1887 / 61 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 12 Mar 1887 18:00:01 GMT) scan diff

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preuszen. Berlin, 12. März. Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern Vormittag militärische Meldungen entgegen und empfing um

12 Uhr den Grafen zu Eulenburg⸗Prassen, Mitglied des w sowie demnächst den Botschafts⸗Sekretär Milberg

odefroy. Um 12 ½ Uhr speiste Graf Lesseps bei den Kronprinz⸗ lichen Herrschaften. Um 5 Uhr begaben Sich Ihre Kaiserlichen und König⸗ lichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin zum Diner zu Ihren Majestäten, und Abends wohnten Höchst⸗ dieselben der Vorstellung im Opernhause bei.

. Der Bundesrath hielt am 11. d. M. unter dem

Vorsitz des Staats⸗Ministers, Staatssekretärs des Innern von

Beoetticher, eine Plenarsitzung ab. In derselben legte der

Vorsitzende eine Mittheilung des Präsidenten des Reichstages vor, nach welcher der letztere in seiner Plenarsitzung von dem⸗ selben Tage beschlossen hat, den Entwurf eines Gesetzes, be⸗ treffend die Friedens⸗Präsenzstärke des deutschen Heeres, un⸗ verändert zu genehmigen. Das Gesetz wird zur Allerhöchsten Vollziehung vorgelegt werden.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichstages befindet sich in der Ersten Beilage.

Hat sich ein Geschäftsmann zur Abwickelung eines Geschäfts von einem Kapitalisten ein Darlehen unter ver⸗ einbarten Modalitäten versprechen lassen, und verweigert kurz vor Abschluß jenes Geschäfts der Kapitalist willkürlich die Hergabe des Darlehens, wenn ihm nicht weitere Vortheile vom

Darlehensnehmer gewährt werden, so kann dieser, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Civilsenats, vom 6. De⸗ ember v. J., im Geltungsbereich des Preußischen Allgemeinen andrechts, wenn er, um den Abschluß seines bereits fest ver⸗ einbarten Geschäfts nicht zu vereiteln, diese weiteren Vortheile (die noch keine „wucherlichen“ im Sinne des Reichs⸗Wucher⸗ gesetzes zu sein brauchen) dem Kapitalisten gewährt, sie später wieder zurückverlangen.

Nach einem Cirkularerlaß der Ressort⸗Minister vom

1. v. M. ist es mehrfach zur Sprache gekommen und bei einer neuerdings stattgehabten näheren Prüfung bestätigt gefunden worden, daß die dem Publikum unter der Bezeichnung: ana⸗ tomisch⸗pathologische Museen, Panoptiken, Wachs⸗ figurenkabinette ꝛc. vornehmlich im Umherziehen auf Jahr⸗ märkten ꝛc. vorgeführten Schaustellungen sich häufig zu einem erheblichen oder selbst überwiegenden Theil aus sinnenreizen⸗ den Nuditäten, Nachbildungen des menschlichen Zeugungs⸗,

Entwicklungs⸗ resp. Geburtsprozesses und Darstellungen ge⸗

schlechtlicher Krankheiten zusammensetzen.

Im Allgemeinen kann bei solchen Museen ꝛc. von einem höheren wissenschaftlichen Interesse die Rede nicht sein, und sind dieselben daher, insoweit sie im Umherziehen vorgeführt werden, nach Maßgabe des §. 55 ad 4 der Gewerbeordnung von Ertheilung eines Wandergewerbescheins abhängig.

Eine besondere obrigkeitliche Kontrole ist bisher in den meisten Landestheilen den betreffenden Museen ꝛc. gegenüber

ur etwa in der Weise geübt worden, daß die Ortspolizei⸗ behörden vor Zulassung derselben die Beseitigung einzelner, vorzugsweise anstößiger Objekte, die Festsetzung verschiedener Eintrittsstunden fuͤr männliche und weibliche Besucher, die Nichtzulassung von Personen unter 13 oder 15 Jahren ꝛc. als fitai. stellten.

Dergleichen Maßnahmen können aber, auch abgesehen von der Schwierigkeit, ihre Durchführung dauernd zu schenne als ausreichend nicht anerkannt werden; es erscheint vielmehr noth⸗ wendig, Schaustellungen des bezeichneten Charakters, welche der Regel nach als verwerfliche Spekulationen auf unlautere Gelüste u betrachten sein werden und namentlich bei jugendlichen Be⸗ durch Erweckung unkeuscher Vorstellungen resp. Ab⸗ stumpfung des Schamgefühls unberechenbaren Nachtheil herbeizu⸗ führen geeignet sind, durch einschränkende allgemeine Verbots⸗ bestimmungen systematisch entgegenzutreten. Diese Verbots⸗ bestimmungen werden, insoweit es sich um Wanderschau⸗ stellungen handelt, zweckmäßiger Weise schon bei Ertheilung der Wandergewerbescheine in den letzteren zu gleichmäßigem Ausdrucke zu bringen sein.

Die rechtliche Grundlage für ein solches Verfahren ist nicht sowohl aus speziellen gewerbegesetzlichen Bestimmungen als vielmehr aus allgemeinen, durch Einzelgesetze nicht be⸗ rührten Prinzipien der öfsentlichen Ordnung und Sittlichkeit zu entnehmen.

Die Minister haben sich auf Grund dieser Erwägungen veranlaßt gesehen, die nachstehenden allgemeinen Anordnungen zu treffen:

1) Es ist für die Zeit vom Kalenderjahre 1888 ab bei Ertheilung von Wandergewerbescheinen zu sogenannten anatomisch⸗pathologischen Museen, Panoptiken, Wachsfiguren⸗ kabinetten und dergleichen, sowie bei der Ausdehnung solcher in anderen Bundesstaaten ausgestellten Wandergewerbescheine die Zurschaustellung von Nachbildungen des menschlichen Zeugungs⸗ Entwicklungs⸗ resp. Geburtsprozesses und von

arstellungen geschlechtlicher Krankheiten überhaupt aus⸗ zuschließen, sowie ferner ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß die Vorführung sinnenreizender Nuditäten oder sonstiger das Schamgefühl verletzender Objekte nicht gestattet ist.

