1887 / 142 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 21 Jun 1887 18:00:01 GMT) scan diff

8 10 zu berechnenden Betrag des Waisengeldes sind diese ürzungen des Wittwengeldes 2 Einfluß.

. 14.

Bei Berechnung des Wittwen⸗ und Waisengeldes (88. 9 bis 13) bleiben die in den §§. 13 und 72 des Militärpensions⸗ gesetzes erwähnten Pensionserhöhungen (Verstümmelungs⸗ ulagen) stets, die in den §§. 12,52 und 71 ebenda erwähnten

ensionserhöhungen (Pensionszulagen) in denjenigen Fällen unberücksichtigt, in welchen die Hinterbliebenen die in den §§. 41, 42, 95 und 96 ebenda erwähnten Beihülfen (Bewilli⸗ gungen) zu beanspruchen 1 .

Keinen Anspruch auf Wittwengeld hat die Wittwe, wenn die Ehe mit dem verstorbenen ö innerhalb dreier Monate vor seinem Ableben geschlossen und die Ehe⸗ schließung zu dem Zweck erfolgt ist, um der Wittwe den Bezug des Wittwengeldes zu verschaßfen

Keinen Anspruch auf Wittwen⸗ und Waisengeld haben die Wittwe und die hinterbliebenen Kinder eines pensionirten Beitragspflichtigen aus solcher Ehe, welche erst nach der Ver⸗ setzung des Beitragspflichtigen in den Ruhestand geschlossen ist.

1 . 16.

Stirbt ein zur Entrichdenn⸗ von Wittwen⸗ und Waisen⸗ geldbeiträgen Verpflichteter, welchem, wenn er am Todestage in den Ruhestand versetzt wäre, auf Grund des §. 5 des Militärpensionsgesetzes vom 27. Juni 1871 beziehungsweise des §. 39 des Reichs⸗Beamtengesetzes vom 31. März 1873 eine Pension hätte bewilligt werden können, so kann der Wittwe und den Waisen desselben Wittwen⸗ und Waisengeld durch den Reichskanzler bewilligt werden. G

Stirbt ein zur Entrichtung von Wittwen⸗ und Waisen⸗ geldbeiträgen Verpflichteter, welchem nach §. 20 Absatz 3,

.24 und 25 des Militärpensionsgesetzes vom 27. 1871 eziehungsweise §§. 50 und 52 des Reichsbeamtengesetzes vom 31. März 1873 im Falle seiner Versetzung in den Ruhestand die Anrechnung gewisser Zeiten auf die in Betracht kommende Dienstzeit hätte bewilligt werden können, so ist der Reichs⸗ kanzler befugt, eine solche Anrechnung auch bei Festsetzung des Wittwen⸗ und Waisengeldes zuzulassen.

§. 17.

Die Zahlung des Wittwen⸗ und Waisengeldes beginnt

mit dem Ablauf des Chceh oder des Gnadenquartals.

Das Wittwen⸗ und Waisengeld wird monatlich im Voraus gezahlt. An wen die Hahlung gültig zu leisten ist, bestimmt die oberste Militärverwaltungsbehörde des Kontingents beziehungsweise der Chef der Kaiserlichen Admiralität, welche die Befugniß zu solcher Bestimmung auf andere Behörden übertragen können. 1

Nicht abgehobene Theilbeträge des Wittwen⸗ und Waisen⸗ 8 verjähren binnen vier Jahren, vom Tage ihrer Fällig⸗ keit an gerechnet, zum Reichskasse.

Das Wittwen⸗ und Wahsengeld kann mit rechtlicher Wir⸗ kung weder abgetreten, noch verpfändet oder sonst übertragen

.20. ezug des Wittwen⸗ und Waisen⸗

werden.

Das Recht auf den geldes erlischt:

1) für jeden Berechtigten mit dem Ablauf des Monats, in welchem er sich verheirathet oder stirbt;

2) für jede Waise außerdem mit dem Ablauf des Monats, in welchem sie das achtzehnte Lebensjahr vollendet.

§. 21. Das Recht auf den Bezug des Wittwen⸗ und Waisen⸗ hece ruht, wenn der Berechtigte das deutsche Indigenat ver⸗ ert, bis zur etwaigen Wtstevereehwöüng desselben.

