8 1“ Erster Bericht der Kommission für das Unterrichtswesen über Petitionen. (A. Petition des Gemeinderaths in Kirchhoven, betreffend die Ausschulung der zur Gemeinde Kirchhoven ge⸗ hörigen Kinder der Ortschaften Haas und Haaserdriesch aus der Schule zu Neuhaaren. B. Petition des Schneider⸗ meisters Tenzer und Genossen in Ober⸗Kamitz um Ertheilung der Erlaubniß, ihre Töchter in die von Schulschwestern ge⸗ leitete Mädchenschule zu Weißwasser zu schicken. — C. Peti⸗ tionen von Volksschullehrern um Erlaß eines Dotationsgesetzes für die Lehrer und Lehrerinnen an öffentlichen Volksschulen. — D. Petitionen von Lehrern und Lehrerinnen um Erlaß eines Pensionsgesetzes für Lehrer und Lehrerinnen an Mittel⸗
schulen.)
Nichtamtliches. Deutsches Reich. 1“
Preußen. Berlin, 8. März. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen heute den kommandirenden General des Garde⸗Corps, General der Infanterie von Pape, und arbeiteten mit dem Chef des Militärkabinets, General von Albedyll.
— Ihre Majestät die Kaiserin und Königin empfing am Sonntag nach Sr. Majestät dem Kaiser und König das Präsidium des Reichstages in Audienz.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz besuchte gestern Abend 7 Uhr das Opernhaus und dann die Vorstellung der Meininger Hoftheater⸗Gesellschaft im Victoria⸗Theater. 8
Der Bericht über die gestrige Sitzung des Reichstages befindet sich in der Ersten Beilage.
In der heutigen (4.) Sitzung des Reichs⸗ tages, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗Minister von Boetticher, der Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts, Dr. Jacobi, sowie andere Bevollmächtigte zum Bundesrath nebst zahlreichen Kommissarien desselben beiwohnten, theilte der Prä⸗ sident zunächst mit, daß der zwischen dem Reich und Serbien am 3. Juli v. J. abgeschlossene Vertrag, betr. den gegenseitigen Schutz der gewerblichen Muster und Modelle, und die Nach⸗ weisung der Einnahmen und Ausgaben der Wahlkonsulate des Reichs nebst Belegen eingegangen sind.
Auf der Tagesordnung stand die erste Berathung des Entwurfs ein es Gesetzes, betreffend die Fest⸗ stellung des Reichshaushalts⸗Etats für'das Etats⸗ jahr 1887/88 — in Verbindung mit der ersten Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Auf⸗ nahme einer Anleihe für Zwecke der Verwaltungen des Reichsheeres, der Marine und der Reichs⸗ Eisenbahnen, sowie zur vorläufigen Deckung der aus dem Reichs⸗Festungsbaufonds entnommenen Vorschüsse.
Der Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts, Jacobi, wies darauf hin, daß der Etat wesentlich dieselbe Gestalt habe wie der im November v. J. vorgelegte; er könne sich deshalb in der Hauptsache auf die damals gegebenen Erläuterungen beziehen. Daß die finanzielle Lage die Vermehrung der in⸗ direkten Steuern erfordere, sei eine genugsam bekannte That⸗ sache. Wie weit die Vorarbeiten für die bezüglichen Vor⸗ lagen gediehen seien, darüber Mittheilungen zu machen, sei jetzt nicht an der Zeit. Für den Augenblick hätten die ver⸗ bündeten Regierungen nur den Wunsch, den Etat rechtzeitig fertig gestellt zu sehen.
Der Abg. Freiherr von Huene bemerkte, daß der un⸗ verändert vorgelegte Etat eine abgekürzte Berathung gestatten werde. Seine Partei sei bereit, an der Vermehrung der Ein⸗ nahmen aus den indirekten Steuern mitzuarbeiten, voraus⸗ gesetzt, daß das Monopol ausgeschlossen bleibe. Gegen eine Reichs⸗Einkommensteuer müsse er sich nach wie vor erklären.
Bei Schluß des Blattes nahm der Abg. Freiherr von Maltzahn⸗Gültz das Wort.
— Der von einem Angeklagten gewählte Vertheidiger hat nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Strafs., vom 3. Januar d. J., nur dann Anspruch auf gerichtliche Ladung zur Hauptverhandlung, wenn der Angeklagte selbst die erfolgte Wahl seines Vertheidigers dem Gericht vorher angezeigt hat, oder der durch Vollmacht legitimirte Vertheidiger dies gethan hat. Hat jedoch der gewählte Vertheidiger seine Wahl dem Gericht ohne Beifügung der ihm angeblich er⸗ theilten Vollmacht angezeigt, so braucht das Gericht dieser Anzeige Beachtung nicht zu schenken.
— Mit Bezugnahme auf Nr. 20 des Regulativs über Ausbildung, Prüfung und Anstellung für die unteren Stellen des Forstdienstes in Verbindung mit dem Militärdienste im Feaeeaehs vom 1. Februar 1887 hat der Minister für
andwirthschaft ꝛc., unterm 19. v. M., unter entsprechender Abänderung des Ausschreibens vom 17. Februar 1874 zu c bestimmt, daß künftig der Mindestbetrag an Tage⸗ geldern für die in einer Königlichen Oberförsterei ihre Prüfungsbeschäftigung erledigenden Reservejäger der Klasse A auf 1 ℳ 80 ₰ statt bisher 1 ℳ 40 ₰ festgesetzt werde. Im Uebrigen regelt sich der Diätensatz der Prüflinge unter Berücksichtigung des Dienstalters lediglich nach den in dem Ausschreiben vom 17. Februar 1874 zu a und b ange⸗ gebenen Sätzen. Diese kommen künftig auch bei der ersten Einberufung von Reservejägern zur Beschäftigung in An⸗ wendung, ohne daß die zu d der angezogenen Verfügung angeordnete Kürzung eintritt.
