1886 / 222 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 21 Sep 1886 18:00:01 GMT) scan diff

die Zinsscheine Reihe X Nr. 2 bis 7 und von der Anleihe von 1853 die Zinsscheine Reihe IX Nr. 5 bis 8 und zur Abhebung der Reihe X. 1 Der Betrag der etwa fehlenden Zinsscheine wird von dem Kapitale zurückbehalten. Mit dem 1. April 1887 hört die Verzinsung der verloosten Schuldverschreibungen auf. Zugleich werden die bereits früher ausgeloosten, auf der Anlage verzeichneten noch rückständigen Schuldverschreibungen wiederholt und mit dem Bemerken aufgerufen, daß die Ver⸗ nsung derselben mit den einzelnen Kündigungsterminen auf⸗ gehört hat. Die Staatsschulden⸗Tilgungskasse kann sich in einen Schriftwechsel mit den Inhabern der Schuldverschreibungen über die Zahlungsleistung nicht einlassen. Fpormulare zu den Quittungen werden von den sämmt⸗ lichen obengedachten Kassen unentgeltlich verabfolgt. Berlin, den 14. September 1886. Hauptverwaltung der Staatsschulden. Sydow.

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Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.

Dem Oberlehrer am Gymnasium zu Attendorn, Clemens August Werra, und

dem Oberlehrer am Gymnasium zu Warburg, Joseph Schüngel, ist das Prädikat Professor beigelegt worden.

Angekommen: der General⸗Auditeur der Armee, Wirkliche Geheime Ober⸗Justiz⸗Rath Ittenbach, aus der Rheinprovinz.

Bekanntmachung.

Nach Vorschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesetz⸗Samml. S. 357) sind bekannt gemacht: 8

1) der Allerhöchste Erlaß vom 8. Februar 1886, betreffend die Anwendung der dem Chausseegeldtarife vom 29. Februar 1840 an⸗ gehängten Bestimmungen wegen der Chaussee⸗Polizeivergehen auf die Chaussee von Dlonie nach Pempowo im Kreise Kröben, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Posen Nr. 10 S. 87, aus⸗ gegeben den 9. März 1886;

.2) das unterm 5. April 1886 Allerhöchst vollzogene Statut für

die Genossenschaft zur Regulirung des Susker Mühlenfließes im Kreise Konitz durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Marienwerder Nr. 30 S. 223, ausgegeben den 29. Juli 1886;

33) der Allerhöchste Erlaß vom 21. Juni 1886, betreffend eine Ergänzung des unterm 5. April 1886 landesherrlich genehmigten Statuts für die Genossenschaft zur Regulirung des Susker Mühlen⸗ fließes im Kreise Konitz, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Marienwerder Nr. 30 S. 225, ausgegeben den 29. Juli 1886;

4) der Allerhöchste Erlaß vom 25. Juni 1886, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Firma Friedrich Krupp in Essen a. d. Ruhr bezüglich der zum Zweck der Benutzung des Sälzer⸗ baches zur Ableitung der Verbrauchswasser der Gußstahlfabrik in Essen und der zu derselben gehörenden Wohngebäude, insbesondere der Arbeiter⸗Kolonien Westend in Essen, sowie Kronenberg und Scheder⸗ hof in der Bürgermeisterei Altendorf erforderlichen Grundstücke der Adjazenten des Sälzerbachs, durch das Amtsblatt der Königlichen zu Düsseldorf Nr. 31 S. 287, ausgegeben den 7. August

5) das Allerhöchste Privilegium vom 7. Juli 1886 wegen Aus⸗ fertigung auf den Inhaber lautender Kreis⸗Anleihescheine des Kreises Schubin bis zum Betrage von 415 000 ℳ, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Bromberg Nr. 35 S. 272, ausgegeben den 27. August 1886; b

6) das Allerhöchste Privilegium vom 16. Juli 1886 wegen Aus⸗ fertigung auf den Inhaber lautender Anleihescheine der Stadt Ino⸗ wrazlaw im Betrage von 400 000 ℳ, durch das Amtsblatt der König⸗ lichen Regierung zu Bromberg Nr. 36 S. 283, ausgegeben den 3. September 1886;

2) das Allerhöchste Privilegimm vom 21. Juli 1886 wegen Emission von 400 000 vierprozentiger Prioritäts⸗Obligationen der Kiel⸗Eckernförde⸗Flensburger Eisenbahn⸗Gesellschaft II. Emission, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Schleswig Nr. 50. S. 1019, ausgegeben den 28. August 1886;

8) der Allerhöchste Erlaß vom 26. Juli 1886, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts, sowie des Rechts zur Chausseegeld⸗ erhebung an den Kreis Oels für die von demselben zu bauende Chaussee von Bingerau bis zur Grenze des Kreises Oels in der Rich⸗ tung auf Jackschönau, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Breslau Nr. 34 S. 281, ausgegeben den 20. August 1886;

9) der Allerhöchste Erlaß vom 26. Juli 1886, betreffend die Verleihung des Rechts zur Chausseegelderhebung an den Kreis Ober⸗ barnim für die von demselben zu bauenden Chausseen von Prötzel über Sternebeck, Harnekop, Vorwerk Platz bis zur Werneuchen⸗Freien⸗ walder Provinzialchaussee und von Werneuchen über Hirschfelde bis zum Anschluß an die von Heidekrug über Giehlsdorf nach Strausberg führende Chaussee, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam Nr. 35 S. 403, ausgegeben den 27. August 1886; 1

. 10) das unterm 2. August 1886 Allerhöchst vollzogene Statut für die Drainagegenossenschaft zu Bodland⸗Borkowitz im Kreise Rosen⸗ berg durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Oppeln Nr. 35 S. 249, ausgegeben den 27. August 1886;

11) der Allerhöchste Erlaß vom 4. August 1886, betreffend die Verleihung des Rechts zur Chausseegelderhebung an den Kreis Warten⸗ berg bezüglich der von demselben übernommenen Strecken der Chaussee von der Oels⸗Wartenberger Staatsstraße bei Spahlitz über Medzibor bis zur Grenze der Provinz Posen in der Richtung auf Ostrowo, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Breslau Nr. 35 S. 289, ausgegeben den 27. August 1886;

12) der Allerhöchste Erlaß vom 16. August 1886, betreffend die Verleihung des Rechts zur Chausseegelderhebung an den Kreis Anger⸗ münde für die von demselben zu bauende Chaussee von Joachimsthal über Friedrichswalde bis zur Grenze des Kreises Templin in der Richtung auf Ringenwalde, durch das Amtsblatt der Königlichen Re⸗ Leg 18 Potsdam Nr. 37 S. 415, ausgegeben den 10. Septem⸗ e

Nichtamtliches.