Mitit den aus §. 16 sich ergebenden Maßgaben erfolgt die Rcit Pegut darüber, ob und welches Wittwen⸗ und Waisen⸗ geld der Wittwe und den Waisen eines Beitragspflichtigen zusteht, durch die oberste Militärverwaltungsbehörde des Kon⸗ tingents be den Chef der Kaiserlichen Admiralität, welche die Befugniß zu solcher Bestimmung auf die höhere Reichsbehörde übertragen G Das den Hinterbliebenen eines Beitragspflichtigen zu be⸗ willigende Wittwen⸗ und Waisengeld darf nicht hinter dem⸗ jenigen Betrage zurückbleiben, welcher denselben nach den bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes für sie geltenden Bestimmun⸗ 88 aus der Reichskasse hätte gewährt werden müssen, wenn der Beitragspflichtige vor diesem Zeitpunkt gestorben wäre.

§. 24.

Die §§. 8 bis 23 finden auf die Angehörigen eines in Folge eines Feldzuges oder in Folge des Unterganges oder Ver chollenseins eines Cöegisge⸗ der Kaiserlichen Marine ver⸗ mißten Beitragspflichtigen Anwendung, wenn nach dem Er⸗ messen der obersten Militärverwaltungsbehörde des Kontingents ö des Chefs der Kaiserlichen Admiralität das Ableben des Vermißten mit hoher Wahrscheinlichkeit anzu⸗ nehmen ist. .

8 8 W

Offiziere, Aerzte und Beamte, welche nach den Bestim⸗ mungen dieses Gesetzes Wittwen⸗ und Waisengeldbeiträge zu entrichten haben, sind nicht verpflichtet, einer Militär⸗ oder Landesbeamten⸗Wittwenkasse oder der sonstigen Veranstaltung eines Bundesstaats zur Versorgung der Hinterbliebenen von Beamten beizutreten. 8

Diejenigen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zur Entrichtung von Wittwen⸗ und Waisengeldbeiträgen Verpflich⸗ teten, 889 Mitglieder einer der im 8 25 bezeichneten Landes⸗ anstalten und derselben nicht erst nach der Verkündung dieses Gesetzes beigetreten sind, bleiben, wenn sie binnen drei Monaten nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes durch eine de. Erklärung für ihre etwaigen künftigen Hinter⸗ bliebenen auf das in den §§. 8 ff. bestimmte Wittwen⸗ und Waisengeld verzichten, von Entrichtung der im §. 4 bestimmten Wittwen⸗ und Waisengeldbeiträge befreit. Anderenfalls sind sie berechtigt, aus der Landesanstalt auszuscheiden.

n

Diejenigen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zur Entrichtung von Wittwen⸗ und Waisengeldbeiträgen Verpflich⸗ teten, welche vor der Verkündung dieses Gesetzes auf ihren Todesfall ihren Ehefrauen oder Kindern eine Leibrente oder ein Kapital, oder ihren gesetzlichen Erben ein Kapital bei einer Privatversicherungsgesellschaft oder bei der Lebens⸗ versicherungsanstalt für die Armeée und Marine versichert haben, können, falls diese Versicherung zur Zeit des In⸗

—g—

krafttretens dieses Gesetzes noch besteht und wenn sie binnen drei Monaten nach diesem Zeitpunkte durch eine schrift⸗ liche Erklärung für ihre etwaigen künftigen Hinterbliebenen auf das in den §§. 8 ff. bestimmte Wittwen⸗ und Waisengeld verzichten, durch die oberste Militärverwaltungsbehörde des Kontingents beziehungsweise den Chef der Kaiserlichen Admiralität von Entrichtung der Wittwen⸗ und Waisengeld⸗ beiträge befreit werden.

Die näheren Voraussetzungen, unter denen eine solche Befreiung zulässig, sowie die Bedingungen, von welchen dieselbe abhängig zu machen ist, bestimmt der Reichskanzler.

.28.

Die in den §§. 26 und 8 bestimmte dreimonatliche Frist kann für einzelne Offiziere, Aerzte und Beamte der Kaiser⸗ e8 Marine durch den Reichskanzler angemessen verlängert werden.

