wurde bejaht; es solle eine feste Gebühr erhoben werden;
außerdem wurde beschlossen, daß bei dieser Art von Klagen,
sowohl vom Inländer wie auch vom Ausländer, fakultativ ein
entsprechender Kostenvorschuß erhoben werden könne.
8 Die bezüglich beider Sätze einstimmig mit Ja beantwortete Frage 16 lautet:
“ Soll beim Erlöschen eines Patents in Folge unterlassener Ge⸗ bührenzahlung eine Nachfrist gewährt werden, innerhalb deren gegen Zahlung einer Strafgebühr die Wirkung des Erlöschens wieder auf⸗ gehoben werden kann? Ist es, namentlich im Falle der Bejahung vorstehender Frage, unbedenklich, die Frist zur Zahlung der Patent⸗ gebühren abzukürzen)?)
Frage 17: 8 b Empfiehlt es sich, die Vorausbezahlung der Jahresgebühren für mehrere Jahre zuzulassen, mit der Maßgabe, daß eine Rück⸗ vbhasg, üct stattfindet, auch wenn das Patent früher sein Ende errei
wurde mit der Maßgabe bejaht, daß eine Rückzahlung dann
stattfinden soll, wenn der Patent⸗Inhaber auf sein Patent
verzichten will. .
Frage 18 und 19 wurde mit Frage 22 vereinigt; Frage 20,
welche lautet: 1
Sind auch die nicht wissentlich, aber aus Fahrlässigkeit be⸗ gangenen Patentverletzungen unter Strafe zu stellen? wurde verneint, zugleich aber beschlossen, die civilrechtliche Ver⸗ folgung bezüglich der Fahrlässigkeit auszudehnen. 1 In der letzten Sitzung am Sonnabend wurde zunächst über Frage 21 verhandelt, welche lautet: Ist die Ertheilung von Patenten an Ausländer von der Vor⸗ aussetzung abhängig zu machen, daß in dem Staat, welchem sie an⸗ gehören, auch dem Inländer Patentschutz gewährt wird? Oder soll Patentschutz für Ausländer wenigstens an die Voraussetzung ge⸗ knüpft sein, daß die Angehörigen des Deutschen Reichs in dem be⸗ rreffenden Staat hinsichtlich des Patentschutzes die Rechte der Meist⸗ begünstigten genießen? 1 1 Die Versammlung entschied sich dafür, daß das Patent⸗ :8 8. mehr die Befugniß haben solle, Obergutachten ab⸗ zugeben. Auf Anregung des Kommissionsmitgliedes Kommerzien⸗
Raths Langen aus Köln hatte die große Majorität der
Sachverständigen am 25. d. M. zu längerer Berathung
sich in einer Abendsitzung vereinigt. In dieser Sitzung
entwickelte Hr. Langen seine Ansichten über die unter Frage 22: „Haben andere Bestimmungen des Gesetzes erhebliche Uebelstände zur Folge gehabt?“ zu stellenden Wünsche,
namentlich bezüglich der Reform des Patentamts. Nach 6.
und sehr eingehender Berathung hatte man sich in dieser
Sitzung bezüglich der aufgeworfenen Frage geeinigt, und so
wurden denn in der heutigen Schlußsitzung der Enquete⸗ Kommission folgende Vorschläge einstimmig angenommen:
1 I. Patentbehörden. 2 1) Für die Entscheidungen, welche wegen beantragter Richtigkeit oder Zurücknahme eines Patents, wegen beanspruchter Uebertragung eines Patents (Frage 4 der Sech und bei Streitigkeiten über die im Ertheilungsverfahren ausgesprochene Abhängigkeit eines Patents zu treffen sind, ist ein Patentgerichtshof zu bilden, welcher in zwei Instanzen, vorbehaltlich der Revision an das Reichsgericht, erkennt.
2) Der Patentgerichtshof soll mit Mittliedern, welche die Befähigung zum Richteramt besitzen müssen, und mit. Mit⸗
liedern, welche in einem Zweige der Technik erfahren sein müssen, hesetzt werden. Der Präsident des Patentgerichtshofs muß die Be⸗ fähigung zum Richterdienst besitzen. Die Mitglieder werden auf Lebenszeit ernannt. .
3) In dem Civilverfahren und im Strafverfahren wegen Patent⸗ verletzung ist die Sache zur Vorentscheidung darüber, ob in den relevanten Thatsachen objektiv eine Patentverletzung liege, aus dem bei dem ordentlichen Richter anhängigen Verfahren an den Patent⸗ gerichtshof zu verweisen, wenn dies beide Theile beantragen, oder weün, 8 das Gericht von Amtswegen oder auf Antrag eines Theils eschlie
4) Wegen gänzlicher oder theilweiser Versagung eines Patents findet eine Oberbeschwerde an den Patentgerichtshof statt, über welche ohne Palefsung eines weiteren Rechtsmittels nach vorgängiger münd⸗ licher Verhandlung zu entscheiden ist.
5) Das Patentamt soll vorzugsweise mit ständigen Mitgliedern Seh werden, welche ihr Amt als Hauptamt (auf Lebenszeit) ekleiden.
6) Beim Patentamt soll eine besondere Abtheilung für Be⸗ handlung der Beschwerden gebildet werden. Derselben sollen Mit⸗ glieder der Ertheilungsabtheilung nicht angehören.
II. Verfahren.
1) Für das Verfahren vor dem Patentamt soll in der Be⸗ schwerdeinstanz die fakultative Mündlichkeit mit der Maßgabe gelten, daß das Patentamt von Amtswegen die mündliche Verhandlung an⸗ ordnen, oder jede der betheiligten Parteien dieselbe beantragen kann. Für das Verfahren vor dem Patentgerichtshof gilt die Mündlichkeit.
12) Alle von den Patentbehörden erlassenen Beschlüsse und Ent⸗ scheidungen müssen mit Gründen versehen sein.
.3) In, der Beschwerdeinstanz ergehende Entscheidungen (Be⸗ schlüsse) sollen nur auf neues Vorbringen der Parteien, nicht von deh ege auf neue Gründe (thatsächliche Begründungen) gestützt werden.
