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— Nach dem Erlaß des Ministers des Innern, vom 3. Oktober v. J., betreffend die Berechnung und Ver⸗ gütung der Kosten für Gefangenentransporte auf Landwegen, soll bei Berechnung der Entfernungen jedes angefangene Kilometer für ein volles Kilometer gerechnet und bei Entfernungen von weniger als 8 km — und zwar auch dann, wenn die Entfernung nicht volle 2 km beträgt — der Vergütungssatz für 8 km gezahlt werden.
Es sind nun Zweifel darüber entstanden, in welcher Weise bei Gefangenentransporten, die theils auf Eisenbahnen, theils auf Landwegen ausgeführt werden, die neben den Kosten für die Bahnstrecke besonders zu vergütenden Transportkosten für den Landweg dann zu berechnen sind, wenn es sich um mehrere durch die Eisenbahnstrecke getrennte Landwege andelt. Behufs Herbeiführung eines gleichmäßigen Ver⸗ “ hat der Minister des Innern durch Reskript vom 1. Juli d. J. für diesen Fall im Einverständniß mit dem Justiz⸗Minister bestimmt, daß die Entfernungen der mehreren, durch die Eisenbahnstrecke getrennten Landwege stets zu⸗ sammenzurechnen sind und nur einmal nach der sich er⸗ gebenden Gesammtentfernung der mehreren Landwege auf volle Kilometer abzurunden, bezw., wenn die e entfernung weniger als 8 km beträgt, als volle 8 km zu rechnen sind.
Was die gleichfalls zur Erörterung gestellte Frage an⸗ betrifft, ob besondere Transportkosten nach den Sätzen für Landtransporte auch dann zu gewähren seien, wenn der Bahnhof im Weichbilde des Ortes liegt, an welchem der Transportat abzuliefern bezw. zu übernehmen ist, so ist, dem Reskript zufolge, diese Frage im Allgemeinen zwar zu ver⸗ neinen; es können jedoch, aus Billigkeitsrücksichten, Trans⸗ portkosten nach den Bestimmungen für Landtransporte neben den Transportkosten für die Bahnstrecke auch dann gewährt werden, wenn der Bahnhof zwar im Weichbilde des betreffen⸗ den Ortes liegt, die Entfernung von dem Ausgangspunkte des Transports bis zum Bahnhofe aber 2 km oder darüber beträgt.
— Der Kaiserliche Gesandte im Haag hat einen ihm Allerhöchsten Orts bewilligten Urlaub angetreten. Während der Abwesenheit des Freiherrn von Saurma⸗Jeltsch von seinem Posten fungirt der Legations⸗Sekretär von Schön als interimistischer Geschäftsträger.
— Der Chef der Admiralität, General⸗Lieutenant von Caprivi, ist von Dienstreisen hierher zurückgekehrt.
— Der General-Lieutenant Wiebe, Inspecteur der 1. Fuß⸗Artillerie⸗Inspektion, ist von der Leitung der in Königsberg i. Pr. stattgehabten artilleristischen Uebung im Festungskriege zurückgekehrt.
— Der General⸗Lieutenant Schulz, Präses des Ingenieur⸗ Comité's, hat eine Dienstreise nach den rheinischen Festungen angetreten.
— Der Königlich bayerische Gesandte am hiesigen Aller⸗ höchsten Hofe, Graf von Lerchenfeld⸗Köfering, hat einen ihm von seiner Regierung bewilligten Urlaub angetreten.
ährend seiner Abwesenheit von Berlin fungirt der Lega⸗ tions⸗Sekretär Freiherr von Podewils als interimistischer Geschäftsträger.
— Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Dr. Jaffé in Zduny, Miecznikiwicz in Kowanowko, Dr. Schlieper in Rogasen, Dr. Hollaender in Samter, Dr. Langner in Kriewen, Dr. Cierpinski in Fraustadt, Kaiser in Rör⸗ kempen, Dr. Kittsteiner in Hanau.
— S. M. Kanonenboot „Wolf“, Kommandant Kapitän⸗
Lieutenant Jaeschke, ist am 22. August cr. in Swatow an⸗ G und beabsichtigt, am 24. August cr. wieder in See u gehen. “ Dampfer „Electra“ mit der abgelösten Be⸗ satzung S. M. Kreuzers „Möwe“ und S. M. Kanonen⸗ boots „Hyäne“ ist am 22. August cr. in Havre eingetroffen und setzt am 23. August cr. die Heimreise fort.
Kiel, 21. August. (W. T. B.) Ihre Königliche Hoheit die Erbprinzessin von Sachsen⸗Meiningen ist heute Abend 6 Uhr, von Korsör kommend, mit dem deutschen Postdampfer „Adler“ hier eingetroffen und im Königlichen Schlosse abgestiegen.
Bayern. München, 23. August. 6 T. B.) Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm nahm gestern verschiedene Sehenswürdigkeiten der Stadt in Augenschein und hat Sich heute früh 7 ½ Uhr nach Augsburg begeben.
b In dem Wolff'schen Telegramm aus München, vom 21. d. M., in Nr. 196 d. Bl., ist in der vierten Zeile von unten anstatt Triest zu lesen: Trient.
III
Sachsen. Dresden, 22. August. 1 heutigen von dem Albert⸗Verein veranstalteten sogenannten lbertfest im Königlichen Großen Garten hierselbst wohnten bei schönstem Wetter der König, die Königin, die Familie des Prinzen Georg und Prinz Leopold von Bayern mit Gefolge bei.
Oesterreich⸗Ungarn. Gastein, 22. August. (Wn. Ztg.) Der Kaiser hat gestern Nachmittag Gastein verlassen, um sich irekt nach Wien zu begeben.
Großbritannien und Irland. London, 20. August. (A. C.) Die Vorschläge der Regierung finden, nach dem „Standard“, den vollen Beifall der liberalen Unionisten. Lord e wie Mr. Chamberlain sind dafür, daß lokale Selbstregierung gleichmäßig für alle drei König⸗ reiche einzuführen sei.
In einer gestern von 60 irischen Parlaments⸗ Mitgliedern besuchten Versammlung wurde beschlossen, wei Amendements zu der Adresse auf die Thron⸗ ede einzureichen. Das eine bezieht sich auf die Exmissionen ind die Nichtzahlung der richterlich festgestellten Pachten,
hrend das andere auf den Belfaster Aufruhr Bezug hat.
— 21. August. (A. C.) Die Großherzogin von
Mecklenburg⸗Strelitz ist von Neustrelitz zum Besuch ihrer Mutter, der Herzogin von Cambridge, in London ein⸗ getroffen. — Der Erbgroßherzog von Hessen, welcher inige Zeit hier zum Besuch des englischen Hofes weilte, ver⸗ ieß gestern Abend den Buckingham⸗Palast und trat die Rück⸗ reise nach Darmstadt an.
— (W. T. B.) Die anläßlich der Verurtheilung des Sozialisten Williams von dem sozialdemo⸗ kratischen Bunde für morgen angekündigte Monstre⸗ Versammlung ist auf den 29. d. M. verschoben worden.