2) Gegenüber den im Wege des stehenden Gewerbe⸗ betriebes zur Schau gestellten sogenannten anatomisch⸗patholo⸗ gischen Museen u. s. w. ist von Beginn des Kalenderjahres 1888 ab nach den sub 1 angegebenen Grundsätzen ebenfalls zu verfahren und das Erforderliche durch eine jedesmal an den betreffenden Unternehmer zu erlassende ortspolizeiliche Ver⸗ fügung besonders festzusetzen.

g die Zeit bis zum Beginn des Kalenderjahres 1888 ist im Wege geschärfter polizeilicher Kontrole bezw. geeigneter Exekutivmaßnahmen überall dafür Sorge zu tragen, daß in anatomisch⸗pathologischen Museen u. s. w. sinnenreizende Nu⸗ ditäten überhaupt nicht, Nachbildungen des menschlichen Zeugungs⸗, Entwicklungs⸗ resp. Geburtsprozesses, Darstellungen geschlechtlicher Krankheiten und andere zur Verletzung des Schamgefühls geeignete Objekte aber jedenfalls nur in ab⸗

etrennten und VWA1“ für völlig erwachsene männliche Perfoner reservirten Räumen zur Schau gestellt werden.

schaft dienen, sinden die vorstehenden Anordnungen keine An⸗ wendung.

—. Der Bevollmüch zum Bundesrath, Königlich 2 Keerenanaeache Landmann, ist hier einge⸗ roffen.

Potsdam, 12. März. (W. T. B.) Die Taufe des jüngsten Sohnes Ihrer Aönfflicheg, Hoheiten des Prinzen und der Prinzessin Wilhelm hat heute Mittag um 1 Uhr im hiesigen Stadtschlosse statt⸗ gefunden. Majestäten der Kaiser und die Kaiserin, sämmtliche hier anwesenden Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses, die zu der Tauffeier eingetroffenen Fürstlichkeiten, ferner die obersten Hof⸗ und Ober⸗Hoschargen, der General⸗Feldmarschall Graf Moltke, die Generale, Graf von der Go 88 von Pape, von Werder, von Albedyll, Graf Lehndorff, Graf Waldersee, von Winterfeld I., von Caprivi, von Versen, von Wißmann, die Staats⸗Minister von Puttkamer, Maybach, Dr. Lucius, Dr. Friedberg, von Boetticher, Dr. von Goßler, Dr. von Scholz, eneral Bronsart von Schellendorff, sowie die landsässigen Fürst⸗ lichkeiten wohnten der heiligen Handlung bei. Die Pathen waren: Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich von Preußen, Ihre Königliche Hoheik die Prinzessin Louise von Groß⸗ britannien und Irland, Ihre Hoheiten der. Herzog und die Herzogin von Sachsen⸗Altenburg, Ihre Hoheiten der Herzog und die Herzogin von Anhalt, Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Erzherzog Albrecht von Oesterreich, Se. Kaiserliche Hoheit der Großfürst Nikolaus von Rußland, Se. Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent Prinz Luitpold von Bayern, Se. Hoheit der Herzog Ernst Günther zu Schleswig⸗ olstein, Ihre Durchlauchten der Erbprinz und die Erbprinzessin Reuß j. L. Den Taufakt vollzog der Ober⸗Hof⸗ und Domprediger D. Kögel. Derselbe legte der Taufrede die Textworte zu Grunde: „Ich will Dich segnen und Du sollst ein Segen sein.“ Der neu⸗ eborene Prinz erhielt die Namen: August Wilhelm Heinrich Günther Victor. Nach der Taufhandlung fand eine Cour und sodann ein Däjeuner dinatoire statt.

Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 11. März. Wie den „M. Anz.“ aus Cannes gemeldet wird, sind der Groß⸗ herzog und die Großherzogin am 5. d. M. nach Men⸗ tone gefahren, um die Zerstörung des ihnen wohl bekannten Ortes in Augenschein zu nehmen. Am 6. d. M. begaben sich die Großherzoglichen Herrschaften nach Nisza, um dem König von Württemberg zu seinem Geburtstage ihre Gratulation abzustatten. Das Befinden des Großherzogs ist nach dem kleinen Unfall wieder ein ganz gutes.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 11. März. (Th. C.) Der Großherzog, die Großherzogin und der Erbgroßherzog werden sich zum Geburtstage des

Kaisers nach Berlin begeben, doch steht der Tag der Abreise noch nicht fest.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 11. März. (Lds.⸗Ztg. f. Els.⸗Lothr.) In der gestrigen 13. Plenarsitzung des Landes⸗ ausschusses wurde der erste Gegenstand der Tagesordnung: der Entwurf eines Gesetzes, betreffend das Gnadenquartal, zweite Lesung, nach dem vneng⸗ der Kommission, das Gesetz an⸗

zunehmen, in §. 2 jedoch nach den Worten „Gnadenquartal kann“ die Worte „ganz oder theilweise“ ejnzuschieben, ohne Debatte erledigt. Im Zusammenhange damit wurde der zweite Gegenstand der Tagesordnung, die Position der fort⸗ dauernden Ausgaben, Kapitel 16, Titel 5: Zur Gewährung des Gnadenquartals an die Hinterbliebenen der Elementar⸗ Lehrpersonen 7000 ℳ, ebenfalls ohne Debatte angenommen.

Zu dem dritten Gegenstand der Tagesordnung, der zweiten Lesung der Etatsposition der einmaligen Ausgaben, Kapitel 1: Für den Bau eines Landesausschuß⸗Gebäudes 100 000 war (wie bereits telegraphisch kurz gemeldet) nach⸗ stehender Antrag eingegangen:

„Der Landesausschuß wolle nach Einsicht des von der Spezial⸗ kommission (Berichterstatter Dr. Raeis) unterm 5. Februar 1887 er⸗ statteten Berichts (Anlage zum Kommissionsbericht über den Etat des Staatsraths, der Vertretung des Bundesraths und des Landes⸗ ausschusses), aus welchem hervorgeht, daß die Spezialkommission die ihr vom Landesausschuß übertragene Aufgabe sorgfältig erledigt, und dabei besonders darauf Bedacht genommen hat, die Kosten des Neu⸗ baues auf das möglichst geringe Maß herabzumindern, beschließen:

1) für den Bau des definitiven Gebäudes das von der Spezial⸗ kommission geprüfte und gutgeheißene Projekt unter Berücksichtigung der von der Spezialkommission in 2 Punkten vorgeschlagenen Ab⸗ änderungen anzunehmen; 5

2) die Position Kap. 1 der einmaligen Ausgaben: „für den Bau eines Landesausschuß⸗Gebäudes (zweite Rate) 100 000 zu streichen.“

Unterzeichnet: Charpentier, Conraux, Dr. Raeis, Klein, Mieg⸗ Köchlin, Jaunez, Risse, Ostermeyer, Wehrung, Päaté, Fischbach, Rudolf, Schauenburg, Peterolff, Ritzenthaler, Beyer, Dr. North, Bulach (Sohn), Speckel, Scheuch, Fuchs, Xardel, Dr. Gunzert, Nennig, Erhard, Ducharlet, Heusch.

