1886 / 246 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 19 Oct 1886 18:00:01 GMT) scan diff

resp. aus den Meister⸗Ateliers, zu Gute kommen, doch sollen hervorragend begabte junge Bildhauer nicht durchaus aus⸗ geschlossen sein (§. 1 des Statuts der Stiftung).

Das Stipendium wird zunächst nur auf ein Jahr be⸗ willigt, darf jedoch auch zwei oder drei Jahre an denselben Bewerber hintereinander oder in Zwischenräumen bewilligt werden und soll in vierteljährlichen Raten pränumerando zur Auszahlung kommen (§. 4 des Statuts).

Bei den Bewerbungen, welche an den Direktor der Hoch⸗ schule für die bildenden Künste zu richten sind, sind folgende Schriftstücke einzureichen:

9) ein vom Bewerber verfaßter kurzer Lebenslauf,

2) amtliche Zeugnisse über den Besuch der akademischen Hochschule für die bildenden Künste oder der akademischen Meister⸗Ateliers und über Führung, Fleiß und

Befähigung des Bewerbers,

3) Studien⸗Arbeiten und besonders Kompositionen, welche über die Befähigung des Bewerbers Aufschluß geben (§. 6 des Statuts).

Die Stipendiaten sind verpflichtet, im Falle sie das Stipendium nicht für ihr Studium auf der akademischen Hochschule für die bildenden Künste zu Berlin oder in den Meister⸗Ateliers verwerthen, über ihren Aufenthalt und ihre Thätigkeit dem Direktor der akademischen Hochschule für die bildenden Künste quartaliter Bericht zu er⸗ statten. Mit Ablauf des zweiten Quartals haben die Stipendiaten eine Studien⸗Arbeit oder eine Kopie nach einem hervorragenden Werke der älteren Kunst oder eine Komposition, über deren Würdigkeit der Vorsitzende des Ku⸗ ratoriums entscheidet, an die Königliche akademische Hochschule für die bildenden Künste als deren Eigenthum einzuliefern (§. 9 des Statuts).

Bei mangelhaftem Fleiß oder schlechter Führung des Stipendiaten kann demselben das Stipendium durch das Ku⸗ ratorium entzogen werden (§. 10 des Statuts).

Das Stipendium beträgt circa 800 Die Verleihung desselben geschieht am 8. Dezember; die Ratenzahlungen er⸗ folgen jeweils am 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Ok⸗ tober gegen Quittungen, welche vorher dem Unterzeichneten zur Bescheinigung vorzulegen sind.

Geeignete Bewerber haben ihre Gesuche mit den in Vor⸗ stehendem geforderten Attesten und Arbeiten bis zum 20. No⸗ vember d. J. an den unterzeichneten Vorsitzenden des Kurato⸗ riums einzureichen.

Berlin, den 15. Oktober 1886.

Der Vorsitzende des Kuratoriums der Dr. Adolf Menzel A. von Werner, Direktor der Königlichen akademischen Hochschule für die bildenden Künste.

Stiftung.

Angekommen: Se. Excellenz der General⸗Direktor der indirekten Steuern, Wirkliche Geheime Rath Hasselbach, aus der Rheinprovinz.

Bekanntmachung.

Nach Borschrtft des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesetz⸗Samml. S. 357) sind bekannt gemacht:

1) die Allerhöchste Konzessions⸗Urkunde vom 24. Mai 1886, be⸗ treffend den Bau und Betrieb schmalspuriger Eisenbahnen von Altena nach Lüdenscheid, von Werdohl nach Augustenthal und von Schalks⸗ mühle nach Halver durch die Kreis Altenaͤer Schmalspur⸗Eisenbahn⸗ gesellschaft, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Arns⸗ berg Nr. 39 S. 341, ausgegeben den 25. September 1886;

2) der Allerhöchste Erlaß vom 16. Juni 1886, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Gemeinden Farschweiler und Herl im Landkreise Trier bezüglich der zur Einrichtung eines neuen Begräbnißplatzes erforderlichen, in der Katastergemeinde Farschweiler gelegenen Grundstücke, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Trier Nr. 36 S. 328, ausgegeben den 10. September 1886;

8 ) der Allerhöchste Erlaß vom 23. Juni 1886, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Stadtgemeinde Saarburg zur Erwerbung des behufs Anlage einer Wasserleitung erforderlichen Grundeigenthums der Gemeinde Kahren, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Trier Nr. 35 S. 317, ausgegeben den 3. September 1886; 1

4) das unterm 25. Juni 1886 Allerhöchst vollzogene Statut für die Entwässerungsgenossenschaft „Lischent“ auf den Bännen Niederstedem, Dockendorf und Wolsfeld im Kreise Bitburg durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Trier Nr. 32 S. 291, ausgegeben den 13. August 1886;

5) der Allerhöchste Erlaß vom 21. Juli 1886, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Gemeinde Alsbach im Unterwesterwald⸗Kreise für die dut Herstenung eines Verbindungsweges mit der Station Grenzau der Westerwaldbahn innerhalb des Ge⸗ meindebezirks Alsbach erforderlichen Grundstücke, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Wiesbaden Nr. 35 S. 315, ausgegeben den 2. September 1886;

M6) der Allerhöchste Erlaß vom 4. August 1886, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an den Landkreis Hannover für die zu dem landstraßenmäßigen Ausbau des Weges von der Hannover⸗ Celler Provinzial⸗Chaussee über Groß⸗Buchholz bis an den Mis⸗ burger Damm in der Gemarkung Groß⸗Buchholz erforderlichen Grundstücke, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Han⸗ nover Nr. 35 S. 359, ausgegeben den 27. August 1886;

7) das unterm 11. August 1886 Allerhöchst vollzogene Statut für die Drainagegenossenschaft zu Lubom im Kreise Ratibor durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Oppeln Nr. 37 S. 257, aus⸗ gegeben den 10. September 1886;

8) das unterm 11. August 1886 Allerhöchst vollzogene Statut für die Bewässerungsgenossenschaft zu Hüttingen im Kreise Bitburg durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Trier Nr. 36 S. 325, ausgegeben den 10. September 1886;

