— Bei den Kaiserlichen Majestäten fand gestern im Palais eine Abendunterhaltung statt, bei welcher die
Künstler Fr. Artöt de Padilla, Frl. Daeneke, Hr. Dreyschock, sowie Mitglieder des Königlichen Hof⸗Theaters mitwirkten.
— Der Bundesrath genehmigte in seiner am 5. d. M. unter dem Vorsitz des Staats⸗Ministers, Staatssekretärs des Innern, von Boetticher, abgehaltenen Plenarsitzung den Ent⸗ wurf eines Gesetzes über die Verwendung gesundheitsschäd⸗ licher Farben bei der Herstellung ꝛec. von Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen, den Gesetz⸗ entwurf wegen Abänderung des Gesetzes über den Ver⸗ kehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Ge⸗ brauchsgegenständen, die zu Bern am 9. September v. J. unterzeichnete Uebereinkunft wegen Bildung eines inter⸗ nationalen Verbandes zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst, den Entwurf eines Gesetzes wegen Fest⸗ stellung eines Nachtrags zum Reichshaushalts⸗Etat für das Etatsjahr 1887/88, die Berechnung der Matrikular⸗ beiträge zum Reichshaushalts⸗Etat bezw. zum Nachtrags⸗Etat, endlich den Antrag des Reichskanzlers, betreffend den Erlaß von Bestimmungen wegen gegenseitiger Zu⸗ lassung der in der Nähe der Grenze wohnhaften Hebammen zur Ausübung ihrer Berufsthätigkeit in den einzelnen Bundesstaaten. Sodann wurde über mehrere Ein⸗ gaben verhandelt. Die Eingabe der afrikanischen Dampfschiff⸗ fahrts⸗Aktiengesellschaft „Woermann⸗Linie“ wegen gegenseitiger Anerkennung der von den Behörden der einzelnen Bundesstaaten für die Inbetriebsetzung von Dampsschiffs⸗ kesseln ertheilten Erlaubnißscheine und die Eingabe der Handels⸗ und Gewerbekammer für Oberbayern, betreffend die Veranstaltung einer Enquete über die Wirkungen der Theil⸗ zahlungsgeschäfte, wurden dem Reichskanzler überwiesen. Auf mehrere Gesuche wurden Ausnahmen von den Vorschriften über Einrichtung der Anlagen zur Anfertigung von Zünd⸗ hölzern bewilligt. Ein Antrag auf Ertheilung der Ermächtigung zum strafrechtlichen Einschreiten wegen Beleidi⸗ gung des Bundesraths durch die Presse wurde dem Ausschuß ür Justizwesen zur Vorberathung übergeben. Endlich wurde noch über die zollfreie Ablassung verschiedener metallener, Schiffbau bestimmter Materialien Beschluß gefaßt.
— Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für das Landheer und die Festungen und für das Seewesen sowie der Ausschuß desselben für Handel und Verkehr hielten heute Sitzungen.
— Nach amtlicher Mittheilung des hiesigen italienischen Botschafters hat der Ober⸗Befehlshaber der italienischen Streit⸗ kräfte zu Massovah in Folge des zwischen Italien und Abyssinien bestehenden Kriegszustandes die Küstenstrecke von Hanfila bis zu dem Punkte gegenüber der Insel Diffnane in Blockadezustand erklärt.
— —
— Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstages und des Hauses der befinden sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (24.) Sitzung des Reichs⸗ tages, welcher der Vize⸗Präsident des Stagts⸗Ministeriuns Staats⸗Minister von Puttkamer, der Staats⸗Minister von Boetticher, der Staats⸗Minister Bronsart von Schellendorff, der Staatssekretär des Reichs⸗Schatzamts, Dr. Jacobi, sowie andere Bevollmächtigte zum Bundesrath nebst Kommissarien desselben beiwohnten, theilte der Präsident zunächst mit, daß ein Nachtrag zu dem Staatshaushalts⸗Etat für 1887 88 ein⸗ gegangen sei.
Als erster Gegenstand stand auf der Tagesordnung,
die Fortsetzung der zweiten Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Fest⸗ stellung eines Nachtrages zum Reichshaus⸗ halts⸗Etat für das Etatsjahr 1887/88, in Ver⸗ bindung mit der zweiten Berathung des Ent⸗
wurfs eines Gesetzes, betreffend die Aufnahme einer
Anleihe für Zwecke der Verwaltung des Reichs⸗ heeres und für die Vervollständigung des deutschen
Eisenbahnnetzes im Interesse der Landesver⸗ theidigung, auf Grund mündlichen Berichts der Kommission für den Reichshaushalts⸗Etat.
Die Berathung wurde fortgesetzt ordinarium. 8 Bei Tit. 1 desselben führte der Berichterstatter Abg. Freiherr von Huene im Allgemeinen aus, daß diese einmaligen Ausgaben meist durch die Heeresverstärkung veranlaßt seien. Die geforderten Baulichkeiten seien zum Theil für die Unter⸗ bringung der neuen Truppentheile bestimmt, zum Theil seien es Erweiterungen früher beschlossener Bauten, die in Folge der Verstärkung der Truppentheile nothwendig geworden.
Der Abg. Schrader erklärte, daß seine Partei gegen die beantragten Bauten im Ganzen keinen Widerspruch erhebe
da sie nur Konsequenzen früherer Beschlüsse seien; bei ein⸗ 88 Positionen werde sie indeß ihren Bedenken Ausdruck geben.
Tit.
bewilligt. Den Tit. 25, in welchem für den Neubau einer Kasern für eine Abtheilung Feld⸗Artillerie in Münster als erste Rate 47000 ℳ gefordert werden, beantragte der Abg. Smiths zu streichen, weil er die beabsichtigte Verlegung einer Abtheilung 8 F ke hagi⸗ von Soest nach Münster für nicht berechtigt alte; die Stadt Soest habe große Aufwendungen für ihre Kasernements gemacht, in der Erwartung, daß die Garnison ine dauernde bleiben werde. Der Regierungs⸗Kommissarius Oberst Schulz vertheidigte die Forderung, während die Abgg. Miquel und Richter die n Bedenken für erheblich hielten. Die Position wurde hierauf gestrichen. (Schluß 8 Blatide⸗ h f gestrichen. (Schluß des
— In der heuti
zum
mit dem Extra⸗
1 — 24 wurden hierauf ohne weitere Debatte
8 en (48.) Sitzung des Hauses Abgeor dneten, welcher der Vite rgfideen 41 sSnanr⸗ Ministeriums, Minister des Innern, von Puttkamer, der
Finanz⸗Minister, Dr. von Scholz, und mehrere Kommissarien
eiwohnten, stand als erster Gegenstand auf der Tagesordnung: der mündliche Bericht der Budgetkommission über den Ver⸗ trag mit Waldeck vom 2. März 1887, betreffend die
„Pahbobnrens der Verwaltung der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont durch Preußen.