Imgleichen sind unter Hinweis auf §. 18 des Regula⸗ tivs die Bestimmungen des Ausschreibens vom 10. Oktober 1874 dahin abgeändert, daß an Stelle des mit Anführungs⸗ zeichen versehenen Abschnittes folgender Satz tritt:
„Wenn solches dem Oberförster gestattet wird, ist derselbe aber zu verpflichten, dem betreffenden Forstaufseher oder Hülfsjäger ent⸗ weder freie Station, d. h. freie Wohnung nebst Heizung und freie Beköstigung, oder statt derselben eine baare Vergütung von dreißig Mark monatlich aus seiner Dienstaufwandsentschädigung zu gewähren, wogegen in beiden Fällen die dem Forstaufseher oder Hülfsjäger zu bewilligende Besoldung um Vier und zwanzig Mark monatlich
geringer, als der ihm nach seinem Dienstalter zukommende Satz zu bestimmen ist.“
Vorstehende Aenderungen treten mit dem 1. April d. J.
Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königlich bayerischer Ober⸗Regierungs⸗Rath Heller und Fürstlich schaum⸗ veeeerifcer Regierungs⸗Präsident Spring, sind hier ein⸗ getroffen.
— Der General der Kavallerie, à la suite der Armee, Fürst zu Hohenlohe⸗Langenburg, ist hier eingetroffen.
— Als Aerzte haben sich niedergelassen die Herren: Dr. Körner, Dr. Asch und Dr. Weinhold in Breslau, Preuß in Bernstadt, Dr. Roberg in Greven.
Bayern. München, 8. März. (W. T. B.) Prinz Arnulf von Bayern ist unter Beförderung zum General⸗ Lieutenant, an Stelle des pensionirten Generals Heckel, zum Commandeur der ersten Division ernannt worden.
Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 7. März. Gegenüber den Unwahrheiten, welche in französischen Blättern über die zur Uebung einberufenen Reservisten aus dem Reichslande verbreitet worden sind, schreibt das „Frankf. Journal“: Die Wahrheit ist die: Von den üblicherweife zur Deckung des durch entschuldigtes oder nichtentschuldigtes Ausbleiben ent⸗ stehenden Ausfalls an Mannschaften wurden heuer 10 Proz. über den eigentlichen Bedarf einberufen. Da dieselben aber, wie von der Militärbehörde mit Genugthuung konstatirt werden konnte, sich mit seltener Pünktlich⸗ keit und nahezu vollzählig gestellt haben — einige darunter waren sogar aus Frankreich und selbst Paris ein⸗ getroffen, um dem an sie ergangenen Ruf Folge zu leisten —, o konnten sämmtliche Reklamationen berücksichtigt und eine Reihe von Reservisten sofort nach stattgehabtem Appell entlassen werden. Die Aufführung der Mannschaften unter den Waffen war allgemein eine rühmenswerthe, die Stimmung eine ausgezeichnete, wie schon der Umstand beweist, daß man allerorts und immer wieder von Neuem, die „Wacht am Rhein“ zu Ohr bekam. Ungeachtet der räuhen Witterung und der anstrengenden Schieß⸗ und Felddienst⸗ übungen war auch der Gesundheitszustand ein vorzüglicher. So waren beispielsweise im Ganzen nur 4 Kranke bei den etwa 2100 nach Mülhausen beorderten Reservisten. Daß auch nach erfolgter Einberufung und als die Kriegsgerüchte ihren Höhepunkt erreichten, von den Offizieren an ein Durchbrennen der Leute nicht gedacht wurde, geht schon genugsam aus der Thatsache hervor, daß in der nämlichen Stadt Mülhausen über den Sonntag mehr denn 400 Reservisten einen Urlaub nach der Heimath erhielten. Um nun auch die Sache in Zahlen auszudrücken, sei noch mitgetheilt, daß nach amtlicher Feststellung von sämmtlichen einberufenen elsaß⸗lothringischen Reservisten sich im Ganzen 1 ⅜ Prozent nicht gestellt haben: ein Verhältniß, wie es kaum günstiger in den alten Provinzen des Reichs zu treffen ist. Diese wenigen Unglücklichen, die sich von den Sirenengesängen ihrer ehemaligen Landsleute verleiten ließen, Vaterland, Heimath und heimischen Herd zu verlassen, sind übrigens nicht einmal nach Frankreich, sondern auf das neutrale Gebiet der 2 Belgiens und des Großherzogthums Luxemburg ge⸗ flüchtet.
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Oesterreich⸗Ungarn. Pest, 4. März. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der österreichischen Delegation konstatirte der Minister Graf Kaälnoky die Ueberein- stimmung der Beschlüsse beider Delegationen, sprach alsdann im Namen des Kaisers dessen Dank für die patriotische Einmüthigkeit und Opferwilligkeit der Delegationen aus und dankte im Namen der Re⸗ gierung für das ihr bewiesene Vertrauen. Der Präsident hob in seinem Schlußwort die Bedeutung des Votums als einer imposanten, einstimmigen Kundgebung zur Wah⸗ rung und Sicherheit des Staates hervor, die wesent⸗ lich dazu beitragen werde, das Ansehen des Reiches zu heben und die Hoffnung auf Erhaltung des Friedens zu stärken. „Hierbei bauen wir,“ so schloß der Präsident, „vor Allem auf die Weisheit und väterliche Fürsorge des Kaisers.“ In das von dem Präsidenten ausgebrachte dreimalige Hoch auf den Kaiser stimmten die Anwesenden begeistert ein, worauf der Präsident die Sitzungen der Delegation für geschlossen erklärte.
Niederlande. Haag, 7. März. (W. T. B.) Die Zweite Kammer genehmigte heute mit 43 gegen 28 Stimmen den Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung der Be⸗ stimmungen der Verfassung über die Thronfolge. Nach demselben sollen im Fall des Nichtvorhandenseins von direkten Nachkommen des Königs zur Thronfolge berechtigt sein: in erster Linie die Großherzogin Sophie von Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach und deren Nachkommen, dann die Nachkommen der verstorbenen Prinzessin Marianne, darauf die der verstorbenen Prinzessin Luise von Schweden und endlich die Nachkommen der Fürstin Marie zu Wied.