9) der Allerhöchste Erlaß vom 16. August 1886, betreffend die Genehmigung des dritten Nachtrags zu dem Statut des Bremenschen ö en Kreditvereins vom 4. März 1856, durch die Amts⸗

ätter

der Königlichen Regierung zu Stade Nr. 37, S. 481, ausgegeben

den 10. September 1886, der Königlichen Regierung zu Lüneburg Nr. 37 S. 441, aus⸗ gegeben den 10. September 1886;

10) der Allerhöchste Erlaß vom 23. August 1886, betreffend die Anwendung des Enteignungsrechts bei dem von der Staatsbau⸗ verwaltung auszuführenden Bau einer Schiffahrtsstraße von der mittleren Oder nach der Oberspree bei Berlin nebst allem Zubehör, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin Nr. 38 S. 423, ausgegeben den 17. September 1886.

Bekanntmachungen auf Grund des Reichsgesetzes vom 21. Oktober 1878.

Nachdem das unter dem 13. September dieses Jahres auf Grund des §. 1 des Reichsgesetzes gegen die gemeinge⸗

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fährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 erlassene Verbot des „Bezirksvereins der arbei⸗ tenden Bevölkerung des Südwestens Berlins“ endgültig geworden ist, wird das Liquidationsverfahren über ge⸗ nannten Verein eröffnet, und in Gemäßheit des §. 7 genannten Reichsgesetzes zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß zum Liquidator der Königliche Kriminal⸗Kommissar von Raumer, Molkenmarkt 1, Zimmer 18, hierselbst bestellt worden ist.

Hierauf Bezug nehmend, werden Diejenigen, welche dem Verein gegenüber Verbindlichkeiten zu erfüllen oder Ver⸗ mögensobjekte desselben in Gewahrsam haben, oder Forderungen an denselben zu ba vermeinen, hierdurch aufgefordert, ihre Verpflichtungen beziehungsweise Ansprüche binnen 14 Tagen bei dem genannten Liquidator anzumelden. Die innerhalb obiger Frist sich nicht meldenden Gläubiger werden aller etwaigen Vorrechte verlustig erklärt und mit Uhren Fordegangen nur an Dasjenige, was nach Befriedigung der sich meldenden Gläubiger von der Masse noch übrig bleiben sollte, verwiesen werden.

Berlin, den 14. Oktober 1886.

6 Königliches Polizei⸗Präsidium.

8 von Richthofen.

Nachdem das unter dem 1. September d. J. auf Grund des §. 1 des Reichsgesetzes gegen die venzetee ahrt ben Be⸗ strebungen der Sozialdemskratie vom 21. Oktober 1878 er⸗ lassene Verbot des Arbeiter⸗Bezirks⸗Vereins „Südost“ endgültig geworden ist, wird das Liquidationsverfahren über genannten Verein eröffnet, und in Gemäßheit des §. 7 des genannten Reichsgesetzes zur en Kenntniß gebracht, daß zum Liquidator der Königliche Kriminal⸗Kommissar von Raumer, Molkenmarkt Nr. 1, Zimmer 18, hierselbst bestellt worden ist.

Hierauf Bezug nehmend, werden Diejenigen, welche dem Verein gegenüber Verbindlichkeiten zu erfüllen oder Ver⸗ mögensobjekte desselben in Gewahrsam haben, oder Forderungen an denselben zu haben vermeinen, hierdurch aufgefordert, ihre Verpflichtungen beziehungsweise Ansprüche binnen 14 Tagen bei dem genannten Liquidator anzumelden. Die innerhalb obiger Frist sich nicht meldenden Gläubiger werden aller etwaigen Vorrechte verlustig erklärt und mit ihren Forderungen nur an Dasjenige, was nach Befriedigung der sich meldenden Gläubiger von der Masse noch übrig bleiben sollte, verwiesen werden.

Berlin, den 14. Oktober 1886.

Königliches Polizei⸗Präsidium. von Richthofen.

Nachdem das unter dem 13. September d. J. auf Grund des §. 1 des Reichsgesetzes gegen die gemeingefährlichen Be⸗ strebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 er⸗ lassene Verbot des „Bezirks⸗Vereins des werkthäti⸗ gen Volkes der Schönhauser Vorstadt“ endgültig geworden ist, wird das Liquidationsverfahren über genannten Verein eröffnet, und in Gemäßheit des §. 7 genannten Reichs⸗ gesetzes zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß zum Liquidator der Königliche Kriminal⸗Kommissar von Raumer, Molken⸗ markt 1, Zimmer l18, hierselbst bestellt worden ist.

Hierauf Bezug nehmend, werden Diejenigen, welche dem Verein gegenüber Verbindlichkeiten zu erfüllen oder Ver⸗ mögensobjekte desselben in Gewahrsam haben, oder Forderungen an denselben zu haben vermeinen, hierdurch aufgefordert, ihre Verpflichtungen 68G Ansprüche binmnen 14 Tagen bei dem genannten Liquidator anzumelden. Die innerhalb obiger Frist sich nicht meldenden Gläubiger werden aller etwaigen Vorrechte verlustig erklärt und mit ihren Forderungen nur an Dasjenige, was nach Befriedigung der sich meldenden Gläubiger von der Masse noch übrig bleiben sollte, verwiesen werden.

Berlin, den 14. Oktober 1886.

Käünigliches Polizei⸗Präsidium. 8 von Richthofen.

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Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 19. Oktober. Bei Ihren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin fand, wie „W. T. B.“ aus Baden⸗Baden meldet, gestern anläßlich des Geburtstages Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen große Familientafel und Marschallstafel zu 41 Gedecken statt. An der Kaiserlichen Familientafel nahmen Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin, Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog, die Großherzogin, der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin sowie Se. Hoheit der Prinz Ludwig von Baden, ferner der Statthalter in Elsaß⸗Lothringen, Fürst von Hohenlohe, und Fürst Radziwill Theil.