Abg. Dr. Mithoff, befürwortete
Rücksicht darauf, daß eine Zeitdauer für den Vertrag nicht festgesetzt, sondern die eventuelle Kündigung der Regierung vorbehalten sei, und das bisherige Mitbestimmungsrecht des Landtages in dieser Angelegenheit dadurch eingeschränkt werde, dieses Mal gegen den e stimmen werde.
der Abg. “ von Minnigerode wies darauf hin, daß die Mitwirkung des Landtages nicht ganz beseitigt sei, da derselbe das Recht habe, jede Mehrbewilligung für diesen Zweck abzulehnen; darin liege ein Mittel, eine Kündigung des Vertrages herbeizuführen.
Der Finanz⸗Minister, Dr. von Scholz, führte aus, daß die bestrittene Bestimmung auf Wunsch Waldecks in den Vertrag aufgenommen sei. Eine solche Bestimmung sei auch nichts Neues und Unerhörtes. Es gebe viele wichtige Handels⸗ verträge, in denen der Regierung das Kündigungsrecht vor⸗ behalten sei und die sich stillschweigend verlängerten, wenn sie nicht gekündigt würden. Auch bisher habe übrigens dem Landtage ein Kündigungsrecht nicht zugestanden; es habe nur bei Erneuerung des Vertrages der Zustimmung des Landtages bedurft. Wenn alle Welt mit dem Vertrage zufrieden sei, so sei es gut wenn er einfach fortbestehe; sollte einmal für Preußen ein Interesse vorliegen, ihn zu kündigen, so werde wohl auch jede zukünftige Regierung das Richtige zu thun wissen.
Nachdem noch der Abg. von Benda für den Vertrag ein⸗ getreten war, wurde derselbe Seitens des Hauses genehmigt. „Es folgte der mündliche Bericht der Budgetkommission über die Gesetzentwürfe, betreffend die Feststellung eines Nachtrags zum Staatshaushalts⸗Etat für das Jahr vom 1. April 1887/88, und betreffend die Ergnes der Einnahmen in diesem Nachtrags⸗
at. Die Berichterstatter waren die Abgg. Freiherr von Min⸗ nigerode und Stengel.
„Die Gesetzentwürfe wurden ohne erhebliche Debatte un⸗ verändert angenommen.
Die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Theilung von Kreisen in den Provinzen Posen und Westpreußen, beantragte der Abg. Dr. von Jazdzewski von der Tagesordnung abzusetzen, da die Mehrzahl der Fraktionen zu den Kommissionsvorschlägen noch nicht Stellung genommen habe, und das Haus mithin unvorbereitet in die Spezialberathung eintreten würde.
Der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums, Minister des Innern, von Puttkamer, gab zu erwägen, daß nach Lage der Geschäfte des Landtages jede Verzögerung der Berathung dieser Vorlage auch den Sessionsschluß verzögern würde.
Die Abgg. von Rauchhaupt, Rickert und Dr. Freiherr von Schorlemer⸗Alst bestätigten, daß innerhalb ihrer Fraktionen Kommissionsvorschläge noch nicht zur Besprechung gelangt
ien.
Der Antrag des Abg. Dr. von Jazdzewski wurde darauf angenommen.
Schluß 1 Uhr. Nächste Sitzung: Sonnabend 11 Uhr.
— Soeben erschien die im Reichs⸗Eisenbahnamt in neuer Auflage bearbeitete Uebersichtskarte der Eisen⸗ bahnen Deutschlands. Dieselbe ist mit und ohne Gebirgsdruck zum gleichen Preise von 5 ℳ pro Exemplar durch die Königliche Hof⸗Buchhandlung von E. S. Mittler u. Sohn, Berlin SW., Kochstraße 69, zu beziehen. Gegen das Vorjahr hat die Karte wieder durch Aufnahme der neu er⸗ oͤffneten Linien und Stationen sowie der inzwischen durch Landesgesetze oder durch Konzessionen zum Ausbau genehmig⸗ ten Eisenbahnprojekte eine Erweiterung erfahren. Außerdem sind die neuerdings in Staatsbesitz übergegangenen Eisen⸗ bahnen sowie die zu Bahnen untergeordneter Bedeutung er⸗ klärten bisherigen Hauptbahnen bezw. die in Hauptbahnen umgewandelten bisherigen Bahnen untergeordneter Bedeutung in entsprechend veränderter Form zur Darstellung gebracht worden. Ferner haben in der Karte sämmtliche Eisenbahn⸗ stationen sowie die Entfernungen und stärksten Neigungen zwischen den einzelnen Knotenpunkten der Bahnlinien Auf⸗ nahme gefunden.
— Durch Allerhöchste Ordre vom 20. April d. J. ist dem Kreise Templin, welcher den Bau einer Chaussee von Ringen⸗ walde nach der Kreisgrenze in der Richtung auf Friedrichswalde ausgeführt hat, gegen Uebernahme der künftigen chausseemäßigen Unterhaltung dieser Straße das Recht zur Erhebung des Chausseegeldes auf derselben nach den Bestimmungen des Chausseegeld⸗Tarifs vom 29. Februar 1840 einschließlich der in demselben enthaltenen Bestimmungen über die Befreiungen sowie der sonstigen, die Erhebung betreffenden zusätzlichen Vor⸗ schriften — vorbehaltlich der Abänderung der sämmtlichen vor⸗ aufgeführten Bestimmungen — verliehen worden. Auch sollen die dem Chausseegeld⸗Tarife vom 29. Februar 1840 angehängten Bestimmungen wegen der Chaussee⸗Polizei⸗Vergehen auf die gedachte Straße zur vherlune kommen.
