* 2 =
Sec. Lt. der Res. a. D., als Assist. Arzt 2. Kl. der Res. des 1. Bats. Landw. Regts. Nr. 106 angestellt.
XIII. (Königlich Württembergisches) Armee⸗Corps.
Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im Beurlaubtenstande. 21. November. Crusius, Sec. Tt. a. D., bisher von der Res. des Inf. Regts. Nr. 107, in dem Königl. 3g 2 zwar als Sec. Lt. der Reserve des Inf.
egts. Nr. 125, angestellt. eg Sunstäts⸗Cgrps. 21. November. Dr. Landerer, Assist. Arzt 2. Kl. der Resf. vom 2. Bat. Landw. Regts. Nr. 119, zum Assist. Arzt 1. Kl. der Res., Malzacher, Assist. Arzt. 2. Kl. im Inf. Regt. Nr. 121, zum Assist. Arzt 1. Kl., befördert. Dr. Gräter, Assist. Arzt 2. Kl. der Res. vom Res. Landw. Bat. Nr. 127, der Ab⸗ schied aus allen Militärverhältnissen ertheilt. 8 Hessen.
Darmstadt, 25. November. Prinz Franz Joseph von Battenberg Durchlaucht, zum Sec. Lt. à la suite der Infanterie ernannt.
Miicchtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 1. Dezember. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen heute die Comman⸗ deure der Leib⸗Regimenter zur Entgegennahme der Monats⸗ rapporte.
1 Sodann ertheilten Se. Majestät dem neuernannten württembergischen Militär⸗Bevollmächtigten, Major und Flügel⸗ Adjutanten Sr. Majestät des Königs von Württemberg, von Sick, eine Audienz und arbeiteten alsdann längere Zeit mit dem Chef des Civilkabinets, Wirklichen Geheimen Rath von Wilmowski.
— Ihre Majestät die Kaiserin und Königin hat mit Gefolge heute Morgen 9 Uhr Koblenz mittelst Sonderzuges verlassen und gedenkt Abends 9 Uhr in Berlin einzutreffen.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz ist gestern Abend 9 ½ Uhr aus Wernigerode, wo Höchstderselbe einer zweitägigen Jagd beiwohnte, wieder hier eingetroffen.
“
— Nachdem der bischöfliche Stuhl von Kulm durch den Tod des bisherigen Inhabers, Bischofs Dr. Johannes von der Marwitz erledigt worden, ist nach erfolgter Zustimmung der Königlichen Staatsregierung durch päpstliches Breve vom 16. November d. J. der bisherige Domherr Dr. Leo Redner in Pelplin zum Bischof von Kulm ernannt worden.
Se. Majestät der Kaiser und König haben mittelst Allerhöchster Urkunde vom 29. November d. J. dem Bischof Dr. Redner die nachgesuchte landesherrliche Anerkennung als Bischof von Kulm zu ertheilen geruht. .
— Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für das Seewesen, für Handel und Verkehr und für Justizwesen hielten heute eine Sitzung.
— Der Bericht über die gestrige Sitzung des Reichstages befindet sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (4.) Sitzung des Reichstages, welcher der Staatssekretäar des Innern, Staats⸗Minister von Boetticher, der Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts, Dr. Jacobi, der Kriegs⸗Minister Bronsart von Schellendorff, der Chef der Kaiserlichen Admiralität, General⸗Lieutenant von Caprivi, sowie mehrere andere Bevollmächtigte zum Bundes⸗ rath nebst Kommissarien desselben beiwohnten, stand auf der Tagesordnung die Fortsetzung derersten Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Fest⸗ stellung des Reichshaushalts⸗Etats für das Etats⸗ jahr 1887/88, in Verbindung mit der ersten Be⸗ rathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltungen des Reichsheeres, der Marine und der Reichseisenbahnen, sowie zur vorläufigen Deckung der aus dem Reichs⸗Festungsbaufonds entnommenen Vorschüsse.
Der Abg. Hasenclever hob hervor, daß die Thronrede . eine Fortführung der sozialpolitischen Gesetzgebung an⸗
ündige, aber dieselbe an die Bewilligung neuer Mittel knüpfe. Auch bei der Einleitung jener Gesetzgebung seien die Zölle auf Lebensmittel eingeführt worden, die nur eine vorüber⸗ gehende Lohnsteigerung zur Folge gehabt hätten. Wolle man in Wahrheit eine Sozialreform, so könne man dieselbe nur erreichen auf dem Wege einer Mehrbelastung der wohlhabenden Klassen. Die Grundlage der gegenwärtigen sozialpolitischen Gesetzgebung sei gut, weil sie dem Programm der Sozialisten entnommen sei, die Ausführung dagegen schlecht. Man fordere jetzt wieder mehr Soldaten. Diese Forderung erklere sich nur so, daß durch das gegenwärtige Regierungssystem die Vaterlandsliebe aus dem Volke getrieben werde. Betreffs des Etats behalte sich seine Partei vor, die einzelnen Positionen darauf hin zu prüfen, ob dieselben Kulturzwecken dienten oder nicht, und davon ihre Zustimmung oder Ablehnung abhängig zu machen. Das werde allerdings seine Partei nicht davon abhalten, schließlich für die Ablehnung des ganzen Etats zu stimmen.