Großbritannien und Irland. London, 7. März. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses erklärte der Unter-Staatssekretär Fergusson: der französische Kriegs⸗Minister bestehe allerdings in den Kon⸗ trakten für militärische Lieferungen auf Verwendung fran⸗ zösischen Leders, 2 sei eine Erhöhung des französischen Lederzolls nicht beabsichtigt. Der englischen Finanzpolitik laufe es zuwider, Retorsionszölle auf französische Fabrikate zu legen. — Weiter theilte der Unterstaats⸗Sekretär mit: wie verlaute, hätten die Thibetaner den Jeleta⸗Paß durch ein Fort gesperrt. China werde unzweifelhaft seinen Verpflichtungen hinsichtlich der Belebung des Han⸗ dels zwischen Indien und Thibet nachkommen. — Auf eine bezügliche Anfrage erwiderte Goschen: die Regierung wolle für das laufende Jahr auf das Kopfgeld in Egypten verzichten und den Betrag desselben zur Bestreitung der außerordentlichen Kosten verwenden lassen, die aus dem Dienst der egyptischen Armee unter britischem Befehlshaber im Jahre 1885 erwachsen seien. Die Nachtrags⸗Kredite des Kriegsamts, welche morgen publizirt werden würden, um⸗ Füe die von England in Egypten zu tragenden Gesammt⸗ osten.
— 8. März, früh. (W. T. B.) Das Unterhaus hat in seiner gestrigen Sitzung den für die Mission Wolff's nach Egypten geforderten Nachtragskredit mit 234 gegen 146 Stimmen angenommen. Bei der Berathung des Kredits erklärte der Unter⸗Staatssekretär Fergusson:
in Kraft.
von der Mission Wolff's seien sehr werthvolle Ergebnisse
W11“ wichtige Informationen desselben über die Uebel, an Egypten kranke, und über die erforderlichen Mittel Abhülfe, namentlich in Bezug auf die Kapitulationen Reform des Justizwesens, Zollwesens, Postwesens, sowit betreffks der Staatsschuld und der Eisenbahnen enthalte werde dem Hause demnächst vorgelegt werden. Von der Ausführung aller dieser Reformen hänge die Zurück⸗ ziehung der englischen Truppen ab. So lange ii⸗ egyptische Regierung außer Stande sei, innerhalb Grenzen Ordnung zu erhalten und die im Lande befind⸗ lichen Fremden zur Tragung eines der Blilligkeit ent. sprechenden Theils der Staatslasten heranzuziehen, eine Räumung Egyptens durch die englischen Truppen verfrüht, denn dieselbe würde nur das Signal sein zu neuen Unheil oder der Grund zur Intervention irgend einer anderen ausländischen Macht. Sir Drummond Wolff erfülle gegen⸗ wärtig in Konstantinopel den letzten Theil seiner Mission und habe der Pforte mit Vorwissen der Mächte Vorschläge ge
macht, die die Lage Egyptens hoffentlich bessern, die Gefahren denen das Land ausgesetzt sei, beseitigen, und England in der Stand setzen würden, die Okkupation in einer Weise zu beenden, die Egypten keinem gefährlichen Risico aussetze. Die Unterhand lungen Wolff's hätten ein Stadium erreicht, das große Hof⸗ nung auf Erfolg gewähre. Die Mächte hätten sich jeder Pression enthalten; keine derselben habe Wolff's Vorschläge bekämpft; mehrere Mächte hätten dieselben unterstützt, einige andere deren Annahme von keineswegs unüberwindlichen Be⸗ dingungen abhängig gemacht. .
— (A. C.) Aus Birma wird gemeldet:
Kalkutta, 4. März. Das in Ober⸗Birma, an der Grenze von Mambur, gelegene Rubo⸗Thal ist von den Eagländern annektirt worden. Man hofft, daß dadurch die Ruhe in dem von oberen Stromlauf des Chindwin durchflossenen Gebiet wiederhergestellt Das 14. Gurkha⸗Infanterie⸗Regiment wird den Rubo⸗Distritt
esetzen.
„Italien. Rom, 7. März. (W. T. B.) Bonghi über⸗ reichte dem Präsidium der Kammer heute zwei Inter⸗ pellationen: eine an den Minister⸗Präsidenten Depretis⸗
sung, und eine zweite an die Minister Graf Robilant und Ricotti mit der Frage: welche auswärtige und welche Kolonialpolitik die Regierung zu befolgen gedenke.
Bulgarien. Sofia, 8. März. (W. T. B.) Mehrer⸗ der verhafteten Personen sind wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Dem Vernehmen nach hat der Staats⸗ anwalt auch die Freilassung des früheren Ministers Sarafow, sowie diejenige Luscanow's, eines Schwieger⸗ sohns von Zankow, angeordnet. Der verhaftete vormalige Minister Nikiforow hatte dem französischen General⸗ Konsul zur Kenntniß gebracht, daß er mißhandelt worden sei; die Regierung hat darauf angeordnet, daß Nikiforon im Beisein des Staatsanwalts und des Stadtkommandanten durch zwei Civilärzte untersucht werde.
Ein Telegramm der „Agence Havas“ aus Bukarest, vom 8. März, berichtet: Nach einer Meldung aus Rustschuk sollen dort große Vorsichtsmaßregeln getroffen sein, da ein neuer Aufstand befürchtet werde; in Rustschuk und Turtukaiseien zahlreiche Verhaftungen vorgenommen worden.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 7. März (W. T. B.) Bei dem deutschen Botschafter, General von Schweinitz, fand heute ein Galadiner statt, zu welchem der Großfürst und die Großfürstin Wla⸗ dimir, der Herzog und die Herzogin Johann Al⸗ brecht von Mecklenburg⸗Schwerin sowie zahlreiche Herren und Damen vom Hofe und aus der Diplomatie ge— laden waren.
Amerika. Washington, 3. März. (A. C) Der PräsidentCleveland hat das Fischerei⸗Repressalien⸗ Gesetz unterzeichnet. — Die Vorlage, betreffend die Errichtung von Befestigungen für die Küstenver theidigung wird in der laufenden Kongreß⸗Session nicht zur Berathung gelangen können, und eine außerordentliche Session voraussichtlich nicht als nothwendig befunden werden.
schlossene Vertrag gestattet ersteren, auf der Insel eine Kohlenstation zu errichten. Die Souveränetät des Königs wird aufrecht erhalten.
— 4. März. (A. C.) Die Gesetze über die Einlösung der Trade⸗Dollars und gegen die Vielweiberei sind vom Präsidenten unterzeichnet worden “
Zeitungsstimmen.
