Gewerbesteuer einen Einnahme⸗Ausfall e nach Ein⸗ führung der neuen Reichssteuern werde sich die Sache anders stellen. Bei Beurtheilung dieser Reichssteuern müsse man sich das Verhältniß der indirekten zu den direkten Steuern klar machen. Die Klassen⸗ und Einkommensteuerpflichtigen brächten zusammen 150 Millionen Mark direkter Steuern und einen Theil der sich für Preußen auf 270 Millionen Kark stellenden indirekten Steuern auf. Angesichts dessen könne man wohl nicht behaupten, daß die indirekten Steuern für die von direkten Steuern freien 8 Millionen Preußen, welche unter 900 ℳ Einkommen hätten, ungerecht und un⸗ erträglich seien, besonders wenn man erwäge, daß die Löhne im Allgemeinen nicht gefallen, sondern eher gestiegen, und andererseits die Lebensmittel und sonstigen Gebrauchsartikel im Preise zurückgegangen seien. Die Ausbildung des Systems der indirekten Steuern, wie sie jetzt ge plant werde, könne darnach nicht als eine Be⸗ nachtheiligung der arbeitenden Klassen erscheinen. Wenn die wohlhabenden Klassen stärker herangezogen werden sollten, so müsse eine Besteuerung des Kapitals, nicht jedes Einkom⸗ mens geschaffen werden. Dazu sei eine Progression der direk en Steuer auf Einkommen von 10 000 ℳ an herbeizuführen; freilich nicht eine unendliche Progression, sondern die Zuschläge nach oben dürften nur 21 ½ —3 Proz. betragen. Daneben müsse eine Reform der Gewerbesteuer erfolgen. Die Kapital⸗ rentensteuer sei um so nothwendiger, als die Grundsteuer den Grundbesitz immer mehr belaste, weil sie ohne Rücksicht auf eine etwa steigende Verschuldung bezahlt werden müsse. Die Gewerbesteuer sei für manche Klassen, namentlich für die Handwerker, nur eine Verstärkung der Personalsteuer, an⸗ dererseits müßten manche Gewerbszweige mit einem höheren Steuersatze getroffen werden. Auf Grund des eingebrachten Antrages könne eine Verständigung des Hauses erzielt wer⸗ den, und man brauche sich nicht durch eine motivirte Tages⸗ ordnung um die Beschlußfassung herumzudrücken. Bei Schluß des Blattes nahm Finanz⸗Minister Dr. von Scholz das Wort.
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— Eine die Einlegung der Revision oder eines anderen Rechtsmittels enthaltende Eingabe, welche aus Ver⸗ sehen der Namens-⸗Unterschrift des das Rechtsmittel Einlegenden ermangelt, ist nach einem Beschluß des Reichs⸗
gerichts, II. Strafsenats, vom 18. Februar d. J., wir⸗ kungslos
Bayern. Ueber die Rundreise des Prinz⸗Regenten wird der Münchener „Allg. Ztg.“ gemeldet: 1 Landshut, 10. Mai. Der Vorbeimarsch der Vereine nach dem feierlichen Einzuge Sr. Königlichen Hoheit des Prinz⸗Regenten wurde 8 ein heftiges Gewitter gestört. Zur Tafel wurden auch die Bürgermeister und Gemeinde⸗ vorstände von Deggendorf und Straubing gezogen. Auf seiner Fahrt zur Burg Trausnitz bereiteten 14 Offiziere als gehar⸗ nischte Ritter dem Prinz⸗Regenten einen festlichen Empfang. Während sie sodann ein kleines Turnier vorführten, wurde der Stadtpfarrer Gruber, der ebenfalls heute⸗ zur Tafel ge⸗ aden war, vom Schlage getroffen und war sofort todt. — Am Abend folgten sich bei gutem Wetter und brillanter Be⸗ leuchtung der Straßenfronten Fackelreigen, Serenade, Zapfen⸗ streich und elektrische Beleuchtung der Trausnitz, des Martins⸗ thurms und der Fontaine. Ueberall, wo man des hohen Gastes ansichtig wurde, begrüßte ihn enthusiastischer Jubel des
hllosen Publikums. N. Abends. (W. T. B.)
ünchen, 11. Mai, Der
za Prinz⸗Regent ist heute Abend von seiner Reise in die Provinz hierher zurückgekehrt und wurde auf dem Bahnhof von sämmtlichen Prinzen, den Ministern und der Generalität sowie den Spitzen der Gemeindekollegien empfangen.
— 10. Mai. (Allg. Ztg.) Die Königin⸗Mutter wird morgen ihr Hoflager von Elbigenalp nach Hohen⸗ schwangau verlegen. Der Gesundheitszustand Ihrer Majestät ist ein guter. — Der päpstliche Nuntius di Pietro wird morgen München verlassen und sich über Rom nach Madrid begeben. Bis zur Ankunft des Fürsten Ruffo Scilla wird Auditeur Locatelli die Geschäfte der hiesigen Nuntiatur leiten. Zum Präsidenten des Land⸗ gerichts München I wurde der Direktor an diesem Gericht, Th. von Brann, ernannt.
1N2. Nai. (W. 2. B) di Pietro ist heute nach Rom abgereist.
Sachsen. Dresden, 11. Mai. (Dr. J.) Der König und die Königin empfingen heute Nachmittag in der König⸗ lichen Villa zu Strehlen den zur Zeit hier weilenden Prinzen Karl von Schweden und Norwegen, Herzog von West⸗ gotland, welcher hierauf nebst seinem Begleiter, dem Kammer⸗
errn und Legationssekretär von Adelborg, an der Königlichen
oftafel theilnahm. — Die Prinzessin Mathilde ist gestern Abend von Klagenfurt zurückgekehrt und hat sich in die Prinz⸗ iche Villa zu Hosterwitz begeben. Leipzig, 10. Mai. (Dr. J.) Die Feier der Grund⸗ steinlegung für den Bau des Reichsgerichts sollte, wie ursprünglich in Aussicht genommen war, noch im Laufe dieses Monats stattfinden. Dieser Termin hat jedoch in Folge der Unmöglichkeit, mit den Vorbereitungen des Terrains u. s. w. zu Stande zu kommen, aufgehoben werden müssen, sodaß voraussichtlich erst nach den Gerichtsferien die Feierlichkeit vor sich gehen wird.
