1886 / 183 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 06 Aug 1886 18:00:01 GMT) scan diff

8 Nach dem Diner fand Cercle staitt. Um 5 ½ Uhr verließ die Kaiserin von Oesterreich, von

dem Kaiser bis zur Terrasse geleitet, das Badeschloß.

Gestern nahmen Se. Majestät die Vorträge des Chefs des Militärkabinets, General⸗Lieutenants von Albedyll, und des Wirklichen Geheimen Legations⸗Raths von Bülow entgegen.

Heute Vormittag hörten Se. Majestät der Kaiser den Vortrag des Chefs des Civilkabinets, Wirklichen Geheimen Raths von Wilmowski. v“

Der diesseitige Gesandte am Königlich bayerischen Hofe hat einen ihm Allerhöchst bewilligten längeren Urlaub angetreten. In Abwesenheit des Grafen von Werthern fungirt der Legations⸗Sekretär Graf zu Eulenburg als interimistischer Geschäftsträger.

Die Wahl des Geheimen Ober⸗Finanz⸗Raths Dr. Rü⸗ dorff zum Präsidenten der Preußischen Central⸗Bodenkredit⸗ Gefelschaft in Berlin ist von Sr. Majestät dem König bestätigt worden.

Der Direktor der Kriegs⸗Akademie, General⸗Lieutenant von Flatow, ist von Urlaub hierher zurückgekehrt.

Schlangenbad, 5. August. (W. T. B.) Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm das Diner bei Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin ein, machte Nachmittags einen Spaziergang in den Anlagen, stattete dem Prinzen Nicolaus von Nassau einen längeren Besuch ab und trat um 4 ¾ Uhr über fae a. M. die Rückreise nach Potsdam an. Ihre Majestät die Kaiserin gab Sr. Kaiserlichen Hoheit bis nach Eltville das Geleit und kehrte sodann hierher zurück.

Baden. Karlsruhe, 5. August. (W. T. B.) Die Mitglieder der Lehrkörperschaften der Universität Heidelberg und die zu deren Jubelfeier entsendeten Delegirten und Ehrengäste wurden bei ihrer Ankunft auf dem hiesigen von dem Ober⸗ Bürgermeister Lauter begrüßt und begaben sich dar⸗ auf zu Fuß durch die ein dichtes Spalier bildende Menge nach dem Großherzoglichen Schlosse. Beim Passiren des Rathhauses ertönte von dem Balkon desselben aus der Einzugsmarsch aus Wagner's „Tannhäuser“. Bei dem Eintritt in den Empfangssaal des Schlosses wurde jeder einzelne der Geladenen zuerst Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog und dann Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin vorgestellt, welche Beide an jeden der Vorgestellten huldreiche Worte richteten. Die vor⸗ gestellten Personen begaben sich hierauf in den Schloß⸗ garten, wo, während die Militärmusik concertirte, Thee gereicht wurde. Nach Beendigung der Vorstellung und nach⸗ dem sämmtliche Gäste ihre Namen in ein Gedenkbuch eingetragen hatten, wurde in den oberen Räumen des Schlosses das Souper eingenommen, bei welchem sich der Großherzog und die Großherzogin ununterbrochen unter ihren Gästen bewegten. Unter den Letzteren be⸗ fanden sich auch die preußischen Staats⸗Minister von Goßler und Dr. Lucius sowie der preußische Gesandte von Eisendecher und der badische Gesandte Marschall von Bieberstein aus Berlin. Nach beendetem Souper fanden im Schloßgarten bei glänzender Beleuchtung durch Magnesium⸗ licht und bengalische Flammen Gesangsvorträge der Karlsruher Gesangvereine statt. Um 10 ½ Uhr führte ein Extrazug den Großherzog gemeinsam mit seinen Gästen nach Heidelberg zurück.

Heidelberg, 5. August. (W. T. B.) Der Großherzog hat den päpstlichen Abgesandten, Bibliothekar Steven⸗ son, mit der Ueberbringung eines eigenhändigen Schrei⸗ bens an den Papst und der Ueberreichung der goldenen Jubiläums⸗Medaille beauftragt.

Bei den heutigen Ehrenpromotionen sind noch zu Ehrendoktoren ernannt worden: Hauchecorne, Direktor der Bergakademie in Berlin, Capasso, Superintendent der italienischen Staatsarchive, und Staats⸗Minister Turban.

Professor von Helmholtz sagte, wie nachträglich ge⸗ meldet wird, in der bei dem Festmahl am 4. d. zu Ehren Heidelbergs gehaltenen Rede:

Er habe den Auftrag erhalten, auf die Stadt Heidelberg einen Trinkspruch ausubringen; es sei ihm eine Freude dem nachzukommen. Er habe Heidelberg zuerst als Tourist kennen gelernt und habe den Farber seiner Schönheit gleich tief gefühlt. Doch gebe es echte Schön⸗ heit und falsche Schönheit. Der Eindruck der letzteren schwäche

sich ab, wenn man sie zum zweiten Male, sie langweile, wenn man

e zum dritten Male sehe. Er habe ausgedehnte Gelegenheit gehabt, Heidelbergs Schönheit als echt zu erproben, da ihm ein günstiges

Geschick gestattet habe, zwölf Jahre hier zu leben. Die Individualität des Menschen sei ein Produkt seiner Geschichte, und so sei die Liebe zu Heidelbergs Landschaft ein Stück seiner Seele geworden.

„Aber er wolle sich nicht in einer poetischen Beschreibung von Heidelbergs Schönheit ergehen; das hätten Tausende schon vor ihm gethan, darunter die ersten Dichter deutscher Zunge von Goethe bis auf den uns erst jüngst entrissenen, dessen Lieblingsthema diese Stadt

ewesen. Ihnen könne er nicht nacheifern. Ihm scheine, Jeder spreche am

esten von dem, was er selbst am besten kenne, und Heidelbergs Ehren⸗ kranz werde am schönsten, wenn mannigfaltige Blumen hineingeflochten würden, auch einmal eine etwas absonderliche. Darum wolle er die Schönheit der Stadt als Naturforscher betrachten.

„Sei es ein Zufall, daß von diesen grünen Hügeln aus der geistige Blick des Menschen zum ersten Male in die uner⸗ meßlichen Welträume gedrungen sei mit der Einsicht, wie die chemische Natur der Weltkörper zu entziffern sei, ein Unterfangen, welches unmittelbar vorher noch als die abenteuerlichste Un⸗ möglichkeit hätte erscheinen müssen? Er glaube das Gegen⸗ theil. Etwas vom Schauen des Dichters müsse auch der Forscher in sich tragen.

