1886 / 192 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 17 Aug 1886 18:00:01 GMT) scan diff

.„.];

Durch diesen Akt

bahnhof an den bereit gehaltenen Extra⸗Hofzug Geleit gaben, nach vollzogener Einsegnung an den Wagen getragen. Die Wagen fuhren in folgender Ordnung ab: I mit 4 Pferden bespannt für den Königlichen Hof⸗Fourier, II mit 6 Pferden bespannt für die beiden Königlichen Kämmerer, III mit 6 Pferden bespannt und mit einem vorreitenden Piqueur für den Stiftsdekan, den Königlichen Hof⸗Kommissär und den Assi⸗ stenten, welche das Gefäß bewahrten. Vor dem letzten Wagen ritt als Eskorte, mit einem Trompeter und von einem Offizier ge⸗ fahrt. eine Abtheilung des 1. Königlichen Schweren Reiter⸗ kegiments Prinf Karl, hinter dem Wagen ebenfalls eine Ab⸗ theilung dieser Reiter, bis an den Ostbahnhof. Vor dem ersten Wagen ritten zwei Gendarmen bis an den Bahnhof. Unter dem Geläute der Glocken, welches bis zu der um 7 Uhr 15 Minuten stattgehabten Abfahrt des Extra⸗Hofzuges dauerte, bewegte sich der Zug von der alten Hofkapelle durch die Residenzstraße, über den Max⸗Josephs⸗Platz, durch die Maximiliansstraße, bei dem Athenäum rechts vorbei an den Ostbahnhof.

Aus Altötting, Vormittags 10 Uhr, wird telegraphisch gemeldet: Der Empfang der Hof⸗Kommission hat um 9 Uhr programmmäßig am Portal der Stiftskirche in Altötting durch den Bischof von Passau, die Königlichen Beamten, die Ge⸗ meindevertretungen von Neu⸗ und Altötting, eine Deputation des Offizier⸗Corps von Burghausen und sämmtliche Bürger⸗ meister des Amtsbezirks stattgefunden. Das Requiem mit Libera (von Ett) wurde von dem Bischof von Passau celebrirt. Fast der gesammte Klerus der Diözese Passau war anwesend.

Sachsen. Dresden, 16. August. Das heutige „Dresdner Journal“ meldet: „Se. Majestät der König haben heute Nachmittag 4 Uhr im Schlosse zu Pillnitz den von Sr. Kaiserlich und Königlich Apostolischen Majestät mit be⸗ sonderem Auftrage zur Anwerbung um die Hand Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Maria Josepha für Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit den Erzherzog Otto versehenen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister, Freiherrn von Herbert⸗Rathkeal, in beson⸗ derer Audienz zu empfangen und aus dessen Hand das Kaiser⸗ liche Anwerbungsschreiben entgegen zu nehmen geruht. Nach beendigter Audienz ist alsdann der Herr Gesandte um 4 ½ Uhr von Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Georg und Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Maria Josepha⸗ in der Prinzlichen Villa zu Hosterwitz empfangen worden, um daselbst gleichfalls die förmliche Werbung im Namen Sr. Kaiserlich und Königlich Apostolischen Majestät dar⸗ zubringen.“”“) 8

S

Belgien. Brüssel, 16. August. (W. T. B.) Der Kriegs⸗Minister hat die Entlassung der aktiven Bürgergarde des Jahrgangs 1883, welche anläßlich der Unruhen in Lüttich und im Kohlenbecken des Hainaut ein⸗ berufen war, angeordnet.

Großbritannien und Irland. London, 14. August. (A. C.) Das Kabinet trat gestern zu einer Sitzung zusammen, in welcher die Thronrede, die am nächsten Donnerstag anläßlich der förmlichen Eröffnung der Parlamentssession verlesen werden soll, redigirt wurde. Die Regierung wird keine Mühe scheuen, die Geschäfte der Session so schleunig als möglich abzuwickeln, und am Schluß seiner Arbeiten wird das Parlament bis Ende Januar vertagt werden. Der von liberaler Seite ausgegangene Vorschlag, im Spätherbst d. J. eine Session abzuhalten, wurde in Erwä⸗ gung gezogen, allein die Regierung gelangte zu der Schluß⸗ folgerung, daß kein hinreichender Grund vorliege, um die von der Partei in dem jüngsten Carlton⸗Club⸗Meeting gebilligte Abmachung abzuändern. Um die gegenwärtige Session so viel als möglich abzukürzen, wird das von der Regierung zu unter⸗ breitende Programm auf Erledigung der Etats und der Finanzbill beschränkt bleiben, und Ende September dürfte das Parlament seine Arbeiten für das laufende Jahr zum Abschluß gebracht haben. Sir Michael Hicks⸗Beach, der neue Ober⸗Sekretär für Irland, war in der Lage, seinen Amtsgenossen einen günstigeren Bericht über die Zustände in Irland zu erstatten, und er soll die Fnversicht ausgedrückt haben, daß es möglich sein werde, die Ordnung in Irland ohne Rekurs zu einer Ausnahmegesetzgebung aufrecht zu halten. Auf seinen Vorschlag beschloß das Kabinet, eine Königliche Kom⸗ mission zu ernennen, welche Erhebungen über den Ur⸗ sprung der jüngsten Krawalle in Belfast an⸗ stellen soll.

Aus Birma liegt folgendes Telegramm vor:

Mandalay, 11. August. Am 9. d. M. fand ein hitziges Gefecht mit 250 Insurgenten, welche sich in Lajay bei Sagain verschanzt hatten, statt. Die englische Abtheilung bestand aus 18 Mann vom Hampfhire⸗ und 50 vom 5. Bombay⸗Regiment unter Oberst Poole. Zwei Mann vom Hampshire⸗Regiment und 9 Sepoys wurden verwundet. Der Feind verlor 10 Todte. Singoo am West⸗ ufer wurde von 400 Shans und Freibeutern bedroht, weshalb Verstärkungen dorthin gesandt worden sind. Die Truppen in den Distrikten Bhamo, Yemethen, Katha und Napeh leiden viel an Krankheiten. Der Posten in Napeh ist aufgegeben worden, weil die Garnison durch Krankheit aufgerieben wurde. Von 32 in Napeh stationirten Artilleristen konnten nur 2 marschiren, als die Garnison zurückgezogen wurde.

16. August. (W. T. B.) Einer Depesche aus Dun⸗ gannon (FIrland) zufolge fanden dort heute Abend, während ein Zug von Nationalisten das Protestanten⸗Quartier passirte, Ruhestörungen statt; ein Protestant wurde schwer ver⸗ wundet, ein Nationalist mit dem Messer in der Hand ver⸗ haftet. Der aufgebotenen Polizeimacht gelang es, die strei⸗ tenden Parteien zu trennen.