Für den Antrag, die Position im Etat zu belassen, stimmten nur die Abgg. Klein, Pick, Hueber und Mieg⸗Köchlin. Die Position wurde somit abgelehnt. Punkt 1 obigen Antrags fand fast einstimmig Annahme. s8 1

Den 4. Punkt der bildete die zweite Lesung der Position im außerordentlichen Etat: Kapitel 2 der Ein⸗ nahmen: Ueberschuß aus dem Jahre 1885/86: 934 301 Die Summe wurde, ohne daß sich eine Diskussion darüber entspann, genehmigt. 1

Auch der fünfte Punkt der Tagesordnung: zweite Lesung der Position der fortdauernden Ausgaben, Kapitel 55 Titel2: Zur Amortisation der Rentenschuld 520 133 ℳ, wurde ohne Debatte angenommen. 8 5 3

Behufs Richtigstellung der durch die Beschlüsse des Hauses modifizirten Schlußziffern des Etats wurde die Sitzung auf 15 Minuten unterbrochen.

Nach Wiedereröffnung der Sitzung erfolgte die zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Fest⸗ stellung des Landeshaushalts⸗Etats von Elsaß⸗Lothringen für das Etatsjahr 1887/88. Se

Das Gesetz wurde, dem KSieeewe gemäß, mit den aus der zweiten Lesung sich ergebenden bänderungen nach der Vorlage der Regierung angenommen, einschließlich des neu eingefügten §. 9, welcher besagt:

Die Herstellung einer schmalspurigen Eisenbahn von Altkirch 881 Pürt wird genehmigt und als im öffentlichen Nutzen liegend erklart.

Als letzter Gegenstand der Tagesordnung folgte die zweite Fesung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die gesetzlichen

eiertage. 8 Die Kommission beantragte, das Gesetz anzunehmen, jedoch

4) Auf Schaustellungen, welche ihrer usammensetzung und eee, enhe nach höheren Phnen shef der Wissen⸗

den zweiten Weihnachtstag aus dem Gesetzentwurf zu streichen

und ferner den Wortlaut desselben dahin abzuändern, daß; der ersten Zeile die Worte: „erster Weihnachtstag“ 8.5 Wort „Weihnachten“ ersetzt werde.

Das Gesetz wurde dem Kommissionsantrage gemäß d

85

genommen. S Ff

Ie Wien, 11. März. (W. T. Dem Abgeordnetenhause ist heute der Gesetzentwu betreffend die Deckung des auf Oesterreich fallenge Antheils an dem von den Delegationen bewilligte Militärkredit von 52 ½ Millionen, zagegangen. Antheil Oesterreichs beträgt 36 015 000 Fl.; derselbe soll dm Begebung fünfprozentiger Papierrente, eventuell, so lan diese Begebung nicht stattgefunden hat, im Wege d schwebenden Schuld aufgebracht werden. Betreffs der Bank vorlage beschloß das Abgeordnetenhaus, in die Speziat debatte über dieselbe einzutreten. 8

Pest, 10. März. „Budapesti Közlöny“ publizirt die w Kaiser sanktionirten Gesetze, betreffend die Verträge über h Armenrecht und betreffend den Ausrüstungskredit n. 7 460 000 Fl. für die ungarische Landwehr und den Landstun

Belgien. Brüssel, 11. März. (W. T. B.) In eim heute abgehaltenen Abtheilungssitzung der Kamn theilte der Kriegs⸗Minister detaillirte Pläne für i. Forts in Lüttich und Namur mit und fügte hinzu: zur Verfügung stehenden Truppen reichten vollständig aus m Bildung einer Feld⸗Armee und zur Besetzung von Lüti⸗ und Namur. Die Feld⸗Armee würde aus 65 000 Mann h. stehen; für Antwerpen sei eine Garnison von 250 Mann, für Lüttich und Namur seien 12 000 Mann und die anderen befestigten Plätze seien 28 000 Mann erforde lich. Die Gesammtziffer der Armee belaufe sich mithin an 130 000 Mann.

Großbritannien und Irland. London, 10. Mäꝛ (A. C.) Heute wurden dem Par lament die Motive; dem Marine⸗Budget für 1887/88 vorgelegt. D Gesammtausgaben für die Flotte betragen nach dem Budg im kommenden Jahre 12 476 800 Pfd. Sterl., d. h. 793 9 Pfd. Sterl. weniger als früher. Dennoch wird die Mari⸗ stärker als im Vorjahre sein. Während dieselbe da 62 500 Offiziere und Mannschaften zählen wird, bestar sie im letzten Jahre aus 61 400. Ebenso werden 1. April 1888 bedeutend mehr neue Schiffe in Dien gestellt werden können als im laufenden Jahre. minder ist zu bemerken, daß nach Ablauf des nächsten Finaꝛ jahres nur 431 000 Pfd. Sterl. kontraktlich wegen Baues vo Schiffen und Maschinen zu zahlen sind, während diese Au gabe im April 1886 2 680 000 Pfd. Sterl. betrug und April 1887 auf 1 030 000 Pfd. Sterl. veranschlagt ist. Dief günstige Resultat ist, wie es in den Motiven heißt, dun verbesserte Verwaltungsmethoden erzielt worden. Im letzte Jahre erhielt die britische Marine einen ScAuwag von drei Panzerschiffen, einem gedeckten iffe, d theilweise gedeckten Schiffen und 13 ungepanzerten Fahrzeug Im kommenden Finanzjahre werden fertig gestell werden: 10 Panzerschiffe, 2 gedeckte Schiffe, 7 Torpen kreuzer, 3 Torpedokanonenboote und 3 Schaluppen un Kanonenboote. Lord George Hamilton schließt seine Dens schrift mit den folgenden Worten: „Alles, was gethan ist, zei nur, wie viel zu thun noch übrig bleibt, ehe der es der Mari für wirklich befriedigend erklärt werden kann. Die Vollendung!d erwähnten großen Panzerschiffe und Kreuzer macht diese Theil unserer Flotte äußerst tüchtig, aber um so mehr stel sich im Gegensatz dazu der veraltete und unbrauchbare g. stand unserer meisten Kanonenboote und Schaluppen herauk Es liegt daher noch ein weites Feld für die Reform unsen Marine⸗Systems offen, woran bisher noch keine Hand gele⸗