Freilich ist letzterem mühsame und geduldige Arbeit nöthig, um das Material zu sichten und bereit zu machen. Aber Arbeit allein kann die Licht gebenden Ideen nicht herbeizwingen. Diese springen wie die Minerva aus dem Kopfe des Jupiter, unvermuthet, un⸗ geahnt; wir wissen nicht, von wannen sie kommen. Nur das ist sicher: dem der das Leben nur zwischen Büchern und Papier kennen gelernt hat und dem, der durch einförmige Arbeit ermüdet und verdrossen ist, dem kommen sie nicht. Die Empfindung von Lebensfülle und Kraft muß da sein, wie sie vor Allem das Wandern in der reinen Luft der Höhen giebt. Und wenn der stille Frieden des Waldes den Wanderer von der Unruhe der Welt scheidet, wenn er zu seinen Füßen die reiche üppige Ebene mit ihren Feldern und Dörfern in einem Blicke umfaßt, und die sinkende Sonne goldene Fäden über die fernen Berge spinnt, dann regen sich wohl auch sympathisch im dunklen Hintergrunde seiner Seele die Keime neuer Ideen, die geeignet sind, Licht und Ordnung in der inneren Welt der Vorstellungen aufleuchten zu machen, wo vorher Chaos und Dunkel war.

Heidelberg, die Zuflucht müder und beladener Seelen, die Er⸗

licher Begeisterung, die wir alle lieben und zu der wir gekommen sind, weil wir sie lieben, „Alt⸗Heidelberg, die feine, die Stadt an Ehren reich“, sie wachse, sie blühe, sie lebe!“

6. August. (W. T. B.) Der von dem Maler Karl Hoff, Professor an der Kunstschule zu Karlsruhe, entworfene und unter seiner persönlichen Leitung zur Ausführung gebrachte historische Festzug, welcher die feit der Gründung der Uni⸗ versität verflossenen 5 Jahrhunderte zur Darstellung bringen sollte, ist programmgemäß verlaufen. An demselben nahmen über 900 Personen mit 300 Pferden und 14 Prachtwagen Theil. Durch seine bis in die geringsten Einzelheiten durch⸗ geführte historische Treue in den Trachten, Geräthschaften und allen übrigen Beziehungen, sowie auch durch die Farbenpracht und den Reichthum der verwendeten Stoffe machte der Zug auf sämmtliche Zuschauer einen unver⸗ geßlichen Eindruck. Die volle Entwickelung des Zuges dauerte ¾¼ Stunden. Se. Königliche Hoheit der Großherzog hatte nebst Familie und Gefolge, mit dem Prorektor und den Dekanen der vier Fakultäten auf einem nahe am Aus⸗ gangspunkt des Zuges errichteten Pavillon Platz ge⸗ nommen, sodaß der Zug den Pavillon zwei Mal passirte. Die Delegirten und die Ehrengäste der Universität sahen von einer neben dem Pavillon aufgeschlagenen Tribüne zu. Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Hessen hatte incognito an einem E des „Darmstädter Hofes“ Platz genommen. Die Straßen der Stadt, durch welche sich der Jug bewegte, waren von einer Kopf an Kopf gedrängten Menschenmenge angefüllt. Die Ordnung wurde nirgends

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 4. August. Die heutigen Morgenblätter veröffentlichen eine Mittheilung über eine Reihe von Veränderungen, welche angeblich bezüglich der österreichisch⸗ungarischen Vertretungen im Orient bevorstehen sollen. Wie die „Pol. Corr.“ von kompetenter Seite erfährt, beruhen diese Mittheilungen, mit Ausnahme jener, daß der Minister⸗Resident in Alexandria, Ritter Hoffer von Hoffenfels, krankheitshalber von seinem Posten zurücktreten werde, auf willkürlichen und ganz unrichtigen Kombinationen.

Großbritannien und Irland. London, 4. August. (A. C.) Gestern wurden folgende ministerielle Er⸗ nennungen vollzogen: Admiral Sir A. Hoskins und Lord Charles Beresford zu Lords der Admiralität; Ashmead⸗ Bartlett zum Civtl⸗Lord der Admiralität; A. B. Forwood zum Sekretär der Admiralität; Advokat E. Clarke zum General⸗ fiskal; Stuart⸗Wortley zum Unter⸗Staatssekretär des Innern; Lord Harris zum Unter⸗Staatssekretär im Kriegs⸗Ministerium und W. H. Long zum Sekretär des Kommunal⸗Verwaltungs⸗ amts. Mit Ausnahme des General⸗Zahlmeisteramts sind nun⸗ mehr sämmtliche Verwaltungsämter, deren Inhaber mit der Regierung wechseln, wieder besetzt.

Das Oberhaus sowie das neugewählte Haus der Gemeinen treten am Donnerstag für eine kurze Session zusammen, die ausschließlich der Erledigung der Vor⸗ anschläge für den Ptaatsdienst gewidmet sein wird. Das erste Geschäft bildet die Sprecherwahl; am Freitag wird der neue Sprecher, nachdem seine Wahl von der Königin bestätigt worden, in sein Amt eingeführt, worauf die Vereidigung der Ab⸗ geordneten beginnt und etwaige Ergänzungswahlen ausgeschrieben werden. Das Unterhaus vertagt sich alsdann bis zum Montag, worauf die Vereidigung der Mitglieder fortgesetzt wird und weitere Neuwahlen ausgeschrieben werden. Am 10. d. ver⸗ tagt sich das Haus bis zum 19. d., an welchem Tage, nachdem die Abgeordneten, welche Ministerposten angenommen haben, wiedergewählt worden sind, die Session mit einer Thronrede eröffnet wird. Letztere wird indeß nur eine förmliche Bot⸗ schaft sein, welche ankündigen wird, daß der Zweck der Session die Abwickelung der Finanzgeschäfte des Jahres ist.

Gestern wurde in Palmer's Schiffswerft in Jarrow das neue britische Kriegsschiff „Orlando“ vom Stapel gelassen. Bei dem dem Stapellauf voran⸗ egangenen Gabelfrühstück, an dem etwa 400 Per⸗ onen theilnahmen, bemerkte der Vorsitzende, Par⸗ laments⸗Mitglied Sir Charles Mark Palmer, daß der „Orlando“ eine neue Gattung von Schiff sei, das das Problem lösen würde, welche Art von Kriegsschiffen in Zu⸗ kunft gebaut werden solle. Der „Orlando“ vereinige in sich große Stärke, große Ausrüstung und große Fahrgeschwindig⸗ keit und sei im Stande, lange Zeit auf offener See zu bleiben. Der „Orlando“ sei ein Experiment. Das neue Kriegsschiff ist das erste dieser Gattung von sieben, die für die britische Marine gebaut werden sollen. Das⸗ selbe ist 300 Fuß lang, 56 Fuß breit und 37 Fuß tief, bei einem Tiefgange von 21 Fuß und einem Gehalt von 5000 t. Die veranschlagte Fahrgeschwindigkeit beträgt etwa 19 Knoten per Stunde. Der Panzer trägt einen Stahlüberzug und besteht aus einem Gürtel von 200 Fuß Länge, der sich von 1 Fuß 6 Zoll oberhalb der Wasserlinie bis 4 Fuß unter⸗ halb derselben ausdehnt. Der Gürtel hat eine Stärke von 10 Zoll und ruht auf einer Unterlage von Teak⸗Holz, welche mit einzölligen Stahlplatten befestigt ist.