Württemberg. Stuttgart, 11. Mai. (St.⸗A. f. W.) Die Kammer der Abgeordneten nahm gestern ihre Sitzungen wieder auf. Vor dem Eintritt in die Tages⸗ ordnung ergriff der Präsident des Staats⸗Ministeriums, Dr. von Mittnacht das Wort zu folgender Rede: „Meine Herren! Ich habe die Ehre, behufs Ertheilung Ihrer verfassungs⸗ mäßigen Zustimmung vorzulegen: Zwei Abkommen, unter⸗ zeichnet am 11. März d. J. in Berlin, betreffend Eisenbahnbauten im Interesse der Landes⸗ vertheidigung. Die erste Verabredung zwischen dem Reich und Württemberg bezweckt die Herstellung eines zweiten Gleises auf der württembergischen Bahn von der bayerischen Grenze bei Krailsheim über Hessenthal — Hall — Weinsberg — Heilbronn bis Eppingen. Die zweite Ueber⸗ einkunft zwischen dem Reich, Preitzen. Württemberg und Baden betrifft die Herstellung einer Eisenbahnverbindung wischen Tuttlingen und Inzigkofen —Sigmaringen.
er Bauaufwand für das zweite Gleise ist auf 6 969 200 ℳ berechnet. Hieran hat Württemberg 20 Proz., d. h. 1 393 840 ℳ zu tragen; 80 Proz. mit 5 575 350 ℳ übernimmt das Reich. Der Voranschlag für die Bahn Tuttlingen —Sigmaringen ist auf 12 631 900 ℳ berechnet. Hieran tragen Württem⸗
Der bisherige Nuntius
10 470 t und 12 000 Pferdekraft.
“ 8 Der Gesammtaufwand für strategische Bahnbauten in Württem⸗
berg beträgt 19 601 100 ℳ Daran tragen Württemberg 6 018 840 ℳ, das Reich 13 082 260 ℳ, Preußen 500 000 ℳ Württemberg übernimmt Betrieb und Unterhaltung und Erneuerung; ihm steht das ausschließliche Eigenthum an Grund und Boden, den Bauanlagen und den sonstigen Einrichtungen zu. Nachdem der Reichstag seine Zu⸗ stimmung in zweiter Lesung bereits ausgesprochen hat, wird auch an Ihrer Zustimmung kaum zu zweifeln sein. J lege deshalb weiter den Entwurf eines Gesetzes vor, welches die Herstellung der erwähnten strategischen Bahnbauten ver⸗ fügt und für die Finanzperiode 1887/89 die Aufnahme von Staatsanlehen bis zum Betrage von 4500 000 ℳ vorsieht. Die 3 Baugesetzentwürfe, welche Ihnen jetzt vorliegen, sehen Anlehen vor: der erste von 2 760 000 ℳ, der zweite von 5 000 000 ℳ, der dritte von 4500 000 ℳ, zusammen 12 260 000 %. — Die Kammerberieth sodann die beiden Entwürfe: 1) betreffend die Beschaffung von Geldmitteln für den Eisen⸗ bahnbau, sowie für außerordentliche Bedürfnisse der Eisenbahn⸗ verwaltung in der Finanzperiode 1887/89 (Bietigheim⸗Hessen⸗ thal, Heilbronn⸗Eppingen, Freudenstadt Schiltach, Schramberg⸗ Schiltach), 2) betr. die Herstellung weiterer Eisenbahnver⸗ bindungen und Beschaffung von Geldmitteln hiefür in der Finanzperiode 1887/89 (Leutkirch⸗Arlach, Wangen⸗Hergatz). Beide Entwürfe wurden unverändert angenommen.
Baden. Karlsruhe, 10. Mai. Wie die „Karlsr. Ztg.“ mittheilt, begiebt sich Ihre Königliche Hoheit die Groß⸗ herzogin am Donnerstag, den 12. d. M., nach Berlin, um während der Abwesenheit Ihrer Majestät der Kaiserin bei
Sr. Majestät dem Kaiser zu verweilen.
Hessen. Darmstadt, 10. Mai. (Köln. Ztg.) Das heute ausgegebene Regierungsblatt verkündigt das Gef e tz wegen Heranziehungder im Großherzogthum garnisonirenden, im Offiziersrang stehenden Militärpersonen des aktiven Dienststandes zu den Gemeindeumlagen.
Lachsen⸗ Weimar⸗Eisenach. Weimar, 11. Mai. 833 C.) Der Erbgroßherzog hat sich heute nach Wien egeben; seine Rückkehr wird am 20. d. M. erwartet.
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SDesterreich⸗Ungarn. Wien, 10. Mai. (Wien. Abdp.) Im Abgeordnetenhause wurde heute die Spezialdebatte über den Voranschlag des Ministeriums für Kultus und Unterricht fortgesetzt. An der Diskussion nahm der Minister Dr. von Gautsch Theil.
— 12. Mai. (W. T. B.) Eine Studenten⸗ Deputation begab sich heute zu dem Rektor der Universität und theilte demselben mit, daß die Studenten⸗ schaft fest entschlossen sei, die Ordnung in der Universität selbst aufrechtzuerhalten und alle Demonstrationen zu vermeiden. Pest, 10. Mai. (Wien. Ztg.) Im Abgeordneten⸗ hause überreichte Hegedüs den Bericht des Finanz⸗ ausschusses, betreffend den Gesetzentwurf über die neuerliche Feststellung der Beitragsquote Ungarns zu den gemein⸗ samen Ausgaben. Derselbe wurde für Sonnabend auf die Tagesordnung gestellt. Die in dritter Lesung angenommenen Gesetzentwürfe, betreffend die Handelskonventionen mit Dänemark und Griechenland, wurden dem Oberhause übersendet.
Schweiz. Bern, 11. Mai. (Bund.) Der Bundes⸗ rath hat am Dienstag den Wortlaut einer Note an die Regierung von Italien festgestellt, betreffend Anbahnung von Verhandlungen mit derselben über die Herstellung der Simplonbahn. Ferner begann er die Berathung des Gesetzentwurfs über die civilrechtlichen Verhältnisse der Niedergelassenen. — Der Große Rath von Bern hat mit 186 gegen 16 Stimmen beschlossen, dem Berner Volk die An⸗ nahme des Alkoholgesetzes zu empfehlen.
Großbritannien und Irland. London, 10. Mai. (A. C.) Die Königin kam gestern, begleitet von der Prinzessin Beatrice, von Windsor nach London und empfing Nachmittags im Buckingham⸗Palast eine aus etwa 200 Mit⸗ gliedern der Korporation von London bestehende Deputation unter Führung des Lord⸗Mayors, welche der Monarchin eine Gluüͤckwunsch⸗Adresse anläßlich ihres 50 jährigen Regierungs⸗Jubiläums überreichte.