Auslande gemacht, zeigt ein Schreiben, welches die „Nord⸗ deutsche Allgemeine Zeitung“ aus den Vereinigten Staaten von einem dort wohnenden Deutschen erhalten hat; darin heißt es:
Mit wahrer Freude und der aufrichtigsten Genugthuung wird jeder Deutsche das Ergebniß der Wahlen begrüßen; das ist ein großer Sieg unseres Bismarck und der einzig richtigen Interessen unseres Volkes Dieses Volk hat durch all die Schwätzereien der Opposition sich nicht irre machen lassen und zu Kaiser und Reich gehalten. Seit langer Zeit kann der Deutsche im Auslande wieder einmal mit Stol⸗ die Nachrichten aus seinem Vaterlande lesen.
Daß gerade die Partei, die durch ihre undeutsch⸗unfreisinnige Haltung sich die Mißbilligung der Nation zuzog, in den Wahlen so gründlich abgeführt wurde, ist ein freudiges Ereigniß und zugleich ein Beweis für die Erweckung des Volkes aus einem bösen Traum. Und nicht nur Deutsche sind es, das beweisen die hiesigen englischen Blätter, „New⸗York Herald“, die sich hier zu Lande des Sieges freuen und die Gerechtigkeit und Weisheit der Politik der deutschen Regierung anerkennen; es verdient hervorgehoben zu werden, daß gerade das größte meist gelesene amerikanische Blatt offen Partei für Bismarck und die Ordnung nimmt.
— Indem die hiesige „Volks⸗Zeitung“ das Ergebniß der Stichwahlen bespricht, sagt sie: Die Genugthuunng, welche in einzelnen freisinnigen Blättern über
⸗ G dH z. B. de
Mögen dieselben überwiegend zu Gunsten der oppositionellen Parteien und insbesondere auch zu Gunsten der deutschfreisinnigen Reichstags⸗ fraktion ausgefallen sein, so ist damit thatsächlich sehr wenig geleistet. Das ernste, politische Ziel, welches von oppositioneller Seite in den Stichwahlen zu verfolgen war, die Beschränkung der Kartellmehrheit auf die im ersten Wahlgange erzielten, noch sehr wenig zureichenden Erfolge, ist nicht erreicht worden.. Was uns anbetrifft, so haben wir sofort nach dem 21. Februar wiederholt
u erwarten; der Schriftenwechsel mit Wolff, der sehr
klipp und klar ausgeführt, worauf es für einen, den Interessen des
über die Gründe der Ministerkrisis und deren Lö⸗
— Der zwischen den Vereinigten Staaten und Tonga ge
Welchen Eindruck das Wahlergebniß des 21. Februar im
den Entscheid der Stichwahlen laut wird, können wir nicht theilen.
Volkes günstigen Ausfall der Stichwahlen in erster Reihe ankam: nämlich auf ein ehrliches Handinhandgehen der freisinnigen und sozial⸗ demokratischen Wähler. Eine andere Politik war unmöglich, wenn überhaupt ein ernstlicher Kampf gegen die Reaktion geführt werden sollte. Die sozialdemokratische Partei war sich trotz ihres viel⸗ geschmähten „Utopismus- darüber vollkommen klar; sie verzichtete auf den „revolutionären“ Standpunkt, alle anderen Parteien für eine reaktionäre Masse“ zu erkläcen und sich demzufolge der Stimm⸗ abgabe bei Stichwahlen zu enthalten; ihre Parteileitung forderte zur Unterstützung aller Oppositionskandidaten auf, soweit sich dieselben auf zwei, für jede freiheitlich gesinnte Partei ganz selbstverständ⸗ liche, Bedingungen verpflichteten, und die sozialdemokratischen Wähler kamen dieser Aufforderung willig nach... Nicht anders als mit tiefem Bedauern, aber unter dem Zwange einer unerbittlichen Nothwendigkeit müssen wir der deutschfreisinnigen Partei ein gleiches Lob versagen. Wir legen kein besonderes Gewicht darauf, daß ihre Parteileitung den einzig richtigen Standpunkt nur in verdeckter Weise eingenommen hat, indem sie empfahl, bei den Stichwahlen sich weder der Stimmabgabe zu enthalten, noch für Kartellkandidaten zu stimmen; was sich gegen diese Fassung auch sonst einwenden lassen mag, so war sie jedenfalls verständlich und ist auch in der deutschfreisinnigen Wählerschaft überall verstanden worden. Leider aber ist sie von der letzteren nur vereinzelt befolgt worden... In der weitaus größeren Zahl der Wahlkreise aber, in denen der Sieg der Sozialdemokratie von der Unter⸗ stützung der freisinnigen Wähler abhing, so in Königsberg, Lübeck, Magdeburg, Breslau, Gotha, Pinneberg, ist diese Unterstützung ver⸗ sagt worden; die Befestigung der Kartellmehrheit im neuen Reichstage fällt wesentlich auf die Schultern der deutschfreisinnigen Wählerschaft und damit ist dieser Partei noch ein ungleich schwererer Schlag zuge⸗ fügt worden, als selbst die Niederlage des 21. Februar war... Wer die Unterwerfung unter die Kartellbrüder einem ehrlichen Bünd⸗ nisse mit der Arbeiterpartei vorzieht, der verdient nicht nur die Ruthen, sondern auch die Skorpionen der Reaktion in vollstem Um⸗ fange zu kosten, und weder die einen noch die anderen werden ihm erspart werden.