— Der Kaiserliche Gesandte am Königlich dänischen Hof
se sa 8 Hofe, Legations⸗Rath Stum mü ist vom Urlaube nach Kopenhagen zurückgekehrt und hat die Geschäfte der dortigen Gesandtschaft wieder übernommen.
I General⸗Lieutenant von Verdy du Vernois, Gouverneur von Straßburg i. E., hat Berlin wieder verlassen.
— Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Königli 8 8 3 5, Königli württembergischer Ober⸗Regierungs⸗Rath Schicker und Figlich lich schaumburg⸗lippescher Regierungs⸗Präsident Sprin g, sind von hier Sars abgereist. Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Fürstlich reußis , Der Bey gte; desrath, 5 ische Staats⸗Minister Dr. von Beulwitz ist hier ah en 8
— Der Dampfer „Salier“ ist mit dem Ablösungs⸗ kommando für S. M. Kreuzer „Albatroß“ am 5. Mai c. in Port Said eingetroffen und hat an demselben Tage die Weiterreise fortgesetzt.
— 82 2 2 8
S. M. Fahrzeug „Loreley“, Kommandant Kaäpitän⸗
Finanzkommission zu dem Antrage des Landesausschus⸗ treffend die Abtretung oon Ortsberingsstrabenserese 8 Stadtgemeinde Limburg, wurde der mit der Stadt ges Vertrag genehmigt. — Auf den Bericht der Wegetaec sion zu der Eingabe des Vorstandes des Arzbach beschloß der Landtag, das Gesuch nen. — Nächste Sitzung Freitag 10 Uhr.
„Bayern. Ueber die Rundreise des Prinz⸗Regent⸗ bringt die M. „Allg. Ztg.“ folgende weiteren Telegramme. Bayreuth, 4. Mai. Die Illumination der Stadt; Ehren des Prinz⸗Regenten war eine großartige. Die imposge testen Bilder gewährten die Richard Wagner⸗Straße, der nn- Schloßplatz, die Thürme der protestantischen Hauptkirche d der katholischen Kirche, das Rathhaus, das Herzog Alexande Palais, die Einfriedung der Villa Wahnfried, die Ehrenpfor, und das Telegraphenamt. Der Prinz⸗Regent besichtigte d prachtvolle Illumination auf einer Rundfahrt unter brausenden Hochrufen der Einwohnerschaft und vieler Tausend von Fremden. Die Serenade und der Fackelzug der Sänge⸗ schaft und der Feuerwehr auf dem Schloßplatz war eine e⸗ hebende Feier. Morgen erfolgt die Abreise nach HofF. — Bayreuth, 5. Mai. Gleich nach 8 Uhr früh verhzs Se. Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent das Schloß in Gal⸗ Equipage unter Glockengeläut und dem Donner der Geschüt⸗ In den Straßen bildeten die Vereine Spalier. Auf de Bahnhofe verabschiedete sich der Prinz⸗Regent von den Spite aller Behörden in herzlichster Weise und reiste um 818 Ur⸗ unter dem Jubel des zahlreichen Publikums weiter nach He; Hof, 5. Mai. Bald nach 11 Uhr kam Se. Königlit, Hoheit der Prinz⸗Regent im Salonzuge auf dem großan geschmückten Bahnhofe hier an. Im Auftrage Sr. Majests des Königs von Sachsen erfolgte durch den General⸗Lieutengn von Holleben freundnachbarliche Begrüßung; auch der Genera⸗ Direktor der Königlich sächsischen Staatsbahnen, Geheime Rath Hoffmann, war zum Empfang erschienen, welcher sämmtliche höheren bayerischen Beamten und der Bürgermeise unserer Stadt beiwohnten. J“ 5. Mai. Der großartigste Empfang wurde 8: Königlichen Hoheit dem Prinz⸗Regenten bei der Einfahrt die eigentliche Stadt bereitet, welche überaus prächtig geschmuth war; das Wetter blieb herrlich. Nachdem der Prinz⸗Reger sein hiesiges Absteigequartier, das Hotel zum Hirschen, betretn hatte und am Fenster erschienen war, marschirten die Verein und Korporationen aller Art aus Stadt und Land vorübe dem Prinz⸗Regenten immer wieder zujubelnd; drei Vierte⸗ stunden währte dieses Defiliren. Bürgermeister Mam erwähnte in seiner Bewillkommnungs⸗Ansprache am Bahr⸗ hofe: der letzte Besuch des Landesherrn, vor 21 Jahren, hau⸗ das Land aus Nacht und Noth gerettet. “
„ Hessen. Darmstadt, 5. Mai. (Köln. Ztg.) Das Weinsteuergesetz ist gestern in der Zweiten Kamme: abgelehnt worden, da ein Beschluß über den Steuersatz nich
losen ommif
Gewerbeverein vorläufig abzules
n da
— 11h zu Stande kam. — Nach Mittheilung des Staats⸗Ministen Finger steht die Vorlage eines Kirchengesetzes in nah⸗
ussicht.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Cour.) Der Landtag hat in seiner heutigen Sitzung mit der preußischen Regierung vereinbarten Staats⸗ vertrag, die Eisenbahn von Schmalkalden nat Zella St. Bl. betreffend, genehmigt.
Gotha, 3. Mai. (Ham
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 4. Mai. (Wien. Abdr Das Abgeord s beri de s Mimn . g netenhaus berieth heute den Etat des Mim steriums des Innern. An der Diskussion betheiligte sich aus der Minister⸗Präsident Graf Taaffe. Pest, 4. Mai. (Wien. Ztg.) Der volkswirthschaft liche Ausschuß des Abgeordnetenhauses acceptirte 3985 und Schiffahrts⸗Konvention mit Dänemark sowie de andels⸗Konvention mit Griechenland.
Großbritannien und Irland. London, 5. Mei (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Oberhauses erklärte der Sekretär für Indien, Viscount Croß, au eine bezügliche Anfrage: den Gerüchten über Unruher in Afghanistan sei, wenn dieselben nicht auf authentische Basis beruhten, immer mit Mißtrauen zu begegnen. Uebe Unruhen im Khyberpaß seien der Regierung keine Nat⸗ richten zugegangen; auf eine deshalb an den Vize⸗König Lor⸗ Dufferin gestern gerichtete telegraphische Anfrage sei er not ohne Antwort. — Sodann wurde die Bill, betreffend Eisenbahn⸗ und Kanalverkehr, in dritter Lesunz angenommen.