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Deutsches Reich. 8

8 Preußen. Berlin, 21. September. Ihre Kaiser⸗ liche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin hat Sich, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Vormittag um 11 Uhr auf einer Hacht nach Portofino begeben, woselbst Höchstdieselbe in der Villa Carnarvon Aufenthalt nehmen wird.

Der Bundesrath hielt am gestrigen Tage unter dem Vorsitz des Staats⸗Ministers, Staatssekretärs des Innern von Boetticher eine Plenarsitzung ab. In derselben legte der Vorsitzende eine Mittheilung des Präsidenten des Reichstages vor, nach welcher der letztere beschlossen hat, dem zu Madrid am 28. v. M. zwischen dem Reich und Spanien abgeschlossenen Vertrage, betreffend die Verlängerung des Handels⸗ und Schiffahrtsvertrages vom 12. Juli 1883, die verfassungs⸗ v Genehmigung zu ertheilen. Der Vertrag wird zur Allerhöchsten Ratifikation vorgelegt werden. Sodann wurde noch über den dem Kaiser wegen Wiederbesetzung einer Raths⸗ stelle zu unterbreitenden Vorschlag, sowie über die geschäftliche Behandlung mehrerer Eingaben Beschluß gefaßt.

Der General der Infanterie von Strubberg, General⸗Inspecteur des Militär⸗Erziehungs⸗ und Bildungs⸗ wesens, und der General⸗Lieutenant Graf von Waldersee, General⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs und General⸗Quartiermeister, sind von den Manövern des XV. Armee⸗Corps hierher zurückgekehrt.

Der General⸗Lieutenant Wiebe, Inspecteur der 1. Fuß⸗Artillerie⸗Inspektion, ist von der Besichtigung der Schießübung der Fuß⸗Artillerie⸗Regimenter Nr. 11 und 5 hier wieder eingetroffen.

Se. Durchlaucht der Prinz Friedrich von Hohenzollern, Oberst à la suite des 2. Garde⸗Dragoner⸗ Regiments und Commandeur der 3. Garde⸗Kavallerie⸗Brigade, hat einen Urlaub nach Süddeutschland angetreten.

Mittelst Allerhöchster Kabinetsordre ist der Oberst Golz, Commandeur des Eisenbahn⸗Regiments, bisher kom⸗ mandirt zur Dienstleistung bei dem Chef des Generalstabes der Armee, unter Stellung à la suite des genannten Regiments, zum Chef der Landes⸗Aufnahme ernannt.

Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Stadthagen in Kroitsch, Dr. Senftleben in Rothenburg O.⸗-L., Mieth in Nietleben, Dr. Böttrich in Hagen i. W. und Dr. Lorenz in Netra.

Baden. Karlsruhe, 20. September. (W. T. B.) Erzbischof Dr. Roos ist auf seiner Reise nach Freiburg kurz nach 12 Uhr hier durchgekommen und am Bahnhofe von Vereinen, Korporationen und Schulen begrüßt worden.

„Freiburg i. Br., 20. September. (W. T. B.) Erz⸗ bischof Dr. Roos ist Nachmittag 3 ¼ Uhr hier einge⸗ troffen und am Bahnhofe von den Spitzen der Behörden begrüßt worden. Unter feierlichem Geläute und Böller⸗ salven begab sich der Erzbischof alsdann durch die reich geschmückten Straßen vor das Münster, wo die Begrüßung Seitens der Geistlichkeit erfolgte. Nach der Pro⸗ zession in das Münster begann die kirchliche Feier, welche mit einer Ansprache des Erzbischofs an die Diözesanen endete. Heute Abend findet ein Lampionzug und eine Serenade zu Ehren des Erzbischofs statt.

1 Mecklenburg Schwerin. Schwerin, 21. September. (W. T. B.) Die Großherzogin Anastasia ist in ver⸗ gangener Nacht von einer Tochter entbunden worden.

Elsaß⸗Lothringen. Metz, 20. September. (W. T. B.) Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kron⸗ prinz empfing Mittags im Bezirks⸗Präsidium die Generalität, die Spitzen der hiesigen Behörden und die Geistlichkeit. Um 1 Uhr begann die Rundfahrt durch die Stadt, und zwar zu⸗ nächst nach der Kathedrale, woselbst Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit von dem Bischof, den beiden General⸗ Vikaren und dem Domkapitel empfangen wurde und sodann unter Führung des Dom⸗Baumeisters die Kathedrale ein⸗ gehend besichtigte. Auf der Weiterfahrt besuchte Se. Kaiser⸗ liche und Königliche Hoheit die Synagoge, wo der Rabbiner und der Gemeindevorstand, und sodann die neue evangelische Garnisonkirche, wo die Militärgeistlichkeit zur Begrüßung erschienen war. Hierauf folgte die feierliche Grundstein⸗ legung des Waisenhauses Mathildenstift, woselbst der Kron⸗ prinz nebst den anderen anwesenden Fürstlichkeiten die Stiftungsurkunde vollzog und die üblichen drei Hammer⸗ schläge auf den Schlußstein that. Von hier aus begab Sich Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit zum Nikolaushospital und dann zur Esplanade; hier waren die Vereine, Schulen und Gemeinde⸗Deputationen des Landkreises Metz zur Huldigung aufgestellt. Bürgermeister Marchal aus Lorry begrüßte den Kronprinzen Namens des Kreistages, Bürger⸗ meister Camus von Ars kredenzte den lothringischen Ehren⸗ wein, junge Damen brachten Blumen und Früchte Lothringens dar. Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit dankte allerseits für den freundlichen Empfang und entschuldigte die Abwesen⸗ heit Sr. Majestät des Kaisers; sodann durchfuhr Höchstderselbe die Reihen der Vereine und die Anlagen, überall von der massenhaft zusammengeströmten Volks⸗ menge mit stürmischem Enthusiasmus begrüßt. Um 5 Uhr fand im Bezirks⸗Präsidium ein Galadiner statt, an welchem die Spitzen der Behörden, die Mitglieder des Ge⸗ meinderathes, des Landesausschusses und des Bezirkstages theilnahmen. Am Schlusse der Tafel erhob Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit das Glas und sprach:

