1887 / 119 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 24 May 1887 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten.

Den Oberlehrern Ferdinand Rochel am Gumnasium in Neustadt i. Westpr. und Dr. Oskar Gutsche am tädtischen in Danzig ist das Prädikat Professor beigelegt

worden.

Am Schullehrer⸗Seminar zu Braunsberg ist der Rektor Dr. Fuhg zu Wormditt als Erster Lehrer angestellt worden.

Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten.

1 Den Rittergutsbesitzern von Lacki auf Posadowo, Kreis Buck, und von Sczaniecki auf Feisfeeechod, Kreis Schrimm, ist die in Silber ausgeprägte Gestüt⸗Medai

e verliehen worden.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 24. Mai. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen heute Vormittag den Polizei⸗ Präsidenten Freiherrn von Richthofen, besichtigten sodann auf dem Tempelhofer Felde die 2. Garde⸗Infanterie⸗Brigade und nahmen Nachmittags die Vorträge des Chefs des Militärkabinets, Generals von Albedyll, und des Chefs der Admiralität, General⸗Lieutenants von Caprivi, entgegen.

Vor der Besichtigung hatte der Kriegs⸗Minister Sr.

sajestät die neuen Train⸗Fahrzeuge für die Infanterie vor⸗ gestellt. 8

Im weiteren Verlauf der gestrigen (34.) Sitzung

es Reichstages erfolgten Wahlprüfungen. Die Wahl

des Abg. Reinhold wurde beanstandet und die Untersuchung mehrerer in Protesten behaupteten Vorkommnisse beantragt.

Bei der Prüfung der Wahl des Abg. Rickert protestirte der Abg. Kräcker dagegen, daß die Wahlprüfungs⸗Kommission den Grundsatz aufgestellt habe, das Verbot bezw. die Auflösung einer Versammlung sei gerechtfertigt, wenn ein bekannter Sozialdemokrat oder ein aus Berlin Ausgewiesener (Ewald) darin das Wort nehme.

Der Referent Gebhard bestritt, daß die Kommission diesen Grundsatz allgemein aufgestellt habe.

Die Wahl des Abg. Rickert wurde für gültig erklärt, ebenso ohne Debatte die Wahlen der Abgg. Sabor, S chrader, Kulemann, Günther (Naumburg), Brauer, Leuschner (Sachsen), Deahna, Fieser, Lüders, von Arnswaldt⸗ Hardenbostel und Lerche.

Um 4 ¾ Uhr vertagte sich das Haus auf Dienstag 1 Uhr.

In der heutigen (35.) Sitzung des Reichs⸗ tages, welcher der Staatssekretär des Innern, Staats⸗ Minister von Boetticher, sowie andere Bevollmächtigte zum Bundesrath nebst Kommissarien desselben beiwohnten, theilte der Präsident zunächst mit, daß der Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes, betreffend Post⸗Dampfschiffahrtsver⸗ bindungen mit überseeischen Ländern, vom 6. April 1885, ein⸗ gegangen sei.

Der erste Gegenstand der Tagesordnung war die zweite Berathung der Rechnung der Kasse der Ober⸗ Rechnungskammer für das Etatsjahr 1884/85 auf Grund des olichen Berichts der Rechnungskommission.

Den Beaccht erstattete der Abg. Gröber und beantragte Namens ber Kommission:

Do. Reichstag wolle beschließen: „Die Rechnung der Kasse der Ober⸗Rechnungskammer für das Etatsjahr 1884/85 wird bezüglich desjenigen Theiles, welcher die Reichsverwaltung betrifft, entlastet. Dieser Antrag wurde ohne Debatte angenommen. Es folgte die Berathung des Berichts der Reichs⸗ schulden⸗Kommission: I. über die Verwaltung des Schulden⸗ wesens des Norddeutschen Bundes bezw. des Deutschen Reichs; II. über ihre Thätigkeit in Ansehung der ihr übertragenen Aufsicht über die Verwaltung a. des Reichs⸗Invalidenfonds, b. des Festungsbaufonds, und c. des Fonds zur Errichtung des Reichstagsgebäudes; III. über den eichs⸗Kriegsschatz, und IV. über die An⸗ und Ausfertigung, Einziehung und Ver⸗ nichtung der von der Reichsbank auszugebenden Banknoten. Der Bericht wurde an die ziechnungekontmission verwiesen. 13“ schloß sich der mündliche Bericht der Kommission für die Geschäftsordnung über den Antrag auf Ertheilung der Genehmigung zur Einleitung des strafrechtlichen Ver⸗ fahrens wegen Beleidigung gegen das Mitglied des Reichstages Grad. 8

Der Berichterstatter Abg. von Kehler begründete den Antrag der Kommission: die Genehmigung nicht zu ertheilen.

Das Haus nahm diesen Antrag an.

Bei Schluß des Blattes begann die Berathung des letzten Gegenstandes der Tagesordnung: die zweite Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betrefsend die Unfall⸗ versicherung der bei Bauten beschäftigten Per⸗ sonen, auf Grund des Berichts der VIII. Kommission.

Die Beimischung von Hollunderbeerensaft zu Wein, um dem Wein eine Farbe zu geben ng bsssen schlechten Geschmack zu beseitigen resp. zu verbessern, zum Zwecke der Täuschung im Handel, ist nach einem Urtheil des

eichsgerichts, I. Strafsenats, vom 28. Februar d. S. als vollendete Weinverfälschung aus §. 10 3. 1 des Nahrungs⸗ mittelgesetzes zu bestrafen, auch wenn thatsächlich der vom Verfälscher beabsichtigte Zweck der Beimischung nicht erreicht und der Wein durch die Mischung nicht verbessert, sondern verschlechtert worden ist.

Der General⸗Lieutenant von Blumröder, Kom⸗ mandant des hiesigen Mübalcgechanses, hat sich auf 40 Tage mit Urlaub nach dem bayerischen Hochlande begeben.

„— S. M. Kreuzer „Nautilus“, Kommandant Kapitän⸗ Lieutenant von Hoven, ist am 23. Mai cr. in Manila ein⸗ Frrofen und beabsichtigt, am 24. desselben Monats wieder in

ee zu gehen.

S. M. Fahrzeug „Loreley“, Lieutenant Freiherr von Lyncker, Konstantinopel eingetroffen.“

„Bayern. München, 23. Mai. (W. T. B.) Die Kaiserin von Oesterreich ist zu kurzem Aufenthalt

Kommandant Kapitän⸗ ist amßt 23. Mai cr. in

Sachsen⸗Weimar⸗ isemach. Weimar, 23. Mai. (Th. 8 Der Erbgroßherzog ist am 20. aus Wien wieder hierher zurückgekehrt. Die Herzogin Johaan

von hier nach Potsdam begeben.

