1886 / 167 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 19 Jul 1886 18:00:01 GMT) scan diff

Das Winter⸗Semester beginnt am 15. Oktober 1886. Pro⸗ gramme sind durch das Sekretariat zu erhalten.

Berlin, den 3. Juli 1886.

Der Rektor der Königlichen Landwirthschaftlichen Hochschule:

Orth.

Bekanntmachungen, die Unfallversicherung betreffend.

1 Verordnung,

die Ausführung der Bestimmung in §. 109 Absatz 1 des Unfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884 für den Bereich des Bergbaues und der zugehörigen Aufbereitungsanstalten betreffend.

Zur Ausführung des §. 109 Absatz 1 des Unfallversiche⸗ rungsgesetzes vom 6. Juli 1884 Reichs⸗Gesetzblatt Seite 69) wird unter Abänderung der in der Ausführungsverordnung vom 19. Juli 1884 („Deutscher Reichs⸗Anzeiger“ Nr. 173) ent⸗ haltenen Bestimmungen, insoweit solche entgegenstehen, für den Bereich des Bergbaues und der zugehörigen Aufbereitungsanstalten Folgendes verordnet:

1) Unter der unteren Verwaltungsbehörde, sowie unter der Orts⸗Polizeibehörde ist das Bergamt zu ver⸗ stehen. Das Bergamt ist ermächtigt, mit Wahrnehmung seiner C Zuständigkeiten die Berginspektoren als Organe (außerordentliche Mitglieder) desselben zu beauftragen.

2) Die höhere Verwaltungsbehörde hauptmannschaft Dresden.

Dresden, am 31. Mai 1886. Die Königlich sächsischen Ministerien des Innern und der Finanzen. von Nostitz⸗Wallwitz. von Könneritz.

ist die Kreis⸗

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 19. Juli. Se. Majestät der Kaiser und König begaben Sich, wie „W. T. B.“ meldet, am Sonnabend Nachmittag 1 Uhr in Begleitung Sr. König⸗ lichen Hoheit des Großherzogs von Baden mittels Dampfers nach Friedrichshafen, um Sr. Majestät dem König von Württemberg einen Gegenbesuch zu machen, und kehrten um 5 Uhr im besten Wohlsein nach der Mainau zurück. Gestern Nachmittag 1 Uhr erfolgte die Abreise Sr. Majestät über Lindau nach Augsburg.

Niachmittags 4 Uhr trafen Allerhöchstdieselben in Lindau ein und wurden am Bahnhof, auf welchem die Kriegervereine, die Feuerwehr und die Schulen Aufstellung genommen hatten, von den Spitzen der Behörden empfangen. Die zahlreich an⸗ wesende Menschenmenge begrüßte den Kaiser mit enthusiastischen L dee estae. 3 1

m 4 Uhr 40 Minuten erfolgte die Weiterreise Sr. Majestät und Abends 8 ½ Uhr die Ankunft in h hss de Auf dem festlich geschmückten Bahnhof in Augsburg wurden Se. Majestät von dem Vertreter des Regierungs⸗ Präsidenten, dem Divisions⸗General, dem Bürgermeister, den Vertretern der Stadt und zahlreichen Mitgliedern der staat⸗ lichen und kirchlichen Behörden feierlich empfangen; auch der preußische Gesandte in München mit den Mitgliedern der Gesandtschaft war zum Empfange anwesend.

Se. Majestät der Kaiser nahmen die Begrüßung der Er⸗ entgegen und begaben Sich sodann in einem vier⸗ pännigen Königlichen Galawagen unter den stürmischen Jubel⸗

rufen der dicht gedrängten Menschenmassen, welche die mit

Naggen und Masten geschmückten und reich illuminirten traßen füllten, nach dem Hotel „zu den drei Mohren“.

la ae der nicht enden wollenden Hochrufe der vor dem Hotel

versammelten Volksmassen traten Se. Majestät auf den Balkon und dankten, Sich nach allen 2” 1..“ Sodann nahmen Allerhöchstdieselben mit dem nächsten Gefolge .““ ein und zogen Sich hierauf in das Schlafgemach Heute Morgen nahmen Se. Majestät der Kaiser mehr Vorträge entgegen und begaben Sich um 10. dans 8 geisterten Hochrufen der dichten Volksmenge durch die reich mit Fahnen und Laubgewinden geschmückten Straßen, in denen die Janerwehr und die Spalier bildeten, nach 8 of, von wo um Uhr mittelst S s di Abreise nach München erfolgte.“ w Um 11 ½ Uhr trafen Se. Majestät in München ein und wurden auf dem reichgeschmückten Bahnhof von Sr. König⸗ lichen Hoheit dem Prinz⸗Regenten sowie sämmtlichen Mit⸗ gliedern des bayerischen Königshauses, den obersten Hofchargen nd, den 1“ Se. Majestät trugen niform, während der rinz⸗Rege ßi Uniform angelegt hatte. 111“

Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin 8e Sich 8 Sgestehe ö v nach Eiche. An der Tafel im Neuen Palais nahm Se. Hoheit Erbprinz von Sachsen⸗Meiningen Theil. Abends waren mehrere Personen zum Souper geladen.

In der am Sonnabend, den 17. d. M., unter den Vorsitz des Königlich bayerischen Gesandten Grafen, von feld⸗Köfering, abgehaltenen Plenarsitzung des Bundesraths wurde über die Ausführungsbestimmungen zu dem Gesetz über die Besteuerung des Zuckers sowie über die Zollbehand⸗ lung mehrerer Gegenstände Beschluß gefaßt.

„— Das Eigenthum der contrebandirten Gegen⸗ stände, welche der Konfiskation unterliegen, geht nach 89136 des Vereinszollgesetzes in dem Augenblick, wo dieselben in 1 Beschlag genommen worden sind, auf den Staat über. In

Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht

II. Strafsenat, durch Urtheil vom 4. Mai d. J. ansgeerochen⸗ Dieses Eigenthum des Staats ist ein resolutiv bedingtes, d. h. es entfällt wieder, wenn in dem geordneten Verfahren festgestellt wird, daß ein Zollvergehen nicht begangen, die vescgahnabme zu Unrecht erfolgt ist; neben dem mit der Be Alagxahme begründeten sofortigen Eigenthums⸗ übergang aber bestehen die Wirkungen der Beschlagnahme fort. Werden demnach von dem Zolldefraudanten die beschlagnahm⸗ ten Gegenstände der Behörde wieder weggenommen in der Meinung, daß diese Gegenstände noch sein Eigenthum bilden,

(wegen Mangels eines auf den Diebstahl bezüglichen Dolus) nur wegen Entziehung der beschlagnahmten Waare aus der Verstrickung (§. 137 Str.⸗G.⸗B.) zu bestrafen.