— Das „Bromberger Tageblatt" stellt Betrachtungen über die Landwirthschaft im Jahre 1886 an und sagt:
Wenn wir nachstehend ein Gesammtbild über die Ein⸗ und Aus⸗ fuhr von Getreide, Vieh und landwirthschaftlichen Industrieprodukten entwerfen, wie dieselbe sich im verflossenen Jahre gestaltet hat, so glauben wir damit nur zum Theil eine Charakteristik der Zustände in der Urproduktion zu liefern, die jedoch besonders insofern von Werth ist, als dadurch die Konsequenzen derjenigen wirthschaftlichen Maß⸗
nahmen treffend beleuchtet werden, welche zur Hebung der Landwirth⸗
schaft seit einiger Zeit getroffen sind. Und hier machen wir die er⸗ freuliche Wahrnehmung, daß die Getreidezölle bereits eine eklatante Wirkung zu Gunsten des Nationalvermögens gehabt haben, da die Einfuhr der sämmtlichen Fruchtarten mit einziger geringer Ausnahme der Oelfrüchte um ein Beträchtliches hinter derjenigen des Vorjahres zurückgeblieben ist, während die Ausfuhr der meisten Fruchtarten sich entsprechendd gehoben hat. Für Weizen betrug diese günstige Minusdifferenz der Einfuhr t. 300 000 t, für Roggen 207,000 t, für Hafer 137 000 t, für Gerste 84 000 t, für Hülfenfrüchte 10 500 t, während die Ausfuhr von Weizen gegen 1885 zwar um beinahe 6000 t, von Roggen um etwa 900 t zurückblieb, dagegen sich für Hafer um 3500 t, für Gerste um
fast
34 000 t, für Hülsenfrüchte um 8000/ t und für Kartoffeln um
32 000 t erhöhte. Trotz dieser günstigeren Wendung befinden wir uns noch immer in der Lage vom Auslande enorme Quantitäten Getreide zu beziehen, gegen welche unsere Getreide⸗Ausfuhr kaum in Betracht kommt. Die Gesammteinfuhr von Getreide, inkl. Hülsen⸗ früchte und Kartoffeln, betrug im verflossenen Jahre 1 461 336 t, die sfuhr nur 285 850 t. 88 8 8 .Die vorgedachten günstigen Resultate der ländlichen Schutz⸗ zollpolitik werden freilich durch den wiederum bemerkten Rückgang aller Preise von Getreide und landwirthschaftlichen Industrie⸗Erzeug⸗ nissen im letzten Jahre gegen 1885 aufgehoben. Dieselben stellten sich wie folgt: 1000 kg Weizen 1886 151,32 ℳ, 1885 160,98 ℳ; Roggen 1886 130,59 ℳ, 1885 140,56 ℳ; Hafer 1886 120,36 ℳ, 1885 134,18 ℳ; Gerste 1886 121,70 ℳ, 1885 132,05 ℳ; 10 000 1 Sprit 1886 37,03 ℳ, 1885 41,65 ℳ loco Berlin. Diese zum Theil ganz bedeutenden Differenzen werden zumeist auf die Ein⸗ wirkung der großen Getreide⸗Exportländer Amerika und Indien und der sonstigen ausländischen Konkurrenz zurück⸗ zuführen sein, so daß auch in Bezug hierauf eine übermäßige Inva⸗ sion fremden Getreides ꝛc. sich als ein die Kaufkraft eines großen Bestandtheiles des Volkes schädigender Faktor erweist. Stellt sich daher die eben konstatirte erfreuliche Wirkung der landwirthschaftlichen Zölle nur als eine sehr relative heraus, so fällt bei einem Blick auf die Handelsbewegung, die der deutsche Viehstand im verflossenen Jahre zeitigte, der Vortheil über die Gesammtlage der Landwirthschaft noch übler aus; denn mit Ausnahme von Schafvieh gestaltete sich die Ein⸗ fuhr gegen 1885 nicht unbeträchtlich höher, die Ausfuhr geringer, letztere namentlich in Bezug auf Schweine mit 150 000 Stück. Der Behauptung, daß diese Mehreinfuhr auf eine erhöhte Fleischkonsumtionsfähigkeit unserer Bevölkerung schließen lasse, müssen wir damit entgegentreten, daß die deutschen Landwirthe in Ansehung des nicht lohnenden Landbaues sich schon vielfach auf die Viehzucht geworfen haben, die gewiß andere Ein⸗ und Ausfuhrresultate hervorgerufen hätte, wenn sie eben lohnender gewesen wäre. Am günstigsten stellte sich gemäß den vorliegenden statistischen Daten noch die Schafzucht, bei welcher eine Mehrausfuhr gegen 1885 von 320 000 Stück ermöglicht worden ist. Da die Woll⸗ konjunktur noch immer eine schlechte ist und daher meist Fleischschafe gezogen werden, so wird dies vorbemerkte günstige Ausfuhrverhältniß nicht durch den etwaigen Umstand eingeschränkt, daß der Mehrexport auf Kosten unserer Wollfabrikation geschehen sei. Auch bei den landwirthschaftlichen Industriezweigen und Neben⸗ betrieben bemerken wir gegen das Vorjahr schlechtere Verhältnisse. Butter wurde mit 900 t mehr eingeführt und mit 1700 t weniger ausgeführt, wie im Jahre 1885, ein Zeichen, daß unsere Kuhwirth⸗ schaften, wenigstens nach dieser Richtung hin, sich im Rückgange be⸗ finden. Dasselbe Verhältniß ist bei der Hühnerwirthschaft eingetreten, da wir wiederum eine beträchtliche Mehr⸗ einfuhr von Eiern konstatiren müssen. Auch Sprit ging in der Ausfuhrmenge mehr und mehr zurück und zeigte egen Ende des Jahres ein Minus von 13 000 t, wohingegen die Focerausfuhr sich abermals um 40000 t gesteigert hat. Im All⸗ gemeinen scheint die Krisis in der Zuckerindustrie ihren Höhepunkt bereits überwunden zu haben, wenigstens hörte man in der letzten Zeit weniger von bedeutenden Fallissements auf diesem Gebiete. Desto mehr aber nimmt die bedenkliche Lage unserer Spritfabrikation die Aufmerksamkeit für sich in Anspruch....
— Die (Wiener) „Presse“ schreibt: .* „Die Thronrede zieht den Gewinn im Interesse des europäischen Friedens aus den Ergebnissen der Wahlkämpfe. Angesichts einer Menge undefinirter Befürchtungen realisirt sich dieser Friedensgewinn als eine Hoffnung und mit dieser muß man sich für den Augenblick begnügen. eitaus inhaltsreicher ist das in der Thronrede reälisirte Ergebniß der Wahlcampagne in Hinsicht auf die innere Politik. Voll redlicher Loyalität bietet die Thronrede den patvriotischen Elementen der Opposition die Versöhnung dar, indem sie die „ein⸗ müthige“ Annahme der Militärvorlage als eine vom Reichstage zu leistende „wesentliche Verstärkung der Friedensbürgschaften“ hinstellt. In diesem Sinne ist den Freisinnigen und dem Centrum Gelegenheit geboten, die früheren Fehler gut zu machen und die Vertheidigung des Reichs außer Frage der Parteigegensätze zu stellen. Die Genug⸗ thuung, welche die Thronrede über die Kundgebungen des Papstes ausspricht, beweist den hergestellten konfessionellen Frieden.“
. — 1
Amtsblatt des Reichs⸗Postamts. Nr. 10. — Inbalt: Verfügung vom 4. März 1887: Fahrplan der deutschen Reichs⸗Post⸗ dampfer. zn 5 Post⸗Dampfschiffverbindungen nach päischen Ländern. März 1887. 2 . esammte innere Verwal⸗ en Staaten. Herausgegeben
iesbersee für .
