1886 / 179 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 02 Aug 1886 18:00:01 GMT) scan diff

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Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 2. August. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen, wie „W. T. B.“ aus Gastein meldet, am Sonnabend Vormittag den Vortrag des Chefs des Militärkabinets, General⸗Lieutenants von Albedyll, ent⸗

en. Zum Diner waren geladen: der General⸗Quartiermeister, General⸗Lieutenant Graf Waldersee, Graf Wolkenstein und Minister von Fabing. 1“

Am Abend um 7 ½ Uhr traf Ihre Majestät die Kaiserin von Oesterreich, begleitet von der Hofdame Gräfin Mailath und dem Ober⸗Hofmeister Freiherrn von Nopesa, in Gastein ein und stieg in der Villa Meran ab. 1

Allerhöchstdieselbe fuͤhr unmittelbar nach Ihrer Ankunft mit der Gräfin Mailath nach dem Badeschlosse, um Sr. Majestät dem Kaiser Wilhelm einen Besuch abzustatten. Der Kaiser befand Sich gerade in Seinem Arbeitskabinet; die Kaiserin verweilte etwa 25 Minuten im Badeschlosse. Der Kaiser be⸗ gleitete die Kaiserin bis in das Vestibül, küßte Ihr die Hand und verabschiedete Sich auf das Herzlichste von Ihr.

Gestern Mittag machten Se. Majestät der Kaiser Wilhelm 2. Majestät der Kaiserin von Oesterreich in der Villa

eran einen Gegenbesuch und verweilten daselbst etwa dreiviertel Stunden.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm am Sonnabend Mittags 1 Uhr militä⸗ rische Meldungen entgegen und empfing dann den chinesischen Gesandten in London, Marquis Tseng mit Gefolge. Derselbe wurde gleichwie die hiesige chinesische Gesandtschaft zum Diner geladen, an dem auch der Unter⸗Staatssekretär Graf von Berchem, der Geheime Legations⸗Rath Lindau und der Ober⸗Ceremonienmeister Graf zu Eulenburg Theil nahmen.

Nachmittags machten die Kronprinzlichen Herrschaften eine Dampferfahrt nach dem Wannsee.

Gestern Vormittag begaben Sich Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten zum Gottesdienst in die Kirche zu Bornstedt.

Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz reiste Abends mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Victoria und Gefolge nach Bayreuth ab, wo Höchstdieselben der heutigen „Parsifal“⸗ Vorstellung beizuwohnen gedenken.

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Das Recht zur Anfechtung der Eintragung des Eigenthumsüberganges und deren Folgen kann nach einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Civilsenats, vom 5. Mai d. J., nicht nur durch Klage, sondern auch im Wege der Einrede gegenüber der Klage des eingetragenen Eigenthümers geltend gemacht werden.

Der Chef der Admiralität, General⸗Lieutenant von Caprivi, ist von Urlaub aus Thale im Harz zurückgekehrt und wird sich morgen behufs Vornahme von Inspizirungen nach Kiel begeben.

Der General⸗Lieutenant Wiebe, Inspecteur der 1. Fuß⸗Artillerie⸗Inspektion, ist zur Leitung der in Königs⸗ berg i. Pr. stattfindenden artilleristischen Uebungen im Festungs⸗ kriege abgereist.

Se. Durchlaucht der Prinz Friedrich von Hohen⸗ zollern, Oberst à la suite des 2. Garde⸗Dragoner⸗Regiments und Commandeur der 3. Garde⸗Kavallerie⸗Brigade, ist von Urlaub aus Süddeutschland zurückgekehrt.

„— Der Königlich belgische Gesandte am hiesigen Aller⸗ höchsten Hofe, Graf van der Straten⸗Ponthoz hat einen ihm von seiner Regierung bewilligten Urlaub angetreten. Während der Abwesenheit desselben von Berlin fungirt der 1u“.“ Graf d'Ursel als interimistischer Geschäfts⸗

äger.

Der Königlich niederländische Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe, Jonkheer van der Hoeven, hat einen 8 von seiner Regierung bewilligten Urlaub angetreten. ährend seiner Abwesenheit von Berlin fungirt der Legations⸗ Rath Jonkheer de Weede als interimistischer Geschäftsträger.

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Dr. Gohde in Verden a. A., Dr. Meurer und Dr. Bickel in Wiesbaden, Dr. Herlitzius in Herzogenrath, Dr. Brauneck in St. Wendel.

„— S. M. Segel⸗Fregatte „Niobe“, Kommandant Kapi⸗ tän zur See Aschenborn, ist am 1. August cr. in Göteborg eingetroffen und beabsichtigt, am 5. August cr. wieder in See

zu gehen.

„— Das „Marine⸗Ver.⸗Bl.“ veröffentlicht folgende richten über EE1““ (das Datum vor dem Orte bedeutet Ankunft nach dem Orte Abgang von dort). S. M. Kreuzer „Adler“ 15./7. Aden 20./7. (Poststation: Sydney [Australien].) S. M. Kreuzer „Albatroß“ 31./5. Matupi 6./6. (Poststation: Sydney [Australien].) S. M. S. „Ariadne“ 15./7. Swinemünde. (Poststation: bis 10./8. Swinemünde, vom 11./8. ab b15 S. M. S. „Blücher“ 6./9. 85 Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. S. „Carola“ 26./7. Singapore 5./8. (Poststation: Hongkong.) S. M. Knbt. „Cyclop“ 13./5. Sao Thomé 19./5. 1./6. Kamerun. (Poststation: Kamerun.) S. M. Vermessgsfhrzg. „Drache“ 10./7. Wilhelmshaven 22./7. (Poststation: Wilhelms⸗ haven.) S. M. Fhrzg. „Falke“ 17./7. Wilhelmshaven 28./7. vee :Wilhelmshaven.) S. M. S. „Friedrich Carl“14./7. Palermo. 20,/7. Maddalena (Insel Sardinien) 22./7. 29./7. Gibraltar. (Poststation: Lissabon.) S. M. S. „Gneisenau’“ 18./7. Batavia 25./7. (Poststation: Aden bis 6./8., vom 7./8. ab Port Said.) S. M. Kreuzer „Habicht“ 12./5. St. Paul de Loando 17./5. 25./5. Sao Thomé. (Poststation: Kamerun.) S. M. Knbt. „Hyäne“ 16./7. den. (Poststation: Aden.) S. M. Knbt. „Iltis“ 14./7. Malta 27./7. (Poststation: Plymouth.) S. M. Stations⸗ fahrzeug „Loreley“ 17./5. Konstantinopel 20./7. 22./7. Buyukdéré. (Poststation: Konstantinopel.) S. M. S. „Luise“ 10,/7. Portsmouth. (Poststation: bis 10./8. Cowes Insel Wight], vom 11./8. ab Gravesend). S. M. Kreuzer „Möwe“ 11./7. Aden. (Poststation: Aden.) S. M. Panzerfhrzg. „Mücke“ 15./6. 85 Wilhelmshaven. 23./7. 28./7. Wilhelms⸗ haven. (Poststation: Wilhelmshaven.) S. M. Brigg „Musquito“ 10.7. Portsmouth. (Poststation: bis 14./8. Arendal, vom 15./8. ab Gothenburg Schweden].) S. M.