Frankreich. Paris, 14. August. (Fr. C.) Man liest im „Temps“: „Der Vize⸗Admiral Aube, Minister der Marine und der Kolonien, erhielt heute den offiziellen Besuch von Karamoko, dem Sohne Almany Samory's. Dem Empfange wohnten bei: die Herren Unter⸗ Staatssekretär de la Porte, Oberst⸗Lieutenant Frey, Ober⸗ Kommandant des oberen Senegal, und die Offiziere der französischen Mission, welche den jungen Prinzen nach Frankreich brachte. Der Minister entbot Karamoko und den Personen seines Gefolges den Willkommen. Dieser dankte in seiner Antwort dem Minister für die freundliche Aufnahme, die ihm von der französischen Regierung bereitet worden, und versicherte ihm von Seiten Almany's, seines Vaters, daß er die Bedingungen des mit abge⸗ schlossenen Vertrages achten werde. Dieser Vertrag be⸗ zeichnet eine bedeutende Phase in der Geschichte des Senegal. überläßt uns Samory das linke Ufer

.“ b

des Niger. und verpflichtet sich, uns den Beistand seiner Armee zu leihen gegen die Feinde, welche unsere sudanesischen Be⸗ sitzungen noch beunruhigen könnten, und namentlich gegen das Segu⸗Reich. Heute dürfen wir hoffen, daß auf die Periode der Kämpfe, welche die ersten Jahre unserer Niederlassung am oberen Senegal bezeichnet hat, eine Periode der Beruhigung und Organisirung folgen wird, innerhalb welcher Frankreich in Frieden seine civilisatorische Sendung in den bis vor Kurzem noch unbekannten Gegenden wird verfolgen können, die heute seinen Forschungsreisenden und seinem Handel geöffnet sind.“

16. August. (W. T. B.) Der Minister⸗Prä⸗ sident de Freyecinet begiebt sich erst morgen wieder nach Mont⸗sous⸗Vaudrey u dem Präsidenten Grévy. b

Die Session der Generalräthe ist heute ohne jeden Zwischenfall eröffnet worden. In die Bureaux wurden die meisten der Mitglieder, welche schon früher denselben angehört hatten, wiedergewählt. Alle Vorsitzenden der Generalräthe forderten in ihren Eröffnungsansprachen zu einem einigen Zu⸗ sammenstehen der Republikaner auf.

Italien. Rom, 17. August. (W. T. B.) Die Ratifi⸗ kationen des zwischen dem Vatikan und Portugal ab Konkordats sind gestern hier ausgewechselt worden.

Dänemark. Kopenhagen, 17. August. (W. T. B.) Der König von Portugal traf heute Mittag hier ein und wurde von dem König Christian, dem König von Griechenland, dem Kronprinzen, sämmtlichen Ministern, dem diplomatischen Corps und anderen hohen Würdenträgern auf dem Bahnhofe empfangen. Der König von Portugal ge⸗ denkt die Weiterreise nach Stockholm am Donnerstag an⸗ zutreten.

Amerika. Washington, 14. August. (Allg. g Die Bundes⸗Militärbehörden bestreiten wiederholt, da im Zusammenhange mit der Affaire Cutting Truppen⸗ bewegungen stattgefunden hätten. Es heißt, daß viele in Mexiko ansässige amerikanische Bürger nach Texas übersiedeln. Eine Depesche aus El Paso besagt, daß die Aufregung im Nach⸗ kassen zu sein scheine. Vom Adlerpaß in Texas wird gemeldet, daß im Distrikt Piedras Negras mexikanische TDruppen zusammengezogen würden. Einem Telegramm aus Laredo in Texas ce. ständen in Monterey und Saltillo fünf Kavallerie⸗ und drei Infanterie⸗Regimenter.

Süd⸗Amerika. Uruguay. (A. C.) Zeitungen aus Montevideo enthalten den Text der Botschaft des Ministers Terra an die Legislatur über finanzielle Reformen. Die Botschaft hebt hervor, daß in Folge der durch Arredondo's Revolution verursachten Ausgaben eine Zunahme der schwebenden Schuld und ein Defizit eingetreten sei, zu dessen Deckung die Regierung eine innere Anleihe von 2 Mill. Doll. in Schatzwechseln aufzunehmen sowie die Zölle zu erhöhen gedenkt.

8 Zeitungsstimmen.

Das „Deutsche Tageblatt“ bringt folgende ver⸗ gleichende Uebersicht über die Ein⸗ und Ausfuhr der wichtigsten Waarenartikel während des Zeit vom 1. Januar bis ult. Juni 1886 respz. 1885: 5 d Y 8

Bezeichnung Einfuhr Ausfuhr 8 vom 1. Januar vom 1. Januar

der J“ bis ult. Juni bis ult. Juni Waarenartikel. 1886 1885 1886 1885 in Tonnen zu 1000 kg.

Roh⸗, Bruch⸗, Lup⸗ pen⸗ u. Abfalleisen 72 557 96 892 Eisen⸗, Ganz⸗ und Halbfabrikate .. 20 617 22 960 Baummaelie. .. 99 930 90 731 Baumwollengarn . 10 988 10 742 Baumwollenwaaren 721 850 30 Rohe Schafwolle . 60 592 60 521 5 649 4 530 Wollengarn ... 9 093 9 501 3 109 2 318 Wollenwaaren ... 851 848 2 02: 10 885 Se.-ge 1 751 434 Seiden⸗ und Halb⸗ u““ seidenwaaren.. 286 91 2 98 2 065 11) Leinen⸗ und Jute⸗ . 1“ garn und Zwirn . 3 795 26 5 1 255 12) Leinen⸗u. Jutewaaren 975 3 782 E 3 419 v“ 318 36 38 32 14) Lederwaaren.. 392 2 15) Holz (roh, gesägt und geschnitten). 679 737 1 468 523 109) W 5 713 6 137 17) Weizen 115 599 444 125 18) Roggen 1 208 365 425 797 37 8300 146 471 20) Gerste . 1 241 891 21) Hülsenfrüchte. 22) Raps, Rüb⸗ und Leinsaat 1“ 2) Fare 24) Mehl, Kraftmehl, Graupen 25) Schmalz 26) Butter. ö““ FSYNIbböb68 29) Rindvieh, einschl. Fae (SGSI 62 706 30) Schweine, einschl. Fertel GS1. 31) Schafvieh, einschl. IIIIIBII1 3 049 5 09. 816 0377 709 164 82) Io.. . . To., 29 9868 83517 8 198 33) Tabackblätter 17 272 1 989 b58 58 711 59 341 13 2525 36 751 96 8 b 4 EEE11111“X“*“*“ 744 8 8 3 164“* 38) Branntwein (nicht Rb. 246 37 468 36 092 39) Petroleum 160 140 183 666 71 49