III. Patent⸗Beschreibung und Patent⸗Anspruch.
Der Patentsucher soll verpflichtet sein, die Erfindung in ihrem wahren Inhalte und ganzen Umfange zu beschreiben und dem ent⸗ sprechend den Antrag zu formuliren.
Eine wissentliche Verschleierung in der Darstellung der Erfindung soll als Nichtigkeitsgrund gelten.
IV. Einspruchsrecht und Nichtigkeitsklage. „Der Einspruch und die Nichtigkeitsklage sollen auf alle Requisite für die Ertheilung des Patents gestützt werden können. 1 V. Patentanwalte (Patentagenten). „Eine gesetzlich (bezw. im Wege des Regulativs) geordnete Organi⸗ sation des Patentanwaltstandes ist erwünscht. 8
„Endlich beschloß man noch: jeder Patentinhaber solle ver⸗ pflichtet werden, den patentirten Gegenstand, resp. dessen Ver⸗ packung mit der Bezeichnung „Patent“ und mit der Nummer des Patents zu versehen; ferner einigte man sich darüber, daß die b über Verbot des Nachdrucks nicht Anwendung 1 solen auf Patentgesuche, welche das Patentamt aus⸗ gelegt habe.
„Der Vorsitzende, Präsident Dr. Stüve, dankte den Mit⸗ gliedern der Kommission für ihren Eifer und für den Ernst, mit welchem die Arbeiten so elrumg erledigt worden seien,
0
und sprach die zuversichtliche Hoffnung aus, daß die Arbeiten der Enquete⸗Kommission zum Wohl der Gewerbe und der In⸗ dustrie des Vaterlandes gereichen würden.
„Namens der Sachverständigen dankte der Geheime Kom⸗ — Oechelhaeuser dem Präsidenten und den Kom⸗ missionsmitgliedern für die sachliche und unparteiische Leitung der Verhandlungen, welchem Dank die Sachverständigen durch
heben von ihren Sitzen Ausdruck gaben.
Darauf schloß Präsident Dr. Stüve die Arbeiten der atent⸗Enquete⸗Kommission.
8 — Wird in einem Testament den Erben gegenüber vom Erblasser eine bereits bei Lebzeiten mundlich erklärte und voll⸗ zogene Schenkung als geschehen bestätigt und aufrecht er⸗
halten, so ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Civilsenats, vom 4. Oktober d. J., diese Erklärung, als eine nachträgliche Beurkundung der vollzogenen Schenkung, stempelpflichtig.
— Der Kaiserliche Gesandte bei den Vereinigten Staaten von Amerika, von Alvensleben, ist von Urlaub nach Washington zurückgekehrt und hat die Geschäfte der dortigen Gefandtschaft wieder übernommen.
— Die Bervollmächtigten zum Bundesrath, Königlich württembergischer Ober⸗Regierungs⸗Rath Schicker und König⸗ lich württembergischer Major Sick, sind hier angekommen.
— Der General⸗Inspecteur des Militär⸗Erziehungs⸗ und Bildungswesens, General der Infanterie von Strubberg, ist von Dienstreisen hierher zurückgekehrt.
— Als Aerzte haben sich ö die Herren: Hintz in Löwenberg in der Mark, Dr. Oelgart in Potsdam, Dr. Genrich in Brandenburg a. H., Assistenz⸗Arzt Dr. Rein⸗ brecht in Rathenow, Assistenz⸗Arzt Waßmund in Wittenberg, Dr. Blaesing in Elsterwerda, Winter in Schkoelen, Dr. Hubert in Neuenburg, Dr. Lennartz in Hannover.
„— Das Schulgeschwader, bestehend aus S. M. Schiffen „Stein“ (Flaggschiff), „Moltke“ und „Prinz Adalbert“, Geschwader⸗Chef: Kapitän zur See und Kommodore von Kall, ist am 27. November cr. in St. Vincent (Cap Verdis) eingetroffen und beabsichtigt, am 6. Dezember cr. wieder in See zu gehen.
„S. M. Kreuzer „Nautilus“, Kommandant Kapitän⸗ Lieutenant von Hoven, ist am 26. November cr. in Kobe ein⸗ getroffen.
Württemberg. Stuttgart, 27. November. (St.⸗A. f. W.) Die Zweite Kammer beendete heute die General⸗ debatte über die Eir eaß. etze und beschloß mit 74 gegen 9 Stimmen in die Einzelberathung einzutreten. Zum Vize⸗ Präsidenten wurde Dr. Göz gewählt. Am Mittwoch wird die Berathung der Kirchengesetze erise sett werden.
„— (Allg. Ztg.) Im Februar wird der Landtag sich mit dem Etat zu beschäftigen haben, der dieses Mal insofern einigermaßen komplizirt ist und wichtige Debatten im Gefolge haben dürfte, als in Verbindung mit dem Finanzgesetz eine neue Umlage des Grundsteuerkatasters nach dessen nunmehr beendeter Feststellung erfolgen soll. Auch wird dabei die Umwandlung des Gebäudekatasters in einen Reinertrags⸗ kataster in Betracht kommen. Ferner sind Vorlagen, be⸗ treffend die Fortdauer und Revision des Sportelgesetzes und betreffend Erneuerung des Gesetzes über die Gemeinde⸗Umlagen, zu erwarten.
Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 28. November.
8 T. B.) Der Großherzog und die Großherzogin ind heute Abend mittelst Extrazuges über Paris nach dem Süden abgereist.
“
Kesterreich⸗Ungarn. (Prg. Ztg.)
Pest, 27. November.
In der heutigen Sitzung der ungarischen Delegation
wurden die gelegentlich der Bexathung des Heereser⸗ fordernisses von dem Delegirten Grünwald eingebrachten Anträge: eine Militär⸗Akademie in Ungarn zu errichten und den Lehrplan der Militär⸗Unterrealschulen in 1ieggg mit dem Lehrplan der ungarischen Schulen in Einklang zu bringen, abgelehnt, nachdem Horwath für die Pflege der ungarischen Sprache in den Armee⸗Bildungsanstalten eingetreten war, Beöthy und Apponyi für den Grünwald'schen Antrag ge⸗ sprochen und der Referent Rakowszky sowie der Delegirte Ivanka die Ausschußanträge vertheidigt hatten. Die Ausschuß⸗ anträge wurden sodann mit dem Amendement Horwath's an⸗ genommen, daß in den Militäranstalten zur Aneignung der ungarischen Sprache Gelegenheit geboten werde.