„Als Zeichen Meiner aufrichtigen Dankbarkeit für den Empfang, der Mir, der Ich hier an Sr. Majestät des Kaisers Stelle stehe, zu Theil geworden ist, trinke Ihch auf das Wohl der Stadt Metz und des Landkreises Metz.“ 8 Abends nach dem Besuch der Festvorstellung im Theater, in welchem Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit mit einem dreifachen Hoch begrüßt wurde, nahm Höchstderselbe von der Terrasse des Bezirkspräsidiums aus den Lampionzug der hiesi⸗ gen Vereine, verbunden mit einem Gesangständchen, entgegen. Gleichzeitig wurde jenseits der Mosel ein Feuerwerk abge⸗ brannt. Der Kronprinz verweilte über eine Stunde auf der Terrasse, für die unaufhörlichen stürmischen Ovationen immer

aufs 1 hag ins.

21. September. (W. T. B.) Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz 18 G. Königliche Hoheit der Großherzog von Baden sind soeben mittelst Extrazuges nach Baden⸗Baden abgereist; Dieselben haben sich hoch befriedigt über den hiesigen Aufenthalt aus⸗ gesprochen. Prinz Wilhelm wird noch hier verbleiben, um die Schlachtfelder in der Umgebung zu efichtigen. Prinz .“ ist bereits früh Morgens über Bingerbrück ab⸗ gereist. b

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 20. September. (W. T. B 55 Winsee 8- Auswärtigen, Sturdza, j ier eingetroffen und hat dem Grafen Kälnoky ei Besuch .. 8 1 21. September. (W. T. B.) Durch ein Kaiser⸗ liches Handschreiben an den Minister⸗Präsidenten dng. von Taaffe wird die Einberufung des Reichsrathes

auf den 29. September verfügt.

Niieedderlande. Haag, 20. September. (W. T. B.) Die Rede, mit welcher der Minister Heemskerk heute die neue Session der Generalstaaten eröffnete, bezeichnet die Beziehungen zu allen auswärtigen Mächten als die freund⸗ schaftlichsten. Der Zustand der Finanzen sei, obschon das Darniederlegen des Handels nicht ohne Einfluß auf dieselben gewesen, ein befriedigender; eine Vermehrun der Steuern sei nicht nothwendig. Als Berathungs⸗ gegenstände werden Vorlagen über das Vereins⸗ und Ver⸗ sammlungsrecht und über die Erneuerung des Statutzs für die niederländische Bank angekündigt. Ferner sollen Maß⸗ regeln vorgeschlagen werden zur Wahrung des allgemeinen Interesses bei der Frage der Zuckerkrisis auf Java. In Bezug auf Atchin beabsichtigt die Regierung ihre bisherige Politik fortzusetzen, von welcher sie eine Besserung erwartet.

Großbritannien und Irland. London, 20. Sep⸗ tember. (W. T. B.) Im Unterhause beantragte Parnell die zweite Lesung der irischen Bodengesetz⸗Bill und erklärte, die Annahme der Bill würde bessere Früchte für den Frieden in Irland tragen, als die Pntsendung einer Anzahl Generäle mit Truppen. Fitzgerald beüntragte die Verwersung des Antrages. Gibson bekämpfte namens der Re⸗ gierung die von Parnell beantragte irische Bodengesetz⸗Bill und erklärte deren Einführung für unmöglich. Jede Befürwortung derselben Seitens Gladstone's wäre eine Verurtheilung der von Gladstone selber s. Z. beantragten Landakte. Gladstone erklärte, er würde für die zweite Lesung der Bill stimmen weil dieselbe eine natürliche Folge der von der Regierung angekündigten Untersuchung wäre, ob der Preisrückgang den Pachtzins vermehrte. Die Regierung hätte damit zugegeben, daß der Pachtzins zu hoch wäre und Abhülfe in Aussicht gestellt. Bis dahin müßte für die armen Pächter Abhülfe geschafft werden. Ueber die Details der Bill behielt sich Gladstone alles Weitere vor. Matthews wies die Auslegung, welche Gladstone der von der Regierung angekündigten Untersuchung gab, als unzutreffend zurück. Die Debatte über die Bill wurde sodann auf die heutige Sitzung vertagt. Das Finanzgesetz wurde in zweiter Lesung mit 176 gegen 66 Stimmen angenommen.

Frankreich. Paris, 18. September. (Wes. Ztg.) Der Handels-Minister Lockroy hat an die Präfekten ein Rundschreiben, betreffend die Errichtung von „Departements⸗ comités“ der Weltausstellung von 1889, gerichtet. Die Präfekten haben im Dringlichkeitswege die Bildung dieser Comités im Einvernehmen mit den Präsidenten der Handelskammern, der Handelsgerichte, der Gewerbegerichte, der landwirthschaftlichen Gesellschaften u. s. w. vorzunehmen. Die Departementalcomités theilen sich in Unter⸗Comités, welche in jeder Arrondissements⸗ Hauptstadt tagen. Das Comité soll in erster Linie Land⸗ wirthe und Industrielle umfassen, dabei aber auch den Dele⸗ girten der gelehrten Gesellschaften und Arbeitervereinen den gebührenden Platz einräumen. Die Bildung der Comités muß längstens bis zum 15. Oktober erfolgen. Die Präfekten und Unter⸗Präfekten gehören ihnen als Ehren⸗Präsidenten an.

„— 20. September. (W. T. B.) Der Finanz⸗Minister erklärte in der heutigen Sitzung der Budgetkommission, daß das Budget pro 1886 definitiv mit einem Defizit von 74 Millionen abschließen werde. Die einzige neue Steuer, welche im Jahre 1887 erhoben werde könne, sei die auf Alkohol; er müsse es ablehnen, die Frage wegen einer Ein⸗ kommensteuer zu prüfen. Der deutsche Botschafter, Graf zu Münster, ist hier wieder eingetroffen.

Der „Temps“ weist auf den Mißersolg Englands in Egypten hin, dessen Lage immer schlechter werde, und meint, Europa werde nicht zögern, in einer Frage, deren Ent scheidung ihm zukomme, zu interveniren.