40) Steinkohlen und 1 116 280 1 056 165]⁄ 4 387 834 4 560 852

164 893

b2OS9o —2 2 205 Srb0S Fr

—2 1S=NISe

00 S 0

91 300 381 033 232 275 176 84

2

242 041

1 416 3. 229 342 311 585

EE7272 und bemerkt dazu:

„Ign der vorstehenden Uebersicht liegen nunmehr die Ergebnisse der Ein⸗ und Ausfuhr für das erste Halbjahr 1886 vor. Es bedarf nur eines flüchtigen Ueberblickes, um zu sehen, daß die Befürchtungen, mit

denen das neue Jahr begonnen ward und denen auch wir an dieser

Er gewährt unserem Handel große Vortheile

Stelle mehrfach Ausdruck geliehen, in keiner Weise wahr geworden sind; im Gegentheil hat sich die Lage von Monat zu Monat gebessert und, wenige Ausnahmen abgerechnet, darf man wenigstens, was die Mengen betrifft, mit dem Halbjahrsabschluß zufrieden sein.

Den Reichsnörglern, welche so vergnüglich emsig alle die schwar gefärbten Berichte über die bedrängte Lage von Industrie und Ge⸗ werbe zusammengetragen hatten und mit steigender Ungeduld von einem Monat zum andern auf die zahlenmäßige offizielle Bestätigung des Exportrückganges warteten, ist damit ein großes Herzeleid zugefügt worden; es wäre so schön gewesen, die Reichsregierung und die schlechte Wirthschaftspolitik wieder für alles Ueble verantwortlich zu machen denn bekanntlich nur für dieses, und zwar in jeglicher Gestalt nicht aber für das Gute gilt diese Verantwortlichkeit aber „es hat nicht sollen sein“. Möchte nur noch das zweite Semester es dem ersten gleichthun!

Daß die, namentlich in letzter Zeit laut gewordenen und ganz besonders die Eisen⸗ und Stahlindustrie betreffenden Klagen über Geschäftsstille, mangelnde Aufträge und mehr und mehr zurückgehenden Erport übrigens weiter nichts gewesen sind als Börsenmanöver zum Zweck des Herabdrückens von Aktienwerthen, wird jetzt von den ver⸗ schiedensten Seiten bestätigt und mehr als eine ausdrückliche Wider⸗ legung jener Alarmnachrichten ist bereits erfolgt.

Sehen wir uns die, die gedachte Industrie betreffenden Zahlen unserer Uebersicht an, so finden wir, was die Einfuhr anlangt, für Roheisen eine Abnahme von 24 000 t, für Fabrikate eine solche von 2300 t, was die Ausfuhr betrifft, dagegen beim Roheisen eine Zu⸗ nahme von 43 000 t und bei Fabrikaten eine solche von 62 000 t.

Das ist gewiß die einfachste und beste Widerlegung!

Auch die Textil⸗Industrie hat erfreuliche Zahlen aufzuweisen; neben fast überall sich ergebender Einfuhrabnahme, die namentlich bei Leinen⸗ und Jutewaaren außergewöhnliche Dimensionen angenommen hat, haben Baumwollwaaren eine Mehrausfuhr von 1150 t, Wollen⸗ waaren von ebenso viel, Seiden⸗ und Halbseidenwaaren von 450 t und selbst Leinenwaaren überragen die vorjährige Ausfuhr noch um eine Kleinigkeit. Leder⸗ und Holzwaaren schließen sich dem an und weisen Mehrausfuhren von 100 bezw. 1400 t auf.

Beim Getreide war die Abnahme der Einfuhr eine von Monat zu Monat steigende; für Weizen, Roggen, Hafer und Gerste beträgt die Differenz zu Gunsten des laufenden Jahres jetzt bereits mehr als 750 000 t, und zieht man auch die übrigen Getreidearten mit in Be⸗ tracht, da erhöht sich dieses beträchtliche Ouantum noch um weitere 80 100 000 t. Auch für Mehl gilt dasselbe 10 000 t Minder⸗ einfuhr und Hand in Hand damit eine Ausfuhrsteigerung um 9000 t. Butter dagegen hat eine Zunahme der Einfuhr um 600 t und eine Abnahme der Ausfuhr um die gleiche Menge zu verzeichnen; auch Schmalz nahm an Einfuhr nicht unbeträchtlich zu, hauptsächlich vohl des beständig sinkenden Preises halber.

Die Zuckerausfuhr bleibt hinter der vorjährigen noch immer um reichlich 80 000 t zurück; eine nicht unbeträchtliche Besserung ist aber doch bereits eingetreten, denn vor 2 Monaten betrug diese Differenz noch über 40 000 t mehr.

In der Londoner „Allgemeinen Correspondenz“ lesen wir:

„Die zur Untersuchung der Ursachen der Handelsstockung eingesetzte Königliche Kommission“, so schreibt der„Spectator“, „hat wiederum einen Band veröffentlicht. Die eine in die Augen springende That⸗ sache, welche sich in kühnstem Relief in diesem Bericht von allen übri⸗ gen Vorgängen in der industriellen Welt abhebt, ist das kommerzielle Aufblühen Deutschlands, und hiervon rüchrt jedenfalls ebenso sehr als von allgemeinen und entlegneren Ursachen, die andauernde Stockung in der bri⸗ tischen Industrie her. Es hat vielleicht niemals eine solche Ueber⸗ einstimmung der Meinungen gegeben, als in den britischen Konsular⸗ berichten von allen Theilen der Welt, daß der Deutsche mit dem Engländer konkurrirt und zwar sehr erfolgreich konkurrirt, daß aber sein Erfolg nicht, wie es manchmal heißt, daher kommt, daß er es besser versteht, seine Seiden⸗, Woll⸗ und Baumwollwaaren mit aller⸗ hand Stoff schwerer zu machen, oder schlechten Waaren das Aussehen guter zu geben, sondern weil er mehr Kenntnisse und Energie besitzt, sich hbesser anzupassen weiß und weil er geschickt ausfindig macht, was die Leute brauchen und kaufen. Aus diesen Konsular⸗ berichten erhellt aufs Klarste, daß das Geschwätz einiger Leute über die Wirkungen der Pauperarbeit der Subsidien und Prämien in Deutsch⸗ land leeres Stroh ist. Diese Erklärung ist keine Erklärung. Die Arbeit wurde vor einigen Jahren weit schlechter in Deutschland be⸗ zahlt, wo es keine Konkurrenz gab, als jetzt, wo überall Konkurrenz ist. Die Deutschen erwerben sich jetzt fast alle Eigenschaften, welche wir uns früher erwarben. Der Erfolg hat uns fett und träge ge⸗ macht. Wollen wir unsere Suprematie in der Industrie, im Handel und im Verkehr aufrecht erhalten, so müssen wir unsere Jugend ebenso gut erziehen wie die Deutschen und Amerikaner die ihrige. Wenn Amerika sein weites Gebiet bevölkert und seine Märkte dem Freihandel eröffnet hat, so wird uns Amerika morgen bedrohen.“

Marine⸗Verordnungs⸗Blatt. Nr. 16. Inhalt: Kasernen⸗Utensilement ꝛc. Schulverzeichnisse. Tropenausrüstung. Wehrordnung. Revisionsbuch für 3,7 cm Revolver⸗Kanonen. Pulvertransporte. Personalveränderungen. Benachrichtigungen.