— 27. November. (W T. B.) Die ungarische Delegation hat ohne Debatte und einstimmig die Forde⸗ rung für Repetirgewehre bewilligt und darauf das Heeres⸗Budget und den Okkupations⸗Kredit ange⸗ nommen.
Agram, 26. November. Nach einer dem „Pester Lloyd“ von hier zugegangenen Meldung hat der Serbenklub die von Gyurkovitsch beantragte Resolution acceptirt: der Klub halte es unter den heutigen schwierigen Verhältnissen für seine Pflicht, möglichst entschieden für die weitere Entwicklung der Autonomie, für Kirche, Schule und andere Interessen des ser⸗ bischen Volkes in Kroatien⸗Slavonien einzutreten. Hier wird diese Resolution dahin gedeutet, daß der Serbenklub Angesichts der Resultatlosigkeit des Karlowitzer Kirchenkongresses es als noth⸗ wendig erachte, für die Schule, wie für die Geistlichkeit im Rahmen von Landesgesetzen durch den Landtag das Möglichste zu erreichen.
Schweiz. Bern, 28. November. Wie der „Bund“ hört, hat der Bundesrath in seiner Sitzung vom Freitag die Diskussion in der Alsghorfrgge fortgesetzt. Be⸗ schlossen wurde, in der nächsten Montagssitzung vorerst den Entwurf der nationalräthlichen Kommission durch⸗ zuberathen zu welchem von Hrn. Schenk veerschedene Abänderungs⸗Anträge gestellt sind), jedoch ohne Prä⸗ judiz für die definitive Entscheidung, ob das Monopol oder das vefeensangee eh ts einzuführen sei. — Die vom Bundesrath vorgeschlagene Konversion des eidgenös⸗ sischen Anlehens (31 247 000 Fr.) würde das eidgenössische Füeee von 1888 an bis zur gänzlichen Tilgung des 8 8688 im Jahre 1915 durchschnittlich um 94 000 Fr. jährlich erleichtern.
Großbritannien und Irland. London, 26. November.
jüngsten Umtrieben der Nationalliga in Frland, die in verschiedenen Theilen des Landes einen ernsten „Pacht⸗ krieg“ herbeigeführt haben, lc; entgegenzutreten. In einer im Oktober in Woodford abgehaltenen Massen⸗ versammlung hatte John Dillon, der Abgeordnete für Ost⸗Mayo, den Pächtern angerathen, den reduzirten Pacht⸗ zins, wenn die Gutsherren ihn nicht annehmen wollen, an die zur mittersdarg der Exmittirten eingesetzten Comités zu zahlen. Bald darauf veröffentlichte Parnell's Organ „United Ireland“ einen förmlich auf den obigen Vorschlag Dillon's basirten Feldzugsplan, wonach die Pächter auf einem jeden Güterkomplex über die von F verlangte Pachtermäßigung sich verständigen und diesen
so vereinbarten Betrag am Zahltage dem Agenten in
11““
(A. C.) Die Regierung scheint entschlossen zu sein, den
1.“
corpore anbieten sollen; verweigert die 1 8 so soll ein jeder Pächter den von sh bie Amnazes Vereinbarung zu zahlenden Betrag an das für dies obiger gebildete Comité einzahlen, das aus den so b en Zwec Geldern einen gemeinsamen Fonds bildet, aus wnfangene treffenden Pächter schadlos gehalten werden. Dieser de be nunmehr auf verschiedenen großen Güterkom i.Plan it Durchführung gelangt, namentlich auf dem Grunbhen zur Marquis von Clanricarde in Woodford ferner fsit de Kreisen Cork, Limerick, Galway u. s. w K de vielen Fällen ist es zu ernsten agrarischen, Un⸗ i gekommen. Die Regierung hat nunmehr den Enchen gefaßt, den Haupturheber dieses neuen Landk shu John Dillon, in Anklagezustand zu versetzen. 89 9 ihm bereits eine Vorladung zugestellt worden 1n n Dienstag vor den Schranken der Queens Bench⸗Abtheillächsen obersten Gerichtshofes in Dublin zu erscheinen, um sich ng de der von ihm jüngst gehaltenen aufrührerischen Reden meeha antworten. Es handelt sich dabei besonders um eine am 7 Nür g-- in Longford gehaltene Rede, welcher Ausschreitungen ge 2 richtsvollzieher und Widerstand gegen die ehändigung 2g8 8 missionsbefehlen Seitens verschiedener Pächter folgten. vncg Ireland“ soll wegen des in seinen Spalten erschienenen agraͤrischen
eldzugsplans und anderer, zum Widerstande gegen die B örden aufreizender Artikel eine erste Verwarnung erhalten haben, oder demnächst empfangen. Ferner ist die für näͤchsten Sonntag geplante Abhaltung einer nationalistischen Kundgebung in Sligo als gesetzwidrig untersa t worden, weil die Lokalbehörden darin einen Versuch erbliag die Geschworenen der bevorstehenden Winter⸗Assisen einzuschüch tern. Eine Verordnung der Regierung verfügt das Schließen aller Wirthshäuser an dem genannten Tage. Zur Aufrechthaltun der Ordnung ist eine starke Abtheilung Militär, darunter Pn. Schwadronen Dragoner, nach Sligo beordert worden. Die Nationalisten erklären, daß, falls sie keine Kundgebung unter freiem Himmel abhalten können, sie Dillon, O'Brien und die übrigen Mitglieder der irischen Partei festlich bewirthen würden Gestern hielt Dillon, kurz nachdem ihm die erwähnte Vor⸗ ladung behändigt worden, eine Ansprache an eine Volksver⸗ sammlung in Ballaghadereen, Grafschaft Sligo, worin er den Pächtern anrieth, den fälligen Pachtzins nur zu entrichten wenn derselbe um mindestens 25 Proz. ermäßigt worden sel Dillon wird auch wegen einer in Murroe, Grasschaft Galway, am vorigen Sonntag gehaltenen Rede belangt werden, worin er gegen die Zahlung nicht ermäßigter Pacht⸗ zinse eiferte. Es wird ihm von dem Gerichtshof wahrscheinlich ö werden, Bürgschaften für sein künftiges gutes Ver⸗ halten zu leisten. Leistet er diesem Befehl nicht Folge, so wird er, wie einst Michael Davitt, mindestens sechs Monate im Gefängniß zuzubringen haben.