5. August. (W. T. B.) Beide Häuser des Parlaments traten heute Nachmittag 2 Uhr zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Im Oberhause wurden die neu eingetretenen Pairs ver⸗ eidigt. Das Unterhaus nahm die Wahl des Sprechers vor. Auf den Antrag Birckbeck's, welchen Gladstone unter⸗ tützte, wurde Peel, und zwar einstimmig gewählt. Der⸗ elbe nahm die Wahl an und betonte dabei die Wichtigkeit der Aufrechterhaltung der Würde und Autorität des Prä⸗ sidiums des Hauses; die beste Bürgschaft für die Redefreiheit und für die, persönliche Freiheit der Parlaments⸗Deputirten 8 der 1x gegen die Regeln und die Geschäftsordnung es Hauses.

In der heute bei Lord Hartington stattgehabten Ver⸗ sammlung der JCb6ö6 Liberalen sprach Lord Hartington seine Befriedigung über die bei den Par⸗ lamentswahlen gehabten Erfolge aus, empfahl indeß, in dem neuen Parlament von jeder feindseligen Haltung gcenenber den Anhängern Gladstone’'s abzu⸗ sehen. Die Rekonsolidirung der liberalen Partei sei nur eine Frage der Zeit; die dissentirenden Liberalen müßten deshalb ihre Sitze an der Seite der übrigen Liberalen einnehmen und dadurch horlegen⸗ daß die liberale Partei, mit Ausnahme eines einzigen Punktes, nahezu in allen übrigen Beziehungen einig sei. Chamberlain erklärte sich mit den Ansichten Lord Hartington's durchweg einverstanden, denen hierauf auch von

quickungsstätte der Leidenden die Stadt strenger Arbeit und jugend⸗

Plymouth, 5. August. (W. T. B.) Der gz„2 Portugal ist heute hier angekommen * von dem Herzog von Connaught empfangen wordendeh

Dublin, 5. August. (W. T. B.) Der 1 2 König von Irland, Marquis von Londonder Lie der Staatssekretär für ry, und

r natss 1 rland, Hicks⸗ gestern hier eingetroffen und haben . hr⸗ Nea, sind nommen. sten ühe

Frankreich. Paris, 5. August. C) 2 „Agence Havas“ veröffentlicht nachstehenden Briez d” Kriegs⸗Ministers Generals Boulanger: tef d

Paris, 3. August 1886. An Herrn Limbourg. Mei In den Blättern sind vier mit meinem Namen unterzeichnete den Herzog von Aumale gerichtete Briefe erschienen Pete ud offenkundig falsch war, konnte ich die Echtheit des Tertes d dn e bis zur Wiedergabe der Originale nicht erkennen. Ich habe eschane Heute erkläre ich, daß die drei letzten Briefe, dieienigen chrim Veröffentlichung der Herr Herzog von Aumale S 8 traute, echt sind. Ich will Ihnen die Gnade erweisen kein Unt fällen über die Handlungsweise Ihres Gebieters noch über dirtlh die Sie verrichtet haben. Auch gebe ich mich nicht zu Erläm 89 über den Inhalt dieser Briefe her. Sie könnten dieselben doch verstehen. Sie waren Präfekt der Republik, um sie zu b.g ich bin Minister der Republik, um ihr zu dienen. Ich vranta Ihnen und den Ihrigen zum Trotz. Ich habe Ihren Haß n wünsche nichts dringlicher, als mich seiner auch ferner würns zeigen. Als der Herr Herzog von Aumale ohne Rücksicht auf de tärischen Vorschriften unter dem Vorwande der Jagden und Mn Zweck, der heute deutlich erscheint, Offiziere um sich zu verans suchte, von denen viele ihm unbekannt waren, erhielt ich den Acftre ihm die Vorstellungen des damaligen Kriegs⸗Ministers zu übermikti ich habe gehorcht. Als die Prinzenverschwörung mich zwang, zwisce meinem ehemaligen Vorgesetzten und der Republik zu wäßten t ich der Republik treu. Als das Gesetz beschlossen war, ließ r durchführen. Und wenn jemals die Aufwiegler, Ihre Freunde, dn Einfall haben sollten, vom Wort zur That überzugehen, so wird g Verfasser der Briefe an den Herzog von Aumale in schlichter än nachdrücklicher Weise seine Pflicht gegen die Freunde des Herzogs in Aumale erfüllen. Gez.: General Boulanger.“ f

Obiges Schreiben wurde gestern Abend wie der „Agen Havas“ so auch Hrn. Limbourg zwischen 10 und 11 Un zugestellt, worauf dieser nachstehende Note aufsetzte und da Blättern zusandte:

„Der Empfänger dieses Briefes wird seinem Verfasser, General, der in wenigen Tagen zweimal öffentlich leugnete, was und seinem eigenen Wissen die Wahrheit war“, nicht die Gnade erwesc⸗ ihn für einen Fehdehandschuh zu halten, der heute aufgehoben neina kann. Er begnügt sich damit, ihn dem Urtheile der Leute von (in und gradem Sinne zu unterbreiten. H. Limbourg.“

(Köln. Ztg.) Die Veröffentlichung der Briffe des Generals Boulanger beschäftigt lebhaft die hiesign Regierungskreise, besonders wegen der Stellung des Genernl zur Armee. Der Kriegs⸗Minister hat seinen Amtsgenosan mitgetheilt: er sei bereit, zurückzutreten; vor der Rückkehr de Hrn. de Freycinet wird indessen nichts entschieden werden

Türkei. Konstantinopel, 2. August. (R. B.) de diplomatische Agent Bulgariens hierselbst hat ie Pforte die Ernennung des Hrn. Demitroff zum Pi⸗ fekten von Philippopolis und des Hrn. Kiriaki Zankoff, d früheren diplomatischen Agenten in Bukarest, zum bulgarsscen Mitglied der Kommission zur Revision des rumelisten organischen Statuts mitgetheilt.

Serbien. Nisch, 5. August. Skupschtina hat die Gesetzentwürfe, betreffend düe Deckung der provisorischen Staatsschuld 20 Millionen, die Einführung eines Regals auf Petto⸗ leum und Zündhölzchen, sowie die des li⸗ herigen Ausfuhrzolls auf Wein und Branntwein angenommen.