Spanien. Ueber den Aufstand in Madrid liegen folgende, die gestrige Meldung ergänzende Telegramme des „W. T. F.vor Madrid, 20. September. Heute Nacht revoltirten zwei Escadrons Kavallerie und zweihundert Infanteristen in der Kaserne San Gil, schossen auf die Schildwachen und marschirten auf die Straßen unter dem Rufe: „Es lebe die Republik, es lebe die Armee, es lebe Spanien!“ Es wurden Truppen gegen die Aufrührer geschickt, welche auf dieselben schossen; die Insurgenten zogen sich zurück; der Belagerungszustand ist proklamirt.

Die aufständischen beiden Escadrons und die Infanterie⸗Abtheilung, die sich ihnen angeschlossen hatte, sind von den gegen sie geschickten Truppen zersprengt und aus der Stadt getrieben worden; eine Anzahl ist gefangen, andere sind geflüchtet; der Rest befindet sich auf dem Wege nach Valencia. Kriegsgerichte sind eingesetzt. 1 20. September, Abends. (W. T. B.) Nach amtlicher Mittheilung sind die zersprengten Reste der aufständischen Truppen, welche in die Umgegend der Stadt geflüchtet waren, von der Gendarmerie gefangen genommen und befinden sich in den Händen der Behörden der umliegenden Ortschaften, so daß die aufständische Bewegung als völlig beendet angesehen werden kann.

„Der „Imparcial“ schreibt, die jüngsten Ereigunisse überträfen durch die unerwartete, absurde und unbegreifliche Art und Weise, in der sie sich vollzogen, alles, was bisher in diesem, an Verirrungen so fruchtbaren Lande vorge⸗ kommen sei.

21. September. (W. T. B.) Ueber die Provinz Neu⸗Castilien ist der Belagerungszustand verhängt worden. Gestern wurden hier 85 Militärpersonen und 19 Civilisten verhaftet. Die schon gemeldete Gefangennahme der Insur⸗ genten erfolgte bei Vicalvaro und Morata.

Türkei. Konstantinopel, 20. September. (W. T. B.) Der Herzog von Edinburg, der Prinz von Wales und der Prinz Georg sind hier eingetroffen. Dieselben wurden am Landungsplatze von dem Minister des Aus⸗ wärtigen und dem Ober⸗Ceremonienmeister empfangen und zur feierlichen Audienz bei dem Sultan geleitet. Die Prinzen werden im ANilditz⸗Kiosk⸗Parke ihnen besonders zugewiesene Zimmer bewohnen. Morgen findet im Palais Galadiner

statt, zu welchem auch der russische Botschafter von Nelidoff

tember, geschrieben:

Bulgarien. Sofia, 20. September. (W. T. B.) Wegen der bei dem Banket am Sonnabend von verschiedenen Per⸗ sonen gehaltenen Neden, die bezüglich des in denselben er⸗ wähnten Verhältnisses zu Rußland in entstellter Weise weiter verbreitet waren, sind von den betreffenden Rednern dem russischen Konsulat Aufklärungen gegeben worden.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 21. Sep⸗ tember. (W. T. B.) Das „Journal de St. Péters⸗ bourg“ sagt: Die letzten Nachrichten aus Bulgarien ind durchaus nicht befriedigend, die erwartete und im all⸗ gemeinen Interesse des Landes liegende Beruhigung ist noch fern. In jeder Beziehung wäre es passender und von rößerem Nutzen gewesen, sich so wenig wie möglich mit der Vergangenheit zu beschäftigen, um Anschuldigungen, Er⸗ kaltungen und Konflikte zu vermeiden. Weit entfernt davon bringt jeder Tag die Nachricht von irgend welcher unzeitgemäßen

anisestation, welche kein gutes Vorzeichen für die Zukunft gewährt, indem sie zeigt, daß die Politiker des Tages ihre Augen mehr auf die Vergangenheit, als auf die Zukunft gerich⸗ tet haben; daß sie Kampf und Streit und nicht Frieden und Versöhnung ins Auge fassen. Der Sobranje ist ein Gesetz vor⸗ gelegt, welches dem Kriegs⸗Minister gestatten würde, die Kriegsge⸗ richte nach seinem Belieben, ohne Unterschied der Grade zusammen⸗ zu setzen. Wenn man sich vergegenwärtigt, wie lebhaft die Kämpfe und Anfeindungen der Parteien geworden sind, so kann man sich die Ungeheuerlichkeiten vorstellen, zu denen ein solches Gesetz Anlaß geben wird, wenn es mit der in Revolu⸗ tionszeiten charakteristischen Leidenschaftlichkeit zur Ausführung gelangt. Die Ueberstürzung, mit welcher die Wahlen zur großen Sobranje angeordnet sind, gewährt ebenfalls kein gutes Vorzeichen. Wie es scheint, will man der Bevölkerung keine Zeit zur Ueberlegung lassen. Zum Ueberfluß hat man noch das Wahlgesetz derartig umgeändert, daß auch die kleinste Zahl von Wählern genügen würde, um ein Mandat zu über⸗ tragen. Man würde dadurch lecht dahin gelangen, die Mehr⸗ heit der Wähler einzuschüchtern und in solchen Distrikten, wo diese Majorität den Machthabern verdächtig erschiene, dieselbe ganz von der Wahlurne fernzuhalten.

Zeitungsstimmen. Den „Itzehoer Nachrichten“ wird aus Kiel, 14. Sep⸗

Schon seit längerer Zeit macht sich in der Arbeiterwelt Hamburg⸗ Altonas eine lebhaftere Bewegung geltend; bald sind es Forderungen in Betreff einer Lohnerhöhung, bald solche in Betreff einer Kürzung der Arbeitszeit, Beseitigung oder Beschränkung der Sonntags⸗ und Nachtarbeit u. s. w., die durch geschlossenes Vorgehen der Arbeiter, namentlich innerhalb der Fachvereine, verfolgt werden. In dieser Weise hat man nach und nach die Bauhandwerker, die Klempner, die Cigarren⸗ arbeiter, die Bäcker auftreten sehen; in der Regel scheint es freilich nicht, als ob die Arbeiter hierbei irgendwie nennenswerthe Erfolge erzielt hätten.