worden ist.“

11. März. (W. T. B.) Das amtliche Blat veröffentlicht den am 24. November v. J. zwischen Englan und Rußland abgeschlossenen und am 2. v. M. ratifizir Auslieferungsvertrag.

Im Unterhause erklärte heute der Unter⸗Staatse sekretär Fergusson auf an ihn gerichtete bezügliche? fragen: dem diplomatischen Agenten Englands in Bu garien sei keinerlei Instruktion ertheilt worden, sich bei de Regenten Bulgariens irgendwie in die Ausübung de denselben obliegenden Pflichten einzumischen. Von Ruf land sei der Regierung über die Hinrichtung de Aufständischen in Bulgarien keine Mittheilung zug⸗

angen. Was den Charakter und Inhalt der Ve⸗ andlungen Drummond Wolff's mit der Pfort anbetreffe, so werde die Regierung darüber Mittheilung mache obald sie es als für das Staats⸗Interesse dienlich erachte.

er erste Lord der Admiralität, Lord Hamilton erwiderte auf eine bezügliche Anfrage: das Staats⸗Intere erheische, noch Schweigen zu beobachten über die Persönlichken die sich in den Besitz von geheim gehaltenen Pläne der Admiralität gesetzt habe; gegen die amerikanische C sandtschaft oder eine Zeitung liege aber keine diesbezüglich Anklage vor. 1

12. März. (W. T. B.) Die „Mo rningpo erklärt das Gerücht von Meinungsverschiedenheite im Kabinet bezüglich des für Irland zu erlassende „neuen Agrargesetzes für vollkommen unbegründet.

Die Königin beabsichtigt, sich am 29. d. M. uͤber Paris na Cannes zu begeben und dort einige Tage zu verweile Von Cannes aus geht die Königin na Aixles⸗Bains un kehrt Ende April über nach England zurück.

(A. C.) Aus Birma wird berichtet:

Rangun, 9. März. Der Wootho Tsawbwa hat eine zwei Abzahlung auf die Einnahmen des laufenden Jahres entrichtet u wiederum eine Anzahl Waffen abgeliefert. Es scheint daher, d seine Unterwerfung aufrichtig gemeint ist.

Frankreich. Paris, 8. März. (Köln. Ztg.) Morge⸗ schifft sich die Gesandtschaft der Königin von Made gaskar in Marseille zur Rückkehr in die Heimath ein. dem Abschiedsbesuch, welchen sie am vorigen Sonntag Hn Flourens abstattete, sprach der Minister des Auswärtigend Hoffnung aus, daß ihr Aufenthalt in Frankreich sich für die 9⸗ kunft ihres Vaterlandes fruchtbar erweisen möge. Er betonte die Gesandtschaft habe sich von der militärischen Macht Fran reichs überzeugen und die Gewißheit erlangen können, dr Madagaskar unter der Schutzherrschaft des mächtigen Franf reich sich kräftig entwickeln könne. Der Minister bat schli

lich, die Rathschläge des französischen General⸗Residente Le Myre de Vilers ünktlich zu büsfschen 1ee küateig, 8

2

10. März. (Köln. Ztg.) Der Ausschuß der De⸗ putirtenkammer zur Berathung der Vorlage über die Unterpräfekturen besteht aus sieben Mitgliedern, welche der gänzlichen Beseitigung dieser Verwaltungsbehörden günstig, uund aus vier, die für Beibehaltung des jetzigen Bestandes sind⸗

Die indirekten Steuern blieben in den ersten zwei Monaten des Jahres 1887 um 11210 Millionen hinter den Hudget⸗Voranschlägen zurück, überstiegen jedoch um 4 6 Millio⸗ gen das Steuerergebniß von 1886.

Spanien. Madrid, 11. März. (W. T. B.) Auf Befehl der Königin wird sich General Cordova nach Berlin begeben, um dem Kaiser Wilhelm die Geburts⸗ ags⸗Glückwünsche der Königin zu überbringen.

Portugal. Lissabon, 11. März. (W. T. B.) Der König wird dem Kaiser Wilhelm zu seinem 90. Geburts⸗ age durch den General Carneiro einen in Portugal gearbeiteten Degen überreichen lassen.

Italien. Rom, 11. März. (W. T. B.) In der De⸗ putirtenkammer nahm heute zu der von Crispi gestern beantragten Tagesordnung in welcher die Haltung es Ministeriums in der letzten Krisis als den parlamen⸗ arischen Gebräuchen zuwiderlaufend getadelt wird zunächst Bonghi von der Rechten, und sodann Bovio von der iußersten Linken, und nach diesem Laporta von der inken das Wort. Der Präsident kündigte darauf an, Crispi seinen Antrag dahin abgeändert habe: „Die Rammer habe kein Vertrauen zum Ministerium und gehe zur Tagesordnung über.“ Der Minister⸗Präsident Depretis erklärte: er wolle nichts Anderes als die Ver⸗ amsung und eine starke Majorität; er könne auf seinem Posten icht bleiben, ohne sich wenigstens auf ein klares Votum der Rammer zu stützen. Wenn dies nicht der Fall, so möge die Rammer Crispi bezeichnen, damit dieser die Regierungsgewalt bernehme. Die abgeänderte Tagesordnung Crispi's vurde hierauf in namentlicher Abstimmung mit 214 gegen 94 Stimmen abgelehnt.

Bulgarien. Sofia, 11. März. (W. T. B.) Heute nd Karavelow, Zanow, Nikiforow und Slanchef gegen Kaution aus der Haft entlassen worden.