Im Laufe des Vormittags hatten Se. Majestät der Kaiser den Fürsten von Hohenlohe in Audienz empfangen und .“ zum Déjeuner in das Großherzogliche Schloß egeben.

Am Abend fand bei Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin großer Thee statt, zu welchem 25 Personen Ein⸗ ladungen erhalten hatten.

Unter Zahlungseinstellung im Sinne der Reichs⸗ Konkursordnung ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, VI. Civilsenats, vom 9. Juni d. J, eine allgemeine, wenn auch nicht absolute Einstellung der Zahlungen zu verstehen, und sie muß in der Zahlungsunfähigkeit ihren Grund haben.

Der Kaiserliche Botschafter am Königlich großbritanni⸗ schen Hofe, Graf von Hatzfeldt⸗Wildenburg, ist nach London zurückgekehrt und hat die Geschäfte der dortigen Bot⸗ schaft wieder übernommen.

S. M. Kanonenboot „Wolf“, Kommandant Kapitän⸗ Lieutenant Jaeschke, ist am 18. Oktober cr. von Amoy in See gegangen.

Das Schulgeschwader, bestehend aus S. M. Kreuzer⸗ 1. „Stein“ (Flaggschiff), „Moltke“, „Prinz dalbert“ und S. M. Kreuzer⸗Korvette „Sophie“, Ge⸗ schwader⸗Chef Kommodore von Kall, ist am 18. Oktober cr. in

v““ 1 Z“ W1““ Pwymouth eingetroffen und beabsichtigt, am 23. dess. Mts. die Reise fortzusetzen.

S. M. Aviso „Loreley“, Kommandant Kapitän⸗ Lieutenant Draeger, ist am 18. Oktober cr. von Buyukdéré in See gegangen.

Der Dampfer „Salier“ mit der abgelösten Be⸗ satzung S. M. Kreuzer „Albatroß“ ist am 18. Oktober cr. in Suez eingetroffen und beabsichtigt, am 19. Oktober cr. die Heimreise fortzusetzen.

Sigmaringen, 19. Oktober. (W. T. B.) Ihre Majestät die Königin von Sachsen ist zu längerem Aufenthalt hier eingetroffen.

Sachsen. Dresden, 18. Oktober. (Dr. J.) Der König ist mit dem Prinzen Georg gestern Nachmittag nach Sibyllenort gereist.

Die Königin hat sich, nach hier eingegangenen Nach⸗ . heute von Luzern nach Schloß Sigmaringen egeben.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 18. Oktober. (Th. C.) Das Staats⸗Ministerium, Devpartement des Innern, hat in einer Verfügung über das Verweilen von schul⸗ bez. fortbildungsschulpflichtigen jugend⸗ lichen Personen und Kindern bei Tänzen beschlossen, daß Diejenigen, welche fortbildungsschulpflichtige junge Leute zu öffentlichen Tänzen mitbringen oder das Verweilen derselben dort dulden, wenn sie ihrer Aufsicht unterstehen, mit Geldstrafe bis 60 oder mit Haftstrafe bis 14 Tage belegt werden können. Dieselbe Strafe trifft die Besitzer öffentlicher Tanzlokale oder die Veranstalter öffentlicher Tänze, wenn sie das Ver⸗ weilen solcher jungen Leute bei denselben gestatten. Wer überhaupt Kinder zu Tänzen in geschlossenen Räumen mit⸗ bringt, wird mit der nämlichen Strafe belegt, ebenso die Veranstalter von Tänzen in geschlossenen Räumen wie die Besitzer der Lokale, welche die Gegenwart von Kindern dulden.

Sachsen⸗Meiningen⸗Hildburghausen. Meiningen, 18. Oktober. (Th. C.) Der Landtag des Herzogthums ist zur Berathung des Staatshaushalts für die Finanz⸗

periode auf den 30. Oktober einberufen worden.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 17. Oktober. (Wn. Ztg.) Das ungarische Abgeordnetenhaus wird, wie die „Pol. Corr.“ erfährt, gegenwärtig in seiner Thätigkeit eine kurze Pause eintreten lassen. Graf Szapäry wird zwischen dem 25. und 30. d. M. dem Hause das Budget vorlegen. Der Finanz⸗Ausschuß wird sich jedoch mit dem Budget erst nach Beendigung der merito⸗ rischen Arbeiten der Delegation, somit nicht vor Mitte November, befassen. Die Nachricht, daß Graf Szapäry ein neues finanzielles Programm entwickeln werde, ist unrichtig; Graf Szapäry wird die Geleise seiner bisherigen Finanz⸗ politik nicht verlassen und nur größere und strengere Maß⸗ regeln bezüglich der Durchführung der Grundsätze der Sparsamkeit ergreifen.

Frankreich. Paris, 16. Oktober. (Fr. Cr.) Der Gesetzentwurf, betreffend die Verstärkung der Flotte, welchen der Marine-Minister, Admiral Aube, in der Deputirtenkammer eingebracht hat, wird wie folgt begründet: „Der Bau der neuen Schiffe, welche für unsere Flotte unentbehrlich sind, wird zum mindesten 140 Millionen kosten, zu welchen sich noch 60 Millionen für die Betriebsmittel gesellen. Während der letzten 10 Jahre wurden durchschnittlich 30 Millionen jähr⸗ lich für Schiffsbauten bewilligt. Wenn nun die Hllfte dieser Summe für die neuen Bauten bestimmt würde, so könnten die 140 Millionen in 9 Jahren realisirt sein. Wäre es aber klug, eine so weite Frist anzunehmen, wenn es gilt, einer drohenden Gefahr zu begegnen? Die Antwort ist nicht zweifelhaft. Hier ist die Zeit mehr als Geld, denn es han⸗ delt sich um das Höchste, um die Sicherheit des Landes. Sechs große Schiffsbaugesellschaften existiren gegenwärtig in Frankreich, mit denen der Staat gewöhnlich unterhandelt. Diese Gesellschaften haben sich nun verpflichtet, in spätestens 4 Jahren die Bauten herzustellen, welche in der Beilage auf⸗ gezählt sind. Die Zahlung würde in 15 Jahresraten mit Berechnung 4prozentiger Zinsen erfolgen. Danach müßten alljährlich 9 Millionen den gewöhnlichen Krediten entnommen werden, d. i. etwas mehr als die Hälfte der Kredite, welche der Industrie für Neu⸗ bauten, und etwas mehr als ein Viertheil derjenigen, welche der Industrie und den Arsenalen zusammen für Neu⸗ bauten bewilligt sind. Auch müssen wir uns hier noch auf einen anderen Standpunkt stellen, dem das Parlament seine Aufmerksamkeit nicht versagen darf. Durch die heutige Krisis sind auch die großen Schiffswerften in ihrer Existenz bedroht. Die Arbeiten, für welche sie mit großem Kostenaufwand ein⸗ gerichtet wurden, fehlen ihnen fast gänzlich, und ausgezeichnete Arbeiter, welche 6 bis 8 Fr. täglich verdienen, mußten um die Hälfte, ja um drei Viertheile in ihrem Lohn herabgesetzt wer den. Es ist um so mehr unsere Pflicht, ihnen beizustehen, 86 sie eines der wesentlichen Elemente unserer Seemacht bilden.“