In Leicester wurde gestern eine Konferenz des nationalen Verbandes der liberalen Vereine ab⸗ gehalten. Abends fand in der Floral Hall eine lokale Massen⸗ versammlung statt, bei welcher Lord Spencer die Hauptrede hielt. Nach einigen abfälligen Bemerkungen über die Ent⸗ assung des bisherigen permanenten Unter⸗Staatssekretärs, Sir R. Hamilton, verbreitete sich der Redner über die Politik Gladstone's mit Bezug auf Irland und be⸗ zeichnete dieselbe als nothwendig und gerecht. Das liberale Prinzip sei, daß jede der britischen Race angehörige Nation der Selbstverwaltung fähig sei; die liberale Partei werde Alles thun, was in ihrer Macht stehe, um diesem Prinziy Gesetzeskraft zu verleihen. Die Versammlung faßte eine Re⸗ solution, welche das von der Konferenz in Leeds aufgestellte neue Programm der liberalen Partei billigt.
Zwei für die britische Kriegs⸗Marine gebaute gepan⸗ zerte Kreuzer wurden gestern vom Stapel gelassen: in Jarrow der „Undaunted“ und in Glasgow die „Australia“, welchen Namen letzteres Fahrzeug zu Ehren der australischen Soldaten erhielt, die den Feldzug im Sudan freiwillig mit⸗ gemacht hatten.
Wie die „Times“ erfährt, soll das Parlament am 13. Januar zur Erledigung der laufenden Sessionsgeschäfte zusammentreten. Dem genannten Blatt nach liegt es in der Absicht der Regierung, die ganze Zeit des Hauses der Ge⸗ meinen zu beanspruchen, behufs Erzielung einer gründlichen Reform der parlamentarischen Geschäftsordnung.
Dublin, 28. November. (W. T. B.) Die Stadt Sligo ist von 1“ Militär⸗ und Polizei⸗Mannschaften besetzt. In Folge des Verbots des Vize⸗Königs fand die beaͤb. sichtigte nationalistische Versammlung in Sliga nicht statt, war aber insgeheim in einem Dorfe nächst der Stadt vorbereitet worden und wurde daselbst abgehalten. Die Parlaments⸗Mitglieder O'Brien und Kelly hielten Reden, in welchen sie unter heftigen Vorwürfen gegen die Regierung die Absicht aussprachen, die Bewegung im Gange zu erhalten. Es waren nur wenige Polizei⸗Mannschaften gegenwärtig. 1
— 29. November. (W. T. B.) Die Regierung beschloß, ebenso wie gegen Dillon so auch gegen das Parlamentsmitglidd O'Brien das gerichtliche Ver⸗ fahren einleiten zu lassen. 1
— (A. C.) Der Sppezial⸗Korrespondent der „Dail) News“ in Birma telegraphirt aus Mandalay: “
General Roberts hat einen Tagesbefehl erlassen mit 8 Weisung, daß in den militärischen Operationen besondere Aufmen⸗ samkeit den Mitteln gezollt werden soll, mit denen Hinterhalten vor gebeugt werden könne, sowie daß durch die ausgedehnte Verwendiu von Kavallerie zur Verfolgung der Führer schwere Verluste herben geführt würden. Zwischen richtigen Freischärlern und Uüh bewohnern, die gezwungen gegen die Engländer kämpfen, soll ein 8 in Unterschied gemacht werden. Die Truppen werden ermahnt, 1 Eigenthum zu beschädigen oder die Empfindlichkeit der Bevölkerung zu verletzen, da der Hauptzweck sei, mit den Birmanen freun S- Beziehungen zu pflegen und dieselben über die in Umlauf gese schädigenden Gerüchte betreffs der britischen Absichten zu beruhigen,
Rangun, 25. November. Fünf weitere Sepoy⸗Rem menter haben Befehl erhalten, von Indien nach Birma abzugeben.
Frankreich. Paxris, 26. November. (Fr. C. allen Anzeichen, den offen daliegenden und den nur do geweihten bemerklichen, läßt sich vicst in Abrede stellen, die Opportunisten den Augenblick für gekommen gegen das Ministerium Freyeinet Sturm zu laufen. ü
Heute trat die Kammer⸗Kommission, welcher de⸗ Prüfung des Antrags des Dep. Lacroix über die Gemein 6 Autonomie von Paris obliegt, zusammen. Der rsitene berichtete über das Resultat der von ihm bei dem Ministe des Innern gemachten Schritte: Der Minister bere Projekte über die Gemeinde⸗Organisirung von Paris und er Organisirung des Seine⸗Departements vor, der Minist 6 rath hat sich aber bisher noch nicht mit der Angeleg
1 Rett bish 11874 auf 12 dustrien
(gültig werden.