In neuerer Zeit hat die Auslegung der Bestimmungen über die den Medizinalpersonen als Sachverständigen für Abwartung gerichtlicher Termine zu ge⸗ wähvenaen Vergütungen bei gerichtlichen Entscheidungen zu Zweifeln Anlaß gegeben. Der Justiz⸗Minister hat deshalb unterm 7. d. M. den nachstehenden, hierüber von dem Straf⸗ senat des Kammergerichts am 22. September 1881 erlassenen Beschluß zur Kenntniß der Justizbehörden gebracht mit dem Bemerken, daß das Kammergericht dauernd an der in dem Beschluß entwickelten, von dem Justiz⸗Minister als zutreffend erachteten Auffassung festgehalten habe.

Zugleich sind die Justizverwaltungsbehörden angewiesen worden, dieser Auffassung gemäß in den Fällen zu verfahren, in welchen ihnen die Festsetzung der Gebühren der Medizinal⸗ personen und die Entscheidung über die dieserhalb erhobenen Beschwerden zusteht.

Beschluß.

Der Strafsenat des Königlichen Kammergerichts hat in seiner Sitzung vom 22. September 1881 die Beschwerden der .. .. als unbegründet zurückgewiesen.

1 Beide Sachverständige beschweren sich über die Beschlüsse der Strafkammer III des Königlichen Landgerichts I hierselbst, durch welche in den Strafsachen wider. die Monita des Rechnungsrevisors für begründet erachtet, und sie die Sachverständigen aufgefordert sind, die nach denselben überhobenen Gebühren zurückzuzahlen. Die Sachverständigen sind der Ansicht, daß bei Berechnung der Dauer eines Termins auch die Zeit mit in Anrechnung gebracht werden muß, welche sie für den Hin⸗ und Rückweg zu dem Termine aufgewendet, während der Revisor und mit ihm die Strafkammer nur die wirkliche Dauer des Termins vergütigen wollen.

Der letzten Ansicht muß beigepflichtet werden. Nach §. 3 des Gesetzes vom 9. März 1872, welches nach §. 13 der Gebührenordnung vom 30. Juni 1878 in den vorliegenden Fällen die allein maßgebenden Vorschriften enthält, erhalten die Medizinalbeamten für Abwartung eines Termins 2 Thaler, und sofern der Termin über 3 Stunden dauert, für jede folgende ganze oder angefangene Stunde 15 Sgr. Die klare und bestimmte Fassung dieser Vorschrift läßt nur die Aus⸗ legung zulässig erscheinen, daß die Gebühren nach der wirklichen Dauer des Termins zu berechnen sind, und bietet gleich den übrigen Bestimmungen des Gesetzes keinen Anhalt dafür, daß jener Dauer auch die Zeit hinzugerechnet werden soll, welche der Medizinalbeamte auf den Weg zum Termine verwendet hat.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath: Königlich bayerischer Ober⸗Regierungs⸗Rath Schmidtkonz, Königlich sächsischer Geheimer Finanz⸗Rath Golz, Königlich württem⸗ bergischer Ober⸗Steuer⸗Rath Fischer, Großherzoglich hessischer Ministerial⸗Rath von Werner, Großherzoglich mecklenburgi⸗ scher Ober⸗Zolldirektor Oldenburg und Kaiserlicher Ober⸗ Regierungs⸗Rath Hauschild, Kommissar der Landesverwal⸗ tung für Elsaß⸗Lothringen, haben Berlin verlassen.

Die General⸗Lieutenants Graf von Schlippenba Fnspeczetg der Kriegsschulen, und von Göppenhach,

ommandant des hiesigen Invalidenhauses, sind von Urlaub zurückgekehrt.

Der General⸗-Lieutenant von Lewinski II., Com⸗ mandeur der 4. Division, welcher zu einem kurzen Aufenthalt auf der Durchreise von Bromberg hier eingetroffen war, ist nach Frankfurt a. O. weitergereist. 8

S. M. Kreuzer „Nautilus“, Kommandant Korvetten⸗ Kapitän Rötger, ist am 18. Juli cr. von Shanghai Käinh Hongkong in See gegangen.

Bäaden. Karlsruhe, 17. Juli. (Karlsr. Ztg.) Die General⸗Synode der E““ E“ nahm in ihrer Sitzung den Ausschußantrag auf Vermehrung des Religionsunterrichts in der Weise daß bei den oberen Volksschulklassen die Zahl der Religions⸗ stunden von 3 auf 4 erhöht werde, an.

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 17. Juli. (W T. B.) Der Großherzog und die Großherzogin sais heute von Ludwigslust hierher zurückgekehrt.

Schwarzburg NSondershausen. Sondershau

16. Juli. (Lpz. Ztg.) Der Landtag ist vorgestern 1 Erledigung der Regierungsvorlagen geschlossen worden. In seiner letzten Sizung hat derselbe den Antrag der Staats⸗ regierung, den Gemeinden Alkersleben und Ettischleben eine Staatsunterstützung von 10 000 und 8000 zu gewähren einstimmig angenommen, dagegen die Regierungsvorlage, die Ueberweisung von je 75000 für die Jahre 1886 und 1887 an die Bezirke 8 Entlastung der Gemeinden betreffend, nur mit der Modifikation genehmigt, daß diese Summen direkt an die Gemeinden nach der Seelenzahl gegeben werden sollen.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 18. Juli 8 1- ring 88 18. Juli, Abends. (E. T. B.) Bei den heutigen Nachwahlen zum Gemeinderath wurden 2 Kandidaten der deutschen Liste, darunter Direktor Schmitter (Elsässer) gewählt, ferner ein Kandidat des elsässischen Ausschusses, ein elsässischer Klerikaler vnd eücn vond tes Martes. ütbitt aes Kandidat. Die Ge j umstein - h 8 Jeämüän⸗ ein, Recker, Schmitter, Jung und Metz, 18. Juli. (W. T. B.) Bei den gestern und heut 1 CW 1b eute stattgehabten Gemeinderaths 8 Fehwahden üeden pie Deutschen, 6 weitere Sitze gewonnen. Es sind somit im Ganzen 19 Altdeutsche und 13 Einheimische gewählt worden.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 18. Juli. (Wien. Abd