Der Heeresausschuß setzte gestern die Vorberathung des Rekrutirungsgesetzes fort und genehmigte den Vor⸗ schlag des Ministers, den Zöglingen der Polytechnischen Schule und der Forstakademie ihr bisheriges Vorrecht zu lassen, den Militärdienst in den beiden Anstalten abzumachen, welche sie mit dem Offizierspatent verlassen. Dagegen lehnte der Aus⸗ schuß mit 14 gegen 4 Stimmen den Vorschlag ab, dieses Vor⸗ recht auch auf das Oberlehrerseminar (Ecole normale supé- rieure), die Ecole des chartes und die Schule der lebenden morgenländischen Sprachen auszudehnen. Die Hörer dieser drei Anstalten sind also in Bezug auf ihren Militär⸗ dienst den sonstigen Studirenden gleichgestellt. Das bisherige Militärmaß von 154 cm wurde für den aktiven Dienst festgehalten, doch sollen kleinere Rekruten in den Hülfs⸗ dienstzweigen verwendet werden. Apotheker erster Klasse und wissenschaftlich ausgebildete Thierärzte werden den Doktoren der Medizin gleichgestellt und sollen also wie diese bei einem Truppenkörper oder in einem Spital eine einjährige Dienst⸗ zeit abmachen und dann als Reserveärzte, beziehungsweise Apotheker oder ⸗Thierärzte entlassen werden können. Die Zahl der jungen Leute aber, welche diese Vergünstigung ge⸗ nießen, soll jährlich vom Kriegs⸗Minister festgesetzt werden.

Der vom Handels⸗Minister Lockroy in der Kammer eingebrachte Gesetzentwurf über den Verkauf von Erzeugnissen von ausländischem Ursprunge schreibt vor, daß jeder Verkäufer den Ursprung der Waaren angeben

die Kaiserin

v1““ 11141A“ ZIIööö“ soll, und belegt mit 1000 bis 5000 Fr. Geld⸗ und Gefängnißstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren oder bloß mit einer dieser trafen 1) alle diejenigen, die entweder Artikel, welche im Auslande hergestellt wurden oder welche von dort kommen, mit Umhüllungen, Bändern oder Etiquetten versehen, die den Glauben erwecken können, daß sie in Frankreich er⸗ zeugt seien oder von hier herstammen; 2) diejenigen, welche zu demselben Zweck Kunstgriffe oder Kombinationen anwenden; 3) diejenigen, welche wissentlich Erzeugnisse dieser Art ausstellen, einführen oder verkaufen; 4) diejenigen, welche in dem Falle, daß die Handelsartikel in einer Stadt des Aus⸗ landes fabrizirt werden, welche den gleichen Namen mit einem französischen Orte hat, unterlassen, die Nationalität des Ursprungs anzugeben. Rückfälle werden mit der doppelten Strafe belegt. Uebertretern des Gesetzes kann das Recht entzogen werden, sich an den Wahlen zum Handelsgericht und zur Handelskammer zu betheiligen.

17. Oktober. (Köln. Ztg.) Der neue, von dem Ausschuß genehmigte Plan Wilson's zur Herstellung des Gleichgewichts im Budget ist folgender: 10 Mil⸗ lionen Mehreinnahme durch Erhöhung des Eingangszolles auf fremdes Getreide, 29 Millionen Mehreinnahme durch Besteue⸗

(rung des Nachlasses, der ein Testament erfordert, 16 Millionen

Verwaltungsersparnisse, 30 Millionen Ersparnisse durch Herab⸗ sezung des Tilgungsbestandes, 15 Millionen Mehreinnahme durch Einführung einer Einkommensteuer, die Proz. auf das Einkom⸗ men von 3000 Fr. an betragen soll; die neue Steuer soll vom 1. Juli 1887 ab in Wirkung treten. Die Umwandlung der Rente ist vorläufig vertagt worden. Aus Hanoi, vom heutigen Tage, wird telegraphisch gemeldet: „Die Kom⸗ mission zur Bestimmung der Grenze gegen Yünnan itt nach Hanoi zurückgekehrt, da die Grenzbestimmung auf der Seite von Laokai beendigt ist. Die Kommission zur Grenz⸗ bestimmung gegen Kuang⸗si wird ihre Arbeiten unverzüglich beginnen. Der sehr strenge neue Zolltarif tritt am 1. No⸗ vember in Kraft.“

18. Oktober. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer interpellirte Maret wegen der Vorgänge in Vierzon und tadelte die Haltung der Behörden bei denselben. Andere Redner von der radikalen Partei äußerten sich in demselben Sinne. Der Minister des Innern, Sarrien, rechtsertigte das Verhalten der Regierung, die sich darauf beschränkt habe, die Ordnung auf⸗ rechtzuhalten und die Freiheit der Arbeit sicher zu stellen. Die Radikalen beantragten darauf, das Bedauern der Kammer über die Anwendung von Gewalt in Vierzon aus⸗ zusprechen. Ein Gegenantrag von Proal verlangte ein Vertrauensvotum für die Regierung. Die Kammer nahm, obgleich der Minister Sarrien sich dagegen erklärte, nur die einfache Tagesordnung an. Sarrien verlies darauf den Saal, indem er mittheilte, daß er seine Entlassung nehmen werde.