Statistische Nachrichten. 8

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts sind in der Zeit vom 1. bis 7. August cr. von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 29,6, in Breslau 29,2, in Königsberg 24,8, in Köln 21,3, in Frankfurt a. M. 12,5, in Wiesbaden 16,9, in Hannover —, in Kassel 21,1, in Magdeburg 26,9, in Stettin 38,1, in Altona 25,3, in Straßburg 28,3, in Metz 16,4, in München 32,0, in Nürnberg 27,2. in Augsburg 28,6, in Dresden 31,3, in Leipzig 21,7, in Stuttgart 21,4, in Karlsruhe 26,4, in Braunschweig 29,9, in Hamburg 24,3, in Wien 20,7, in Pest 33,8, in Prag 29,2, in Triest —, in Krakau 27,5, in Basel 16,9, in Amsterdam 25,8, in Brüssel 33,8, in Paris 22,2, in London 20,4, in Glasgow 20,6, in Liverpool 21,6, in Dublin 17,6, in Edinburg 19,3, in Kopenhagen 24,1, in Stockholm 23,7, in Christiania 31,8, in St. Petersburg 27,1, in Warschau 29,5, in Odessa 52,7, in Rom 25,9, in Turin 28,5, in Venedig 22,9, in Madrid —, in Alexandria 69,9 Ferner aus der Zeit vom 11. Juli bis 17. Juli cr.: in New⸗York 42,7, in Philadelphia 2,6, in Balti⸗ more 26,5, in San Francisco —, in Kalkutta 20,1, in Bombay 24,1, in Madras 30,8.

Auch in dieser Berichtswoche übte die anhaltend kühlere Tempe⸗ ratur der Luft (die in München am 6. August bis 9,6, in Berlin bis 7,5 ° C. sank) im Allgemeinen einen günstigen Einfluß auf die Sterb⸗ lichkeit aus, so daß aus den meisten größeren Berichtsstädten kleinere Sterblichkeitsziffern gemeldet wurden. Besonders niedrig waren diese in den meisten füddeutschen Städten, wie in Frankfurt a. M., Wies⸗ baden, Metz, Mainz, Darmstadt; aber auch in Köln, Kassel, Leipzig, Stuttgart, Barmen, Elberfeld, Wien, Basel, London und den größeren englischen Städten war die Sterblichkeit eine geringe. Namentlich war das Vorkommen von Darmkatarrhen und Brechdurchfällen der Kinder ein vermindertes, obwo in Berlin, Hamburg, München, Breslau, Dresden, Leipzig, Köln, Königsberg, Danzig, Straßburg, Magdeburg, Stettin, Aachen, Braun⸗ schweig, London, Paris, Wien, Pest, Prag, Odessa, St. Petersburg, Warschau die Zahl der daran zu Grunde gegangenen Kinder noc immer eine große blieb, in mehreren sogar eine etwas höhere als in der Vorwoche war. Die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war in Folge dessen im Allgemeinen einer etwas verminderte. Von 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, in Berlin 159, in München 140 Säuglinge. Da⸗ gegen zeigten sich akute Entzündungen der Athmungsorgane

etwas häufiger und riefen auch etwas mehr Sterbe älle

mwor. —, Von den Infektionskrankheiten haben typhöse ber, Diphtherie und Keuchhusten ein wenig mehr, Masern, Schar⸗ 8 Kindbettfijeber und Pocken etwas weniger Sterbefälle veranlaßt. sern⸗Todesfälle waren nur in Essen häufiger, in Berlin, Elber⸗ Hamburg, Prag, Paris, London etwas seltener. Erkrankungen Masern kamen in Berlin, Hamburg, Nürnberg, Edinburg, sowie zen Regierungsbezirken Düsseldorf und Königsberg weniger, in den gnierungsbezirken Trier und Stettin, sowie in Wien und Pest giger zur Anzeige. Sehr bösartig herrschen Masern in Triest, wo zn in der zweiten Julihälfte 58 Personen zum Opfer fielen. jabefälle an Scharlach wurden aus Berlin und Hamburg nur gige, aus Pest, London, St. Petersburg in größerer Zahl ge⸗ ldet. Erkrankungen an Scharlach haben in den meisten Berichts⸗ chen abgenommen. Die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup ig in Berlin, Altona, Danzig, Stettin, Pest eine ghere, in Breslau, Hamburg, Paris, London eine kleinere