Nach⸗

Dampfer „Nach

tigal“ 12./7. Sierra Leone 28./7. (Poststation: Kamerun.) &. M. Kreuzer „Nautilus“ 13./7. Shanghai 18.7. 23./7. Hongkong. (Poststation: Hongkong.) S. M. S. „Niobe“ 16./7. Plymouth 20./7. 21./7. Cowes 27./7. (Poststation Neufahrwasser). S. M. S. „Nixe“ 13./7. Madeira. (Poststation: bis 2,/8. Porto Grande [Kap Verdes], vom 3./8. ab Bahia S. M. S. „Oldenburg“ 16./7. Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. Fhrzg. „Pommerania“ 16./7. Norderney 17./7. 17./7. Wilhelmshaven 28./7. (Poststation: Wilhelmshaven.) S. M. Transportfahrzeug „Rhein“ 13./7. Wilhelmshaven. 26./7. (Poststation: Kiel.) S. M. S. „Sachsen“ 9,/7. Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. Torpedoboot „Vor⸗ wärts“ 14./7. Kiel. S. M. Knubt. Wolf“ 21./7. Hongkong (Poststation: Honsong, S. M. Torpedo⸗ boot „S. 23“ 8./7. Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. Schulgeschwader: S. M. Schiffe „Stein“ (Flaggschiff), „Moltke“, „Prinz Adalbert“, „Sophie“, „Hansa“ Kiel 20./7. 23./7. Apenrade 29./7. 30./7. Neustadt in Holstein 2/8. (Poststation: bis 10./8. Sonderburg, vom 11./8. ab Kiel.) I. Torpedoboots⸗Division: 28./7. Danzig. (Post⸗ station: Danzig.) II. Torpedoboots⸗Division: Pillau. Poststation: Danzig.) S. M. Kreuzergeschwader: S. M. chiffe „Bismarck“, „Olga“ 23./7. Hongkong. (Poststation: Hongkong.)

Dampfer „Polyhymnia“ mit den Ablösungskommandos für S. M. Kreuzer „Möwe“ und S. M. Knbt. „Hyäne“ 16./7. Port Said 16./7. 23./7. Aden. Dampfer ‚Electra“ mit der abgelösten Besatzung für S. M. Kreuzer „Möwe“ und S. M. Knbt. „Hyäne“ Aden 25./7. Dampfer „Salier“ mit dem Ablösungskommando für S. M. Kreuzer „Albatroß“ 16./7. Antwerpen 17./7. 30./7 Port Said 1./8. Dampfer „Roma“ mit den Ablösungskommandos für S. M. S. „Bismarck“ und S. M. Kreuzer „Nautilus“ 10./7. Port Said 10./7. 31/7. Singapore 1./8. (Poststation: für die Heim⸗ reise: Port Said vom 23./7. ab bis 10./9.; Wilhelmshaven vom 10./9. Mittags ab bis auf Weiteres).

Bayern. München, 31. Juli. (W. T. B.) Der Fürst und die Fürstin von Bismarck sind heute Abend 9 Uhr hier eingetroffen und auf dem Centralbahnhof von dem preußischen Gesandten, Grafen von Werthern, und dem ganzen Gesandtschafts⸗Personal, sowie von dem Oberst⸗Stallmeister, Grafen von Holnstein, empfangen worden. Der Fürst begab sich mit dem Gesandten Grafen von Werthern in dem ihm zur Verfügung gestellten Hofwagen nach seinem Absteigequartier im preußischen Gesandt⸗ schaftshotel; die Fürstin wurde von dem Oberst-⸗Stallmeister Grafen von Holnstein und dem preußischen Legations⸗Sekretär Grafen zu Eulenburg dahin geleitet. Im Bahnhofe und auf dem Bahnhofsplatz hatte sich trotz des eingetretenen Regen⸗ wetters eine nach vielen Tausenden zählende Menschenmenge angesammelt, welche den Fürsten mit nicht enden wollenden Hochrufen begrüßte.

1. August. (W. T. B.) Der Reichskanzler Fürst von Bismarck begab sich heute Vormittag zu dem Prinz⸗ Regenten und machte sodann den hier anwesenden Mit⸗ gliedern des Königlichen Hauses, dem Prinzen Arnulf, der Prinzessin Gisela und dem Herzog Marx, ferner den Ministern Freiherr von Lutz und Freiherr von Crailsheim Besuche und em⸗ pfing deren Gegenbesuche. Der Prinz⸗Regent machte um 12 ¾ Uhr dem Reichskanzler einen Besuch. —Zu dem Diner beim Prinz⸗ Regenten waren geladen: Fürst und Fürstin von Bismarck, der preußische Gesandte Graf von Werthern, die Minister Freiherr von Lutz und Freiherr von Crailsheim, der General⸗Adjutant von Freyschlag, der Fle gel⸗Adjutant Graf von Lerchenfeld und der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Rottenburg.

—. 2. August, Vormittags. (W. T. B.) Der Fürst und die Fürstin von Bismarck haben heute Vormittag 9 ¾ Uhr die Reise nach Gastein fortgesetzt. Auf dem Bahnhofe waren der Minister Freiherr von Crailsheim und der preußische Gesandte Graf Werthern zur Verabschiedung

anwesend.

Bayreuth, 2. August. (W. T. B.) Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz ist heute Vor⸗ mittag mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Victoria hier eingetroffen und von der Volksmenge, die sich am Bahnhofe und in den Straßen zu Tausenden angesammelt hatte, mit stürmischen Hochrufen begrüßt worden. Der Verwaltungsrath der Festspiel⸗Aufführungen und der Bürger⸗ meister Muncker hatten sich zum Empfang auf dem Bahnhofe eingefunden; ein offizieller Empfang fand nicht statt. Ihrer Königlichen Hoheit, der Prinzessin Victoria, wurde von der Gemahlin des Banquiers Feustel ein Bouquet überreicht. Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz fuhr sofort nach der Ankunft in das Königliche Schloß, bis zu welchem die Kriegervereine Spalier bildeten. Die Stadt ist aufs Reichste mit deutschen und bayerischen Fahnen geschmückt.