Der Abg. Frhr. von Maltzahn meinte, daß es nach einer olchen Erklärung eigentlich kein korrektes Verhältniß sei, wenn ein Mitglied der fesincheuceeissehen Partei in die
Budgetkommission eintrete. Daß man das Militär des Volkes wegen halten müsse, sei eine vollkommen falsche, unbegründete Anschauung. Das Volk besitze Vaterlandsliebe genug, 8 bedürfe nicht der bewaffneten Macht, um das⸗ niederzuhalten. Auch der Abg. Rickert habe
den Etat lediggch von seinem Parteistandpunkt kritisirt. An⸗ statt an eine Besserung zu denken, habe er die Gelegenheit nur benutzt, um seine politischen Gegner anzugreifen. Glaube der Abgeordnete denn, daß es um die Finanzen besser stünde, wenn man ein freisinniges Ministerium gehabt hätte? Von den wichtigsten Ausgaben würde auch ein so zusammengesetztes Ministerium keine haben fallen lassen können. Und auch die Einnahmequellen zu vermehren, würde die freisinnige Partei nicht in der Lage gewesen sein. Weßhalb sei man zur Einführung der Schutzzollpolitik gekommen? Weil die Linke auf eine Vermehrung der indirekten Steuern nicht habe eingehen wollen. Der Hinweis auf Amerika sei unzulässig, die Verhältnisse seien dort ganz anderer Art. Man vurs⸗ nicht vergessen, daß man 15 Jahre lang den Frieden gehabt, und diesen gesicherten Zustand habe man in erster Linie dem
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zu verdanken. Er habe sich gefreut zu hören, daß keine
artei, auch die freisinnige nicht, an eine Schwächung der Wehrkraft des Heeres denke. Der vorliegende Etat zeige, daß die Einnahmen auch nicht annähernd den Ausgaben gleich⸗ kämen. Eine Steigerung der Erträge aus den Kornzöllen sei nicht zu erwarten; er glaube, daß eine Steigerung der Ein⸗
nahmen sich nur auf dem Gebiete der Konsumsteuern werde ermöglichen lassen. 1
6 Bei Schluß des Blattes sprach der Abg. Freiherr von Huene.
— Der den Schuldverschreibungen des Prioritätsanlehens der Böhmischen Nordbahngesellschaft in Prag vom April 1867 beigedruckte Anleiheplan enthält die Bestimmung, daß die Zahlung der ausgeloosten Schuldverschreibungen und die Zahlung der Coupons bei der Gesellschaftskasse in Prag, bei der Kreditanstalt in Wien, deren Filiale in Prag und an anderen durch statutenmäßige Bekanntmachung zu bezeichnenden Orten des In⸗ und Auslandes erfolge. Seit längerer Zeit nun ist die Allgemeine Deutsche Kreditanstalt in Leipzig durch die Böhmische Nordbahngesellschaft mit Einlösung der ausgelvosten Schuldverschreibungen und der fälligen Coupons der Anleihe von 1867, insbesondere auch mit Einlösung der am 1. Oktober 1885 zahlbar gewesenen, beauftragt gewesen, und viese Bank hat sich auch dem Auftrage unterzogen und auf die Einlösung bezügliche Bekanntmachungen erlassen, obwohl sie nicht durch statutenmäßige Bekanntmachung, d. h. nicht durch Bekannt⸗ machung in den in den Statuten der Nordbahngesellschaft zu deren Kundmachungen ausgewählten Blättern als Zahlungsstelle bezeichnet worden. Der Kaufmann B. zu Berlin klagte demzufolge beim Landgericht zu Leipzig gegen die Böhmische Nordbahn⸗ gesellschaft auf Zahlung einer in Folge Ausloosung am 1. Oktober 1885 zahlbar gewordenen Schuldverschreibung des Anlehens von 1867 und der am 1. Oktober 1885 fällig ge⸗ wesenen Coupons von 35 Schuldverschreibungen dieses An⸗ lehens. Die beklagte Gesellschaft erhob dagegen den Einwand der Unzuständigkeit des Landgerichts zu Leipzig, da Leipzig nicht durch die vorgeschriebene statutenmäßige Bekannt⸗ machung zum Zahlungs⸗ resp. Erfüllungsort gemacht wor⸗ den sei. Dieser Einwand wurde in beiden Instanzen verworfen, und die von der Beklagten eingelegte Revision wurde vom Reichsgericht, VI. Civilsenat, durch Urtheil vom 25. Oktober d. J. zurückgemwiesen, indem der höchste Gerichtshof begründend ausführte: „Nach Annahme des Berufungsrichters ist durch die Beauftragung der Allgemeinen Deutschen Kredit⸗ anstalt in Leipzig mit der Einlösung die Bedingung, unter welcher Leipzig als Erfüllungsort für die streitigen Zahlungen erscheint, eingetreten. Diese Annahme be⸗ ruht auf einer Auslegung des Vertrages, wonach, wie in den Urtheilsgründen dnsgeshsg ist, dee Beobachtung jener Form (statutenmäßiger Bekanntmachung) nicht als eine wesentliche angesehen werden könne, es vielmehr
nur darauf ankomme, daß das dazu berufene Organ der be⸗
klagten Gesellschaft einen Erfüllungsort bestimmt habe und daß der Beschluß desselben in geeigneter Weise zur Kenntniß der Inhaber der Schuldverschreibungen gebracht worden sei. Eine Gesetzesverletzung kann in dieser Vertragsauslegung nicht gefunden werden.“
— Der General⸗Lieutenant von Unger, bisher Com⸗ mandeur der 22. Division, welcher, unter Verleihung des Ranges eines kommandirenden Generals zu den Offizieren von der Armee versetzt worden, ist aus diesem Anlaß zur Ah⸗ stattung persönlicher Meldungen hier eingetroffen, desgleichen der General⸗Lieutenant Freiherr von Gemmingen, aus Anlaß seiner Versetzung von der 14. zur 21. Division.
— S. M. Schiffsjungen⸗Schulschiff „Nixe“, Kommandant Korvetten⸗Kapitän von Arnim, is am 30. November c. in Barbados eingetroffen und beabsichtigt, am 15. Dezember c. wieder in See zu gehen.