Der Prinz⸗Regent von Bayern empfing heute den Besuch des Erzherzogs Albrecht, welchen er später er⸗ widerte. Nachmittags dinirte der Prinz⸗Regent bei dem Erzherzog Ludwig Victor. 8 8

Das Abgeordnetenhaus erledigte heute die Gesetz⸗ entwürfe, betreffend das Budget⸗Provisorium im Monat Juni und eine weitere einjährige Einstellung der Wirksamkeit der Schwurgerichte im Sprengel Cattaro sowie betreffend die Sicherung unterseeischer Kabel.

24. Mai. (W. T. B.) Die „Wiener Zeitung“ ver⸗ öffentlicht die vom Kaiser sanktionirten Ausgleichsgesetze sowie den Zolltarif.

Pest, 23. Mai. (W. T. B.) In Beantwortung der Interpellation Helfy's wegen Beschickung der Pariser Weltausstellung wies der Minister⸗Präsident von Tisza auf die durch ihre Häufigkeit verminderte Wichtigkeit der Ausstellungen und die Kostspieligkeit für die Betheiligung der Staaten hin; die Regierung habe des⸗ halb beschlossen, sich an der Pariser Ausstellung ihrerseits nicht zu betheiligen, wovon die französische Regierung freundschaftlich verständigt worden sei. Einzelnen Unternehmern stehe jedoch eine Betheiligung frei, und würden dieselben, soweit dies ohne materielle Opfer möglich sei, die I der Regierung genießen. Die Antwort wurde zur

enntniß des Hauses genommen. Mai. (W. T. B.) In

Belgien. Lüttich, 23.

Seraing und Umgebung haben heute Morgen Ar⸗ beitseinstellungen stattgefunden; in Seraing kam es zu Ansammlungen von Arbeitern, welche durch die Gendarmerie

zerstreut werden mußten.

Großbritannien und Irland. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Oberhauses erklärte Lord Salisbury auf eine bezügliche Anfrage: er sei außer Stande, schon jetzt über die Konvention zwischen England und der Pforte bezüglich Egyptens eine eingehendere Auskunft zu ertheilen. In der letzten Nacht sei ein Abkommen erfolgt, welches zum guten Theil die Differenzen zwischen der Pforte und England beseitige. Wie weit das Abkommen gehe, könne er nicht sagen, da die hierüber eingegangenen Telegramme nicht ganz klar seien; die Unterhandlungen nähmen übrigens einen günstigen Fortgang, und er hoffe, nach den Pfingstferien weitere Auskunft geben zu können. Das Oberhaus nahm sodann die Novelle zum schottischen Kleinbauern⸗ gesetz in dritter Lesung an und vertagte sich hierauf bis zum 9. Juni.

Im Unterhause kündigte Howell an: er werde die Aufmerksamkeit des Hauses auf den Bericht des Ausschusses über den angeblichen Mißbrauch öffentlicher Gelder Seitens des Londoner Munizipalraths lenken und beantragen, das Verfahren des letzteren zu mißbilligen. Brad⸗ laugh erklärte, er wolle beantragen, auszusprechen, daß ge⸗ wisse Beamte des Londoner Munizipalraths die Privilegien des Parlaments verletzt hätten. Bei der hierauf fortgesetzten Berathung des zweiten Artikels der irischen Strafrechts⸗ bill kündigte der erste Lord des Schatzes, Smith, an: die Regierung nehme das Amendement an, nach welchem Verbrechen, welche unter das Gesetz gegen die irischen White⸗ boy's fallen, von der summarischen Jurisdiktion ausgeschlossen

werden sollen.

24. Mai, fec (W. T. B.) Das Unterhaus 6 den zweiten Artikel der irischen Strafrechtsbi 8* über welchen die Berathung bis heute früh 5 Uhr fortgesetzt wurde, mit großer Mehrheit angenommen, nachdem die Regierung sich damit einverstanden erklärt hatte, daß die Be⸗ rathung des fünften Abschnitts bis zur Berathung über den Bericht vertagt werde.

Frankreich. Paris, 23. Mai. (W. T. B.) Der Präsident empfing heute Vormittag die Herren Rouvier, Flouquet und Duclerc.

Die Deputirtenkammer hat sich heute nach einer kurzen Sitzung bis Donnerstag vertagt. Der Senat ver⸗ tagte sich auf unbestimmte Zeit und überließ dem Präsidenten, die nächste Sitzung anzuberaumen.

Der heute beendete Verkauf der Krondiamanten hat im Ganzen 6 864 000 Fr. ergeben.

24. Mai. (W. T. B.) Floquet sandte gestern dem

Präsidenten Grévy ein Schreiben, in welchem er demselben mittheilt, daß er nach reiflicher Ueberlegung es als unmöglich erachte, bei de Freycinet Schritte zu thun, obwohl er die Bildung eines Kabinets der Versöhnung unter Leitung de Freycinet’s mit Beibehaltung mehrerer bisheriger Minister lebhaft wünsche. Floquet fügt hinzu: er habe geglaubt in die schon be onnenen Verhandlungen nicht eingreifen zu dürfen. Die meisten Blätter glauben, daß die Bildung eines Kabinets unter de Freyeinet nur hinausgeschoben sei. 24. Mai. (W. T. B.) Der Präsident Grévy ließ heute va ittaf Floquet zu sich rufen und theilte dem⸗ selben mit, daß a e Versuche zur Bildung eines Kabinets, die ihm möglich erschienen, vergeblich gewesen seien. Er wende sich unter diesen Umständen an ihn und erwarte von seiner persönlichen Hingebung, daß er die Bildung des neuen Kabinets übernehme. Floquet bat sich eine vierundzwanzig⸗ stündige Bedenkzeit aus.

Türkei. (W. T. B.) Nach einer Meldung der „Pol. Corr.“ aus Konstantinopel, vom 23. Mai, hat die Pforte nunmehr ihre Vertreter bei den auswärtigen Mächten in einem Rundschreiben beauftragt, den Regierungen, bei denen sie beglaubigt sind, den gegen⸗ wärtigen Stand der bulgarischen Frage zur Wür⸗ digung darzulegen und die ernste Aufmerksamkeit derselben auf die Nothwendigkeit eines Meinungsaustausches über die Mittel zur Beseitigung der Schwierigkeiten zu lenken. Als ein solches Mittel wird bezeichnet, daß die Mächte den Bulgaren einen oder zwei Thronkandidaten vorschlagen möchten, damit den unausgesetzten Forderungen der Regentschaft endlich Rechnung getragen werde.

1

London, 23. Mai.

incognito hier eingetroffen und im „Hotel zu den vier Jahres⸗ zeiten“ abgestiegen. 8 3 8

Albrecht von Necklenburg⸗Schwerin hat sich gestern

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 23. Mai. (W. T. B.)

Der „Schwäbische Merkur“ schreibt: So gut wie ei mig ist am 20. Mai der große N.