Oesterreich Ungarn. Pest, 1. August. Die Volksversammlung über die Angelegenheit Edels⸗

(W. T. B.)

heim⸗Jansky beauftragte den bezügliche Petition dem überreichen.

Niiederlande. Amsterdam, 31. Juli. (W. T. B.) Eine heute angeschlagene Proklamation des Bürger⸗ meisters verbietet den Vertrieb von Heimngen oder anderen Drucksachen auf den Straßen. Diese Maßregel ist durch Gemeindegesetz vorgesehen. Ein Bataillon Infanterie ist heute in dem Passantenhuis, in der Nähe des Viertels, in welchem die Unruhen stattgefunden haben, kasernirt worden. Heute fand in der Druckerei des sozialistischen Blattes 1““ im Haag eine gerichtliche Haussuchung

att.

Großbritannien und Irland. London, 31. Juli. (A. C.) Der Rücktritt der liberalen Regierung ist nicht Jelr die üblichen Ehrenbezeugungen an verschiedene ihrer Anhänger erfolgt. Auf Vorschlag Gladstone's gab die Königin ihre Einwilligung zur Creirung von vier neuen Pairs. Dieselben sind: Sir Thomas Brassey, früher Parlaments⸗ mitglied für Hastings und Sekretär der Admiralität; Sir Michael A. Baß, Unterhaus⸗Mitglied für die 11161““ von Staffordshire und Chef der großen Bier rauerfirma Baß & Co. in Burton am Trent; John G. B. Hamilton, früher Parlamentsmitglied für Süd⸗ Lannarkshire, und Sir Henry Thring, ein höherer Beamter im Ministerium des Innern. Mehreren Persönlichkeiten

Abgeordneten Iranyi, eine ungarischen Reichstage zu

wurde die Baronetswürde verliehen, darunter Mr Monnn Chef der Firma Thomas Turton & Sons in Sheffield hir James Kitson, Präsident des nationalen Verbandes der libe ralen Vereine und Chef einer großen Maschinenbau⸗A libe in Leeds, sowie Mr. C. M. Palmer, Gründer und Ch aftat seinen Namen tragenden Schiffsbaufirma in Jarrow ef der

Die einzige Parlamentswahl, die noch auss war die für die Orkney⸗ und Shetland⸗Inseln sand, Ergebniß dieser Wahl ist heute veröffentlicht worden. Mr g0as ein Gladstonianer und früherer Vertreter desselben Wahliregel wurde wiedergewählt. Er erhielt 2353 Stimmen, während se⸗ seinen Gegner, Hoare, einen liberalen Unionisten nur 380 entfielen. Das Haus der Gemeinen besteht demna 8 aus 196 Gladstonianern, 73 abtrünnigen Liberalen, 316 eh J“ 85 Paxmellten, 3 on⸗

2. August. (W. T. B.) Sir Richard 5-; zum Staatssekretär für Indien, Cann Sess i Staatssekretär der Kolonien und Stanley 0w. worden. zum

m Sonnaben end kam es in Belfast zwis—

Orangisten und Nationalisten zu Sch lwiscen de wobei von beiden Theilen mit Steinen geworfen wurde. A. Polizei war genöthigt, mit der Waffe einzuschreiten Ein Anzahl von Personen wurde verwundet, ein Knabe getädte Gegen Mitternacht war die Ruhe wieder hergestellt. 8

Frankreich. Paris, 30. Juli. (Köln. tg.) Graj Montebello ist gestern nach Konstantinopel abgereist 1. Die Berathungen des Minister⸗Präsidenten de Freyeinen mit dem italienischen Botschafter haben zu keinem Ergebniß geführt. Graf Menabrea bedauerte, keine Ent⸗ scheidung über die Annahme eines modus vivendi treffen zu können, ohne zuvor Verhaltungsmaßregeln von seiner Regierung eingeholt zu haben. Er machte kein Hehl daraus, daß er vorgezogen haben würde, seiner Regierung den Plan einer Wiederaufnahme der Verhand⸗ lungen zu unterbreiten, aber Hr. de Freycinet wollte in N⸗ wesenheit der Kammern eine derartige Verantwortung nict übernehmen. Inzwischen übt Italien die Maßregeln gegen französische Schiffe äußerst nachdrücklich aus; einem fran⸗ zösischen Dampfer wurde nicht gestattet, vor Livorno Anker zu werfen; ein anderer durfte von Genua aus seine Reise längs der Küste nicht fortsetzen und war gezwungen, seine Waaren auszuladen und nach Marseille zurückzukehren.

31. Juli. (Köln. Ztg.) Hr. de Freyeinet riif morgen zu dreitägigem Aufenthalt mit seiner Familie nach Mont⸗sous⸗Vaudrey. Heute hat der Minister⸗Präsident Hrn. Cogordan empfangen, welcher den Vertragmit Korea überreichte. Der päpstliche Nuntius hatte heute über die Beziehungen zu China eine lange Besprechung mit dem Minister⸗Präsidenten. Die Verhandlungen zwischen Frankrecch und dem Vatikan dauern fort; man hofft hier, daß sie günstig für die französischen Interessen endigen werden. Während der Abwesenheit des Hrn. de Freycinet werden die Direktoren Francis Charmes und Clavery die Geschäfte führen.

2. August. (W. T. B.) Von den 1414 exgestern vorgenommenen Generalraths⸗Wahlen sind bis jetzt 486 bekannt. Von den Gewählten sind 297 Republikaner und 147 Konservative; außerdem haben 42 Stichmwahlen stattzufinden. Die Republikaner haben 24 Sitze gewon⸗ nen und 25 Sitze verloren. Unter den Senatoren und Deputirten, die wieder zu Generalräthen gewählt sind, befinden sich von Republikanern: Goblet, Testelin und Jules Ferry, von Konservativen: Prax⸗Paris, Plichon und Tumeliere.

2. August. (W. T. B.) Von den Gemeinderaths⸗ Wahlen sind bis jetzt 1043 bekannt; davon entfallen auf die Republikaner 636, auf die Konservativen 300; außerdem haben 107 Stichwahlen stattzufinden. Die Republikaner haben 59 Sitze gewonnen und 53 verloren.