Der Gesetzentwurf, betreffend die b“ 8 Etsch⸗Flusses, welcher dem Tiroler Landtage zur Be⸗ rathung und Beschlußfassung vorgelegt werden wird, steht im Zusammenhange mit dem vom Reichsrath beschlossenen Gesetz über die Ergänzung der Regulirung des Ch beschlossen von der Passer⸗Mündung bis Sacco, welches erst dann in Wirksamkeit zu treten hat, wenn der tirolische Landtag ein mit demselben übereinstimmendes Landesgesetz beschließt. Durch die vom Reichsrath angenommene Regierungs⸗ vorlage wurde nämlich das Gesetz vom 23. April 1879, betreffend die Etsch⸗Regulirung, in folgenden drei Punkten abgeändert: Die Eintheilung der Regulirungs⸗ strecke und die Beitragsleistung des Landes wird durch das im §. 3 erwähnte Landesgesetz festgestellt; die Verwaltung der Regulirungsfonds und die Durchführung der Regulirung für alle Sektionen wird von der Staatsverwaltung unter Mit⸗ wirkung von Vertretern des Landesausschusses, der Etsch⸗ Regulirungs⸗Genossenschaft und der Privat⸗Interessenten der bezüglichen Sektionen besorgt, und an Stelle des für das

Schweiz. Bern, 17. Juli. (W. T. B.) Die is nationale Konferenz zur Berathung des Eisenh ter Frachtrechts beendete gestern nach erzielter Einigung de⸗ Arbeiten. Die Unterzeichnung des Konventionsentm. ih Seitens der Mitglieder der Konferenz fand heute statt.

Großbritannien und Irland. London, 17 N2.

(A. C.) Von den Parlaments⸗Wahlen stehen nur mn 9 aus. Gewählt waren bis gestern Abend 315 Konserv . 77liberale Unionisten, 186 Gladstonianer und 83 Parnüüne Die Differenz zu Gunsten der Gegner des 8 rule beträgt demnach 123. Die Letzteren verfügen 8a. über eine absolute Majorität von 57. Stim. Die Zahl der gewählten Konservativen ist 8 64 größer als ihre Vertretung im letzten Parlament allen eine absolute Majorität können sie nicht erringen, da ihnmn die noch ausstehenden Wahlen einen Zuwachs von höchsten zwei Stimmen bringen könnten. Ihre neueste Errungensän ist Argyllshire, wo der Gladstonianer und Vertreter der scoa schen Kleinbanern, D. H. Mackfarlane, dem konservati 8 Kandidaten Sberst 11 8 18. Jull. . T. B.) Die Wahlen sind 18 bis auf drei beendet; von letzteren dürften voransmeh zwei zu Gunsten der Parnelliten und eine zu Gunsten der a hänger Gladstone's ausfallen. Demnach würde das Parlamentaus 317Konservativen, 191 Anhängern Gladstonen 76 dissentirenden Liberalen und 86 Parnelliten bestehen 1 19. Juli, früh. (W. T. B.) Den „Daily News⸗ zufolge wäre bei Gelegenheit des Diners, welches d Premier Gladstone am Sonnabend Abend den Kabinetz⸗ der n gab, hlo ghen⸗ worden, daß das Kabinet ohne den Zusammentritt des Parlaments a cten, sofon Fürh solle.

ie „Morningpost“ erfährt: die englische5

wegen der Batum⸗Angelegenheit sel 109 g Spezial⸗Courier nach St. Petersburg gesandt worden und b⸗⸗ finde sich bereits in den Händen des russischen Ministeriums.

Frankreich. Paris, 17. Juli. (W. T. B.) D. Präsident Grévy hat in Folge 1““ eine Schwiegersohns Wilson seine Abreise nach Mont⸗sous⸗ Vaudrey verschoben.

Das über das Duell zwischen dem Kriegs⸗Minister Boulanger und dem Senator Lareinty von den Zeugen aufgenommene Protokoll sagt: die Pistole Boulangers habe versagt.

Décrais ist zum Botschafter in Wien und Grif Mouy zum Botschafter in Rom ernannt worden.

ö„— 18. Juli. (W. T. B.) Nach Meldungen aus Ron wäre die kirchliche Organisation des Congogebiets den Vorschlägen Lavigerie's entsprechend geordnet worden; das ganze französische Congogebiet würde mit einem Theil des belgischen Congogebiets dem afrikanischen Primat Lavigeriess zugetheilt, der übrige Theil des belgischen Congogebiets aber einem anderen Vikariat unterstellt werden.

19. Juli. (W. T. B.) Der Präsident Grövy it heute Morgen 9 Uhr mit seiner Familie nach Mont⸗sous⸗ Vaudrey im Jura abgereist.

Gestern hat in Nouart (Departement Ardennes) dee Enthüllung des Denkmals des Generals Chanzy stattgefunden.

urfs

Italien. Genua, 18. Juli. (W. T. B.) Der König hatte gestern Vormittag 11 Uhr, an Bord des Panzer⸗ schiffs „Italia“, welchem sich zwei andere Kriegsschiffe und zwei Abtheilungen von Torpedobooten anschlossen, Spezia verlassen. Nachdem dieses Geschwader dem Hafen von Genma gegenüber angelangt war, hielt der König, umgeben von dem Herzog von Genua und von den Ministem des Krieges, der Marine und der öffentlichen Ar⸗ beiten, eine Revue über das hier befindliche permanente Geschwader ab. Die Munizipalität von Genua sowie die Bürgermeister mehrerer anderer Städte fuhren dem Könige auf einem Dampfer, welchen eine große Anzahl kleinerer Fahr⸗ zeuge begleitete, entgegen. Am Hafen hatte sich eine nach vielen Tausenden zählende Menschenmenge versammelt, welche den König, der um 5 Uhr Nachmittags ans Land stieg, mit begeisterten Kundgebungen empfing. Die Königin, welche in Begleitung der Herzogin von Genua eine Stunde später eintraf, wurde mit gleichem Jubel von der Bevölkerung begrüßt. Der König sprach dem Bürgermeister von Genua für diesen herzlichen Empfang seinen Dank aus und hat einen Tagesbefehl erlassen, in welchem er den Offizieren und Mannschaften des Geschwaders, der Schulschiffe und Reserveschiffe für die bei den schwierigen Manövern bewiesene gute Schulung und Dis⸗ ziplin seine vollste Anerkennung ausspricht. Heute findet die Enthüllung des Denkmals Victor Emanuel's statt, worauf der König das Flotten-Arsenal in Spezia besuchen wird.