Das Unterhaus lehnte den Antrag Lewis, be treffend die Verletzung der Privilegien des Parlaments durt den von der „Times“ unter dem Titel „Dillon's Lügen im Unterhause“ gebrachten Artikel, mit 297 gegen 218 Stimmen ab und trat darauf in die Berathung des von der Regierung gestellten Unterantrages ein, daß der Artikel der „Times“ keine Verletzung der Parlamentsprivilegier involvire, und daß die Regierung die Angelegenheit durch eine Verläumdungsklage gegen die „Times“ vor Gerich zum Austrag zu bringen bereit sei. Gladstone stellte den gestern von ihm angekündigten Antrag auf Ernennung eines Hauses zur Untersuchung de
Comités des Anklage der „Times“. — (A. C.) Der Londoner Correspondent des „Leedn Mercury“ schreibt: „Ich höre, daß der Führer des Hauses, W. H. Smith, in Zukunft die Cloture häufiger zur Ar⸗ wendung bringen wird als bisher. Dennoch aber wird selbi diese Waffe nur langsam die vielen Amendement⸗ aus dem Wege schaffen. Die Zeit wird kommen, we man zu schärferen Mitteln wird greifen müssen. Nur auf eine Weise kann die Opposition lahm gelegt werden nämlich durch physische Erschöpfung. Wahrscheinlich wird die
Lieutenant Freiherr von Lyncker, ist am 5. Mai cr. in Beyrut eingetroffen und am 6. dess. Mts. wieder in See gegangen.
Wiesbaden, 4. Mai. Der Kommunal⸗Lan beschloß in seiner heutigen (7.) öffentlichen Sitzung ata Vorlage des Landesausschusses, betreffend die Aufnahme der Irren der ehemals Frankfurter Landgemeinden in die Irren⸗ anstalt zu Eichberg, auf Bericht der Stiftungskommission, den Kommissionsantrag anzunehmen. — Von der Vorlage des Landesausschusses, betreffend die Benutzung des Taubstummen⸗ Instituts zu Kamberg durch Taubstumme aus dem Stadt⸗ und Landkreise, nahm der Kommunal⸗Landtag auf Bericht der
. Der Ficheeshe zar Namens der Budgetkommission, den Vertrag zu genehmigen. Der Abg. Dr. Meyer (Breslau) erklärte, daß 9 mit
Stiftungskommission Kenntniß.
Regierung daher nach Verlauf von 8 bis 10 Tagen beantragen⸗ daß die Sitzung ohne Unterbrechung so lange dauern solle, bis die Bill durchberathen ist. Ein solcher Versuch würde natür lich auf starken Widerstand von Seiten der Opposition stoßen. Aus Birma wird berichtet:
Mandalay, 1. Mai. Die Untersuchung über die gegen die früͤhere Regierung erhobenen Rechtsansprüche schreitet nur langsam vorwärts. Die Hauptschwierigkeit, die Schulden derselben festzusteller ist dadurch entstanden, daß die im Palast nach der Einnahme Man⸗ dalays einquartirten britischen Truppen die Urkunden des Bve Reiks, d. h. des Schatzamts, verbrannten, indem sie die birmanischen Parabeiks oder Rechnungsbücher zum Feueranmachen
Auf den Bericht der
brauchten. — General White begiebt sich morg f ei spektions⸗ F 5 “ ebt gen auf eine Inspektions veise, auf welcher er die östlichen Militärposten, un 68 ch die
des Shan⸗Distrikts, inspiziren wird.
Frankreich. Paris, 3. Mai. (Fr. C.) Der heutige Ninisterrath stellte die Ersparnisse fest, die sich am Budgetentwurf für 1888 noch erzielen lassen, und brachte eine Summe von etwas mehr als 12 Millionen Francs zu⸗ ammen, von welchen 9 auf die Militärverwaltung, 3 auf die der Finanzen und 500 000 Fr. auf das (einschließlich von 150 000 Fr. beim “ entfallen. Der Bauten⸗und der Marine⸗Minister erklärten, ihre Budgets seien bereits auf das Aeußerste eingeschränkt und ließen keine weiteren Abstriche zu. Der Finanz⸗Minister Dauphin wird morgen dem Budget⸗ Ausschuß die Beschlüsse der Regierung mittheilen. — Der
remier⸗Minister Goblet zeigte an, daß er den freigelassenen olizei⸗Kommissär Schnäbele empfangen und ihm einen kurzen Ürlaub ertheilt habe, nach dessen Ablauf er ihn auf einen anderen Posten versetzen werde, bis zum Oktober d. J., wo er pensionsberechtigt werde. — Die drei aus Algerien zurückgekehrten Minister berichteten über den Empfang, der ihnen dort überall zu Theil geworden. Der Unter⸗ richts⸗Minister Berthelot wies besonders auf das Schulwesen im cabylischen Theil Algeriens hin und legte die Nothwendig⸗ keit dar, die Zahl der dortigen Schulen zu vermehren, die sehr besucht seien und am meisten dazu beitrügen, die afrika⸗ nische Kolonie immer mehr auf gleichen Fuß mit dem Mutter⸗ lande zu bringen. Auch das Steuerwesen müsse verbessert werden; namentlich gegen die Kopfsteuer seien ihm von den Ein⸗ geborenen viele Beschwerden überreicht worden. Auch der General⸗ Gouverneur, mit welchem er über die letztere Frage Rücksprache enommen habe, befürworte die Herabsetzung der Kopfsteuer für die Minderbemittelten. Der Bauten⸗Minister Millaud machte Mittheilungen über den Einfluß, welchen die Eisen⸗ bahnen in Algerien ausüben. Der Post⸗Minister Granet kündigte an, daß er die Zahl der Postämter im Innern der Kolonie bedeutend vermehren und einen täglichen Postdienst zwischen Algier und Marseille einrichten werde.
