichen Geiste Sorge getragen werden, und außerdem müßten Semi⸗ nare in ausreichender Anzahl errichtet werden, da man gegenwärtig nur ein evangelisches Prediger⸗Seminar, das in Wittenberg, habe. Die kirchlichen Einrichtungen hätten mit der bedeutenden wirth⸗ schaftlichen Entwickelung nicht Schritt halten können, und der kirchliche Dispositionsfonds erscheine in keiner Weise als aus⸗ reichend; der Staat habe aber die gesetzliche Verpflichtung, den unabweislichen Bedürfnissen der evangelischen Kirche Rech⸗ nung zu tragen. Es handle sich ja hier auch durchaus nicht allein um ein kirchliches, sondern in eminentem Sinne auch um ein staatliches Interesse, um die Förderung des Friedens im Lande, um eine mächtige Hülfe auf dem Wege der christlich⸗sozialen Reform. Es sei aher in keiner Weise angezeigt, hier politische Bedenken geltend zu machen, und ebensowenig handle es sich hier um orthodoxe oder hierarchische Bestrebungen; hier müßten sämmtliche evan⸗ gelische Christen mitwirken, um eine freie Kirche zu schaßfen, welche im Glauben und in der Liebe ihre segensreiche Thätig⸗ keit entfalten könne.
Herr Struckmann entgegnete auf diese Ausführungen des Antragstellers: Herr von Kleist⸗Retzow habe den Schleier, der über seinem angeblich so unschuldigen Antrage ruhte, gelüftet. Nach seiner Rede könne man nicht mehr von einem unschuldigen oder gar bedeutungslosen Antrage sprechen. Der vorliegende Antrag entspreche vielmehr fast vollständig den Anträgen Brüel, welche in Hannover gestellt worden seien
zur Zeit, als Herr von Mühler noch Kultus⸗Minister war. Es seien ganz dieselben Ziele, die der Antrag von Kleist verfolge. Vestigia terrent! Die Grundlagen der protestantischen Kirche seien ihrem ganzen Wesen, dhen⸗ Ge⸗ schichte nach von der katholischen so grundverschiedene, daß er (Redner) jede Exemplifikation auf die Verhältnisse der katho⸗ lischen Kirche von vornherein für bedenklich halte. Man wolle vom Staate loskommen, man wolle eine vom Staate unab⸗ hängige Kirche. In demselben Moment, wo man das fordere, wolle man ungemessene Mittel vom Staate. Das sei doch ein großer Widerspruch. Wenn einzelne katho⸗ lische Bischöfe höhere Gehälter bekommen, so beruhe das auf einer rechtlichen Verpflichtung des Staates. Der Staat habe bei der Säkularisation der geistlichen Güter die Verpflichtung übernommen, dafür einzelnen Geistlichen gewisse Entschädigungen zu gewähren. Die preußische Landes⸗ kirche werde allerdings ein hohes Maß von Selbständigkeit erreichen; aber auf wessen Kosten? Ausschließlich auf Kosten der Selbständigkeit und der protestantischen Gewissensfreiheit der einzelnen Gemeinden. Man werde schließlich in eine Parteiherr⸗ schaft hineingerathen, eine bestimmte Richtung in der Kirche werde eine majorisirende Wirkung ausüben, und sie werde diese Wirkung auch dem summus episcopus gegenüber haben, den man ja vorläufig noch beibehalten wolle. Der summus episcopus müsse einen Rückhalt an seinen Ministern haben. Wohin werde die Parteiwirthschaft führen? Diejenigen, die dann dieser Richtung nicht angehören, würden entweder wider ihr Gewissen handeln, oder sie würden von der Kirche ab⸗ fallen. Dadurch werde das Sektenwesen groß gezogen werden, es würden Separationen innerhalb jeder Separation stattfinden. Man habe in Hannover Beispiele dafür. Die Gemeinden lösten sich in Atome auf, sie zersplitterten sich, und das wolle man thun, nur um einer subjektiven Befriedigung willen. Ein kräftiges, landesherrliches Kirchenregiment sei ein Erforderniß für den Protestantismus und gegenüber den Parteiströmungen durchaus nothwendig. Es sei heute nicht mehr an der Zeit, über einen den Staat geradezu erschüttern⸗ den Antrag abzustimmen. Vielmehr wäre es geboten, die dogmatischen Streitigkeiten innerhalb der protestantischen Klrche aufzugeben, um zu einer im Volke fest wurzelnden Kirche zu gelangen. Würden solche Anregungen herantreten, so würde er (Redner) gern zustimmen, dann brauchte man nicht zu katholischen Institutionen Zuflucht zu nehmen. Unsere Zeit sei nicht religionslos, niemals sei mehr für kirchliche Zwecke aufgewandt worden, wie jetzt; gehe man doch jetzt auch in protestantischen Städten daran, die in früheren Jahr⸗ hunderten begonnenen Dome zu vollenden. Er bitte, den An⸗ trag abzulehnen.