18. Juli. (W. T. B.) Die Enthüllung des Denk⸗ mals Victor Emanuel's hat heute unter nicht endenwollenden Kundgebungen für den König und die Königin stat⸗ gefunden.

Serbien. Nisch, 17. Juli. (W. T. B.) Die Zeitungs⸗ meldung, betreffend die Ausweisung von Abgeordneten,⸗ wird von kompetenter Seite dahin richtig gestellt, daß die Ausgewiesenen gar nicht gewählt gevesen seien, son⸗ dern sich auf Grund Mandate in die Skupschtina hätten einschleichen wollen; aus diesem Grunde habe auch die Opposition nicht gegen die Ausweisung derselben protestirt. Die Nachricht von der Ermordung eines radikalen Abgeordneten sei unwahr.

18. Juli. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Sussheng wurde von dem Verifikationsausschuß die Annullirung der ungesetzlich vollzogenen Wahlen und die Untersuchung über die Vorgänge bei den Wahlen zweier Belgrader Abgeordneten vorgeschlagen. Die Skupschtina nahm diese Anträge zur Kenntniß. 8 zur end— gültigen Entscheidung der Skupschtena sind 25 Abgeordnete von der Theilnahme an den Sitzungen ausgeschlossen. Bei der Wahl der ““ wurden die hierfür vor⸗ geschlagenen Abgeordneten der Regierungspartei mit 87 gegen 40 Stimmen gewählt. Der König hat Pavlgvie⸗ als 111“1“ unics als Vize⸗Präsidenten bestätigt Die feierliche Eröffnung der Skupschtina mit einer Thronrede findet morgen statt.

Juli.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 17. 1 Neu⸗

so liegt zwar objektiv ein Diebstahl vor, der Thäter ist aber

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Landesanlehen angegebenen Höchstbetrages von 1 000 000 F soll der esag von 1 700 000 Fl.

(W. T. B.) Ein heute veröffentlichtes Gesetz setzt von jahr ab einen Einfuhrzoll von 4 Belbanre. 910 Pud auf typo⸗, litho⸗ und photographisch angefertigte Noten, Karteng

ichnungen, und einen Zoll von 7 Rbl. 90 Kop. Gold auf 2 Zeichaeselge Geldruckbilder, Stahl⸗ und Kupfer⸗ stich diverse feinere Papiersorten, buntes Papier 8s Bilderbogen fest. Ein anderes, gleichzeitig publizirtes Gesetz hebt die städtischen und niederen Gerichts⸗ behörden der baltischen Gouvernements, wie Getränkesteuer⸗, Zunft⸗ und Kämmereigerichte, auf und über⸗ trägt deren Obliegenheiten den Magistraten und anderen bereits bestehenden höheren Behörden.

erika. Washington, 16. Juli. (A. C.) In den gerbandlungen zum Abschluß eines Auslieferungs⸗ vertrages zwischen England und den Vereinigten Staaten ist das Prinzip streng gewahrt, daß die Bestim⸗ mungen des Vertrages in keiner Weise von dem ge⸗ wöhnlichen Inhalt eines solchen Dokuments abweichen sollen. Vergehen und Verbrechen, die nach gemeinem Recht strafbar sind, möge es sich um Dynamit oder andere Mittel handeln, werden deshalb ohne Rücksicht auf politische oder andere Absichten behandelt, welche vorgeschützt werden mögen, um das begangene Verbrechen nicht als ein dem ge⸗ wöhnlichen Strafrecht unterliegendes erscheinen zu lassen.

New⸗York, 15. Juli. A. C.) Die Abstimmung, durch welche Mr. Morrison's Resolution, die Ueber⸗ schüsse des Schatzamts zur Abzahlung der Bundes⸗ chuld zu verwenden, angenommen wurde, stellte eine Vereinigung des Westens und Südens gegen den Osten dar. Die Minorität bestand aus 15 Demokraten und 32 Republikanern, unter ihnen 6 Abgeordnete von Ohio und Illinois und 2 von Süd⸗Carolina. Im Uebrigen stimmten der Westen und Süden geschlossen und unterstützt durch nur göstliche Demokraten für die Resolution. Mr. Randall stimmte für dieselbe, 9 New⸗Yorker Demokraten aber, an ihrer Spitze Mr. Hewitt von New⸗York, dagegen. Der Letztere sagte, daß die Abstimmung geradezu ein Tadelsvotum der Finanzpolitik des Präsidenten bedeute. Alle Amendements für Vermehrung oder Verminderung der Reserve wurden verworfen. Die Resolu⸗ tion geht jetzt an den Senat, welcher allem Erwarten nach nicht vor Ende der Session in der Angelegenheit einen Be⸗ schluß fassen wird, da die Maßregel starke Gegner findet. Die Anhänger derselben haben indeß schon eine Bewegung begon⸗ nen, um die Senatoren zu veranlassen, bald zu handeln.

Afrika. Egypten. Kairo, 16. Juli. (A. C.) Die egyptische Regierung hat von dem dirigirenden In⸗ genieur der Petroleumwerke in Ge b-el-Zeydtelegraphisch die Mittheilung erhalten, daß fast die ganze Kalksteinbergkette hinter den Geb-⸗el⸗Esch⸗Bergen, 20 Meilen weit, mit Bergöl imprägnirt sei.

(W. T. B.) „Reuter's Tel. Bureau“ läßt sich aus Kairo, vom 17. d., melden: Ein dem Ministerrath zur Berathung vorliegender Entwurf, betreffend die Erbauung eines Hafens in Damiette, ruft lebhafte Beunruhigung hervor, weil die Ausführung dieses Entwurfs eine Schmäle⸗ rung des Handels von Alexandria herbeiführen und die Ein⸗ künfte des Hafens und der Eisenbahn von Alexandria beein⸗ trächtigen würde, welche ausdrücklich zur Verwendung für die Schuldentilgung bestimmt sind.

Zeitungsstimmen.