Görlitz, 30. November. Der Kommunal⸗Landtag
des Königlich preußischen Markgrafthums Ober⸗
lausitz wurde am 29. November d. J. durch den Landes⸗ hauptmann und Landesältesten Grafen von Fürstenstein mit der Begrüßung des Ober⸗Präsidenten der Provinz Schlesien, Wirklichen Geheimen Raths Dr. von Seydewitz, welcher dem Landtage in seiner 88 Eigenschaft als Königlicher Land⸗ tags⸗Kommissarius und als Mitglied des Landtages beiwohnte, eröffnet. Der von dem Landeshauptmann und Landesältesten vorgetragene Haupt⸗Jahresbericht verbreitete sich eingehend über die Lage sämmtlicher ständischen Institute und konnte befriedigen⸗ der Weise konstatiren, daß sich dieselben in günstigem Zustande und in gedeihlicher Fortentwickelung befinden. Hierauf erfolgte die Konstituirung des Landtages, die Einführung neuer Mitglieder und die Wiederwahl des Landesbestallten der preußischen Oberlausitz, Landraths Dr. von Sevndewitz auf Reichenbach, welcher in Folge Ablaufs seiner Wahlperiode sein Amt in die Hände der Stände zurückgelegt hatte. Auch eine An⸗ zahl von Wahlen in ständische Deputationen wurde, nachdem die betreffenden Aemter durch Tod oder das Ausscheiden der bisherigen Inhaber aus dem Kommunal⸗Landtage oder durch Ablauf der Wahlperiode erledigt worden waren, vorgenommen. Hierauf kamen mehrere Punkte des Haupt⸗Jahresberichts, welche dem Kommunal⸗Landtage Anlaß zu weiteren Be⸗ stimmungen gegeben hatten, 8 die Berichte der General⸗ Direktion des Ober⸗ und Niederlausitzer Kredit⸗Instituts, des eistlichen Emeriten⸗ und Wittwen⸗ und Waisen⸗Unterstützungs⸗ onds sowie des Oberlausitzer Waisenhaus⸗Kuratorii zur Be⸗ rathung und, wo bezügliche Anträge gestellt waren, zur Be⸗ schlußfassung. Sodann setzte der Vorsitzende des Kommunal⸗ Landtages zu Montag Abend eine Sitzung der Vertreter der ehemals rauchsteuerpflichtigen Landstädte und Landgemeinden sowie eine solche der stiftsberechtigten Stände an und be⸗ stimmte die nächste Plenarsitzung auf Mittwoch Vormittag 11 Uhr. Der Dienstag ist für die Sitzungen der drei zur Vorberathung der ihnen überwiesenen Verwaltungsgegenstände ernannten Ausschüsse bestimmt.
Hannover, 29. November. Der zwanzigste Han⸗ noversche Provinzial⸗Landtag ist heute Nachmittag 3 ½ Uhr durch den Königlichen Kommissarius, Wirklichen Geheimen Rath und Ober⸗Präsidenten von Leipziger, mit folgender Rede eröffnet worden:
Hochgeehrte Herren!
Namens der Königlichen Staatsregierung heiße ich Sie bei dem Beginn Ihrer Arbeiten, die Ihre Thätigkeit voraussichtlich für einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen werden, willkommen.
Die neue Verwaltungs⸗Gesetzgebung hat in der Provinz, indem sie den eigenartigen Verhältnissen derselben Rechnung trägt, ohne be⸗ sondere Schwierigkeiten Eingang gefunden und sich bewährt.
Der letzte Provinzial⸗Landtag hat den Antrag gestellt, die Ver⸗
„hältnisse der Realgemeinden und der sonstigen als Folge des Bes 8
an Grund und Boden bestehenden Interessentenschaft lichen Regelung zu unterziehen; die Königliche Staatsregier hierzu bereit, jedoch noch nicht in der Lage, einen be ung Gesetzentwurf Ihnen zur gutachtlichen Aeußerung vorzule 8 liche bei den kommissarischen Berathungen über diesen Gegenft weil sich als erforderlich herausgestellt hat, über den 9 und die Bedeutung der Realgemeinden zunächst eingehend g
en einer
0 8 hebunqe zu veranlassen, welche noch nicht abgeschlossen sind Er⸗
uf Grund Ihres vorjährigen Beschlusses haben ü 1 änderung der Hannoverschen Wege⸗Gesetzgebung, gbej über *½ Aö⸗ Ausgleichung zwischen den einzelnen Kreisen bezüglich der Landst er die Unterhaltungslast unter Betheiligung der Königlichen Staatzsre raßen Berathungen stattgefunden, deren Ergebniß der Provinzial-Ausscu Ihnen zur Beschlußfassung unterbreiten wird. schu
Seitens der Königlichen Staatsregierung gehen dem Provinzial⸗La tage zur Begutachtung zu Gesetzentwürfe, betreffend die Aufhebun 8 §. 5 des hannoverschen Gesetzes vom 13. April 1836 über diedgi⸗ lösbarkeit der Lehne, betreffend die Vertheilung der fffenciarn Lasten bei Grundstückstheiluggen und die Gründung neuer e siedelungen in der 5 „Hannover, über die Termine be Verträgen über Wohnungsmiethen in den Provinzen Hannorer Schleswig⸗Holstein, Hessen⸗Nassau und den Hohenzollernschen Landen, und der Entwurf zu einer Allerhöchsten Verordnung betreff n die Ausführung des Fischereigesetzes in der Provinz Hannover 8
Ihrer gutachtlichen ““ wird das von der hildesbeimisch Landschaft unter dem 11. September d. J. beschlossene Statut 5 treffend die Abänderung der Verfassung und Verwaltung des Fürst 8 thums Ilheshein, Erae ee. · en.
Nach dem Uebergange der Zuständigkeiten über die Strafe auf die Regierungs⸗Präsidenten ist eine Abänderung 88 angale über die Aufnahme der Geisteskranken in die provinzialftäͤndischen Irrenanstalten erforderlich geworden, über welche Sie zu beschließen haben sherd. t den Uebersich Sdie werden ferner mit den Uebersichten über das han Klostervermögen, mit Wahlen und mit den Vorlagen und Aamnvesce Provinzial⸗Ausschusses sich zu beschäftigen haben. Aus den letztern werden Sie zu Ihrer Befriedigung die Ueberzeugung gewinnen, daß die Finanzlage der Provinz eine günstige ist und daß die provinzial⸗ ständische Verwaltung auf allen Gebieten der ihr durch die Provinzial⸗ “ Zuständigkeit eine an Erfolgen reiche Thätigkeit entwickelt.