Brisbane (Australien), 20. August. Ein Telegramm des „Reuter'schen Bureau“ meldet: Dem der Legislatur von Queensland vorgelegten Finanzausweise zufolge sind die Einkünfte der Kolonie pro 1886/87 auf 3 000 000 Pfd. Sterl., die Ausgaben auf 3 069000 Pfd. Sterl. veranschlagt. Es verbleibt sonach ein Defizit von 69000 Pfd. Sterl., welches der Finanz⸗Ministerder Einstellung der Landverkäufe in Gemäßheit des neuen Landgesetzes und den Wirkungen einer vierjährigen bei⸗ spiellos heftigen Dürre zuschreibt. Die Dürre ist jedoch jetzt gänzlich verschwunden, und auf Grund der vereinigten Wirkun⸗ gen einer günstigen Jahreszeit, der wesentlichen Steigerung der Wollpreise, einer Zuckerernte von über 50 000 Tonnen, und des Aufschwunges der Bergbau⸗Industrie und der Landwirth⸗ schaft werden bessere Zeiten erwartet. Zur Deckung der unver⸗ züglichen Bedürfnisse empfiehlt der Finanz⸗Minister eine Er⸗ höhung der ad valorem Zölle von 5 auf 7 ½ Proz. und die Auferlegung einer Erbschaftssteuer auf Realvermögen.
Türkei. Konstantinopel, 23. August. (W. T. B.) Ein Cirkular der Pforte an ihre Vertreter im Aus⸗ lande macht denselben Mittheilung von dem Ereigniß in Sofia und beauftragt dieselben: die Anschauungen der Re⸗ gierungen, bei denen sie beglaubigt sind, über dieses Ereigniß in Erfahrung zu bringen.
Serbien. Belgrad, 23. August. (W. T. B.) In Gegen⸗ wart des Königs wurde gestern die Eisenbahnstrecke Lapovo — Kragujevatz feierlich eröffnet.
Bulgarien. Ein Extrablatt der „Kölnischen Zeitung“ vom 22. August berichtet: Uebereinstimmende Depeschen aus Bukarest und Konstantinopel melden, daß Fürst Alexander von Bulgarien bei einer Inspektion in Widdin gefangen genommen und als Gefangener nach Lompa⸗ lanka geführt worden ist; einer späteren Nachricht zufolge befindet er sich bereits außerhalb Bulgariens. In Sofia ist seine Absetzung ausgerufen und eine provisorische Regierung von Zankow und Karaweloff, den Führern der beiden bisher feindlichen Parteien, gebildet worden.
Wie „W. T. B.“ aus Bukarest meldet, hat die bulgarische provisorische Regierung eine Pro⸗ klamation erlassen, in ur get ird: „Furst Alexander habe Bulgarien auf dem Schlachtfelde große Dienste geleistet, habe aber in der Politik zu wenig Rücksicht auf Bulgariens Stellung als slavischen Staat und auf das gute Verhältniß zu Rußland genommen — deshalb sei seine Absetzung nöthig geworden.“
Rußland und Polen. St. Petersburg, 22. August. (W. T. B.) Ein in den Zeitungen enthaltenes offizielles Communiqué besagt: In der letzten Zeit sind in ver⸗ schiedenen russischen Zeitungen Artikel erschienen, welche Besprechungen der politischen Lage ent⸗ halten; in denselben wurden vollständig will⸗ kürliche und unrichtige Ansichten über die zwischen der Kaiserlich russischen Regierung und anderen Mächten bestehenden Beziehungen aus⸗ gesprochen. Diese Beziehungen haben sich im Laufe dieses Jahres keineswegs verändert, und sind auch keinerlei Umstände in Aussicht, welche Grund zu der Befürchtung zuließen, daß diese Beziehungen gestört und die Kaiserliche Regierung zu einer Aenderung ihrer Politik veranlaßt werden könnte.
Amerika. New⸗York, 21. August. (W. T. B.) In einer Meldung aus Mexiko wird konstatirt, daß die mexi⸗ kanische Regierung bereit sei, den verhafteten Redacteur Cutting in Freiheit zu setzen, daß sie sich aber weigere, das Prinzip aufzugeben, welches zu der Verhaftung Cutting's Anlaß gegeben habe.
Afrika. Egypten. Kairo, 19. August. (A. C.) Major Kitchener ist als Nachfolger Watson Paschas zum Civil⸗ und Militär⸗Gouverneur von Suaki nannt worden. .
Zeitungsstimmen.
In einem zweiten Artikel über den „industriellen Noth⸗ stand“ sagt das „Deutsche Tageblatt“:
Es handelt sich darum, die mit Beziehung auf den Gang und Stand der deutschen Industrie gegen die Schutzzollxvolitik des Deut⸗ schen Reichs gerichteten Vorwürfe in ihrer Nichtigkeit zu zeigen. In dieser Beziehung haben wir zunächst die Verhältnisse der Einfuhr Bremens aus dem deutschen Zollgebiet in das Auge zu fassen. Wir haben schon bemerkt, daß die bremische Einfuhr aus dem Binnenlande betrug im
Jahre
1883 14 916 681 Ctr. im Werth von 163 579 441 ℳ
1885 15 265 503 3 1 192,828558 zugleich kamen aus dem deutschen Zollgebiet im Jahre
1883 15 ˙565 353 Ctr. im Werth von 142 254 847 ℳ
1885 16 528 102 8. „ „ 144 933 728 „ während also binnenwärts die auch aus anderen Gebieten als dem deutschen nach Bremen gebrachte Zufuhr im Jahre 1885 nur um 350 000 Ctr. höher war, als 1883, und 750 000 ℳ weniger Werth hatte, war die Zufuhr aus dem Zollverein, die von seewärts inbegriffen, um fast 962 743 Ctr. und — trotz des geringeren Spesenaufschlages — 2678 881 ℳ höher. Noch durchschlagender erscheint das günstigere Verhältniß, wenn wir das Verhältniß des überseeischen Handels ins Auge fassen. Da finden wir für die Zufuhr aus den Vereinigten Staaten im Jahr 1883 9 371 746 Ctr. im Werth von 195 094 684 ℳ, 1885 6 573 046 Ctr. im Werth von 146 369 000 ℳ. also eine Abnahme von 2 718 700 Ctr. im Werthe von 48 725 684 ℳ, was fast 29 % der Menge und fast 25 % des Werthes ausmacht, wogegen sicherlich das Verhältniß der deutschen Zufuhr, welche über 6 % der Menge und beinahe 2 % an Werth, als ein günstiges bezeichnet werden muß, wenngleich auch die Beein⸗ flussung des Preisrückganges an der deutschen Zufuhr nicht einflußlos vorübergehen konnte. Dieser Rückgang betrug aber für den Centner bei der Zufuhr aus den Vereinigten Staaten (wobei Taback und Petroleum die Hauptrolle spielen) 1,60 ℳ (1883 22,42 ℳ, 1885 20,82 ℳ) also über 7 %, während der Rückgang für die Zufuhren aus dem deutschen Zollgebiete nur 36 ₰ (1883 9,14, 1885 8,78 ℳ) für den Centner, also nahezu 4 % betrug.