Eiin zweiter Artikel des „Reichsboten“ über ‚Unsere Handelsbilanz“ lautet:

Nun bleibt aber noch der Gang des Handels unter dem Schutz⸗ zoll dem unter der Herrschaft des Freihandels selbst gegenüber zu stellen. Denn es liegt auf der Hand, daß eine Partei, welche ein Verhältniß angreift, weil es von der Gegenpartei gedeckt wird, dies doch nicht anders thun sollte, als mit stetem Rückblick auf die Ver⸗ hältnisse, die zur Zeit ihrer eigenen Herrschaft bestanden haben. Es ist daher auch kennzeichnend, daß dies nicht nur nicht gethan worden ist, sondern daß es sogar geflissentlich vermieden wurde. Freilich wäre dann auch die ganze Beweisführung gegen den Schutzzoll unter den Tisch gefallen.

Niemand wird leugnen können, daß die Jahre 1872 1879 den Höhepunkt der Herrschaft des Freihandels in Deutschland bezeichnet haben. Wenn man aber die Verhältnisse, wie es im freihändlerischen Angriff auf den Schutzzoll geschieht, an Summen prüft, so zeigt sich, daß die Ausfuhr in dem rückgängigen Jahre 1885 die Ausfuhr des nach freihändlerischer Lehre günstigsten Jahres ihrer Epoche immer noch um 98 000 000 übertrifft. Denn im Jahre 1877, dem Jahre der höchsten Ausfuhr unter dem Manchestersystem, ergab deren Ziffer 2 762 000 000 ℳ, wogegen das Jahr 1885 immer noch 2 860 000 000 ausweist. Also ist dieses Jahr immer noch günstiger als das beste Ausfuhrjahr des Freihandels. Und diesem Höhepunkte des Ausfuhr⸗ werthes ist dann ebenso im Jahre 1878 ein Rückschlag gefolgt wie cgferegttig. und dieser Rückschlag zeigt die annähernd gleichen Ver⸗ hältnisse, wie derjenige des Jahres 1885. Man muß aber, um den großen Aufschwung des Handels seit Einführung der Zölle zu würdigen, bedenken, wie kolossal die Waaren⸗ preise jetzt im Vergleich mit der Zeit vor 1878 gesunken sind. Viele

andelsartikel und zwar gerade die Massenartikel, wie Getreide, Vieh,

ucker, Spiritus, Eisen u. s. w. galten damals ein Drittel bis ein

alb mehr als jetzt. Wenn wir also jetzt eine Ausfuhr von 2 860 000 000 ℳ, also noch mehr als je in dem blühendsten Jahre der Freihandelszeit haben, so würden wir bei denselben Preisverhältnissen wie damals jetzt immer noch eine Ausfuhr von nahezu 4 Milliarden zu verzeichnen haben. Die rückgängige Bewegung des Jahres 1885, die hier ohne Weiteres dem Schutzzoll in die Schuhe geschoben werden soll, und aus der man Beweismittel für den Freihandel her⸗ leiten will, ist übrigens eine ganz gewöhnliche, die in allen Ländern vorkommt, und gerade in den freihändlerischen am meisten. Wir sehen dies leicht an einer Nebeneinanderstellung der beiden anderen Hauptindustrieländer Europas, Englands und Frankreichs. Bei diesen Vgtr ch hinsichtlich der Ausfuhr folgende Bewegung. Es betrug

nlich:

„Der Ausfuhrwerth in England 1872: 256 000 000 £†, 1873 255 000 000, 1874 239 000 000, 1875 285 000 000, 1876 256 000 000, 1877 252 000 000, 1878 261 000 000, 1879 248 000 000, 1880 286 000 000, 1881 297 000 000, 1882 306 000 000, 1883 304 000 000, 1884 295 000 000 £,. und andererseits betrug der Ausfuhrwerth in Frankreich 1872 3 762 000 000 Fr., 1873 3 787 000 000, 1874 3 708 000 000, 1875 3 872 000 000, 1876 3 575 000 000, 1877 3 179 000 000, 1878 3 265 000 000, 1879 3 163 000 000, 1880 3 270 000 000, 1881 3 467 000 000, 1882 3 612 000 000, 1883 3 574 000 000, 1884 3 232 000 000, 1885 3 185 000 000 Fr.

Wenn man diese Nebeneinanderstellungen vorurtheilsfrei und ohne die Absicht, mehr zu erkennen als die Thatsachen, betrachtet, so wird man bald klar werden, daß die Handelsbewegung eines oder zweier Jahre gar keinen Rückschluß auf die wirthschaftliche Lage überhaupt rechtfertigt. In Frankreich finden wir z. B. den Rückgang der Aus⸗ fuhr schon seit 1883, desgleichen in England. Und in Frankreich zeigt ich sogar eine sehr erhebliche Verminderung der Ausfuhr des Jahres 1885 gegen das Jahr 1872, wogegen sowohl Deutschland als England in der Ausfuhrbewerthung von 1885 die des Jahres 1872 noch über⸗ treffen. Aber in allen Ländern zeigt sich öfter auch von Jahr zu Jahr

Indeß das Beste kommt nach. Ein freihändlerisches Börsenblatt, das insbesondere beflissen ist, den letzten Jahreshandelsausweis gegen den Schutzzoll auszuspielen, brachte unter dem 26. August 1885 einen Bericht über eine Broschüre des englischen Nationalökonomen August Mongredien über die englische Handelskrisis. Nun hätte doch in diesem Falle bei gleicher Vertheilung von Wind und Sonne wie in Deutschland der Schutzzoll, so in England der Frei⸗ handel die Schuld tragen müssen; da aber war es die gute Ernte. Also Geschwindigkeit ist keine Hexerei! Und zu⸗ gleich wurde behauptet, daß unter dem Rückgange des Handels die Zahl der staatlich unterstützten Armen abgenommen, daß die Ein⸗ kommensteuer und insbesondere auch die Zahl der kleinen Einkommen sich erhöht, daß die Verbrauchsfähigkeit der Bevölkerung zugenommen und deshalb die Ausfuhr gegen die Einfuhr abgenommen habe. Es heißt wörtlich: „Thatsächlich hat die große Masse der Bevölkerung nie ein so gutes Jahr gehabt.“ Was will man aber mehr? Ist es aber nicht die übertriebenste Keckheit, dasselbe, was man vor 10 Mo⸗ naten geradezu als eine Segnung des Freihandels gepriesen hat, nun

als einen Trumpf gegen den Schutzzoll auszuspielen?

