* “ 8 8
— Der Königlich schwedisch⸗norwegische Gesandte am iesigen 222 Hofe, Baron von Bildt, ist vom Ur⸗
be nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
— Der General⸗Lieutenant von Grolman, Direktor des Departements für das Invalidenwesen im Kriegs⸗Ministe⸗
—— hat sich auf einige Tage mit Urlaub nach Neisse be⸗
— Vom 28. v. M. ab sind zu einem 10tägigen Infor⸗ mations⸗Kursus bei der Militär⸗Schießschule in Spandau zahlreiche Regiments⸗Commandeure bezw. ältere Stabs⸗Offiziere hier eingetroffen.
— Das Kreuzer⸗Geschwader, bestehend aus S. M. Schiffen „Bismarck“, „Carola“ und „Olga“, Geschwader⸗ Chef Contre⸗Admiral Knorr, ist am 158. September cr. von
8 nach Taku abgegangen und am 30. dess. M. wieder in efoo eingetroffen.
Bayern. München, 1. Oktober, Abends. (W. T. B.) Der Prinz⸗Regent ist heute Abend 9 Uhr von seiner Reise in die Provinzen hierher zurückgekehrt und auf dem Bahnhofe von dem gesammten Magistrat und den Gemeindebevollmäch⸗ tigten empfangen worden. Der Erste Bürgermeister Dr. Erhardt richtete eine Ansprache an Se. König⸗ liche Hoheit, in welcher er hervorhob, daß die jetzt beendete Reise einem wahren Triumphzuge ge⸗ Aichen und die unzerstörbare Anhänglichkeit der Herzen der ayern an das Herrscherhaus bekundet habe. Bei der Rückkehr des Prinz⸗Regenten erlaube sich die Gesammt⸗ vertretung der Hauptstadt ihre ehrfurchtsvollste Begrüßung darzubringen, um dadurch zu bekräftigen, daß München an Loyalität keiner Stadt nachstehe. Die An⸗ sprache schloß mit einem dreifachen Hoch auf den Prinz⸗Regenten, in welches die Anwesenden begeistert ein⸗ stimmten. Der Prinz⸗Regent erwiderte: die Begrüßung Seitens der Vertreter Münchens nach einer Reise, die ihm unvergeßlich bleiben werde, erfreue ihn sehr. Er hoffe, am Oktoberfest auch die Vertreter der Stadt wieder begrüßen zu können und dieses Fest wieder zu einem wahren Volksfest gestaltet zu sehen. 1 Ansbach, 1. Oktober. (W. T. B.) Der Prinz⸗ Regent ist heute Vormittag 10 Uhr mit großem Gefolge hier eingetroffen und auf dem Bahnhofe von den Militär⸗ und Civilbehörden empfangen worden. Unter dem Donner der Kanonen und dem Geläut aller Glocken hielt Se. König⸗ liche Hoheit durch die reichgeschmückten Straßen, in welchen Vereine Spalier bildeten, den Einzug nach dem Königlichen Schlosse und wurde auf dem ganzen Wege vom Volke jubelnd begrüßt. Um 12 Uhr finden Empfänge und um 11 ½ Uhr ein Festdiner statt. Die Abfahrt nach München soll um 5 Uhr erfolgen.
Sachsen. Dresden, 2. Oktober. 88. T. B.) Heute früh sind der Erzherzog Franz von Oe terreich⸗Este, Prinz Moritz von Sachsen⸗Altenburg sowie Fürst Leopold und Prinz erdinand von Hohenzollern zu den Vermählungs⸗Feier⸗ ichkeiten eingetroffen. — Gestern Abend fand bei dem Kriegs⸗Minister Grafen von Fabrice eine Soirée
t, welcher der König und die Königin, die fremden Feestrichkeiten, die Generalität und das diplomatische Corps
eiwohnten.
88 8. 8 —
(W. T. B.) Anlaß der morgen
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 1. Oktober. Die „Wiener Abendpost“ schreibt aus stattfindenden Vermählung des Erzherzogs Otto mit der Prinzessin Maria Josepha: „Mit den Glück⸗ wünschen der das Brautpaar umgebenden liebevollen Ver⸗ wandten vereinigen sich unzählige Segenswünsche treuer theil⸗ nehmender Herzen in den österreichischen und sächsischen Landen Der Ehebund des jungen Paares fügt den Banden der Ver⸗ wandtschaft und Freundschaft, welche seit mehr als anderthalb Jahrhunderten zwischen dem österreichischen Kaiserhause und dem sächsischen Königshause bestehen, ein neues hinzu“.
Klagenfurt, 1. Oktober. (W. T. B.) Der Fürst⸗ bischof Funder ist heute Abend gestorben.
Belgien. Brüssel, 1. Oktober. (W. T. B.) Der König ist von Baden⸗Baden zurückgekehrt und hat sich, ohne hier Aufenthalt zu nehmen, nach Ostende begeben.
8 Großbritannien und Irland. London, 30. Sep⸗ tember. (A. C.) Die Königliche Kommission zur Prüfung der Ursachen der Handelsstockung, deren Präsident Lord Iddesleigh ist, tritt am 10. oder 12. November zusammen, um ihren Schlußbericht abzufassen.
Der Gouverneur der Kapkolonie und Ober⸗Kom⸗ missar in Süd⸗Afrika, Sir Hercules Robinson, begiebt sich im Auftrage der englischen Regierung demnächst nach Mauritius, um die dort entstandenen ernsten Mißhellig⸗ keiten zwischen dem Gouverneur der Insel, Sir John Pope Hennessy, und den englischen Kolonisten zu untersuchen und den Konflikt möglichenfalls beizulegen.