Betrachten wir andererseits die Ausfuhr aus Bremen, so findet sich das land⸗ und flußwärts, was nahezu der Einfuhr in das deutsche Zollgebiet entspricht. Es gingen ein im Jahre
1883 14 523 098 Ctr. im Werth von 344 272 528 ℳ
1885 14 057 426 „ 8 8 „ 295 883,783 „
also weniger ““ 8 EEA“ und während im Jahre 1883 von Deutschland für jeden Centner seiner Einfuhr über Bremen nahezu 24 ℳ gezahlt werden mußten,
zahlte es im Jahre 1885 nur noch 21 ℳ, also gegen 12 % weniger.
Die Differenz zu seinen Gunsten beträgt also gegen 8 %, da es für seine Ausfuhrartikel über Bremen 1885 zwar 4 % weniger erhielt als im Jahre 1883, dagegen aber, wie wir gezeigt haben, 12 % weniger zahlte. Vergleichen wir hiergegen die Bremische Ausfuhr seewärts, so sehen wir, daß dieselbe betrug im Jahre 1883 11 755 521 Ctr. im Werthe von 177 657 079 ℳ, 1885 12 052 507 Ctr. im Werthe von 184 581 595 ℳ 1 9 Es zeigt sich also nicht nur kein Rückgang gegen das erstere Jahr, sondern sogar eine Vermehrung um 296 486 Ctr. im Werth von 7 924 516 ℳ, und es betrug der Durchschnittspreis, den das Ausland für die über Bremen bezogenen Waaren zu zahlen hatte, im Jahre 1883 für den Centner ca. 15,11 ℳ, im Jahre 1885 ca. 15,31 ℳ, also 20 ₰ mehr als im Jahre 1883. Andererseits betrug die gesammte Seeeinfuhr Bremens im Jahre 1883: 21 316 464 Ctr. im Werth von 390 853 761 ℳ 1885: 19 929 802 „ 5 8 332 338 384 „ Es wurden also seewärts weniger eingeführt im Jahre 1885
gegen 1883:
1 386 662 Ctr. im Werth von 58 515 377 ℳ und Bremen zahlte im Jahre 1883 für den Centner der Einfuhr durchschnittlich 18,35, im Jahre 1885 aber nur noch 16,72 ℳ
Ziehen wir also aus diesem Beispiel des Bremer Handels, das wir gewählt haben, weil es von der börsendemagogischen Presse haupt⸗ sächlich benutzt worden ist, um daran die für den deutschen Handel und die deutsche Industrie schädigende Wirkung zu erweisen, das Facit, so finden wir daraus in der Zusammenstellung folgendes Ergebniß:
Die deutsche Ausfuhr über Bremen nahm im Jahr 1885 gegen das Jahr 1883 nicht ab, sondern zu, und wir erhielten für unsere zum Umschlag nach Bremen gebrachten Erzeugnisse im Jahr 1885 fast 4 % mehr bezahlt als im Jahr 1883; dagegen nahm allerdings die Einfuhr nach Deutschland über Bremen ab; aber wir haben schon in einem früheren Aufsatz hervorgehoben, daß damit gerade einer der Zwecke unserer Schutzzollpolitik erreicht worden ist; und indem wir nachgewiesen haben, daß nicht nur die Ausfuhr über Bremen sich vermindert hat, sondern daß wir für die ein⸗ geführten fremden Erzeugnisse auch um 12 % weniger zahlen, so ist auch festgestellt, was vordem behauptet worden ist, daß nicht wir den Schutzzoll zahlen, sondern daß derselbe am Preise der Waaren abgeht, bevor dieselben unsere Grenzen überschreiten. Danach sind auch alle freihändlerischen Behauptungen, wonach gleich⸗ wohl in Deutschland der Schutzzoll selbst gezahlt werden müßte, da außerhalb der Zollgrenze das Getreide um den Zollsatz billiger sei, zu beurtheilen. Eben deshalb, weil durch den Schutzzoll das in Deutsch⸗ land nicht wirklich gebaute Getreide von hier ausgeschlossen ist, mehrt sich in den freihändlerischen Gebieten das Angebot und es ergiebt sich ein Preiedruck, der dort stärker ist als bei uns, weil eben der Zoll als Damm zwischen dem innerhalb und außerhalb des Zollgebietes befindlichen Getreide errichtet ist. Dieser Zoll ist nicht hoch genug, um das fremde Getreide gänzlich von uns auszuschließen, aber er ist hoch genug, um uns vor der Ueberfluthung mit demselben zu behüten. Da es von der Getreide⸗ spekulation aber einmal aus den Ländern, die gezwungen sind um jeden Preis zu verkaufen, auf den Weltmarkt geworfen worden und nun einmal da ist, so drückt es natürlich durch seine an unseren Zoll⸗ schranken sich stauende Menge außerhalb und treibt den Preis ent⸗ sprechendd der Höhe unserer Getreidezölle niedriger. Sobald aber der Getreidezoll bei uns wieder beseitigt würde, so würde natürlich auch die Wirkung des Zolles auf das Zollausland aufhören, das fremde Getreide würde breit nach Deutschland hereinströmen, um die Lager zu füllen und wieder auf die heimische Produktion zu drücken, und der Druck außerhalb würde sich vermindern, deshalb würden sich dort die Getreidepreise erhöhen, während es sehr fraglich erscheint, ob sie sich bei uns ver⸗ mindern würden, da immerhin Deutschland bei dem Getreideverbrauch nur eine kleinere Rolle spielt und da auch voraussichtlich die ein⸗ heimische Landwirthschaft sich, durch den Druck von außen genöthigt, bald auf andere Gebiete werfen müßte.
Es erscheint also den Anklagen gegen die Schutzzollpolitik und an einem Hauptbeispiel, das gegen dieselbe angeführt wird, schlagen erwiesen, daß die bemerklichen Mißlichkeiten bei Industrie und Hande die sich auch in Deutschland zeigen, nicht auf die deutsche Schutzzol politik zurückgeführt werden können. Denn Jedermann weiß, daß ei billigerer Einkauf vom Auslande und ein theuerer Verkauf an dasselb wie es sich bei dem deutschen Verkehr über Bremen in einer Differenz von etwa 8 % zu unsern Gunsten zeigt, nicht als Nachtheil für die Wirthschaftlichkeit betrachtet werden kann. Wenigstens weiß jede Kaufmann, daß billig Einkaufen und theuer Verkaufen reich macht. Warum soll es im nationalen Verkehr anders sein?