12. März. (W. T. B.) Wie der „Agence Havas“ aus ustschuk gemeldet wird, verurtheilte das Kriegs⸗ ericht den Marine⸗Kapitän Kissimow sowie 2 Civilpersonen, velche der Theilnahme am jüngsten Aufstande beschuldigt sind, nd zwar den Ersteren zu einjähriger Festungshaft, die Letzteren m Tode. 300 jüngere Soldaten wurden begnadigt, 25 ältere zu ein⸗ bis dreijähriger Gefängnißhaft ver⸗ rtheilt. Die Letzteren haben, wie es heißt, Gnadengesuche ngereicht.

Afrika. Egypten. Kairo, 10. März. Abdelkader Pascha, welcher bisher die vereinigten Ministerien des Innern, des Kriegs und der Marine leitete, at seine Entlassung genommen. Sein Nachfolger ist Mustapha Fehmi Pascha, der bisherige Finanz⸗Minister, essen Posten der General⸗Direktor der Wakfs, Zeky Pascha, bernehmen wird. Die Ursache der Demission Abdelkader's ollen die kürzlichen Enthüllungen über die Vertheilung von iegierungsländereien sein.

(A. C.)

Zeitungsstimmen.

In der „National⸗Zeitung“ lesen wir:

Es ist bekanntlich zwischen den Deutschfreisinnigen und den ozjaldemofraten zu gereizten Erörterungen über das beiderseitige berhalten bei den Stichwahlen gekommen; die Sozialdemokraten be⸗ agten sich, daß sie dabei dupirt worden seien, keine Gegenleistung rr ihre Unterstützung freisinniger Kandidaten erhalten hätten, ährend von freisinniger Seite die Frage, ob solche Gegenleistungen herhaupt in Aussicht gestellt waren, in einem gewissen Dunkel ge⸗ ssen wurde. Jetzt bringt die in Nürnberg erscheinende sozial⸗ ctigahe „Fränkische Tagespost“ folgende interessante Mit⸗ eilung:

Am 25. Februar richtete der Abg. Grillenberger im Auftrage 8 Central⸗Wahlcomitss der sozialdemokratischen Partei ein chreiben an Hrn. Freiherrn von Stauffenberg in Rißtissen, worin

auf die Seitens der sozialdemokratischen Partei ausgegebene arole für die Stichwahlen nochmals hinwies und bemerkte, daß es gesichts der Vorgänge in Königsberg allerdings zweifelhaft sei, ob e sozialdemokratischen Wähler überall strikte der Parole folgen ürden, weshalb es im Interesse der freisinnigen Partei liege, über re Stellung zu den Stichwahlen keinen Zweifel zu lassen. Grillen⸗ rger verwies dann darauf, daß die Sozialdemokraten auf freisinnige ülfe in neun Wahlkreisen angewiesen seien, während die sozial⸗ mokratische Partei in 17 Wahlkreisen (darunter auch Stauffenberg's Pahlkreis Fürth⸗Erlangen) den Entscheid geben könne, wovon in

meisten der Sieg der Freisinnigen von der direkten Unter⸗ tung der Sozialdemokraten abhängig sei. Hierauf antwortete r. von Stauffenberg unterm 26. Februar, daß er nicht zum geschäfts⸗ brendene Ausschusse seiner Partei gehöre, er habe den Brief Grillen⸗ bers nach Berlin an die Centralleitung (das ist: Eugen Richter) r Erledigung gesandt. Am Montag, den 28. Februar, traf nun n der Centralleitung in Berlin unter der Adresse „Fränkische Tages⸗ st⸗ ein Telegramm dahier ein des Inhalts: „Für Grillenberger: c. geordnet mit Ausnahme von Magdeburg; dort Ansichten ge⸗

Offenbar haben die deutschfreisinnigen Wähler die Art, wie von er Centralleitung „Alles geordnet“ war, nicht ratifizirt.

Die „Schlesische Zeitung“ äußert in einem Rück⸗ auf das Wahlergebniß: Vas den jüngsten Wahlen noch eine besondere Bedeutung ver⸗ t, ist die Erscheinung, daß sich die gebildeteren und sozial höher ellten Katholiken in erheblicher Zahl vom Centrum und daß sich ähnlicher Weise die intelligenteren und wohlhabenderen Elemente jüdischen Bevölkerung von der Fortschrittspartei losgelöst haben. eide Thatsachen, namentlich die letztere, haben zusammengewirkt, e Fortschrittspartei in Breslau, ihrer ehemaligen Hochburg, eine ständige Niederlage zu bereiten und in einem Wahlbezirt adt sogar einem Konservativen, dem allseits hochverehrten er⸗Präsidenten von Seyvdewitz, das Mandat zu sichern. 6 in dem anderen Wahlbezirk Breslaus der nationalliberale imndidat der vereinigten Parteien hinter dem der Sozial⸗ mokraten um wenige Hundert Stimmen zurückblieb, hat seinen rund darin, dat die Fortschrittspartei gerade gegen die National⸗ srälen, denen sie ehedem so nahe stand, den allergrimmigsten Haß st, wesentlich aber auch darin, daß die Unterstützung, welche der sere Theil der Juden den regierungsfreundlichen Parteien zuwandte, die minder qualifizirten, namentlich die Commis gewisser Stadt⸗ ntel, nur ein Stimulus war, mit Ostentation für die ozialdemo⸗ nen zu stimmen. Die nächsten Wahlen werden voraussichtlich ein 2 günstigeres Resultat für Breslau liefern, da die diesmalige e Niederlage der Fortschrittspartei zweifellos die Folge haben daß die Breslauer Juden aus der politischen Sonderstellung

ick

Die „Kieler Zeitung“ sagt:

Die frühere Majoritäl in dieser Frage ist also schwindenden Minorität zufammengeschmolzen, daß dieselbe in keiner Weise mehr ins Gewicht fallen kann Wir bescheiden uns bei ibrem (der Wähler) Votum, wenn wir auch, wie Bamberger sagt, ihre Motive nicht anerkennen. Indessen bleibt doch wahr, und das ist auch von unserer Seite immer wieder hervorgehoben, die auswärtige Lage ist ernst. Und desbalb begrüßen wir es mit Freuden, daß die Debatte über die Militärvorlage schnell zu Ende geführt ist. Das Ausland kann nicht im mindesten darüber im Zweifel sein, daß das deutsche Volk alle Opfer zu bringen bereit ist, welche zum Schutz seiner nationalen Unabhängigkeit und Sicherheit nothwendig sind. Jeder Angreifer würde die Nation unbezwinglich in ihrer Stärke und Einmüthigkeit finden. Das ist der Gedanke, den wir aus allen Kämpfen der . Monate festhalten wollen. Ueber allen Parteien steht das Vaterland.