18. Oktober, Abends. (W. T. B.) Der Minister des Innern, Sarrien, hat sich bereit finden lassen, seine Demission zunächst noch zu verschieben, da viele Deputirte erklärten, daß bei der heutigen Abstimmung der Kammer ein Mißverständniß obgewaltet habe.

Italien. Rom, 18. Oktober. (W. T. B.) Die Königliche Familie sandte Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen die herzlichsten Glückwünsche zum Geburtsfest. Bei dem deutschen Botschafter von Keudell fand aus diesem Anlaß heute ein Diner statt, an welchem auch Se. Königliche Hoheit der Prinz Alexander von Preußen theilnahm.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 19. Oktober. ( T. B.) Das in Simbirsk garnisonirende Kaluga'sche Infanterie⸗-Regiment hatte aus An⸗ laß des gestrigen 25. Jahrestages der Krönung Sr. Majestät des Königs Wilhelm einen Fest⸗ ottesdienst veranstaltet und an Se. Majestät den aiser als Chef des Regiments, sowie an Ihre Majestät eine Glückwunsch-Depesche abgesandt. Dem Commandeur des Regiments, Obersten Korsakoff, ist hierauf folgende telegraphische Antwort zugegangen:

Ich bin Ihnen und Meinem braven Regiment für das Ge⸗ dächtniß Meines 25jährigen Krönungstages sehr dankbar. Wollen Sie diesen Meinen Dank persönlich aussprechen. Die Kaiserin und Königin schließt Ihren Dank dem Meinigen an.

Wilhelm, Feldmarschall und Chef.

Zeitungsstimmen.

Das „Deutsche Tageblatt“ schreibt in einem zweiten

Artikel über die Angriffe auf die deutsche Schutzzollpolitik:

Die Klagen, welche jetzt in den Handelskammerberichten über die shascte Lage des Handels und der Industrie geführt werden, unter⸗ tützen die Ansichten der Freihändler, daß Schutzzölle schädlich wirken, durchaus nicht. Zunächst haben viele von denjenigen Handelskammern, welche heute in das allgemeine Klagelied mit einstimmen, in früheren Berichten ausdrücklich die günstige Wirkung der Schutzzölle auf die Entwickelung unserer Industrie und des Arbeitsverdienstes selbst an⸗ erkannt. Diese Anerkennung geschieht auch heute noch in Bezug auf die neuesten Zollerhöhungen. So lesen wir in dem Jahresbericht der

andelskammer zu Trier (S. 17) in Bezug auf die Entwickelung der chaumweinfabrikation nach Einführung des höheren Zolls: M„Abgesehen von der allgemeinen Kalamität, die fast auf den meisten Geschäften lastet, verdankt die Schaumweinfabrikation dem erhöhten Schutzzoll auf diese Artikel einen wesentlichen Aufschwung. hie Konsumtion insbesondere der billigen Marken, bei welchen der Eingangszoll dem Kaufpreise fast gleichkommt, ist hierdurch genöthigt worden, mehr wie bisher sich von den ausländischen Fabrikaten abzuwenden. ls eine weitere Folge des Schutzzolles ist zu erwähnen, daß viele deutsche Fabriken sich in größerem Maße auf die Verarbeitung französischer Champagnerweine verlegt haben, indem sie aus Lagen er Champagne gezogene Weine faßweise hierher beziehen.“ Nun sind wir aber auch keineswegs geneigt, den allgemeinen Klagen der Handelskammern in ihrem ganzen Umfange uns anzu⸗ chließen. Der Geschäftsmann wird sich selten bewogen finden, offen auszusprechen, daß er gute Geschäfte gemacht hat.

Wenn er sagt: & g 61 8 2 2 „Ich bin zufrieden“, dann kann man sicher annehmen, daß sein Ge⸗ schäft sehr gut geht. Das Urtheil, ob die Geschäfte gut oder schlecht gangen. konstruirt sich die Handelskammer aus den Berichten und raaben der Interessenten, die sich im Einzelfalle schon sehr oft als unzu⸗ verlässig erwiesen haben, ebenso unzuverlässig, wie bei der Steuerveran⸗ agung die Selbsteinschätznung. Dem Fabrikanten selbst fehlt es oft an dem richtigen Maßstab, um die Lage seines Geschäfts treffend zu eurtheilen. Viele Industrielle und das ist eine in den Handels⸗ ammerberichten häufig wiederkehrende Klage lassen sich gar nicht herbei, ihrer Handelskammer Berichte über die Lage ihres Geschäfts einureichen. Und wir glauben sicher zu gehen, wenn wir annehmen, diejenigen, deren Geschäfte am besten gehen,

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sich am wenigsten

8 8 ““ 2* 8 2„ . 8 geneigt finden, sich darüber offen auszusprechen, und daß diejenigen, welche schlechtere Geschäfte gemacht haben, gern klagen und dann —2 wohl die Zollpolitik für diese schlechten Geschäfte verantwortlich machen.