Amerika. Washington, 5. August. (W. T. 9. Der Kongreß hat sich vertagt, ohne irgend welle Maßregel in Bezug auf die von der mexikaniscen Regierung abgelehnte Freilassung des verhafteten Redaktenn Cutting zu beschließen.

9 von

Zeitungsstimmen.

„Schwäbische Merkur“ folgendermaßen: 1 Die Berichte der Handelskammern lauten in diesem Jahre wie sehr unerfreulich, und man kann es den Gegnern unserer Wil⸗ schaftspolitik nicht verargen, wenn sie aus dieser Thatsat nach Möglichkeit Kapital schlagen. Thatsächlich befinden um uns aber einer Krisis gegenüber, woran alle Kulturvölker vPihh mäßig leiden und welche sich von der Streitfrage, ob Freihanan oder Schutzzoll, ziemlich unabhängig hält. Die enorm tög⸗ und umfangreiche Ausbildung des Maschinenwesens, rfolgen und ausgebreitete Verwendung mechanischer Kräfte hat die Gllg⸗ erzeugung in derartiger Weise gesteigert, daß der Verbrauch mit d nicht Schritt zu halten vermochte. Ist die letztere nun auch durchen Zuwachs der Bevölkerung und die Vermehrung der Bedürfnisse, n⸗ sie erhöhte Kultur und zunehmender Lurus bedingen, gesteigert veh so ist das richtige Verhältniß zwischen Erzeugung und Verbrauch lit nicht wieder erreicht, und es fragt sich, ob es auf der gegen Kulturstufe ohne mächtige elementare Ereignisse je wieder er werden kann. Wenn sich jetzt wirklich einmal ein neuer Zwei Industrie als rentabel erweist, so wirft sich der Unternehme sofort mit solcher Gewalt darauf, daß auch hierin allzu bald! erzeugung eintritt. Die Uebererzeugung aber bildet das Grun unseres ganzen geschäftlichen Nothstandes; auf allen Erwerbsgebieten steigt das Angebot die Nachfrage und naturgemäß bewegen sich2infolge die Preise in stetig absteigender Linie. Dazu kommt, daß ein er 1 Theil vorzüglich unserer deutschen Industrie sein Augenmerk meh die Menge als auf die Beschaffenheit des Erzeugnisses richtet, ne daß unsere geschäftliche Konkurrenz ihre einzige Rettung in ig Drücken der Preise sucht. Eine nicht geringe Schuld trifft . allerdings auch den Verbraucher, welcher zumeist die sehr irrige! zeugung hegt, daß er am besten kauft, wenn er sehr billig kauftö darum viel weniger auf die Solidität der Waare, als auf den niebet⸗ Preis derselben sieht. Dieser Rückgang der Preise, welcher auf 8g den Einzelzweigen bevorstehenden Absatzkrisen hinweist, zieht nun allen Gebieten die gleichen üblen Folgen nach sich; unsere Landne schaft arbeitet ohne Gewinn, die mit ihr in Verbindung stelen Zuckerindustrie hat die schwere Krisis noch immer nicht, wunden, und die in ähnlichem Verhältniß befindliche Sp i- industrie vermag sich nur durch starke Einschränkung des Be zu erhalten; in der Bergwerksindustrie werden Tausende o Arbeitern entlassen, und der gleichen Erscheinung begen wir bei der Eisen⸗ und Stahlfabrikation. In sehr schlimn Lage befindet sich auch, und wir sehen hier gleichfalls in erster e die Folge der Preisherabsetzung, unsere deutsche Segels iff⸗Rhe fh welche schon seit Jahren eine Verzinsung der in ihr angelegten gref⸗ Kapitalien nicht mehr bringt und dabei noch von starken Verlusten; droht wird. Allerdings beschränkt sich dieser mißliche Zustand der S⸗

der Versammlung zugestimmt wurde.

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schiffahrt nicht auf Deutschland allein, denn überall hat der Erwerkin it der mächtigen Konkurrenz der Dampfer zu kämpfen, bei uns gestalte

Blätter: Die

Ueber die Erwerbslage in Deutschland äußert sich de

u um so fühlbarer, als ein ganz besonderes Gebiet, aber dieser Rücgana ane. hauptsächlich davon betroffen wird. Soweit nämlich unccliche Darstellung, wie sie die „Nationalliberale Correspon⸗ tine übersicht Sie klingt ziemlich ernst. Hält man aber gegen die denz“ Ftchm Uebelstände das Bild des noch gegen wenige Jahrzehnte eugenblickli ein gehobenen gesammten Volkswohlstands, der gesteigerten früher ungem nd Arbeitsfähigkeit, des Emporkommens der deutschen Arbeitslust und theilweise über die alten, mächtigen Industrie⸗ Industrie ge kein Zweifel, daß unser Erwerbsleben im Großen und taaten, so ij ufstei ender Linie sich bewegt. Die Krisis, in welcher Ganzen in ege sich befinden, wird, wenn auch noch unter schweren manche Zweig Verlusten, überwunden werden, und ist sie eine Welt⸗ Fhaevf ist jedenfalls kein Grund, die deutschen Verhältnisse schlimmer risis, Jügrigen anzusehen. z die übrigen anzuse 1 8 3 In der Zeitschrift „Das Deutsche Wollen⸗Ge⸗ les ir: werbe Maschinenbaues in Deutschland berichten rheinische Zur Lag Web⸗ und E— Sen 898 ügender Zahl; auch Dampf⸗ und Werkzeugmaschinenbau⸗ Untalten Fabandeich gut beschäftigt; aber der Lokomotivbau liegt sehr Lnstaer Haben schon in den letzten Jahren die Preise für Lokomotiven darniede Perdienst übrig gelassen, so werden jetzt, nur um den alten baun erstamm zu beschäftigen, Bestellungen zu Preisen aufgenommen, Ar im Stande sind, Material, Löhne und sonstige Spesen zu v Aufträge, die im Submissionswege vergeben werden, bringen 5 heutigen Preisen nicht den geringsten Verdienst mehr. Wenn hüͤher unsere großen Etablissements einen nicht unerheblichen Absatz 5 Oesterreich und Rußland hatten, so ist auch dieser jetzt sehr er⸗ säwert worden. Während in Deutschland auf Lokomotiven ein Zoll 18 für 100 kg liegt, erhebt Oesterreich für 100 kg 8 Fl. und ußland sogar etwa 28 Der Absatz in Werkzeugmaschinen für Meall⸗ und Holzbearbeitung hat sich gehoben; vor Allem aber findet die sich bemerkbar machende Aufbesserung der Lage unserer Spinnerei und Weberei in der vermehrten Bestellung von Spinnereimaschinen, Selfak⸗ koren, Krempeln, Webstühlen, Tranusmis sionen u. s. w. Ausdruck. Die auf die Hebung der Ausfuhr nach dem Ausland gerichteten Bemühungen haben scch vielfach als lohnend erwiesen, nach europäischen und namentlich nach