tung in den Königlich preußi
im Vorean des Ministeriums des Innern. Nr. 2. — Inhalt: I. Allge⸗ meine Verwaltungssachen: Dispensationen von Erfordernissen für die Eheschließung. — II. Kirchliche Angelegenheiten: Aufnahme von Mit⸗ gliedern in geistliche Orden und ordensähnliche Kongregationen. — III. Verwaltung der Kommunen, Korporationen und Institute: Ver⸗ einigung bestehender Amtsbezirke mit einander. — Beleihung länd⸗ licher Grundstücke Seitens der Kreissparkassen. — IV. Polizeiverwal⸗ tung: A. Versicherungswesen: Nachweis von im Besitze der Ver⸗ sicherungsgesellschaften befindlichen Werthpavieren. — B. Gefängniß⸗ wesen, Straf⸗ und Besserungsanstalten: Verdingung der Lieferung von Wirthschaftsbedürfnissen. — V. Verwaltung der öffentlichen Arbeiten: Absatz von Generalstabskarten — VI. Verwaltung für Landwirth⸗ schaft, Domänen und Forsten: Veröffentlichung von Holzverkaufs⸗ terminen. — Regulativ über Ausbildung, Prüfung und Anstellung für die unteren Stellen des Forstdienstes. — Verfahren bei Besetzung der Gemeinde⸗ und Anstalts⸗Forstbeamtenstellen. — Vorschriften für die Försterprüfung. — VII. Militär⸗ und Marine⸗Angelegenheiten: An⸗ träge auf Führung von Fahnen Seitens der Kriegerbegräbnißvereine.
außereuro⸗
Reichstags⸗Angelegenheiten.
Die Meldungen über die amtliche Ermittelung der Stichwahl⸗ Resultate liegen nunmehr sämmtlich vor, nur für Forchheim ist bisher nur nach vorläufiger Ermittelung gemeldet, daß der Centrums⸗ kandidat Petzold mit 10 860 gegen von Schauß (Nat.⸗Lib.) mit 10 020 Stimmen gewählt sei.
Die Zusammensetzung des Reichstages ergiebt sich daher nunmehr, verglichen mit dem Wahl⸗Resultat von 1884 und mit der Partei⸗ stärke bei der Auflösung am 14 Jauuar d. J. unter Einrechnung der Wilden bei den ihnen am nächsten stehenden Parteien folgender⸗ mWabl. Wahl⸗
Resultat Resultat 1884 . “ 77 Konservative 28 1 Neeichspartei 51 52 Nationalliberale Zusammen Deutschfreisinn Volkspartei Sozialdemokraten Centrum Welfen Polen Dãane Ellsasser Zusammen
Parteistärke 14. J
Statistische Nachrichten.
Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts sind in der Zeit vom 20. bis 26. Februar cr. von je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestor ben gemeldet: in Berlin 21,4, in Breslau 28,9, in Königsberg 33,0, in Köln 27,1, in Frankfurt a. M. 24,4, in Wiesbaden 18,2, in Hannover 21,1, in Kassel 20,5, in Magdeburg 20,2, in Stettin 38,1, in Altona 34,3, in Straßburg 27,7, in Metz 21,0, in München 24,3, in Nürnberg 2314, in Augsburg 27,6, in Stuttgart 21,0, in Karlsruhe 24,9, in Dresden 27,2, in Leipzig 20,9, in Braunschweig 22,4, in Hamburg 25,3, in Wien 28,7, in Pest 36,8, in Prag 29,2, in Triest 381, in Krakau 29,2, in Basel —, in Amsterdam 27,2, in Brüssel 28,4, in Paris 28,1, in London 20,9, in Glasgow 24,9, in Liverpool 24,1, in Dublin 3 7,7, in Edinburg 21,0, in Kopenhagen 23,7, in Stockholm 18,5, in Christiania 21,8, in St. Petersburg 20,3, in Warschau 26,5, in Odessa 21,7, in Rom 30,5, in Turin 37,0, in Venedig 34,7, in 1887 in New⸗York 28,9, in Philadelphig 22,5, in Baltimore 18,0, in Kalkutta 31,4, in Bombay 23,0, in Madras 45,9.