Wir geben aber auch gern zu, daß im Laufe der verschiedene Etablissements schlechte Geschäfte machen, aber ebenso gewiß ist es, daß wiederum andere Geschäfte und zwar in derselben Branche fort⸗ gesetzt über den Aufschwung ihres Geschäfts zu berichten haben. Inter den vielen uns zu Gebote stehenden, aus den Handelskammerberichten selbst geschöpften Beispielen wollen wir nur eins der eklatantesten hier anführen. Fast allgemein begegnen wir in den Handelskammer⸗ berichten Klagen über das Darniederliegen der Tabackbranche. Da⸗ gegen wird von einem der bedeutendsten Geschäfte berichtet, daß im Laufe des Jahres 1885 die Zahl ihrer Geschäftsfilialen wiederum, und zwar von 19 auf 24, und in Folge dessen ihr Handlungs⸗ und abrik⸗ personal in Berlin und in den Provinzen von 832 auf 939. gestiegen sei. Daß die Klagen über das Darniederliegen des Taback⸗ geschäfts in Folge des verminderten Konsums, welcher der höhe⸗ ren Belastung des Tabacks zugeschrieben wird, zum Theil weit übertriebene sind, erhellt auch daraus, daß es bisher unmöglich war, auf Grund der ein⸗ und ausgeführten, sowie der im Inlande produ⸗ zirten Tabackmengen einen Minderkonsum in den Jahren nach Ein⸗ führung des Tabacksteuergesetzes zu konstatiren. Die Sache liegt viel⸗ mehr so, daß noch fortgesetzt neue Geschäfte entstehen, welche den älteren Konkurrenz machen und die Preise drücken. Das aber hat mit unserer Schutzzollpolitik nicht das mindeste zu thun.

In den Handelskammerberichten wird vieles in den Wind ge⸗ sprochen und behauptet. So z. B. wird aus den meisten Handels⸗ kammerbezirken, in denen Taback gebaut wird, von den Taback bauenden Interessenten behauptet, daß der Tabackbau zurückgehe und daß dieses eine Folge des Mißverhältnisses zwischen der inländischen Steuer und dem Tabackzoll sei. Erstere sei gegenüber dem letzteren zu hoch, und wende sich daher der Konsum immer mehr den besseren ausländischen Sorten zu. In dem Bericht der Aeltesten der Berliner Kaufmann⸗ schaft für 1885 wird das Gegentheil behauptet.

Im Einzelfalle dürfte es wohl oft schwer fallen nachzuweisen, daß der geringe Verdienst, den ein Geschäftszweig abwirft, die direkte Folge unserer Schutzzölle ist.

Die Klagen fast aller Handelskammern richten sich auf den Rück⸗ gang der Preise, verminderten Absatz, vermehrte Konkurrenz, Ueber⸗ produktion, plötzliches Fallen der Preise für die Rohprodukte.

Nun ist es wohl noch Jedermann bekannt, daß auch in der Aera des Freihandels die Geschäftsleute über vermehrte Konkurrenz und Ueberproduktion Klage führten und daß daher diese Momente nicht als eine nachtheilige Wirkung unserer Schutzzölle aufgefaßt werden können.

Was das Herabgehen der Preise sowohl für fertige Fabrikate wie für Rohprodukte anlangt, so muß zunächst daran erinnert werden, daß die Freihändler allen wirthschaftlichen Segen in den niedrigen Preisen finden und daß sie die Schutzzollpolitik der deutschen Regierung besonders deshalb bekämpften, weil sie meinten, die Konsumartikel würden da⸗ durch wesentlich vertheuert werden. Trotz des Bestehens der Schutz⸗ zölle wird jetzt von der Geschäftswelt über niedrige Preise und ver⸗ minderten Verdienst geklagt. Man sieht, daß niedrige Preise auch in einem Lande, welches Schutzzollpolitik treibt, sehr wohl zu erzielen sind, und zwar erklärt sich dieses durch einen ganz einfachen wirth⸗ schaftlichen Vorgang. Der Schutzzoll verspricht dem Produzenten, dessen Produkte geschützt werden, einen momentanen Gewinn, infolge dessen erhöht er seine Produktion. Die erhöhte Produktion bedingt ein größeres Angebot, und dieses drückt wiederum auf die Preise. Aus zahlreichen Vorgängen unseres wirthschaftlichen Lebens der neuesten Zeit läßt sich dieser Gang der Dinge ersehen. Sobald auf die Einfuhr von Schweinen ein Zoll gelegt wurde und die Zufuhr von Schweinen theilweise verboten war, legten sich die deutschen Landwirthe sofort mehr auf Schweinezucht, so daß innerhalb eines Jahres schon der inländische Bedarf an Schweinefleisch von den deutschen Schweinezüchtern gedeckt werden konnte. Jetzt ist das An⸗ gebot bereits so groß, daß die Schweine so billig sind, wie seit vielen Jahren nicht. Ganz ähnlich steht es mit anderen Produkten der Landwirthschaft, mit Butter, Käse, Getreide ꝛc. Der Konsument freilich merkt von diesem ungeheuren Rückgang der Preise noch sehr wenig, weil die Detailhändler ihre bisherigen Preise festhalten.

Wir sehen somit, daß die niedrigen Preise von den Frei⸗ händlern wenigstens nicht als ein Argument gegen die Schutzzoll⸗ politik angeführt werden können.

Was nun den verminderten Absatz anlangt, über den die Ge⸗ schäftsleute klagen, so läßt sich derselbe aus mehreren Ursachen erklären. Zunächst ist es bekannt, daß die deutsche landwirthschaftliche Bevölkerung durch anhaltend niedrige Preise der landwirthschaftlichen Produkte nicht mehr die Kaufkraft von früher besitzt. Ferner ist manchem unserer Fabrikanten im Auslande der Markt durch Schutz⸗ zölle verschlossen worden, welcher sich nun genöthigt sieht, seine Waarenlager auf den inländischen Markt zu werfen; infolge dessen haben dann natürlich andere Geschäfte geringeren Absatz. Auch ist nun noch in Betracht zu ziehen, daß vielfach der verminderte Absatz einzelner Geschäftszweige sich auf eine in den letzteren Jahren vollzogene Veränderung im Geschäftsleben zurückführen laͤßt. Die Zwischengeschäfte werden heute vielfach umgangen. Der Fabrikant sucht seine Waare unmittelbar bei dem Konsumenten abzusetzen. Diese Geschäftspraris ist für beide Theile gewinnbringend und läßt sich bei dem heutigen Stande unserer Verkehrsverhältnisse sehr wohl aus⸗ führen. Es ist dann aber klar, daß die Zwischenhändler geringeren Absatz finden und darüber Klage führen, und daß der Konsument ihnen nicht mehr die bisher üblichen höheren Preise zahlen will.