In Blackwall fand gestern in Gegenwart des Marine⸗ Ministers und einer ebenso zahlreichen wie glänzenden Gesell⸗ schaft der Stapellauf des von der Thames Shipbuilding Company für Rechnung der britischen Regierung gebauten neuen Panzerschiffs „Sanspareil“ statt. Das Kriegsfahrzeug ist ein Schwesterschiff der „Victoria“, welche vor etlichen Wochen in Newcastle vom Stapel lief, aber es übertrifft dieses Schiff an Gewicht und ist folglich das schwerste Panzerschiff der englischen Kriegs⸗Marine. Der „Sanspareil“ ist ein doppelschraubiges, aus Stahl ge⸗ bautes, gepanzertes Thurmschiff mit einem Deplacement von Seine Armatur besteht aus 27 Kanonen kleinen Kalibers, zwei 111 t wiegenden Kanonen im Thurme, einem 29 t und zwölf je 5 t wiegen⸗ den Geschützen in der Batterie und acht 14zölligen Whitehead⸗ schen Torpedo⸗Röhren. Die Panzerbekleidung hHat eine Stärke von 16 bis 18 Zoll. Kraft seiner vertikalen dreifachen Expansions⸗Maschinen wird der „Sanspareil“ im Stande sein, 16 bis 17 Knoten in der Stunde zurückzulegen. Die Kosten des Fahrzeuges belaufen sich auf 825 000 Pfd. Sterl. Die Kolonial⸗Konferenz wurde gestern geschlossen. Eine ihrer Errungenschaften ist die Ermäßigung des Brief⸗ portos von England nach Australien von 6 auf 3 Pence. Ottawag (Canada), 9. Mai. (A. C.) Der Finanz⸗Minister, Sir Charles Tupper, legte in der heutigen Sitzung des Unterhauses die Voranschläge für das neue Fiskaljahr vor. Die Ausgaben sind darin auf 42 322 000 Dollars veranschlagt, wovon 3 700 000 Doll. für Staats⸗ eisenbahnen und Kanäle ausgeworfen sind. Eine Million Dollars soll der Herstellung eines Kanals in Sault St. Marie gewidmet werden, um den auf britischem Territorium gelege⸗ nen Huron⸗See mit dem Superior⸗See auf amerikanischem Gebiet zu verbinden.
üsnerric. Paris, 9. Mai. (Fr. C.) Der „Temps“ schlibt über den Ausfall der Pariser Gemeinderaths⸗ wahlen: „Der charakteristische Zug der Gemeinderathswahlen von Paris ist die Niederlage der gemäßigt republikanischen Richtungen zu Gunsten aller extremen Richtungen. Man kann versuchen, sich darüber zu trösten durch die Betrachtung,
berg 4 625 000 ℳ, Preußen 500 000 ℳ, das Reich 7 506 900 ℳ
“ „
daß nach dem zweiten Wahlgang der neue
efähr aus denselben Parteien und denselben Männern zu⸗ . sein wird wie der alte. Es ist darum nicht minder wahr, daß die Vertreter der vernünftigen Republik und einer friedlichen und praktischen Gemeindepolitik geschwächt dahin zurückkommen werden, während ihre Gegner von der Rechten und von der Linken mit neuen Kräften in denselben eintreten. Weit entfernt, ruhiger und leichter zu werden, wird die Lage, unter der wir in der Hauptstadt leiden, eine mehr gespannte und stürmischere. Wir zweifeln, daß die Pariser Grund haben, sich deswegen zu ö. chen.“
— 11. Mai. (W. T. B.) Der Minister⸗Präsident Goblet erneuerte uts in der Budget⸗Kommission den Vorschlag, betreffend die Herbeiführung von Erspar⸗ nissen im Betrage von 13 Millionen Frcs., erklärte jedoch: er sei bereit, mit der Kommission zu prüfen, ob es möglich sei, die Ziffer der Ersparnisse zu er⸗ höhen. Nachdem Hr. Goblet und der Finanz⸗Minister Dauphin die Sitzung verlassen hatten, nahm die Kom⸗ mission mit 25 gegen 5 Stimmen eine Resolution an, dahin lautend: daß die vorgeschlagenen Ersparnisse unzureichend seien, und daß die “ neue Vorschläge machen möge.
— 12. Mai. (W. T. B.) Das Votum der Budget⸗ kommission, durch welches die Regierung aufgefordert wird, neue Ersparnisse vorzulegen, wird in parlamen⸗ tarischen Kreisen als ein vollständiger Bruch zwischen der Kommission und dem Ministerrath angesehen. Zur Schlichtung der Frage soll die Kammer in der nächsten Woche befragt werden. Den Blättern zufolge dürfte eine Ministerkrisis wahrscheinlich sein.
Spanien. Madrid, 7. Mai. (Pol. Corr.) Eine kürzlich von der Königin⸗Regentin abgehaltene Truppen⸗ revue hat sich durch die Ovationen, welche derselben dar⸗ gebracht wurden, geradezu zu einem politischen Ereigniß ge⸗ staltet, desen Bedeutung fast von allen spanischen Blättern anerkannt wird. Königin Marie Christine erschien bei diesem Anlaß zum ersten Mal seit dem Tode ihres Gemahls in der Oeffentlichkeit. Besonders lebhaft ge⸗ staltete sich der Beifall bei der Revue selbst Seitens der Truppen der Madrider Garnison, die 20 000 Mann stark ausgerückt waren. — Im nächsten Monat dürfte sich die Königin zu sechswöchigem Aufenthalt nach Arranjuez, dann später nach dem Sommersitz von La Granja und schließlich nach den baskischen Provinzen, in das Seebad von St. Se⸗ bastian, begeben. Das Befinden des Königs, welcher am 17. d. M. sein erstes Lebensjahr vollendet, ist vortrefflich.
Lerbien. Belgrad, 12. Mai. (W. T. B.) Die Königin ist mit dem Kronprinzen heute früh mittelst Separatdampfers nach Turn Severin abgereist und wird von
dort die Reise mit der Eisenbahn fortsetzen.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 12. Mai. (W. T. B.) Wie die deutsche „St. Petersburger Zeitung“ vernimmt, wurden in der vorgestrigen Sitzung der asghani⸗ schen Grenzkommission nur Details von geringerer Be⸗ deutung besprochen, und dürften sich die Verhandlungen länger hinausziehen, da die britischen Delegirten neue In⸗ struktionen erwarten.
Mittel⸗Amerika. Mexico, 11. Mai. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer und der Senat beschlossen mit großer Majorität eine Verfassungsänderung, welche eine Wiederwahl des Präsidenten und der Gouverneure der Staaten für zulässig erklärt.
Zeitungsstimmen.
Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ schreibt: Es ist bemerkenswerth, daß die im Uebrigen der Branntweinsteuer⸗ Vorlage durchaus nicht wohlgesinnte „Frankfurter Zeitung“ gerade in demjenigen Punkte den gegen die Vorlage gerichteten Bemängelungen der übrigen Oppositionspresse entgegentritt, auf welchen die letzteren ihre ganze Argumentirung, inkl. des den Brennern in Aussicht gestellten 40⸗Millionen⸗Geschenks basirt haben. Das demokratische Organ schreibt hierüber: „Es wäre durchaus unzweckmäßig, wenn die Opposition ihr Hauptgeschütz auf die Potemkin'schen Dörfer der angeblich enormen Vortheile richtete, welche aus der differen⸗ tiellen Versteuerung des ein bestimmtes Kontingentsquantum übersteigenden inländischen Konsums für die Brenner entspringen sollen. Alle Jene, welche behaupten, der Spirituspreis werde sich alsbald auf diejenige Höhe stellen, welche dem höchsten Steuersatze entspricht, und es werde daher dem Brennereibesitzer gelingen, für den von ihm thatsächlich für den niedrigeren Satz versteuerten Spiritus die Differenz der beiden Sätze einzuheimsen, argumentiren, wie wenn es in das Belieben der Produktion gestellt wäre, sich auf das Kontingentsquantum zu beschränken oder dasselbe zu überschreiten. Ja, wenn unsere Branntweinproduktion eben nur knapp den Konsum deckte, dann hätte jene Argumentation einige Wahrscheinlichkeit für sich. Thatsächlich ist aber die deutsche Branntweinproduktion zugleich eine Exportindustrie, der Brenner wird, wenn er sein Kontingentsquantum gebrannt hat, nicht die Arme kreuzen und warten, bis der Spirituspreis um die vollen 20 ℳ gestiegen ist, sondern es wird immer mehr als genug Spiritus bereit stehen, um sich auf den Inlandsmarkt zu stürzen, sobald dort eine Prämie von jener Höhe winken sollte. Das zu 50 ℳ zu versteuernde Quantum ist bekanntlich zu etwa 1,7 Mill. Hektoliter angenommen; bei einem Konsum von 2,2 Mill. Hektoliter würde die mittlere Konsumsteuer⸗ belastung des Hektoliters rund 54 ½ ℳ betragen, bei 2,5 Mill. Hekto
liter Konsum 56 ℳ, bei 2,7 Mill. Hektoliter Konsun
57,4 ℳ Würde also z. B. der Konsum sich zunächft nicht etwa nur, wie die Vorlage annimmt, auf 2%½, sondern auf 2 ½ Mill. Hektoliter stellen, so würde bereits eine künstliche, die effektive Durchschnittsbelastung des Hektoliters durch die Konsumsteuer um 1 ℳ (57,4 bis 56,4) überschreitende Steigerun
des Inlandspreises genügen, um es 200 000 hl Spiritus, die sonst nach dem Auslande gegangen wären, zu ermöglichen, an dieser in⸗ ländischen Prämie theilzunehmen, und dieselbe dadurch alsbald wiede
verschwinden zu lassen. War bisher stets (von spekulativen Schwan
kungen abgesehen) der inländische Spirituspreis gleich dem Welt
arktpreis plus der Ausfuhrbonifikation, so würde sich diese Relation nach der Vorlage nur insoweit ändern (die Mehrzahl der Brennereien würde ja unter der Maischraumsteuer, also unter der Bonifikation, verbleiben), daß dazu alsdann noch die Konsumsteuerbelastung käme.
— Ueber denselben Gegenstand äußert die „Magde burgische Zeitung“: Im Reichstage haben die Verhandlungen über die Branntwein⸗ steuer mit einer ruhigen, sich auf eine streng sachliche Erörterung der Vorlage beschränkenden Debatte ihren Anfang genommen. Da die Parteien des Hauses, mit alleiniger Ausnahme der Konservativen
sämmtlich bereits Stellung zu der Vorlage genommen haben, so läßt sich das Schicksal derselben unschwer voraussehen. Der Anlauf, der diesmal zu einer Vermehrung der Einnahmen des Reichs unternommen ist, wird kein vergeblicher sein. Von den großen ausschlaggebenden Parteien des Hauses haben die nationalliberale, die freikonservative und die
Gemeinderath un⸗
Centrumspartei gleich am ersten Tage eine Erklärung dahin ab⸗
egeben, daß sie das von der Regierung vorgelegte Gesetz als die Grund⸗ — betrachten, auf der sich bei ernsthaftem Bemühen und bei Zu⸗ geständnissen von allen Seiten, auch von Seiten der Regierung, ein positives Ergebniß erhoffen ließe. Eine solche Perspektive jst seit Fahr und Tag keinem der von der Regierung vorgelegten Steuer⸗ gesetze eröffnet worden. Und die Regierung ihrerseits scheint ent⸗ schlossen, Alles aufzubieten, um ein befriedigendes Ergebniß herbei⸗ zuführen. Am Schlusse seiner Rede hat Herr von Scholz ausdrücklich versichert, daß es die Regierung an Entgegenkommen nicht fehlen lassen werde. .“ 1 1
Die Thatsache selbst wird auf allen Seiten, wo, wie von uns, die Nothwendigkeit einer Vermehrung der Einnahmen für das Reich anerkannt worden ist, mit Befriedigung aufgenommen werden. Das beständige Defizit im Haushalt des Reichs drohte in der That zu einem besorgnißerregenden Moment zu werden. Und da die wachsenden Bedürfnisse des Reichs diesen Uebelstand von Jahr zu Jahr gesteigert haben, so war es zu einer Pflicht für jeden ernst⸗ haften Politiker geworden, hier auf Abhülfe zu sinnen, um so mehr, als der jetzige Ausweg, für die Bedürfnisse des Reichs Deckung zu beschaffen durch Erhöhung der Matrikularbeiträge, nichts Anderes be⸗ deutete, als zu der einen Unzuträglichkeit noch eine andere größere und empfindlichere zu bringen, größer und empfindlicher darum, weil den Einzelstaaten, auf deren Schultern wieder ein Theil der Reichslasten übertragen würde, der größere Theil der früheren Einnahmequellen nach Begründung des Reichs unzugänglich geworden ist. 8 Vom Reich war also in erster Linie Abhülfe zu erwarten. Im Reich müßte zunächst der Versuch gemacht werden, neue Steuerquellen vorzuschlagen. Und daß bei den geringen Erträgen, die demselben bisher im Gegensatz zu allen anderen civilisirten Staaten aus der Branntweinsteuer geflossen waren, gerade bei dieser Steuer eine erheb⸗ liche Steigerung zulässig sei, darüber hat nirgends ein Zweifel be⸗ standen. 1
Wie stellt sich nun die neue Vorlage zu den früheren? Von einer Seite, von der allerdings jedem neuen Versuche, die Reichseinnahmen zu vermehren, Widerstand entgegengestellt wird, hören wir, daß die Vorlage auf eine ungemessene Vertheuerung des Branntweins, eines Genußmittels der ärmsten Beyvölkerung, hinauslaufe und daß auch jetzt wieder den ostdeutschen Brennern ganz exorbitante Privilegien eingeräͤumt werden sollten. Was den ersten Punkt betrifft, so sollte man meinen, den Klagen über eine Vertheuerung des Branntweins etwas kühl gegenüberstehen zu dürfen. Man braucht kein Temperenzler zu sein, man kann es, wie wir dies thun, als durchaus zulässig, ja nöthig betrachten, wenn der Arbeiter bei schwerer Arbeit zur Auffrischung ein mäßiges Quantum Brannt⸗ wein zu sich nimmt, und man kann doch weit entfernt davon sein, durch ein Eintreten für billige Branntweinpreise indirekt zu einer Steigerung des Branntweingenusses beizutragen Angesichts der traurigen Verheerungen, welche die Branntweinpest in so vielen Arbeiterfamilien ngerichtet hat. u“ 6 Was den zweiten Punkt betrifft, so halten wir eine Privilegirung irgend welcher Kreise von Persönlichkeiten auf steuerpolitischem Ge⸗ biete für ebenso unzulässig als auf rein politischem. Daß in der jetzt von der Regierung gemachten Vorlage lediglich auf die Interessen der großen ostpreußischen Brenner Rücksicht genommen sei, wird schon durch die Erklärungen des bayerischen Finanz⸗ Ministers und württembergischen Bevollmächtigten widerlegt, die aus⸗ drücklich betonten, daß in dem Gesetze die Interessen der süddeutschen Brenner, und das sind zum größeren Theile kleine landwirthschaftliche Brenner, genügend gewahrt seien. Daß dagegen bei der Neugestaltung der Branntweinsteuer überhaupt Rücksicht genommen ist auf die Lage der Brenner, scheint uns an sich kein tadelnswerthes Beginnen der Regierung. Nur darf diese Rücksicht nicht zu weit gehen und auf Kosten der übrigen Steuerzahler geübt werden. 8
Angesichts der Schädigung, welche der Landwirthschaft durch die Verminderung des Konsums in Folge der Vertheuerung des Produkts erwachsen wird, hat die Regierung abermals auf eine Art von Kon⸗ tingentirung zurückgreifen zu müssen geglaubt. Aber sie hat sich dies⸗ mal nicht auf die gegenwärtigen Brenner beschränkt, und abgesehen von dem Hemmniß, welches die Verschiedenheit der Steuersätze der quantitativen Entwicklung der Brennereien bietet, ist im Uebrigen das Prinzip der wirthschaftlichen Freiheit gewahrt. Von einem Realprivile⸗ gium für die gegenwärtigen Besitzer kann, wie der Redner der nationalliberalen Partei, Hr. Oechelhäuser, hervorhob, nicht die Rede sein, weil alle drei Jahre von Neuem revidirt und der Betrag an Branntwein, welcher zu dem niedrigeren Abgabesatz hergestellt werden darf, neu bemessen werden soll. Ob damit alle Bedenken, welche gegen die „mildere“ Form der Kontingentirung vorhanden sind, be⸗ seitigt, wird die Kommission ernstlich zu prüfen haben. . . .