Morgen wird in Brest das Stahlpanzerschif „Neptune“ vom Stapel gelassen. Der Bau des Schiffe kostete 10 Millionen Francs, die Ausrüstung 5 Millionen. Die großen Flottenübungen beginnen am 12. d. M. Das Uebungsgeschwader hat Befehl erhalten, bis dahin vor Algier zu sein. Das Torpedogeschwader, welches ihm den Weg zu verlegen hat, wird in Ajaccio zusammen⸗ gezogen. 8 3
— 5. Mai. (W. T. B.) Die Budgetkommission hat einen Antrag Pelletan's angenommen, in welchem die Regierung aufgefordert wird, neue Vorschläge wegen Herbeiführung von Ersparnissen zu machen, da die Kom⸗ mission die von der Regierung bis jetzt vorgeschlagenen Er⸗ sparnisse für unzureichend erachte. Die Kommission hat sich
darauf bis nächsten Sonnabend vertagt. .b Schweden und Norwegen.
Stockholm, 5. Mai. (W. T. B.) Die Thronrede, mit welcher der König heute den Reichstag eröffnete, hebt hervor: die Zollfragel, deren Behandlung im vorigen Reichstage den Entschluß des Königs, den Reichstag aufzulösen, veranlaßt habe, sei von so großer Bedeutung für den Handel und die Landwirthschaft, daß eine Aenderung des bisherigen Zollsystems nicht eintreten dürfe, ohne daß der neue Reichstag der allgemeinen Meinung im Lande darüber, ob eine Aenderung des Zollsystems ge⸗ wünscht werde, bestimmten und zuverlässigen Ausdruck gebe. Angekündigt wird eine Vorlage über den Handelsvertrag mit Spanien.
Zeitungsstimmen.
In der „Schlesischen Zeitung“ lesen wir:
Die Parteien gegenüber dem Nachtrags⸗Etat der Heeresverwal⸗ tung. Der Verlauf der Kommissions⸗Verhandlungen über den dem Reichstage unterbreiteten Nachtrag zum Reichshaushalts⸗Etat zählt zu den seltensten und erfreulichsten Erscheinungen, welche unsere par⸗ lamentarische Geschichte aufweist. Auf die Forderung der hohen Summe von einer Drittelmilliarde (333 Millionen) Mark zu mili⸗ tärischen Zwecken war das Land in keiner Weise vorbereitet. Inner⸗ halb dieser Summe befanden sich 250 Millionen, welche mit der eben erfolgten wesentlichen Verstärkung des Friedensstandes und der Cadre⸗ zahl des Heeres außer Zusammenhang standen und zu außerordent⸗ lichen Aufwendungen für Festungs⸗, Kasernen⸗ und Eisenbahn⸗ bauten, sowie für bessere Ausrüstung des Heeres und zur Erhöhung seiner Schlagfertigkeit bestimmt waren. Ließ auch die erste Lesung der Vorlage im Plenum, welche zu deren Verweisung an eine Kommission führte, keinen Zweifel daran, daß der Gesetz⸗ entwurf im Großen und Ganzen zur Annahme gelangen werde, so durfte man doch darauf gefaßt sein, daß der kritische Geist unserer oppositionellen Parteien seine ganze Kraft daran setzen werde, die Nothwendigkeit wenigstens eines Theiles der Forderungen in Frage zu stellen und Herabminderungen zu erwirken. Hr. Rickert hatte sich bei der ersten Lesung dahin ausgesprochen, daß die Regierung als Aequi⸗ valent für ihre Forderungen wenigstens eine Herabminderung der Dienstzeit zu gewäbren habe. In einzelnen Organen des Ultramon⸗ tanismus und der äußersten Linken ward eine Sprache laut, die leb⸗ haft an die Konftiktszeit erinnerte. In der Berliner „Volkszeitung“, dem „Organ für Jedermann aus dem Volke“, lasen wir was folgt:
. Das Volk hat am 21. Februar einen „militärfrommen“ Reichstag erwählt, der die Tasche offen halten soll, wenn der Kriegs⸗ Minister hineinzugreifen sich gedrungen fühlt .. .. Gewarnt worden sind die Wähler uͤberreichlich; wenn sie 8en nicht gehört haben, so werden sie eben fühlen müssen, und der Militarismus müßte nicht er selbst sein, wenn er nur einen Augenblick zögern wollte, die Citrone bis auf den letzten Tropfen auszuquetschen.. Der Militarismus ist ein System, eine Weltanschauung, die, wenn ihr alle Schranken aus dem Wege geräumt werden, wie es durch den Ausfall der Wabhl vom 21. Februar geschehen ist, eben auch alle ihre Konsequenzen ziehen muß. An jenem Tage konnten die Wähler die schwachen Bande, welche den Militarismus bis dahin noch fesselten, etwas schärfer an⸗ ziehen; sie haben diese Bande statt dessen vielmehr völlig gelockert, und die natürlichen Folgen stellen sich natürlich ein. Einen kost⸗ spieligeren Luxus hat sich unser armes Volk nie gegönnt, als da es die Kartellmehrheit in den Reichstag schickte.“ 6 b
Ganz denselben Ton schlug die fortschrittliche Wochenschrift „Die Nation“ an:
„Die Wähler werden noch oft zu eingehenden Betrachtungen darüber veranlaßt werden, ob es weise gewesen ist, bei den letzten Reichstagswahlen so zahlreiche Stimmen für die Vertreter der Re⸗ gierungsparteien abzugeben. Immer neue schreckhafte Ueberraschungen tauchen auf und stören selbst den guten, nationalgesinnten Bürger in seiner Ruhe, die er sich glücklich durch sein Votum erkauft zu haben laubte. Das Septennat ist bewilligt, und das Septennat sollte den rieden bedeuten. Mehr wie den Frieden wollte der gute Bürger nicht; allein jetzt beginnt man ihm zu sagen, daß seine Sicherheit erst gewährleistet ist, wenn neue riesige Bewilligungen für das Militär zur Verfügung gestellt werden. Die Situation ist unbehaglich, so un⸗ behaglich, daß selbst die Nationalliberalen besorgte Mienen aufsetzen und noch nicht recht wissen, wie sie es ermöglichen sollen, sich gleich⸗
88 1 16““ : er wird als Strafe für seine schwachen Nerven furchtbar zahlen
müssen.“
Unter solchen Verhältnissen ist es wahrlich eine freudige Ueber⸗
raschung, daß die Kommission, in welcher mit Ausnahme der Sozial⸗
demokraten alle Parteien vertreten waren, die gesammte Vorlage
binnen kürzester Frist durchberathen und einstimmig gutgeheißen hat,
so daß auch im Plenum des Reichstages eine nahezu einstimmige
Votirung derselben zu gewärtigen ist. Es zeugt dies nicht nur dafür,
daß die an sich ja enorm hohen Forderungen der Militärverwaltung
unwiderleglich begründet und auf das Nothwendigste bemessen waren,
sondern ganz besonders auch dafür, daß in unserem öffentlichen
politischen Leben ein anderer Geist die Oberhand gewonnen hat.