Die „Schlesische Zeitung“ schreibt über die neue Wirthschaftspolitik und die deutsche Industrie:

Die Eingabe des „Vereins zur Wahrung der wirthschaftlichen Interessen von Rheinland und Westfalen“, welche das Widerstreben der rheinisch⸗westfälischen Großindustrie gegen die Berliner National⸗ Ausstellung mit der schwierigen Lage jener Industrie motivirt, ist von einem Theile der linksliberalen Presse benutzt worden, wieder einmal über das Fiasco der schutzzöllnerischen Politik des Reichskanzlers sich zu ergehen. In erster Linie steht dabei natürlich die „Freisinnige Zeitung“, die jeden Tag für verloren erachten würde, an dem sie nicht von irgend einem „Mißerfolg“, einer „Niederlage“, einem „Fiasco⸗ des „Herrn Reichskanzlers“ auf wirthschaftlichem oder politischem Gebiete ihren Lesern hätte erzählen oder denselben zu Gemüthe führen können, wie traurig es um das Deutsche Reich unter dem Bismarck'schen Regime bestellt sei. Diefer „sonderbaren Art der Bethätigung des National⸗ bewußtseins“ treten nun die „Berliner Politischen Nachrichten“ mit folgenden, speziell auf unsere wirthschaftlichen Verhältnisse bezüglichen Bemerkungen entgegen:

„Wir fordern jene Zeitungen („Freisinnige Zeitung“, „Frank⸗ furter Zeitung“ ꝛc.) wiederholt auf, na hzuweisen, daß der große Mann, welcher „die Aera der neuen Wirthschaftspolitik“ durchgeführt hat, oder daß irgend ein namhafter sonstiger Vertreter derselben je eine Aeußerung gemacht hat, aus welcher gefolgert werden könnte, daß man die Schutzzölle als ein unbedingtes Mittel gegen eine rückgängige Konjunktur, gegen die schwierigen Lagen des Weltmarktes betrachtet hätte. Das ist niemals geschehen. Den Vertretern der neuen Aera genügt es, zu sehen, wie, als unzweifelhafte Folge der jetzigen Wirth⸗ schaftspolitik, selbst bei der allgemeinen Krisis es in Deutsch⸗ land doch immer noch besser geht als in allen übrigen Staaten. Das zuzugestehen ein solches Zugeständniß würde in der That Nationalbewußtsein verrathen paßt jenen Politikern aber nicht in ihren Kram. Wie sie ihre Aufgabe darin erblicken, mit Beharrlich⸗ keit den Glauben zu erwecken, daß Deutschland am schlechtesten regiert wird, daß bei uns in politischer und sozialer Hinsicht die heillosesten Zustände walten, während rings umher, wo man den Blick hin⸗ wendet, die Ereignisse täglich das Gegentheil beweisen, so sind sie auch bemüht, die wirthschaftlichen Verhältnisse als denen des Auslandes nachstehend zu verzeichnen. Daher müssen sie eben ihr Sprüchlein wieder und immer wieder hersagen.“

Im „Deutschen Landboten“ lesen wir unter der Ueberschrift: „Fremde Urtheile über unsere Sache“:

Die „Science Sociale“ veröffentlichte eine Schilderung über den Bauernstand im baverischen Kreis Schwaben aus der Feder eines Hrn. Prieur, wenn wir nicht irren, Professor in Frankreich. 1

... Hr. Prieur hat sich im vorigen Sommer nach bayerisch Schwaben begeben, wo er sich an verschiedenen Orten, aber jedesmal mitten unter der bäuerlichen Bevölkerung einquartirte, um die dortigen Verhältnisse zu studiren. Was er darüber sagt, zeugt von einer emi⸗ nenten Beobachtungsgabe, denn er kam dort an 8 eine Ahnung von dem, was er finden sollte. 8

Der schwäbische Theil des Königreichs Bayern ist bekanntlich ein Land mit „geschlossenen“ Bauernhöfen, aber kleiner wie im benach⸗ barten Altbayern und bei uns in Norddeutschland und wo das An⸗ erbenrecht, mit noch weit größerer Bevorzugung des Anerben, noch in voller Blüthe steht. Dieser Zustand hat nun dem französischen Beobachter ganz ungemein imponirt. „Ueberall wohin ich blicke“, so sagte er, „sehe ich nichts als Leute auf eigener Scholle, einer Scholle, die sie ungetheilt und unverschuldet von ihrem Vater geerbt haben und ebenso ungetheilt und unverschuldet an eines ihrer Kinder über⸗ geben werden. Welcher Unterschied mit unserem Frankreich! Wie selten trifft man da einen Bauern, der sagen kann: meine Wirthschaft gehört mir! und wenn, da hört ja die Herrlichkeit mit seinem Leben auf! Jeder dieser schwäbischen Bauern ist ein wahrer Fürst auf seinem Eigenthum und wenn sein Land nur dazu reicht, um knapp seinen Lebensunterhalt zu fristen, da greift er nebenbei zu einem Handwerke, in welchem er ebenso sein eigener Herr bleibt, wie bei der Landwirth⸗ schaft. Da geht nicht, wie bei uns so häufig, der Mann in fremden Tagelohn, die Frau fremde Wäsche waschen oder Fußböden putzen, um sich Abends darüber zu zanken, wer das meiste Geld verdient habe! Hier ist der Bauer Herr im Hause, er ordnet alles an und jeder gehorcht ihm. Er ist der wahre Chef der Familie geblieben. Die Frau ist seine würdige Genossin, die Vorsteherin des Haus⸗ haltes, die Hüterin des Familienherdes, die Mutter (im wahren Sinne des Wortes) der zahlreichen Kinder. Und da sage man nicht, eine solche Vertheilung des Grundeigenthums sei bei zunehmender Bevölkerungsziffer unmöglich. In bayerisch Schwaben ist die Dich⸗ tigkeit der Bevölkerung weit größer als in Frankreich. Man sage auch nicht, daß diejenigen Kinder, die das elterliche Gut nicht beerben, deswegen in ihrer Existenz zurückgestellt seien. Der eine Sohn meines Hauswirths hat studirt und ist jetzt ein angesehener Arzt in München. Er hängt noch mit ganzer Seele an dem elterlichen Hof und besucht jedes Jahr seine Familie. Selbstverständlich ist es ein Ausnahmefall, 8 bringt es jedoch zu etwas, sei es in der Stadt, sei es auf dem Lande.“

Auch die dort noch übliche Dotirung von Pfarre und Schulhaus mit entsprechendem Lande gefällt Herrn Prieur ganz besonders. „Ist es nicht weit vernünftiger,“ meint er, „durch Gewährung eines Hofes die Existenz des Pfarrers und des Lehrers zu sichern, als ihnen einige hundert Mark jährlich auf Kosten der Steuerzahler an den Kopf zu werfen, ohne sich darum zu kümmern, ob sie damit auskommen? ganz abgesehen davon, daß durch das Land Pfarrer und Lehrer zu wahren Bürgern erhoben werden, die als die gebildetsten auch die Führerschaft übernehmen können. ..