„in der Vorwoche. Erkrankungen wurden aber meist häufiger, nur Hamburg und Nürnberg etwas seltener gemeldet. Die Zahl „Sterbefälle an Keuchhusten war in Berlin, Paris, Glasgow ein nig gesteigert, in London vermindert. Erkrankungen daran wurden „Hamburg und Kopenhagen etwas häufiger mitgetheilt. Typhöse M. en in Berlin, Breslau, Paris, Warschau häufiger zum Vor⸗ cher kamen in Berlin, Breslau, Paris, Warschau häufiger zum Vor in, in London dagegen und in St. Petersburg sank die Zahl der zecbefälle. An Flecktyphus und an Rückfallfieber kam nur aus * Petersburg je 1 Erkrankung zur Berichterstattung. An tdemischer Genickstarre kam nur 1 Todesfall aus Berlin 2 Todesfälle nebst einer Erkrankung ans Kopenhagen 5 Meldung. Rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der rat veranlaßten in Berlin etwas mehr, in Kopenhagen etwas mmiger Erkrankungen. Pocken traten nur in Pest in äßerer Zahl als Todesursachen auf, aus Prag und Rom werden 5 aus Wien, Brüssel, Liverpool, Paris, St. Petersburg nur ver⸗ enelte Todesfälle mitgetheilt; auch Erkrankungen kamen aus St. ersburg, Breslau, Wien und London, sowie aus den Regierungs⸗ icen Königsberg und Marienwerder vereinzelt, nur aus Pest größerer Zahl zur Anzeige. Die Cholera in Italien breitet sich agsam nach Norden aus, wenn sie auch meist nicht in intensiver zeise auftritt. Vom 4. August werden aus Ravenna 21 Erkran⸗ ngen mit 10 Todesfällen, aus Ferrara 15 Erkrankungen, aus der indt Bologna 18 Erkrankungen mit 13 Todesfällen gemeldet. In e Provinz Venetien kamen vom 30. Juli bis 6. August 218 Er⸗ enkungen mit 76 Todesfällen, von denen auf die Stadt Venedig Erkrankungen und 7 Todesfälle kommen, zur Anzeige. In Triest ind seit Beginn der Krankheit (7. Juni) bis 14. August 207 Er⸗ inkungen und 119 Todesfälle, in Fiume vom Beginn bis 14. August Personen als erkrankt und 94 Sterbefälle zur Kenntniß ge⸗ immen. ge Das vor Kurzem erschienene Doppelheft III und IV der zeitschrift des Königlich sächsischen Statistischen zureaus“ pro 1885, redigirt von dessen Direktor, Geheimen rierungs⸗Rath, Professor Dr. Böhmert enthält zunächst einen vrsatz des Med.⸗Assessors Dr. Arthur Geißler: „Die Bewegung der erung im Königreich Sachsen während des Jahres 1884.“ In n Aufsatz sind nach einigen allgemeinen Vorbemerkungen I. die iescließungen, II. die Geborenen, III. die Gestorbenen und IV. die zilanz unter Vergleichung mit früheren Jahren nach verschiedenen sihtungen hin tabellarisch zusammengestellt und einer wissenschaft⸗ Prüfung unterzogen worden. Hierauf folgt ein atz des gleichen Verfassers „Ueber die Sterblichkeit Neugeborenen im ersten Lebensmonat“. Das in den ten Tabellen ziffermäßig zusammengestellte Material umfaßt nerationen der Jahre 1875 1884, also eines zehnjährigen Zeit⸗ und behandelt die Sterblichkeit der ehelichen, wie auch der chen Kinder. Hieran reiht sich ein Aufsatz des Amtshaupt⸗ von Schlieben „Untersuchungen über das Einkommen und die altung der Handweber im Bezirk der Amtshauptmannschaft Der Verfasser dieses interessanten Aufsatzes behandelt in einzelnen Abschnitten die Erhebungen am 1. Januar 1880, die bungen im Jahre 1885, die Anzahl der Handweber, die wirth⸗ iftliche Lage der Handweber, die Lebenshaltung einzelner Hand⸗ nberfamilien, den Verdienst in früherer Zeit und kommt zu der ztlußbetrachtung, daß, wenn die Lebenshaltung der Handweber im nhbebungsbezirk und deren gewerbliches Einkommen auch besser seien den Weberdistrikten Schlesiens und des benachbarten Böhmen, im Allgemeinen als befriedigend kaum bezeichnet en könnten. Im Anschluß an den von Schlieben'schen Auf⸗ espricht der Herausgeber der Zeitschrift „Die Methoden hnstatistik“. Dieser Aufsatz giebt zunächst Aufschluß über den ärtigen Stand der Lohnstatistik und behandelt sodann den Plan kten Ermittelung der Arbeitslöhne und zur Ermittelung der erverhältnisse überhaupt, insbesondere der Lebenshaltung der er und der Wohlfahrtseinrichtungen. Hieran schließen sich eitere Aufsätze des Herausgebers: „Die Arbeitslöhne auf den chen Steinkohlenwerken Sachsens von 1869 bis 1885“ und „Die kenverhältnisse der Meißner Porzellan⸗Manufaktur von 1869 bis 1882“. dr Verfasser bekämpft in diesen drei Abhandlungen die jetzt üblichen, un allgemeinen Durchschnittsangaben von Löhnen und sucht zuerst etisch und dann praktisch an zwei großen Unternehmungen eine h exakte Methode der Lohnstatistik zu begründen. Er zeigt die nendlichen Verschiedenheiten der Auslohnung innerhalb jeder ein⸗ inen Unternehmung und die Nothwendigkeit, in jeder Fabrik die ein⸗ anen Beschäftigungen und Arbeiterkategorien zu trennen und inner⸗ sab derselben die männlichen, weiblichen und jugendlichen, die Hand⸗ opfarbeiter, die gewöhnlichen Tagelöhner und die gelernten und risch geübten Arbeiter nach Alter, Geschlecht, Arbeits⸗ 1 s. w. gesondert zu betrachten. Alle Abhandlungen ises Heftes zeigen, wie nöthig es ist, die Arbeiterverhältnisse ohl individuell und lokal, als auch im Zusammenhange mit er gesammten industriellen und sozialen Entwickelung näher zu mtesuchen, wenn man sie verstehen und verbessern will. Ein wei⸗ igr Aufsatz des Herausgebers dieser Zeitschrift behandelt: „Die neinfuhr im Königreich Sachsen von 1880 bis 1884.“ Die Uarischen Uebersichten sind genau nach den Zusammenstellungen der schen Hauptzollämter bearbeitet. Den Abschluß des Doppel⸗ ntes bilden „Repertorische Rückblicke auf das Jahr 1885, das König⸗ nih Sachsen betreffend.“ Dem Doppelhefte III und IV der statistischen Zeitschrift für db ist auf Anordnung des Königlichen Ministeriums des Innern als Natisbeilage angefügt worden ein Aufsatz von W. Küttner, alter an den Freiherrlich von Burgk'schen Steinkohlenwerken in „Die Eheschließungen im Königreich Sachsen zit besonderer Berücksichtigung des Bergmanns⸗ mundes, ein Beitrag zur mathematischen Statistik“ mit einem, feichsam als Einleitung dienenden Aufsatze des Geheimen Raths und znektors des Königlichen Polytechnikums in Dresden, Professor ustav Zeuner: „Zur mathematischen Statistik.“ Zeuner. welcher sein Buch: „Abhandlungen aus der mathematischen Statistik. - ebenso wie Professor G. F. Knapp durch seine

eft: „Ueber die Ermittelung der Sterblichkeit aus den ezeichungen der Bevölkerungsstatistik. Leipzig 1868“ bahn⸗¼ wisend gewirkt hat, beleuchtet in dem ersten Theile seiner

elesten interessanten Abhandlung den gegenwärtigen Stand en mathematischen Statistik von dem Erscheinen der Schrift

os bis zu den Arbeiten von Becker, Lewin, Lexis, Perozzo, Heym, nüstein, Dr. Helm und Küttner und giebt im zweiten Theile eine zigemeine Darstellung der Fundamentalsätze aus der Theorie der Fürblichkeit“. Küttner's gründliche Arbeit entspringt gewissen statisti⸗ sen Erhebungen und Voruntersuchungen, welche von einer durch das wniglich sächsische Ministerium des Innern niedergesetzten Kommission n Jwecke der Regulirung der Knappschaftsfrage in Sachsen ange⸗ 8n worden sind und zum Theil noch fortgesetzt werden. Nach