Aus Birma liegen folgende Telegramme des „Bureau Reuter“ vor:
Rangun, 28. September. Major Meacham, vom 16. Benga⸗ lischen Infanterie⸗Regiment, meldet aus Thabyabri, daß er eine Menge Kranke hat und der Feind ihn umschwärmt. Von Minhla ist ihm eine Hülfs⸗Abtheilung zugesandt worden. Oberst⸗Lieutenant Stewart MeIver vom 5. eingeborenen Madras⸗Infanterie⸗Regi⸗ ment starb auf dem Marsche am Sonnenstich. Bohshway sagt, daß er den britischen Truppen nicht im Gefecht gegenübertreten, sondern sie nur auf dem Marsch belästigen will. Die Shans im Gebirge nehmen noch immer eine beunruhigende Haltung ein. Lieutenant Gastrell erbeutete auf einem Sen drei Gingals Die Truppen in Vagoo hatten drei unbedeutende Rencontres mit dem Feinde, wobei demselben einige Verluste zugefügt und große Mengen geraubten Eigenthums erbeutet wurden. Auf die Anhänger des Prinzen Kyemendine stieß man bei Panoung. In dem Treffen wurden mehrere seiner Leute getödtet. Freischärler griffen Ningyan am 18. d. an, wurden jedoch zurück⸗ e nachdem sie 5 Todte verloren hatten. Fünf von den bei 5 WVertheilung an die Nothleidenden Verwundeten sind seitdem ge⸗
rben. Rangun, 29. September. Den neuesten Nachrichten zufolge sind die Insurgenten hauptsächlich in den Distrikten zwischen Tunghu und Ningyan am östlichen Ufer, und zwischen Myinbunin und der alten Grenze am westlichen Ufer concentrirt. Andere Distrikte werden amtlich als verhältnißmäßig ruhig gemeldet. Im Osten von Mandalay bereiten marodirende Banden von Shans Verlegenheiten. Eine dieser Banden wurde von einer Abtheilung der Pendschab⸗Polizei unter Lieutenant Gastrell scharf Febchgt Was man auch von ihren
Boh Shoay hat seinen Anhängern angekündigt, daß er während der bevorstehenden trockenen Jahreszeit Kämpfe vermeiden, aber unsere Märsche belästigen wird. Es wird eine starke Streitkraft zusammen⸗ gezogen, um Boh Shoay für immer den Garaus zu machen. In Mandalay sind Unterstützungsarbeiten für 1000 Personen in Angriff genommen worden, und andere Arbeiten sind in Aussicht. Von den bei dem Gedränge am Unterstützungs⸗Depot in Mandalay verletzten Personen sind 4 andere gestorben. In Mandalay fallen die Gewässer, und man befürchtet kein weiteres Steigen. Brigadier Stewart hat sich nach Shivebo begeben, um dort den Befehl zu übernehmen. 1
Ottawa (Canada), 29. September. (R. B.) Die Regierung von Canada hat beschlossen, bei Wieder⸗ eröffnung des Parlaments einen Kredit von 20 000 Pfd. Sterl., als Beitrag zu dem anläßlich des Jubiläums der Königin Victoria zu gründenden Reichs⸗Institut zu fordern.
Frankreich. Paris, 29. September. (Fr. C.) Der Budgetausschuß nahm heute Nachmittag den Bericht Casimir Periers über das Kriegsbudget entgegen. Im Einvernehmen mit dem Minister wird ein Abstrich von 3 Millionen beantragt. Diese Ersparniß wird dadurch er⸗ möglicht, daß die ausscheidende Altersklasse früher entlassen wird, als die neurekrutirte Klasse einrückt. Auf Antrag von Burdeau (Opportunist) wurde beschlossen, den Kriegs⸗Minister aufzufordern, in den Militärspitälern weltliches Wärterpersonal einzuführen. 4.
Spanien. Madrid, 1. Oktober. amtliche „Gaceta“ Deutschland und des Handels⸗ 12. Juli 1883.
Serbien. Belgrad, 1. Oktober. (W. T. B.) Der bis⸗ herige Gesandte in Konstantinopel, Gruitsch, ist zum Ge⸗ sandten in London ernannt worden. Der frühere Minister des Innern, Novakovitsch, ist zum Gesandten in Konstantinopel designirt; eine hierauf bezügliche An⸗ frage wurde von der Pforte genehmigend beantwortet.
Bei den heute stattgehabten 7 Nachwahlen zur Skupschtina wurden die Kandidaten der Regierungs⸗ partei gewählt. Am 12. d. finden weitere 7 Nach⸗ wahlen statt.
Bulgarien. Sofia, 2. Oktober. (W. T. B.) Die Antwort der neekgsi en Regierung acceptirt die durch den General Kaulbars gestellten Forderungen betreffs der Aufhebung des Belagerungszustandes und betreffs der wegen des Staatsstreichs Verhafteten, erklärt aber die Hinausschiebung der Wahlen zur großen Sobranje für unthunlich.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 2. Oktober. (W. T. B.) Das „Journal de St. Péetersbourg“ schreibt: Das ungarische Abgeordnetenhaus hat in weiser Befolgung des von dem englischen Parlament und dem Deutschen Reichstage gegebenen Beispiels darauf verzichtet, die Interpellationen, etrefkftend Bulgarien, zum Gegen⸗ stande von Debatten zu machen, welche ohne Zweifel ebenso erregt, wie unzeitgemäß und unfruchtbar gewesen wären.
Dänemark. Kopenhagen, 1. Oktober. (W. T. B.) Die Königin von Dänemark sowie der König und die Königin von Griechenland sind mit ihren Kindern heute Nachmittag von hier abgereist.
(W. T. B.) Die veröffentlicht das Abkommen zwischen Spanien, betreffend die Verlängerung und Schiffahrtsvertrages, vom
noch 69 % der Gesammtheit ausmachte, Durchschnittseinkommen aber ist dasselbe welches es von jeher war, ja es ist sogar um etwas, von 523 auf 517 ℳ zurückgegangen! Nun wird geltend gemacht werden, daß eben dieses Verharren des Durchschnittseinkommens der niedrigsten Schichten einer Erhöhung der Lebenshaltun gleichkomme, weil ja die Waarenpreise leichzeitig gefallen sind. Wir E bereits gezeigt, daß eine sol e Frhöhung der Lebenshaltung aus der Verbrauchsentwicklung beliebter Konsumartikel, wie Zucker, Bier und Taback, nicht gefolgert werden könnte. Ferner dürften aus der Steigerung gewisser anderer Preise wie der Wohnungsmiethen, dann aber aus dem wachsenden Einfluß des Zwischenhandels auf die Lebensmittelpreise, namentlich die Brot⸗ und leischpreise, ganz andere Schlußfolgerungen gezogen werden müssen, als ie gemeinhin von den Vertretern des wirthschaftlichen Liberalismus be⸗ liebt sind. Auch die Erscheinung, daß die Bevölkerung sich immer mehr nach den Städten konzentrirt, müßte bei einer Untersuchung der heutigen wirthschaftlichen Lage gewürdigt werden, und man würde dabei wahr⸗ scheinlich zu wenig erfreulichen Ergebnissen gelangen. Jedenfalls geht aus unseren Betrachtungen hervor, daß der sogenannte „naturgemäße Lauf der Dinge“ die soziale Frage ihrer Lösung nicht näher geführt hat, daß vielmehr schwerwiegende Gründe eine Verschärfung der gesellschaftlichen Gegensätze vermuthen lassen. Diese von uns angedeuteten Erscheinungen fallen dem noch immer vorherrschenden System des Gehenlassens zur Last. Hätte die Wirthschafts⸗ politik nicht einigermaßen in den „naturgemäßen Lauf der Dinge“ eingegriffen, hätte die Zollpolitik dem internationalen Wettbewerbe nicht gewisse Schranken gezogen, wäre nicht die Gesetz⸗ gebung den unteren Schichten zu Hülfe gekommen, hätte sie den obersten Schichten nicht gewisse Leistungen auferlegt, so würden wir heute vor noch viel schlimmeren Thatsachen stehen. Die Arbeiter⸗ verhältnisse in England, Belgien, den Vereinigten Staaten, Frankreich, Italien und der Schweiz sollten für uns eine Mahnung zur Weiter⸗ führung der Sozialreform sein; denn auch unsere deutsche Gesellschaft befindet sich auf einer schiefen Ebene.