Wahrscheinlich ist es der Kürze seines Aufenthalts zuzuschreiben. wenn Hr. Prieur nicht erfahren hat, wie die liberale Gesetzgebung auf dem besten Wege steht, diesen patriarchalischen Zustand vollstän⸗ dig zu untergraben, und daß die dortigen Bauern ebenso gut wie in den übrigen Gauen unseres Vaterlandes sich zur Bekämpfung der⸗ selben, zur Vertheidigung von Haus und Hof unter Führung ge⸗ innungstüchtiger Großgrundbesitzer vereinigt haben. Der bayerisch⸗ suncgfän Bauernverein ist ja bereits im Juli 1883 gegründet wor⸗ Gewiß hätte Hr. P. Hr. Maurice

gedacht, als der „große

den. b man lese nur seinen

darüber anders Nationalökonom“ Bloch; Schlußsatz: „Niemals habe ich besser begriffen, als bei dieser Beobachtungs⸗ weise, warum wir Anno 1870 so gründlich geschlagen wurden und warum Deutschland jetzt so groß dasteht. Ein solcher Bauernstand liefert nicht blos die besten Soldaten, er ist auch im Stande, jeder wirthschaftlichen und socialen Krisis zu widerstehen. Er wird die beste Stütze des Vaterlandes und des angestammten Herrscherhauses bleiben, dabei aber der tüchtigste Vorkämpfer für die wahre Freiheit!“ Und das meinen wir auch!

ein Auf⸗ und 2 ken:

Beispiel bei den Jahren 1877 bis

Statistische Nachrichten.

DOrtschaftsverzeichniß des Großherzogthums Olden⸗ burg. Aufgestellt auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom Dezember 1885. Herausgegeben vom Großherzoglichen Statistischen Bureau. Preis gebunden 1 Oldenburg, 1886. Druck und Verlag von Adolf Littmann. Die auf die Volkszählung vom 1. Dezember 1885 gegründete vorliegende Ausgabe des Ortschaftsverzeichnisses des Großherzogthums Oldenburg schließt sich in ihrer ganzen Einrichtung derjenigen der auf die Jahre 1875 und 1880 bezüglichen an. Darnach enthält das Ortsverzeichniß zuvörderst eine Uebersicht über den Flächeninhalt, den Stand und die Bewegung der Bevölkerung der größeren Ver⸗ waltungsbezirce und der Gemeinden im Ganzen, sodann eine gemeindeweise Aufführung der einzelnen Wohnplätze unter Angabe ihrer Wohnhäuser, Haushaltungen und Einwohnerzahl, sowie endlich ein alphabetisches Verzeichniß zur Auffindung der Orts⸗ namen der vorigen Abtheilung. Das Ortschaftsverzeichniß trägt dem Bedürfniß eines handlichen Nachschlagebuches für die oldenburgischen staatlichen und Kommunalbehörden ꝛc. genügend Rechnung.

Die Volkszählung am 1. Dezember 1885 ergab für das Groß⸗ herzogthum Oldenburg, welches 6422,52 qkm =— 114,178 metrische Quadratmeilen umfaßt, eine ortsanwesende Bevölkerung von 341 525 (53 auf den Qu.⸗Kilom.) Seelen gegen 337 478 am 1. Dezember 1880, so daß die Bevölkerungszunahme während dieser 5 Jahre 40147, d. i. 1,20 % ausmacht. Das Wachsthum der Bevölkerung ist jedoch nicht durchgängig; denn während dasselbe im Herzogthum Oldenburg 1,31 % (263 648: 267 111) und im Herzogthum Birkenfeld 2,61 % (38 685: 39 693) beträgt, hat sich die Bevölkerung des Fürstenthums Lübeck um 1,21 % (35 145 : 34 721) ver⸗ mindert. Sehr verschieden ist die Bewegung der Bevölkerung in den einzelnen Amtsgerichtsbezirken gewesen. Im Amts⸗ gerichtsbezirk Delmenhorst hat eine Bevölkerungszunahme von 7,03 % (21 680: 23 203) stattgehabt. Daran schließen sich die Amtsgerichts⸗ bezirke: Jever mit 6,01 % (31 334: 33 216), Oberstein mit 5,97 % (21 001 : 22 254), Oldenburg mit 4,42 % (50 308: 52 533), Schwartau mit 2,04 % (10 291: 10 501), Westerstede mit 0,89 % (18 637: 18 803) und Friesoythe mit 0,14 % (10 393: 10 408) an. Dagegen weisen eine Bevölkerungsabnahme die Amtsgerichtsbezirke: Damme um 4,41 % (10 644: 10 175), Ahrensböck um 3,99. % (10 957: 10 520), Elsfleth um 3,02 % (14 254: 13 823), Wildes⸗ hausen um 2,70 % (8292: 8061), Kloppenburg um 2,27 % (10 974: 10 725), Löningen um 1,96 % (11 346: 11 124), Brake 1,92 % (17 629: 17 290), Eutin um 1,42 % (13 897: 13 700), Birken⸗ feld um 1,39 % (17 684: 17 439), Varel um 0,88 % (22 229: 22 034), Vechta um 0,63 % (21 266: 21,133) und Butjadingen um 0,54 % (14 662: 14 583) auf. Auch die Dichtigkeit der Bevölkerung ist in den Amtsgerichtsbezirken eine sehr verschiedene; denn es kommen auf den Qu.⸗Kilom. für den Amtsgerichtsbezirk Oberstein 111, Jever 88, Oldenburg 86, Brake 77, Schwartau 73, Delmenhorst 72, Eutin 63, Butjadingen 60, Ahrensböck 59, Birkenfeld und Varel je 58, Els⸗ fleth 54, Vechta und Westerstede je 42, Damme 39, Löningen 30, Kloppenburg und Wildeshausen je 22 und Friesoythe 20 Bewohner. Provinzweise kommen auf den Qu.⸗Kilom. im Herzogthum Oldenburg 50, im Fürstenthum Lübeck 64 und im Fürstenthum Birkenfeld 79 Bewohner.