Archiv für Eisenbahnwesen. 1887. Heft 3 (Carl Hey⸗ mann's Verlag, Berlin). — Inhalt: Das neue amerikanische Bundes⸗ eisenbahngesetz. — Die Frage der Eisenbahnverstaatlichung in Schweden. — Deutschlands Getreideernte in 1885 und die Eisen⸗ bahnen von C. Thamer. — Die Güterbewegungsstatistik in kartogra⸗ phischer Darstellung von Rörig. — Noch ein Wort über konstante und variable Eisenbahnbetriebskosten. Von W. v. Nördling nebst Erwiderung von Geh. Reg.⸗Rath Schübler. — Der Güterverkehr der deutschen Wasserstraßen. Nachtrag. Von Reg.⸗Rath Todt. — Zur Eisenbahnfrage in Rußland. — Notizen: Eisenbahngesetzgebung in England. — Major Georg Washington Whistler. — Die Eisen⸗ bahnen im Königreich der Niederlande in 1885. — Die Trambahnen in den Niederlanden. — Die Eisenbahnen in Britisch⸗Ostindien in 1885/86. — Die Eisenbahnen auf der Insel Ceylon. — Die Eisen⸗ bahnen in Peru, — in Paraguay. — Rechtsprechung und Gesetzgebung. Rechtsprechung: Obligationenrecht. (Erk. d. Reichsger. vom 11. Fe⸗ bruar 1886.) — Reichshaftpflichtgesetz. (Erk. des Reichsger, vom 18. Oktober 1886.) — Strafrecht. (Erk, des Reichsger. vom 7. Fe⸗ bruar 1887.) — Gesetzgebung: Königreich Ungarn. — Frankreich. — Italien. — Rußland. — Bücherschau: Besprechungen. (Canter, O., Der technische Telegraphendienst. — Borodine, A., Recherches expé- rimentales sur l'emploi des enveloppes de vapeur et du fonction- nement du compound dans les locomotives. — Tesch, J., und Comer, C., Katechismus für die Prüfung zum Bahnmeister der Staatseisenbahnen. — Bödecker, Die Wirkungen zwischen Rad und Schiene.) — Uebersicht der neuesten Hauptwerke über Eisenbahnwesen und aus verwandten Gebieten. — Zeitschriften.
Statistische Rachrichten.
„Die deutschen öffentlichen Feuer⸗Sozietäten 1866— 85. (Stat. Corr.) — Nachdem die beiden preußischen Domänen⸗Feuerschädenfonds Mitte 1885 in eine einzige Anstalt zusammengezogen worden, gab es Ende 1885 in Preußen 37 und in den übrigen deutschen Staaten 29 öffentliche Anstalten zur Ver⸗ sicherung von Feuerschäden. Bei denselben waren am Schluß des letzten Verwaltungsjahres, worüber das von der Vereinigung dieser amtlichen Sozietäͤten herausgegebene Fachblatt („Mittheilungen für die öffentlichen Feuerversicherungs⸗Anstalten“, XIX. Jahrgang, 1887, Nr. 4.) berichtet, insgesammt an Immobiliar 28 951 und an Mobiliar 1719 Millionen Mark, überhaupt 2,63 % mehr als beim Schluß des Vorjahres versichert. Für 2514 Millionen war durch Rückversicherung eine Bürgschaft in zweiter Linie herbeigeführt, so daß eine allgemeine Statistik der Feuerversicherung für das deutsche Reichsgebiet 1885 noch 28 700 Millionen als Gesammtrisiko der öffentlichen Anstalten auf eigene Rechnung zu buchen hätte. Manche Einzelzahlen unserer Quelle sind theils geschätzt, statt wirklich be⸗ richtet; theils beziehen sich die Ausweise auf andere Termine als den 31. Dezember 1885; aber die sorgsame und in vieljähriger Uebung bewährte Art der Aufstellung schließt die Möglichkeit erheblicher
Wenn 2 Anstalten in Mecklenburg, 6 in Hamburg und 1 in Oldenburg, von denen Jahresberichte dem Verfasser der Zusammen⸗ stellung nicht vorlagen, unberücksichtigt bleiben, so kommen für das Verwaltungsjahr 1885 noch 30 140 Millionen Mark als von den öffentlichen Anstalten in erster Hand übernommener Versicherungs⸗ betrag zur Verrechnung ; 2782 Millionen davon treffen auf die Städte Elbing, Thorn, Stettin, Stralsund, Berlin und Breslau, 13 283 Millionen auf die 31 übrigen preußischen Anstalten. Der letztgenannte Theilbetrag entspricht dem Verhältnisse des Gebäudewerthes in Preußen zu dem für ganz Deutschland hauptsächlich deshalb nicht, weil die meisten übrigen Bundesstaaten ihre Hauseigenthümer zur Versicherung in öffentlichen Anstalten gesetzlich gezwungen haben Die Hauptsumme ist mehr denn doppelt so hoch, als im Jahre 1866, dem ersten der Verbandsstatistik, wo sie 14 864 Millionen bei denselben Anstalten oder ihren Vorgängern betrug, und übersteigt die Summe des Jahres 1875 um 8494 Millionen oder 39 ½ % und die