Nunmehr wurde ein Schlußantrag eingebracht, den Graf von der Schulenburg⸗Beetzendorf befürwortete, da man der Staatsregierung, die im Hause nicht vertreten fei, Zeit lassen müsse, sich über den Antrag schlüssig zu machen und ihre Meinung zu äußern.
Schließlich wurde der Antrag von
1 “
gemeldet, angenommen. 8
Kleist⸗Retzow, wie schon
— In der gestrigen (96.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten stand zunächst die Interpellation der Abgg. Eberty und Halberstadt, betr. die Ueberschwem⸗ mungen in den Kreisen Hirschberg, Schönau u. s. w., auf der Tagesordnung.
Die Interpellation lautet: 1) Ist die Königliche Staats⸗ regierung über den Umfang der durch Ueberschwemmungen in den Kreisen Hirschberg, Schönau, Löwenberg, Landeshut, Görlitz, Lauban, Bunzlau und anderen geschädigten schlesischen Distrikten verursachten Verheerungen unterrichtet? 2) Welche Maßregeln gedenkt eventuell die Königliche Staatsregierung dur⸗ Linderung des Nothstands in den erwähnten Gegenden zu reffen?
Der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Minister
des Innern, von Puttkamer, erklärte sich bereit, die Inter⸗ pellation sofort zu beantworten. Zur Begründung derselben erhielt das Wort der Abg. Halberstadt, welcher bemerkte, die Erklärungen des Ministers von Puttkamer bei der Interpellation Strombeck seien nicht sehr ermuthigend für die Interpellanten gewesen. Gleichwohl hätten sie diese Interpellation eingebracht, weil die Verhält⸗ nisse in diesem Falle doch etwas anders lägen. Man wisse, welche Verheerungen die auf dem Gebirge ent⸗ springenden Zuflüsse der Oder, vermehrt durch Wolken⸗ brüche und andauernde Niederschläge, in diesem Früh⸗ jahr angerichtet hätten. Auch Hagel⸗ und Blitzschläge seien stärker als in früheren gewesen. Auf eine De⸗ vastation der Forsten sei das Unglück nicht CEI Die Schäden wiederholten sich 6n alljährlich, aber selten sei die Verwüstung so plötzlich eingebrochen, wie in diesem Jahre. Nicht nur Gebäude und Grundstücke seien vollständig vernich⸗ tet, sehr viele Brücken und Stege fortgeschwemmt, Straßen, Kommunikationswege zerstört, der Verkehr gehemmt, auch der Verlust von Menschenleben sei zu beklagen. Die Zerstörung des Eigenthums sei eine so bedeutende, daß die Gemeinden, welche von der Ueberschwemmung betroffen seien, gar nicht mehr in der Lage seien, die Lasten für die Herstellung der Brücken und Straßen aufzubringen. Dies gelte insbesondere von den Kreisen in Bezug auf die Her⸗ stellung der zerstörten Straßen. Es werde daher sehr dringend gehofft und gewünscht, daß die Königliche Regierung aus den ihr zur Disposition stehenden Fonds den Gemeinden zu Hülfe käme. Ob eine Melioration der Flüsse dort, wo sie in die Ebene träten, vorzunehmen sein werde, um diese Ueberschwem⸗ mungen in Zukunft zu mildern, würde Redner dem Ermessen der Königlichen Regierung überlassen.