Neue Mitglieder dürfes in die Militär⸗Wittwenkassen nicht mehr aufgenommen werden. 1

Eine Erhöhung der bei diesen Fh von solchen Mit⸗ gliedern versicherten Pensionen, welche Wittwen⸗ und Waisen⸗ ehetnäge auf Grund dieses Gesetzes zu entrichten haben, ist unzulässig.

Ist den für eine Landesanstalt geltenden Normen die Höhe der Beitragspflicht, sowie der Wittwen⸗ und Waisen⸗ pensionen von Dienstzeit, Dienstrang oder Diensteinkommen abhängig, so werden, wenn nicht nach Maßgabe des §. 26 der Verpflichtete auf das Wittwen⸗ und Waisengeld verzichtet hat, für die fernere Beitragspflicht zur Landesanstalt und Berech⸗ nung der von dieser zu leistenden Wittwen⸗ und Waisen⸗ pensionen Dienstzeit, Dienstrang und Diensteinkommen nur insoweit in Ansatz gebracht, als sie bei dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Gesetzes erreicht waren.

.30.

Ueber Vernbha sabe der Militär⸗Wittwenkassen, welche sich nach Erfüllung der ihnen obliegenden Verpflich⸗ tungen ergeben, wird durch den Reichhaushalts⸗Etat Be⸗ stimmung getroffen, sofern und soweit nicht Ansprüche einzelner Bundesstaaten oder wohlerworbene Rechte Dritter dem ent⸗ gegenstehen. Dasselbe findet statt hinsichtlich der Ueberschüsse solcher Kassen, welche sich vor Aufhebung derselben ergeben.

§. 31.

1) Unter den in den Ruhestand versetzten Offizieren und Aerzten sind im Sinne dieses Gesetzes nicht nur die mit Pension verabschiedeten, sondern auch die mit Pension zur Disposition gestellten Offiziere und Aerzte zu verstehen.

.2) Auf die mit Pension verabschiedeten oder zur Dispo⸗ sition gestellten Offiziere und Aerzte, sowie auf die pensionirten Beamten finden im Falle ihrer Wiederanstellung im aktiven Dienst, wenn dieselbe nicht nur auf bestimmte Zeit oder für die Dauer des mobilen Verhältnisses erfolgt ist, die für aktive Offiziere, Aerzte und Beamte gegebenen Bestimmungen

Anwendung.

„Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden auf die Inge⸗ nieure des Soldatenstandes der Kaiserlichen Marine gleichfalls Anwendung.

Sie finden ferner hinsichtlich des Reichsheeres auf die Feg hednehe Zeug⸗Sergeanten, Wallmeister und Registratoren ei den General⸗Kommandos, hinsichtlich der Kaiserlichen Marine auf die Deckoffiziere, Zeug⸗Feldwebel und Zeug⸗Ober⸗ maate Anwendung. .33.

Die Wittwen und die hinterbliebenen ehelichen oder durch nachgefolgte Ehe legitimirten Kinder eines in der Zeit vom 1. April 1882 bis zum Inkrafttreten dieses ver⸗ storbenen Angehörigen des Reichsheeres oder der Kaiserlichen Marine, welcher, wenn solches bereits mit dem 1. April 1882 verbindliche Kraft erlangt hätte, zur Zeit seines Todes zur Entrichtung von Wittwen⸗ und Wassengeldbeiträgen verpflichtet gewesen wäre, erhalten vom Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes ab gleichfalls Wittwen⸗ und Waisengeld aus der Reichskasse nach Maßgabe der §§. 9 ff.

„Bei der Festsetzung wird, wenn der Ehegatte beziehungs⸗ weise Vater vor dem Inkrafttreten der Gesetze vom 21. April 1886, betreffend die ÄAbänderung des Militärpensionsgesetzes vom 27. Juni 1871 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 78) und betreffend die Abänderung des Reichsbeamtengesetzes ꝛc. (Reichs⸗Gesetzbl. S. 80), verstorben ist, unter Berücksichtigung des §. 14 die Pensionsgebühr nach den Bestimmungen dieser Gesetze zu Grunde gelegt, sofern der I beziehungsweise Vater von den Wohlthaten der letzteren betroffen worden wäre, falls er deren Inkrafttreten erlebt hätte.