Vorgange des unter Bodio's Leitung stehenden italienischen 8 schen Bureaus will auch das Königlich sächsische Bureau der sematischen Statistik in Zukunft seine Aufmerksamkeit

8 und darauf bezügliche Untersuchungen aufnehmen,

s ofern

wirklich ausgeführten statistischen Erhebung

Die sächsische statistische Zeitschrift erscheint im Kommissions⸗ verlag der Königlichen Expedition der „Leipziger Zeitung“ in Leipzig und in der Buchhandlung von R. v. Zahn & Jaensch in Dresden und kostet bei einem Umfange von jährlich circa 30 Bogen nur 3

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Das Recht der öffentlichen Genossenschaft. 0. verwaltungsrechtliche Monographie von Dr. Heinrich Rosin, a.⸗o. Professor der staatsrechtlichen und germanistischen Fächer an der Universität Freiburg. Zugleich ein Beitrag zur allgemeinen Lehre von der Körperschaft. Freiburg i. B. 1886. Akademische Verlags⸗ buchhandlung von J. C. B. Mohr (Paul Siebeck). gr. 80. S. XII. u. 210. Die erste Anregung zu dieser Schrift hat deren Verfasser nach eigenem Geständniß das Studium der neuen sozialvpolitischen Reichsgesetze gegeben. Es wurde ihm klar, daß die vollständige Erfassung ihres juristischen Inhalts nur möglich sei bei Erkenntniß des Wesens derjenigen Organisationen, welche sich als die Träger der umfangreichen, durch jene Gesetze in unser Staatsleben neu eingeführten Pflichten darstellen. Der Verfasser suchte daher über den Einzel⸗ erscheinungen der Berufsgenossenschaften für die Unfallversicherung und der Kassenvereine für die Krankenversicherung den höheren Gesammt⸗ begriff der öffentlichen Genossenschaft festzustellen. Diese Absicht ist vollkommen gelungen. Der Werth der Arbeit beruht in dem streng dogmatischen Inhalt wie in der klaren Darstellung der ge⸗ wonnenen Resultate bei gründlicher Verwerthung der literarischen Vorarbeiten. Die zahlreichen, ausführlichen Anmerkungen unter dem Text bekunden die Sorgfalt, Vielseitigkeit und Geschicklichkeit, mit welcher dieses umfangreiche, zerstreute Material zur Benutzung herbei⸗ geschafft wurde. Durch den eben erwähnten, der Arbeit zu Grunde gelegten Ausgangspunkt wurde wesentlich das Quellenmaterial be⸗ stimmt. In erster Reihe stand naturgemäß die Reichsgesetzgebung. An sie schloß sich zunächst die preußische Landesgesetzgebung an, sowohl ihrer eigenen Bedeutung halber als auch darum, weil gerade ihr Einfluß auf den verschiedensten Gebieten des Rechts für System und Inhalt der Reichsgesetzgebung vielfach entscheidend gewesen ist. Zur Ergänzung und Vergleichung der so gewonnenen Gesichtspunkte ist dann das Recht der deutschen Mittelstaaten, zunächst das den Verfasser auch wegen seines Berufs an der Universität Freiburg i. B. besonders interessirende Badische Landesrecht eingehend verwerthet worden. Endlich ist auf das Französische Recht, speziell in seiner Gestalt als Recht der Reichslande genommen, soweit sich Anknüpfungspunkte er⸗ gaben, Rücksicht genommen. Auf die er Grundlage will die Schrift das Recht der öffentlichen Genossenschaft als solcher vorführen, nicht das der einzelnen öffentlichen Genossenschaften. Das Recht der letz⸗ teren kommt nur als Material für den Aufbau des einheitlichen Systems, nicht als Selbstzweck in Betracht. Die den Stoff verwaltungsrechtlich behandelnde Monographie zerfällt in sechs Kapitel. In dem ersten sind die bisherigen Ansichten über den Begriff der öffentlichen Genossenschaften kritisirt, positive Begriffsbestimmung gegeben, Gemeinde⸗ und Privatkorporationen erörtert. Nach der Seite 18 aufgestellten Definition ist öffentliche Genossenschaft diejenige Genossenschaft, welche kraft öffentlichen Rechts dem Staate zur Erfüllung ihres Zweckes verpflichtet ist. Die öffentliche Genossen⸗ schaft ist gegenüber dem Staat eine selbständige Rechtspersönlichkeit mit eigenem Lebenszweck und eigenem Wirken, eigenen Interessen und eigenen Rechten. Nicht die Qualität des Zwecks der Genossenschaft und seine innere Beziehung zum Staatszweck bestimmt das Wesen der öffentlichen Genossenschaft, sondern die Pflicht derselben, ihren Zweck im Interesse des Staates zu erfüllen. Die letztere Pflicht ist für die Genossenschaft das prinzipielle Moment in ihrem Verhältniß zum Staate, alle anderen sind lediglich accessorisch. Die staatliche Aufsicht über die öffentlichen Genossenschaften ist daher nur eine Konsequenz jener Pflicht und empfängt ihren besonderen Inhalt gegenüber der staatlichen Aufsicht über die Privatkorporation durch die besondere Art der Pflichten, welche der öffentlichen Genossenschaft dem Staate gegen⸗