In der Berichtswoche hat die Sterblichkeit in den meisten Groß⸗ städten Europas zugenommen, insbesondere wurden aus den meisten deutschen Städten höhere, aus den englischen und skandinavischen Städten hingegen meist kleinere Sterblichkeitsziffern als in der Vor⸗ woche gemeldet. Gering war die Sterblichkeit in Wiesbaden, Düssel⸗ dorf, Kassel, Magdeburg, Leipzig, Edinburg, Stockholm, Christiania u. a.; etwas größer als in der Vorwoche in Berlin, Hannover, Braunschweig, Stuttgart; für die Jahreszeit ‚ungewöhnlich hohe Sterblichkeitsziffern (über 30 pro Mille und Jahr) werden von den deutschen Städten aus Königsberg, Danzig, Stettin, Altona, Frankfurt a. O., Posen, Münster berichtet. In erheblich gesteigerter Zahl wurden akute Entzündungen der Athmungzorgane und Katarrhe der Luftwege Todesursachen, besonders in Berlin, Breslau, Dresden, Hamburg, Köln, Königsberg, München, Nürnberg, Straßburg u. a. Auch Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder führten vielfach mehr Sterbefälle herbei, wie in Breslau, München, Leipzig, Königsberg, Pest, St. Petersburg; in Berlin, Ham⸗ burg, Paris, Wien, Warschau hat dagegen die Zahl der Opfer abgenommen. — Die Theilnahme des Säugling salters an der Sterblichkeit war im Allgemeinen eine etwas größere als in der Vorwoche. Von 10 000 Lebenden starben aufs Jahr berechnet in Berlin 60, in München 82 Säuglinge. — Unter den Todesursachen haben von den Infektionskrankheiten Masern, Keuchhusten und Pocken weniger, Scharlach, Diphtherie und typhöse Fieber mehr Sterbefälle hervorgerufen. — Todesfälle an Masern haben in Berlin, Breslau, Paris, Liverpool abgenommen, in Frank⸗ furt a. M., Wien, London stieg die Zahl rao Neue Er⸗ krankungen wurden aber nur aus Edinburg, Stockholm und aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf in gesteigerter Zahl gemeldet. 2 Das Scharlachfieber hat in Berlin, Wien, London, St. Peters⸗ burg mehr, in Edinburg weniger Opfer gefordert. Neue Erkran⸗ kungen waren besonders in Hamburg, Wien, Pest, Christiania und St. Petersburg gesteigert. — Die Sterblichkeit an Di p htherie und Croup war in Berlin, Stettin, Magdeburg, Kassel, Königs⸗ berg, Barmen, Düsseldorf, Dortmund, Erfurt, München, Leipzig, Wien, Prag, Kopenhagen, Christianiga, Brüssel, Paris, St. Peters⸗ burg, Warschau gesteigert, dagegen in Hamburg, Dresden, Frank⸗ furt a. M., Danzig, Nürnberg, London, Pest u. a. etwas vermindert. Neue Erkrankungen kamen aber aus den meisten dieser Orte, sowie aus den Regierungsbezirken Düsseldorf und Schleswig noch sehr zahl⸗ reich zur Mittheilung. — Die Zahl der Sterbefälle an Unter⸗ leibstyphus war in Hamburg, Altona, Prag, Paris, London, St. Petersburg eine größere, in Berlin die gleiche wie in der vorhergegangenen Woche. Erkrankungen an Unterleibstyphus haben in Berlin sehr abgenommen, während sie in Hamburg, St. Petersburg und im Regierungsbezirk Schleswig noch häufig zur Mel⸗ dung kamen. — An Flecktyphus wurden aus Cdetbung. und Amsterdam je 1, aus St. Petersburg 2 Todesfälle, aus dem Regie⸗ rungsbezirk Königsberg 4 Erkrankungen gemeldet. An Rück⸗ fallsfieber kamen aus St. Petersburg 3 Todesfälle, an epidemischer Genickstarre 1 Erkrankung aus Nürnberg zur Berichterstattung. — Rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut waren in Berlin, Paris, London nicht selten. — Der Keuchhusten zeigte in London und Kopenhagen eine Abnahme, in Berlin, Prag, Paris eine kleine Zunahme der
Sterbefälle. — Todesfälle an Pocken kamen aus Venedig und aus dem Regi zbezirk kön sberg e; 1 d 92
St. Petersburg je 4, aus Warschau 6, aus Rom 8, aus Pest 18 zur Mittheilung; Erkrankungen aus dem Regierungsbezirk : berg 5, aus Wien 8, aus St. Petersburg 10, aus Pest 44. — In Valparaiso ist in der zweiten Hälfte des Februar der Ausbruch der Cholera festgestellt worden. 1 — Die Bauthätigkeit in Berlin und Wien. — Da „N. W. Tabl.“ schreibt: Während in Wien in der Periode 1871 bi 1885 3555 und in den Vororten 3621 neue Gebäude entstanden, be⸗ trug der Zuwachs in dem gleichen Zeitraum in Berlin 5824 Häuser Wien sammt den Vororten vermehrte sich sonach in der Zahl de Häuser um 7176, also in bedeutenderer Weise als die Metropole de Deutschen Reiches. Nicht das Gleiche dürfte bezüglich des Zuwachse an Wohnungen der Fall gewesen sein, denn in Berlin überwiegen die Zinskasernen, wogegen in den Vororten Wiens viele Familienhäuser entstanden. Von besonderem Interesse ist es, wie sich die vor stehenden Gesammtzahlen auf die einzelnen Quinquennien vertheilen was aus dem folgenden Tableau hervorgeht. Zahl der neugebauten Häuser: Im Ganzen Wien 1871 — 1875 1705 1876 - 1880 780 1881 - 1885 1070 Summa 3555 Durchschnittlich pro Jahr 1871 — 1875 1876 —- 1880 156 390 1881 — 1885 214 8355 Während in Wien sammt Vororten im letzten Quinquenniun ein merklicher Aufschwung der Bauthätigkeit eintrat, war in Berli das Umgekehrte der Fall. Dort ergiebt sich ein Rückgang um 40 % in Wien ein Aufschwung von 37 %, in den Vororten sogar ei solcher von 75 %. Es ist demnach auch nicht zu verwundern, wen in Wien eine ungleich größere Anzahl von Wohnungen leer steht al in Berlin, wo sich die Bauthätigkeit dem Bedürfnisse mehr anpaßt als dies bei uns (in Wien) der Fall ist.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Die Rechtsgrundsätze des Königlich Preußische Ober⸗Verwaltungsgerichts. Nach den gedruckten Entsche dungen Band I — XII zusammengestellt und mit Rücksicht auf die fort schreitende und auf die neuen Provinzen ausgedehnte Verwaltungs Gesetzgebung erläutert von K. Parey, Königlichem Verwaltung gerichts⸗Direktor a D. Berlin, J. J. Heine’s Verlag. 