— In der Münchener „Allgemeinen lesen wir in einem Bericht aus
Die bereits erwähnten Ausführungen des Reichsraths und Reichs⸗ tagsabgeordneten Grafen Konrad Preysing in der samstägigen Wähler⸗ versammlung betrafen vorerst die Getreidezölle. Graf Preysing erklärte, daß der Haupteffekt der erhöhten Getreidezölle: Ver⸗ hinderung des weiteren Sinkens der Fruchtpreise, eingetreten und nebenbei dem Staate zur Bestreitung der nun einmal nicht abzuwei⸗ senden Militärbedürfnisse eine Einnahmsquelle erschlossen worden sei, welche Bedürfnisse sonst nur auf dem Wege der erhöhten Matrikular⸗ beiträge beschafft hätten werden müssen, diese aber würden eine weitere Belastung von Grund und Boden zur Folge gehabt haben, welche er einfach nicht verträgt. Es müsse daher die Erhöhung der Getreidezölle nach zwei Seiten hin als ein Erfolg bezeichnet werden. Der Redner sprach hier, der „Donauzeitung“ zufolge, der Wirthschaftspolitik des Reichskanzlers seine vollste Anerkennung aus. Dem Reichskanzler vornehmlich sei die wirthschaftliche Reform und die jetzige Zollgesetzgebung zu verdanken, und Redner ist vollkommen überzeugt, daß ohne die Initiative des Reichskanzlers speziell die Getreidezölle nicht zur Annahme gelangt wären....
— Der Leipziger „Monatsschrift für Terxtil⸗ Industrie“ wird zur Lage des Berliner Konfektionsgeschäfts aus Berlin, u. d. 26. September, geschrieben:
... Das Exportgeschäft war in der letzten Woche etwas leb⸗ hafter, wir empfingen englische und amerikanische Nachbestellungen, wie denn überhaupt dieser Theil des ausländischen Geschäfts sich dadurch erheblich besser als in früheren Jahren gestaltete. In der Wollenwaarenbranche hat der Bedarf an Curlstoffen nicht nachgelassen, ebenso wie für Plüsche und Krimmer noch fortgesetzter Begehr herrscht, und dürfte die Fabrikation noch für den Monat Oktober genügende Beschäftigung finden. Man arbeitet bereits für den Sommer.... Ebenso sind Gerager und Greizer Fabrikanten mit neuen Kollektionen hier anwesend. In der Trikottaillenfabrikation geht das Geschäft fort⸗ gesetzt lebhaft, allerdings nur für das Ausland, welches Nachbestellungen
ist auf 72 % angestiegen, ihr Existenzminimum geblieben,
Zeitung“
Amerika. New⸗York, 30. September.
Der Manhattan⸗Klub hat sich die Besuche der So⸗ zialisten Dr. Aveling und Liebknecht verbeten. Die⸗ selben waren von einem der Mitglieder des Klubs als Gäste eingeführt worden. Chicago, 29. September (A. C.) Die „Chicago Times“ warnt heute in einem Artikel Hrn. Liebknecht und Dr. Aveling davor, die Sprache hier zu wiederholen, welcher sie sich in der jüngsten Sozialistenversammlung in New⸗York bezüglich der Anarchisten bedient haben. Das Blatt sagt, daß die öffentliche Meinung in Chicago durchaus mit Leuten des Aveling'schen und Liebknecht'schen Schlages kurzen Prozeß mache. Die Erinnerung an das Ge⸗ metzel auf dem Heumarkt sei noch zu frisch, als daß man das Predigen von Lehren gestatten könne, welche zu solchen Ver⸗ brechen geführt hätten.
Afrika. Egypten. Kairo, 29. September. (A. C.) Hr. Lavison sagt, daß die Gebä üde, von denen er Besitz ergriff, nicht zum Ismailia⸗Palast gehörten, sondern auf einem naheliegenden Grundstück gelegen seien, welches aus⸗ drücklich vermöge einer Entscheidung des Ministerraths von der Konfiskation ausgenommen worden sei, als das Vermögen der Familie Ismail Pascha's mit Beschlag belegt wurde. Sir Henry Wolff und Mr. Portal berathschlagen jetzt mit dem Khedive und Abdelkader Pascha über die An⸗ gelegenheit.
Die „Morning Post“
(A. C.)
veröffentlicht ein Telegramm aus Brüssel, wonach der daselbst weilende frühere Khedive Js mail Pascha erklärt, daß die Besitzergreifung des Jsmatlia⸗Palastes durch seinen Agenten, Hrn. Lavison, durch⸗ aus ohne seine Anordnung erfolgt sei. Damit werden auch alle Folgerungen, welche man aus der Besitzergreifung ziehen
wollte, hinfällig.
Dem „Standard“ wird aus Kairo telegraphirt, daß die Gerüchte von einer Zusammenrottung rebellischer Streitkräfte in der Nähe von Dongola gänzlich un⸗ begründet seien. Es sei dort eine große Menge Gesindel vorhanden, darunter die Ueberbleibsel der im vorigen Jahre in der Nähe von Kerma geschlagenen Armeen, aber von irgend einer Organisation scheine gar keine Rede zu seinrn.
Zeitungsstimmen.
„Geht man durch ein Thor, so ziehen
immer noch in erheblichem Umfange einsendet. . ..
Statistische Nachrichten.
Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 19. September bis incl. 25. September cr. zur Anmeldung gekommen: 278 Cheschließungen, 944 Lebendgeborene, 33 Todtgeborene, 812 Sterbefälle.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Im Verxlage von Fr. Wilhelm Grunomw, Leipzig, erschien ein interessantes Buch: „Berlin im Jahre 1786“, eine Sammlung zeit⸗ genössischer Urtheile aus Briefe, Reiseberichten u. s. w. Es ist gewiß ein dankenswerther Versuch, uns aus Schilderungen von damaligen Zeit⸗ genossen die Residenzstadt Berlin kennen lernen zu lassen, wie sie sich vor hundert Jahren in ihrer Bevölkerung und Ausdehnungen, ihren Sitten und sozialen Verhältnissen dem Reisenden darbot. Wir ersehen aus ihnen, wie gewaltige Fortschritte die Stadt in diesem Zeitraum ge⸗ macht, hat und können interessante Vergleiche zwischen dem Berlin der damaligen Zeit und dem heutigen anstellen. Auf die Kulturzustände jener Tage fällt manch scharfes Streiflicht, und gleich die beiden ersten Schilderungen, welche uns die Umständlichkeit einer damaligen Reise nach der preußischen Hauptstadt drastisch schildern, lassen uns dankbar die Wohlthat unserer heutigen Verkehrsmittel erkennen. Die Zollplackereien, die Unbequemlichkeit der Wagenreisen, die schlechte Beschaffenheit der Landstraßen, das Alles sehen wir in den Berichten verschiedener Reisenden, welche im Jahr 1786 Berlin aufsuchten, anschaulich vergegenwärtigt. Wir er⸗ fahren aus dem „Schattenriß von Berlin“ (Amsterdam 1788), daß schon damals Berlin in seinen Hauptstraßen einen gewaltigen Eindruck auf die Fremden machte, der freilich bei genauer Kenntniß⸗ nahme der entlegeneren Stadttheile bedeutend abgeschwächt wurde. Insbesondere wird geklagt über das schlechte Pflaster, über die Un⸗ sauberkeit in den Straßen und die mangelhafte oder ganz fehlende Beleuchtung; Verkehrshindernisse, wie die störenden Appareils, die Krambuden, vorspringende Treppen fanden sich in den vornehmsten Straßen. Die lebhaftesten Klagen aber werden laut über den Zu⸗ ftand der Straßern bei schlechtem Wetter, welches dieselben nahezu unpassirbar machte. Anerkannt wird die Art, wie die Polizei gegen die Bettelei vorging. Bettelvögte streiften zu zwei und zwei den ganzen Tag durch die Straßen und hielten alle Bettler an; eigen⸗ thümlich berührt es uns, wenn es von den Soldaten heißt: d sie den Schlagbaum in die Höhe und ziehen das Gewehr an. Wer diesen Gruß empfindet, wie er soll, „giebt dafür einen kleinen, thätigen Dank.“ Auch zu Fremdenführerdiensten u. dgl. boten sich die Soldaten gegen ein
Die „Rheinisch⸗Westfälische Zeitung“ schließt einen längeren Artikel über den „Rückgang des Unternehmer⸗ gewinns“ mit Loigenden Bemerkungen:
ö.. . Die Lehre von dem „Rückgang des Unternehmergewinns“ erscheint nach solchen Betrachtungen in einem anderen Lichte, als das⸗ enige ist, welches von den Vertheidigern der heutigen Zustände zu enutzen beliebt wird. Der Unternehmergewinn der größten Unter⸗ nehmer, insbesondere derjenigen mit einem Einkommen von 9600 bis 36 000 ℳ, weist eine Steigerung auf, und diese Schicht der Bevölkerung ist die einzige, deren ökonomische Lage verbessert worden ist. Der Unternehmergewinn der mittleren und kleineren Unternehmer ist zurückgegangen, von den letzteren ist sogar ein Theil — 10 % — ausgestoßen worden, um in der großen
jetzigen Mängeln als Folbi en sagen mag, die neuen Pendschab⸗
Rekruten haben si als ausgezeichnete Kämpfer erwiesen.
— ——— —́;—
„Biergeld“ an. Ueber die Ungezogenheit der Straßenjugend, insbe⸗ sondere der Soldatenkinder, wird sehr geklagt. Ueber den Volks⸗ charakter bemerkt ein Beurtheiler: „Aufklärung, Ffüse atctgr und natürliche, helle Urtheilskraft findet man in allen Kla sen; es fehlt den Berlinern weder an Feinheit noch an Verschlagenheit. Selbst der emeine Mann spricht und urtheilt gern selbst uͤber alles. Po⸗ litische Neuigkeiten sind sein Steckenpferd und die Zeitungen seine liebste Lektüre. Er ist enthusiastisch für sein Vaterland eingenommen und „sieht auf seine Nachbarn mit einer Art Geringschätzung herab“. Ueber die Schwächen und Absonderlichkeiten der Berliner macht sich Jos. Winkler in seiner „Hebe, ein Pendant zum Ganymed“ in satirischen Ausfällen lustig, während ein anderer Reisender einen Vergleich zwischen dem Dresdener und dem Berliner anstellt, der zu Gunsten des letzteren ausfällt. In weiteren, inter⸗ essanten Abschnitten wird über die Berliner Geselligkeit, den Berliner
asse der Dürftigen aufzugehen. Diese große Masse, welche 1877
— — —— — — — n
Witz und die Aufklärung gehandelt und ausführlich über den Berli ner
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ialekt gesprochen, von dessen wunderlichen Blüthen eine auserlesene v geboten wird, welche beweist, daß das Volk damals gerade so sprach wie jetzt noch; einige im Wortjaut wiedergegebene Gesprãche zwischen einem Herrn und einer Dame und zwischen zwei jungen Damen vergegenwärtigen uns die Fehler und den Humor dieser Sprechweise. Ueber die verschiedenen Arten der damaligen Anrede und der Titulaturen giebt uns ein interessanter Aufsatz des Pädagogen Friedrich Gedike recht anziehende Belehrung. — Anziehend und für den Kulturgeschichtsschreiber von Werth sind die Schilderungen aus dem Leben der verschiedenen Klassen der Berliner Gesellschaft. Aus dem bereits erwähnten „Schattenriß von Berlin“ werden kurze Andeutungen über den Verkehr „bei Hof gegeben; ausführ⸗ licher sind die Mittheilungen über den geselligen Verkehr der Bürger⸗ und adligen Kreise. Wi erfahren, daß die Moden der Berliner im Ganzen anspruchsloser sind als diejenigen in anderen großen Städten, der Verfasser jener Schrift giebt sogar eine genaue Schilderung der verschiedenen Trachten nach Art der Herstellung und Preis. Man lebt bequem und anspruchslos und befindet sich bei be⸗ schränkten Mitteln recht wohl; das gilt sowohl vom Adel wie von der bürgerlichen Gesellschaft. Hochinteressant sind die in dem Buche gebotenen Betrachtungen über die damalige preußische Armee, welche von einem reisenden Franzosen an seinen Bruder in Paris übermittelt wurden (1784). Derselbe hat sein Augenmerk namentlich auf die da⸗ malige Desertion der preußischen Soldaten gerichtet, dieser Uebelstand findet darin seine Erklärung, daß die preußische Armee damals zum großen Theil aus Angeworbenen bestand; der Briefschreiber erkennt selbst an, daß den märkischen, pommerschen und westpreußischen Landeskindern die schimpfliche Fahnenflucht fern lag. Lesenswerth ist der Vergleich, welcher in einer von einem Deutschen verfaßten Schilderung zwischen der kursächsischen und der preußischen Armee nach Organisation und Werth angestellt wird, von großem Interesse ferner der Einblick, welchen der „Schattenriß