Von dem nach diesen Bestimmungen den Wittwen zu⸗ stehenden Wittwengelde wird vorweg der Betrag derjenigen Leistungen in Abzug gebracht, welchen der verstorbene Ehegatte verpflichtet gewesen wäre zu tragen, wenn dieses Gesetz bereits mit dem 1. April 1882 in Kraft getreten sein würde.

Ueber die auf Grund dieses Gesetzes erhobenen Rechts⸗ ansprüche auf Wittwen⸗ und Waisengeld findet der Rechts⸗ weg, und zwar, soweit nicht die Bestimmungen der §§. 149 ff. des Reichsbeamtengesetzes vom 31. März 1873 Platz greifen, mit denselben Maßgaben statt, welche für die gerichtliche Geltendmachung von Pensionsansprüchen des beitragspflichtigen Ehemannes oder Vaters vorgeschrieben sind. §. 35.

Vorstehende Bestimmungen kommen in Bayern nach Maßgabe des Bündnißvertrages vom 23. November 1870 (Bundes⸗Gesetzbl. 1871 S. 9) zur Anwendung.

Insoweit in Bayern für einzelne Beamtenkategorien be⸗ sondere von den reichsgesetzlichen Bestimmungen abweichende Pensionsnormen bestehen, bleibt landesrechtlicher Bestimmung vorbehalten, auch für diese Kategorien eine Bemessung des Wittwen⸗ und Waisengeldes nach Maßgabe des den Grund⸗ sätzen des Reichsbeamtengesetzes entsprechenden Pensionsbetrages anzuordnen.

Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Juli 1887 in Kraft.

Urkundlich unter Unserer F. 8 Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.

Gegeben Berlin, den 17. Juni 1887.

(. S.) Wilhelm. von Bismarck.

I2u*

Die Nummer 19 des Reichs⸗Gesetzblatts,

ab zur gr. g. gelangs. 8— nnte welche von heut

r. as Gesetz, betreffend die Fü⸗ 1 Wittwen und Waisen von Angehörigen des hrsorge sn 8. der Kaiserlichen Marine. Vom 17. Juni 1887. tes und Berlin, den 21. Juni 1887.

Kaiserliches Post⸗Zeitungs⸗Amt. Didden.

Königreich Preußen.

Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

den Regierungs⸗Assessor Fromme in Di Landrath des Dillkreises zu ernennen. illenburg zmn

ARiicchtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 21. Juni. Se. Majestät de Kaiser und König hörten gestern Nachmittag den Vortra des Staatssekretärs Grafen Herbert von Bismarck. 8

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin empfing in Baden⸗Baden den Besuch Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Großfürstin Michael von Rußland und Ihrer dem Fehe Hoheit der Großherzogin⸗Mutter von Mecklenburg⸗Schwerin

Alerspehdieseice wohnte heute mit Gefolge dem Dank⸗ P 8” häls des VI Majestät der

önigin von Großbritannien und Irland in der Englise

Kirche bei. 8 ngliscen

Umgeben von Ihren Kindern und Enkeln, den Vertretem fast aller regierender Häuser Europas und den Abgesandten aller Theile des britischen Weltreichs, ist es Ihrer Majestät der Königin Victoria von Grof⸗ britannien und Irland, Kaiserin von Indien heute beschieden, die in den Annalen der Weltgeschichte nur selten verzeichnete Feier des fünfzigjährigen Regierungs⸗Jubiläums zu begehen. Eine ernste nach innen und nach außen hin bewegte Zeit ist ver⸗ laufen, seit die damals achtzehnjährige Prinzessin Victoria von Kent nach dem am 20. Juni 1837 erfolgten Tode Ihres Oheims, König Wilhelm's IV., den britischen Thron bestieg. Ihrem stets vom Geiste der Mäßigung und dem Wunsche, die Wohlfahrt Ihres Volkes zu fördern, beseelten Einfluß auf die verschiedenen Rathgeber der Krone ist es zu danken, wenn trotz mannigfacher äußerer Verwickelungen und innerer Kämpfe das britische Staatswesen sich in einem so blühenden Zustande befindet. Die Erfolge, auf welche die Königin Victoria heute mit innerer Genugthuung zurück zu blicken vermag, haben in den Herzen der gesammten Bevölkerung des weiten britischen Reichs lauten Widerhall gefunden, und jeder Eng⸗ länder blickt heute mit Stolz und Befriedigung auf de Geschichte und Entwickelung der letzten fünfzig Jahre zurück.