— Die „Berliner Börsen⸗Zeitung“ berichtet:
In unsern Tuchfabriken herrscht im Allgemeinen augenblickli eine ziemlich lebhafte Thätigkeit, in den großen Fabrikstädten sin noch täglich Käufer in großer Zahl anwesend, welche für momentanen Bedarf Einkäufe machen und die vorhandenen Läger unter Berück⸗ sichtigung der steigenden Kolonialwollpreise möglichst vortheilhaft a sich zu bringen suchen. Zu den Uebelständen, die sich in der Tuch fabrikation besonders in den letzten Jahren geltend machten, gehört es, daß Grossisten und Händler vor Anfang einer jeden Saison ihre Bestellungen so viel als möglich einschränken, oft genug nu Muster bestellen, um später, wenn sie mit den Bedürfnissen de Marktes vertraut waren, ihre Dispositionen zu treffen. Diese Um stände hatten für den Fabrikanten mannigfache Uebelstände im Ge⸗ folge, da er statt für feste Ordres, auf Lager arbeiten mußte. Die Vorgänge auf den Wollauktionen scheinen auch diesem Mangel ab helfen zu sollen; denn wie uns berichtet wird, gehen die Aufträge für die nächste Sommersaison, deren Kollektionen nunmehr komplett am Markt erschienen sind, ziemlich gut, jedenfalls zahl reicher als in früheren Perioden ein, weil Käufer von der nicht ungerechtfertigten Ansicht ausgehen, daß Preise, die momentan noch lange nicht in Uebereinstimmung mit den hohe Garnnotirungen gebracht worden sind, in nächster Zeit weiter anziehern werden. So ist in rheinischen Fabriken die Beschäftigung eine rech günstige; es ist eine große Anzahl mechanischer Webstühle, meisten in denjenigen Webereien, welche in Lohn arbeiten, zur Aufstellung ge langt, und schon wieder wird die Einrichtung neuer mechanischer Webereien geplant. Auch in den thüringischen Fabrikstädten, welche sich mit der Herstellung von Waaren (Herren⸗Kammgarn⸗ stoffe ꝛc.) beschäftigen, die den renommirten rheinischen gleich kommen, herrscht dieselbe außergewöhnliche Thätigkeit. Auch in großen Lausitzer und Schlesischen Fabrikstädten herrscht eine Beschäf⸗ tigung, die normalen Ansprüchen in jeder Weise entspricht; die Läger von Winterwaaren in couranten Mustern sind ziemlich gelichtet; was von den Stühlen kommt, findet willige Aufnahme. Für den Sommer sind die Aufträge zufriedenstellend eingegangen, woran die geschmack voll und billig hergestellten Muster wohl die Hauptschuld tragen Gemusterte Kammgarnstoffe in Streifen und Carreaux in frischen lebhaften Farben werden überall gekauft, Ordres für dieselben liegen auch bereits für überseeischen Export in nicht unbedeutendem Umfange vor, außerdem wurden auch Streich⸗ garnwaaren in soliden Mustern ziemlich flott bestellt. In glatten leichten Tuchen besitzen schlesische Fabriken recht ansehnliche Erport aufträge für den ostasiatischen Markt; auch in anderen Ländern, sowi im Inlande selbst hat sich der Absatz einfarbiger Tuche, der in den letzten Jahren im Rückgange begriffen war, ansehnlich gehoben, be sonders seitdem die Produktion schwarzer Waare in Uebereinstimmung mit dem Konsum gebracht worden ist; von dieser 1 an hat sich auch das geschäftliche Resultat in dieser speziellen Fabrikation verbesserrt. Wenn auch geringe Qualitäten weniger Absatz finden, da der Bedarf für schwarze Waare in den un teren Bevölkerungsklassen und sogar auch bei der Land⸗ bevölkerung zu Gunsten des dunklen Buckskins hat zurücktreten müssen, so ist doch der Verbrauch mittlerer und besserer Qualitäten in der Preislage von 7 ℳ aufwärts wesentlich in der Zunahme begriffen, besonders wenn solche in der Geschmacksrichtung den jeweiligen Be⸗
fnissen des Marktes angepaßt wird. Frankreich bezieht glatte warze Waare in ziemlich großen Mengen aus unseren Fabriken, fes Geschäft ist aber wezen der darauf lastenden Spesen, Zölle ꝛc. wvon höchst bescheidenem Nutzen begleitet. Die Fabriken, die sich t der Herstellung sogenannter englischer Stoffe befassen, arbeiten,
s Umsätze anbetrifft, unter günstigen Verhältnissen.
Eisenbahn⸗Verordnungs⸗Blatt. Nr. 25. — Inhalt: echöchstes Privilegium wegen Emission von 400 000 ℳ vier⸗ pzentiger Prioritäts⸗Obligationen der Kiel⸗Eckernförde⸗Flensburger
Pjenbahn⸗Gesellschaft, II. Emission. Vom 21. Juli 1886. — Er⸗
des Ministers der öffentlichen Arbeiten: vom 8. August 1886, tr. Bestellung von Amtskautionen. — Vom 9. August 1886, betr. itwen⸗ und Waisengeld. — Vom 15. August 1886, betr. amt⸗ wpen Schriftwechsel einzelner Bureau⸗Abtheilungen und Bureau⸗ umten mit Dienststellen und Beamten der Verwaltung. — Nachrichten.
Centralblatt der Abgaben⸗Gesetzgebung und Ver⸗ altung in den Königlich preußischen Staaten. Nr. 17. Inhalt: Anzeige der in der Gesetz⸗Sammlung und im Reichs⸗ esetblatt erschienenen Gesetze und Verordnungen. — I. Allgemeine waltungsgegenstände: Veränderungen in dem Stande und in den fugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen. — III. Indirekte Steuern: escheinigungen auf den Erledigungsscheinen über erledigte Begleit⸗ eine. — Ausfuhr der zur Kategorie der Rebe nicht gehörigen Pflänz⸗ age. — Unterscheidung des Talgs und der unter Nr. 26 i des Zoll⸗ z fallenden Kerzenstoffe, Untersuchung der Konsistenz thierischer ste und Denaturirung des Talgs von schmalzartiger Konsistenz. — achweis über den Verbleib der Steuervergütungsscheine über aus⸗ ührten Zucker. — VI. Personalnachrichten.
Statistische Nachrichten.