Etat für militärische Zwecke im Reichstage angenommen worden. Nur di Sozialdemokraten und einige andere ganz vereinzelte Abgeordnett stimmten dagegen. Bei der Berathung und Bewilligung dieser groß 1 Forderung für die militärische Sicherheit des Vaterlandes hat sich so schreibt die „National⸗liberale Correspondenz“, der Reichstag wieder einmal ganz auf der Höhe seiner patriotischen Aufgabe gezeigt und man darf wohl fragen, ob auch bei der früheren Zusammen⸗ setzung ein so erhebendes Resultat zu erhoffen gewesen wäre. Freilich haben diesmal auch die Oppositionsparteien in dieser Frage keinen Widerspruch erhoben; allein es ist eben zweierlei, sich von vornherein in einer aussichtslosen Minderheit zu wissen, wie es jetzt der Fall war, und die Entscheidung in der Hand zu bobal wie im vorigen Reichstage Wie dem aber auch sei, wir wollen uns freuen, daß der Reichstag fast einmüthi eine große nationale Pflicht opferwillig und patriotisch erfüllt haß Der entschlossene Ernst, der aus den gewaltigen Fablen dieses Nachtrags⸗Etats spricht, der feste Entschluß, für die Sicherheit des Vaterlandes die äußersten Opfer zu bringen, kann seinen Eindruck auch im Auslande nicht verfehlen, und muß dazu beitragen, kriegerische Anwandelungen unserer Nachbarn abzuschrecken. wenn die europäische Lage heute schon nicht mehr ganz das bedrohliche Aussehen zeigt, wie vor einigen Monaten, so trägt dazu gewiß der in den neuesten militärischen Bewilligungen zu Tage getretene patriotische Ernst des deutschen Volks und Reichstages mächtig bei.

Die „Berliner Politischen Nachrichten“ be⸗

Wenn in der freisinnigen Presse von den erheblichen Mehr⸗ erträgen die Rede ist, welche aus der Zuckersteuervorlage 8 Ss . sind, so ist dabei augenscheinlich nicht erwogen, daß die Zuͤckersteuer in dem laufenden Etat zu 35 420 000 veranschlagt ist, der Ertrag der reformirten Steuer aber zu 46 —50 Millionen Mark angenommen wird, mithin den Etatsansatz für 1887/88 nur um eine nicht allzu hohe Summe übersteigt. Die Reform der Zuckersteuer wird daher im Wesentlichen dazu dienen, den Eingang des etatsmäßigen Solls der Zuckersteuer, auf den bei Bemessung der Aus⸗ gaben, wie der Matrikularbeiträge gerechnet ist, für die Folge sicher zu stellen und der Wiederkehr eines Ausfalles zu be⸗ gegnen, wie er in den letzten Jahren regelmäßig eintrat und die Ursache eines in der Folge zu deckenden Fehlbetrages bei den praktischen Finanzergebnissen bildete. Darüber hinaus wird dem Reich nur eine verhältnißmäßig kleine Mehreinnahme zugeführt, welche, abgesehen davon, daß es sich auch dabei nar um Wiederherstellung der Zucker⸗ steuer in ihrem früheren Umfange handelt, auch nicht entfernt zur Deckung der Mehrbedürfnisse im Reich, geschweige der in den Bundes⸗ staaten zureicht. Wenn daher aus dem anschlagsmäßigen Ertrage der neuen Zuckersteuer die Behauptung hergeleitet wird, daß dadurch sich die Beschaffung weiterer erheblicher Einnahmen erübrige, so ent⸗ behrt dieselbe der thatsächlichen Unterlage völlig und gehört in das Kapitel der Finanzflunkereien, welche in Ermangelung sachlicher Gründe herhalten müssen, um den Widerstand gegen die höhere Be⸗ steuerung des Branntweins zu beschönigen.

In der „Vossischen Zeitung“ lesen wir: Die Zahlungseinstellungen, welche in einigen Zweigen der Textil⸗ industrie stattgefunden, haben die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf die hiesige Plüsch⸗ und Wollenwaarenfabrikation gerichtet. Dieselbe bildet nicht nur den bedeutendsten Zweig unserer Weberei⸗Industrie, sondern auch den umfangreichsten Theil unseres gesammten Textil⸗ gewerbes überhaupt; sie wird in ihren Umsätzen höchstens von denjenigen der hiesigen Konfektion übertroffen, wenn sie nicht mit denselben auf gleicher Stufe steht. Man beziffert die Umsätze zwischen 50 bis 60 Millionen Mark, je nachdem es sich um ein günstiges oder weniger befriedigendes Geschäftsjahr handelt. Die ersten Firmen unseres Platzes gehören der Wollenwaarenindustrie an, es ist also unnöthig zu sagen, daß dieselbe sich in Händen befindet, die über die reichsten Mittel verfügen, denn nur mit solchen ist es möglich, ein Fabrikationsgeschäft in der Wollenwaarenindustrie erfolgreich zu betreiben; aber gerade dadurch, daß in letzter Zeit viele Kräfte sich diesem Geschäfte gewidmet haben, welche nicht mit hin⸗ reichenden Mitteln ausgestattet waren, sind diejenigen Schwierig⸗ keiten entstanden, welche allerdinss von den in der Wollen⸗ waarenindustrie beschäftigten Kaufleuten schon lange vorherge⸗ sehen waren .... Der Läuterungsprozeß, der jetzt vor sich geht, berührt allerdings vor der Hand die in Mitleidenschaft gezogenen Kreise hart, der Industrie an sich aber wird er von entschiedenem Nutzen sein. Das Geschäft in unserer Wollen⸗ und Plüschwaaren⸗ fabrikation war in diesem Jahre bis jetzt, wenn es vielleicht auch augenblicklich im Allgemeinen nicht sehr lebhaft ist, ein gutes; für das Frühjahr wurden viel mehr Stoffe gebraucht, welche die hiesige Wollenwaarenfabrikation herstellte, als in früheren Jahren, und auch die Aussichten, welche das Wintergeschäft bietet, deuten darauf hin, daß es der Fabrikation möglich sein wird, anhaltende Thätigkeit zu entfalten. Es hat sich im ersten Vierteljahr dieses Jahres nach dem amtlichen Waarenverzeichniß („Monatshefte zur Statistik des Deutschen Reichs“) die Ausfuhr wollener Tuchwaaren von 45 096 auf 50 100 D.⸗Ctr. gehoben, während Plüsche von 1739 auf 2140 D.⸗Ctr. gegen die gleiche Zeit des Vorjahres gestiegen sind; letztere werden fast ausschließlich von hiesigen Fabrikanten geliefert, auch die Zunahme der ersten Angabe fällt zum großen Theil auf Berlin. Für den Winter liegen bis jetzt amerikanische und englische Aufträge vor, auch inländische Bestellungen dürften in nächster Zeit zahlreich eingehen. Zu den gesuchtesten Sorten dürften wiederum Soleils, Kurls, Kamm⸗ garnstoffe mit Mohairbindungen, Trikotfutterstoffe, Hattelasses und Krimmerarten gehören. Außerdem wird hier noch die Fabrikation sogenannter englischer Stoffe in großem Maßstabe betrieben; diese stellt aber ihre Waaren ausschließlich in geschlossenen Fabrikräumen mit allen Fortschritten auf dem Gebiete der Technik ver⸗