Spanien. Madrid, 31. Juli. (W. T. B.) Der Ministerrath hat dem Auslieferungsvertrage mit Dänemark seine Zustimmung ertheilt.

Portugal. Lissabon, 1. August. (W. T. B.) Der König hat seine Abreise nach Plymouth nunmehr auf morgen früh festgesetzt. Während der Abwesenheit des Königs wird die Regierung von dem Kronprinzen als Regenten geführt.

Türkei. Konstantinopel, 1. August. (W. T. B) Die Kommissarien für die Revision des ostrumeli⸗ schen Statuts, Madjid Pascha und Abro Effendi, sind in Begleitung von Gadban Effendi nach Sofi abgereist.

Rumänien. Bukarest, 1. 8 Minister⸗Präsident Bratiano ist nach Govora abgereift.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 1. August (W. T. B.) Der Erzherzog und die Erzherzogin Karl Ludwig von Oesterreich sind gestern Nachmittag 5 ½ Uhr in Peterhofeingetroffen und bei ihrer Ankunst von dem Kaiser und der Kaiserin, dem Großffürsten⸗Thron⸗ folger sowie den anderen Mitgliedern der Kaiserlichen Famillie am Bahnhof, auf welchem eine Ehrenwache aufgestellt war, empfangen worden. Vom Bahnhof fuhren der Kaiser mit dem Erzherzog und die Kaiserin mit der Erzherzogin nach dem großen Palais, in welchem die österreichischen Herrschaften während ihres Aufenthalts wohnen. Gegen 8 Uhr Abends fand daselbst bei den Majestäten Familientafel statt.

Das „Journal de St. Pétersbourg“ erinnert au⸗ läßlich der Ankunft des erzherzoglichen Paares an die freund⸗ schaftlichen Beziehungen, die vhischen dem russischen Hofe unf dem Erzherzog und seiner Gemahlin seit der Krönung in Moskau bestehen, und sagt: die hohen Gäste könnten sich ver⸗ sichert halten, bei dem Hofe und der russischen Gesellschaff den herzlichsten Empfang zu finden; ihr neuer Aufenthalt in Rußland werde die bisherigen freundschaftlichen Beziehungen noch befestigen.

. „.

August. (W. T. B.) Der

Amerika. Washington, 29. Juli. (A. C.) In der heutigen Sitzung des Senats wurde die Debatte über die Resolution, betreffend die Verwendung des Ueberschusses im Schatzamt, fortgesetzt.

Die füngste allgemeine Erörterung über die schwache Lage der amerikanischen Küstenbefestigungen hat dem Senat veranlaßt, die Fortification⸗Supply⸗Bill mit Zusätzen zu genehmigen, welche die Summe von 530 000 Doll für die Gründung einer Kanonengießerei im Frankford⸗Ar⸗ senal in Philadelphia und für die Herstellung neuer Stah! kanonen auswerfen. Ferner sollen während der nächsten se 1 Monate 6 000 000 Doll. für den Ankauf von rohem Stahh für schwere Geschütze verausgabt werden.

verlangte

Nach hier fingegangenen Mittheilungen aus Mexiko die Polizei in Piedras Negras jüngst von den Behörden von San Francisco die Auslieferung eines naturalisirten amerikanischen Bürgers aus Eagle nas in Texas, Namens Rasures, auf Grund einer gegen venselben wegen Pferdediebstahls erhobenen Anklage. Der Kreisrichter in San Francisco unterzeichnete die Auslieferungsakten, ohne Rasures verhört zu haben, und derselbe wurde hierauf den Mexikanern ausgeliefert. Rasures wandte sich alsdann um Schutz an den amerikani⸗ schen Konsul, der seine Freilassung forderte. Der Fall ist zur Kenntniß der Regierung in Washington gebracht worden. Es heißt daß Rasures seitdem erschossen worden sei.

31. Juli. (A. C.) Der Staatssekretär Bayard hat in Betreff des angeblich in Mexiko erschossenen Rasures eine Untersuchung angeordnet. Die Aufregung an der Grenze zwischen Texas und Mexiko ist im Zunehmen be⸗ riffen. Der Gouverneur von Texas erklärt, daß der Staat eine etwaige Lässigkeit auf Seiten der Central⸗Regierung in der Unterstützung des Verlangens der Texaner übel auf⸗ nehmen werde.

Zeitungsstimmen.

In ihrem wirthschaftlichen Wochenbericht sagt die

Neue Preußische Zeitung“: “* Wem soll man nun glauben, oder wenigstens, was ist richtiger: die in immer größerem Umfange zur Veröffentlichung gelangenden Berichte über die Blüthe der deutschen Industrie, welche dem Aus⸗ lande erstattet werden, oder jene Klagen, mit welchen die freihändle⸗ rischen Blätter ihre naiven Leser wegen des durch die Schutzzölle an⸗ geblich bewirkten Niederganges der geschäftlichen Verhältnisse in Ver⸗ zweiflung zu bringen suchen? Ohne uns gerade in Ueberschwänglich⸗ keiten gefallen zu wollen, und unter voller Berücksichtigung der lehrhaften Zwecke der fremden Berichterstatter haben wir doch genügenden Grund, uns für die letzteren zu entscheiden. Denn auch die Statistik, das so oft auf Leben und Tod abgerittene Steckenpferd des Manchesterthums, spricht laut und deutlich gegen die liberalen Behauptungen, die jetzt gb. öfter gemacht werden, um eine schwere Blamage zu

en.