Die preußischen Sparkassen im Rechnungsjahre 1884 zw. 1884/85 nach der „Zeitschr. d. K. Pr. Stat, Bur.“ 26. Jahrg. 86, Heft 1 u. 2 (Schluß). — Betrachtet man die Vertheilung der onten der Einleger nach Provinzen, so ergiebt sich, daß die atheile der mittleren Conten (über 60 bis 600 ℳ) in den einzelnen tovinzen im Allgemeinen weit weniger von den Angaben für den stat abweichen als die der kleinsten (bis 60 ℳ) und der größten er 600 ℳ). Im ganzen Staat lauteten von je 100 Sparkassen⸗ chern auf Beträge bis 60 ℳ 28,86, über 60 bis 150 ℳ 18,06, r 150 bis 300 ℳ 15,59, über 300 bis 600 ℳ 15,37, über
Ostpreußen, Sachsen, Berlin, Hessen⸗Nassau, Posen, andenburg und Schlesien haben verhältnißmäßig viele kleine und mig große Einlagen aufzuweisen. So lauteten von je 100 Spar⸗ enbüchern auf Beträge bis 60 ℳ in Ostpreußen 40,95. in Sachsen 192, in Berlin 36,27, Hessen⸗Nassau 33,72, in Posen 32,98, in bandenburg 31,87, in Schlesien 30,56; dann folgen Westpreußen t28,26, Schleswig⸗Holstein mit 27,09, Pommern mit 23,92, Rhein⸗
d mit 22,96, Hannover mit 21,84 und Westfalen mit 16,44. hos Umgekehrte, also mehr große als kleine Einlagen, ist der Fall Schleswig⸗Holstein, Rheinland, Hannover und namentlich West⸗ len, während in Westpreußen die kleinen Einlagen (28,26) dem all⸗ mneinen Durchschnitt (28,86) nahekommen, die mittleren etwas über, egrößeren etwas unter demselben bleiben. Auf Beträge über 600 ℳ ateten von je 100 Sparkassenbüchern: in Westfalen 37,51, Schleswig⸗ blstein und Rheinland 28,28, Hannover 24,32, Pommern 22,38, ssen⸗Nassau 20,34, Westpreußen 19,17, Sachsen 17,16, Schlesien 194, Ostpreußen 16,47, Brandenburg 16,18, Posen 15,62, Berlin 792. Im Ganzen sind also in den östlichen Landestheilen die inen, in den westlichen, wo Spargelegenheit und Sparsinn hfrüher entwickelt haben, die größeren Einlagen relativ häufiger. Wie sich der gesammte Einlagebestand auf die einzelnen Conten⸗ issen vertheilt und inwieweit etwa die preußischen Sparkassen, ent⸗ gen ihrer ursprünglichen und natürlichen Bestimmung, zur vorüber⸗ benden Hinterlegung größerer Kapitalien statt zur stetigen Auf⸗ wufung kleiner Ersparnisse benutzt werden, läßt sich, wie es in der beit weiter heißt, aus den vorliegenden Nachrichten ziffermäßig nicht inehmen. Jedenfalls aber entfalle die Hälfte des Gesammtbestandes
Spareinlagen auf Bücher unter dem oben angegebenen Durchschnitt i 537,33 ℳ, also auf Beträge, wie sie sich auch aus den Spar⸗ ennigen des „kleinen Mannes“ im Laufe von Jahren allmählich fehr bl aufzusammeln vermögen. Daß andererseits der Einlagen⸗ rchschnitt trotz seines Rückganges während der letzten drei hre sich noch immer unweit der Grenze der höchsten,
22,12 % der Sparkassenbücher umfassenden Werthklasse befindet, teche allerdings für das öftere Vorkommen von Einlagen, welche eblich über den Betrag von 600 ℳ hinausgehen; indeß sei die sbl der Conten über 537,33 ℳ, auf welche die zweite Hälfte des sammtbestandes sich vertheilt, doch jedenfalls eine zu große, als hjein im Verhältniß bedeutender Antheil daran auf Einlagen ent⸗ en könnte, welche für die eigentlichen Zwecke der Sparkasse wirklich hoch sind. Bei der zweiten Einlagenhälfte von rund 1,055 Mil⸗ mnen Mark müsse nämlich die Contenklasse von über 300 bis 600 ℳ, lche im Ganzen 596 945 Bücher umfaßt, mit Einlagen über 7,33 ℳ bis 600 ℳ noch soweit betheiligt sein, daß für die erste kerthklasse kaum mehr als etwa eine Milliarde an Sparkassen⸗Ein⸗ ee übrig bleiben könne. Da ferner diese letztere Summe sich auf 6686 Sparkassenbücher vertheilt, so folge daraus, daß etwa eine be Milliarde auf Einlagen entfalle, welche den Betrag von 1000 ℳ dt erreichen oder nur wenig überschreiten; von dem für höhere Conten toleibenden Restbetrage komme aber sicherlich auch noch ein großer Theil
Einlagen, welche fuür die Annahme bei den Sparkassen noch keines⸗ gs ungeeignet erscheinen. Natürlich gelte dies Alles aber nur unter
Voraussetzung, daß Fälle, in denen Jemand mehrere Sparkassen⸗
er hesitzt und also in Wirklichkeit statt mehrerer kleinerer Einleger
ein größerer vorhanden ist, nicht allzu oft vorkommen. — Im rhältniß zur Bevölkerung kam im Berichtsjahr 1 Sparkassenbuch 16,93 Einwohner, gegen 7,45 im Vorjahre, 8,09 im Jahre 1882, d im Jahre 1881, 9,26 im Jahre 1880, 9,30 in 1879, 9,61 in
8, 10,22 in 1877, 10,83 in 1876, 11,62 in 1875, 11,92 in 1874, 60 in 1873, 14,41 in 1872, 15,84 in 1871. Nach Provinzen be⸗ schtet, entfiel am Schluß des Berichtsjahres 1 Buch: in Posen auf 499, Ostpreußen auf 21,73, Westpreußen auf 20,45, Rheinland auf 9 Pommern auf 8,45, Schlesien auf 7,72, Hessen⸗Nassau auf
„Brandenburg auf 6,33, Westfalen auf 5,70, Berlin auf 4,77, unover auf 4,33, Sachsen auf 3,92 und in Schleswig⸗Holstein schon