träge in ger

überseeischen Ländern hat die Ausfuhr erheblich zugenommen. Man bevorzugt die deutschen Maschinen gegenüber französischen, belgischen und felbst englischen, welche wohl billiger, aber dafür auch um soviel schlechter sind. Es ereicht der Konkurrenzfähigkeit der dentschen Fabri⸗ kation zum großen Lob, daß die Fälle immer häufiger eintreten, wo sowohl französische als englische Ausfuhrfirmen, welche bisher ihren Bedarf im eigenen Lande deckten, deutsche Maschinen wegen ihrer und solideren Ausführung bestellen; auch glaubt man in den interessirten Kreisen von der Eröffnung der sub⸗ ventionirten Dampferlinien eine weitere Hebung der Ausfuhr erwarten

besseren Beschaffenheit

zu dürfen.

Centralblatt der Abgaben⸗Gesetzgebung und Ver⸗

waltung in den Königlich preußischen Staaten. Nr. 16 Inhalt: Anzeige der in der Gesetz⸗Sammlung und im Reichs

Gesetzblatt erschienenen Gesetze und Verordnungen. I. Allgemeine Verwaltungsgegenstände: Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen. Statistischer Nachweis des mit dem Anspruch auf Steuervergütung abgefertigten Zuckers und der nachträglich vorgenommenen Verzollungen von Rückständen aus

olffrei abgelassenem Petroleum. Geldablieferungen der Haupt

ümter am Sitz der Regierungs⸗Hauptkasse und einer Reichsbank⸗ stelle. III. Indirekte Steuern: Privattransitlager ohne amtlichen Mitverschluß für Sesamöl in Fässern. Steuerfreie Verwendung des Färbebiers von Gehrke in Dobrilugk zu anderweiter Bierbereitung.

Anschreibung von Tabacksteuerbeträgen in den Uebersichten über die

Besteuerung des inländischen Tabacks. Ausführungsbestimmungen VI. Personal⸗

zum Gesetz wegen Besteuerung des Zückers. nachrichten. Beilage: Ausführungsbestimmungen zum Gesetz wege Besteuerung des Zuckers.

Eisenbahn⸗Verordnungs⸗Blatt. Nr. 23. Inhalt

Erlasse des Ministers der öffentlichen Arbeiten; vom 26. Juli 1886 betr. Abänderung des für die unentgeltliche Beförderung von Umzugs⸗ gut durch die Instruktion zu §. 8 des Reglements über die unentgelt⸗

liche Benutzung der Staatsbahnen zur Beförderung von Personen un

Gütern vorgeschriebenen Verfahrens; vom N. Juli 1886, betr. Verrechnung von Wohnungsgeldzuschüssen für etatsmäßig angestellte,

als Hülfsarbeiter zu einer anderen Behörde einberufene Beamten

vom 28. Juli 1886, betr. anderweite Bezeichnung der technischen Prüfungsbehörden; vom 28. Juli 1886, betr. Statistik der Güter⸗ e

wegung; vom 29. Juli 1886, betr. Inserate beim Reichs⸗ und

Staats⸗Anzeiger. Nachrichten.

Statistische Nachrichten.

Neben dem Nachweise über die Einfuhr und Ausfuhr der wichtigeren Waarenartikel im deutschen Zollgebiet für den Monat Juni 1886 enthält das soeben herausgegebene Juniheft zur Statistik des Deutschen Reichs auch den entsprechenden Nachweis für das erste Halbjahr 1886. Bei der Vergleichung der Ergebnisse desselben mit denjenigen für den gleichen Zeitraum des

die Getreideeinfuhr im ersten Halb⸗ jahr 1886 eine erheblich geringere war, als in der betreffenden vor⸗ sährigen Periode, da an Weizen nur 1 155 992 D.⸗Ctr., Roggen

Vorjahres fällt zunächst auf, da

2083 649 D.⸗Ctr., Hafer 378 304 D.⸗Ctr. und Gerste ¼ 442 957 D.⸗Ct

eingeführt worden sind gegen beziehungsweise 4 441 247, 4 257 965,

1464 714 und 2 418 910 D⸗Ctr. im ersten Halbjahr 1885. Dieser Unte

schied wird hauptsächlich darauf zurückzuführen sein, daß im letztgedachten Zeitraum, innerhalb dessen die Zollsätze auf die betreffenden Getreidearten über 16g Bedarf zu den alten Zollsätzen in das Zollgebiet eingeführt worden ind. Auch die Einfuhr von Raps und Rübsaat (164 895 D.⸗Ctr. s Auch die Einfuhr von Rap 829 8 Beche 16 8 495 371 D.⸗Ctr.) ist, ohne Zweifel in der Hauptsache aus dem gleichen Grunde, gegen dif des ersten Semesters 1885 beträchtlich zurück⸗ geblieben. Dasselbe zeigte sich bei Bau⸗ und Nutzholz, indem von

wesentlich erhöht worden sind, große Mengen weit

gegen 403 005 D.⸗Ctr.) und von Malz

demselben in rohem (bezw. bloß in der Querrichtung mit Axt od

Säge bearbeitetem) Zustande nur 4 343 128 D.⸗Ctr. und in roh bearbeitetem Zustande (in der Richtung der Längsaxe gesägt u. dergl.) 1 350 063 D.⸗Ctr. eingegangen sind gegen 7 547 641

besw. 6 824 224 D.⸗Ctr. im ersten Halbjahr 1885; fern bei Branntwein aller Art (Gesammteinfuhr

gegen 54 552 D.⸗Ctr. im Vorjahr) und bei Schaumwein

Flaschen (8027 D.⸗Ctr. gegen bezw. 19 870 D.⸗Ctr.). Was die nicht durch b Zollerhöhung betroffenen ausländischen Hauptkonsumartikel

UA

anbelangt, so wurden eingeführt an rohem Kaffee 587 109 O.⸗C 8 9 D.⸗Ctr. im Vorjahr), lzene Heringe 311 465 Faß (291 765 Faß

Cir. iin Vorlahe), esaszene 288977,0⸗Ctr. 909 1078⸗ir⸗ .V.) und frische Südfrüchte 116 407 D.⸗Ctr. (110 130 D.⸗Ctr.