b. man nun die Ergebnisse, welche die Veröffentlichung des Statistischen Amts über die Ausfuhr und Einfuhr des deutschen Zoll⸗ vereins vor Augen bringt, für vortheilhaft halten oder nicht: jeden⸗ falls konstatirt sie die fortgesetzte Wirksamkeit der Schutzzölle. Der Werth der deutschen Einfuhr gegen den Werth der Ausfuhr ist, wie seit Eintritt der Schutzzölle in jedem Jahre, auch im vorigen zurück⸗ gegangen, und dies kann sich nicht nur durch den Rückgang der Preise erklären. Selbst aber, wenn dieser Rückgang ausschließlich auf den Preisrückgang zurückzuführen sein sollte, so würde dies immer für den Erfolg der Schutzzollpolitik gegen die Freihandelspolitik beweisen, indem daraus hervorgeht, daß wir unsere eigenen, zum Ver⸗ kauf gebrachten Waaren theuerer verwerthen, die gekauften aber billiger in unseren Besitz bringen. Und das ist doch wohl das Ziel eines jeden verständigen Kaufmannes, wie überhaupt eines jeden, der seine Erzeugnisse verkaufen und dagegen andere kaufen muß. Wenn also der Schutzzoll diesen Zweck erfüllt hat, so wird man damit vollkommen zufrieden sein können, und am allerwenigsten wird die Freihandelspartei demselben Zwecklosigkeit vorwerfen, oder aus seinen Ergebnissen irgend welche Schlüsse zu ihren Gunsten ziehen können. Daß der Schutzzoll alle wirthschaftlichen Schäden heilen könne und daß er die Wirkungen von Ursachen, die gegensätzlich zum Schutzzoll noch bestehen und die so lange sich äußern müssen, als sie nicht ebenfalls beseitigt werden, wie der Freihandel wenigstens im Prinzip, versteht sich wohl von selbst. Wenn wir übrigens schon früher nachgewiesen haben, daß trotz des Werthrückganges beim auswärtigen Handel (den übrigens fast sämmtliche statistische Auf⸗ stellungen über den Handelsumschlag ausweisen, und der bei Großbritannien noch erheblicher ist: als bei Deutschland) der innere Verkehr nicht zurückgegangen ist, so wird dies durch die soeben ver⸗ öffentlichten Eisenbahnausweise für den Monat Juni, die bei den Staatsbahnen eine Mehreinnahme von 2 ½ „% und bei den Privat⸗ bahnen nur eine ganz geringe Mindereinnahme ausweisen, neuerdings bestätigzt. Haben auch die früheren Monate dieses Jahres nicht dieses günstige Ergebniß gehabt, so zeigt doch der neueste Ausweis, 9 durch den anfänglichen Rückgang nicht ein ungünstiges Verhält⸗ niß von Dauer angebahnt wurde, sondern daß die Entwickelung immer noch eine sehr stetige ist; obgleich nicht verkannt und vergessen werden darf, daß eine Verminderung der Ziffern des Handelsumschlags nur als nothwendige Folge der vorausgegangenen ungeheueren Handels⸗ ausdehnung mit der Zeit unausbleiblich ist. Auch die fortgesetzte Ein⸗ fuhr auswärtiger Werthtitel an den deutschen Börsen, deren Nenn⸗ betrag im ersten Semester dieses Jahres eine Milliarde überstieg, sind Beweis dafür, daß die Kapitalbildung bei uns, welche doch einen leb⸗ haften Verkehr und Umschlag voraussetzt, noch nicht ins Stocken ge⸗ rathen ist. Auch im Verhältniß zu anderen Ländern erscheinen unsere Verhältnisse als in hohem Grade günstige. Denn wenn sich z. B. bei den englischen Bahnen im vorigen Jahre ein Einnahmerückgang von mehr als 20 Millionen Mark gezeigt hat, so deutet dies auf eine Frachtverminderung, welche keineswegs ein günstiges Urtheil zu Gunsten des Freihandels und auf Kosten des Schutzzolles rechtfertigt. Auch der Rückgang der englischen Eisen⸗ gewinnung im vorigen Jahre spricht nicht zu Gunsten des Frei⸗ handels, da die Herstellung von Roheisen in Deutschland noch eine weitere Steigerung erfahren hat. Selbst der englische Börsenverkehr in London hat wenigstens, soweit derselbe durch das Clearinghouse ging, ebenso wie in Frankreich eine Verminderung erfahren. Andern⸗ falls ist die Regsamkeit in Deutschland auch nach Maßgabe der jüngsten Jeröffentlichungen noch jetzt eine solche, daß man sie getrost neben diejenige in den freihändlerischen Ländern stellen kann, ohne befürchten zu müssen, dieselbe in den Schatten gestellt zu sehen. Der spekulative Handel freilich mag jetzt keinen so großen Um⸗ fang haben, wie vor zehn Jahren. Aber derartige Flauheit findet auch unter dem Freihandel statt, und die Preisermäßigung der In⸗ duftrie Erzeugnisse ist bei uns nicht größer als anderwärts. Um so ir 188 sind die Bemühungen, die Maßnahmen anderer Länder auf volit einem Gebiete zu „Repressalien“ gegen die deutsche Schutzzoll⸗ b ik zuspitzen zu wollen. Dieselben zeigen aber auch, daß die Frei⸗ vandelspartei sich selbst durch die Folgen des Schutzzolles geschlagen fühlt, und daß sie weiter nichts mehr weiß, als an die baare Naivetät zu appelliren.

So wird jetzt von den Freihändlern wieder einmal der Getreide⸗ preis in den freihändlerischen und schutzzöllnerischen Ländern nebenein⸗

andergestellt und die Preisdifferenz zwischen beiden auf den Zoll

Grauskalkulirt. Dann wird einmal behauptet, durch die höhexen etreidepreise in den Schutzzollländern würde den Arbeitern daselbst dir⸗ „billigere Weltmarktpreis“ abgeschnitten und die Industriellen jeser Länder könnten, da ihre Arbeiter das Brot theurer bezahlen müßten, als die der freihändlerischen Länder, mit jenen nun ihrerseits auf dem „Weltmarkt“ nicht konkurriren....

1 Und doch berichtet der englische Berichterstatter über industrielle ingelegenheiten in Berlin, Mr. Scott, der verpflichtet ist, seiner Re⸗ erung die Wahrheit zu schreiben, und der nicht den mindesten Grund dat, seine Landsleute zum Vortheil der deutschen Industriellen herabzu⸗ setzen: „Die deutsche Industrie habe der englischen viel Boden hin⸗ weggenommen und sie verfüge über so vortreffliche Leistungen, habe sich die allgemeine Anerkennung so erworben, sei überdies so umsichtig fi der Arbeit, daß sie etwaige Anstrengungen der Engländer nicht zu fürchten habe!“ Also muß es mit dem Getreidezoll doch nicht so schlimm sein; denn nach den Behauptungen der Börsenjobber gehören ja die deutschen Industriellen zu denen, deren Arbeiter ihr Brot um

den Schutzzoll theurer bezahlen müssen, und Deutschland ist ein Land, wo die Arbeiter von den billigen „Weltmarktpreisen“ des Getreides ausgeschlossen sind. ....