von Berlin“ in das Treiben innerhalb der Regimenter gewährt. Wir erfahren ferner aus F. Gedike’s und J. E. Biester's „Berlinischen Monatsschrift“ 1788, daß der Selbstmord innerhalb der Armee besonders bei den Gemeinen zu gewissen Zeiten erschreckliche Ausdehnung gewann. Diese Kapitel sind insofern von be⸗ sonderer Anziehung, als sie zeigen, welch ein gewaltiger Umschwung gerade auf militärischem Gebiet seit jener Zeit eingetreten ist. „Recht anziehend werden sodann die kirchlichen und religiösen Verhältnisse der Stadt Berlin geschildert, und die Prediger finden in den „Briefen über Berlin 1798“ von Wolf Davidson eine recht anerkennende Beurtheilung. Von dem stark pietistischen Element in Berlin findet sich eine ansprechende Schilderung in dem von F. Nicolai verfaßten: Leben und Meinungen des Herrn Magisters Sebaldus Nothanker (4. Auflage, Berlin und Stuttgart 1799). Wir erfahren hier auch, daß es damals in Berlin Straßenprediger gegeben hat, die aber wenig Anklang fanden; die französische Kolonie der damaligen Zeit wird gleichfalls von dem „etwas milzsüchtig“ genannten Verfasser des „Schattenriß“ kurz geschildert. Die darauf folgenden Kapitel behandeln die Stellung der Juden in Berlin zu jener Zeit; sie sind den „Bemerkungen eines Reisenden durch die Königlich preußischen Staaten“ entnommen und betrachten besonders die orthodoxen Israe⸗ liten. Im folgenden Abschnitt wird uns der Typus eines politischen Kannegießers in dem „Schuster Thomas“ vorgeführt. Nachdem das Cliquenwesen kurz betrachtet ist, werden wir in die geselligen Ver⸗ gnügungen des damaligen Berlins eingeführt, wir lernen die künstlerischen Genüsse kennen, welche in der Oper und im Schauspiel geboten werden, die Ressourcen und Gesellschaften, erfahren, daß das Hazardspiel sehr viel Anhänger hat und finden die öffent⸗ lichen Vergnügungen und Volksfeste aufgezählt. — Ein be onderer Abschnitt macht uns mit der landschaftlichen Umgegend Berlins bekannt, die als sandig und reizlos verschrieen wird; ein Besucher Berlins zieht einen Spaziergang nach dem Weidendamm, wo man grüne Wiesen fand, einem Russtn vor die Stadt vor; man sieht, wie auch hier die Zeit Wandel geschaffen hat. Landpartien werden uns geschildert, wobei wir die weitere Umgebung Berlins, Pankow, Charlotten⸗ burg ꝛc. in ihrer damaligen Beschaffenheit kennen lernen. Die Stadt selbst war an Sehenswürdigkeiten kahl, sodaß der Fremde der damaligen Zeit bedeutend schlechter daran war, als Derjenige unserer Tage. Ueber die Ernährungs⸗ und Preisverhältnisse giebt der hier abgedruckte Aufsatz eines durch seine chemischen Studien bekannten Arztes, A. L. Schlözer (1768) recht bemerkenswerthe Daten, welche an Interesse durch einen Vergleich mit den heutigen Preisen gewinnen. Wir finden ferner von anderen Beobachtern Angaben über Kaffee und spirituöse Getränke, deren Preis und Verbrauch, über Wohnungs⸗ verhältnisse, Theuerungen, Lebensmittel und ihre Verkäufer, Taxe, Zinsfuß, mannigfache Notizen. Besonders stark war der Groll des kleinen Mannes gegen die Schlächter, worüber im Tlantlaquatla⸗ hatli, Chronik von Berlin II 1789 die Rede ist; dieselbe Quelle be⸗ richtet über die jüdischen Schächter. Wie stark damals der Schmuggel betrieben wurde, darüber giebt „Der Weltbürger oder deutsche Annalen der Menschheit, und Unmenschheit, Germanien (Zürich) 1792 II. S. 171: Erweis, daß ein ehrlicher Brandenburger bankerott werden muß“ mit Ziffern und Daten überzeugende Belege. Ueber direkte und indirekte Steuern finden sich ebenfalls zwei lesenswerthe Be⸗ trachtungen von Zeitgenossen vor. Scharf hergezogen wird über die Sucht, französische Lehrer und Lehrerinnen zu verwenden in dem Buch: „Der 42 jährige Affe, ein ganz vermaledeites Mährchen! Aus dem Französischen, 2. Theil, Berlin 1786, S. 129;“ namentlich die „französische Mamsell“ wird in der Beurtheilung hart mitgenommen. Die Bestrebungen, durch tüchtige deutsche Schulen für die Bildung zu sorgen, fanden in Büsching und Meierotto geeignete Vorkämpfer, der eine war Direktor des mit dem Kölnischen Gymnasium vereinigten grauen Klosters von 1767 — 1793, der andere Direktor des Joachim⸗ thal'schen Gymnasiums. Ihre segensreiche Thätigkeit findet hier ver⸗ diente Anerkennung. Die nächsten Kapitel sind den Berliner Dienst⸗ boten gewidmet, über deren Charakter, Löhne und Kleidung wir das Nöthige erfahren, ferner den Aerzten und der damit zusammen⸗ hängenden Sterblichkeit, sodann den Kirchenbegängnissen. Schließlich finden wir eines der interessantesten Kapitel in dem längeren Abschnitt, welcher über das geistige Leben, insbesondere die Berliner Literatur jener Zeit handelt, es rührt aus den Briefen des bereits oben erwähnten in Deutschland reisenden Franzosen her. Namen wie Büsching, Teller, Spalding, Moses Mendelssohn, Ramler, Gleim, F. A. Kleist, Nicolai, Gedike und Karsch sind hinlänglich bekannt und auf ihren Werth geprüft; kmn ben werden den Leser die hier abgedruckten, sich wider⸗ sprechenden Urtheile über einzelne dieser Personen interessiren. Es war ein guter Gedanke, von den Dichtern einige Proben ihrer Muse im Druck beizuge ben. Mit Theilnahme wird schließlich jeder den unbefangen geschriebenen Bericht über die Feier des Geburtstags Friedrichs des Ce lesen. Im Anhang ist sodann noch eine Reihe von Notizen gegeben, welche auf Berlin und e Bezug haben und dem Nicolai'schen Werke entnommen sind. Seichen Werte, mit wen find ausgewählte Inhalt des Buches zeigt zur Genüge, welch' interessanten Beitrag dasselbe nicht nur zur Geschichte Berlins, sondern überhaupt zur allgemeinen Kulturgeschichte bildet. Dasselbe nimmt eine achtenswerthe Stelle in der so umfang⸗ reichen Literatur über Friedrich den Großen und seine Zeit ein. Es e elegant und dauerhaft gebunden, in Leinwand 5 ¾ ℳ, in Halb⸗ ranz 7 ℳ — Einführung in das Studium der neueren Kunst⸗ 1““ Dr. Alwin Schultz, o ö. Prof. der Kunst⸗ eschichte an der Universität in Prag. Mit circa 300 Terxt⸗Ab⸗ hit und 14 Farbendrucktafeln. Leipzig, Verlag von G. Freptag, 1886. In circa 15 Lieferungen zu je 1 ℳ 20 ₰. — Von diesem bereits wiederholt empfohlenen Werke liegen uns wieder mehrere neue Lieferungen, die 4. bis 7. vor. Der Verfasser des Buchs stellt sich, woran wir noch einmal erinnern, die Aufgabe: den Leser in die Werkstatt des Künstlers einzuführen und klare Vorstellungen über die Prfstaßt d eines Kunstwerkes zu verbreiten, dadurch das Ver⸗ ständniß für die in der Geschichte der neueren Kunst auftretenden Erscheinungen vorzubereiten und den Leser in den Stand zu setzen, sich selbst ein Ürtheil zu bilden. Es ist daher nicht eine Kunstgeschichte
Wiederaufleben nach den Zeiten der Barbarei bis zur Gegenwart, also — nothwendige Ergänzung aller bestehenden Kunstgeschichten.