Im Allerhöchsten Auftrage Sr. Majestät des Königs erkläre ich auf Grund des §. 26 der Provinzialordnung den 20. Hannoverschen Provinzial⸗Landtag für eröffnet! 8
Nach dem Schluß dieser Ansprache brachte der Stadt⸗ Direktor Haltenhoff ein dreimaliges Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König aus, in welches die versammelten Mitglieder lebhaft einstimmten. 11]
Schwarzburg⸗Rudolstadt. Rudolstadt, 29. November. (Lpz. Ztg.) Der Landtag des Fürstenthums ist, nachdem er die Regierungsvorlagen erledigt, geschlossen worden. Die Vorlage, betreffend die Ausdehnung der Kranken⸗ und Unfallversicherung auf die land⸗ und forstwirthschaftlichen Arbeiter, wurde angenommen, dagegen der Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Erweiterung des Gesetzes über Strafandrohungen der Polizeibehörden, von der Fürstlichen Regierung zurückge⸗ zogen. Nach einem vorgelegten Ministerialdekret ist durch die Bemühungen des hiesigen Fürstlichen Ministeriums eine gütliche Uebereinkunft zur Beilegung des Streits zwischen Rudol⸗ stadt und Sondershausen serhs Se gin worden. Der Landtag hat dem Fürstlichen Ministerium für die kräftige Führun der Angelegenheit Anerkennung ausgesprochen. Schtießiih kamen Petitionen und Anträge betreffs des Baues neuer Eisenbahnen, welche die Städte “ Königsee und Stadtilm berühren sollen, zur Berathung. Die bezüglichen Verhandlungen schweben zum größten Theil noch, lassen aber nach der Erklärung der Regierung ein günstiges Resultat er⸗ hoffen.
Reuß ä. Fürst und die Fürstin von Steierling kommend, heute m T hiesigen Hofe eingetroffen und werden voraussichtlich morgen nach Bückeburg weiter⸗ bezw. zurückreisen. Dem heute wieder zusammengetretenen Lan dtage wurden vierzehn Vor⸗ lagen überreicht, unter diesen ein Gesetz, die Schulgemeinden und die Vertretung der ländlichen Schulgemeinden betreffend, ein 26 Paragraphen enthaltendes Gesetz, das Versammlunasrech betreffend (zur Zeit fehlt es hierlands an gesetzlichen Bestim⸗ mungen betreffs des Zusammentritts, der Ueberwachung und Auflösung von Versammlungen); ein Gesetz, eine Er⸗ gänzung zu dem Gesetz vom 3. Mai 1879, Bestimmungen zur Ausführung der Reichs⸗Civilprozeßordnung und des, dazu be⸗ stehenden Einführungsgesetzes betr., wonach das Vollstreckungs⸗ gericht verpflichtet sein soll, für die Ausführung der nach den 8§. 35 und 39 des citirten Gesetzes von 1879 erforderlic werdenden Eintragungen in das Grund⸗ und Hypotheken⸗ buch selbst, bezw. durch enntsprechende Ersuchung des
zypothekenrichters, von Amtswegen zu sorgen; 11 esetz, betreffend die Konzessionspflicht des Versicherungse⸗ gewerbes und dessen Besteuerung. Wie in mehreren anderen Bundesstaaten des Reichs, wie Preußen, Bayern, Sachsen ꝛc, soll auch im hiesigen Fürstenthum eine staatliche Genehmigung für Versicherungsunternehmungen aller Art vorgeschrieben werden. Gleichzeitig enthält der Gesetzentwurf zur Ausfüllung einer Lücke, welche in dieser Beziehung in dem hierländischen Einkommensteuergesetz vorhanden ist, Bestimmungen über d Besteuerung der Versicherungsunternehmer; endlich ein Gese betreffend einige Abänderungen in dem Gesetz vom 27. 5. bruar 1873 über die Grund⸗ und Hypothekenbüch d da Hypothekenwesen.
L2. Greiz, 29. November. (Lpz. Ztg.) Der zu Schaumburg⸗Lippe sind, Abend zu kurzem Besuche am
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 29. November. (Wn. 3
Die Erzherzogin Maria Theresia, Gemahlin 1 Erzherzogs Karl Stephan, ist am Sonntag, den 88 in Pola von einer Erzherzogin glücklich entbunden worde — 1. Dezember. (W. T. 89 Die „Wiener Zeitum veröffentlich ein Kaiserliches Patent vom 28. v. scr durch welches sämmtliche Landtage auf den 9. d. M. e berufen werden. jc ische Pest, 30. November. (W. T. B.) Die österreichi 3 Delegation ist heute geschlos sen worden. Graf Kälnong sprach den Delegirten im Namen des Kaisers Anerkennumg und besonderen Dank für ihre Hingebung aus und g- im Namen der Regierung für das Vertrauen, welches, 8 Ministerium bei seinen schwierigen Aufgaben Kraft und die (Siche heit geben werde, auf die Zustinrmung und die Hingebung — Länder zählen zu können. Der Präsident betonte, daß die legation vollauf ihrer Aufgabe entsprochen habe, dem Reicheni zu gewähren, was zur Erhaltung seiner Machtstellung htige sei, dankte dann der Regierung für die gegebenen beruhigen
und gründlichen Aufklärungen und wies auf die erhebende
B . der ulgarien.
er vollsten Uebereinstimmung beider Delegationen atsche escher Beziehung hin, welche deutlich besage, daß cuch gölker Oesterreich⸗Ungarns fest entschlossen seien, für die ¹ lheidigung der vitalen Interessen und der Machtstellung ger Monarchie wie ein Mann einzustehen. Der Präsident her mit Hochrufen auf den Kaiser, in welche die Ver⸗ ummelten begeistert einstimmten.