Die „Deutsche volkswirthschaftliche Corre⸗ spondenz“ schreibt:

Wenn wir eine objektive Rückschau halten über die Situation, in welcher sich der Handel und die Industrie Deutschlands im Beginn des Jahres 1887 befinden, so werden wir zu der Erkenntniß und Ueberzeugung gedrängt, daß wir mit unserer wirthschaftlichen Lage zufrieden sein können. Unsere Industrie hat die Konkurrenz energisch angegriffen und es ist ihr mit zähem Fleiß gelungen, derselben Terrain abzugewinnen, sich gegenüber den ersten und tüchtigsten, den erfahrensten Kämpfern ehrenvoll zu behaupten. Der Handel ist auf stetige Erweiterung der Absatzgebiete bedacht und Dank dem fürsorglichen Vorgehen unserer Regierung sind Katastrophen vermieden oder gemildert worden, die ohne die schützende Hand des Staates ganze Kolonnen unserer im Wettbewerb kämpfenden Industriellen zu Boden g. schlagen hätten. Insbesondere haben wir England, unseren energischsten und erfahrensten Konkurrenten auf allen Gebieten, vielfach mit Glück bekämpft, ihm mannigfache Vortheile abgejagt und uns in diesem Kampfe immer mehr und mehr stark gemacht, um dereinst ohne Gefahr des Gängelbandes entbehren zu können. Unsere manchesterlichen Oppositionsmänner, die in langweiligen Auseinandersetzungen über die Berechtigungen des Freihandelssystems sich zu ergehen niemals müde werden, meinen eine ganz besondere Weisheit zu entwickeln, wenn sie darauf hinweisen, daß eine Zeit kommen wird, in welcher wir nicht mehr nöthig haben, unserer nationalen Arbeit Schutz angedeihen zu lassen; sie vergessen eben, daß, wenn seit dem Jahre 1879 dieser nationale Schutz nicht eingetreten wäre, wenn wir nicht ganz energisch mit der Lehre Cobden's und seiner Anhänger gebrochen, nicht das verachtete Protektionssystem auf gerichtet hätten, wir keine Berechtigung hätten, freudig in die Zukunft zu sehen. Der Jahresbericht der Handels⸗ und Gewerbekammer der Oberpfalz und von Regensburg für die Jahre 1883—1885, der in Folge mannig⸗ faltiger Störungen erst jetzt zur Versendung gelangt ist, muß zwar als einwenig veraltet angesehen werden; allein er enthält für die Richtigkeit unserer eben aufgestellten Behauptungen um so wichtigere Aeußerungen, als im Großen und Ganzen ein besonderes Wohlwollen für die sogenannte praktische Wirthschaftspolitik aus diesem Bericht nicht zu entnehmen ist. Die Hoffnungen der Jahre 1881 1882, daß sich all gählich ein frischeres Geschäftsleben entwickeln werde, haben sich in den Jahren 1883—1885 nur in geringem Maße erfüllt, und wenn es auch an Beschäftigung nicht gemangelt habe, so sei dieselbe doch immer noch eine wenig lohnende gewesen.

Der bekannte, übrigens vielfach bestrittene Ausspruch eines National⸗ ökonomen, der das Zeichen dee Zeit in die Worte „billig und schlecht“ zusammenfaßte, könne zwar im Allgemeinen nicht als ganz zutreffend anerkannt werden; aber immerhin müsse, da das allgemeine Drängen stets nach „Billigem“ gehe, die selbstverständliche Folge sein, daß ent⸗ sprechend dem Preise der Waare nicht selten auch deren Werth ver⸗ mindert werde. Die Kaufkraft des Publikums lasse immer noch viel zu wünschen übrig, und der Export allein habe umsoweniger das überschießende Angebot zu absorbiren vermocht, als das Ausland in den letzten Jahren manchem Industriezweige durch Erhöhung der Zölle den Export erschwert habe. „Hierbei darf aber,“ betont der Bericht, „im Interesse einer objektiven Darstellung nicht verschwiegen werden, daß andererseits durch die deutsche Zollgesetzgebung manche Veredlungs⸗Industrien lebensfähig gemacht wurden, die ohne den be⸗ stehenden Zollschutz sofort wieder ihre Existenzfähigkeit einbüßen wür⸗ den, und daß durch diese Veredlungs⸗Industrien eine nicht unerheb⸗ liche Zahl unserer Arbeiterbevölkerung lohnende Beschäftigung findet. Wir glauben, daß nach und nach eine günstigere Zeit für den Ab⸗ schluß von Handelsverträgen wieder näher rückt und sich das Bedürf⸗ niß nach solchen Verträgen in allen europäischen Staaten wieder mehr und mehr Geltung verschafft.“

Diese Worte stehen im wohlthuendsten Gegensatze zu jener Freihandelstheorie, die in anmaßender Weise darüber perorirt, wie der Schutzzoll eine Prämie darauf setze, daß im Inlande Kapitalien und Arbeitskräfte sich einer bestimmten Produktionsart zuwenden, wie in der minder günstigen Verwendung des heimischen Kapitals und der nationalen Arbeit der Schaden des Schutzzollsyvstems für die Volkswirthschaft des Landes gelegen sei, und zu all jener doktrinären Weisheit, welche von Seiten unserer Gegner gewohnheitsmäßig herab⸗ geleiert wird.