3,36 Einwohner. Soweit man von der Zahl der Sparkassen⸗ her auf die Zahl der Sparer schließen kann, bieten also auch in er Beziehung wieder die drei Ostprovinzen weitaus das günstigste d; aber auch die Stellung der Rheinprovinz fällt als eine nach⸗ llige auf, und zwar um so mehr, als neben derselben im Westen noch Hessen⸗Nassau hinter dem Gesammt⸗Durchschnitt zurückbleibt. un Zinsen gewähren die preußischen Sparkassen den Einlegern Allgemeinen 2 bis 5 %, zwei Fabriks⸗Sparkassen in Schlesien und senland ausnahmsweise 6 5 bis 9 %. Für ausgeliehene Kapitalien alten die Sparkassen ihrerseits gewöhnlich 2 bis 6 %, in einzelnen 18 bis zu 7 und 8 ½ %. Hieraus ergab sich für das Berichtsfahr Finsüberschuß von 22 969 699,32 ℳ, gegen 20 880 173 ℳ Vorjahre. Die Verwaltungskosten erforderten 0,23 % der sägen, nämlich 4 865 434,45 ℳ Es verblieb also ein Reingewinn p. 104 264,87 ℳ, welcher bei den öffentlichen Sparkassen nach Reglement vom 12. Dezember 1838 und dem Erlaß des Ministers Imnern, vom 19. März 1880, so lange zur Bildung bezw. Ver⸗ ung des Reservefonds zu verwenden war, bis letzterer . öhe von 10 % der Passivmasse erreicht hatte; dünd der weitere Ueberschuß und ausnahmsweise die Hälfte bben, sobald der Reservefonds wenigstens 5 % der Passivmasse nachtke, mit Genehmigung der Staatsaufsichts⸗Behörde zur Be⸗ ggung außerordentlicher kommunaler Bedürfnisse verausgabt wer⸗ durste. Im Berichtsjahr vermehrten sich die Reservefonds bei Sparkassen im Ganzen 10 778 452,47 ℳ ämli
128 643 062,54 ℳ auf 139 421 515,01 ℳ, also von 6,54 auf 6,61 % der Einlagen. Wenn man die Sparkassen der einzelnen Provinzen in Betracht zieht, so hatten die größten Reservefonds die Kassen in Westfalen, nämlich 23 069 838,52 ℳ; dann folgen: Sachsen mit 19 607 239,41 ℳ, Rheinland mit 18 306 253,45 ℳ, Schlesien mit 15 592 298,70 ℳ, Schleswig⸗Holstein mit 13 514 115,94 ℳ, Han⸗ nover mit 13 257 081,36 ℳ, Brandenburg mit 10 856 870,84 ℳ, Pommern mit 8 842 636,89 ℳ, Hessen⸗Nassau mit 6 691 058,88 ℳ, Berlin mit 2 943 757,4 ℳ, Westpreußen mit 2 925 566,38 ℳ, Ostpreußen mit 1 980 915,41 ℳ und Posen mit 1 833 881,69 ℳ — Nach der Art der Kassen betrachtet, hatten die städtischen Spar⸗ kassen zusammen Reservefonds von 74 496 005,51 ℳ oder 7,46 % der Einlagen, die Landgemeinde⸗ ꝛc. Sparkassen zusammen Reservefonds von 4 336 818,54 ℳ (5,77 %), die Kreis⸗ und Amts⸗Sparkassen 37 283 196,39 ℳ (6,04 %), die Bezirks⸗Sparkassen 429 921,41 ℳ (6,18 %), die Provinzial⸗ ꝛc. Sparkassen 4 883 414,45 ℳ (8,26 %), die Vereins⸗ und Privat⸗Sparkassen 17 992 158,77 ℳ (5,11 %). Zu öffentlichen Zwecken sind aus den Reservefonds im abgelaufenen Rechnungsjahre 6 828 554,00 ℳ, seit dem Be⸗ stehen der Kassen, soweit dies zu ermitteln war, 77 914 751,88 ℳ verwendet worden. — Außer den Reservefonds besaßen die Sparkassen am Jahresschluß noch 3 977 145,01 ℳ an Separat⸗ oder Sparfonds, 6 074 638,38 ℳ an eigenem Vermögen und 42 802 016 ℳ an baarem Kassenbestande. Dazu kamen Mobilien im Werthe von 847 401,93 ℳ — Zinsbar angelegt waren von dem Gesammtvermögen der Sparkassen am Schluß des Berichtsjahrs 2 215 783 198,56 ℳ, und zwar 587 715 701,66 ℳ (oder 26,52 %) auf städtische Grund⸗ stücke, 612 495 726,67 ℳ (27,64 %) auf ländliche Grund⸗ stücke, 552 171,33 ℳ (0,03 %) auf städtische und ländliche Grundstücke gemeinsam, 623 062 287,36 ℳ (28,12 %) in Inhaber⸗ Papieren, 5 454 935,51 ℳ (0,25 %) gegen Schuldscheine ohne Bürgschaft, 132 981 773,28 ℳ (6,00 %) gegen Schuld⸗ scheine mit Bürgschaft, 50 454 421,14 ℳ (2,28 %) gegen Wechsel, 51 552 220,93 ℳ (2,33 %) gegen Faustpfand, 146 873 960,68 ℳ (6,62 %) bei öffentlichen Instituten und Korporationen und 4 640 000,00 ℳ (0,21 %) ohne Bezeichnung der Anlegung. Der Gesammtbetrag der zinsbar angelegten Sparkassengelder hat sich gegen das Vorjahr, in dem er sich auf 2 045 502 719 ℳ bezifferte, um 8,32 % vermehrt. Die verhältnißmäßig größte Steigerung (13,74 %) weist die Anlegunß der Inhaberpapiere auf; dann folgt die Begebung bei öffentlichen Instituten und Korporationen (8,52 % mehr) und die in Hypotheken auf städtische bezw. ländliche Grundstücke (7,81 bezw. 6,85 % mehr), endlich die Verleihung gegen Faustpfand (3,29 % mehr) und die gegen verbürgte Schuldscheine (1,26 % mehr). Dagegen hat die Anlegung in Wechseln um 0,63, die auf städtische und ländliche Grundstücke gemeinsam um 1,00 und die Begebung gegen Schuldschein ohne Bürgschaft um 28,30 % abgenommen. Für die beiden letzteren Belegungsarten handelte es sich übrigens um an sich nur unbedeutende Beträge Ebenso unerheblich sind die Beträge mit nicht bezeichneter Belegungsart, welche letztere um 21,31 % gewachsen sind. Die Begebung gegen Schuldscheine, Wechsel und Faustofand sowie an öffentliche Institute und Korpo⸗ rationen hat seit dem Jahre 1872 relativ fortwährend abgenommen (von 26,60 bis 17,69 %), wohl in Folge der Zunahme des Ver⸗ mögens der Kassen, welches eine verhältnißmäßig geringere Belegung in kurzfristigen Krediten erlaubt. Daß dementsprechend der auf Schuldscheine und Wechsel entfallende Antheil, welcher 1882 9,77, 1883 9,27 und 1884 nur noch 8,53 % ausmachte, sich fortwährend vermindert, steht, wie dazu bemerkt wird, allerdings mit den Hoff⸗ nungen, in den Sparkassen allmählich auch ein kräftiges Hülfsmittel für die Entwickelung des Personalkredits zu gewinnen, wenig in Einklang. Die Erscheinung, daß der Prozentsatz der Belegungen in Inhaber⸗ Paxieren seit 1879 im Wachsen ist (von 22,80 % auf 28,12 % im Jahre 1884), wird den Courssteigerungen mit zuzuschreiben sein, wie solche einmal durch die Besserung der wirthschaftlichen Lage, dann aber auch durch das Sinken des allgemeinen Zinsfußes, welches den Cours der Inhaber⸗Papiere mit gleichgebliebener Verzinsung in die Höhe treibt, hervorgerufen worden. Endlich ist ein überwiegender, übrigens seit mehreren Jahren ziemlich regelmäßig abnehmender Theil der Sparkassen⸗Vermögen