Großbritannien und Irland. London, 2. November. g. C.) Die für gestern beabsichtigte Demonstration in bligo unterb lieb, da außer der Polizei eine zahlreiche gwallerie⸗Abtheilung zur Stelle war. Die Polizei hielt die . ichtete Bühne besetzt. In der Nacht zum Sonntag fuhren S5. die Parlamentsmitglieder O'Brien und Kelly nach dcderorfe Riverstown ab und hielten hier gestern eine darsammlung unter freiem Himmel ab. Die Polizei wollte Anfangs O'Brien verhaften, da sie aber Angesichts der fanatischen Menge zu schwach war, so ließ sie den fümn salln. 1 Lreh dhet ahch der Shadf Slizs würde rten n. . 1 llein nationalistischen Führer das Wort gestattet und hielten galzei⸗ und Kavallerie⸗Patrouillen die Straßen frei. Als das darlamentsmitglied Dr. Tanner zu sprechen versuchte, säuberte die Polizei den Platz mit gefälltem Bajonnet. Dagegen fand in Kaklybei Castele bar gestern eine große Massenversamm⸗ lung statt, in der das Parlamentsmitglied De asy als Redner auftrat und den Kampfplan des „United Ireland“ empfahl. Wenn auch Dillon und O' Brien ins Gefängniß wandern sollten, so seien noch andere Männer da, um ihre Stelle auszufüllen. Eine nicht so große Versammlung, in welcher fünf Parlaments⸗ Mitglieder redeten, wurde in Killeagh abgehalten. Die Redner erklärten, daß die Verfolgungen der Regierung keinen Schrecken für sie besäßen, befleißigten sich jedoch im Ganzen jiemlicher Mäßigung. — Wie verlautet, arbeitet die irische kigenthums⸗Schutz⸗Gesellschaft einen Plan aus, um Pächter, 1 di Uähch 11“ über⸗ aben, zur Zahlung zu zwingen. nicg Ka skufka wird u. d. 28. November telegraphirt: Ddie Ghilzai⸗Rebe llion scheint für jetzt zu Ende zu sein, obwohl es unmöglich ist, zu sagen, wie lange die Ruhe an⸗ dauern wird. Der Führer der Insurrektion, ein Sohn Muskhi Alam's, hat im Kakar⸗Lande eine Zuflucht gesucht. Eine kleine Kolonne ist von Kandahar aufgebrochen, um die Hatah⸗Ghilzais unweit Kelat⸗⸗Ghilzai wegen Vertreibung ihres Gouverneurs zu züchtigen. 1 8 Die gerichtliche Vorladung Dillon's hat in Dublin e Theilnahme erweckt, und man ist gespannt darauf, was derselbe thun wird. Einige seiner Freunde sind dafür, daß er Bürgschaft stellen soll. Die nationalistische artei als solche scheint dem Vorgehen der Regierung geringes bencht beizumessen. — Wie die Dubliner ‚Evening Mail“ mittheilt, werden 5000 Mann Militär dem⸗ näcstt als Verstärkung nach Irland abgehen. Außer gegen Dillon sollen noch gegen andere Führer der Rationalisten Anklagen erhoben werden. — Gestern Abend um 10 Uhr hörte man eine Explosion nahe der [Polizeikaserne in Castleisland (Irland). Die Poli⸗ ssten stürzten heraus und fanden, daß eine mit Dynamit ge⸗ füle Flasche, an der eine Lunte befestigt gewesen, die Ursache ner Vier Männer wurden, als der That verdächtig, ver⸗ aftet. Aus Birma liegen folgende Meldungen vor: Mandalay, 27. ht sähch Die in verfi ederten Theilen des Landes im Gange befindlichen oder beabsichtigten militärischen Operationen dürften, je nach ihrer Bedeutung, wie folgt klassi⸗ szirt werden: 1) den Distrikt westlich von Miubu von Frei⸗ scärlern zu säubern und die Gefangennahme des bekannten Führers derselben, Boshway, zu bewirken; 2) den Irrawaddy und den unteren Chindwin zu säubern, und Hlaoo einzufangen; h) die Banden zu schlagen und zu zersprengen, die das Land insicher machen und die Straßen zwischen Vemethen und Ningyan beherrschen; 4) die Besetzung des Distrikts Kaule; 5) das Herstreuen isolirter Banden in der Umgegend von Katha, Shemage, Fankfe, Paopa und Wundwin; 6) die Okkupation der Rubinen⸗ Minen; die Erforschung und Pacificirung des Chindwinthales; 8) die Herstellung eines Protektorats über den mächtigen Wun Tho⸗Tsobwa; h die Beherrschung des Paulandes. Endlich muß eine Expedition
Mi die Shanstaaten gesandt werden, um die Stärke der Engländer zu
demonstriren und die Shans zu Freunden zu machen.
Dublin, 30. November. (W. T. B.) Der Prozeß wenahnh Dillon ist bis zum 11. Dezember verschoben worden.
Frankreich. Paris, 30. November. (W. T. B.) In der Deputirtenkammer theilte heute bei der Berathung ddes Kredits für Madagaskar der Minister des Aus⸗ wärtigen, de Freycinet, mit, daß der französische Kesident in Madagaskar anfänglich einige Schwierigkeiten an⸗ getroffen, jetzt aber sich die Lage geändert habe und der Einfluß Frankreichs gegenwärtig der vorwiegende sei. Der ertrag werde in Kurzem zur Ausführung gelangen. Der Kredit wurde mit 289 gegen 100 Stimmen bewilligt.
„— 30. November. (W. T. B.) Gutem Vernehmen nach 8 der diesseitige Botschafter in London, Waddington, weenglische Regierung ersucht, eine definitive Antwort züglich des Suezkanal⸗Projekts zu ertheilen. — Der bandelsvertrag zwischen Frankreich und England ist abgeschlossen worden.
1 Türkei. (W. T. B.) Aus Konstantinopel wird u. d. 2i. November geschrieben: Mit lebhaftem Unwillen wurde hier 1 Nachricht deutscher Blätter gelesen, die dem Sultan be⸗ 8 6 Worte gegen England und Deutschland in
nn kund legte. Alle diejenigen, die den Sultan Abdul⸗ Hamid
88 kennen, wissen den Takt und die dü g zu würdi⸗ 18 wovon derselbe unter allen Verhältnissen Beweise ge⸗ Vhit hat, und werden alle diese ohne Zweifel diese Beschuldi⸗
88 zurückweisen, die auch von der „Norddeutschen All⸗
a hn Zeitung“ in ihrer Nummer vom 18. November als je i bezeichnet worden sind. Der Sultan hat die Worte, 8 4 hm zugeschrieben worden sind, niemals ge⸗
ochen; dieselben vertragen sich ebensowenig mit seinem harakter und mit der besonderen Höflichkeit, welche seine hönche auszeichnet, wie mit seiner Hochachtung für Deutsch⸗ stn. ind England, und dem Werth, den er auf die Freund⸗ st dieser beiden Mächte legt.
xa Serbien. Belgrad, 30. November. (W. T. B.) Die g' ungsmeldungen von einem angeblich gegen das Leben des
nigs 2 G 2 tnenbungeblanten Komplott entbehren jeder Be⸗
Sofia, 30. November. (W. T. B) Finanz⸗Minister Geschoff hat demissionirt und
der Mmnister Praäsident Radoslawoff hat interimistisch das Finanz⸗Ministerium übernommen.