Uebrigens, wenn der Schutzzoll einzig die Differenz zwischen den Getreidepreisen der verschiedenen Plätze herstellt, wie kommt es dann, daß z. B. der durchschnittliche Roggenpreis im Mai in Köslin 120, in Neuß 137, in Koblenz 147, in Trier 161 war? Zwischen dem freihändlerischen Platze London und dem schutzzöllnerischen Paris betrug der Preisunterschied seit Einführung des französischen Getreidezolles nach freihändlerischen Angaben selbst im höchsten Falle 42 Fr. für die Tonne, war aber auch schon 22,80 Fr,. also noch geringer als zwischen Neuß und Trier, die nur durch den Zwischenhandel getrennt sind. Das sollte doch veranlassen, den Börsenflunkereien einmal die ein⸗ schneidende Praxis auch hier entgegenzusetzen.

.— Die, Vossische es schreibt in ihrem Wochen⸗ bericht von der Berliner Börse u. A.:

Die Tabelle des „Reichs⸗Anzeigers“ über die Juni⸗Eisenbahn⸗ Einnahmen bringt ein befriedigendes Bild der Entwickelung der deut⸗ schen Eisenbahnen. Allerdings muß berücksichtigt werden, daß die Einnahmen in Folge des Pfingstverkehrs wesentlich anders zu be⸗ trachten sind als im Vorjahr. Immerhin erscheint es bemerkenswerth, daß trotz der Klagen über die ungünstige Lage des Handels und der Industrie noch solche Resultate erzielt werden können. Bei den preußischen Bahnen ergaben sich folgende Einnahmen:

Kilom. Im Juni pr. Kilom. Erst. Halbj. pr. Kilom.

1886 21 407 54 528 887 2547 161 626 777 7 555

1885 21 029 53 603 793 2549 318 956 487 15 212

1884 19 120 51 236 481 2680 303 344 140 15 962 Die von den Verwaltungen der Eisenbahnen im Laufe des Mo⸗ nats publizirten Einnahmen geben keinen genügenden Anhaltspunkt für die Beurtheilung, weil sie zu früh veröffentlicht werden müssen. Auch die Tabelle des „Reichs⸗Anzeigers“ ist noch unvollständig, es fehlen in derselben die Verrechnungen der einzelnen Bahnen mit aus⸗ wärtigen Eisenbahnen. Immerhin sind theilweise so bedeutende Ver⸗ änderungen in den Einnahmen zu konstatiren, daß nachfolgende ver⸗ gleichende Aufstellung gegen den betreffenden Zeitraum des Vorjahres von Interesse sein dürfte. 1 Von der Verwaltung Im „Reichs⸗Anzeiger“ publizirte Einnahmen angegebene Differenzen

Im Juni Bis Ende Juni Im Juni Bis Ende Juni Ostpreuß. Sübb. 65 990 1152 028 75 757 1 161 152 Marienb.⸗Mlawka 39 724 218 462 25 647 200 053 Breslau⸗Warschau 1 859 11 936 2 694 10 759 Mecklenb. Fr.⸗Franz 7612 113 929 6 925 —, 102 857 Lübeck⸗Büchen 30 247 107 927 899 789 47 652 Drtm.⸗Gr.⸗Ensch. 2 311 22 244 2 311 28 679 Saalbahn 3672 29 149 8 967 11 674 Nordhausen⸗Erfurt 3 805 63 659 3 186 55 976 Aachen⸗Jülich 2 308 42 553 6 452 50 367 Werrabahn 2 696 41 725 7 938 106 170 Weimar⸗Gera 5 288 678 15 402 Altdamm⸗Colberg 7 433 15 917 16 135 Eutin⸗Lübecker 5 439 5 245 2 007 Berlin⸗Dresden 48 350 107 698 88 759 Hess. Ludwigsbahn 10 705 426 791 374 984

Das „Deutsche Wollen⸗Gewerbe“ berichtet unter der Ueberschrift „Ein freimüthiges Urtheil“:

Das zweite Wochenheft des Monats Juli vom „Spectator“ in London bringt eine sehr ernste Mahnung an die Fabrikanten Eng⸗ lands und schiebt die Schuld seines Rückganges im Export auf die schlechte merkantilische Erziehung Jung⸗Albions, das von Deutschland in jeder Konkurrenz geschlagen wird. Da heißt es u. A.: „Es ist eine bezeichnende Thatsache, daß die Manufaktur⸗ und kommerzielle Macht, welche uns auf dem neutralen Markt schlägt, weniger Amerika, als die neue Macht, Deutschland, ist. Abgesehen vom Schutzzoll, der mehr für als gegen uns ist, ist es dennoch Thatsache, daß wir z. B. mit Sammet durch Deutschland ganz verdrängt sind. In erster Linie Deutschland, dann die Schweiz und Belgien haben uns mit dieser Industrie besonders aus Dester⸗ reich⸗Ungarn verdrängt. Selbst Triest, obgleich doch der Seetrans⸗ port billiger ist als der per Bahn, zieht deutsche Waare vor.“

In der Textilbranche ist der englische Import sehr zurück⸗ gegangen, da Deutschland im Punkt der Qualität mit England jetzt konkurrenzfähig ist. Der Hauptgrund dafür ist aber wohl, daß eng⸗ lische Fabrikanten nicht wie die österreichischen und deutschen in direkter Verbindung mit den Grossisten stehen; die meisten der englischen „dry goods“, die in Ungarn verkauft werden, gehen durch den öster⸗ reichischen Zwischenhändler.

Nun zu Italien! Hier nimmt England noch den ersten Rang ein; trotzdem zeigt der englische Export in Italien ein bedeutendes Zurückgehen, obgleich es seine Preise reduzirt hat; die Statistik er⸗ giebt, daß es um 16 % verloren hat, während Deutschland 102 % ge⸗ wann. Alle kleineren und alle Phantasie⸗Artikel sind durch Deutsch⸗ land verdrängt, und der Grund liegt in der höheren tech⸗ nischen Erziehung, in der größeren Aktivität der deutschen Geschäfts⸗ reisenden, in ihrer Fähigkeit, die Geschäfte in italienischer Sprache abzuschließen, in der größeren Aufmerksamkeit, welche sie den Be⸗ dürfnissen des italienischen Markts zuwenden. Mag man immerhin dem erleichterten Transport durch die St. Gotthard⸗ bahn von englischer Seite als Grund deutschen Vordringens Schuld geben, es ist dennoch Mangel an Aktivität auf Seiten Eng⸗ lands vorwiegend. Deutsche, tüchtig kaufmännisch geschulte Reisende, oft die Chefs selbst, durchreisen das Land, ja deutsche Häuser kor⸗ respondiren sogar in italienischer Sprache mit den dortigen Geschäfts⸗ leuten. Alle Konsuln sind der Ansicht, daß der Gebrauch der italie⸗ nischen Sprache bei den Deutschen und die Unkenntniß derselben bei den Engländern der Hauptgrund für Deutschlands erfolgreiches Kon⸗ kurriren ist. Die Engländer bleiben stehen und wissen nicht, daß da⸗ mit Rückgang verknüpft ist; sie befragen nicht den Geschmack und die Wünsche der fremden Kunden, sondern wollen Alles nach ihrem eigenen Ermessen erledigen.