Dem „Deutschen Handelsarchiv“ (Mäͤrzheft) wird aus Hamburg, Mitte Januar, berichtet:

Das Jahr 1886 hat unverkennbar eine Wendung zum Besseren in der allgemeinen Handelslage gebracht; zwar erhielt sich die lustlose und gedrückte Stimmung, welche eine Reihe von Jahren auf dem Verkehr gelastet hatte, noch bis gegen Mitte des Jahres, allmählich aber kündigte sich durch einzelne, erst andeutungsweise, später genauer erkennbare Zeichen an, daß der Bann gebrochen war. Das allgemeine Unbehagen machte einer vertrauensvolleren Stimmung Platz, sobald das beständige Weichen der Preise zu einem gewissen Stillstand ge⸗ kommen war und Neigung zu Preiserhöhungen bemerklich wurde. Die letzteren begannen mit dem Artikel Wolle. Während sich dem⸗ nächst einige Artikel, wie Kaffee, Seide, Gewürze, Zinn, Quecksilber, Talg, Hopfen zum Theil erheblich besserten, sind für andere Waaren entweder weitere Rückgänge oder unveränderte Preise zu verzeichnen. Die eingetretene Ausgleichung des Verbrauchs und der Produktion hat nicht nur dem Import⸗, sondern auch dem Exporthandel Nutzen gebracht. Unsere Exporthäuser sind in steigendem Umfange die Ver⸗ mittler zwischen der deutschen Industrie und dem überseeischen Aus⸗ lande geworden; die vaterländische Industrie hat seit Beginn der 70 er Jahre in ihrer Leistungsfähigkeit so bedeutende Fortschritte gemacht, daß das hiesige Geschäft in englischen Waaren zu Gunsten des Um⸗ satzes in inländischen Erzeugnissen bedeutend zurückgegangen ist. Durch die Vermittelung hiesiger Export⸗Agenten stehen die deutschen Fabri⸗ kanten mit Exporthäufern in regelmäßiger Verbindung, und da sich das Exportgeschäft des verflossenen Jahres ziemlich nach allen Rich⸗ tungen lebhaft gestaltete, so werden die leistungsfähigen deutschen Industrien nicht über Mangel an Beschäftigung klagen können. Dafür, daß die schwierige Gewinnung neuer Absatzgebiete in über⸗ seeischen Léändern mehr und mehr gelungen ist, liefert die Zunahme unseres Seeverladungsverkehrs, welcher durch eine rührige Rhederei gefördert wird, einen erfreulichen Beweis. Obgleich unsere regelmäßigen Dampferlinien die Zahl ihrer Schiffe und ihrer Frachten stetig ver⸗ mehrt haben, neue regelmäßige Linien im Verkehr mit der Westküste Süd⸗Amerikas, Kleinasien und der Nordküste Afrikas entstanden sind, und obgleich fremde Linien immer zahlreicher unseren Hafen aufsuchen, war der Andrang von Exportgütern namentlich während des Herbstes so groß, daß auf mehreren Linien wiederholt Extrafahrten eingelegt werden mußten. Nur die direkte Linie nach Australien ist in Folge der subventionirten Linie von Bremen eingegangen.

Dasselbe Blatt meldet aus Osnabrück (Mitte Januar):

Das Roheisengeschäft hat sich seit einigen Wochen lebhafter gestaltet bei steigenden Preisen.

ten, in welche sie durch ihre Identifizirung mit der Fort⸗ tepartei gelangt waren ed EMemefaaeedn ig wes

zu einer so ver⸗

Beschäftigung sichern; die Preise sind zwar twas gestiegen, doch immer noch sebr mäßig.

„Das Puddlings⸗ und Walzwerk, die Drabtzieherei und Stiften⸗ fabrik hat bis zum Frühjahr vollauf zu thun, und weitere Auftrãge stehen in Aussicht. Die Produktion war im vorigen Quartal in allen Zweigen 10 20 % größer als im dritten Quartal. Dabei hat eine erhebliche Preissteigerung der Rohmaterialien und der eigenen Erzeugnisse sowie eine Vermehrung der Aufträge stattgefunden.

Die Cigarrenfabrikation hat im 4. Quartal eine weitere Aus⸗ dehnung gewonnen und einen seit längeren Jahren nicht mehr ge⸗ kannten Umfang erreicht. Einen besonderen Anlaß hierzu gab die vor einigen Jahren neu eingeführte und sehr beliebt gewordene Hand⸗ arbeitfabrikation, die immer weitere Verbreitung fand. Die Preise des Rohmaterials waren im weiteren Steigen begriffen, während die Verkaufspreise auf demselben Stand blieben. Es konnte daher nur durch vergrößerten Betrieb bei flottem Absatz ein entsprechend nutzen⸗ bringender Ausgleich erreicht werden 8

Die Baumwollenspinnerei hat trotz des Steigens der Preise für das Rohmaterial wegen der Zurückhaltung der Konsumenten und des dringenden Angebots von Gespinnsten die Garnpreise nicht entsprechend erhöhen können.

Was die Baumwollenweberei betrifft, der hauptsächlichsten Gewebe gehalten, ni. etwas an Werth verloren.

ür die Wollenwaarenfabrikation nur zu gedrückten Preisen zu erzielen. milde Witterung bis Mitte Dezember

ft, so haben sich die Preise während andere bei schleppendem

war der Absatz schwierig und Das Geschäft wurde durch die nachtheilig beeinflußt.

Amtsblatt des Reichs⸗Postamts. Verfügungen: vom 8. März 1887. Verbot des „Prager Wochenblatt“.

Justiz⸗Ministerial⸗Blatt. Nr. 10. Inhalt: Allgemeine Verfügung vom 2. März 1887, betreffend die Aufhebung des Schöffen⸗ gerichts zu Rheinbrohl. Bekanntmachung.

Nr. 12. Inhalt:

Reichstags⸗Angelegenheiten.

In dem Entwurf des Etats der Reichs⸗ Post⸗ und Tele⸗ graphenverwaltung für 1887/88 ist die Gesammteinnahme (Kap. 3: 187480 350 ℳ) um 7 189130 höber veranschlagt als für das Vorjahr, worin indeß ein Betrag von 1 473 400 enthalten ist, welcher lediglich in Folge einer administrativen Maßregel durchlaufend den Einnahmen sowie den Ausgaben hinzutritt. Es sollen nämli die den Vorstehern der Postämter II. und III. Klasse bisher über⸗ lassenen örtlichen Bestellgebühren, woraus dieselben die zur Wahr⸗ nehmung der Bestell⸗ und sonstigen Unterbeamtengeschäfte am Orte der Postanstalt erforderlichen Arbeitskräfte für eigene Rechnung zu unter halten hatten, zur Postkasse eingezogen werden, wogegen selbstverständ⸗ lich die entsprechenden Ausgaben gleichfalls dem Ausgabe⸗Etat zuwachsen. Abgesehen hiervon verbleibt eine Einnahmesteigerung von rund 5 700 000 ℳ, wovon auf den Titel „Porto⸗ und Telegrammgebühren“ 5 400 000 ℳ, auf den Zeitungsverkehr 170000 entfallen. ,

Die Summe der fortdauernden Ausgaben ist Kapitel 3 mi 158 027 567 angesetzt (6 299 353 mehr als für das Vorjahr) so daß sich ein Ueberschuß von 29452 783 (+ 889777 ergiebt.