des Jahres 1884 um 797 Millionen oder 2,68 %. Der jährliche Fortschritt hängt indessen anscheinend weniger von der Versicherungszunahme, als von dem wechselnden und nicht nach den jeweiligen Zeitumständen stets richtig zu veranschlagenden Bauwerthe ab; wird dieser auch von Zeit zu Zeit mittels neuer Abschätzungen herunter oder herauf gesetzt, so können doch die öffentlichen Anstalten so wenig wie die Privatgesell⸗ schaften ihre langdauernden Verträge durch jährliche Ab⸗ und Zu⸗ schreibungen auf dem laufenden Werth erhalten. Das Vermögen der 57 Anstalten betrug abzüglich des Passiv⸗ standes von drei Anstalten zu Ende des Berichtsjahres 79 130 000 ℳ oder 1 ⅛ Mal so viel als die von den Versicherten zu leisten ge⸗ wesenen Jahresbeiträge, gegen 21 984 000 ℳ zu Ende 1866 oder 798 der damaligen Jahresbeiträge. Daß die aufgekommenen Zinsen in einem angemessenen Verhältnisse dazu steben, schließt die Vermuthung aus, als handle es sich hierbei hauptsächlich um erst zu erwartende Beiträge. Die Vermehrung des Vermögens, so wesentlich zur Ver⸗ meidung lästigen Wechsels in den Beitragsausschreibungen und zur baldigen Vergütung von Brandschäden, war natürlich nur durch Zu⸗ schläge zu den jährlich gerade erforderlichen Beiträgen möglich; dennoch hat im Ganzen die Beitragsleistung (auch in Form von Dividenden) sich vermindert, ein Erfolg der durch gestiegenen Wohlstand solider gewordenen Bauweise und des verbesserten Feuerschutzes. In den Jahren 1866—70 wurden im allgemeinen Durchschnitte 1,972 (1868: 2,12), 1871 — 75 1,734 (1874: 1,79), 1876 —80 1,637 (1876: 1,69), 1881 — 84 1,576 (1883: 1,61) und 45 vom Tausend der Versicherungssumme erhoben, so daß sich das jüngste Jahr durch den niedrigsten bisher erhobenen Bei⸗ trag besonders auszeichnet. Wie sich von selbst versteht, walten in diesem Verhältnisse außerordentliche Verschiedenheiten zwischen den einzelnen Anstalten ob: eine mußte durchschnittlich 6,82, eine andere 5,10 (beide in Westpreußen), zwei 4—5, sieben 3—4, fünf 2—3, zwölf 1 ½ — 2 pro Mille einziehen, während sich zwölf mit 1 — 1 ⅛, acht mit — 1, sieben mit ½— ⅝ begnügen und zwei Anstalten auf ordent⸗ liche Beiträge ganz verzichten durften. 3
Von den 20 Jahren der Berichterstattung war 1868 das schlimmste mit 222 ℳ Brandvergütungen auf 100 000 ℳ Versicherungssumme, und so sehr belastete dasselbe die Sozietäten, daß ihr Gesammt⸗ vermögen sich um 4 186 941 ℳ verminderte. Weit hinter ihm zurück blieben 1867 mit 176, 1866 mit 175, 1869 mit 173, 1880 mit 158, 1878 mit 156, 1874 mit 154 und 1870 mit 151 ℳ; in den übrigen Jahren hielt sich der Schaden unter 1 ½ pro Mille: 1872 und 1881 mit 148, 1879 mit 147, 1873 mit 146, 1871 und 1883 mit 141, 1876 mit 130, 1884 mit 127, 1877 und 1885 mit 126, 1875 mit 124, 1882 endlich mit nur 120 ℳ auf je 100 000 ℳ Versicherungs⸗ summe.
— Ueber die Re⸗
sult des Ersatzgeschäfts im Bezirk des XIII. (Königlich Württembergischen) Armee⸗Corps pro 1886 werden dem „St.⸗A. f. W.“ folgende Notizen mitgetheilt: Die Zahl der Militärpflichtigen betrꝛug — abzüglich von auswärts gestellungspflichtig gewordener 20 026 Mann — 30 093 Mann. Hiervon wurden ausgehoben 7052; freiwillig eingetreten sind 551 1 der Ersatzreserve erster Klasse wurden überwiesen 2387, worunter 1632 als übungspflichtig; der Ersatzreserve zweiter Klasse 2986; zurückgestellt wurden 12 927; wegen moralischer Unbrauchbarkeit vom Dienst im Heere und in der Marine ausgeschlossen 39; wegen körper⸗ licher oder geistiger Gebrechen sowohl zum Dienst mit der Waffe als auch zum Dienst ohne Waffen wurden dauernd untauglich befunden und ausgemustert, d. h. vom Dienst im Heere und in der Marine befreit 3376; überzählig geblieben sind 775 Mann. Von den 7052 Ausgehobenen wurden 6866 zum Dienst mit der Waffe, 185 zum Dienst ohne Waffe und 1 Mann für die Flotte bestimmt; davon ge⸗ hören 4870 bezw. 66 zu den 20 jährigen, 1188 bezw. 33 zu den 21 jährigen, 789 bezw. 85 und der für die Flotte bestimmte Mann zu den 22 jährigen, 19 bezw. 1 zu den älteren Militärpflichtigen.