Hierauf erwiderte der Staats⸗Minister von Puttkamer:
Meine Herren! Als die ersten Nachrichten von den schlesischen Wasserschäden nur auf Grund von Zeitungsberichten hierher gelangten, habe ich allerdings im ersten Augenblicke ernste Besorgnisse gehabt über den Umfang und die Tragweite der dadurch herbeigeführten Schäden. Die inzwischen eingegangenen Berichte konstatiren indessen glück⸗ licher Weise, daß dieser Umfang bei Weitem nicht so erheblich ist, wie es in den Zeitungen und anderen Berichten dargestellt war, und
wie es auch noch jetzt den Herren Interpellanten zu Ohren ge⸗ kommen zu sein scheint. Ich glaube, ich werde im gemeinsamen Interesse am besten handeln, wenn ich Ihnen den vom Herrn Regierungs⸗ Präsidenten des Regierungsbezirks Liegnitz, um welchen Bezirk es sich hauptsächlich handelt, erstatteten Bericht in extenso mittheile. Die Herren werden dann am besten urtheilen können, ob in der That ein Nothstand vorliegt in dem Umfange, daß staatliche Hülfe einzu⸗ treten hätte. Der Bericht, der heute an mich eingegangen ist, lautet nach den üblichen Senseen folgendermaßen — ich theile es Ihef wörtlich mit, ohne ein Wort hinzuzusetzen oder aus⸗ zulassen —:
„Nachdem bereits der Boden in Folge vielfachen Regens mit Wasser getränkt war, fand im Laufe des 20. und 21. d. M. ein un⸗ gewöhnlich starker und anhaltender Niederschlag im weiten Umfange, namentlich aber im Quellgebiet der westlich in die Oder ein⸗ mündenden Gebirgsflüsse statt, welcher ausgedehnte Ueberfluthungen der längs derselben belegenen Ländereien zur Folge gehabt hat. Namentlich gilt dies von der Katzbach und der in dieselbe ein⸗ mündenden „wüthenden Neisse“, und von dem Bober⸗ und Queis⸗ fluß, wogegen die Lausitzer Neisse schon außerhalb des eigentlichen Regencentrums gelegen zu haben und daher weniger betroffen zu sein scheint. Die Hochfluthen haben die des Jahres 1883 an einzelnen Stellen erreicht, an wenigen überschritten, zum größeren Theil sind sie etwas unter denen des genannten Jahres geblieben. Das aus den früheren Jahren bekannte Bild, welches die betroffenen Ländereien nach Rücktritt des Wassers bieten, hat sich wiederholt. Das gerade jetzt vielfach schon in Schobern stehende Heu ist weg⸗ geschwemmt, das stehende Gras und Futter verschlickt, die Feld⸗ und Gartenfrüchte theils ganz zerstört, theils mehr odar weniger be⸗ schädigt, auch ein erheblicher Schaden an weggerissenen oder be⸗ schädigten Brücken und Stegen, an Straßen und Chausseen an⸗ gerichtet. Die bei solchem Hochwasser stets eintretenden Er⸗ scheinungen der Versandung und Auskolkung einzelner Strecken, der Uferabrisse und Ausrisse und dergleichen haben gleichfalls nicht gefehlt; Bäume, Hölzer, Umzäunungen und dergleichen wurden herunter⸗
getrieben, wogegen größere Schäden an Boden und Wirthschafts⸗
gebäuden nur vereinzelt vorgekommen zu sein scheinen. Es ist un⸗ zweifelhaft daher wiederum ein Schaden in größerem Umfange ent⸗ standen, was um so bedauerlicher ist, als naturgemäß wieder die⸗ selben Adjazenten betroffen sind, welche bereits vor drei Jahren schwer gelitten hatten. Wenn trotzdem, wie es sich schon jetzt über⸗ sehen läßt, im Allgemeinen der Schaden an Feldfrüchten und Kultur und namentlich an Hab und Gut der Anwohner ein ge⸗ ringerer gewesen ist als im Jahre 1883, so ist dies theils dem Um⸗ stande zu verdanken, daß die letzteren in Folge des seit⸗ dem besser organisirten Hochwassermeldedienstes sich zeitiger regten und ihre Vorkehrungen zur Rettung und Bergung treffen konnten, vor Allem aber dem Umstande, daß das diesjährige Hochwasser doch durchschnittlich die Höhe desjenigen vom Jahre 1883 nicht erreichte und daß die Fluthwelle sich schneller verlaufen hat, als dies damals der Fall war. So sehr daher der Schaden, welcher den Einzelnen auch diesmal oft in empfindlichster Weise betroffen hat, zu beklagen ist: so glaube ich doch schon jetzt aussprechen zu können, daß ein allgemeinerer und größerer Noth⸗ stand, welcher die Staatsverwaltung zu außergewöhnlichen Maß⸗ nahmen veranlassen oder der Privatwohlthätigkeit Anlaß geben könnte, sich im großen Umfange thätig zu erweisen, nicht die Folge der diesjährigen Ueberfluthungen sein wird. Das Urtheil darüber, ob die Anrufung der Staatshülfe für einzelne Fälle nothwendig werden kann, muß ich mir zur Zeit noch vorbehalten und gestatte mir nur noch, gehorsamst zu bemerken, daß ich bezüglich eine Theiles des unteren Boberlaufes“ im Bunzlauer Kreise, welche auch in diesem Jahre schwer bhetroffen ist und für welchen ein Eindeichung möglich erscheint, mit Vorschlägen zum dauernden Schutz an den Herrn Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten und an Ew. Excellenz heranzutreten beabsichtige.“ Meine Herren, das ist eine Schilderung des Regierungs⸗Präsi⸗ denten von Liegnitz, eines Beamten, von dem Jeder, der ihn kennt, von vornherein voraussetzen wird, daß Weise zu schwarz oder zu hell gefärbt erscheint. Hiernach, glaube ich,
sie durchaus objektiv und in keiner
werden die Herren Interpellanten sich überzeugen, daß die Staats⸗
regierung sich nicht in der Lage befindet, die Frage, ob sie in größerem
Umfange in Form eines wirklichen Nothstandsvorschlages an das Haus zu treten habe, sich vorzulegen.