Denn nur die Kenntniß der Art der Entstehung der Kunstwerke,
der veränderten Methoden, deren Herstellung u. s. w. kann,
wie Dr. Schultz mit Recht meint, ein richtiges Urtheil über deren
Werth ermöglichen. Sein Buch will daher wahres Interesse für
die Kunstgeschichte erwecken, verbreiten, den Sinn für die bildende
Kunst selbst fördern und dahin wirken, daß das Studium der
Kunstgeschichte wirklich für jeden Gebildeten den Erfolg habe, ihm die Einsicht in die Gestaltung der Kunst zu erschließen. — In den letzten 4 Heften wird zunächst der Abschnitt über die Technik der verschiedenen Künste weiter fortgeführt. Die 4. Lie⸗ ferung ist noch ausschließlich der Baukunst gewidmet und mit zahlreichen instruktiven Abbildungen hervorragender Baudenkmäler und Kunststyle der verschiedensten Zeiten ausgestattet. In der 5. Lieferung beginnt dann der Abschnitt über das Kunsthandwerk mit den Kapiteln: Tischlerei, Goldschmiedekunst, Schlosser⸗ und Grobschmiedekunst, Waffen⸗ schmiede, Plattner und Eisenschneider, Zinngießer, Töpferwaare, Glas⸗ industrie, Drechslerarbeit, Rothgießer, Lederarbeiter, — ebenfalls mit vielen Illustrationen mustergültiger Arbeiten aus allen diesen Zweigen. Die 7. Lieferung bringt den Anfang des zweiten Hauptkapitels: die Plastik, mit den Abschnitten: die Bildhauer, das Modell, Terrakotta, Steinplastik. Zu den zahlreichen Holzschnitten im Text gesellen sich auch noch in jeder Lieferung je eine vorzüglich und treu nach dem Original ausgeführte Farbendrucktafel oder lithographirte Blätter. So bringen die letzten Lieferungen eine Probe von der prächtigen poly⸗ chromen Dekoration der St. Gereons⸗Kirche in Köln, die aufgerollten Mäntel der Zunftkannen der Bäcker und der Seiler in Breslau aus den Jahren 1497 bezw. 1511 und einen prachtvollen alten Becher aus Rhinoceroshorn zur Anschauung. — Das Werk foll wo möglich noch bis Weihnachten d. J. fertig vorliegen. 8
Gewerbe und Handel.
In der vorgestrigen Generalversammlung der Aktionäre der Rheinischen Stahlwerke wurde nach Genehmigung der Bilanz und Ertheilung der Decharge an Vorstand und Au sichtsrath be⸗ schlossen, den Aufsichtsrath zu ermächtigen, die Gesellschaft bei einem in Süd⸗Rußland unter Mitwirkung der Warschauer Stahlwerke zu errichtenden Eisen⸗- und Stahlwerk bis zu 250 000 Rubeln zu be⸗ theiligen. Zur Anlage des Werkes ist der Ort Kamenskoi in Aus⸗ sicht genommen, der an der direkten Eisenbahnlinie zwischen dem Erz⸗ und Kohlengebiet liegt. Die Werke sind, wie der Vorsitzende mittheilte, befriedigend beschäftigt, und an Aufträgen sind augenblick⸗ lich ca. 27 000 t vorhanden. 1 Amsterdam, 2. Oktober. (W. T. B.) Der Preis für Privatsilber ist von 75 auf 76 Fl. per Kilo fein erhöht. London, 1. Oktober. (W. T. B.) Wollauktion.