Abgesehen davon, daß Altona stets mehr oder minder bei der⸗ artigen Schritten des Arbeiterstandes mit betheiligt ist, was sich durch den innigen Zusammenhang mit Hamburg erklärt, ist in Schleswig⸗ Holstein von einer eigentlichen Arbeiterbewegung in dem Sinne, wie das Wort in der Regel verstanden wird, seit Jahr und Tag gar nicht die Rede. Es sind im Laufe des letzten Jahres unseres Wissens nur unter den Formern in Neumünster und den Maschinenbauern auf dem Schiffswerft in Flensburg Arbeits⸗ einstellungen vorgekommen, die jedoch lediglich einen ganz geringen Theil der Arbeiter berührt haben und ohne jede allgemeine Bedeutung selbst an den betreffenden Orten geblieben sind. Im Uebrigen ver⸗ laufen die Dinge auf diesem Gebiete in völlig ruhiger Weise. Uns liegen mannigfache Zeugnisse vor, wonach das Verhältniß zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in der Industrie, wie im Handwerk in Schleswig⸗Holstein sogar ein außerordentlich befriedigendes und er⸗ freuliches genannt werden darf.

Wie ganz anders neun und zehn Jahre zurück, als die Hochfluth der Sozialdemokratie durch das Land ging und Stadt und Land in förmlichen Aufruhr zu setzen drobte! Welch eine unheilvolle Zeit herrschte damals, wo tagtäglich in den größeren und nicht viel seltener in den kleineren Städten „Volksversammlungen“ tagten, in denen gewissenlose Agitatoren die unteren Klassen gewaltsam zum Kampfe gegen die bestehende Ordnung aufreizten und mit blindem Haß wider alle Grundlagen unserer bürgerlichen Gesell⸗ schaft erfüllten. Selbst das platte Land schien man derzeit mit Sturm nehmen zu wollen. Und wie sehr die Bemühungen auch hier erfolgreich waren, bewies der Umstand, daß 1874 der überwiegend ländliche 9. Reichstags⸗Wahlkreis (Oldenburg⸗Plön) an den sozial⸗ demokratischen Cigarrenarbeiter Reimer verloren ging, daß 1877 im Kreise Lauenburg nicht weniger als 1700 sozialdemokratische Stimmen abgegeben wurden, daß es Theile unserer Provinz gab, wo kaum ein einziges Dorf ohne sozialdemokratische Wähler zu finden war. Wohin wären wir wohl gekommen, wenn damals nicht mit den energischen Mitteln Sozialistengesetzes vom Oktober 1878 eingeschritten wäre? Wie viele unserer zehn Reichstags⸗ mandate würden heute von Sozialdemokraten erobert worden sein? Ja, wohin hätte die ganze Bewegung auf die Dauer führen müssen? Glaubt man denn ernsthaft, daß die Führer damals die Geister in ihrer Macht hielten und rechtzeitig hätten bannen können? Wer in jenen Tagen in die allgemeine Gährung, in welcher sich der deutsche Arbeiterstand befand, tiefer hineingesehen hat, der kann doch unmöglich im Zweifel darüber gewesen sein, daß wir sehr nahe vor gewaltsamen Ausbrüchen standen, die Ströme Blutes in unserem deutschen Vater⸗ lande gekostet haben würden.

Hat man jene tödtliche Erbitterung vergessen, die damals unter den Arbeitern fast jeder Wertistatt und jeder Fabrik gegen den „ausbeutenden Brotherrn“ herrschte und die außer den Volksversamm⸗ lungen durch eine niederträchtige, verlogene Presse großgezogen wurde? Und wer will leugnen, vaß auch die damals eingetretene nachhaltige Schädigung in den Beziehungen der ländlichen Arbeiter und Dienst⸗ boten zu ihren Herrschaften selbst in unseren gesunden kleinbäuerlichen Verhältnissen, ganz wesentlich, wenn nicht ausschließlich auf diese Quelle so vielen Uuheils für unsere arbeitenden Klassen zurückgeführt werden muß?

In all diesen Richtungen ist es seit acht Jahren anders und Gott sei Dank besser geworden, ein Ergebniß, welches in erster Linie dem Erlaß des Sozialistengesetzes und fernerhin Demjenigen zu ver⸗ danken ist, was in späterer Zeit zum Wohle des deutschen Arbeiters geschaffen worden ist. Das Deutsche Reich hat in der großen sozial⸗ politischen Gesetzgebung der Jahre 1883 bis 1886 die beiden wichtigsten Forderungen des Arbeiterstandes, die sich auf seine wirthschaftliche Wohlfahrt, auf die Sicherung seiner Existenz gegenüber den Folgen von Erkrankung und Berufsunfällen bezogen, in umfangreichster Weise befriedigt.

Immerhin mag es ja sein, daß die Lösung dieser Aufgaben eine noch vollkommenere und glücklichere hätte sein können, aber darüber darf kein Zweifel bestehen, daß die Reichsregierung und auch der Reichstag sich von den besten Beweggründen zu Gunsten des Arbeiter⸗ standes haben leiten lassen und dasjenige zu Stande gebracht haben, was nach Lage der Verhältnisse eben möglich und zulässig erscheinen konnte. Die kleineren oder größeren Mängel und Unzulänglichkeiten der vorliegenden Gesetzgebung lassen sich nach und nach sehr leicht