über obliegen. Ebenso sind auf der anderen Seite die besonderen Vor⸗

rechte, welche der Staat der öffentlichen Genossenschaft, sei es im Verhältniß zu ihm selbst, zu ihren Mitgliedern wie zu Dritten, ge⸗ währt, nichts Anderes als Reflexe jener Pflichten, Vorzüge, welche der Staat in seinem Interesse der öffentlichen Genossenschaft gewährt, um sie zur besseren und leichteren Erfüllung ihrer Pflicht zu befähigen. Die Pflicht der öffentlichen Genossenschaft dem Staate gegenüber ist eine öffentlich⸗rechtliche, denn es handelt sich um eine Unterstellung der ganzen Persönlichkeit der Genossenschaft unter das staatliche Herrschafts⸗ recht. Die Pflicht, ihren Lebenszweck zu erfüllen, ist eine Pflicht der Genossenschaft als solcher gegenüber dem Staate. Die öffentliche Genossenschaft hat ihrer Pflicht nicht genügt, wenn sie, selbst unter Anwendung aller ihrer Kraͤfte, ihre Aufgabe nicht erfüllen kann. Im Gegentheil muß ihr ihre Leistungsfähigkeit die Existenzberechtigung in den Augen des Staates entziehen und damit zugleich zur Vernichtung ihrer ganzen Persönlichkeit führen, in der das Leben für sich und das für den Staat unzertrennbar verbunden liegt. Die vorstehenden, aus der reichen und vielseitigen Beweisführung entlehnten Erörterungen geben sicherlich vollgültiges Zeugniß für die gerade in unseren Tagen verdiente Beachtung der Schrift des Verfassers, welcher in den folgenden fünf Kapiteln die einzelnen Genossenschaften des öffentlichen Rechts, die Persönlichkeit der öffentlichen Genossenschaft und die Staatseinwirkung, Begründung und Beendigung der öffentlichen Genossenschaft, die Rechtsverhältnisse zu den Mitgliedern und zu dritten Personen, endlich Recht und Gericht der öffentlichen Genossenschaft sehr eingehend be⸗ handelt. Der Bezeichnung der Kassen als öffentlicher Korporationen ist ein besonderer Anhang (S. 35 bis 39) gewidmet. In diesem Sinne glaubt der Verfasser die mit einem brauchbaren Sachregister versehene und als wohlverdient zu empfehlende Schrift zugleich als einen Beitrag zur allgemeinen Lehre von der Körperschaft bezeichnen zu dürfen.

Dem Verzeichniß der Vorlesungen, welche im Winter⸗ Semester an der Universität Jena gehalten werden sollen, gehen von dem ord. Prof. der Philologie Georg Götz in lateinischer Sprache ab⸗ gefaßte Untersuchungen über M. Terentius Varro (Quae- stiones Varronianae), den bekannten römischen Polyhistor, von dessen

verschiedenen Schriften wir u. A. noch einen Theil seines Werkes „de⸗

lingua latina“ besitzen, vorauf. Dieselben beschäftigen sich vorzugs⸗ weise mit der Frage: wie es komme, daß Verrius, obwohl ein Ver⸗ ehrer Varro’'s, desselben Bücher de lingua latina niemals erwähnt und nichts aus denselben excerpirt habe. Der gelehrte Verfasser de vorliegenden Abhandlung theilt die verschiedenen Ansichten von Ot⸗ fried Müller, Spengel und Willmanns hierüber mit, prüft dieselben und gelangt bei seiner kritischen Untersuchung schließlich zu dem Er⸗ gebniß, daß Varro bei Abfassung seines Werks über die lateinische Sprache von irgend einem anderen gelehrten Werke irgend eines Glossen⸗Autors gleichsam als seiner Grundlage ausgegangen und daß ebendasselbe auch in das Werk des Verrius übergegangen sei; aber sowohl Verrius wie Varro hätten das Ueberlieferte mehr als ein⸗ mal, sei es aus einer anderen Quelle, sei es nach ihrem eigenen Wissen und Gutdünken, geändert, zusammengezogen oder erweitert. Wer dies bedenke, werde aufhören, sich darüber zu wundern, daß Verrius von Varro’'s Büchern de lingua latina keinen Gebrauch ge⸗ macht, da er dessen, die Glossen enthaltende Partien einer reichhal⸗ tigeren Quelle habe entnehmen können. Am Schluß werden vom Verfasser noch mehrere korrupte Stellen aus Varro kritisch behandelt.

Die volkswirthschaftliche Zeitschrift „Die Sparkasse“ hat in ihrer Nr. 108 (1886) folgenden Inhalt: Ueber Zwangsversicherung bei den öffentlichen Sozietäten. Königlich sächsische Verordnung, betreffend Verwendung von Sparkassen⸗Ueber⸗ schüssen. Sparkassen⸗Rechnung zu Magdeburg. Zur Währungs⸗ frage. Der allgemeine deutsche Muͤnzforscherverein. Elsaß⸗

Lothringische 4prozentige Landes⸗Obligationen. Ausprägung von

40 000 000 Einpfennigstücken. Falsche Fünfmarkscheine. Falsche Einmarkstücke. Verhaftung von Falschmünzern. Verjährung bei der Wechselstempelabgabe. Holländischer Wechselstempel. Un⸗ schädlichmachung eines Wucherers. Erwerb des Pfandgegenstandes durch den Pandgläubiger. Die Lebensversicherungsbank für

Deutschland zu Gotha. Entscheidung, betreffend die Rückzahlung des Darlehns in Gold. Erwebung einer Hypotheken⸗ oder sonstigen verbrieften Forderung durch Cession. Bezeichnung des Zahlungs⸗ 185 Wechsel. Falsche Bezeichnung der Geldrollen. Literatur. 8

Gewerbe und Handel.

Der Cours für die in Berlin in Silber zahlbaren Oester⸗ reichischen Eisenbahn⸗Obligationen, Coupons und ver⸗ loosten Stücke ist von 161 ½ auf 161 ¾ für 100 Fl. Silber erhöht worden.

In der gestrigen Sitzung des Aufsichtsraths der Vereinig⸗ ten Königs⸗ und Laurahütte erstattete die Direktion Bericht über die Geschäftsergebnisse des Jahres 1885/86. Die Produktion ist gegen das Vorjahr an Steinkohlen um 11 200 t, an Walzeisen und Stahlwaaren um 2740 t gestiegen, dagegen an Roheisen um 8300 t zurückgegangen. Der Absatz war der Produktion entsprechend und die dafür erzielte Einnahme betrug 17 031 000 ℳ, d. i. um 418 000 weniger als im Vorjahr. Die sehr gedrückte Lage des Marktes für Eisen hatte einen starken Rückgang der Erträge zur Folge. Die Ge⸗- winne der Gruben blieben nur wenig hinter denen des Vorjahres zurück, so daß fast der ganze Ausfall den Eisenhütten zur Last fällt. Die Rohbilance ergiebt einen Bruttogewinn bei den Berg⸗ und Hüttenwerken sowie den Landgütern von 1 984 000 (gegen 2 419 198 im Vorjahre), hiervon sind zunächst auf Ab- schreibungen von den Materialien⸗ und Produkten⸗Konten zu verwen⸗ den 174 000 ℳ, bleiben 1 810 000 ℳ. Die Kosten bei der Central⸗ verwaltung und dem kaufmännischen Geschäft betrugen 334 000 ℳ, die Zinsen der Obligationen 337 500 ℳ, so daß ein Bruttogeschäfts⸗ Gewinn von 1 137 000 resultirt. Der Aufsichtsrath beschloß, zur Amortisation der Werkanlagen 1 000 000 zu verwenden und der Generalversammlung die Zahlung einer Dividende von ½ % vorzu⸗ schlagen. Die Werke nahmen an Aufträgen in das neue Geschäfts⸗ jahr hinüber 26 800 t mit einem Werthe von 3 290 000 ℳ, im Vor⸗ jahr waren die entsprechenden Zahlen ca. 30 000 t im Werthe von 3 150 000

London, 16. August. (W. T. B.) In einer heutigen Ver⸗ sammlung des Vereins der Hüttenbesitzer in Middles⸗ borough wurde beschlossen, die Fabrikation von Gußeisen um 20 % zu verringern.