(Lerathung des sütrtatenes beantwortete
an ihn gerichteten
direkt. reich Interessen ersten Ranges; man könne daher nicht zu⸗ lassen, daß Egypten sich in den Händen einer fremden Macht
sich beifällig über
8 äftigt. Hr. Sarrien will allen mit dem Interesse der v bechäfnezn arlichen Wünschen gerecht werden, kann aber z einzelnen Punkten, wie bezüglich der Polizeipräfektur und in (Central⸗Mairie, den Forderungen des Gemeinderaths nicht
prechen. Die Kommission beschloß trotzdem, ihre Arbeiten scfort zu beginnen und nicht erst die Einbringung der Re⸗ gierungsvorlage abzuwarten. 8 Der vom Minister für Handel und Gewerbe in der gammer eingebrachte Gesetzentwurf zur Regelung der Linder⸗, Mädchen⸗ und Frauenarbeit in den Fa⸗ briken faßt die Bestimmungen des Gesetzes vom 9. September über die Arbeitsdauer und die des Gesetzes vom 19. Mai 1874 über den Schutz der im Gewerbe verwendeten Kinder dMädchen zu einem einheitlichen Gesetz zusammen und ver⸗ bessert sie in zeitgemäßer Weise. Insbesondere wird der cutz auch auf solche gewerbliche Anlagen ausgedehnt, welche die Form von Fach⸗ oder ndustrieschulen oder Versorgungs⸗, ungs⸗ oder sonstigen Wohlthätigkeitsanstalten haben und er der Aufsicht entzogen waren. Das Alter der Zulässig⸗ keit der Kinder in Werkstätten, welches in dem Gesetz von Jahre bestimmt und für gewisse In⸗ bei blos sechsstündiger Arbeit sogar auf 10 Jahre ermäßigt wurde, ist in der neuen Vorlage gleich⸗ förmig auf 13 Jahre festgesetzt. Die Nachtarbeit ist nicht blos ür Kinder und minderjährige Mädchen, wie im Gesetz von 1874, sondern für Frauenspersonen jeden Alters untersagt, unter Vorbehalt der Gestattung für Nothfälle durch eine
1 Ninisterial⸗Verfügung. Die Arbeitszeit ist für Arbeiterinnen jeden
Alters auf 11 Stunden täglich begrenzt. Endlich bezweckt eine Reihe neuer Bestimmungen die Sicherung von Leben und Ge⸗ sundheit in den Werkstätten aller Art.
— (Köln. Ztg.) Die Deputirtenkammer nahm heute bei der Berathung des Budgets des Justiz⸗Ministers die Kapitel bis 15 unverändert an. Bei Kapitel 16 (Strafgerichte in Frankreich und Algerien) wurde ein Antrag Sabatier's, den Betrag von 6 750 000 Fr. auf 6 Millionen herabzusetzen, trotz des Widerstandes der Regierung mit 474 gegen 50 Stimmen genehmigt, welcher Beschluß Aufsehen erregt. — In Sachen der Schenkung des Herzogs von Aumale hat der Staatsrath gestern beschlossen, ein Verzeichniß aller Sammlungen in Chantilly aufnehmen zu lassen; erst wenn dies geschehen, kann die Schenkung nach dem Gesetz rechts⸗
— 27. November. (W. T. B.) Bei der heutigen Budgets des Aeußern in der De⸗ der Minister⸗Prä⸗ ident de Freyecinet die von dem Deputirten Delafosse
Fragen bezüglich der auswärtigen Politik: Die Regierung wolle keinen Krieg, der die Durchführung der Reformen im Innern verhindern würde. Frank⸗ reich müsse zwar in allen internationalen Angelegenheiten sich geltend machen können, aber es müsse vor Allem diejenigen An⸗ gelegenheiten ins Auge fassen, welche ein vitales Interesse hätten. Die bulgarische Frage interessire Frankreich nicht An der egyptischen Frage dagegen habe Frank⸗
befinde. Diese Gefahr sei indessen nicht zu befürchten. Die
Engländer seien nach Egypten gegangen, lediglich um die Ordnung daselbst herzustellen; dieselben hätten anerkannt,
daß Egypten sein eigener Herr sein müsse. Die fran⸗ zöfische Regierung habe keine Klage formulirt, wohl aber die Aufmerksamkeit Englands auf die Noth⸗ wendigkeit hingelenkt, zu einer Lösung zu gelangen. Bezüglich der Suez⸗Frage seien Unterhandlungen angeknupft worden, um ein europäisches Uebereinkommen herbeizuführen. In Kurzem werde entweder eine Verständigung mit England erzielt sein, oder die Gesammtheit der Mächte werde sich mit der Angelegenheit zu befassen haben. Die Regierung habe die Ichtung und das Vertrauen aller Mächte durch ihre ehrliche, offene und selbstlose Politik gewonnen. Was die koloniale
Politik anlange, so hält Hr. de Freycinet dafür, daß man sich be⸗
Huagen müsse, die neuen Besitzungen zu organisiren. Die
olitik der Regierung lasse sich zusammenfassen in die Worte:
Klugheit und Festigkeit. — Im weiteren Verlauf der Sitzung
beantragte Michelin die Aufhebung der französi⸗
schen Botschaft beim päpstlichen Stuhl. Der Mi⸗
nister⸗Präsident de Freycinet bekämpfte den Antrag
und legte die Nützlichkeit dieser Botschaft dar: Alle
Mächte unterhielten Beziehungen mit dem Vattikan;
Frankreich, das zahlreiche Katholiken unter seinen
Bürgern zähle, das ein Konkordat mit dem päpftlichen
Stuhl abgeschlossen habe und das Missionen im Orient unter⸗
halte, könne nicht ohne Vertreter bei dem Vatikan sein. Der
Antrag Michelin wurde schließlich mit 291 gegen 258
Stimmen abgelehnt, und die ersten 17 Kapitel des Budgets
des Auswärtigen wurden sodann in derselben Weise genehmigt,
wie der Minister beantragt hatte. 1“ „Die Kommission der Deputirtenkammer für die
Fünn⸗ beschloß, die Alkohol⸗Zölle von 30 auf 40 Francs zu
n. — 28. November. (W. T. B.) Die Zeitungen äußern
8 die von dem Minister⸗Präsidenten de reycinet in der Kammer dargelegte Politik der Regie⸗
rung bezüglich der auswärtigen Fragen. 1
Keai er „Temps“ erklärt die Meldung für falsch, daß die etaghg mißliche Nachrichten aus Madagaskar erhalten
ha e: die zuletzt eingegangenen Nachrichten stellten die Lage
als eine befriedigende dar.