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Ganz unentbehrlich für die neueste Gesetzgebung war die ent⸗ schlossene Niederwerfung der sozialdemokratischen Bewegnng durch das Gesetz vom 21. Oktober 1878. Nur diesem ist die Ernüchterung und Besonnenheit zu verdanken, die danach wieder über unsern Arbeiter⸗ stand, wenigstens die weitaus größte Mehrheit desselben, gekommen ist. Man ist dem Banne der dereinstigen wilden Agitation entzogen und hat aufs Neue ein Verständniß dafür gewonnen, was recht und falsch, was wahr und unwahr ist. Dabei ist denn auch den Arbeitern mehr und mehr das Verständniß darüber aufgegangen, wie sich die Gesetz⸗ gebung ihrer angenommen hat, und daß die letztere Wohlthaten fuͤr sie, die Arbeiter, gezeitigt, denen die sozialdemokratische Agitation das bloße Nichts entgegenzusetzen hatte. Auch das ist in diesen Kreisen immer mehr klar geworden, daß das von gewisser Seite so viel geschmähte, für den Arbeiterstand im Ganzen aber so überaus wohlthätige Sozialistengesetz den Arbeitern in der Verfolgung ihrer wohlverstandenen Interessen auch nicht das kleinste Haar krümmt. Die Arbeiter können sich nach wie vor zur Ver⸗ besserung ihrer Wirthschaftslage vereinigen; sie können günstigere Lohnverhältnisse, eine Kürzung der Arbeitszeit u. dergl. an⸗ streben, sie können einen Einfluß auf die Hebung des Lehr⸗ lingswesens gewinnen, sie können alle möglichen Kasseneinrichtungen schaffen, sie können Konsumvereine, Arbeiterbauvereine errichten, sie haben ein volles und uneingeschränktes Wahlrecht, sie vermögen auch in der Presse ihren Ansichten Ausdruck zu geben: was ihnen untersagt ist, ist nur die Betheiligung an den gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie, an jenen Bestrebungen, die ihren verderbenbringenden Charakter in Deutschland, wie im Auslande, zur Genüge gezeigt haben, Bestrebungen, unter denen keine bürgerliche Gesellschaft bestehen kann, wider die sich jedes geordnete Staatswesen ebenso zu wehren berechtigt und verpflichtet ist, wie gegen Angriffe, die sie von je her durch das Strafgesetzbuch von sich abzuhalten gesucht hat.

Die friedliche Entwickelung der Arbeiterverhältnisse in unserer Provinz in der heutigen Zeit schätzen wir doppelt hoch angesichts der

hatsache, daß die wirthschaftliche Lage in Stadt und Land vielfach eine unerfreuliche ist. Was würden die sozialdemokratischen Agitatoren der siebziger Jahre nicht aus diesen Verhältnissen „machen“, wenn ihnen plötzlich freie Hand gelassen würde! Es ist ein günstiges Zeug⸗ niß für den schleswig⸗holsteinischen Arbeiterstand, daß er in Zeit⸗ läuften gleich den gegenwärtigen, wo oft genug vor Allem die besitzen⸗ den Klassen die nothleidenden sind, nicht durch aussichtslose, unüber⸗ legte Arbeitseinstellungen und dergleichen seine Lage, anstatt zu ver⸗ bessern, in Wirklichkeit verschlimmert.

Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ sagt in einer Besprechung der Beschlüsse des kürzlich in Kösen ab⸗ gehaltenen Handwerkertags:

.Vor Allem handelt es sich auch jetzt um die Forderung von Zwangsinnungen, die auch in Kösen nicht ohne Widerspruch ge⸗ blieben ist und die, wie hinlänglich bekannt, durchaus nicht von dem gesammten Handwerkerstand getheilt wird. Wenn dieselbe trotzdem immer wieder grundsätzlich auf allen Handwerkertagen und partiellen Handwerkervereinigungen sich wiederholt, so läßt sich daraus folgern, daß ein großer Theil unserer Handwerker Idealpolitik treibt und seine Anforderungen an die Gesetzgebung auf das höchste Maß stellt, in der Erwartung vielleicht, daß ihm doch namentlich von liberaler Seite immer wieder Abstriche davon gemacht werden. Anderntheils aber hat die regelmäßige Wiederkehr der Forderung von obligatorischen Innungen auch eine symptomatische Bedeutung, insofern als sich daraus erkennen läßt, daß die heutigen gesetzlichen Grundlagen für das Innungswesen der Handwerker noch nicht als völlig für die Praxis ausreichend angesehen werden. In diesem Simnne läßt sich die Frage diskutiren, und wir sind unsererseits auch stets bereit gewesen, einem Ausbau des Innungsrechts auf der Grundlage einer Verpflichtung aller Gewerbsgenossen zur Mit⸗ erfüllung der gemeinnützigen Aufgaben der Innungen und Mittragung der daraus entspringenden Lasten das Wort zu reden. Dagegen glau⸗ ben wir nach wie vor, daß ein gesetzlicher Zwang zum Beitritt in die Innungen selbst der Gestaltung unserer heutigen wirthschaft⸗ lichen Verhältnisse nicht entspricht, und daß auch die Innungen als solche gar keinen Vortheil, sondern nur Nachtheil davon haben würden, wenn sie ihrerseits genöthigt wären, alle möglichen widerwilligen oder zweifelhaften Elemente in sich aufzunehmen. In⸗ wieweit der §. 100e der Gewerbeordnung, der ja auf dem Kösener Handwerkertage auch beanstandet worden ist, Anlaß zu Klagen und Beschwerden giebt, soll hier nicht untersucht werden, wie es überhaupt nicht unsere Äbsicht ist, in irgend einer Weise de lege ferenda uns zu äußern. Praktische Vorschläge erwarten wir vielmehr von den Hand⸗ werkern selbst. Dabei können wir indeß nicht umhin, unsere Be⸗ denken gegen die Forderung des allgemeinen Befähigungsnachweises, so wenig wir dieselbe auch im Prinzip anfechten wollen, zu äußern. Wenn die Handwerkerpartei auf eine Stärkung der Innungen hin⸗ arbeitet und deren Ansehen zu erhöhen trachtet, so darf sie nicht über⸗ sehen, daß mit der Einführung des Prüfungszwanges ohne Weiteres jeder Handwerker, der den Befähigungsnachweis erbracht hat, den Innungsmeistern in Betreff der Lehrlingsausbildung und anderer ge⸗ forderter oder gewährter Privilegien gleichberechtigt an die Seite tritt. Freilich will der Handwerkertag in Kösen auch die obligatorische Innung, und in Verbindung mit dieser würde der allgemeine Be⸗ fähigungsnachweis, nach seiner Ansicht, sich anders darstellen. In⸗ dessen, so lange die erstere nicht zu erreichen und dazu ist, nach unserer Auffassung, zur Zeit keinerlei Aussicht vorhanden —, bleibt mit der Forderung des letzteren mindestens die Gefahr verbunden, auf die wir oben aufmerksam gemacht haben. . ..