(593 412 D.⸗Ctr. im Vorjahr), Reis 367 507 D.⸗Ctr. (419 5

.V.), Wein und Most in Fässern 288 8 Die Ausfuhr hat; 172 715 D.⸗Ctr. gegen 171 374 D.⸗Ctr. i. V. Die Ausfuhr hat i Vergleich zum Vorjahr etwas abgenommen bei den wichtigen Ausfuh

artikeln Zucker (2 293 420 D.⸗Ctr. gegen 3 115 853 D.⸗Ctr.) und Bier (612 894 D.⸗Ctr. gegen 773 604 D.⸗Ctr.), dagegen zugenommen

bei Spiritus (366 104 gegen 352 542 D.⸗Ctr. und Wein Fässern (132 470 gegen 52 114 D.⸗Ctr.). 2

eine Steigerung der Ausfuhr bei einer Reihe von Waar der Textilindustrie, so bei dichten gefärbten ꝛc. Baumwollwaar 59 213 gegen 54 310 D.⸗Ctr. i. V.), baumwollenen Strumpfwaar

42 07 37 064 D.⸗Ctr. i. V.), baumwollenen Spitzen und 7s gegen 8 ¹ W.), halbseidenen Zeugen

Stickereien (3961 gegen 2309 D.⸗Ctr. i

28 487 D.⸗Ctr.

V). Die Einfuhr von unbearbeiteten Tabackblättern betrug

Weiter zeigt sich

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und Tüchern (20 606 gegen 15 652 D.⸗Ctr.), unbedruckten wollenen Tuchwaaren (89908 gegen 81 250 D.⸗Ctr.), unbedruckten wollenen Strumpfwaaren (9914 gegen 8205 D.⸗Ctr.) und wollenen Plüschen (5263 gegen 3213 D.⸗Ctr.). Auch die Zolltarifnummer „Eisen und Eisenwaaren“ weist bei den meisten Positionen eine Zunahme der Ausfuhr auf, so bei Roheisen 1 197 259 gegen 951 226 D.⸗Ctr. i. V.), 1 Eisenbahnschienen (758 027 gegen 645 553 D.⸗Ctr.), schmiedbarem Eisen in Stäben 750 303 gegen 704 079 D.⸗Ctr.), Eisen⸗ und Stahl⸗ draht (1 213 391 gegen 819 644 D.⸗Ctr.), groben Eisenwaaren

179 339 D.⸗Ctr.).

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 25. Juli bis incl. 31. Juli cr. zur Anmeldung gekommen: 167 Ehe⸗ schließungen, 911 Lebendgeborene, 26 Todtgeborene, 744 Sterbefälle.

Die Nr. 19 IV. Bandes der „Statistischen Mitthei⸗ lungen über das Großherzogthum Baden“ enthält eine Statistik der liegenschaftlichen Zwangsveräußerungen und Pfand⸗ einträge sowie der Pfandstriche im Jahre 1884. Die Nr. 3 V. Bandes derselben „Mittheilungen“ hat folgenden In⸗ halt: Die jugendlichen Fabrikarbeiter im Jahre 1885. Die Erwerbung und der Verlust der Staatsangehörigkeit im Jahre 1885.

Die Viehseuchen im Jahre 1885. Die Ehelösungen im Groß⸗ herzogthum im Jahre 1885. Der Post⸗ und Telegraphenverkehr 6

London, 3. August. (A. C.) Den Statistiken des „Bureau Veritas“ zufolge, gingen im Monat Juni 54 Segelschiffe und 8 Dampfer zu Grunde. Unter ersteren befanden sich 17 britische, 10 dentsche, 1 österreichisches und 2 russische, unter letzteren— 6 britische und 1 russischer. 1

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Von der Publikation: „Die vervielfältigende Kunst der Gegenwart, redigirt von Carl von Lützow, heraus⸗ gegeben von der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst, Wien, 1886,“ liegt uns das zweite Heft vor. Auch dieses entspricht, wie das erste, vollkommen den hohen Erwartungen, welche man auf das be⸗

der weiteren Geschichte der Lithographie bekannt gemacht und zunächst auf den Wiener Lithographen Scheffer von Leonhardshof (1795 1822 hingewiesen, dessen beste Leistung sein große, 1821, in Tondruck ausgeführtes Blatt nach seiner „Sterbenden heiligen Cäcilie, von zwei Engeln betrauert“ u. a. m. ist. Weitere bemerkenswerthe Namen in der Geschichte der Lithographie sind Peter Fendi, Joseph Danhauser und Moriz von Schwind. Der bedeutendste Wiener Lithograph war Joseph Kriehuber (1801 1876), welcher hauptsächlich die Porträtlithographie pflegte und eine Reihe bedeu⸗ tender Werke hinterließ Von nicht geringerem Ruhm war C. August von Pettenkofen, der geistoolle österreichische Volks⸗ und Soldaten⸗ maler, der unerreichte Schilderer der Pußta und des Zigeunerlebens. Unter den norddeutschen Künstlern steht insbesondere Adolf Menzel mit der Lithographie sehr vertraut; als Sohn eines Lithographen lag ihm die Beschäftigung mit dieser Kunst sehr nahe, und er hat sie, wie be⸗ kannt, mit dem größten Erfolge gepflegt. Das Verdienst, den litho⸗ graphischen Farbendruck in Berlin eingebürgert zu haben, gebürt C. Hildebrandt, neben welchem H. A. Storch zu nennen ist. Eine fernere Reihe tüchtiger deutscher Lithographen hat die jetzt mehr und mehr vor den neueren mechanischen Vervielfältigungsmethoden zurücktretende Litho⸗ graphie seiner Zeit zu hohem Ansehen gebracht. Die französischen Künstler haben nach Kräften beigetragen, die Erfindung Senefelder's zu immer höherer Vervollkommnung zu bringen; eine Reihe be⸗ kannter Namen, wie Carle, Horace Vernet, Nareisse Lecomte, ferner Bellangé, Charlet und Raffet, Géricault, Isabey u. A. gehören hierher. Frankreich nahm allmählich den ersten Platz in der lithographischen Kunst ein; England tritt weit dahinter zurück, noch mehr Amerika und andere Länder. An künstlerischen Beilagen enthält das Heft: ein Selbstporträt von Fr. Amerling; eine Gruppe aus dem Bilde „Salvator Rosa“ von P. Bouvier; den „Zinsgroschen“ nach Tizian; die „Barke“ von Jules Dupré; The babes in the wood, von Herkomer; eine Originalradirung (Wasserpartie), von J. C. Nicoll. Zum Beweis für die Verwendbarkeit der Lithographie zur genauen Wiedergabe ist in dem Heft eine zinkographische Reproduktion des Rugendas'schen Blattes: „Brasilianischer Wald“ eingefügt und beweist vollständig die Vielseitigkeit und Genauigkeit der Lithographie. Ferner liegt eine Probe von Illustrations⸗ und Kunstdruck aus der Julius Sittenfeld'schen Buchdruckerei, Berlin, bei. Die von der Wittwe des berühmten schwedischen Geigers Ole Bull in englischer Sprache herausgegebene, memoirenreiche Biographie desselben, deren Veröffentlichung in London erfolgt ist, erscheint demnächst im Verlage von R. Lutz in Stuttgart in einer deutschen Bearbeitung mit dem Porträt Ole Bull's in Stahlstich.