6 Eine Versammlung der rabikal⸗progressisti schen omités des Seine⸗Departements, welche heute achmittag unter dem Vorsitz Tolain's im Tivoli⸗Saal
stattfinden sollte, wurde durch Anarchisten vereitelt, welche
auf die Estrade zu dringen suchten. Es entstand ein heftiger usammenstoß, bei welchem mehrere Personen verwundet
wurden. Die Polizei verhaftete 12 Personen und ließ den aal räumen.
3 Italien. Rom, 28. November. (W. T. B.). In der veutigen Sitzung der Deputirtenkammer erklärte in Beant⸗ ortung der Interpellationen von Sant' Onofrio und alle bezüglich der auswärtigen Politik der Minister 1 Auswärtigen, Graf Robilant: Die Beziehungen aliens seien zu allen Mächten gute, diejenigen zu eutschland und Oesterreich zeugten von großer Herzlichkeit gegenseitigem Vertrauen. Die Regierung des Königs
nns sich dem friedlichen Programm der Central⸗ ächte angeschlossen und werde sich demselben auch fernerhin
Vüeließen üunter derselben Form und in demselben
sher, indem sie es sich angelegen sein lassen
werde, das Einvernehmen zu einem immer innigeren und den gegenseitigen Interessen immer mehr entsprechenden zu machen. Mit England sei Italien durch besondere, der italienischen Politik traditionelle Freundschaftsbande verknüpft und werde diese noch weiter entwickeln, wenn die Ereignisse es verlangen sollten. Der Minister bezog sich sodann auf seine im Januar in der Deputirtenkammer abgegebenen Erklärungen, denen er treu geblieben sei, und erwähnte der Sympathien Italiens für den früheren Fürsten von Bulgarien und für Bulgarien. Die Re⸗ gierung habe diese nicht verheimlicht. Vor Allem aber habe sie bei einer Frage, in welcher Italien nicht in erster Reihe interessirt sei, auf die Erhaltung des Friedens bedacht sein müssen, bis etwa ein Konflikt oder Sonderabmachungen zwischen einzelnen Mächten einträten. Niemand werde übrigens an der ebenso thätigen wie energischen Mithülfe Italiens zweifeln können, auf welche jede Macht absolut rechnen könne, welche, wie Italien, die Aufrechterhaltung des Friedens und der Achtung vor den Verträgen wünsche. — Sant' Onofrio und Valle erklärten sich durch diese Mittheilungen befriedigt.
Türkei. Konstantinopel, 28. November. (W. T. B.) Der ökumenische Patriarch hat seine Entlassung ge⸗ nommen; der Metropolit von Caesarea übernimmt provisorisch die Vertretung desselben.
Rumänien. Bukarest, 27. November. (W. T. B.) Die Kammern sind heute mit einer Thronrede eröffnet worden, in welcher die Beziehungen zu allen Mächten als die besten bezeichnet werden. Die an den Grenzen des Reichs abgespielten politischen Ereignisse hätten wohl einen Moment Besorgniß erregt, gleichwohl aber das Land nicht näher berührt. Die ununterbrochene Sorge, mit der Rumänien den friedlichen Fortsfchritt verfolge, sowie dessen ruhige und würdige Haltung hätten diesem Staat einen noch höheren Platz als früher zugewiesen. Im Laufe des Jahres seien mehrere Handelsverträge erloschen; der König hoffe jedoch, daß die begonnenen Verhandlungen betreffs deren Verlängerung resp. Erneuerung zu einem guten Re⸗ sultat führen würden. Die Regierung werde demnächst be⸗ hufs befriedigender Regelung der Handelsbeziehungen neue Konventionen vorlegen. Die Thronrede zählt alsdann die im Laufe des letzten Finanzjahres ausgeführten Arbeiten und Ver⸗ besserungen auf, kündigt Gesetzvorlagen betreffs der Reform des Handelsgesetzbuches, der Errichtung eines Staatsraths so⸗ wie andere Entwürfe an und betont schließlich die gebrachten Opfer für die Armee, welche in schwierigen Tagen ein Wall für die Ehre, Sicherheit und Stellung des Königreichs sein werde. — Der Eröffnung wohnten auf einer neben dem Thron errichteten Tribüne der Fürst Leopold und der Prinz von Hohenzollern bei. Senat und
ammer begaben sich nach dem Eröffnungsakt in corpore in das Königliche Palais, um dem König für den Ein⸗ tritt des Prinzen von Hohenzollern in die rumä⸗ nische Armee zu danken.
Rußland und Polen. Odessa, 29. November. (W. T. B.) General von Kaulbars ist gestern Vor⸗ mittag hier eingetroffen und am Abend nach St. Petersburg weitergereist. 8 16
Süd⸗Amerika. Peru. Lima, 25. November. (R. B.) Es ist ein neues Ministerium gebildet worden, welches, wie folgt, zusammengesetzt wurde: Delgolar, Präsident des Conseils; Zegarra, Justiz⸗Minister; Chacaltara, Minister der auswärtigen Angelegenheiten; Urigoyen, Finanz⸗Minister; General Torrico, Kriegs⸗Minister.
Asien. China. Peking, 25. November. (A. C.) Ein Telegramm des „Reuterschen Bureaus“ meldet: Von dem Drange getrieben, den Handel Chinas weiter auszudehnen, rüstet die chinesische Regierung eine Forschungs⸗ Expedition nach dem Amur aus. Vorher soll eine chinesische Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft gegründet werden, deren Schiffe den genannten Fluß befahren sollen.
Afrika. Egypten. Kairo, 25. November. (A. C.) Das gegenwärtig in Assuan stehende 4. Bataillon der egyp⸗ tischen Infanterie wurde nach Wady Halfa beordert. Das 3. Bataillon desselben Regiments wird hier bleiben und nicht, wie anfänglich gemeldet, nach Assuan gehen.
Zeitungsstimmen.