— Der Präsident der K. K. österreichischen statistischen Central⸗ kommission, Professor von Inama⸗Sternegg, stellt in einem Aufsatz: „Zur Charakteristik des Großgrundbesitzes in Oester⸗ reich“ (Statistische Monatsschrift) nach den Steuerlisten einige Ver⸗ hältnisse jener 1236 Großgrundbesitzer Oesterreichs fest, welche in wenigstens einem Steueramtsbezirk über 1000 Gulden jährliche Grundsteuer zahlen. Diesen gehören insgesammt 1805 Großgrund⸗ besitzungen von je über 1000 Gulden Grundsteuerzahlung. Der häufigere Besitz mehrerer Großgrundbesitzungen kommt namentlich in Böhmen, Mähren, Schlesien und Niederösterreich vor. Diese Provinzen sind auch neben Galizien und der Bukowina die eigentlichen Länder des Großgrundbesitzes, für alle übrigen Länder bleibt nur noch der zwölfte Theil aller Großgrundbesitzungen übrig. Von jenen 1805 Do⸗ mänen gehören 281 den Kirchen, Klöstern, Stiftungen und Gemeinden, von den übrigen 30 Erwerbsgesellschaften (Bergwerken ꝛc.), 374 bürger⸗ lichen Besitzern und 1120 dem Adel. Bürgerliche Besitzer und Adlige haben also den ihnen gehörigen Besitz im Verhältniß wie 1:3 unter sich getheilt. Die adligen Großgrundbesitzer haben im Durchschnitt zwei Großgrundbesitzungen in einer Hand vereinigt, die bürgerlichen selten mehr als eine. Die Vertheilung des Großgrundbesitzes unter Bürgerliche und Adlige ist in den verschiedenen Ländern eine sehr von einander abweichende. In Böhmen, Mähren und Schlesien gehören dem Bürgerstande erst 16 % der Großgrundbesitzungen, in den Donau⸗ provinzen und den Alpenländern sind sogar nur 8 % in seinen Händen, während in Galizien 84 der Bukowina bereits 49 % auf
ürgerliche Namen eingetragen sind. 1 verlich. Zürch. 3199 Die Zahl der Kurorte in der Schweiz beträgt laut Furrer's Volkswirthschafts⸗Lexikon (XIII. Lieferung) 450. Dieselben vertheilen sich auf die Kantone, wie folgt: Bern 90, Graubünden 50, Waadt 30, St. Gallen 30. Appenzell 25, Luzern 25, Schwyz 20, Zürich 20, Solothurn 19, Unterwalden 19, Wallis 18, Aargau 18, Baselland 15, Uri 13, Thurgau 12, Tessin 10, Glarus 8, Freiburg, Neuenburg, Schaffhausen, Zug je 7. —
— Armenpflege und Wohlthätigkeit in Paris. — Nach dem Statistischen Jahrbuch der Stadt Paris für das Jahr 1884 wendete die französische Hauptstadt im genannten Jahre eine Summe von 20 792 060,91 Fr. für Armenpflege und Wohlthätigkeit auf. Davon entfielen auf die öffentliche Armenpflege, die Unterhaltung der städtischen Hospitäler und Wohlthätigkeitsanstalten 17 645 400 Fr., 732 191,76 Fr. auf die außerhalb verpflegten und 225 174,73 Fr. auf die vom Seinedepartement unterhaltenen verwahrlosten Kinder, 1 991 729,42 Fr. für Irre, 52 800 Fr. auf Unterstützungen für ver⸗ schiedene nichtstädtische Wohlthätigkeitsanstalten, 44 765 Fr. zur Unter⸗ stützung von und niederen Angestellten, welche wegen rückständiger Miethe exmittirt worden waren, 50 000 Fr. auf Natural⸗ unterstützungen verschiedener Art, 25 000 Fr. auf Unterstützungen für die Opfer der Cholera⸗Epidemie u. s. w. Von den 314 601 493,80 Fr. betragenden Gesanagrkan gahen dg⸗ v2s machten die Kosten für
rmenpflege und Wohlthätigkeit 6,6 % aus. “ 8 voflcher unn betrugen in derselben Zeit nach dem „Statistischen Jahr⸗ buch“ die Kosten für die gesammte Armen⸗ und Waisenpflege (abzüglich aller bei den einzelnen Verwaltungszweigen bezw. Anstalten erzielten Einnahmen) 6 462 809 ℳ oder 9,3 % der gesammten Ausgaben (ein⸗
Irrthümer in den Summen aus.
schließlich derjenigen der Kasse der städtischen Werke).
Kunst, Wissenschaft und Literatur. 8
Von der vierten, gänzlich umgearbeiteten und mit geographischen Karten, naturwissenschaftlichen und technologischen Abbildungen reich ausgestatteten Auflage von „Meyer's Konversations⸗Lexikon“, die zu Leipzig im Verlage des Bibliographischen Instituts erscheint, ist soeben der 7. Band zum Abschluß gelangt. Derselbe führt den Text auf 1023 S. in gr. 8. von „Gehirn“ bis „Hainichen“ fort, ent⸗ hält eine große Menge theils längerer, theils kürzerer, gut gearbeiteter Artikel aus den verschiedensten Wissensgebieten, aus denen wir beispiels⸗ halber die über Griechenland und Großbritannien sowie über Goethe besonders hervorheben wollen, und ist außerdem mit vielen Abbildungen (Gehirn des Menschen, Geier, Feiser, Gemmen und Kameen, Genuß⸗ mittelpflanzen, geologische Formationen, Geradflügler, Gerbmaterialien liefernde Pflanzen, Geschütze, Gesteine, Gewürzpflanzen, Giftpflanzen, Glasfabrikation, Glaskunstindustrie, Glasmalerei, Goldgewinnung, Goldschmiedekunst, Großflosser, Grundbau) auf 22 besonderen Tafeln, 5 illuminirten Karten (Altgriechenland, Neugriechenland, Groß⸗ britannien, Germanien und Gallien, Guinea), 2 Stadtplänen (von Genua und Graz) und 239 Abbildungen im Text versehen. Ver⸗ leicht man die vorliegende 4. Auflage des Meyver'schen Konversations⸗ berikons mit der 3., so zeigt sich zwischen beiden Auflagen ein großer Unterschied, nicht bloß hinsichtlich des äußeren Umfanges, sondern noch mehr hinsichtlich des Inhalts: In jener, der 3., fast ausschließlich literarische, historische und philosophische, zudem meist recht magere Artikel, — und welcher Reichthum jetzt an Text und Bildern, welche Gediegenheit in der Bearbeitung, in der That ein „Wörterbuch des allgemeinen Wissens“, das Alles umfaßt, was der Inbegriff unserer modernen Bildung erheischt!