Amtsblatt des Reichs⸗Postamts Nr. 32. Inhalt: Verfügungen: vom 19. Mai 1887. hültige Einfü der ECCöö““ 7. Endgültige Einführung der

Archiv für Post und Telegraphie. Nr. 9. Inhalt: 1. Aktenstücke und Aufsätze: Anwendung des van Roffelbercde schen Verfahrens in der Reichs⸗Telegraphenverwaltung. Das Post⸗ und Telegraphenwesen von Neu⸗Seeland im Jahre 1884. Die Häfen von Triest, Venedig und Genua. Landkarten, ihre Her⸗ stellung und ihre Fehlergrenzen (Fortsetzung). II. Kleine Mit⸗ theilungen: Die Einrichtung von Posthülfstellen in Frankreich. Das Eisenbahnnetz der Erde. III. Zeitschriften⸗Ueberschau.

Statistische Nachrichten.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen d. heitsamts sind in der Zeit vom 8. bis 14. Mai je 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben emeldet: in Berlin 18,2, in Breslau 29,0, in Königsberg 25,9, in Köln 5,3, in Frankfurt a. M. 20,8, in Wiesbaden 16,4, in Hannover 17,9, in Kassel 19,7, in Magdeburg 20,9, in Stettin 21,4, in Altona 26,2, 8 Stra burg 23,6, in Metz 31,6, in München 37,3, in Nürnberg 30,0, in Augsburg 35,5, in Dresden 19,2, in Leipzig 17,2, in Stuttgart 18,8, in Karlsruhe 16,9, zin Braunschweig 17,1, in Hamburg 23,7, in Wien gin Pest 37,9, in Prag —, in Triest 27,0, in Krakau —, in Basel —, in Brüssel 25,8, in Amsterdam 18,2, in Paris 24,7, in London 17,3, in Glasgow 23,7, in Liverpool 26,9, in Dublin 24,4, in Edinburg 23,8, in Kopenhagen 22,1, in Stockholm 21,3, in

Christiania 21,7, in St Petersburg? i s 1,7, Pe g 33,6, in Warschau 21,0, in Odessa 23,4, in Rom 18,6, in Turin 35,1, in Versche 25,4, in

1“

ndria 37,4. Ferner in der Zeit vom 17. bis 23. April cr.: NlexnenePork 27, im Philadelphin 25,4, in Baltimore 19,5, n Kalkutta —, in Bombay 24,3, in Madras —.

Die Sterblichkeit blieb in der Berichtswoche in den meisten ößeren Städten Europas eine günstige, wenn sie auch in vielen rtwas größer wurde, als sie in der vorhergegangenen Woche war. Kleine Sterblichkeitsverhältnißzahlen melden 8.S Wiesbaden, Han⸗ nover, Stuttgart, Karlsruhe, Berlin, Bremen, Braunschweig, Frank⸗ furt a. M., Kassel, Dresden, Leipzig, Magdeburg, London, Amster⸗ dam, Stockholm, Warschau u. a. Für die Jahreszeit ungewöhnlich hoch war die Sterblichkeit unter den deutschen Städten (30,0 pro Mille und darüber, aufs Jahr berechnet) in München, Nürnberg, Augsburg, Chemnitz, Posen, Metz u. a. Auch in dieser Woche waren Sterbefälle in Folge akuter Entzündungen der Athmungsorgane noch häufig, doch hat die Zahl der durch diese Krankheitsformen veranlaßten Sterbefälle zum Theil sehr erheblich abgenommen in Berlin, Bremen, Breslau, Dresden, furt a. M., München, Straßburg u. A. Degann führten Darm⸗ katarrhe und Brechdurchfäͤlle der Kinder etwas äufiger zum Tode, so in Berlin, Augsburg, Köln, Nürnberg, Pest, Bruͤssel, während in Breslau, Königsberg, Dresden, München, St. Petersburg, Warschau die Zahl derselben kleiner wurde. Der Antheil des Säuglingsalters an der Gesammtsterblichkeit war im Allgemeinen etwas größer als in der Vorwoche. Von je 10 000 Lebenden starben aufs Jahr berechnet in Berlin 66, in München 136 Säug⸗ linge. Unter den Infektionskrankheiten wurden Sterbefälle an Masern, Scharlach, Diphtherie und Pocken mehr, an typhösen Fiebern und Keuchhusten weniger gemeldet. Masern zeigen in den Vororten Wiens, in Liverpool und Stockholm eine Abnahme der Sterbefälle, während sie in Frankfurt a. M., Paris, Dublin, London, St. Petersburg häufiger werden und besonders in München in großer Verbreitung herrschen (36 Sterbefälle in der Berichtswoche). Neue Erkrankungen waren in Breslau, im Regierungsbezirk Stettin, in Pest, Edinburg, Stockholm zahlreich. Das Scharlachfieber forderte in Köln und Liverpool etwas mehr, in London und St.

etersburg etwas weniger Opfer. Neue Erkrankungen wurden aus

amburg etwas seltener, aus Christiania und St. Petersburg etwas zahlreicher zur Anzeige gebracht. Die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup warin Berlin, Breslau, Hamburg, München, Köln, Frank⸗ furt a. M., Straßburg, Pest, Paris und Kopenhagen eine ge⸗ steigerte, in Altona und Elberfeld die unveränderte, in München, Dresden, Leipzig, London, St. Petersburg eine gegen die Vorwoche verminderte. Neue Erkrankungen wurden aus Berlin und Kopen⸗ hagen in etwas kleinerer, aus Breslau, Hamburg, Christiania, St. Petersburg und aus dem Regierungsbezirk Schleswig in etwas gestei⸗ gerter Zahl gemeldet. Sterbefälle an Unterleibstyphus haben in Paris und St. Petersburg ab⸗, in Hamburg zugenommen; Er⸗ krankungen kamen jedoch aus St. Petersburg wie auch aus Hamburg zahlreich zur Anzeige. Todesfälle an Flecktyphus wurden aus Pest 1, aus Warschau 2 berichtet; Erkrankungen aus St. Peters⸗ burg 4, aus dem Regierungsbezirk Aachen 2. Aus St. Petersburg wird auch 1 Todesfall an Rückfallfieber, aus Kopenhagen 1 Erkran⸗ kung an epidemischer Genickstarre mitgetheilt. Rosen⸗ artige Entzündungen des Zellgewebes der Haut waren in Wien, Kopenhagen, Paris, London seltener. Der Keuchhusten bedingte in London, Liverpool etwas weniger, in Berlin die gleiche Zahl, in Paris etwas mehr Sterbefälle als in der Vorwoche; in Kopenhagen nahm die Zahl der Erkrankungen ab. Sterbefälle an Pocken wurden aus Königsberg und Triest vereinzelt mitgetheilt, aus Venedig wurden 2, aus St. Petersburg 8, aus Warschau 11, aus Pest 13, aus Paris 14 Todesfälle gemeldet; neue Erkrankungen kamen aus London 3, aus St. Petersburg 23, aus Pest 41 zur Anzeige.