Das gilt auch fürs Geschäft in Griechenland, ja sogar im zoll⸗ freien Holland, während Deutschlands Export nach Portugal sogar von 10 000 £ auf 400 000 £ pro Jahr gestiegen ist. Nach detail⸗ lirten Ausführungen folgt der Mahnruf:

„Der englische Fabrikant muß thatsächlich mehr Intelligenz, mehr Gefügigkeit, mehr Energie entfalten, wenn er der wachsenden Rivalität des hochstehenden und gebildeten Deutschlands erfolgreich be⸗ gegnen will. Vor allen Dingen gebt unseren Söhnen eine gründ⸗ lichere kommerzielle Bildung. Anstatt daß sie ein Bischen Latein und noch weniger Griechisch lernen, befreunde man sie mit der Grammatik und Konversation der Handelssprachen, welche der englische Handel erfordert. Jeder Knabe, der sich in Deutschland dem Handel widmet, lernt mindestens Englisch, meistens Französisch schon in der Schule; ebenso lernt jeder Schulknabe zeichnen. In unseren

andelsschulen nehmen die beiden Sprachen Deutsch und Französisch nur eine sekundäre Stellung ein, Zeichnen eine noch geringere; die Knaben lernen da eine Menge Dinge, die wohl auch für den Handel nützlich sind, aber den Kaufmann weniger für Reisen im Ausland befähigen. Deutschland aber weiß, daß das Geschäft in den Händen tüchtiger sprachkundiger Geschäftsreisender liegt; sie bilden seine Hauptmacht im Handel.“

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Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 31. Inhalt: Konsulatwesen: Exequatur⸗Ertheilung. Zoll⸗ und Steuerwesen: Befugnisse von Zoll⸗ und Steuerstellen. Finanzwesen: Nachweisung der Einnahmen des Reichs vom 1. April bis Ende Juni 188è86. Militärwesen: Vervollständigung des Schemas 16 zu §. 88 Th. I. der Wehrordnurg; Erlöschen der Berechtigung einer Lehranstalt zur Ausstellung von Zeugnissen über die wissenschaftliche Befähigung für

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den einjährig⸗freiwilligen Militärdienst. Justizwesen: Abänderungen der Geschäftsordnung des Reichsgerichts. Eisenbahnwesen: Ergänzung und Abänderung der Anlage D zum §. 48 des Betriebsreglements für die Eisenbahnen Deutschlands. Marine und Schiffahrt: Erscheinen des II. Nachtrags zur amtlichen Schiffsliste für 1886. Polizei⸗ wesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete. Annalen der Hydrographie und Maritimen Meteo⸗ rologie. Organ des Hydrographischen Amts und der Deutschen Seewarte. Herausgegeben von dem Hydrographischen Amt der Admiralität. Vierzehnter Jahrgang. 1886. Heft VII. Inhalt: Forschungen S. M. Knbt. „Drache“, Kommandant Korv.⸗Kapt. Holz⸗ hauer, in der Nordsee 1881, 1882 und 1884. (Hierzu Tafel A, Bi, B2, B, Ci, (2, Cs, I, II, III, IV). Kingstown, St. Vincent, Westindien. Nach dem Berichte des Schulgeschwaders, Geschwader⸗ Chef Kommodore Stenzel. Die Küste des Sultanats Zanzibar von Tunghi bis Sadaani. Bericht S. M. Kr. „Möwe“, Kom⸗ mandant Kapt. z. See Hoffmann. Hydrographische Notizen für den Zanzibar⸗Kanal bis zum Kilife⸗Fluß. Aus dem Bericht S. M. Kr. „Möwe“, Kommandant Kapt. z. See Hoffmann. Aus dem Reise⸗ bericht des Kapt. F. Reiners vom Schiffe „Aeolus“. Bemerkungen über Häfen und Fahrten an der Westküste von Merxiko, Central⸗ Amerika und Oregon. (D. S.) —Segelanweisung für die Fahrt von Port Jackson nach Finsch⸗Hafen. Kaiser Wilhelms⸗Land. Neu⸗Guineg. Tiefseeforschungen im Nord⸗Atlantik an der Ostküste von Nord⸗ Amerika und im Golf von Mexiko. Ueber das Interpolations⸗ Verfahren bei Monddistanzen nach den nautischen Ephemeriden. Von Dr. Ferd. Anton, Adjunkt der Sternwarte in Triest. Kleine Notizen: 1). Ueber den Hafen von Nukualofa, Tonga⸗Inseln. 2) Die Insel Tanna, Neue Hebriden. 3) Ueber die Stromverhältnisse zwischen den Tongo⸗Inseln und Neu⸗Lauenburg 4) Segelanweisung für die Paranagua⸗Bucht, Brasilien. 5) Flaschenpost. Tabellen: 1) Mittel, Summen und Extreme für den Monat Juni 1886 nach den meteorologischen Aufzeichnungen der Normal⸗Beobachtungs⸗ Stationen der Deutschen Seewarte. 2) Meteorologische und mag⸗ netische Beobachtungen, angestellt auf dem Kaiserlichen Observatorium zu Wilhelmshaven in dem Monat Juni 1886. Kartenbeilagen: 11 Tafeln zu dem Artikel: Forschungen S. M. Knbt. „Drache“, Kommandant Korv.⸗Kapt. Holzhauer, in der Nordsee 1881, 1882 und 1884.

Justiz⸗Ministerial⸗Blatt. Nr. 30. Inhalt: All⸗ gemeine Verfügung vom 20. Juli 1886, betreffend die Aufnahme von Bekanntmachungen in den „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeiger“. Allge⸗ meine Verfügung vom 23. Juli 1886, betreffend die Strafsachen gegen solche Personen, deren Einstellung in das Heer bevorsteht. Allgemeine Verfügung vom 24. Juni 1886, betreffend di eschäf ergebnisse der Justizbehörden aus dem Jahre 1885.

Statistische Nachrichten.