— Die von Karl Emil Franzos (Stuttgart) herausgegebene „Deutsche Dich Nr. 3 Folgendes: Robert Franz. Nach
Fr. Anders⸗Paltzow in Halle a d. S. fremden Sprachen: Gedichte von Giuseppe Giusti. An eine Jungfrau. Dichtername. Aus dem Italienischen übersetzt von Heinrich Leuthold. (Ungedruckter Nachlaß). Schwertlied des Wikingers. Von William Motherwell. Aus dem Englischen übersetzt von Gisbert Frhrn. v. Vincke in Frei⸗ burg i. B. An einen Kometen. Von Luise Ackermann. Aus dem Französischen übersetzt von Eduard Mautner in Wien. Der Mutter Wiederkehr. Altdänische Volksballade. Uebersetzt von Joh. v. Wildenradt in Pforzheim. Begegnung. Von J. L. Runeberg. Aus dem Schwedischen bersetzt von H. Blumenfeld in Osnabrück. Meerlied. Von Georgios Drossinis. Aus dem Neugriechischen übersetzt von August Boltz in Frei⸗ burg i. B. Csikos und Betvar. Von Alexander Petöfi. Aus dem Ungarischen übersetzt von Heinrich Leuthold. (Ungedruckter Nachlaß). „Schläfst Du, liebe Mutter?“ Serbisches Volkslied. Uebersetzt von Robert Waldmüller⸗ Duboc in Dresden. Kroatische Volkslieder: Die Verzogene. Ländliche Liebe. Wenn ich wüßte. Uebersetzt von Georg Rosen in Detmold. Persische Sprüche. Uebersetzt von H. Brugsch in Charlottenburg. — Wilhelm Jensen in Freiburg i. B. Sankt Elmsfeuer. Novelle. (Fortsetzu Friedrich Roeber in Elberfeld. Feuer. — Eugen Reichel in Berlin. Sonntagsruhe. — Georg Ebers in Leipzig. Aus dem Jenseits. Ein Blatt aus dem himmlischen Tagebuche des seligen Doktor Modestus. — Julius Schultz in Kairo. Romuald, der Wald⸗ heilige — Dornröschen. Gedicht von Wilhelm Osterwald. Kom⸗ position von Robert Franz in Halle a. d. S. — Stephan Milow in Görz. Im Süden. — Adolf Wilbrandt in Wien. Donna Maria. Trauerspiel in drei Aufzügen. (Dritter Aufzug). Josef Weilen in Wien. Grillparzer und Laube II. — Heinr. M. Schuster in Wien. Robert Franz. — Robert Franz in Halle a. d. S. Autograph. — Kleine Aufsätze und Recensionen: Brandl's„Samuel Taylor Coleridge und die englische Romantik.“ Besprochen von Anton E. Schönbach in Graz. Hahn’s „Odin und sein Reich.“ Besprochen von Karl Blind in London. 1 8 “
— Hülfsbüchlein für den ersten Unterricht in der Suahili⸗Sprache. Auch für den Selbstunterricht. Nach den „Suahili exercises“ der englischen Universitäten⸗Mission übersetzt und bearbeitet von C. G. Büttner, Missions⸗Inspektor. Leipzig, 1887. Verlag von T. O. Weigel (Pr. 1 ℳ 50 ₰). — Das Suahili ist die in Ost⸗Afrika am weitesten verbreitete Sprache. Bei den sich stetig mehrenden Beziehungen Deutschlands zu den Kolonial⸗Ländern in Ost⸗Afrika, auf deren Zukunft man ganz besonders große Hoff⸗ nungen setzt, macht sich auch das Bedürfniß nach einem Hülfsmittel zur sprachlichen Verständigung mit den Eingeborenen immer mehr geltend. Dieses bietet sich in dem vorliegenden kleinen Buch, welches den Deutschen, die als Missionare oder im Handelsverkehr nach Ost⸗Afrika gehen, sehr willkommen sein dürfte. Es ist eine Uebersetzung beziehentlich Bearbeitung der 1878 von der englischen Universitäten⸗Mission in Zanzibar herausgegebenen „Suahili-Exercises“, welche der Verfasser besorgt hat. Die Uebungsbeispiele des englischen Buches sind meistens beibehalten, dagegen hat sich der Verfasser bei der Darlegung der grammatischen Regeln befleißigt, Manches zu ver⸗ ändern und zu verbessern. Nebenher ist übrigens auch auf die übrigen Bantu⸗Dialekte hingewiesen, was dem Benutzer aus praktischen Gründen willkommen sein wird. Am Schluß endlich sind die in den Uebungsbeispielen vorkommenden Wörter (abgesehen von den Fürwörtern, Zahlen und Partikeln) nebst einigen anderen, häufiger gebrauchten zu einer Art Nothwörterbuch alphabetisch zusammengestellt. Da die einzelnen den Uebungen hinzugefügten Beispiele auch alphabetisch geordnet sind, war ein eigenes alphabetisch deutsch⸗sughilisches Wörterverzeichniß entbehrlich. Das kleine Buch bietet, was für den Anfang und zur Einführung in die Suahili⸗Sprache nöthig ist. Da die Sprache an sich sehr regel⸗ mäßig und leicht ist, wird es dem Lernenden nicht schwer werden, sich mit Hülfe desselben schnell mit ihr bekannt zu machen. “
— Nr. 9 von „Mode und Haus“, III. Jahrgang, ist soeben erschienen. Diese beliebte „praktische illustrirte Frauenzeitung“, welche neben dem der Mode, den Handarbeiten und den häuslichen An⸗ gelegenheiten in Wort und Bild gewidmeten Hauptblatt für 1 ℳ pro Quartal bereits eine vorzüglich redigirte illustrirte belletristische und eine für die kleinen Kinder bestimmte illustrirte Separatbeilage enthält, wird vom 15. Mai ab durch eine dem reisenden Publikum gewiß sehr willkommene Illustrirte Reisezeitung“ noch vervollständigt werden. — Nr. 9 von „Mode und Haus“ mit seinen vielseitigen Mode⸗ neuheiten, denen zur mühelosen Selbstanfertigung ein übersichtlicher Schnittmusterbogen beiliegt, ist wieder musterguültig, und die reizenden
andarbeitsvorlagen sind mit großer Sachkenntniß für die praktische “ ausgewählt. Der „Haustheil“ des Blattes, durch einen bemerkenswerthen, mit Stopfabbildungen versehenen Artikel über das Ausbessern der Gardinen eingeleitet, wird durch lehrreiche, theils feuilletonistisch gehaltene Aufsätze über das „Hauswesen“ und seine Unterabtheilungen praktisch fortgeführt. Die reich mit „Original⸗ Holzstöcken“ ausgestattete „Illustrirte Belletristische Beilage“ sorgt nach wie vor für anziehende Unterhaltungslektüre, und Rathaufgaben, Briefkastenaatworten, Vermischtes ꝛc. bieten weitere angenehme Ab⸗ wechselung. .““ 8
8’- Kirchhoff u. Wigand in Leipzig haben über ihr anti⸗ qugrisches Bücherlager wiederum 2 Kataloge, Nr. 786 u. 787, versandt. In Katal. 786 werden 1525 Schriften unter folgenden 8 Hauptabtheilungen aufgeführt: I. Vergleichende Sprachwissenschaft, sowie Vermischtes; II. Orientalia, nord⸗ und ostasiatische und indische Sprachen; III. Keilschriften und Phönizisch, Alt⸗ und Neu⸗egyptisch; IV. germanische Sprachen: 1) Alt⸗ und Mittelhochdeutsch, 2) Neu⸗ hochdeutsch, 3) Altsächsisch und neuere Dialekte, 4) Niederdeutsch und Friesisch, 5) Englisch mit Angelsächsisch, 6) die nordischen Sprachen; V. romanische Sprachen; VI. slavische Sprachen; VII. kleinere europäische Sprachgruppen, sowie Zigeuner; VIII. amerikanische, afrikanische, polynesische Sprachen. — Katal. 787 enthält unter dem Titel „Schöne Künste, Kupferwerke, Kuriosa“ ein Verzeichniß von 1725 Schriften, welche unter folgende Abschnitte vertheilt sind: I. Aesthetik, Theorie und Technik der Kunst; II. Kunstgewerbe, Ornamentik, Photographie; III. Kunstgeschichte, Kunstdenkmäler, Galeriewerke; IV. Interessante Drucke und ältere illustrirte Werke; V. Neuere illüstrirte und Prachtwerke; VI. Kuriosa und Vermischtes: 1) Kuriosa, Facetien, Satiren, Neulateiner; 2) Anekdoten, Ana, Emblemata;
i erlage von Ad. Banz ung“ bringt in ihrer
3) Magie, Dämonologie, geheime Wissenschaften [Geomantie, Astro⸗