1886—1887 (VI, 548 Die in den bis jetzt vorliegenden 12 Bänden d gedruckten „Entscheidungen des Königlichen Ober⸗Verwaltungsgerichts enthaltenen Rechtsgrundsätze haben in Folge der mehrfach umgestalte Verwaltungsgesetzgebung mancherlei Schicksale gehabt; denn viele vo ihnen sind vollständig gegenstandslos geworden, viele sind nur thei weise abgeändert, viele sind aber auch ungeachtet aller Abänderunge der sie beherrschenden Gesetzgebung unverändert geblieben Das Bedürfniß nach Absonderung dieser letzteren veranlaßte den Verfasser, vorstehende Sammlung anzufertigen, welche keineswegs dazu bestimmt ist, die ge⸗ druckten Entscheidungen vollständig und für Jedermann entbehrlich ; machen oder in ihrem Gesammtinhalt zu ersetzen, sondern in erste Linie dazu, dieselben zu erläutern, kritisch zu beleuchten und in di Sprache der jetzt geltenden Gesetzgebung zu übersetzen. Dies gesch nun in der Weise, daß vom Verfasser neben den früher geltenden setzlichen Bestimmungen, auf welche sich die älteren Rech grundsätze stützen, die jetzt gelte iden Vorschriften angeführt wur⸗ den, wobei es freilich in manchen Fällen dem eigenen Nachdenken des Lesers überlassen bleiben mußte, ob der betreffende Grundsatz bei etwa verändertem Wortlaut des Gesetzes noch aufrecht zu erhalten ist oder nicht. In derselben Weise ist Rücksicht genommen auf die Bestimmungen der Provinzial⸗ und Kreisordnungen für Hannover, Hessen, Nassau und Westfalen. Weiter ging der Verfasser mit seinen Erläuterungen nicht, um der Judikatur des höchsten Verwaltungs⸗ Gerichtshofs nicht vorzugreifen; sicherlich aber wird auch diese Privat⸗ sammlung den Freunden
Berlin 2710 1950
1164
Summa 3495 415
Vororte 1790 665 1166
341 542
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des Verwaltungsrechts in der jetzt vor⸗ liegenden Gestalt willkommen sein und ihnen einen Ueberblick gewähren über die segensreiche und fruchtbare Thätigkeit des Königlichen Ober⸗ Verwaltungsgerichts. Wesentlich erleichtert wird dieser Ueberblick durch die systematische Ordnung des Stoffes und durch die am
Alerandria 41,7. Ferner in der Zeit vom 30. Januar bis 5. Februar
Schluse des Werkes gegebenen umfangreichen und mit äußerster or 1 nologischen und alphabetischen Register. er vorliegenden gründlichen und gediegenen en Werkes erhellen. 1. Abtheil un ommunal⸗ und staatlichen Ver I. Provinzialverbände (Wahlangelegenheiten, Zwangsetatisirungen, Dotationsangelegenheiten, Provinzialabgaben); II. Kreise (Wahlangelegenheiten, Kreisabgaben, Veränderungen der Kreisgrenzen und Bildung neuer Kreise, Disziplinarsachen, Besondere Befugnisse der Kreisorgane, Zwangsetatisirungen); III. Städte (Städtische Gemeindeabgaben, Zwangsetatisirungen, Verhältnisse der städtischen Kommunalbeamten); IV. Amtsverbände; V. Landgemeinden und Gutsbezirke (Gemeindeabgaben und ⸗Dienste, Gemeindevermögen, Disziplinarangelegenheiten der Gemeindebeamten, Grenzen der Ge⸗ meinden und Gutsbezirke und Angelegenheiten der letzteren, Dienst⸗ unkostenentschädigungen, Gemeindewahlen, Rechte und Pflichten des Gemeindevorstehers und der Schöppen); VI. Gemeindeholzungen. — 2. Abtheilung. Kultus, Schule und Personenstand: VII. Die evangelische und die katholische Kirche; VIII. Die Synagogen gemeinden; IX. Die Schule (Feststellung des Geldwerthes der Natu⸗ ralien und des Ertrages der Ländereien bei amtlicher Festsetzung des Einkommens der Elementarlehrer, die Heranziehung zu Abgaben und sonstigen nach öffentlichem Rechte zu fordernden Leistungen für Schulen, welche der allgemeinen Schulpflicht dienen, Schulbauten); X. Zwangserziehung verwahrloster Kinder; XI. Standesamt und Personenstand. — 3. Abtheilung. Polizeiliche Angelegen⸗ heiten: XII. Polizeiliche Verfügungen im Allgemeinen, auch Zwangs⸗ mittel; XIII. Die Jagd (Jagdscheine, Jagdbezirke und Jagdverpachtung); XIV. Der Waldschutz; XV. Die Fischerei; XVI. Das Wasser; XVII. Die Deiche; XVIII. Die Wege; XIX. Die Gewerbe (die Gast⸗ und Schank⸗ wirthschaft, Schauspielunternehmer, Straßengewerbe und Geschäfts⸗ vermittler, Erfindungspatente, Hebammen und Entbindungsanstalten, Apotheker, Privat⸗Irrenanstalten, Wander⸗Gewerbescheine, Gewerb⸗ liche Anlagen, Marktverkehr, Innungen, Zwangs⸗ und Bannrechte, Pfandleiher und Rückkaufshändler); XX. Hülfskassen seingeschriebene) XXI. Das Bauwesen; XXII. Ansiedelungen und Kolonien; XXIII. Ver sicherungen; XXIV. Die Handelskammern; XXV. Veterinärangelegen heiten. — 4. Abtheilung. Der Verwaltungsprozeß XXVI. Das Streitverfahren; XXVII. Instruktionelle Verfügunge über das Streitverfahren; XXVIII. Das Verfahren in Disziplinar⸗ sachen; XXIX. Konflikte. Chronologisches Register. Alphabetisches Register. 1“ Das preußische Fischereigesetz vom 30. Mai 187. 4/30. März 1880 nebst den bis auf die neueste Zeit dazu ergangenen Ausführun verordnungen, Ministerialerlassen und Entscheidungen der höchsten Civil⸗, Straf⸗ und Verwaltungs⸗Gerichtshöfe, unter besonderer Be⸗ rücksichtigung der neuen Verwaltungsgesetzgebung ausführlich erläutert und zum praktischen Gebrauch dargestellt von Emil Doerf el, II. Bürgermeister in Rathenow. Mit einem Anhang, enthaltend die auf die Fischerei bezüglichen landrechtlichen. gewerbepolizei. und zge 8 werbesteuerlichen ꝛc. Vorschriften. Rathenow. Verlag von Max B abenzien. — Bis zum Erlaß des Fischereigesetzes vom 30. Mai 1874 “ bekanntlich die Fischereigesetzgebung in Preußen — abgesehen von einigen privatrechtlichen Vorschriften des Allgemeinen Landrechts — provinziell oder lokal behandelt; allgemeine, das ganze Staatsgebiet umfassende fischereipolizeiliche Vorschriften bestanden bis dahin nicht. Seg 8 wurden erst durch das erwähnte Fischereigesetz vom 30. Mai 2* 1 geschaffen. Dies Gesetz aber wurde erlassen, weil — Mo⸗ tive zu dem gedachten Gesetz bemerken eine verständige 2 senutzun der Fischwasser bis dahin nicht allein von zahlreichen, ihr entgeger
des
8 Paris und
gesetzten landwirthschaftlichen und gewerblichen Interessen bis zur gänz
8