Centralblatt der Abgaben⸗Gesetzgebung und Ver⸗ waltung in den Königlich preußischen Staaten. Nr. 19. Inhalt: Anzeige der in der Gesetz⸗Sammlung erschienenen Gesetze und Verordnungen. I. Allgemeine Verwaltungsgegenstände: Verände⸗ rungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll⸗ und Steuer⸗ stellen. III. Indirekte Steuern: Die bei der Ausfuhr von konden⸗ sirter Milch zu gewährende Steuervergütung für den darin enthaltenen inländischen Zucker. Verfahren bei Ermittelung von Unrichtigkeiten beim Empfang von Stempelmaterialiensendungen des Hauptstempel⸗ Magazins. VI. Personalnachrichten.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts sind in der Zeit vom 5. bis 11. September cr. von je 1000 Einwohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 36,4, in Breslau 50,2, in Königsberg 38,2, in Köln 42,2, in Frankfurt a. M. 15,5, in Wiesbaden 15,9, in Hannover 30,1, in Kassel 285,0, in Magdeburg 36,3, in Stettin 34,0, in Altona 25,3, in Straßburg 26,9, in Metz —, in München 40,0, in Nürnberg 34,9, in Augsburg 28,6, in Dresden 37,5, in Leipzig 25,7, in Stuttgart 21,0 in L“ 30,7, in Braunschweig 28,1, in Hamburg 39,0, in Wien

722,7, in Pest 37,9, in Prag 29,9, in Triest —, in Krakau 29,7, in Basel 13,2, in Amsterdam 25,9, in Brüssel 29,2, in Paris 21,2, in London 16,5, in Glasgow 22,7, in Liverpool 30,4, in Dublin 25,9, in Edinburg 16,4, in Kopenhagen 29,7, in Stockholm 22,5, in Christiania 22,6, in St. Petersburg 26,2, in Warschau 24,6, in Odessa 35,0, in Rom 25,8, in Turin 22,5, in Venedig 27,2, in Madrid —, in Alexandria 46,9. Ferner in der Zeit vom 15. August bis 21. August cr.: in New⸗York 27,8, in Philadelphia 22,1, in Balti⸗ more 21,1, in San Francisco —, in Kalkutta 21,1, in Bombay 21,6, in Madras 35,6.

Die Sterblichkeit hat auch in dieser Berichtswoche in den meisten Großstädten Europas, besonders in den deutschen, eine weitere Zu⸗ nahme erfahren und zwar nur in Folge der auch in dieser Woche

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meisten Städten ein häufigeres Vorkommen tödtlich verlaufender Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder hervorrief. Nur wenige Städte, wie Frankfurt a. M., Wiesbaden, Mainz, Basel, Wien, Paris, London, Edinburg melden kleine Sterblichkeits⸗ ziffern. Todesfälle an Darmkatarrhen und Brechdurchfällen der Kinder waren besonders zahlreich in Berlin, Breslau, Hamburg, München, Dresden, Hannover, Bremen, Magdeburg, Düsseldorf, Elberfeld, Aachen, Stettin, Mannheim, London, Kopen⸗ hagen, Pest, Brüssel, St. Petersburg, Warschau, während in Leipzig, Köln, Frankfurt a. M, Danzig, Straßburg, Braunschweig, Paris, Wien, Odessa die Zahl derselben etwas geringer wurde. Die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war des⸗ halb im Allgemeinen eine gesteigerte, von 10 000 Lebenden starben aufs Jahr berechnet in Berlin 214, in München 204 Säuglinge. Dagegen riefen akute Entzündungen der Athmungsorgane weniger Sterbe⸗ fälle hervor. Von den Infektionskrankheiten haben Diphtherie, Schar⸗ lach und Pocken etwas mehr Sterbefälle veranlaßt, während Todesfälle an Masern, typhösen Fiebern und an Keuchhusten etwas seltener wurden. Masern haben in Berlin, London und Paris abgenommen, in Elber⸗ feld stieg die Zahl der Opfer, aus Hamburg und aus den Regierungs⸗ bezirken Düsseldorf und Stettin kamen weniger neue Erkrankungen zur Anzeige. Das Scharlachfieber wurde in Hamburg, Köln, Han⸗ nover, Chemnitz, Pest, St. Petersburg, Odessa häufiger, in Berlin, London, Warschau seltener Todesveranlassung. Die Sterb⸗ lichkeit an Diphtherie und Croup war in Breslau, Dresden, Köln, Königsberg, Magdeburg, Wien, Pest, Christiania, St. Peters⸗ burg eine größere, in Hamburg die gleiche, in Berlin, Nürnberg, London, Paris, Odessa eine kleinere als in der Vorwoche. Typhöse Fieber führten in Berlin Hamburg, Magdeburg, London, Paris, Pest etwas seltener zum Tode, nur in St. Petersburg stieg die Zahl der Sterbefälle. Todesfälle an Flecktyphus kamen aus M.⸗Gladbach und aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf je 1, Erkrankungen aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf, aus St. Petersburg 1 zur Mittheilung. Aus St. Petersburg wird je 1 Todesfall an Rückfallsfieber und an Tollwuth, aus Nürnberg 1 Erkrankung an epidemischer Genickstarre berichtet. Rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut haben in den meisten Orten abgenommen. Sterbefälle an Keuchhusten kamen aus Berlin, London, Glasgow etwas mehr, aus Paris etwas weniger zur Berichterstattung. Im Regierungsbezirk Stettin herrscht der Keuch⸗ husten in größerer Verbreitung. Vereinzelte Todesfälle an Pocken kamen aus Hamburg, Wien, Prag, Venedig, London, Odessa, mehr⸗ fache aus Paris, Warschau, St. Petersburg, 24 aus Pest zur An⸗ zeige; Erkrankungen wurden aus St. Petersburg 9, aus Pest 80 ge⸗ meldet. Die Cholera hat sich neuerdings in Ungarn, und zwar in Raab und Pest gezeigt, und sind in Raab vom 13. bis 15. September 74 Erkrankungen mit 16 Todesfällen, in Pest vom 12. bis 15. September 32 Erkrankungen mit 12. Todesfällen, vom 15. zum 16. noch 4 Erkrankungen mit 3 Sterbe⸗ fällen zum Bericht gelangt. In der Provinz Istrien (bes. in Isola) und in der Fiumener Vizegespanschaft scheint die Epidemie abzunehmen, in Triest steht sie noch an; es erkrankten vom 2.—7, September da⸗ selbst noch 40 Personen und starben 24. In Italien läßt die Epidemie in der Provinz Venetien nach, auch in der Stadt Venedig selbst ist eine Abnahme der Erkrankungen und Todesfälle zu konstatiren; desgleichen werden aus den Provinzen Pavia und Como weniger Er⸗ krankungen gemeldet, nur das in letzterer Provinz liegende Städtchen Valmadrera wird stärker heimgesucht. Neu trat die Epidemie in der Provinz Lucca auf. In den Provinzen Verona, Padua, Ferrara, Rovigo sind Erkrankungen noch zahlreich, in Bologna, Udine, Treviso nimmt die Zahl der Fälle ab. In der Provinz Neapel zeigte sich die Cholera bis jetzt sehr mild.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