In den „Aktenstücken des Zwanzigsten Hannover⸗ schen Provinzial⸗Landtages“ findet sich eine Uebersicht über die Anzahl der in den einzelnen Amtsgerichtsbezirken der Provinz Hannover auf Grund der Gesetze vom 2. Juni 1874 und vom 24. Fe⸗

bruar 1880, betreffend das Höferecht, in die Höferolle eingetragenen und wiederum gelöschten Besitzungen in dem Jahrzehnt 1875 85. Der⸗ selben entnehmen wir Folgendes: Die Zahl der vom] Januar 1875 bis ult. Dezember 1885 in die Höferolle eingetragenen Höfe hat betragen in den Landgerichtsbezirken: Aurich —, Göttingen 144, Hannover 9388, Hildesheim 6362, Lüneburg 12 350, Osnabrück 9643, Stade 5038 und Verden 21 425; demnach in der Provinz Hannover 64 350. Von den Eintragungen in die Höferolle sind in dem

gleichen Zeitraum wiederum gelöscht in den Landgerichtsbezirken:

Aurich —, Göttingen 2, Hannover 63, Hildesheim 210, Lüneburg 38, Osnabrück 7, Stade 27 und Verden 35; demnach in der Provinz Hannover 382. Die Zahl der am Schlusse des Kalenderjahres 1885 in die Höferolle noch eingetragenen (ungelöschten) Höfe belief sich in den Landgerichtsbezirken: Aurich —, Göttingen auf 142, Han⸗ nover auf 9325, Hildesheim auf 6152, Lüneburg auf 12 312, Osna⸗

1 brück auf 9636, Stade auf 5011 und Verden auf 21 390; demnach in

der Provinz Hannover auf 63 968. Eintragungen in die Höferolle sind außer in dem ganzen Land⸗

gerichtsbezirk Aurich noch in folgenden Amtsgerichtsbezirken nicht vor⸗

gekommen: Duderstadt, Gieboldehaufen, Göttingen, Herzberg, Mo⸗ ringen und Zellerfeld (Landgerichtsbezirk Göttingen); Meinersen (Landgerichtsbezirk Hildesheim); Bentheim, Bersenbrück, Iburg, Lingen, Malgarten, Melle, Neuenhaus, Osnabrück und Sögel (Land⸗ gerichtsbezirk Osnabrück); Bremervörde, Freiburg, Jork, Neuhaus g. d. O., Otterndorf und Zeven (Landgerichtsbezirk Stade); Blumen⸗ thal, Dorum, Hoya, Lehe, Lilienthal und Verden (Landgerichtsbezirk Verden) und in den beiden zum Landgerichtsbezirk Nordhausen bezw. Naumburg gehörenden Amtsgerichtsbezirken Ilfeld und Wernigerode.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Von dem Werk des Kaiserlichen Wirklichen Legations⸗Raths ꝛc. Dr. Kayser: „Die gesammten Reichs⸗Justizgesetze und die sämmtlichen für das Reich und in Preußen erlassenen Ausführungs⸗ und Ergänzungsgesetze, Verordnungen ꝛc.“ (4. Auflage), ist im Verlage von H. W. Müller in Berlin vor Kurzem die 4. Lieferung (S. 529 720) er⸗ schienen. Dieselbe hat folgenden Inhalt; Konkursordnung (Schluß). Strafprozeßordnung Allgemeine Bestimmungen (Einführungsgesetz zur Strafprozeßordnung vom 1. Februar 1877; Strafprozeßordnung vom 1. Februar 1877, Buch 1—7 [Allgemeine Bestimmungen. Ver⸗ fahren in erster Instanz, Rechtsmittel, Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urtheil geschlossenen Verfahrens, Betheiligung des Verletzten bei dem Verfahren, besondere Arten des Verfahrens, Strafvollstreckung und Kosten des Verfahrens]; Allgemeine Verfügung vom 21. Dezember 1881, betreffend die Herstellung einer Statistik rechtskräftig erledigter Strafsachen, wegen Verbrechen und Vergehen). Zeugen und Sachverständige. Zustellungen Vorläufige Festnahme. Haupt⸗ verhandlung. Privatklage. Richterlicher Strafbefehl. Polizeiliche Strafverfügung. Verfahren gegen Abwesende, welche sich der Wehr⸗ pflicht entzogen haben. Strafvollstreckung. Gefängnißwesen. Forst⸗ diebstahl. Rechtsanwaltsordnung vom 1. Juli 1878. Allgemeine Bestimmungen. Bei den Amtsgerichten. Bei den gemeinschaftlichen Gerichten. Legalisirung und Dienstsiegel. Notare. Die Korrekt⸗ heit der Gesetzestexte, die praktische Einrichtung des massenhaften Stoffes und die Präzision der Erläuterungen verdienen unbedingtes Lob. Da wir uns sowohl über das treffliche Werk im Allgemeinen als auch über die einzelnen voraufgegangenen Lieferungen im Besonderen bei dem Erscheinen derselben mehr oder weniger eingehend geäußert haben, so beschränken wir uns auf die Inhaltsangabe der 4. Lieferung.