Stimmung matt. 8 1 St. G 2. Oktober. (W. T. B.) Bis 1. August d. J. wurden aus Rußland ausgeführt: an Waaren 207 800 000 Rbl. gegen 281 200 000 Rbl. im gleichen Zeitraum des vorigen Jahres; an Edelmetallen 7220 000 Rbl. gegen 5 060 000 Rubel im gleichen Zeitraum des vorigen Jahres. Die ein geführten Waäaren betrugen 218 800 000 Rbl. gegen 216 800 000 Rbl. im gleichen Zeitraum des vorigen Jahres; Edelmetalle 3 150 000 Rbl. gegen 4 200 000 Rbl. im gleichen Zeitraum des vorigen Jahres. Die Zolleinnahmen bis 1. August c. betrugen 53 880 000 Rbl. gegen 51 960 000 Rbl. im gleichen Zeitraum des vorigen Jahres. Washington, 1. Oktober. (W. T., B.) Die Staats⸗ schuld der Vereinigten Staaten hat im Monat September um 10 630 000 Doll. abgenommen; im Steaatsschatze befanden sich ult. September 465 380 000 Doll. 8
Verkehrs⸗Anstalten. 8
Die neue Winterausgabe des Berliner A B C Kurs⸗ buches mit Taschenfahrplanbuch, bearbeitet nach nur amtlichen Quellen im Kursbureau von Brasch & Rothenstein, Berlin W., Friedrichstraße 78, ist bei S. Fischer Verlag, Berlin W., Mohrenstraße 10, soeben er⸗ schienen. Das A B C Kursbuch, welches sich durch seinen bequemen Gebrauch längst in Berlin eingebürgert hat, wird um so willkom⸗ mener sein, als es pünktlich mit dem 1. Oktober, dem Tage der Gül⸗ tigkeit der Winterfahrordnung der deutschen Eisenbahnen, auf dem Platze ist und alle im Laufe des Sommers bis heute neu eröffneten deutschen Eisenbahnstrecken, Stationen und neu eingeführten Berliner Billetpreise, einschließlich des am 1. November cr. in Kraft tretenden neuen Personengeldtarifes Berlin⸗Gotthard⸗Italien, enthält. Durch seine Vielseitigkeit, betreffend Lage, Einwohnerzahl ꝛc. aller deutschen Eisenbahnstationen, dürfte das A B 0 Kursbuch auch jedem Nicht⸗ reisenden als Nachschlagebuch sich empfehlen, während andererseits das Taschenfahrplanbuch wegen seines Inhalts und handlichen Formats zur Mitnahme auf der Reise besonders geeignet erscheint. Der Preis des Kursbuchs, des Taschenfahrplanbuchs und der Karte beträgt be⸗ kanntlich nur 75 ₰.
Sanitätswesen und Quarantänewesen.
Spanien.
Nach Inhalt eines in der „Gaceta de Madrid“ veröffentlichten Cirkulars der Königlich spanischen Sanitäts⸗Direktion vom 24. Sep⸗ tember 1886 sind wegen Ausbruchs der asiatischen Cholera in Pest, Raab und anderen Häfen der Donau die Provenienzen derselben als verdächtig erklärt worden. In Folge dessen werden die Schiffe, welche seit dem 11. September d. J. von Häfen der Donau in See egangen sind, dem Quarantäne⸗Lazareth zur Abhaltung der ent⸗ ee Quarantäne überwiesen werden.
Portugal. 1
Durch eine unterm 21. September 1886 veröffentlichte Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern sind die italienischen Häfen am Mittelmeer seit dem 13. dess. Mts. für „von asiatischer Cholera verseucht“ erklärt worden, mit Ausnahme jedoch der Häfen des Küstengebiets von Genua bis Gaëta, beide ein⸗ begriffen, welche sämmtlich als derselben Seuche „verdächtig' gelten.
Brasilien. 1
I. Durch Erlaß der Kaiserlich brasilianischen Regierung vom 30. April 1886 ist angeordnet worden: 1“
1) daß die Häfen von Venedig und Brindisi als vers eucht zu betrachten und die von dort anlangenden Schiffe, welche nach irgend einem Hafen des Reichs bestimmt und nach dem 8. April d. J. von jenen Häfen abgegangen, der strengen Quarantäne zu unterwerfen sind;
2) daß die italienischen Häfen des Adriatischen Meeres, des Kanals von Otranto, des Busens von Taranto und des Jonischen Meeres bis Reggio in der Meerenge von Messina, als verdächtig zu be⸗ trachten sind. 1 “ 1
II. Ein Erlaß derselben Regierung vom 16. Juli 1886
reibt vor: 8 . b 1) daß die Häfen ven 1.““ und Fiume vom 2. Juli an als verseucht zu betrachten sind; 8 1 c 8 die Ubriche österreichischen Häfen des Adriatischen Meeres bis zum Golf von Cattaro als verdächti anzusehen sind;
3) daß die aus den verseuchten Häfen kommenden Schiffe erst dann in den Häfen des Reichs zugelassen werden, wenn sie die vorgeschriebene Quarantäne im Lazareth der Ilha Grande durchge⸗ macht haben;
4) daß derselben Quarantäne im genannten Lazareth ferner unter⸗ worfen sind diejenigen Schiffe, welche, obwohl sie aus nur verdäch⸗ tigen Häfen kommen, mit Cholerafällen eintreffen oder solche während der he b an Bord gehabt haben, oder Waaren mit sich führen, welche 8— Unsteck ng zu übertragen vermöge
Berlin, 2. Oktober 1886.
88 Se. Majestät der Kaiser und König haben der zwischen der Eisernen Brücke und der Friedrichs⸗Brücke belegenen Strecke der Straße „Am neuen Packhof“ den Namen „Museumsstraße“ und der zwischen dem neuen Museum und dem Steuerverwaltungsgebäude belegenen, nach dem bisherigen Packhofe führenden Strecke dieser Straßeden Namen „Kleine Museumsstraße“, sowie der im Zuge der Melchiorstraße belegenen Fußgängerbrücke über den Louisenstäd schen Kanal den Namen „Melchior⸗Brücke’“ beigelegt.
Das Jubiläum der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ wurde gestern im Kaiserhof durch ein Festdiner gefeiert, an welchem etwa 130 Personen Theil nahmen. Den Ehrenplatz in de Mitte der Tafel hatte der Staatssekretär Graf von Bismarck⸗Schön hausen inne, zwischen den Eigenthümern der Zeitung, den beiden Herren von Ohlendorff aus Hamburg; rechts und links reihten sich an: Vertreter hoher Behörden, der Literatur und befreundeten Presse, des Gelehrten⸗ Künstler⸗ und Kaufmannsstandes, das Personal der „Norddeutschen All gemeinen Zeitung“ und einzelne hochstehende Gönner des Blattes. Di Reihe der Toaste eröffnete Hr. Albertus von Ohlendorff mit einem Hoch auf Se. Majestät den, Kaiser und König in welches die Festversammlung dreimal begeistert einstimmte Hr. Geheimer Rath Peinpter begrüßte die Gäste, und Hr Heinrich von Ohlendorff brachte ein mit Jubel aufgenommenes Hoch auf den Fürsten Reichskanzler aus. Staatssekretär Graf Bis marck dankte im Namen der Gäste und schloß mit einem Hoch au die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ und deren Repräsentanten, di beiden Herren von Ohlendorff. Es folgten noch eine Reihe Trink⸗ sprüche ernsten und heiteren Inhalts auf die Post, die Presse, u. g. m Erst am späten Abend trennte sich die Festgesellschaft in fröhlichster Stimmung.