in Hypotheken angelegt (1879 56,37, 1880 55,83, 1881 55,93, 1882 55,44, 1883 54,70, 1884 54,19), und zwar annähernd zur einen Hälfte bei städtischen, zur anderen bei ländlichen Grund⸗ stücken. — Zur vollen Würdigung der Bedeutung des Sparkassenwesens für den Realkredit, so heißt es am Schluß der Arbeit, dürfe einerseits nicht übersehen werden, daß dem letzteren nicht blos die Ausleihung auf Hypotheken, sondern auch die Erwerbung gewisser Arten von Inhaberpapieren, insbesondere der von Grundkreditinstituten aus⸗ gegebenen, wie der Pfandbriefe, der Hypothekenbankaktien u. dergl., zu Gute komme. Andererseits aber falle gegenüber den ungeheueren Werthbeträgen, welche der gesammte städtische und ländliche Grund⸗ besitz des Staates darstellt, die Beleihung desselben durch mehr als eine Milliarde an Sparkassengeldern noch nicht gerade hervorragend ins Gewicht, und zumal dem ländlichen Grundbesitz im Nord⸗ osten des Landes, dem ein billiger Kredit sehr zu gönnen, böten die Sparkassen noch immer keine nennenswerthe Stütze. Eine beigegebene tabellarische Uebersicht giebt dafür den Beleg. Wenn der Verkaufswerth des Hektar land⸗ und forstwirthschaftlicher Fläche in Ostpreußen, Westpreußen und Posen auf nur 400 bis 500 ℳ an⸗ genommen wird, so ist in den genannten Provinzen noch lange nicht 1 % dieses Werths mit Sparkassengeldern beliehen. In Ostpreußen betrugen nämlich die in ländlichen Hypotheken angelegten Sparkassen⸗ gelder, bei 3 447 764 ha land⸗ und forstwirthschaftlich benutzter Fläche, 3 212 054,68 ℳ, also auf 1 ha nur 0,93 ℳ; in Posen, bei 2 756 209 ha Fläche, 5 584 828,80 ℳ, also auf 1 ha 2,03 ℳ; in Westpreußen, bei 2 399 160 ha Fläche, 6 158 070,35 ℳ, also auf 1 ha 2,57 ℳ Demnächst folgen Brandenburg mit 7,62 ℳ Hypotheken pro Hektar (3 736 866 ha Fläche und 82 464 253,16 ℳ — für den Stadtkreis Berlin ist bei 2,671 ha land⸗ und forstwirthschaftlich benutzter Fläche gar keine ländliche Hy⸗ pothek aus Sparkassengeldern verzeichnet); Pommern mit 8,30 ℳ pro Hektar, Schlesien mit 9,63 ℳ pro Hektar, Hessen⸗Nassau mit 12,84 ℳ pro Hektar und Rheinland mit 15,49 ℳ pro Hektar. Am günstigsten stehen auch hier wiederum Westfalen, Schleswig⸗Holstein, Sachsen und Hannover da, selbst wenn man den wesentlich höheren Boden⸗ werth in diesen Provinzen in Betracht zieht. Es kam nämlich in Westfalen, bei 1 926 743 ha land⸗ und forstwirthschaftlich benutzter Fläche und 136 352 831,37 ℳ in ländlichen Hypotheken angelegter Sparkassengelder, auf 1 ha 70,77 ℳ; in Schleswig⸗Holstein, bei 1 755 723 ha Fläche und 92 118 175,31 ℳ Hypotheken, auf 1 ha 52,47 ℳ; in Sachsen, bei 2 383 577 ha Fläche und 97 050 447,54 ℳ Hypotheken, auf 1 ha 40,72 ℳ und in Hannover, bei 3 623 304 ha Fläche und 123 851 266,20 ℳ Hypotheken, auf 1 ha 34,18 ℳ Für den ganzen preußischen Staat ergiebt sich, bei 32 791 507 ha land⸗ und forstwirthschaftlich benutzter Fläche und 612 495 726,67 ℳ ländlicher Hypotheken aus Sparkassengeldern, hieraus als Durchschnittssatz auf den Hektar der Betrag von 18,68 ℳ 1
— (A. C.) In England fanden im Jahre 1885 durch Eisenbahn⸗Unfälle aller Art 957 Personen ihren Tod, während 3457 Verletzungen davontrugen. Von dieser Anzahl waren 102 ge⸗ tödtete und 1129 verletzte Passagiere, von denen in Folge von Ent⸗ gleisungen oder Zusammenstößen von Zügen 6 getödtet und 436 ver⸗ letzt wurden, während die Tödtung und Verletzung der übrigen Passagiere verschiedenen anderen Ursachen, hauptsächlich jedoch dem Mangel an Vorsicht Seitens der Individuen selber zuzuschreiben ist. Die uͤbrigen 451 Todten und 2117 Verwundeten waren Beamte oder Bedienstete der Eisenbahngesellschaften.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Im Verlage der Hofbuchhandlung Herm. J, Meidinger (Berlin C., Niederwallstraße 22), ist soeben erschienen: „Uebersicht der verschiedenen Benennungen der Deutschen Truppen⸗ theile, seit den ältesten Zeiten resp. seit der Reorganisation bis zum 1. Juli 1886. Ein Beitrag zur Geschichte des Deutschen
8 Nach Akten terial bearbeitet von G. Lange, Premier⸗
Lieutenant a. D.“ 12 Bogen Lexikon⸗Oktav. (Preis 2 ½ ℳ) — In der vorliegenden Publikation sind die heutigen und ehe⸗ maligen Benennungen aller Truppentheile des Deutschen Heeres über⸗ sichtlich neben einander gestellt, und zwar zunächst die der preußischen Armee seit dem Tilsiter Frieden, dann der sächsischen seit 1670, der württembergischen seit 1807 und der bayerischen Armee seit 1682. Die in der Uebersicht niedergelegten Daten hat der Verfasser mit vieler Mühe gesammelt, wobei er von höheren Militärs und Angehörigen des preußischen, sächsischen, württembergischen und bayerischen Heeres unterstützt worden ist, sodaß man darnach auf Zuverlässigkeit schließen darf. Da gleichzeitig auch stets angegeben ist, zu welcher Armee⸗Inspek⸗ tion, welchem Armee⸗Corps, welcher Division und Brigade der be⸗ treffende Truppentheil gehört, so bietet das Buch zugleich ein prak⸗ tisches nützliches Hülfsmittel zur schnellen Orientirung. Vorangeschickt ist übrigens auch noch eine Uebersicht des heutigen Bestandes der Armee, nach den Truppengattungen geordnet, nebst der Dislokation der Armee⸗Corps; das kleine, gut ausgestattete Buch dürfte also dem Militär und allen Denjenigen, die über das deutsche Heereswesen früher und jetzt schnelle Auskunft wünschen, willkommen sein.