Bradford, 16. August. (W. T. B.) Wolle Tendenz eher zu Gunsten der Abgeber, besonders für feinste, Botanywolle fest, Garne für den Export gefragter, Stoffe ruhig.

Konstantinopel, 17. August. (W. T. B.) Die Einnahmen der Türkischen Taback⸗Regie⸗Gesellschaft betrugen im Juli cr. 14 100 000 Piaster gegen 13 500 000 Piaster in demselben

at des Vorjahres.

Submissionen im Auslande. Italien.“ 8

1) 26. August, 3 Uhr. Turin. Artillerie⸗Direktion der Waffen⸗ fabrik. Holzschäfte für Gewehre Modell 1870. Voranschlag 83 200, Kaution 8400 Fr.

2) 26. August, 4 Uhr. Turin. Artillerie⸗Direktion. 1000 kg weißes Leder. Voranschlag 4000, Kaution 400 Fr.

8 Rumänien.

11. September, 4 Uhr. Bukarest. Ministerium der öffentlichen Arbeiten und Präfektur von Bacau. Bau einer eisernen Brücke über die Bistrita. Voranschlag 740 432,71 Fr. Bauzeit 3 Jahre.

Spanien.

9. September, 2 Uhr. Madrid. C und Telegraphen. Bau und Betrieb de gossa. Kaution 2000 Pes.

Näheres an Ort und Stelle.

1) 31. August. Mittags. Dänische Staatsbahne Aarhuus. Maschinverwaltung für Jütland und Fünen. Lieferung von:

I. 83 000 Pd. rhein. Stangeisen, 14 500 Pd. rhein. Winkeleisen 1900 Pd. Bandeisen, 350 Pd. halbrundem Eisen, 95 Stück rhein Eisenplatten, 8 Stück gezogenen Fußblechplatten, 63 600 Pd. schwe dischem Stangeisen, 4000 Pd. Feuerrosteisen, 20 000 Pd. Bekleidung platten.

II. 8700 Pd. Kupfer in Stangen, 4000 Bogen Schmergelleine⸗ wand, 5000 Bogen Sandpapier, 80 Pd. Schmergel, 1000 Pd. „Kirkmanns Verpackung“, 124 Dutzend Feilen, 1460 Gros eisernen Schrauben, 750 Gros Messingschrauben, 4000 Stück Rosen⸗ nägeln, 110 000 Stück geschmiedeten Tauchernägeln, 670 000 Stü geschnittenen Nägeln, 250 000 Stück Spaltpflöcken, 375 000 Stück Drahtstiften, 400 Pd. Messingplatten, 50 Stück galvanisirten Wasser eimern, 800 Stück Feilenschäften, 500 Stück Pappe, 120 Rollen Dachpappe, 24 Stück Grasvpinseln, 120 Stück Straßenbesen.

III. 600 Stück eng. Fensterscheibenglas, 2000 Stück Wagen laternenglas, 150 Stück rundem geschliffenen Glas, 200 Stück gebogenem, farbigen Glas, 25 Stück Billetlaternenglas, 2000 Stück Krystalllampenglas. 8

2) 2. September. Mittags. Dieselbe Behörde. Lieferung von:

I. 80 000 Pd. weißem Zwistabfall, 400 Ellen Gardinenzeug 500 Pd. Krullhaar, 300 Ellen rothem Plüsch, 2000 Ellen gestreiftem Plüsch, 800 Ellen hessian Leinewand, 400 Ellen ungebleichter Leinewand, 1000 Ellen Faconleinewand, 500 Ellen Zwistleinewand, 200 Ellen gröberer Leinewand, 4000 Stück Wischstücken, 1000 Ellen Gürtelzeug, 50 Pd. ungefärbtem wollenen Garn, 200 Stück Hand⸗ tüchern.

IIJ. 600 Ellen Wagenrinnenbändern, 10 000 Ellen Wagenbändern, 500 Stück Wagenschnüren, 10 500 Stück wollenen Troddeln, 3000 Stück Schmierkissen, 400 Ellen Schmierkissenzeug für Lokomotiven, 100 Ellen Schmierkissenzeug für Wagen, 1750 Ellen Lampendochten.

3) 4. September. Mittags. Dieselbe Behörde. Lieferung von:

I. 98 000 Pd. Lampenöl, 175 000 Pd. Maschinenöl, 30 000 Pd. dunklem Mineralöl, 20 000 Pd. gereinigtem Mineralöl, 120 900 Pd. Steinöl, 1400 Pd. Firniß, 6000 Pd. Leinöl, 2000 Pd. Terpentinöl.

II. 4000 Pd. Zinkgrau, 1000 Pd. Bleiweiß. 10 Pd. Bleimännie, 1500 Pd. Kastanienbraun, 10 000 Pd. wassergetriebener Kreide, 10 000 Pd. Soda, 1500 Pd. Kienruß. 7000 Pd. grüner oder brauner Seife, 150 Pd. Stearinlichtern, 200 Pd. Leim.

Die Bedingungen und die Offertenformulare für die Lieferung der vorstehend genannten Waaren werden von der genannten Behörde auf Verlangen den Reflektanten in unfrankirtem Couvert übersandt. wenn dieselben vorher angeben, auf welche Waarengruppe ihre An⸗ erbietungen sich beziehen. G ͤ1111X“

Verkehrs⸗Anstalten.

Hamburg, 16. August. (W. T. B.) Wie die Börsenhalle“ meldet, ist zwischen der Hamburg⸗Ame Packetfahrt⸗Aktien⸗Gesellschaft und der Thingvalla⸗ Gesellschaft in Kopenhagen heute eine Vereinbarung abd⸗ geschlossen worden, wonach die Dampfer beider Gesellschaften zusam- men fortan eine regelmäßige wöchentliche Verbindung zwischen Stettin und New⸗York via Kopenhagen und schwedische Hafen unterhalten werden. Die Dampfer der Hamburg⸗Amerikantscher Packetfahrt⸗Aktien⸗Gesellschaft laufen in Kovenhagen an; die Dampfer der Thingvalla⸗Gesellschaft werden ab Stettin durch die dortige Ver⸗ tretung der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗Aktien⸗Gesellschaf befördert.