Aber nicht auf das Vereinigte Königreich und dessen Kolonien beschränkt sich die Theilnahme an der heutigen Jubelfeier. Von allen civilisirten Nationen, in erster Linie von Deutschland, wird den Sympathien für Ihre Grofß⸗ britannische Majestät lauter Ausdruck gegeben. Einen wie hohen Werth Se Majestät der Kaiser und König darauf legen, in würdigster Weise bei der Feier vertreten zu sein, zeigt die Entsendung Sr. Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen und Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Wilhelm als Repräsentanten Sr. Majestät. Auch das deutsche Volk, eingedenk der Stammesverwandtschaft wie der gemeinsam vollbrachten ruhmreichen e und im Bewußtsein der bei beiden Völkern gleichen Bestre⸗ bungen auf dem Gebiet der Kultur und Civilisation, bringt dem Jubiläum der Königin Victoria die lebhafteste Thei⸗ nahme entgegen und schließt sich aus vollem Herzen dem Wunsch des britischen Volkes an, daß es Ihrer Majestät der Königin noch lange vergönnt sein möge, die Regierung zum Segen Ihrer Unterthanen fortzuführen.

Derjenige, welcher den Auftrag zu einem un— erlaubten Rechtsgeschäft annimmt und ausführt, ist

nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats,

vom 19. April d. J., trotzdem Bevollmächtigter in Sinne des §. 266 Z. 2 des Str.⸗G.⸗B. und wegen Untreue zu bestrafen, wenn er über Vermögensstücke des Auftrag⸗ gebers absichtlich zum Nachtheile desselben verfügt; eine über eine simulirte Forderung errichtete Hypothekenurkunde kann als 1” Vermögensstück des Grundstücks⸗Eigenthümers erachtet werden.

Der Chef der Admiralität, General⸗Lieutenant von Caprivi, hat sich nach Wilhelmshaven und Kiel begeben.

Der Dampfer „Hohenstaufen“ mit dem Ablösungs⸗ Kommando für S. M. Kreuzer „Adler“ ist am 19. Juni co in Southampton eingetroffen und hat an demselben Tage die Weiterreise fortgesetzt.

Württemberg. Stuttgart, 20. Juni. (St. ⸗A. f. W) Der König hat dem Staats⸗Minister Dr. von Renner, welcher heut das fünfzigjährige Dienstjubiläum feiert, sein Bild mit nachstehendem Handschreiben übergeben lassen: Stuttgart, den 18. Juni 1881. 2

Mein lieber Staats⸗Minister der Finanzen Dr. von Rene Die Feier Ihres fünfzigjährigen Dienstjubilaͤums, welche Sie . 20. d. M. begehen, giebt Mir einen willkommenen Anlaß, Ihnen e die ausgezeichneten Dienste, welche Sie während eines so langen 89 raums zum Theil unter den schwierigsten Verhältnissen Meina Königlichen Hause und dem Lande geleistet haben, Meinen gnädig) Dank und Meine volle Anerkennung auszusprechen. 1

Als ein besonderes Zeichen dieser Meiner Gesinnungen übersan⸗ Ich Ihnen beifolgend Mein Bild. Erkennen Sie darin den Ausdrif der Hochschößung und des dankbaren Gefühls, in welchem Scj his minder die Mir von Ihnen stets bewiesene persönliche Anhbängliche und Ergebenheit ehren möchte. a r nbel

Mit Meinen theilnehmenden Glückwünschen zu der hevorstebeunn Feier verbinde Ich den aufrichtigen Wunsch, daß Sie noch viele Fal ungestörter Kraft und Gesundheit sich erfreuen mögen, und ve öecl im Uebrigen unter der 1. Meines fortdauernden 8 wollens und Vertrauens, Mein lieber Staats⸗Minister Dr. von Remer Ihr gnädiger König 1 1 Karl. Vin

Die Königin sandte dem Jubilar von Villa Berg et Glückwunsch⸗Telegramm, Seitens der Stadt Stuttgast wurde dem Minister Dr. von Renner das Ehrenbürgerreg verliehen.