Das Juliheft 1886 der „Mittheilungen der Groß⸗ herzoglich hessischen Centralstelle für die Landes⸗ statistik“ hat folgenden Inhalt: Gesundheitszustand und Todesfälle im Großh. Hessen im I. Quartal 1886. Beitreibung der direkten Steuern und indirekten Abgaben 1884—85. Höhere Mädchen⸗ schulen 1885 86. Salzbesteuerung 1885 86. Vorläufige Er⸗

ebnisse des Betriebs der Eisenbahnen Mai 1886. Meteorologische

Beobachtungen zu Darmstadt Juni 1886. Meteorologische Beob⸗ achtungen zu Schweinsberg Juni 1886. Sterblichkeitsverhältnisse Juni 1886. Anzeige.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Das 3. Vierteljahrsheft (7 bis 9) der „Zeitschrift für Bauwesen“, (herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Ar⸗ beiten; Redaktions⸗Kommission: H. Herrmann, Ober⸗Baudirektor, J. W. Schwedler, Geh. Ober⸗Baurath, O. Baensch, Geh. Ober⸗ Baurath, H. Oberbeck, Geh. Ober⸗Baurath, F. Endell, Geh. Bau⸗ rath; Redacteure: Otto Sarrazin und Karl Schäfer) hat folgenden Inhalt: Das neue Gewandhaus in Leipzig, mit Zeichnungen auf Blatt 1 bis 6 im Atlas, von Baurath Schmieden in Berlin (Schluß). Die Technesche Hochschule in Berlin. Schluß der Beschreibung des Hauptgebäudes, mit Zeichnungen auf Blatt 19 bis 23 im Atlas, und das chemische Laboratorium der Hochschule, mit Zeichnungen auf Blatt 49 und 50 im Atlas. Mitgetheilt von Prof. H. Koch in Berlin. Die Stauanlage in der Spree bei Charlottenburg im Zuge der kanalisirten Unterspree, mit Zeichnungen auf Blatt 29 bis 33 im Atlas, von Wasserbau⸗Inspektor E. Mohr in Thiergartenschleuse bei Oranienburg (Schluß). Neuere Brückenbauten der Schweiz, mit Zeichnungen auf Blatt 34 bis 40 im Atlas, mitgetheilt von Regie⸗ rungs⸗Baumeister O. Riese in Frankfurt a. M. (Schluß). Ueber amerikanische Straßenbahnen mit Seilbetrieb, mit Zeichnungen auf Blatt 41 bis 43 im Atlas, von Regierungs⸗Maschinenmeister G. Leißner in Stargard i. . (Schluß). Ermittelung von Futter⸗ mauerquerschnitten, von Regierungs⸗Baumeister L. Dyrssen in Magde⸗ burg. Garnison⸗Lazareth in Königsberg i. Pr., mit Zeichnungen auf Blatt 51 und 52 im Atlas. Hausportale aus Halle a. S., mit Zeichnungen auf Blatt 53, aufgenommen und gezeichnet von Hugo Steffen in Halle. „Gottfried Semper“, Vortrag, gehalten von Architekt Oscar Sommer in den Versammlungen des Architekten⸗ und Ingenieur⸗Vereins in Frankfurt a. M. am 23. November und 14. Dezember 1885 (Schluß). Zusammenstellung der bemerkens⸗ wertheren preußischen Staatsbauten, welche im Laufe des Jahres 1884 im Gebiete des Landbaues in der Ausführung begriffen gewesen sind. Versuche über den Widerstand von Schraubenpfählen gegen Herausreißen, von Ingenieur L. Brennecke in Berlin. Statistische Nachweisungen, betreffend die wichtigsten der in den Jahren 1873 bis 1884 zur Vollendung gelangten Bauten aus dem Gebiete der Gar⸗ nison⸗Bauverwaltung des Deutschen Reichs (Fortsetzung).

Als 24. Band (II. Jahrgangs) von „Engelhorn'’'s All⸗ gemeiner Roman⸗Bibliothek“ ist soeben ausgegeben worden: „Von der Grenze“, Novellen von Francis Bret Harte (autorisirte Uebersetzung aus dem Englischen, von Auguste Scheibe). Von dieser Romansammlung, welche eine Auswahl der besten modernen Romane aller Völker bietet, erscheint alle 14 Tage ein Band zum Preise von 50 ₰. (Verlag von J. Engelhorn in Stuttgart.)

Die dreizehnte Auflage des Brockhaus’'schen Kon⸗ versations⸗Lexikons naht sich mit raschen Schritten ihrer Vollendung. Mit dem soeben erschienenen 210. Heft wurde der XIV. Band abgeschlossen, und in einigen Wochen wird er auch in der Bandausgabe vorliegen. Er endet mit dem Artikel „Spahis“ und enthält die große Zahl von 6425 Artikeln; in der vorigen Auflage hatte der entsprechende Band deren nur 2248, mithin hat eine nahezu dreifache Vermehrung stattgefunden. Nicht minder umfassend sind die Bereicherungen, welche dem Inhalt der einzelnen Artikel zu Theil ge⸗ worden. Dies tritt namentlich hervor auf dem Gebiete der Staaten⸗ geschichte und im Bereich der Statistik: die innere und äußere Geschichte Rußlands, Sachsens, Schwedens, der Schweiz, Serbiens reicht bis auf die letzten Tage herab, auch der serbisch⸗bulgarische Krieg von 1885 findet schon eine zusammenhängende Schilderung nach den besten Quellen und alle statistischen Zahlen beruhen auf dem Resultat der neuesten offiziellen Erhebungen. Reich vertreten ist die zeitgenössische Biographie durch die Artikel über Sagasta, Lord Salisbury, Dr. Schliemann, Graf von Schack, Victor von Scheffel, General⸗Konsul von Scherzer, Georg Schweinfurth, die Brüder Siemens, den Reichsgerichts⸗Präsi⸗ denten Simson. Außerdem knüpfen noch viele andere Artikel, wie: Samoa⸗Inseln, Sanct Gotthard⸗Bahn, Deutsche Seewarte, Deutscher Schulverein, an die Interessen der Gegenwart an. Und der also ver⸗ jüngte und erweiterte Text wird durch die trefflich ausgeführten Illustrationen: 8 Karten, 17 separate Bildertafeln (darunter 3 Tafeln zur Darstellung der Entwickelung der Schrift, 2 Tafeln Schiffstypen, 1 Tafel zu Schliemann's Ausgrabungen sowie mehrere Tafeln zur Naturgeschichte und Technik) und zahlreiche in den Text gedruckte Ab⸗

bildungen veranschaulicht.