Die Geschäftsleute, Fabrikanten und Kaufleute tragen aber selbst ein Uebriges dazu bei, um die Preise herabzudrücken.“Seit etwa zehn Jahren hat im Geschäftsleben mehr und mehr der Grundsatz Eingang gefunden: Geringer Gewinn, vermehrter Umsatz. So lange nur einige Geschäftsleute nach diesem Grundsatz ihre Geschäfte betreiben, werden sie sicher reichlichen Verdienst finden, sobald aber Jeder hier⸗ nach handelt, entsteht ein Geschäftskampf auf Leben und Tod. Ein Jeder sucht den Andern zu unterbieten. Dieser Konkurrenzkampf führt aber auch dazu, daß alte Geschäfte, welche diese neue Geschäftspraxis verschmähen und in gewohnter Weise weiter wirthschaften, schließlich zu Grunde gehen, während andere neben ihnen sich emporarbeiten.

Amtliche Nachrichten des Reichs⸗Versicherungs⸗ amts. Nr. 20. Inhalt: Amtlicher Theil. Gefahrentarif der Rheinisch⸗Westfälischen Hütten⸗ und Walzwerks⸗Berufsgenossenschaft. Gefahrentarif der Südwestdeutschen Holz⸗Berufsgenossenschaft. Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik. Zusammenstellung der bis zu dem 1. Oktober 1886 bei dem Reichs⸗ Versicherungsamt bekannt gewordenen Veränderungen zu der in Nr. 25 der „Amtlichen Nachrichten des R. V. A.“ 1885 S. 291 ff. und in Nr. 8 und 18 der „Amtlichen Nachrichten des R. V. A.“ 1886 S. 52 und 147 ff. veröffentlichten Nachweisung der Namen, Sitze und Bezirke der Be⸗ rufsgenossenschaften der Sektionen und der Schiedsgerichte ꝛc. Nachträge zu dem „Alphabetischen Verzeichniß der Gewerbszweige, welche zu den gegenwärtig bestehenden 62 Berufsgenossenschaften ge⸗ hören.“ Bescheide und Beschlüsse.

Reichstags⸗Angelegenheiten. 1 1 Sonderburg, 19. Oktober. (W. T. B.) Amtliches Re⸗

sultat der Reichstagswahl im Wahlkreise Sonder⸗ burg⸗Hadersleben: Abgegeben wurden 10 790 Stimmen; davon erhielt Johannsen (Däne) 7810, der Kandidat der Deutschen, Bachmann (nat.⸗lib.) 2967 Stimmen.

Statistische Nachrichten.

Der „Zeitschrift des Königlich bayerischen Sta⸗ tistischen Bureaus“ (Achtzehnter Jahrgang 1886, Nr. 1) ent⸗ nehmen wir über die Morbidität in den Heilanstalten Baverns während des Jahres 1884 folgende Daten: Zunächst be⸗ züglich der öffentlichen Krankenhäuser des Königreichs im Berichts⸗ jahr 1884 wird mitgetheilt, daß die Zahl der Anstalten sich im Ganzen auf 387 beläuft; in denselben sind aufgestellt 11 151 Betten. Die Zahl der Verpflegungstage im Jahre 1884 betrug in sämmt⸗ lichen Anstalten für erkrankte männliche Personen 863 673, für er⸗ krankte weibliche Personen 644 561, mithin ergiebt sich eine Summe von 1 508 234. Die Zahl der im Jahre 1884 verpflegten kranken Personen wies am 1. Januar 1884 einen Bestand auf von 2288 männlichen und 1670 weiblichen, zusammen also 3958. Der Zugang während des Jahres stellte sich auf 51 640 männliche und 31 992 weibliche, zusammen also 83 632 Personen. Der Abgang verpflegter kranker Personen während des Jah⸗ res überhaupt stellt sich auf 51 652 männliche und 31 963 weibliche Personen, in Summa also 83 615 Personen. Davon sind durch Tod abgegangen 2313 männliche und 1309 weib⸗ liche, insgesammt also 3622 Personen. Auf einen Kranken treffen durchschnittlich 16 für die männlichen, 19,1 für die weiblichen Per⸗ sonen.

Ueber die Privat⸗Krankenanstalten des Königreichs entnehmen wir für das Berichtsjahr 1884 folgende Mittheilungen: Die Zahl der Anstalten belief sich auf 17, in denselben standen 567 Betten zur Verfügung. Die Zahl der Verpflegungstage im Jahre 1884 belief sich für ker⸗ krankte männliche Personen auf 45 121, für erkrankte weibliche Per⸗ sonen auf 39 889, zusammen also auf die Summe von 85 010. Die Zahl der im Jahre 1884 verpflegten kranken Personen weist folgende Daten auf: Es betrug der Bestand am 1. Januar 1884 an männ⸗ lichen Kranken 110, an weiblichen 92, erreichte also die Höhe von zusammen 202 Personen. Der Zugang während des Jahres stellt sich für die männlichen Kranken auf 1538, für di weiblichen auf 1153, erreichte also die Höhe von 2691 Personen. Abgang verpflegter kranker Personen während des Berichtsjahres überhaupt stellt sich demnach folgendermaßen: für die männlichen Kranken auf 1543, für die weiblichen 1155, für beide Geschlechter zusammen also auf 2698. Davon sind durch Tod abgegangen 124 Männer und 115 Weiber, zusammen also 239 Personen. Auf einen Kranken treffen durchschnittlich an Verpflegungstagen: 27,4 für die männlichen, und 32 für die weiblichen.