Ich habe noch andere Berichte, welche diese Auffassung der Sache in allen wesentlichen Punkten zu bestätigen geeignet sind. So hat der Landrath des Kreises Lauban, eines der betroffenen Kreise, unauf⸗ gefordert an mich folgendes Telegramm gerichtet:
Interpellation Eberty veranlaßt mich zu der Anzeige, daß Peglerschader im Kreise Lauban unbedeutend, Staatshülfe nicht erforderlich.
Ebenso hat der Regierungs⸗Präsident zu Breslau, dessen Bezirk in den Zeitungen auch als schwer beschädigt dargestellt ist, Folgendes an mich telegraphirt: 1
Durch Hochwasser der Neisse nur unbedeutender Schaden durch ortschwemmen von Heu von den Wiesen entstanden, im Kreise abelschwerdt Brücken und Wehre unbeschädigt. Im Glatzer
Kreise nirgends nennenswerther Schaden, auch im Frankensteiner
Kreise Ueberschwemmungsschäden nicht so bedeutend, wie in
Zeitungen dargestellt, erreichen nicht die Höhe der Ueberschwemmung
von 1883. Staatshülfe nirgends beantragt oder angeregt.
Das Gesammtbild, welches sich für die Staatsregierung aus diesem gewiß sehr bedauerlichen Vorfall ergiebt, ist ein solches, daß wir bisher nicht in der Lage gewesen sind und hoffentlich auch nicht in die Lage kommen werden, mit umfassenden Abhülfsmaßregeln vorzu⸗ gehen; ich wiederhole aber den Ausdruck derselben Bereitwilligkeit,
der ich bei der neulichen Interpellation bereits Ausdruck gegeben habe, dahin, daß in einzelnen Fällen, wie auch der Herr Regierungs⸗Präsident
in Liegnitz sich zu beantragen vorbehält, gewiß mit humaner Rücksicht ver⸗ fahren werden wird und Anträge auf Bewilligung von Beihülfen, um einzelne besonders schwer betroffene Grundbesitzer im Nahrungsstande zu erhalten, wohlwollend werden erwogen werden. Dazu werden aber meines Erachtens diejenigen Fonds des Staatshaushalts⸗Etats ausreichen, welche ich schon neulich erwähnte, nämlich der Allerhöchste Dispo⸗ sitionsfonds und das Haupt⸗Extraordinarium. Wenn der Herr Inter⸗ pellant am Schluß seiner eben gehörten Darlegung auf Maßregeln gekommen ist, welche in Zukunft solchen Schäden vorzubeugen geeignet sein mögen, so kann ich versichern, daß die Staatsregierung, wie auch der Schluß des von mir eben verlesenen Berichts ergiebt, nicht verfehlen wird, auf solche Abhülfemittel zu sinnen. Ich kann nur aus meiner früheren Stellung als Ober⸗Präsident der Provinz Schlesien mittheilen, dcß dies unausgesetzt im Auge behalten wird, daß aber die Lösung dieser Frage ganz enorme Schwierigkeiten bietet. Mir ist speziell bekannt das im Gebiete des Bobers, eines der hier in Frage kommenden Nebenflüsse der Oder. Da hat ysteme, die UReicseit darauf hinzielen, die Hoch⸗
man verschiedene 1 rauf h üten und gleichzeitig auch Reservoirs
wasserschäden möglichst zu ver
für die dürre Zeit zu bilden, ins Auge gefaßt, insbesondere darauf
hinausgehend, gewisse Sammelbassins im oberen Gebiet des Bobers anzulegen mit enormen Abschließungsmauern, welche durch Schleusen geöffnet werden können und wodurch gewissermaßen eine Re⸗ ulirung des Wasserstandes mittels Reservoirs hergestellt werden ann, wie es in Belgien an einzelnen Stellen der Fall ist. Indessen