Bei folgenden Stadtgemeinden hat die Einwohnerzahl im Ver⸗ gleich zu den Ergebnissen der Volkszählung vom 1. Dezember 1880 zugenommen: Oldenburg 21 438 (10 839 männl. und 10 599 weibl.) Einwohner in 2390 Wohnhäusern und 4507 Haushaltungen um 4,19 %, Delmenhorst 6647 (3286 männl. und 3361 weibl.) Einwohner in 888 Wohnhäusern und 1448 Haushaltnungen um 22,91 %, Eutin 4668 (2192 männl. und 2476 weibl.) Einwohner in 524 Wohn⸗ häusern und 1087 Haushaltungen um 2,06 %; abgenommen: Jever 5189 (2468 männl. und 2721 weibl.) Einwohner in 828. Wohnhäusern und 1237 Haushaltungen um 2,21 %. Varel 4812 (2313 männl. und 2499 weibl.) Einwohner in 702 Wohnhäusern und 1173 Haushaltungen um 2,530 %, Brake 4038 (1947 männl. und 2091 weibl.) Einwohner in 533 Wohnhäusern und 932 Haushaltungen um 0,44 %, Elsfleth 2113 (931 männl. und 1182 weibl.) Einwohner in 300 Wohnhäusern und 554 Haushaltungen um 7,97 %, Kloppenburg 2027 (944 männl. und 1083 weibl.) Einwohner in 366 Wohn⸗ häusern und 437 Haushaltungen um 7,10 %, Wildeshausen 1947 (941 männl. und 1006 weibl.) Einwohner in 344 Wohnhäusern und 433. Haushaltungen um 3,80 %, und Friesoythe 1423 (724 männl. und 699 weibl.) Einwohner in 288 Wohnhäusern und 319. Haushaltungen um 0,56 %. Bei der Stadtgemeinde Vechta, welche 3040 (1605 männliche und 1435 weibl.) Einwohner in 451 Wohnhäusern und 519 Haushaltungen zählt, ist die Einwohnerzahl sich gleich geblieben. Obernstein“*) hat 4974 (2339 männl. und 2635 weibl.) Einwohner in 565 Wohnhäusern und 997 Haushaltungen und Birkenfeld 2546 (1234 männl. und 1312 weibl.) Ein wohner in 330 Wohnhäusern und 549 Haushaltungen.

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Kunst, Wissenschaft und Literatur.

„Der Alpenföhn in seinem Einfluß auf Natur⸗ und Menschenleben.“ Von Dr. Gustav Berndt. Mit einer Karte. (Ergänzungsheft Nr. 83. zu „Petermann's Mittheilungen“). Gotha. Justus Perthes, 1886. Die eigenthümlichen Begleit⸗ Erscheinungen des Föhns, jenes den Alpen eigenthümlichen Windes, sind zwar schon viel und lebhaft von den Meteorologen erörtert worden, ohne daß man jedoch bisher die Folgen und Wirkungen dieses Gebirgswindes genügend in Betracht gezogen hätte. Diese von der theoretischen Forschung, wie der Verfasser sagt, viel zu sehr vernachlässigten Folgen und Wirkungen treten auf dem Gebiet der anorganischen Schöpfung in eben o augenfälliger Weise zu Tage wie im Bereich der organischen Gebilde und sind für die gesammten Lebewesen, die das Herrschaftsgebiet dieses Windes be⸗ wohnen, von der höchsten praktischen Bedeutung. Die vorliegende Untersuchung beschäftigt sich zum ersten Male einläßlicher mit diesen Erscheinungen, indem sie von der gasförmigen Hülle, die den Erdball umgiebt und den Schauplatz aller Luftbewegung bildet, ausgeht und sich sodann der festen Lithosphäre und den sie bewohnenden Lebewesen zuwen⸗ det, um die Einflüsse darzulegen, die der Föhn ausübt. Diese erstrecken sich, zunächst im Gebiet der anorganischen Schöpfung, auf das Klima, auf Formation, Distribution und Destruktion der Schneedecke, auf die allmähliche Umgestaltung des Bodenreliefs und die Zertrümmerung des Gebirges; ferner, im Bereich der organischen Gebilde, auf die Pflanzenwelt, die Thierwelt und den Menschen. Am Schluß seiner ebenso gründlichen wie interessanten Arbeit gelangt der Verfasser zu dem Resultat, daß, wenn auch manche Einflüsse des Föhns im ersten Augenblick als lediglich vernichtender und zerstörender Natur erscheinen, sie sich doch im Endeffekt zumeist als nutzbringend und vortheilhaft erweisen. Wäge man die günstigen und die ungünstigen Wirkungen, die der Föhn in seinem Gefolge hat, vorurtheilsfrei gegen einander ab, so müsse man in dem Föhn einen Wohlthäter für das Alpenland und seine Bewohner erkennen und zugestehen, daß die Aufgabe, die er im Haushalt der Natur wie des Menschen vollziehe, eine kulturelle Mission ersten Ranges genannt werden dürfe. Der Arbeit ist eine Uebersichtskarte des schweizerischen Föhngebiets mit Nebenkarten bei⸗ gegeben, auf welcher die Luftdruckvertheilung und die Windverhält⸗ nisse, wie solche bei dem Sturm vom 20. Februar 1879 zu verschie⸗ denen Stunden beobachtet wurden, graphisch eingetragen sind.

„Jllustrirtes Lexikon der Verfälschungen und Verunreinigungen der Nahrungs⸗ und Cenußmättele der Kolonialwaaren und Manufakte, der Droguen, Chemikalien und Farbwaaren, gewerblichen und landwirthschaftlichen Produkte, Doku⸗ mente und Werthzeichen.“ Mit Berücksichtigung des Gesetzes vom 14. Mai 1879, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genuß⸗ mitteln und Gebrauchsgegenständen, sowie aller Verordnungen und

*) Bezüglich der Bewegung der Bevölkerung fehlen die näheren

Daten.