Gewerbe und Handel.

Die Versicherungsgesellschaft „Le Gonservateur“, welche speziell - Versicherung für Aussteuer und Versorgung (Renten⸗ versicherung nach dem Tontinensystem) pflegt, hat im Jahre 1885 wieder günstige Erfolge aufzuweisen. en abgeschlossen wurden 14 515 532 Fr., Prämien wurden vereinnahmt 4 243,539 Fr., zur Aus⸗ zahlung gelangten in Staatsrenten 58 867 Fr., in baaren Resten 32 209 Fr., zusammen gleich einem Kapital von 1 649 265 Fr. Da die Genossenschaften ausschließlich auf Gegenseitigkeit beruhen, und die Gesellschaft Versicherungen nur nach dem Tontinensystem schließt, so ist sie keinerlei Verlusten ausgesetzt; außerdem steht ihr ein Aktienkapital von 1 000 000 Fr. (in 1000 Aktien à 1000 Fr., worauf 500 Fr. eingezahlt sind) zur Seite und zwar nur als Bürgschafts⸗ kapital für die ihr anvertraute Verwaltung. Die Verwaltungsgebühren betragen statutenmäßig nur 5 % der Prämiensumme. Aus diesen ergab sich im Jahre 1885 ein Reingewinn von 125 623 Fr., wovon an die Aktieninhaber eine Dividende von 16 % zur Vertheilung ge⸗ bT“ Liquidator der Provinzial⸗Makler⸗Bank bringt die Schlußquote im Betrag von 212/20 % in der Zeit vom 10. August bis 30. September cr. zur Vertheilung.

(A. C.) In den Vereinigten Staaten wurden im ersten Semester 1886 2 954 209 t Roheisen fabrizirt, gegen 2150 816 t in 1885; ferner 1 073663 t Bessemer Stahl⸗Ingots, gegen 938418 t, und 707 447 t Stahlschienen gegen 622 161 t in 1835. Der Vorrath an Roheisen betrug am 1. Juli 470421 t oder 222 500 t weniger als am 1. Juli 1885. Dem Bericht des amerikanischen Ver⸗ bandes von Eisen⸗ und Stahl⸗Industriellen zufolge wird Amerika im laufenden Jahre mehr Roheisen fabriziren, als in irgend einem vorher⸗

2 Jahre produzirt wurde. Fbech 89 August. (W. T. B.) Wollauktion. An⸗

geboten 1331 Ballen wovon 1239 Ballen verkauft. Geschäft belebt, Stimmung sehr fest.

5. August. I11 Wolle fest, volle Preise, Tendenz zu Gunsten der Abgeber, feinste Exportgarne ziemlich thätig, einfädige und zweifädige Garne steigend, in Botany⸗ Garnen gutes Geschäft für den heimischen Konsum, Stoffe fest.

Verkehrs⸗Anstalten.

5. August. (W. T., B.) Der Postdampfer

MSehn h e lagst. (Amerse atiten Packetfahrt⸗

Aktiengesellschaft ist, von New⸗York kommend, heute Abend lbe eingetroffen.

8 Uhr auf der Elgn eisger 2. T. B.) Der Lloyddampfer

„Polluce“ ist gestern Nachmittag aus Konstantinopel hier ein⸗

getroffen.

F 8

24 046. 27 475.

in den Jahren 1872 und 1883 bis 1885. 71 336. 80 873. 81 526.

5726. 5733. 7275. 8841. 10 480. 11 703. 15 010. 15 622. 20 774. 35 742. 44 196. 53 444. 59 770. 69 940. 78 255. 82 498.

deutende Unternehmen setzen konnte. Wir werden in demselben mit 93 896

Berlin, 6. August 1886.

Preußische Klassenlotterie. .“ (Ohne Gewähr.) Bei der heute fortgesetzten Ziehung der 4. Klasse 74. Königlich FIhess. Klassenlotterie fielen:

1 Gewinn von 75 000 auf Nr. 28 634.

3 Gewinne von 15 000 auf Nr. 53 655. 89 776. 89 803.

2 Gewinne von 6000 auf Nr. 20 629. 53 210.

(298 642 gegen 291 432 D.⸗Ctr.) und Drahtstiften (183 2822 gegen 2- Cewinne on 3000 auf Nr. 1500. 2561. 8668. 10 591. 10 605. 29 609. 32 218. 41 579. 55 535. 69 284. 76 567.

84 193.

22 807. 24 364. 24 647. 36 069. 40 031. 40 042. 50 243. 51 147. 54 266. 66 506. 66 646. 69 163. 73 795. 74 323. 75 583. 77 108. 77 366. 79 681. 80 202. 80 332. 81 516. 84 831. 85 487. 71. 90 625. 91 622.

47 Gewinne von 1500 auf Nr. 235. 739. 1478. 5531. 5808. 8894. 11 810. 15 360. 15 506. 16 293. 16 413. 17 887. 28 016. 28 351. 32 606. 37 067. 37 160. 48 510. 50 355. 52 008. 52 242. 58 483. 65 186. 65 741. 68 096. 70 736. 71 196. 76 601. 77 532. 77 589. 78 761. 80 242. 84 887. 87 234. 89 856. 8 94 ve. 7 550 auf Nr. 806. 1410. 1466. 5250. 78 Gewinne von 550 auf 1.“ 19 295. 19 410. 20 445. 33 442. 34 919. 35 355. 39 347. 39 455. 42 232. 42 549. 49 463. 49 975. 50 893. 51 488. 55 466. 57 793. 59 280. 59 638. 64 026. 64 286. 66 511. 68 956. 74 267. 75 682. 77 017. 78 162. 79 251. 79 972. 80 016. 81 487. 86 625. 87 186. 89 852.

22 096. 33 839. 48 393. 58 979. 70 285. 70 552.

18 647. 32 622. 45 830. 58 754.

43 157. 56 125. 69 569.

37 758. 46 709. 32 360. 62 386. 72 207.

16 450. 31 585.

16 249. 31 252. 38 770. 45 055. 55 409. 63 897. 72 849. 78 946. 85 574. 94 725.

24 573. 37 041. 44 458. 53 551. 59 974. 71 515. 78 660. 82 814. 93 899.