Amerika. Washington, 26. November. (A. C.) Der in dem egen die zum Tode verurtheilten Anarchisten 2 Einhaltbefehl bleibt in Wirksamkeit, bis der oberste Gerichtshof von Illinois die Erkenntnisse re⸗ vidirt hat. Hierdurch wird die Entscheidung bis zum Früh⸗ jahr verzögert. Inzwischen haben die Anarchisten einen mil⸗ deren Ton angeschlagen und aufgehört, sich in blutdürstigem Geschwätz zu ergehen, wie es vor den Krawallen in Chicago an der Tagesordnung war.
New⸗York, 27. November. (R. B.) Zum Nachfolger O'Donovan Rossa's als Haupt der Dyn amit⸗Sektion der fenischen Brüderschaft ist Dr. Hamilton Williams ge⸗ wählt worden. Es verlautet, daß der neue Chef in Kurzem eine Proklamation erlassen wird, worin die künftige Politik der Partei erläutert werden soll. Die Absetzung Rossa's wurde basciner Versammlung des Fenierbundes am letzten Dienstag beschlossen.
Nachdem der Marine⸗Sekretär die Offerten der be⸗ deutenderen amerikanischen Schiffsbaufirmen zur Herstellung der vom Kongreß genehmigten neuen Kreuzer für die Marine erhalten hat, erklärt er, daß die Beträge der Angebote, welche acceptirt werden dürften, etwa 15 Proz. höher sind, als ähnliche Schiffe auf britischen Werften kosten würden, was seinen Grund in der größeren Billigkeit der Arbeit und des verfügbaren Materials habe. Die neuen Kreuzer sollen sofort in Angriff genommen werden, sobald die Zuweisung der Kontrakte erfolgt ist.
Afrika. Egypten. Kairo, 26. November. (A. C.) Einem soeben aus ady⸗Halfa eingegangenen amtlichen Bericht zufolge ist eine große Anzahl der Negertruppen, die ursprünglich einen Theil der egyptischen Armee bildeten und später aus einem oder dem anderen Grunde zu den Rebellen übergingen, aus dem Rebellenlager desertirt und hat Zuflucht in Wady⸗Halfa gesucht. Mehrere der⸗ selben wurden indeß wieder eingefangen, ehe sie die britischen Linien erreichten. Sie wurden nach dem Hauptquartier der Rebellen zurückgebracht und dort durch Pfählen und Feuer
grausam zu Tode gemartert, wobei man Sorge trug, die Be⸗
strafung so öffentlich als möglich zu machen, damit sie für Andere als abschreckendes Beispiel diene. Die Deserteure bekunden, daß die Negertruppen, die sich noch bei den Rebellen be⸗ finden, sowie viele Stämme, sich bei der ersten Gelegenheit unterwerfen würden, da sie durch ihre bisherigen Leiden in hohem Grade entmuthigt seien und weitere Entbehrungen nicht erdulden wollten. Oberst Kitchener dringt auf den un⸗ verzüglichen Vormarsch von Suakim nach Tokar, da, wie er behauptet, die dortigen freundlichen Stämme nicht der Aufgabe gewachsen seien, es mit dem Rebellenlager daselbst aufzunehmen.
Zeitungsstimmen.
Die „National⸗Zeitung“ schreibt zur Militärfrage:
Der schon am Sonnabend von uns konstatirte Eindruck, daß von deutsch⸗freisinniger Seite der Militärvorlage nicht der direkte Wider⸗ spruch entgegengesetzt wird, welcher vor der Eröffnung der Session angekündigt war, dauert fort. Er beruht sowohl auf Aeußerungen von Abgeordneten der Partei, als von Preßorganen derselben. Freilich bleibt es vor der Hand auch noch dabei, daß die Bereitwilligkeit zur Verständigung zunächst an Bedingungen geknüpft wird, auf deren An⸗ nahme Seitens der Regierung nicht gerechnet werden kann; so faßt z. B. die zu den gemäßigsten deutsch⸗freisinnigen Blättern zählende „Weser Ztg.“ ihre Ansicht wie folgt zusammen: “
Mit der Friedensstärke führt man keine Kriege, die Kriegsstärke hängt aber von der Einstellungsziffer ab, und wenn der Reichstag die eforderte Vermehrung derselben sammt den neuen Cadres bewilligt, 1. hat er auch die Erhöhung der Kriegsstärke bewilligt. Es kann ihm nicht der Vorwurf gemacht werden, für die Sicherheit des Reichs nicht genügend Sorge getragen zu haben. Sollten unsere liberalen Freunde das Prsgramm aufftellen: Bewilligung der geforderten Ver⸗ mehrung der Einstellung und der Cadres, dreijähriger Heeres⸗Etat, zweijährige Dienftzeit, so hoffen wir auf eine Verständigung mit den Regierungen. Schlimmstenfalls könnte der Reichstag darauf rechnen, die Wähler auf seiner Seite zu haben. 8 8
Das könnte sich doch leicht als eine Illusion erweisen. Betreffs der Dauer der Dienstzeit dürften die Wähler der erprobten Heeres⸗ leitung ein maßgebenderes Urtheil zutrauen, als militärischen Dilettanten, einschließlich solcher, welche das⸗ reiwilligenjahr gedient haben. Die gesetzlich dreijährige Dienstzeit bei den Fahnen beträgt thatsächlich bei der Infanterie durchschnittlich jetzt nur 2. Jahre 4 ½ Monate; für einen großen Theil der Mannschaften ist sie noch erheblich kürzer, bleibt sie sogar unter zwei Jahren; aus dieser frühzeitigen Entlassung der in solcher Frist genügend aus⸗ zubildenden Mannschaften folgt, daß die I1616“ die übrigen eben nur darum annähernd drei Jahre bei den Fahnen behält, weil nach ihrer Ueberzeugung diese Wehrpflichtigen nicht in kürzerer Zeit genügend auszubilden sind. Die Länge der thatsächlichen Durch⸗ schnittsdienstzeit hat vielfach geschwankt, und es mag deshalb immerhin der Versuch gemacht werden, sie Angesichts der Nothwendigkeit großer Mehrleistungen an Mannschaften und Geld zur Erleichterung dieser einigermaßen herabzudrücken. Der Gedanke aber, bei diesem Anlaß an die Stelle der gesetzlichen dreijährigen, die gesetzliche zweijährige Dienstzeit einzuführen, oder die Dienstzeit auch nur thatsächlich der⸗ gestalt zu vermindern, daß sie längstens, also auch für die un⸗ begabtesten Mannschaften, zwei Jahre dauerte, scheint uns völlig aussichtslos.