Der Berliner Zweigverein des „Allgemeinen deut schen E1“ hält am Dienstag, den 5. Oktober, Abends 8 Uhr, im Mittelsaale des Architektenhauses, Wilhelmstraße 92/93 seine erste ordentliche Versammlung ab, in welcher Schul⸗Inspektor Dr. Fritz Jonas einen Vortrag: „Gedanken eines Berliner Gelehrten vor hundert Jahren über Sprachreinigung und Sprachbereicherung“ halten wird. Der Zutritt ist nur gegen Einlaßkarten gestattet, welche auf vorherige schriftliche Meldung von dem Schristführer des Vereins, Dr. Edmund Pentzhorn, S. Alexandrinenstraße 94, an Nicht⸗ mitglieder versandt werden.
Unterrichtskurse in der Arends'schen Kurzschrift beginnen: Montag, den 4. Oktober, Rest. Baatz, Blumenstr. 10, Donnerstag, den 7. Oktober, Rest. Buckower Garten, Buckowerstr. 9, Sonnabend, den 9. Oktober, Rest. Weick, Alexanderstr. 31. Die Kurse beginnen überall 8 ½ Uhr Abends und werden, bei wöchentlich einer Stunde, in 10 Stunden beendet. Die Kosten betragen ein⸗ schließlich der Lehrmittel 3 ℳ Meldungen werde B Unterrichts entgegengenommen.
Wien, 1. Oktober. (W. T. B.) Chole Pest 16 Erkrankungen, 5 Todesfälle; in Triest 4 Erkr ein Todesfall.
Madras (Indien), 1. Oktober. (W. T. B.) Dem Journal „Mail“ zufolge haben in dem Distrikt Godavery verheerende Ueberschwemmungen stattgefunden. Eine große Anzahl „von Bewohnern der von der Ueberschwemmung heimgesuchten Dörfer wollte den Damm durchschneiden, um dem Wasser nach der entgegen⸗ gesetzten Seite einen Abfluß zu schaffen. Die Bewohner der jenseits des Dammes liegenden Ortschaften leisteten indessen Widerstand und es kam zu einem heftigen Zusammenstoß, wobei gegen 100 Personen ge⸗ tödtet wurden.
Im Deutschen Theater wird morgen, Sonntag, „Haus Fourchambault“ und am Montag „Romeo und Julia“ gegeben. Am Dienstag, den 5., tritt Fr. Niemann, welche von ihrem Urlaub zurück⸗ gekehrt ist, zum ersten Mal in dieser Saison, als „Hertha“ in „Ein Tropfen Gift“ auf. Die nächste Aufführung von „Don Carlos findet am Freitag, den 8., statt. Außerdem bringt das Repertoire der Woche noch ö von „Zopf und Schwert“, Haus Fourcham⸗ bault“ und am nächsten Sonntag „Ein Erfolg“.
Im Belle⸗Alliance⸗Theater hat gestern Fr. Marie Geistinger ihr angekündigtes Gastspiel begonnen und als Schusters⸗ frau Leni Flink in dem bekannten Görlitz'schen, von Berla ins Wienerische übersetzten Lebensbilde „Drei Paar Schuhe“ den Beweis geliefert, daß sie noch immer die alte, d. h. die immer junge, „fesche“ Wiener Soubrette geblieben ist, die mit ihrem sprudelnden Uebermuth und ihrer originellen Gestaltungsgabe uns früher so manchen heiteren Abend bereitet hat. Auch der gestrige gehörte zu diesen und bot reichlich Gelegenheit zum Erstaunen über die scheinbar unverwüstliche Jugend der Künstlerin in Erscheinung und Bewegung, und zu 11“ Beifall für ihre sorgfältig und mit feiner Beobachtung und Lebenswahrheit ausgearbeitete Darstellung der von Berla in eine
der bereits der Theatergeschichte angehörenden Wirksamkeit und Bedeu⸗ tung der Fr. Geistinger noch des Beweises bedurfte, daß sie in dem von ihr vertretenen, ja geschaffenen Genre Meisterin ist, dem wurde derselbe gestern geliefert: Keine, auch die jüngste und begabteste unserer heu⸗ tigen Possen⸗ oder Operetten⸗Soubretten nicht, vermag ihr in Bezug auf Originalität der Auffassung und Gestaltung, freie, ungezwungene Beweg⸗ lichkeit, treffende Komik und packenden Humor des Spiels nachzukommen; ja, man traute seinen Augen kaum, aber es war so und kann aus Rücksichten der Galanterie nicht verschwiegen werden, daß sich ihre estrigen Partnerinnen trotz aller Jugend und Eleganz neben ihr fost matronenhaft steif und hölzern ausnahmen. Wie so manche andere Künstlerin höheren Fachs dürfte — das macht so ein Vergleich leider nur zu klar — Fr. Geistinger auch in dem ihrigen, mag man nun darüber denken und dasselbe schätzen wie man will, un⸗ ersetzt bleiben. Wie sie körperlich einem Jungbrunnen entstiegen zu sein schien, so überraschte die Künstlerin übrigens auch durch die Frische ihres Organs, das sie namentlich in einem stür⸗ misch beklatschten und da capö verlangten, ganz unnach⸗ ahmlich vorgetragenen steyrischen Liede mit 88 Jodlern entfaltete. Selbst gesanglich vermag sie, davon konnte sich auch das Ohr durch Vergleich überzeugen, noch immer mehr und erreicht größere Wirkungen als der junge Nachwuchs. — Die übrigen Darsteller bildeten mit der Gastin ein flottes Ensemble, aus welchem insbesondere die Herren Szika als Schuster Flink, Steinberger als Julius von Nachtfalter und Guthery als Börsenspekulant Stangel⸗ meier durch treffliche Einzelleistungen hervorragten. Das ausverkaufte
aus spendete der Fr. Geistinger reichen Beifall, Blumen und Lorbeerkränze.
m Walhalla⸗Theater ist die erste Aufführung der Operette Du Pie a Sn von F. Zell und R. Genée, Musik von Richard Gense, für Freitag den 8. d. M. in Aussicht genommen; bis dahin bleibt die zugkräftige Operette „Don Cesar“ auf dem Repertoire. Die Proben für die Novität „Die Piraten“ sind in vollem Gange. Die neuen Kostüme wurden nach Zeichnungen des Pariser Malers Lavigerie angefertigt, die neuen Dekorationen von E. Falk gemalt.
Montag, den 4. d. M., Abends 7 ½ Uhr, veranstaltet die Violin⸗ d Frl⸗ 8 rma Senkrah unter Mitwirkung des Pianisten Hrn. Georg Liebling und des Philharmonischen Orchesters ein Con⸗ cert in der Philharmonie.
in dem gewöhnlichen Sinn, wie es deren schon so viele giebt, sondern eine Darstellung der technischen Entwicklung der Kunst von ihrem
——— ——he
naiv derbe Steyrerin verwandelten jungen Schuhmachersfrau. Wer nach