Ueber die Krankenabtheilungen der Zuchthäuser und Gefangen⸗ anstalten des Königreichs im Berichtsjahre 1884 entnehmen wir dem Hefte folgende Mittheilungen: Die Zahl der Anstalten betrug im Berichtsjahre 18, in denselben standen 614 Betten zur Verfügung. Die Zahl der Verpflegungstage erreichte die Gesammtsumme von 109 252, und zwar kommen davon auf männliche Kranke 88 148, auf weib⸗ liche Personen 21 104. Die Zahl der im Jahre 1884 verpflegten kranken Personen wies am 1. Januar 1884 einen Bestand von zusammen 288 Personen auf, worunter 53 weibliche und 235 männliche waren. Der Zugang während des Berichtsiahres erreichte eine Höhe von zu⸗ sammen 5344 Personen, wovon 3970 dem männlichen und 1374 dem weiblichen Geschlecht angehörten. Der Abgang verpflegter kranker Personen während des Jahres 1884 überhaupt stellt sich folgender⸗ maßen: Es gingen ab an männlichen Kranken 3970, an weiblichen 1379, zusammen 5349; davon sind durch den Tod abgegangen zusammen 278, und zwar 219 männliche und 59 weibliche Personen. Auf einen Kranken treffen durchschnittlich an Verpflegungstagen: 20,9 auf die männlichen, 14,8 auf die weiblichen.

Ueber die Frequenz in den Irrenanstalten in Bayern im Laufe des Jahres 1884 entnehmen wir dem Bericht folgende Zahlen: Die Zahl der Betten in den 14 Anstalten des ganzen Königreichs belief sich auf 3733. Die Zahl der Verpflegungstage erreichte die Höhe von 688 464 für die männlichen und 646 458 für die weiblichen Personen, in Summa also 1 334 922. Die Zahl der verpflegten Irren betrug am 1. Januar des Berichtsjahres zusammen 3578, davon kamen auf das männliche Geschlecht 1850, auf das weibliche 1728. Der Zugang im Berichtsjahre beläuft sich insgesammt auf 1524, wovon auf das männliche Geschlecht 807 Personen, auf das weibliche 717 entfallen. Der Abgang im Jahre 1884 betrug 1461, und zwar waren darunter 793 männliche und 668 weibliche Personen. Davon sind durch Tod abgegangen 219 Männer und 138 Weiber, zu⸗ sammen also 357 Personen. Die Erblichkeit wurde nachgewiesen bei Bestand und Zugang im Ganzen bei 2216 Personen, wovon 1168 männliche und 1048 weibliche waren.

Was die Frequenz der Entbindungsanstalten in Bavern im Laufe des Jahres 1884 angeht, so giebt das Heft darüber folgende Auf⸗ schlüsse: Die Zahl der Betten oder Plätze in den fünf Entbindungs⸗ anstalten zu München, Regensburg, Bamberg, Erlangen und Würz⸗ burg belief sich auf 339. Die Zahl der im Jahre 1884 Entbundenen überhaupt beläuft sich auf 1690. Davon erkrankten am Kindbettfieber 44 und gestorben sind davon 6. Die Zahl der im Jahre 1884 mittelst geburtshülflicher Operation Entbundenen belief sich auf 163, davon sind 6 gestorben. Die Zahl der im Jahre 1884 Neu⸗ geborenen betrug 1697, davon waren 915 männlichen, 782 weiblichen Geschlechts. Davon sind todt geboren worden: 51 männliche und 46 weibliche Kinder, zusammen also 97. Davon gestorben sind 40 männlichen und 21 weiblichen Geschlechts, zusammen 61.

Ueber die Frequenz in den Augenheilanstalten in Bavern im Laufe des Jahres 1884 giebt uns der Bericht folgende Au schlüsse: die Zahl der Augenheilanstalten des ganzen Königreichs beläuft sich auf 14. Dieselben verfügen insgesammt über 279 Betten oder Plätze. Die Zahl der Verpflegungstage beläuft sich im Ganzen auf 60 237, wovon auf die Männer 31 025, auf die Frauen 29 212 entfallen. Ueber die Zahl der verpflegten Personen erfahren wir Fol⸗ gendes: Der Bestand am 1. Januar 1884 erreichte die Höhe von 124 wovon 61 auf die Männer, 63 auf die Weiber entfallen. Der Z gang im Jahre 1884 belief sich auf 3469, und zwar 1826 Männer und 1643 Weiber. Der Abgang im Jahre 1884 erreichte eine Höhe von zusammen 3438, und zwar entfallen davon 1800 auf die Männer und 1638 auf die Weiber.

Viehzählung in der Schweiz. Am 21. April 1886 hat in der Schweiz eine allgemeine Viehzählung stattgefunden, deren vorläufige Ergebnisse kürzlich in der „Zeitschrift für Schweizerische Statistik“ (22. Jahrgang, 1. Quartalheft) veröffentlicht wurden. W stellen die wichtigsten Zahlen mit den definitiven Angaben von 1876 im Folgenden zusammen. Es betrug 8

die Zahl v Zu⸗(+) bezw.

die Za 3 8 8 Abnahme (—) der Viehbesitzer 289 610 + 5132

Pferde .. 98 333 100 935 2 602

Maulthiere I1“ 494

Esel. 2 042 21“

Rinder 1 211 713 1 035 930 + 175 783

Schafe. 25 917 Bienenstöcke . . . . 207 180 177 825 + 29 355

Nur bei den Pferden, Maulthieren und Eseln ist eine geringe und bei den Schafen eine beträchtlichere Abnahme zu verzeichnen; alle übrigen Nutzvieharten (einschließlich der Bienenstöcke) haben sich zum Theil bedeutend vermehrt, z. B. die Rinder um 17,0, die Schweine um 17,9, die Ziegen um 5,0 und die Bienenstöcke um 16,5 %, wäh rend die Zahl der Viehbesitzer nur um 1,8 % zugenommen hat. Unter den Viehbesitzern waren nur 35 274 oder 12,2 % ohne Landwirth schaftsbetrieb.

Den kürzlich veröffentlichten Berichten der schottischen und irischen Gefängnißbehörden entnimmt die Londone „Allg. Corr.“ die folgenden Daten: Schottland hat 25 Gefäng nisse, von denen jedes durchschnittlich 2379 Insassen zählt Irland hat 38 Gefängnisse, jedes mit 3424 Insassen durchschnitt lich. Jeder Sträfling kostet in Schottland durchschnittlich 25 £ 9 sh. 7 d., in Irland 37 £ 1 sh. 8 d. Am meisten kosten die Ge⸗

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