(Ein „Ve rmittelungsvorschlag“). Der Vorschlag, unter der Bedingung der Einführung der zweijährigen Dienstzeit die Militär⸗ vorlage in ihren wesentlichen Bestandtheilen anzunehmen, wird jetzt in vielen deutsch⸗freisinnigen Blättern als Grundlage einer Verständigung behandelt, durch deren Beantragung die Deutsch⸗Freisinnigen ihre Bereitwilligkeit zur Gewährung alles Nothwendigen beweisen und durch deren Ablehnung die Regierung sich vor den Wählern ins Un⸗ recht setzen würde. Wir haben uns gestern darauf beschränkt, die Un⸗ wahrscheinlichkeit eines Eingehens der Militärverwaltung auf die zwei⸗ jährige Dienstzeit hervorzuheben; da jener Vorschlag aber offenbar vielfach in seiner Tragweite nicht erkannt wird, vielleicht diese sogar seinen Urhebern nicht ganz zum Bewußtsein gekommen ist, so müssen wir doch darauf aufmerksam machen, daß derselbe keine Vermittelung, sondern die vollständige Ablehnung der Vorlage enthält.
Die letztere bezweckt zunächst die Erhöhung der Präsenzstärke; diese soll dadurch erxeicht werden, daß jeder der drei Rekruten⸗Jahr⸗ gänge, welche jetzt zur Einstellung gelangen, um 13 — 14 000 Mann verstärkt wird. enn man nun zwar diese Verstärkung der Rekruten⸗ Jahrgänge bewilligte, statt drei aber nur zwei solche im Frieden bei der Fahne hielte, so würde der Präsenzstand nicht erhöht, sondern erheblich herabgesetzt werden; statt von 427 000 auf 468 000 Mann gesteigert zu werden, würde er auf etwa 350 000 Mann vermindert werden. 18 1
Der zweite Hauptpunkt der Vorlage ist die Formirung einer An⸗ zahl neuer Cadres. Diese, so wird von den Vertretern des „Ver⸗ mittelungsvorschlages“ erklärt, wolle man unter der erwähnten Be⸗
dingung bewilligen. Aber die neuen Cadres werden völlig überflüssig, ja größtentheils sogar unmöglich, wenn die Präsenzstärke, anstatt er⸗ höht zu werden, vermindert wird! Für die gegenwärtige Friedens⸗ stärke genügen die bestebenden Cadres; dieselben würden bei der Herab⸗ setzung der Friedensstärke, welche die Folge der zweijährigen Dienst⸗ zeit wäre, nicht einmal in der bisherigen Weise gefüllt werden können; um wieviel weniger könnte dabei von der Errichtung neuer Cadres die Rede sein!
Der Vorschlag der Verstärkung der Rekruteneinstellung unter Herabsetzung der gesetzlichen Dienstzeit auf zwei Jahre bezweckt auch n eine Erhöhung der Kriegsstärke, das ist zuzugeben. Aber er erstrebt sie auf einer völlig anderen Grundlage als der vorliegende Entwurf, er hat mit diesem gar nichts gemein; er will eine durchaus veränderte Gestaltung des Heeres. Dazu würde eine Armeeleitung gehören, welche bei so veränderten Grundlagen die Verantwortlich⸗ keit für die Folgen zu tragen bereit wäre; diese Vorbedingung aber fehlt offenbar.
Dasselbe Blatt bemerkt über die gestrige Etatsdebatte:
... Von freisinniger Seite ist heute die Finanzlage, zu deren Besserung allerdings diese Partei in der vorigen Session, unter Be⸗ streitung der Nothwendigkeit irgend einer Bewilligung, jede Mitwir⸗ kung verweigert hat, auf die gesammte Finanz⸗ und Wirthschaftspolitik seit 1879 zurückgeführt worden. Wir hatten und haben an der letzteren auch unsererseits viel auszusetzen, indeß das bleibt unbestreitbar, daß die seitdem beschafften Einnahmen, über deren Verschwinden geklagt wird, nur mit der Zustimmung der Reichs⸗ resp. Landesvertretung verwendet worden sind, daß die Verwendung also von dieser für nothwendig gehalten wurde. Insbesondere im Reichstage war ja seit 1884 ohne Mitwirkung der Freisinnigen oder des Centrums, welche zusammen über die Mehrheit verfügen, keine Ausgabe möglich; es wird ihnen aber auch für die vorhergegangene Zeit schwer werden, irgend eine erhebliche Geldverwendung namhaft zu machen, der sie — abgesehen von den finanziell noch wenig ins Gewicht fallenden preußischen Polengesetzen — sich sämmtlich wider⸗ setzt hätten. Was soll also die vor den Wählern erhobene Klage über das Verschwinden der neuen Einnahmen, welche seit 1879 be⸗ willigt worden! Die Bedürfnisse sind eben gewachsen, und die Volks⸗ vertretung, fast durchweg unter Mitwirkung der Opposition, hat dies anerkannt. Ein Theil der letzteren, das Centrum, hat sogar in Preußen die wirklich nicht zu rechtfertigende Vertheilung von Geldern, welche nach der Finanzlage geborgt werden müssen, an die Kreise durch das Huene'sche Gesetz veranlaßt. ...
Reichstags⸗Angelegenheiten.
Mannheim, 30. November. (W. T. B.) Nach dem nun⸗ mehr vorliegenden amtlichen Resultat der hiesigen Reichs⸗ tags⸗Ersatzwahl erhielten Diffené (nationalliberal) 7636, Dreesbach (Soz.) 6818, Boul (Centr.) 2033 und Stockhorner (kons.) 1002 Stimmen. Es ist mithin eine Stichwahl zwischen Diffené und Dresbach erforderlich.