Von diesem Geist sind auch diejenigen Parteien nicht unberührt
geblieben, welche gegen die aus den Wahlen siegreich hervorgegangene
Mehrheit mit allem Feuereifer angekämpft haben. Selbst Herr Richter, der in der Kommission des aufgelösten Reichstages Alles
darangesetzt hatte, dem Kriegs⸗Minister seine Ueberlegenheit in mili⸗ tärischen Dingen klar zu machen der in endlosen Verhandlungen alles und jedes bestritten hatte, was für die Nothwendigkeit einer Ver⸗
stärkung der nationalen Wehrkraft geltend gemacht wurde, wird plötz⸗ lich ganz kleinlaut. Noch vor wenigen Tagen sprach sich die „Frei⸗ sinnige Zeitung“ sehr abfällig darüber aus, daß die Prüfung des Nachtrags⸗Etats in der Kommission „viel zu summarisch“ betrieben werde, wobei sie natürlich nicht unterließ, den Delegirten der Fraktion einige Winke mit dem Zaunpfahl zu geben. Heute aber erklärt sie sehr sanftmüthig:
„Aus den Gesammtverhandlungen der Kommission hat sich ergeben, daß jene Sensationsnachrichten, wonach die Forderungen des Nach⸗ trags⸗Etats eine verdeckte Mobilmachungsanleihe darstellten (2), völlig auf Erfindung beruhen. Zu dem Zweck der Mobilmachung ruhen auch bekanntlich 120 Millionen Mark im Reichs⸗Kriegsschatz. Auch bieten die Forderungen des Nachtrags⸗Etats keinen Anlaß zu einer neuen politischen Beunruhigung. Es sind ähnliche Forderungen militärtechnischer Art, wie sie im Jahre 1873 bei Gelegenheit des Retablissements nach dem Kriege gestellt und bewilligt worden sind.“ Beachtenswerther noch ist die Haltung des Centrums. Hr. von Huene war Berichterstatter der Subkommission, welche über die sekretesten Dinge mit dem Kriegs⸗Minister zu verhandeln hatte. Er gab die Erklärung ab, „daß der Kriegs⸗Minister solche Aufschlüsse über die Forderung gegeben babe, daß die Subkommission einstimmi
sowohl die Nothwendigkeit der Bewilligung anerkannt habe, als auch die absolute Geheimhaltung selbst vor den übrigen Mitgliedern der Butgetkommission für geboten erachten“. Soweit Hr. von Huene über Einzelheiten Andeutungen machen durfte, charakterisirten sich seine Aus⸗ führungen als warme Befürwortung anstandloser Bewilligung. Bei der ersten Lesung im Plenum war das Centrum die einzige Partei, die sich schweigend verhielt; es waren also immer noch Zweifel an seiner Haltung berechtigt. Jetzt zeigt sich ein vollständiger Umschwung. Ehe⸗ dem stand das Centrum in seiner großen Gesammtheit allen auf Ver⸗ stärkung unserer Heereskraft gerichteten Forderungen vprinziviell ab⸗ lehnend gegenüber, ohne auf die Frage von der Nothwendigkeit und Zweck⸗ mäßigkeit überhaupt einzugehen. So namentlich der Vorlage von 1880 gegenüber, welche, da sie die Heranziehung eines Theiles der Ersatzreserven zu kurzer Einübung in Antrag brachte, selbst für die Bekämpfer des Militarismus einen gewissen Reiz hatte. Angesichts der dem aufgelösten Reichstage unterbreiteten Vorlage mußten aller⸗ dings der öffentlichen Meinung mit Nothwendigkeit Zugeständnisse ge⸗ macht werden, der noch immer strikt oppositionelle Standpunkt der Partei fand indeß seinen genügenden Ausdruck in der für die Regierung unannehmbaren Beschränkung der Geltungsdauer des Gesetzes. Nun⸗ mehr ist dieser Standpunkt verlassen. Gewiß kann es nur mit Genugthuung begrüßt werden, wenn das Centrum, so lange es in seiner heutigen Stärke überhaupt Bestand hat, der prinzipiellen Oppo⸗ sition entsagt. Unsere Hoffnung geht freilich dahin, daß die katho⸗ lische Bevölkerung Deutschlands bei künftigen politischen Wahlen mehr und mehr davon ablassen wird, sich aus der großen Gesammtheit konfessionell auszusondern. ...
— Gegen den im Abgeordnetenhause gestellten Antrag auf Erhöhung des Zolles für gekämmte Wolle von 2 ℳ auf 20 ℳ pro Doppelcentner nimmt in der „Leipziger Monats⸗ schrift für Textil⸗Industrie“ der Vorsitzende des Vereins deutscher Wollkämmer und Kammgarnspinner, Hr. Franz Dietel, das Wort und sagt:
. . Nach den beigegebenen Motiven ist der Antrag im Inter⸗ esse der deutschen Wollkämmereien gestellt worden; daß aber die Ini⸗ tiative zu dem Antrage von diesen selbst ausgegangen sein sollte, ist kaum anzunehmen, denn in dem „Verein deutscher Wollkämmer und Kammgarnspinner“, der sich wohl in erster Reihe mit einer so wichtigen Frage zu beschäftigen gehabt hätte, ist bisher mit keiner Silbe der Ein⸗ führung eines höheren Zolls auf gekämmte Wolle gedacht worden! Ganz unmittelbar sind es auch nicht die Wollkämmereien selbst, welche bei der Er⸗ höhung des gedachten Zolls interessirt sind, denn diese industriellen Anstalten sind nicht die eigentlichen Konsumenten der rohen Wolle, welche sie verarbeiten, sondern sie verkämmen dieselbe nur im Lohn, theils für Kammgarnspinnereien, welche mit eigener Kämmerei nicht oder nicht ausreichend ausgestattet sind, zum größten Theil aber für Zwischen⸗ händler, welche die rohe Wolle ankaufen, sie in den Lohnkämmereien lohnweise verkämmen lassen und die so gekämmte Wolle wieder ver⸗ kaufen.