Die Syphilis, deren Wesen, Verlauf und Be⸗ handlung, von Dr. Schuster, prakt. Arzt und Badearzt in Aachen (Berlin, 1887, Verlag von Th. G. F. Enslin Richard Schantz, Pr. 3 ℳ). Der Verfasser hat sich bereits im Jahre 1874 durch seine „Bemerkungen zur Behandlung und Heilung der Syphilis“ in ärztlichen Kreisen rühmlichst bekannt gemacht. Nachdem er nun durch langjähriges ärztliches Wirken seine Erfahrungen über die Natur der Syphilis und über ihre Behandlung wesentlich bereichert hat, wozu ihm seine Stellung in Aachen die beste Gelegenheit geboten,

G

theilt er in einer neuen umgearbeiteten Auflage seiner Schrift diese Erfahrungen seinen Kollegen mit. Wie der Titel, so ist auch der In⸗ halt der neuen Auflage wesentlich erweitert, sodaß sie das voll⸗ ständige Material enthält, welches die Wissenschaft rücksichtlich der Entstehung und der Behandlung dieser Krankheit gesammelt hat, und die weiteste Verbreitung in ärztlichen Kreisen verdient. Spezialkarte von Afrika im Maßstab von 1:4000 000 (10 Blatt), entworfen von Her mann Habenicht, bearbeitet von demselben, Bruno Domann und Dr. Richard Lüddecke. 1. Lieferung: Sektion 6 „Abessinien“, und Sektion 7 „Congo“, nebst Be⸗ merkungen von H. Habenicht. Zweite Auflage. Gotha, Justus Perthes, 1887. Nach kaum Jahresfrist seit dem Erscheinen der letzten Lieferung der ersten Ausgabe dieser ausgezeichneten Karte hat sich bereits das Bedürfniß nach ciner neuen Auf⸗ lage nöthig gemacht. Von derselben liegen in der ersten Lieferung diejenigen zwei Sektionen vor, welche wegen der darauf enthaltenen Ländergebiete, und der sich dort gegenwärtig abspielenden Ereignisse das aktuellste Interesse darbieten: „Abessinien“ und „Congo“. Die durch Entdeckungen und neue Aufnahmen bedingten Korrekturen sind gerade auf der letzteren, aber auch auf anderen Sektionen so bedeutend, daß sie einer halben Neubegrbeitung gleichkommen. Das politische Kolorit, die Dampfer⸗ und Telegraphenlinien, Missions⸗ und Handels⸗ stationen, sowie das auf die Bodenbeschaffenheit bezügliche Kolorit haben stellenweise nicht unbeträchtliche Veränderungen erfahren. Den kartographischen Bemerkungen zu den einzelnen Sektionen sind besondere Beilagen beigefügt, welche über die vorgenommenen Ver⸗ änderungen der neuen Auflage Rechenschaft geben. Auf der Sektion „Abessinien“ hat wegen der kriegerischen Verhältnisse, welche nun schon seit einigen Jahren im egyptischen Sudan, in Abessinien und den Somali⸗Ländern walten, die friedliche Arbeit der Forschungs⸗ reisenden wenig Fortschritte machen können. Die Neuerungen be⸗ schränken sich daher meist auf Aufnahmen von Reisen, welche zwar schon früher ausgeführt worden, deren Ergebnisse aber erst neuerdings veröffentlicht worden sind; dies gilt besonders von den Routenkarten des Kapitäns Cecchi und des Ingenieurs Chiarini. Die Grenzen der Reiche von Schoa und Abessinien haben den letzten Ereignissen entsprechend verändert werden müssen, die des ersteren durch Hinzufügung der tributpflichtig gewordenen Stämme von Bonga bis Harar, die Grenzen von Abessinien durch Ausdehnung auf die besetzten Landschaften Hamaden und Senhit. Auch die Aufnahmen von Menges' sowie Junker's letzte Reisen haben noch Berücksichtigung finden können. Die im Vordergrunde des Tagesinteresses stehende Provinz Emin Pascha's nebst den von seinen Leuten besetzten Sta⸗ tionen sind durch besonderes Kolorit hervorgehoben. Auch die offizielle Besitzergreifung von der Küstenstrecke zwischen Massaua und Raheita Seitens der italienischen Regierung ist in der Karte zum Ausdruck gebracht. Die von der Deutsch⸗Ostafrikanischen Gesellschaft im September und November 1885 erworbenen Theile des Somali⸗Landes sind deshalb vorläufig noch nicht als deutsches Schutzgebiet bezeichnet, weil die Regierung des Deutschen Reichs den Schutz über diese Erwerbungen bisher noch nicht 8. hat. Auf der Sektion „Congo“ haben besonders die Routenaufnahmen von Capello und Ivens sehr umfangreiche Korrekturen nöthig gemacht, dann aber auch die Er⸗ gebnisse der Reisen von Dr. Richard Böhm's und Paul Reichard's; infolge dessen erscheint z. B. der Mosro⸗See erheblich weiter im Osten als auf der ersten Ausgabe. Der in die letztere bereits eingetragen gewesene Zusammenhang des Welle mit dem Ubangi hat durch Junker's Forschungen einen hohen Grad von Wahr⸗ scheinlichkeit erlangt. Die Lenz'sche Aufnahme des oberen Congo von Kasongo bis zu den Stanley⸗Fällen hat die früher adoptirte ältere Darstellung Stanley's annähernd bestätigt. Um die Festlegung des französischen Congo⸗Gebiets hat sich der Fregatten⸗Kapitän Rouvier verdient gemacht. Durch seine in die Karte aufgenommenen Positions⸗ Bestimmungen hat der mittlere Lauf des Congo und der untere und mittlere Lauf des Ogowe erheblich nach Westen verschoben werden müssen. Erschöpfende Berücksichtigung haben ferner die Itinerar⸗Auf⸗ nahmen von Giacomo und Pietro di Brazza, J. Chavannes ꝛc gefunden. Gegen den Vorwurf zu optimistischer Färbung des Bodenkolorits verwahrt sich die Redaktion durch Hinweis auf die neueren Berichte über Klima und Fruchtbarkeit des Congogebiets sowie darauf, daß der gewählte grüne Ton nicht nur Oasen, Wald⸗ und Kulturland, sondern auch die große Region der Savannen oder tropischen Steppen umfasse. Das vegetationsarme portugiesische Gebiet von Angola ist in der neuen Auflage übrigens bedeutend größer angegeben. Die so sorgfältig umgearbeitete, dem neuesten Standpunkt der Forschung ent⸗ sprechende Ausgabe der Karte dürfte wie die erste als willkommenes Hülfsmittel bei Arbeiten auf den verschiedensten Zweigen der Geo⸗ graphie von Afrika gute Dienste leisten. Die Karte erscheint in 15 Lieferungen (jede mit zwei Sektionen) zum Preise von 3 für die Lieferung, deren alle 4 bis 6 Wochen eine ausgegeben werden soll. „Bibliotheca Historica Ducalis Hilpershusiana.