„Zwischen Donau und Kaukasus“. Land⸗ und See⸗ fahrten im Bereiche des Schwarzen Meeres. Von A. von Schwei⸗ ger⸗Lerchenfeld. (Mit 215 Illustrationen und 11 Karten, wor⸗ unter zwei große Uebersichtskarten in Wandkarten⸗Format. 25 Liefe⸗ rungen à 30 Kr. = 60 Pf. = 80 Cts. = 36 Kop. Wien, Pest, Leipzig, A. Hartleben's Verlag. Ausgegeben Lieferung 1 bis 12.) In den soeben erschienenen Lieferungen 7 bis 12 dieses ebenso zeit⸗ gemäßen als hübsch ausgestatteten Werkes gelangen die Schilderungen über die Krim zum Abschlusse. Den Kern derselben bildet die Er⸗ stürmung von Sewastopol mit interessanten Mittheilungen über das allmähliche Wiedererstehen dieses einst so berühmten Bollwerks. Mit den weiteren Abschnitten treten wir so recht eigentlich in den von der Außenwelt wenig berührten Theil des östlichen und südöstlichen Ruß⸗ land. Was uns hier besonders fesselt, sind die ausführlichen Mit⸗ theilungen über die Don'schen Kosaken und ihr Land und das russische Sektirerwesen mit seinen unglaublichen Ausschreitungen und Verirrungen. Selbst Dostojewski's berühmter Roman „Raskolnikow“ tritt in den Kreis der Betrachtungen des Verfassers, der es versteht, mit Heranziehung dieses ergreifenden Seelengemäldes unser Interesse für die abenteuer⸗ lichen Gestaltungen eines religiösen Lebens, das seinesgleichen nicht hat, rege zu erhalten. Alsdann durchwandern wir die großartigen Landschaften an der Wolga und lernen, immer durch farbige Schil⸗ derungen und treffliche Illustrationen unterstützt, das Leben in den unermeßlichen Steppen kennen Bild an Bild gereiht in den mannig⸗ faltigen Erscheinungen, die der Wechsel der Jahreszeiten in jenem Gebiet bedingt. Ganz besonders entsprechend aber scheinen uns die geographischen Schilderungen und Lebensbilder aus der Kaukasus⸗ Region. Der geographische Ueberblick, mit Heranziehung von Ver⸗ gleichen mit den Alpen, dann die bunte Mannigfaltigkeit der. kauka⸗ sischen Völkersplitter, sowie die hieran sich knüpfenden Rückblicke auf die schier endlosen Kümpfe der Russen bis zur Bezwingung Schamyl’'s, geben ein ungemein farbenreiches und abwechslungsvolles Gesammt⸗ bild. Die Illustrationen, welche durchweg nach neuen photographischen Aufnahmen hergestellt wurden, sind namentlich in Bezug auf die fiauralen Motive, die seltsamen Trachten und merkwürdigen Typen sehr instruktiv. Das Werk hat einen ausgiebigen Schritt nach vor⸗ wärts gethan und wird sich hierbei, wie bisher, zahlreiche neue Freunde erwerben.

Von der im Verlage von Alfred Hölder, Wien, erscheinenden Publikation „Die ungarische Monarchie in Wort und Bild“ liegt uns die Lieferung 19 vor. Dieselbe behandelt im Text das Zeitalter der Könige aus verschienenen Dynastien von Karl Szabo, ferner die Kulturzustände dieses Zeitalters von Desiderius Csanki, sodann das Zeitalter der Könige aus dem Hause Habsburg von Julius Pauler. An Illustrationen bringt das Werk Zeichnungen von Bela Benezur, Namensunterschriften verschiedener Könige und Königinnen, Porträts denkwürdiger Herrscher, Abbildungen von Waffen, Wappen, Münzen ꝛc. ““

Die 20. Lieferung beschäftigt sich mit der Malerei und Plastik in Wien, und zwar behandelt Albert Ilg die Periode vom Mittel⸗ alter bis zur Neuzeit, Carl von Lützow das 19. Jahrhundert. Eine ganze Reihe von Illustrationen veranschaulicht das künstlerische Können der Oesterreicher; so finden sich von Messerschmidt vor: „Der behaglich Lächelnde“, von Füger: „Orpheus und Eurvdike“, von Beyer: „Faun und Nymphe“, von Krafft: „Die Schlacht von Aspern“, von Danhauser: „Der Augenarzt“, von Fendi: „Der Brautgang“, von Waldmüller: „Die Johannes⸗Andacht“, von Gauermann: „Die Heimkehr im Sturme“, von Amerling: „Selbstporträt“, von Rudolf Alt: „Vedute aus Wien (der hohe Markt)“, von Pettenkofen: „Die brave Marketenderin“, von Führich: „Die Tageszeiten“, von Rahl: „Allegorie der Kriegsgeschichte im Arsenal zu Wien“, von Canon: „Die vier Elemente“, von Schwind: „Aus der Loggia des Opern⸗ Theaters in Wien“, von Makart: „Der Tod der Kleopatra“; sämmt⸗ liche Bilder in sauberer Reproduktion.

Von der „Versaillerin“, Roman von Ernst Remin, ist in Engelhorn's Allgemeiner Roman⸗Bibliothek, Jahrgang 3, Heft 2 (Stuttgart, J. Engelhorn) der Schluß erschienen. Der Roman wird umsomehr interessiren, als er zur Zeit Friedrich’s des Großen spielt,

abstellen: im Ganzen darf man den eingeschlagenen Weg unleugbar als den richtigen ansehen. 1

herrschenden ungewöhnlich hohen Temperatur der L ft, die in

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und der Dichter den großen König selbst in demselben einführt. öH1“ ö“