Die einmaligen Ausgaben (Kav. 4), welche aus diesem Ueberschusse vorweg zu bestreiten sind, beziffert der Etatsentwurf auf ziemlich denselben Betrag wie im Vorjahre mit 4512 270 Neben 1 den weiteren Raten für die bereits bewilligten Posthausbauten finden 8 sich darunter neue Forderungen für Herstellung bezw. Erweiterung von Dienstgebäuden in Ludwigslust, Brieg, Eisleben, Görlitz, Gumbinnen, Konitz (Westpr.), Myslowitz, Naumburg (Saale), Neustadt (Oberschl.), Quedlinburg, Schwedt, Soest, Weimar, Verlin (Vergrößerung des Postgrundstücks in der Mauerstraße 310 000 ℳ), Danzig, Konstanz, Landsberg (Warthe), Liegnitz und Lüneburg.

Friedberg, 10. März. (Darmst. Ztg.) Der nationalliberale Kandidat, Bankdirektor Brand aus Mainz ist an Stelle des Ober⸗ Bürgermeisters Dr. Miquel mit etwa 8700 gegen 6600 Stimmen, die Major a. D. Hinze (dfr) erhielt, gewählt. Es fehlten noch die Nachrichten aus drei Orten, die voraussichtlich eine weitere Mehrheit von 100 Stimmen für Brand einbringen.

Statistische Nachrichten.

Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 27. Februar bis inkl. 5. März 1887 zur Anmeldung gekommen: Eheschließungen, 938 Lebendgeborene, 32 Todtgeborene, 561

213 S

Kunst, Wissenschaft und Literatur

1b 1 „Das

von Grundeigenthum vom ebrauch erläutert von F. Seydel,

In Carl Heymann's Verlag in Berlin erschien soeben: Gesetz über die Enteignun 11. Juni 1874. Für den praktischen Regierungs⸗Rath. Zweite Auflage. (Preis 6 ℳ) Seit dem Erscheinen der ersten Auflage des vorliegenden Kommentars hat das Enteignungs⸗ recht in der Anwendung und Auslegung des Gesetzes vom 11. Juni 1874 auf dem Gebiet der Rechtsprechung wie auch der Verwaltungs⸗ praxis eine wesentliche, zum Theil abschließende Fortentwickelung erfahren. Der Verfasser hat daher auf Grund mehrjähriger praktischer Erfahrungen die ursprüngliche Arbeit in allen ihren Theilen einer sorgfältigen Nach⸗ prüfung unterzogen und in reichhaltigster Weise vervollständigt. Zu⸗ gleich ist durch eine zweckentsprechende Anordnung des Materials die praktische Brauchbarkeit des Buches wesentlich erhöht worden. Wie bereits in der ersten Auflage, so ist auch jetzt wieder die in dem Ministerium der öffentlichen Arbeiten geübte Verwaltungspraris auf Grund der in der Ministerialinstanz ergangenen Entscheidungen vorzugsweise be⸗ rücksichtigt und durch Mittheilung bisher nicht veröffentlichten Materials dem Werke ein besonderer Werth verliehen. Dasselbe dürfte für Behörden und Beamte, besonders Landräthe, Grunderwerbs⸗ kommissionen, Abtheilungsbaumeister ꝛc. sowie für die mit Enteignungs⸗ angelegenheiten befaßten Interessenten ein werthvolles Handbuch sein. Der Historische Verein für das Großherzogthum Hessen versandte soeben das erste Heft seiner „Quartalblätter“ für 1887, ausgegeben im Februar (Darmstadt, im Selbstverlage des Vereins, in Kommission der Hofbuchhandlung von A. Klingelhöffer). Das Heft enthält außer einem Referat über Vereins⸗Angelegenheiten eine Reihe interessanter historischer und archäologischer Mittheilungen. Dr. Georg Wolff handelt über neue Forschungen und Entdeckungen in Bezug auf Römerstraßen an den Ufern des Main im Anschluß an die Auffindung der Reste einer römischen Brücke bei Großkrotzen⸗ burg und über eine von ihm entdeckte weitere Mainbrücke bei Hanau. Dr. Eduard Anthes berichtet über seine im Auf⸗ trage des Vereins unternommenen Untersuchungen der im Gersprenzthal des Odenwaldes belegenen Ruine Schnellerts. Das Ergebniß der Ausgrabungen war negativer Art. Die Hoffnung, vielleicht seien die mittelaltrigen Mauern auf römischer Grundlage erbaut, hat sich nicht bestätigt, denn überall, wo nachgegraben wurde, wurden die Mauern der Fundamente auf dem natürlichen Boden auf⸗ sitzend gefunden. Weder römische Waffen, noch Münzen oder Scherben kamen zum Vorschein; im Gegentheil weisen die gefundenen Gegen⸗ stände auf mittelaltrigen Ursprung der Burg hin: die Reste spitz⸗ bogiger Wölbungen sind allein schon im Stande, von der nichtrömischen Entstehung des Schnellerts zu überzeugen. So ist denn das Dunkel, das über der Ruine schwebt, nur insofern gelichtet, als man nunmehr mit Bestimmtheit weiß, daß der Schnellerts nicht mehr als Römeranlage angenommen werden darf, und daß die an und für sich ansprechende Vermuthung, es habe ein Zusammenhang der Gersprenz⸗ befestigungen mit den Kastellen der Maln⸗Neckar⸗Linie bestanden, nur

Das hiesige Stahlwerk hat Aufträge, welche bis Ende Mai

eine Hypothese war. ] die benachbarte Haselburg, welche bis vor Kurzem für ein ömerkastell gegolten hat, ist durch

1“