— Den „Wochenberichten der Leipziger Monats⸗ schrift für Textil⸗Industrie“ wird zur Lage des Ber⸗ liner Konfektionsgeschäfts aus Berlin u. d. 1. Mai, geschrieben:
Nichts ist eingetreten, welches uns Veranlassung geben könnte, unsere Berichterstattung, welche sich über die Geschäftslage der
Konfektion seit einigen Wochen in günstigster Weise ausspricht, zu verändern. Wir sahen ebensowohl wieder eine große Anzahl Käufer an unserem Platze, wie Bestellungen reichlich einliefen, trotzdem ar⸗ beitet man ziemlich vorsichtig. Der Bedarf, der sich vor Ostern nicht hervorwagen konnte, ist seitdem um so stärker hervorgetreten, derselbe hat oder wird doch in nächster Zeit seine Hauptbefriedigung gefunden haben, wenn auch die Verkaufszeit sich bis Pfingsten hinauszieht; daraus erklärt sich die Vorsicht, mit welcher unsere Konfektion augenblicklich operirt.. Der Gesammteindruck des Geschäfts ist jedenfalls augenblicklich ein sehr lebhafter Die Haupt⸗ aufmerksamkeit unserer Konfektion wird bereits durch das Wintergeschäft in Anspruch genommen, man arbeitet Tag und Nacht an der Fertigstellung der Kollektionen. Auch das amerikanische Geschäft hat begonnen.. Der Stofffabrikation sind von hier an⸗ wesenden amerikanischen Käufern in letzter Woche größere Aufträge, und zwar sowohl auf Stoffe als auf Krimmer zugegangen. Diese Beschäftigung ist auch nöthig, da sie sowohl für die hiesige Kon⸗ fektion als auch für England nur sehr mäßig beschäftigt ist. Die Trikotwaarenfabrikation sieht ihre Ordres wachsen, sie sind derselben von englischer Seite, als auch wiederum von amerikanischer Seite zu⸗ gegangen. Außerdem liegen kanadische Aufträge und solche aus dem regelmäßigen Kundengeschäft vor....
— Die „Berliner Börsen⸗Zeitung“ schreibt:
In Lothringen und Luxemburg, sowie auch in Rheinland⸗West⸗ falen erhält sich in der Eisenindustrie eine befriedigende Tötigecn. auch werden die Preise im Allgemeinen gut behauptet. Nur in Fein⸗ blechen, Walzdraht und Stahlschienen sind Fgeisrücgang⸗ zu ver⸗ zeichnen. Im Kohlengeschäft an der Saar und Ruhr besteht ein reger Verkehr fort, und auch im Koksgeschäft ist eine Zunahme des Ver⸗ sandes nach dem Inlande und Auslande zu konstatiren. Dabei sind die Preise fest und langsam steigend. — Auf dem Schlesischen Montan⸗ markte dauert ein reger Verkehr im Roheisengeschäft an, und zwar sowohl für die Ausfuhr, wie auch für heimischen Bedarf. Die Preise sind fest und theilweise anziehend. Im Walzeisengeschäft ist die Errichtung des Verkaufssyndikats von dem günstigsten Einfluß auf die Ent⸗ wickelung des Geschäftsganges gewesen, doch trägt dazu auch die be⸗ vorstehende Zollerhöhung in Rußland bei, den Absatz dorthin zu ver⸗
zeitig als unabhängige Volksvertreter und als „nationalgesinnte Männer“ zu bewähren. Es ist eine ernste Lehre, die der Wähler er⸗
stärken. Die Preise sind deshalb auch fest und steigend. Die Zink⸗
preise haben sich in Folge vermehrten Bedarfs wieder befestigt, während Blei wegen der matten Londoner Notirungen weichend ist. Im Kohlengeschäft hat der Absatz seit Eintritt der milderen Witte⸗ rung etwas nachgelassen, und ist daher auch die Förderung einge⸗ schränkt worden. Die Preise sind indessen bisher unverändert ge⸗ blieben.
— Die „Deutsche Schirmmacher⸗Zeitung“ meldet: Der große Umschwung unserer deutschen Industrie seit den 70er Jahren bewirkte nicht nur das Aufblühen unseres Exporthandels nach außereuropäischen Ländern, sondern selbst bei den Franzosen sowie bei den überwiegend nach französischen Sitten und Gebräuchen lebenden Belgiern und Niederländern fanden die Erzeugnisse unserer Industrie Beifall.
Besonders verschafften sich feinere Holzwaaren. Spielwaaren in gefärbtem Holz und Blech, Nickel⸗ und euivre poli-Waaren, Band⸗ artikel, fertige Konfektion, Tuche, accordeons, Goldleisten, Knöpfe Solinger Stahl⸗ und Eisenwaaren ꝛc. schnell Eingang. Auch Schirmwaaren deutschen Ursprungs, sowie Gestelle, Stoffe ꝛc. werden in neuerer Zeit in den Niederlanden und Belgien eingeführt. Nicht nur wegen ihrer Billigkeit finden diese Waaren Zuspruch, sondern auch hauptsächlich, weil der deutsche Fabrikant seine Waare dem Geschmack eines jeden Landes entsprechend herzustellen weiß. Aus diesen Gründen sind wir den Engländern, welche nur die in ihrem Lande als gut und modern anerkannte Waare auf den Weltmarkt bringen, eine recht fühlbare Konkurrenz geworden.
Eine noch bedeutendere Absatzfähigkeit nach diesen Ländern ist gewiß nicht ausgeschlossen; es sei denn, daß man bei dem Konkurrenz⸗ bewerb, welcher sich in einigen Branchen fühlbar macht, das falsche Prinzip im Auge hat, nur billigste Waare und in Folge dessen auch mangelhaftere Fabrikate in den Handel zu bringen; wodurch schließ⸗ lich das Renommee für ganze Industriegegenden vollständig ver⸗ loren geht.