In ihrer Besprechung der Thronrede sagt die „Schle- sische Zeitung“:
Der Mehraufwand, welcher durch eine dem entsprechende Er⸗ höhung der Präsenzziffer bedingt würde, geht über 30 Millionen Mark nicht hinaus. Was bedeutet diese Summe angesichts der Thatsache, daß man sich in Deutschland nur zu bücken braucht, um einen Schatz zu heben, der mit Leichtigkeit 500, bis 600 Millionen jährlich ertragen würde. Denn ohne daß ein Steuerdruck geübt würde, sind aus dem Taback 200, aus dem Branntwein 240 und aus dem Bier 110 Millionen jährlich zu erzielen. Entschließt man sich dazu, dann sind die Mittel nicht nur für die Armee, für die Durchführung der Sozialreform und zur Beseitigung der Defizitwirthschaft in reichem Maße vorhanden, sondern auch für eine durchgreifende Steuer⸗ reform, welche dem preußischen Staate die Möglichkeit gewährt, das Volksschulwesen demjenigen Süddeutschlands und der Schweiz eben⸗ bürtig zu gestalten, seine Beamten ausreichend zu besolden und die Kommunen durch Zuweisung der Realsteuern und durch Uebernahme ihnen zu Unrecht obliegender Verpflichtungen in den Stand zu setzen, die Ungeheuerlichkeiten zu beseitigen, welche ihr Besteuerungswesen vielfach aufweist.
— Die „Kolonialwaaren⸗Zeitung“ glaubt zwar, sich große Erfolge von der Einführung des Freihandelsystems versprechen zu sollen, bemerkt aber doch:
Es soll hier ganz unerörtert bleiben, ob jene bekannte Behauptung, daß das Ausland den Zoll trage, richtig ist; so viel läßt sich jedenfalls feststellen. daß die damalige Einführung der Schutzzölle das Resultat ernster und wichtiger Erwägungen war. — Noch waren die wuchtigen Reuleaux schen Worte „billig und schlecht⸗ kaum verhallt, noch zitterten sie in jedem Freunde unseres Landes und unserer Industrie lebhaft nach, da machten sich auch schon die Folgen jener unseligen Ueber⸗ produktion geltend, die eine gänzliche Lahmlegung unserer Fängele⸗ und Gewerbethätigkeit herbeizuführen drohten. Der zweifelhafte Ruf, die schlechte Schulung unserer Industrie drohten unsere Bemühungen, mitbewerbend auf dem Welthandelsmarkt aufzutreten, gänzlich illuso⸗ risch zu machen; noch dazu stand unsere Zollgrenze fremdländischen Eindringlingen ohne jede Schranke offen; was lag da näher, als eine Art chinesische Mauer, die es unserer deutschen Industrie zunächst er⸗ möglichte, wenn auch nach schwerem Ringen, wenigstens im eigenen Lande festen Fuß zu fassen. Unter dem energischen Schuß unserer Zoll⸗ grenzen war unserem Handel und unserer Industrie zunaͤchst die Mög⸗ ichkeit geb ten, sich zu sammeln; freilich hatte sie fast von vorn
anzufangen, um auf dem Weltmarkt die ebenso eingeführte wie leistungsfähige und geschulte englische und französische Konkurrenz aus dem Felde zu schlagen. Diese fast übermächtige Aufgabe ist heute nahezu ganz gelöst: unser deutscher Handel steht nicht minder wie unsere deutsche Industrie nach innen und außen gefestigt dem englischen und französischen Gegner gegenüber. Der deutsche Kaufmann, der deutsche Export hat ein Ansehen und Bedeutung gewonnen, wie bis dahin in der ver⸗ beispiellos dastehend... 1
Müßig allerdings ist es, die Einführung des reinen Freihandel⸗ systems früher zu fordern, als bis man in der Lage ist, unsern Re⸗ ierungen geeignete Einnahmeersatzquellen zu präsentiren; bis dahin at jede Diskussion darüber nur den Werth von — Doktorfragen.
Centralblatt der Abgaben⸗Gesetzgebung und Ver⸗ waltung in den Königlich preußischen Staaten. Nr. 24. — Inhalt: I. Allgemeine Verwaltungsgegenstände: Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen. — III. Indirekte Steuern: Erkenntniß des Reichsgerichts. Zolldefraudate. Verjährung. Uebertretungsfälle. — IV. Personalnachrichten. Eisenbahn⸗Verordnungs⸗Blatt. Nr. 32. — Inhalt: Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten: 67. vom 19. November 1886, betr. Ausführungs⸗Verordnung zu dem Gesetz vom 25. Februar 1876 über die Beseitigung von Ansteckungsstoffen bei Viehbeförderun⸗ gen auf Eisenbahnen.
Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 48. — Inhalt: Amtliches: Personalnachrichten. — Nichtamtliches: Die Wanderungen des Pausanias durch die Altis von Olympia. — Die öffentlichen Wasch⸗ und Badeanstalten in Metz. (Schluß.) — Neubau der Lebensversicherungs⸗Aktien⸗Gesellschaft „Germania“ in Straßburg i. E. — Die Knallsignale im Eisenbahn⸗Betriebsdienst. — Zur Frage wasserdichter und geräuschloser Fahrbahnen auf Eisenbahnbrücken. — Vermischtes: Nachträgliche Ernennung zum Königlichen Regierungs⸗ Bauführer. — Preisbewerbung für den Neubau einer Interimskirche in Halle a. S. — Vorkommen von Aalen in der Wasserleitung Londons. — Herstellung eines Tunnels unter dem Sund zwischen Fepenbhagen und Malmö. — Schutz hölzerner Wasserbauwerke gegen
äulniß.
Statistische Nachrichten.