Ex libris Ernesti Friderici Caroli Ducis Saxoniae.“ Antiquarischer Katalog 134 von Otto Harrassowitz in Leipzig 1887. Der vorliegende Katalog enthält neben anderen kleineren Sammlungen vornehmlich die historische Abtheilung der Sn Schloßbibliothek zu Hildburghausen. Begründet von Herzog rnst Friedrich Karl von Sachsen⸗Hildburghausen († 1780), zerfällt die Bibliothek in 3 Hauptabtheilungen: 1) Die theologische (über welche die Firma B. Liebusch in Leipzig demnächst einen Katalog ver⸗ öffentlichen wird), 2) die rechts⸗ und staatswissenschaftliche, welche die ältere, besonders deutsche staatsrechtliche Literatur in seltener Voll⸗ ständigkeit umfaßt (welche womöglich im Ganzen verkauft werden soll und aus ca. 1700 Bänden besteht), und 3) die historisch⸗literarische Abtheilung, von welcher ein Theil in vorliegendem Katalog zu Verkauf gestellt wird. Derselbe verzeichnet 2254 Schriften unter folgenden Rubriken: Allgemeine Zeitschriften, Sammelwerke, vermischte historische Schriften; Historische Hülfswissenschaften (Bibliographie und Biographie, Chronologie, Diplomatik, Archivkunde, Paläographie, Glossaria; Vermischte Schriften zur Kulturgeschichte ꝛc.; Genealogie und Heraldik); Allgemeine Weltgeschichte, sowie Geschichte des Mittel⸗ alters und der neueren Zeit im Allgemeinen; Geschichte des 19. Jahr⸗ hunderts seit 1815; das Deutsche Reich (Kulturgeschichte, Alterthümer, die Römer in Deutschland; allgemeine ältere und neuere Geschichte Deutschlands, deutsche Kaisergeschichte; Westmorddeutschland, Nordost⸗ deutschland, Mittel⸗ und Süddeutschland); Oesterreich Ungarn, die

skandinavischen Reiche, Frankreich, Spanien und Portugal, Italien, slavische Völker (Allgemeines und Rußland, Polen, deutsche Ostsee⸗ provinzen, südslavische Völker); Südost⸗Europa (Griechenland, Türkei, Donaufürstenthümer, Rumänien); Kriegsgeschichte; Nachtrag.

Gewerbe und Handel. 8

In der gestrigen Generalversammlung der Deutschen Edison⸗ Gesellschaft für angewandte Elektricität wurden alle Anträge der Verwaltung angenommen. Es werden demgemäß 4 % Dividende pro 1886 vertheilt; die Gesellschaft nimmt den Namen Allgemeine Elektricitäts⸗Gesellschaft an. Die Direktion war in der Lage mitzutheilen, daß von sämmtlichen Genußscheinbesitzern die Zu⸗ sage ertheilt ist, die Genußscheine gegen Zahlung von 50 pro Stück zurückzuliefern. Dieser Rückkauf wird sofort erfolgen. Nach Erledigung der eeglichf eenalitet wird die beschlossene Erhöhung des Grundkapitals um 7 Millionen Mark zur Ausführung kommen.

Der Geschäftsbericht der Bergisch⸗Märkischen In⸗ dustrie⸗Gesellschaft in Barmen weist für das Jahr 1886 eine Gesammtreserve von 349 880 gleich ca. 11 % des Aktien⸗ kapitals aus; die Verpflichtungen der Gesellschaft betragen 3678 ℳ, während an flüssigen Mitteln 610 438 vorhanden sind. Außer diesem Betrage, welcher die Ausstände und die Kassen⸗ und Effekten⸗ bestände darstellt, figuriren unter den Aktivas: die Hypothekarforderungen mit 492 736 ℳ, die industriellen Betheiligungen mit 653 757 ℳ, der Grundbesi mit 1 966 106 Von letzterem sind im Berichtsjahre 2 ca. 98 000 veräußert worden; die verkauften Terrains standen mit ca. 60 000 zu Buch

und wurde somit darauf ein Nutzen von 38 000 erzielt.

1““

Schweiz, die Niederlande (Holland und Belgien), Großbritannien, die.

Die industriellen Betheiligungen brachten einen Gewinn über die Zinsen hinaus von 47 687 ä= ca. 7 ¼ % des angelegten Kapitals; an Miethen und Zinsen wurden 115 371 vereinnahmt. Von dem Gesammtgewinn von 201 058 sind an Unkosten 23 434 veraus⸗ gabt; ferner 10 315 für Abschreibungen verwandt und je 10 000 dem Delcredere⸗Conto und dem Erneuerungsfonds überwiesen, so daß als Reingewinn 148 351 verbleiben, wovon dem Reserve⸗Conto der Betrag von 7417 und eine Dividende von 4 % den Aktionären zugewiesen wurde. Die verbleibenden 7374 werden auf neue Rechnung vorgetragen. 3 8 cäus dem Sanitätsbericht des Oberschlesischen Knappschaftsvereins für das Jahr 1885 seien folgende Daten angeführt. Am Schlusse des Jahres 1885 zählte der Verein 57 397 aktive Mitglieder, darunter 7668 weiblichen Geschlechts; 52 150 gehörten dem bergmännischen, 5247 dem hüttenmännischen Berufe an. Hierzu treten noch 4184 Invaliden, so daß die Gesammt⸗ zahl der kurberechtigten Personen (ausschließlich der Familien⸗ mitglieder) 61 581 betrug. Der Gesundheitszustand unter den aktiven Mitgliedern war sowohl in Bezug auf die Prozentzahl der Erkrankten wie auf das Auftreten der Infektionskrankheiten ein günstiger. Die letzteren traten meist sporadisch und mit gün⸗ stigem Verlauf auf. Die Gesammtzahl der ärztlich behan⸗ delten Personen betrug (exklusive des vorjährigen Bestandes und der 1241 erkrankten Invaliden) 15 612 = 272 % der aktiven Vereinsgenossen. Einschließlich des vorjährigen Bestandes (645) wur⸗ den von der Gesammtzahl der aktiven Vereinsgenossen in den 9 La⸗ zarethen 12 252 = 75,4 %, im Revier 4005 = 24,6 % behandelt. s erkrankten im Jahre 1885 beim Bergbau 12 219 = 234 von 1000 dabei beschäftigten Berufsgenossen, beim Hüttenbetrieb 3393 = 647 von 1000 dabei beschäftigten Vereinsgenossen. Von den (einschl. des Bestandes aus dem vorigen Jahre) in Behandlung gewesenen 16 257 aktiven Vereinsgenossen wurden geheilt 14 254, gebessert 441, invalide 544, starben 304 = 8,7 von 1000 Erkrankten, davon 279 eines natürlichen Todes und 25 in Folge tödtlicher Ver⸗ unglückung beim Bergbaubetrieb. Zu den am DJahresanfang vorhanden gewesenen 3878 Invaliden traten im Laufe des Jahres 591 hinzu, es starben 251, wieder arbeitsfähig wurden 34, so daß die Gesammtzahl der am Jahresschlusse vorhan⸗ denen Invaliden 4184 betrug. Sämmtliche Kranke (einschließlich der Invaliden) erforderten zu ihrer Heilung 294 884 Tage oder im Durch⸗ schnitt jeder Kranke 16,8 Tage; die mittlere Krankheitsdauer betrug auf den Kopf 5,1 Tage. Die Gesammtkosten der Krankenpflege (ein⸗ schließlich Krankengeld) betrugen 482 904 91 ₰, d. i. auf den Kopf der Belegschaft 8 41,3 ₰, auf den Kopf aller Kranken 27. 57,3 ₰, auf den Kopf der Lazarethkranken 31 47,4 ₰. Die Zahl der kurberechtigten Familienmitglieder betrug 36 060 Frauen und 72 212 Kinder; hiervon befanden sich in ärztlicher Behandlung 6062 Frauen und 13 406 Kinder, es starben 461 Frauen und 4519 Kinder. Die Krankenpflege der Familienmitglieder erforderte eine Gesammtausgabe von 46 879 82 vorwiegend in dem Gehalt der Aerzte bestehend).