Statistische Nachrichten.
(Berl. Z.⸗C.) Am Jahresschluß 1885 bestanden in Preußen überhaupt 81 Knappschaftsvereine gegenüber 83 im Vorjahre, nachdem sich nämlich am 1. April 1885 der Niederschlesische und der Muskauer Knappschaftsverein zu einem vereinigt hatten und unter dem 1. Juli 1885 der Rheinische und Oberbergische Knappschaftsverein gleichfalls zusammengelegt worden waren. Diese 81. Knappschaftsvereine umfaßten 1974 Bergwerke, Hütten und Salinen gegen 2071 im Vor⸗ jahre. Die Anzahl der meistberechtigten Vereinsgenossen (ohne die beurlaubten) stieg von 180 509 am Jahresanfang auf 180 902 am Jahresschlusse 1885, also um 393 Mann, diejenige der minderberechtigten fiel von 154 584 auf 153 651, also um 933 Mann. Demnach ergiebt sich eine Gesammtmitgliederzahl am Jahresschlusse von 334 553 gegen 335 093 am Jahresanfange.
Die Gesammtzahl der im Laufe des Jahres 1885 aus Vereins⸗ mitteln unterstützten Personen belief sich auf 115 359, nämlich auf 28 133 Invaliden, 30 755 Wittwen und 56 471 Waisen; von den⸗ selben blieben am Schlusse des Jahres 105 374 zu unterstützende Per⸗ sonen, nämlich 25 779 Invaliden, 29 140 Wittwen und 50 455 Waisen. . 1
Die Gesammteinnahme aller preußischen Knappschaftsvereine stellte sich im Jahre 1885 auf 17 113 699 ℳ gegen 16 138 728 ℳ im Jahre 1884, dieselbe stieg also um 6,04 %% Die Gesammtansgabe betrug 17 481 8* ℳ, gegen 15 566 765 ℳ im Vorjahre; es hat demnach eine Mehrausgabe von 1 914 980 ℳ oder 12,3 % statt⸗ gefunden. Unter Abrechnung von 352 458 ℳ für den Ankauf von Immobilien u. s. w. beschräntt sich die Ges ammtausgabe auf 17 129 287 ℳ; darnach ergiebt sich ein Zuschuß von 15 588 ℳ Das Vermögen der Knappschaftsvereine fiel in Folge dessen ebenfalls, wenn auch nur um 7749 ℳ oder 0,03 %; dasselbe betrug am Jahresanfange 25 921 728 ℳ und am Jahresschlusse 25 913 979 ℳ Zu der angegebenen Gesammt⸗ einnahme trugen im Jahre 1885 die Knappschaftsgenossen 8 100 819 ℳ, die Werkseigenthümer 7 527 480 ℳ bei, der Rest der Einnahme bestand in Kapitalzinsen, Nutzen des Immobiliarvermögens, Beitritts⸗ und Strafgeldern und einzelnen sonstigen Einnahmen.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Zur Feier des 100 jährigen Jubiläums der König- lichen Bühnen zu Berlin erscheint im Verlage des „Berliner Verlags⸗Comtoirs“ eine von dem Geheimen Hofrath C. Schäffer und dem Hofrath C. Hartmann (von der General⸗Intendantur der König⸗ lichen Schauspiele) herausgegebene Geschichte der Königlichen Bühnen. Diese erste authentische Darstellung enthält neben einer grundlegenden statistischen Arbeit über sämmtliche Aufführungen auf den Königlichen Bühnen das sehr interessante Personalverzeichniß und die Geschichte der Theatergebäude. Das mit zahlreichen Illustra- tionen geschmückte Werk dürfte nicht nur dem Spezialforscher, sondern auch jedem Theaterliebhaber willkommen sein.
— „Wie es Schneewittchen bei den sieben Zwergen erging, seinen Kindern an Winterabenden gezeichnet von W. Stein⸗ hausen und mit Versen versehen von Gevatter J. F. Hoff, ein Cyklus von 16 Bildern in Holzschnitt, J. Ettling, und dem Text des Märchens in gebundener Rede von J. D.“ (Verlag von Johannes Alt in Frankfurt a. M. In farbigem, vom Künstler gezeichneten Titel Umschlag, kart., Preis 4 ℳ) — Das liebliche Märchen wird in dem Anhang in Versen erzählt, die der kindlichen Anschauung an⸗ gepaßt sind. Der Hauptreiz des Buchs liegt in den 16 Bildern aus „Schneewittchen“, die W. Steinhausen gezeichnet hat und die ebenfalls mit kleinen erklärenden Versen versehen sind. Der Künstler hat sich bei den im Holzschnitt sauber wiedergegebenen Bildern die alten Meister in Auffassung und Ausführung zum Muster genommen, indem er, auch auf ein Zeugniß Jean Paul's gestützt, die kindliche Phantasie nicht auf den Irrweg leiten will, auf welchen bunte Bilder mit auf⸗ regenden oder verzärtelten Gestalten sie führen. Auch um dieses ethi- schen Zwecks willen, den der Künstler in dem Vorwort eingehend er⸗ örtert hat, verdienen diese Schneewittchenbilder alle Beachtung.
— „Paul Moser's Notiz⸗Kalenderals Schreibunter⸗ lage“ ist im 11. Jahrgange für das Jahr 1887 erschienen (Berliner Lithographisches Institut, Julius Moser, Berlin W., Potsdamer Straße 110, Preis 2 ℳ, in eleganterer Ausstattung bis 7,50 ℳ). Derselbe hat, seinem Zweck entsprechend, Folioformat und ist mit einem Tuchdeckel versehen. Für Notizen sind auf jedes Blatt nur sechs Tage gebracht, sodaß für jeden Tag genügender Raum zum Schreiben bleibt. Zwischen allen Blättern ist Löschpapier geheftet. Mit diesem praktischen Aeußeren verbindet der Kalender einen ebensolchen Inhalt. Man findet in ihm einen Comptoirkalender, Einnahme⸗ und Ausgabetabellen für jeden Monat, Raum für Familiengedenktage, dann zahlreiche, dem Geschäftsmann wichtige Notizen: über