Letzteres zu verhüten muß das Grundprinzip sein, beim Handels⸗ verkehr mit benachbarten Ländern, welche nicht zum deutschen Zoll⸗ gebiet gehören. . ..
8 t der Monats⸗
zur Statistik des Deutschen Reichs enthält folgende chweise: 1) Ein⸗ und Ausfuhr der wichtigeren Waaren im ersten ierteljahr dieses Jahres, und im Monat März insbesondere 2) über⸗ seeische Auswanderung für dieselben Zeiträume, 3) Durchschnittspreise wichtiger Waaren im Großhandel für den Monat März, 4) Be⸗ triebsergebnisse der Rübenzuckerfabriken für die Zeit vom 1. August bis 31. März; für März insbesondere diese Nachweise, sowie über versteuerte Rübenmengen, 5) Zahl und Art der am Schlusse d. Js. 1886 vorhandenen Niederlagen für unverzollte Gegenstände.
Gewerbe und Handel.
1
5 gestrigen Generalversammlung der Weimarischen Ban 8760 Aktien durch 58 Aktionäre vertreten. Die ein⸗ zelnen Gegenstände der Tagesordnung wurden programmmäßig erledigt; in den Aufsichtsrath wurden Haase (Weimar), Sternberg (Berlin), Schmidt (Karlsruhe), Ernst (Hungen), Gottschalk (Frankfurt a. M.), Müller (Freiburg i. B.) gewählt.
Antwerpen, 5. Mai. (W. T. B.) Wollauktion. (Schluß.) Angeboten wurden 1167 B. Buenos⸗Ayreswollen, wovon 324 B. verkauft wurden; ferner 794 B. Montevideo⸗Wollen, von denen 376 B. verkauft wurden. Geschäft schleppend, wenig Käufer, Preise für Laine moêre 10 bis 15 niedriger gegen die Januar⸗Auktion.
Bradford, 5. Mai. (W. T. B.) Wolle ruhig, williger, Garne ruhig, Stoffe unverändert. 3 —
Submissionen im Auslande.
Italien. 1) 12. Mai. Direzione costr. naval. R. Marina in Neapel: 420 chm Bretter aus Tannenholz, Voranschlag 31 200 Lire (bereits ein Mal vergeblich ausgeschrieben). 1b 1
2) 13. Mai. Ebendort. 200 chm Pitch⸗chine⸗Holz. Voranschlag 17 000 Lire.
3) 12. Mai. Direzione costr. naval. R. Marina in Venedig
a. 4 425 kg Minium in Pulver, 2212,50 Lire,
b. 12 170 „ Blei in Platten, 0,50 Lire für das Kilogr
c. 3 000 „ Bleiröhren, 0,55 für das Kilogramm.
Ferner in Aussicht stehend:
4) Bei der Direktion der Mittelmeerbahn in Mai land. Verdoyppelung der Bahnstrecke Pontegalera — Palo, Linie Rom — Pisa, Voranschlag 1 271 000. Darunter 81 300 Lire für eiserne Träger und 676 200 für anderweitige Ausrüstung des Oberbaues (ausschließlich Mauerung und Erdarbeiten). 8
5) Ebendort. Zu der für den 7. d. M. angesagten Sub⸗ mission von 1000 Stück Güterwagen sollen, dem Vernehmen nach, nur italienische Firmen zugelassen werden; dagegen stände für die Verdingung des dritten Looses von gleichfalls 1000 Stück Güter⸗ wagen eine internationale Konkurrenz in nicht ferner Aussicht.
6) bei der Direktion der adriatischen Eisenbahn in Florenz: Ausrüstung der Strecke Loggia-—Lucera, speziell der Station Lucera, mit Mechanismen, Voranschlag 18 000 Lire, nämlich: 2 Distanz⸗ signale mit beweglichen Disken. — 1 Drehscheibe zu 5,50. m Durch⸗ messer. — 2 Reservoirs aus Schwarzblech. — 1 hydraulischer Krahn mit beweglichem Halse. — 1 Hand⸗Aspirationspumpe. — 1 Brücken⸗ waage zu 25 Tonnen, System Bianco⸗Ochessi.
1) 10. Mai, 2 Uhr Nachm. General⸗Zolldir ektion zu Rom. Lieferung von Leinwand an die Tabackmanufaktur zu Rom, u. z. 80 000 m zu 77 cm und 50 000 m zu 65 cm Breite. 1
2) 13. Mai, 10 1 eiste be der öffentlichen Arbeiten zu Rom und Präfektur zu Aquila.
ven h und für die Regulirung der ersten Sektion des Aterno in einer Länge von 4365 m. .
Voranschlag 162 010 Fr.; vorläufige Kaution 5000 Fr.; end⸗ gültige Kaution 10 % der Gesammtsumme.
3) 15. August. Gemeindeverwaltung zu Mailand.
1) 18. Mai, Nachmittags 3 Uhr. Militärwerkstatts⸗Direktion zu Turin. Lieferung von Geschirren für Sattel⸗ und Handpferde (Kummet⸗, Brustblattgeschirre) von schwarzem Leder. Näheres an
rt und Stelle Eöe 8 2) 14. Mai, Vormittags 10 Uhr. Territorial⸗Direktion des Militär⸗Kommissariats des IX. Armeecorps zu Rom. Lieferung von 4000 Stück Hängematten⸗Gestellen (84 000 Lire), 4000 Stück Materatzen⸗Trägern (22 000 Lire), 4000 Stück Materatzenfutter (20 400 Lire), 4000 Stück Kopfkissenfutter (3200 Lire) und von 52 000 kg Wolle zu Materatzen (130 000 Lire). Näheres an Ort
und Stelle.
Rumänien.
12. Mai. Ministerium der öffentlichen Arbeiten zu Bukarest. Herstellung einer Brücke, Voranschlag 37 540 Fr. 8 Wiederherstellung ꝛc. von 34 Brücken, Anschlag 11 3905 Fr.
1““ “
Verkehrs⸗Anstalten.
Hamburg, 5. Mai. (W. T. B.) „Der Postdampfer „Rhaetia“ 6e Hamburg⸗Amerikanischen Hasgesmbft.,
Aktiengesellschaft ist, von New⸗York kommend, heute Mittag auf der Elbe eingetroffen. 1
Herstellung einer Trinkwasserleitung. Voranschlag 7 000 000 Fr.