Die „New⸗Yorker Hdls.⸗Ztg.“ schreibt in ihrem vom 13. d. M. datirten Wochenbericht: Was wir bereits früher aus⸗ gesprochen, bekundet sich immer deutlicher: Je mehr man sich in Geschäftskreisen an das neue Bundes⸗Eisenbahngesetz (die „Interstate Commerce⸗Bill“) gewöhnt, desto mehr schwinden die an dessen In⸗ krafttreten geknüpften Befürchtungen einer Gefährdung von Handel und Wandel. Die Eisenbahnen im Speziellen zeigen auch für die erste Woche des Monats Mai ebenso wie im April, bessere Betriebs⸗ ergebnisse, als in der entsprechenden Periode vorigen Jahres und wenn es auch unangenehm berührt, daß das Wohl und Wehe der Geschäfts⸗ interessen des Landes in so großem Maße der Diskretion einer kleinen Anzahl, von Beamten, nämlich den Mitgliedern der Eisenbahnkommission, überlassen ist, so hat die Letztere doch schon Beweise dafür geliefert, daß die delikate Aufgabe in den Händen vor⸗ sichtiger, vertrauenswürdiger Männer ruht. Sie sehen darauf, die Ein⸗ führung der neu zu schaffenden Verkehrsverhältnisse mit Vermeidung jeder unnöthigen Störung zu Wege zu bringen, während die Vortheile der Bill, welche durch Beseitigung ungerechter Begünstigungen und Beeinträchtigungen der Eisenbahan⸗Einnahmen durch Rabatte und Kommissionen unbedingt dem Gesammtinteresse erwachsen, schwer in die Waagschale zu fallen berufen sind. Mit der Eröffnung der Schiffahrt auf den Flüssen und Seen geht unser Platz, wie dies stets der Fall, einer gesteigerten Geschäftsregsamkeit entgegen. Der Geldmarkt versteifte sich Anfangs der Woche, in Folge vorübergehender Befürch⸗ tungen einer möglichen Geldklemme, auf 6—7 % für Call Loans, wurde dann aber wieder flüssig, und war zu 4 5 ½ % gegen gutes Unterpfand, on call, und zu 5 5 ½ % auf längere, bestimmte Ter⸗ mine, meist anzukommen. Auch feinste indossirte 3 bis 4 Monats⸗ Platzwechsel blieben zu letztgenannten Zinsraten diskontirbar. Der Wechselmarkt ist trotz des anhaltenden Ueberwiegens der Waaren⸗ Importationen über den Produkten⸗Export ermattet, und zwar in Folge starker Banquiers⸗Abgaben, in Verbindung mit großen Emis⸗ sionen von Bonds, von denen ein Theil in Europa placirt worden. Das Geschäft am Waaren⸗ und Produktenmarkt hat einen meist recht befriedigenden Verlauf genommen. Von Brodstoffen verkehrten Weizen und Mais sowohl für Loco⸗Waare als auch für Termine in fester, schließlich eine ganze Kleinigkeit abgeschwächter Haltung; Umsätze im Export beider Cerealien waren sehr bedeutend. Hafer stellte sich etwas niedriger, Gerste war unverändert. Am Frachtenmarkt hat sich die Situation des Weiteren gebessert. Das Geschäft in Baumwolle ist sowohl in Loco⸗Waare als auch in Terminen, bei nachgebenden Notirungen, ruhiger geworden. Die Um⸗ sätze in Brasil⸗Kaffees waren wiederum ganz enorm, und Preise schnellten förmlich höher; ebenso waren milde Sorten sehr beachtet und fest. Der Theemarkt wies nichts Neues von Interesse auf. In Rohzucker trat die Nachfrage anfänglich lebhafter, schließlich aber wieder ganz ruhig auf; raffinirter hatte schleppenden Verkehr. Zu Provisionen übergehend, so vollzog sich in Schmalz ein weiterer, recht bedeutender Rückgang, während Schweinefleisch zwar auch im Preise nachgeben mußte, immerhin aber, im Vergleich mit Schmalz, fester lag. Von Metallen waren Blei und Zinn animirt, Eisen sehr still, Kupfer und Zink stetig. Terpentinöl an⸗ fänglich rückgängig, schloß fester; Harz war in minderen Qualitäten beachtet. Raffinirtes Petroleum ist flau und nominell zu vorigen Notirungen. Rohöl ist niedriger und hat heute zu 63 ½ Ct. in weichen⸗ der Tendenz geschlossen. Am Wollmarkt hat sich ein etwas festerer Ton bemerkbar gemacht. In fremden und einheimischen Manu⸗ fakturwaaren ist es sehr monoton zugegangen. Der Import fremder Webstoffe beträgt für die heute beendete Woche 1 695 443 Doll. gegen 1 662 126 Doll. in der Parallelwoche des Vorjahres. 6

Mülhausen, 21. Mai. (Les.⸗Ztg. f. Els.⸗Lothr.) Der schon seit längerer Zeit vorhergesehene Tod des Hrn. Jean Dollfus ist heute Morgen 3 Uhr eingetreten. In dem Entschlafenen betrauert die Stadt Mülhausen einen Mann, der für sie Vieles und Großes gethan hat und dessen Andenken von ihr wohl geehrt zu werden verdient.

Wien, 24. Mai. (W. T. B.) Die heute stattgehabte General⸗ versammlung der Oesterreichischen Nordwestbahn beschloß, den Julicoupon der Stammaktien Litt. A. mit 3 Fl., denjenigen der Aktien Litt. B. mit 7 Fl. einzulösen und 79 894 Fl. auf neue Rech⸗ nung vorzutragen. Die Staatsgarantie wird mit einem Betrage von 937 000 Fl. in Anspruch genommen. 1

Glasgow, 23. Mai. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 6200 Tons gegen 12 800 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

Bradford, 23. Mai. (W. T. B.) Wolle ruhig, Garne ruhig, unregelmäßig, Stoffe geschäftslos, Preise nominell.

Verkehrs⸗Anstalten. Nach amtlicher Mittheilung sind die schwedischen Häfen von Pites und Lulesn eisfrei, und ist die Schiffahrt nach denselben offen. Dagegen ist der Hafen von Haparanda noch geschlossen; in⸗ dessen steht zu erwarten, daß auch dieser Hafen bereits in nächster

Zeit erreichbar sein wird.