Bezüglich der in Nr. 172 des „R.⸗ u. St.⸗A.“ mitgetheilten,

dem „Centralblatt der Bauverwaltung“ entnommenen Kritik des

Entwurfs zu einer „Friedenskirche“ in der Jubiläums⸗

Ausstellung, von dem Baurath Hrn. Orth hierselbst, ersucht uns

derfelbe um folgende Berichtigung: „Die Angabe, daß sich nicht nur für ganze Mauerzüge, sondern selbst für fünf Thürme in dem leeren Innern weder Mauern noch Pfeiler als Stütze dar⸗ bieten, ist thatsächlich ebenso falsch wie die Annahme, daß die Konstruktion dafür wesentlich Eisen sei. Nach dem aus⸗ gestellten Grundriß wird von den fünf Thürmen, für welche sich „in dem leeren Raum des Innern“ angeblich „keine Stützen darbieten“, der Kreuzungsthurm oben eingebunden, unten gestützt durch 4 Pfeiler von durchschnittlich 4,0 m 1,60 m und 4 Stützen von 1,40 m Durchmesser. Die Verstrebung erfolgt durch die 4 Eckthürmchen, welche angeblich gleichfalls ohne Stütze sind, in der Richtung des Gewölbeschubs auf seste Mauerkörper. Die Mauerzüge hinter eben diesen niedrigen Anbauten, welche angeblich gleichfalls un⸗ gestützt sind, stehen auf je 2 verbundenen Säulen von 2,20 m Tiefe bei bezüglich 0,70 m und 1,40 m Durchmesser.

Ferner bittet uns Hr. Baurath Orth um Abdruck der nachstehen⸗ den Erläuterung, welche dem Situationsplan des Entwurfs beigefügt war: „Das Programm einer Konkurrenz im Archi⸗ tektenverein 1855/56 enthält nebenstehende Situation, welche einer Handskizze Friedrich WilhelmsIV. für die Gestaltung dieses Stadt⸗ theils entsprach. Bei dessen großartiger Entwickelung ist es noch erwünscht, auf die Idee dieses genialen Königs zurückzugehen, da dieselbe den einzig angemessenen und höchst großartigen Abschluß der Achse von Königsplatz und Alsenstraße bilden würde. Der hier im Modell dar⸗ gestellte Kirchenentwurf ist eine Modifikation des beim Schinkel est 1856 mit dem 1. Preise gekrönten, in der Perspektive beigefügten Entwurfs und ein Versuch, den Gedanken Friedrich Wilhelms IV. mit Bezug auf die in der Ausführung eingetretenen Modifikationen derart zu lösen, daß die Absichten desselben ohne ZZ Hafen⸗ verkehrs sich erfüllen lassen. Die im Entwurf beseitigten? ampen der Ladeplätze sind entbehrlich, weil daneben die Straße leicht denselben Zweck erfüllt. Die jetzige Wasserstraße für die An⸗ und Abfahrt der Schiffe bleibt, wenn auch überdeckt, im Wesentlichen unberührt, die Hafenfront für Löschung der Schiffe wird nicht vermindert. Ein schönerer Platz als der von Friedrich Wilhelm IV. ent⸗ worfene ist für eine große Kirche in Berlin kaum denkbar. Die im Modell dargestellte hat den Namen ‚Friedenskirche“ erhalten, weil nach den Kriegen von 1866 und 1870 die aus Mangel an einem geeigneten Platz nicht verwirklichte Absicht bestand, in der Nähe des Humboldtshafens eine Friedenskirche zu errichten, der Platz still und friedlich liegt, und auch jetzt Frieden auf allen Gebieten ersehnt wird. Nomen sit omen“.

amburg, 6. August. (W. T. B.) Vorgestern Abend 10 ½ Uhr in der Reichter'schen Wirthschaft in der Thalstraße, Vorstadt St. Pauli, 8 Sozialdemokraten bei der Abhaltung einer geheimen Sitzung überrascht. Sämmtliche Personen sowie auch der Wirth wurden verhaftet und eine große Menge von Sammellisten, Abrechnungen und Briefschaften mit Be⸗ schlag belegt. Von den Verhafteten sind je 2 aus Hamburg, Harburg, Altona und Ottensen. Nach den gestern von 9 Uhr Vor⸗ mittags bis 3 Uhr Nachmittags mit den Verhafteten angestellten Verhören wurden formelle Haftbefehle gegen dieselben erlassen, und sie hierauf mit Genehmigung der Hamburger Behörde in das Altonaer Justizgefängniß abgefuührt.

Wien, 5. August. (W. T. B.) Von gestern Mittag bis heute

2 gestorben.

Im Central⸗Theater erfreut sich die neue vieraktige Gesangs⸗ von W. Mannstädt der beifälligsten Aufnahme und hat aufs Neue den Erfolg, welcher der Direktion Ernst seit Jahren treu geblieben, an das Etablissement gefesselt Allabendlich füllt ein zahlreiches Publikum das weite Haus und erfreut sich an der neuen Posse, welche an Erfindung und Ausführung den früheren gleichkommt und sie hier und da wohl übertrifft. Es sind harmlose Dinge, die uns da in den vier Akten vorgeführt werden, bekannte Figuren, die in veränderter Form uns immer wieder gefallen, Situationen, die uns aus älteren Stuͤcken noch in Erinnerung sind; aber alles das ist mit so liebenswürdigem Humor zusammen⸗ gestellt und zurechtgemacht, daß man immer wieder sein Vergnügen daran findet und uͤüber die kleinen Schwächen der Handlung gern hinwegsieht. Besonders gefällig sind in dieser neuen Posse die von G. Görß verfaßten Couplets, welche durch ihren spaßhaften Text und den drolligen Vortrag der Darstellenden ihre Wirkung nie verfehlen. Daß unter den Mitwirkenden Hrn. Direktor Ernst wieder der Hauptantheil zugefallen, braucht wohl kaum erwähnt zu werden, ebensowenig, daß der beliebte Künstler in seiner jovialen Art, sich zu geben, seiner Rolle, wie immer, zu durchschlagendem Erfolge verhilft. Frl. Grünfeld spielt die Else allerliebst und verdient den Beifall, welcher ihr zu Theil wird; ebenso erfreut sich die Trude des Frl. Feldau der beifälligsten Aufnahme. Hr. Weiß spielt wie immer frisch und flott; Hr. Tielscher findet für, die von ihm dargestellten Rollen stets neue wirksame Masken und erregt durch sein bloßes Auftreten schon die allgemeine Heiterkeit. Tüchtig im Spiel sind auch die Herren Kettner, Leonhard und Löber sowie Frau Lid, welche im Verein mit den übrigen Darstellern nach Kräften zu dem allabend⸗

lichen Erfolge beitragen.

Mittag sind an der Cholera in Triest 7 Personen erkrankt und

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