— Führer durch das Medizinische Berlin. Nach authentischen Quellen bearbeitet. Mit 7 Grundrissen und 1 Plan. Berlin 1886, Fischer's Medizinische Buchhandlung (H. Kornfeld), XW. Charits⸗Str. 6. (Pr. 2 ℳ) — Das vorliegende kleine Buch ist aus dem Bedürfniß hervorgegangen, den fremden wie den ein⸗ heimischen Aerzten einen praktischen Wegweiser und zuverlässigen Rath⸗ geber durch die medizinischen Institute und Krankenhäuser Berlins darzubieten. Es will ein Taschenbuch für den Arzt sein, das ihm in beruflichen und persönlichen Angelegenheiten Aufschluß giebt. Dem Bearbeiter des Führers hat das von den Instituts⸗ Vorständen selbst zur Verfügung gestellte Material vorgelegen, sodaß man die Angaben für genau und zuverlässig halten darf. In den praktischen Vorbemerkungen wird der neu Angekommene über alle Ver⸗ kehrs⸗Einrichtungen ꝛc. der Stadt unterrichtet. Der 2. Haupt⸗Abschnitt führt ihn dann speziell durch alle Heilanstalten, Königliche sowohl wie städlische und private Institute, Polikliniken, Privat⸗Labora⸗ torien ꝛc. Auch der Universität und den Ferienkursen derselben für praktische Aerzte ist ein ausführliches Kapitel gewidmet. Ein be⸗ sonderer Abschnitt bietet eine Uebersicht über das Medizinalwesen des Reiches (das Kaiserliche Gesundheitsamt) und Preußens (die verschiede⸗ nen Medizinal⸗Abtheilungen und Kommissionen nach den ministeriellen Ressorts, zu denen sie gehören. Dann folgt eine Uebersicht der Bibliotheken Berlins, soweit sie für den Mediziner von Wichtigkeit sind, nebst Angabe der Bedingungen für ihre Benutzung, ein Verzeichniß der Berliner ärzt⸗ lichen Vereine und schließlich ein Verzeichniß der Aerzte Berlins. Der Führer ist gut und handlich in Form eines Taschenbuchs aus⸗ gestattet, mit Grundrissen versehen und enthält als angenehme Zugabe einen Plan der Stadt Berlin mit dazu gehörigem orientirenden Straßenverzeichniß.
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Nach den statistischen Ermittelungen des Vereins deutscher Eisen⸗ und Stahl⸗Industrieller belief sich die Koheisenproduktion des Deutschen Reichs (einschließlich Luremburgs) im Monat Juli 1886 auf 280 347 t, darunter 144 312 t Puddelroheisen und Spiegeleisen, 38 053 t Bessemerroheisen, 68 233 t Thomas⸗ roheisen und 26 849 t Gießereiroheisen. Die Produktion im Juli 1885 betrug 307 774 t. Vom 1. Januar 1886 bis ult. Juli 1886 wurden produzirt 1 983 515 t gegen 2 188 123 t im gleichen Zeit⸗ raum des Vorjahrs.
— Bei der Deutschen Gold⸗ und Silber⸗Scheide⸗ anstalt in Frankfurt a. M. betrug der Gesammtgewinn aus den verschiedenen Geschäftszweigen in 1885/86 726 137 ℳ gegen 765 379 ℳ in 1884/85. Von dem verbleibenden Reingewinn von 335 580 ℳ sollen 13 ½ % gegen 15 % im Vorjahre als Dividende vertheilt werden.
— Der Aufsichtsrath der Chemnitzer Papierfabrik zu Einsiedel bei Chemnitz hat beschlossen, für 1885/86 eine Divi⸗ dende von 6 ½ % auf die Stamm⸗ und Prioritäts⸗Stamm⸗Aktien (gegen 9 ½ % im Vorjahre) in Vorschlag zu bringen.
— Der „Ledermarkt“ meldet von der Messe in Nischny⸗Now⸗ gorod: Die Messe ist ziemlich stark von ausländischen Käufern be⸗ sucht. Dadurch sind die Erwartungen der einheimischen Händler auf guten Verkauf ihrer diversen Waaren hoch gespannt, wodurch bisher Geschäfte so erschwert wurden, daß noch wenig umging. Von Kalb⸗ fellen sind ca. 200 000 Stück Rasnoien und 100 000 Palloien zugeführt; für erstere wird 22 Rbl. pro Pud, für letztere 12 — 13 Rbl. pro Pud gefordert; bisher wurden’ nur wenige Rasnoien an ein englisches Haus verkauft. Von Kasaner Heberlingen sind die Zufuhren noch nicht sehr groß, da Eigner wegen der billigen in Aussicht genommenen Preise mit ihrer Waare zurückhalten. Ge⸗ fordert wird 1,20 Rbl. p. Stück, jedoch ist noch nichts hierin verkauft. Von Kasaner Lammfellen wurden bereits“ größere Posten nach Deutschland begeben und diese theuer bezahlt mit 90 bis 95 Kopeken per Stück.
Leipzig, 22. August. (W. T. B.) Die heutige General⸗ versammlung des Verbandes deutscher Handlungsgehülfen war aus allen Theilen Deutschlands sehr zahlreich besucht. Dieselbe erledigte unter allgemeiner Zustimmung die Tagesordnung im Sinne der b'sherigen Geschäftsführung. Es wurde die Gründung einer Alterversorgungskasse beschlossen, und der Wittwen⸗ und Waisenkasse sowie dem Fonds für stellenlose Handlungsgehülfen wurden besondere Zuwendungen gemacht.
London, 21. August. (A. C.) Wie aus Middlesborough
eschrieben wird, haben die Eisenhüttenbesitzer von Cleve⸗ and endgültig beschlossen, die am Montag vereinbarte Einschrän⸗ kung der Roheisenproduktion um 20 % zur Ausführung zu bringen. Von zehn Hochöfen, welche Clevelander Eisen herstellen, sollen zwei für die Fabrikation von Hematit⸗Eisen verwendet und die übrigen acht ausgelöscht werden.
New⸗York, 21. August. (W. T. B.) Der Werth der in der vergangenen Woche eingeführten Waaren betrug 8 610 053 Doll., davon 3 034 853 Doll. für Stoffe. Der Werth der Einfuhr in der Vorwoche betrug 7 972 000 Doll., davon 2 731 026 Doll. für Stoffe.
Submissionen im Auslande.
Spanien.
1) 9. September. Madrid, General⸗Direktion für Post und Telegraphen. Bau und Betrieb des Telephonnetzes für Saragossa.
2) 10. September. Madrid, dieselbe Behörde. Bau und Betrieb des Telephonnetzes für Malaga.
3) 3. Oktober. Madrid, Marine⸗Ministerium. 85 Kanonen aus Gußstahl, System Gonzalez Spontoria, und 97 Laffetten dafür.
Näheres an Ort und Stelle. 1
Verkehrs⸗Anstalten.
Hamburg, 22. August. (W. T. B.) Der Postdampfer „Rugia“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Aktiengesellschaft ist, von Hamburg kommend, heute früh in New⸗York eingetroffen, und der Postdampfer „Lessing“ der⸗ selben Gesellschaft hat, von New⸗York kommend, heute Nachmittag
Berlin, 23. August 1886.
ZJubiläums⸗Kunst⸗Ausstellung. (Fortsetzung.) Der dritte Saal links ist hauptsächlich für die Münchener Künstler bestimmt und zeigt uns in einer auserlesenen Sammlung das Wesen und Kön⸗
nen der Münchener Akademie und ihrer Schüler. In der Genre⸗