Straßburg, 27. November. Schulen Elsaß⸗Lothringens. (Lds.⸗Ztg. f. Els.⸗Lothr.). Am 1. November 1886 befanden sich in den 29 öffent⸗ lichen höheren Schulen Elsaß⸗Lothringens 6715 Schüler; 25 mehr als am gleichen Tage des Jahres 1885. Von den Schülern gehörten 6441 Elsaß⸗Lothringen an, 233 waren aus anderen deutschen Staaten, 41 aus dem Auslande. Den Religionsbekennt⸗ nissen nach theilten sich die Schüler in 2589 Katholiken, 3341 Pro⸗ testanten und 785 Israeliten. Gegen das Vorjahr haben die Katho⸗ liken um 59, die Israeliten um 4 zu⸗ und die Protestanten um 38 abgenommen. In den Gymnasialklassen befanden sich 3383, in den Real⸗Gymnasialklassen 54, in den Realklassen 2081 und in den Vor⸗ klassen 1197 Schüler. Die Zahl der Vorschüler hat gegen das Vor⸗ jahr um 160 abgenommen, die Zahl der Real⸗Gymnasialschüler um 41, wogegen die Zahl der Gymnasiasten um 47 und diejenige der Realschüler um 179 gestiegen ist. 16“
Die nicht öffentlichen höheren Schulen, nämlich das protestan⸗ tische Gymnasium in Straßburg, das katholische Gymnasium an St. Stephan daselbst, die bischöflichen Knaben⸗Seminare in Montigny und Zillisheim, das Institut St. Augustin in Bitsch, die Domschule in Metz und die Schule St. Arnold daselbst hatten am 1. November d. J. 2040 Schüler, 20 weniger als im Vorjahre. Von den Schü⸗ lern gehörten 1308 der katholischen, 632 der protestantischen Konfession und 100 der israelitischen Religion an. 1998 waren aus Elsaß⸗ Lothringen, 27 aus dem übrigen Deutschland, 15 aus dem Auslande. Die Zahl der Gymnasiasten, welche 1654 betrug, ist gegen das Vor⸗ jahr um 16 gestiegen, die Zahl der Vorschüler mit 386 hat gegen das Vorjahr um 36 abgenommen.
Die Zahl aller Schüler an den höheren Schulen Elsaß⸗ Lothringens betrug hiernach am 1. November d. J. 8755, wovon 8439 aus Elsaß⸗Lothringen, 260 aus dem übrigen Deutschland, 56 aus dem Auslande waren, 3897 der katholischen, 3973 der protestanti⸗ schen Konfession und 885 der israelitischen Religion angehörten, 5037 Schüler in den Gymnasial⸗, 54 in den Real⸗Gymnasial⸗, 2081 in den Realklassen und 1583 in den Vorschulklassen saßen. Gegen das Vorjahr hat die Gesammtzahl der Schüler um 5 zugenommen; die Zahl der Katholiken ist um 52, diejenige der Israeliten um 5 gestiegen, die Zahl der Protestanten aber um 52 gesunken; die Zahl der Vorschüler hat um 196 abgenommen, wogegen die Zahl der übrigen Schüler um 201 gestiegen ist. Bei den letzteren ist wiederum die Zahl der Gymnasiasten um 63, diejenige der Realschüler um 179 gestiegen, dagegen hat die Zahl der Real⸗Gymnasialschüler um 41 ab⸗ genommen. 8 .
Es kommt demnach bei Zugrundelegung der Bevölkerungsziffer von 1 563 145 in Elsaß⸗Lothringen ein Schüler der höheren Schulen auf 178 Einwohner, ein Schüler der humanistischen höheren Schulen auf 310, ein Schüler der realistischen höheren Schulen auf 715 Ein⸗ wohner. Von Schülern der öffentlichen höheren Schulen entfällt einer auf 232 Einwohner, ein Schüler der öffentlichen humanisti⸗ schen höheren Schulen auf 462, ein Schüler der öffentlichen realisti⸗ schen höheren Schulen auf 715 Einwohner. In Preußen kommt nach den Ergebnissen der Erhebungen pro 1884/85 ein Schüler der höheren Schulen auf 180 Einwohner, ein Schüler der höheren humanistischen Schulen auf 292, ein Schüler der höheren realistischen Schulen auf 475 Einwohner. Für Baden stehen uns Angaben aus den Jahren 1882/83 zu Gebote, nach denen ein Schüler der höheren Schulen auf 166, ein Schüler der höheren humanistischen Schulen auf 305 und ein Schüler der höheren realistischen Schulen auf 363 Einwohner kam. In Württemberg entfiel nach einer Angabe vom 1. Januar 1885 ein Schüler der höheren Schulen auf 123, ein Schüler der humanistischen höheren Schulen auf 220, ein Schüler der realistischen höheren Schulen auf 277 Einwohner.
Kunst, Wissenschaft und Literatur
Von der im Verlage von Hugo Klein, Barmen, erscheinenden „Familienbibliothek“, welche sich so großer Beliebtheit erfreut und bereits auf eine stattliche Anzahl von Bänden zurücksieht, ist eine weitere Reihe von ansprechenden Nummern erschienen, welche sich ihren Vorgängerinnen würdig anschließen und des Beifalls der lese⸗ lustigen Jugend sicher sein können. Die uns vorliegende Seh nummer 87/88 ist von Armin Stein (H. Nietschmann) dem Ver⸗ fasser der „Deutschen Geschichts⸗ und Lebensbilder“ herausgegeben und führt uns eine interessante geschichtliche Persönlichkeit vor, welche in der Geschichte der Reformation eine bedeutende Rolle spielte, nämlich den Kurfürsten Johann Friedrich den Großmüthigen. Es ist das Jugendleben des sächsischen Fürsten, welches von dem Verfasser hier in schlichter und volksthümlicher Weise erzählt wird. Wir werden in jene bewegten Heiten versetzt, wo der gewaltige Kampf für die Lehre Luther's sich vorbereitete und jene Männer auftraten, welche in der Geschichte des Protestantismus unvergessen bleiben werden. Die Jugend des Kurprinzen Johann Friedrich fällt in diese gefahrendrohende Zeit; der junge Fürst bereitete sich vor auf die schwere Aufgabe, welche fehgn harrte, auf ihn richteten sich die Blicke der Protestanten, als sein Vater Johann aus dem Leben geschieden war; und daß er unverzagt, wenn auch mit Gefahr die von ihm als richtig erkannte Lehre verfocht, wissen wir alle. Das Büchlein schließt mit dem Wortlaut des Versprechens, welches der junge Fürst am Grabe seines Vaters gab. — In der folgenden Nr. 89 werden uns „Alte Geschichten aus dem Sachsenlande“ von
Frequenz der höheren
Frß nz Blanckmeister erzählt. Die erste der kleinen Geschichten erichtet von einer seltsamen Rettung im dreißigjährigen Kriege und