Bern, 20. Juni. (W. T. B.) Der Bundes⸗ tDeutschland, elgien, Frankreich, Groß⸗ jen, Haiti, Italien, Liberia, Spanien und 8 welche der Uebereinkunft, betreffend die internationale kunisen Schutze von literarischen und künstlerischen Werken, netreien waren, ersucht, ihre zu der heiget eptember in Bern stattfindenden Konferenz behufs zustausches der Ratifikationen abzuordnen. ritannien und Irland. London, 20. Juni. 8 geoss⸗ Die Königin ist heute von Windsor in 48 don eingetroffen und auf dem ganzen Wege in Bahnhof nach dem Buckingham Palaste von der dicht ningten Volksmenge enthusiastisch begrüßt worden. seräcgadt bietet schon heute einen festlichen Anblick dar. Die große Menschenmenge durchwogt bei dem prächtigen 2 die Straßen, um die Dekorationen und die Vor⸗ Feütungen zur Illumination zu besichtigen, welche in den üa tstraßen aller Stadtviertel in großartiger Weise getroffen 88 Die Häuser sind mit Fahnen, Bannern und allegorischen geschmückt, welche loyale Inschriften tragen. Die ier verspricht eine in England in dieser Großartigkeit noch dagewesene zu werden. Aus allen Städten Englands sahn hier Berichte ein über ähnliche Veranstaltungen. ee; Großherzog und der Erbgroßherzog von hessen sowie die Prinzessinnen Irene und Alix, er die Prinzessin von Leiningen und der Prinz ud die Prinzessin Ludwig von Battenberg sind peute früh hier eingetroffen. b

Die „London Gazette“ veröffentlicht eine große Anzahl ordensverleihungen und Beförderungen in der Urmee und Marine anläßlich des Regierungs⸗Jubiläums ver Königin; Kro nprinz Rudolf von Oesterreich wurde uim Ritter des Hosenband⸗Ordens, Großfürst Sergius, sowie der Erbgroßherzog von Hessen, der Erbprinz von Sachsen⸗Meiningen und der Khed ive wurden zu großkreuzen des Bath⸗Ordens ernannt.

(. C.) Monsignor Ruffo Secilla, der Vertreter des Papstes, ist am 18., der Herzog von Aosta, der berzog von Sachsen⸗Coburg⸗Gotha, Fürst Hermann von Hohenlohe⸗Langenberg, Prinz Ludwig von Zaden, Prinz Hermann von Sachsen⸗Weimar gestern hier eingetroffen. Die Vertreter des Sultans und des Khedive werden heute erwartet.

Bei einer konservativen Kundgebung in Bellefield Park, Trowbridge, hielt vorgestern Lord Randolph Churchill eine Rede, worin er u. A. bemerkte, daß die jüngst von Ehamberlain in Aussicht gestellte Gründung einer natio⸗ nalen Partei den einzigen hellen Punkt in der sonst so züstern politischen Konstellation bilde. Diese bemerkens⸗ werthe Entwicklung in der Politik der liberalen Unionisten würde die Fusion der unionistischen Kräfte in ganzen Lande zur Folge haben. Die Wirkung davon würde der Homerule⸗Politik Gladstone's ein Ende machen, sie würde sein Waterloo, sein Sedan sein. die Unionisten, fuhr Lord Randolph fort, blickten nicht länger sehnsüchtig auf die Gladstonianer in der Hoffnung auf Wieder⸗ vereinigung; sie seien von denselben weggesegelt und hätten Anker geworfen in den ruhigen und sicheren Gewässern ihrer Bundesgenossen, der Konservativen. Dieses Sen. und Trutz⸗ hündniß zwischen den Konservativen und den liberalen Unio⸗ nisten würde eine höchst nützliche Gesetzgebung für alle Klassen zum praktischen Ergebniß haben.

Einem amtlichen Ausweise über die Agrarverbrechen in Irland während der letztverflossenen zwei Monate zufolge vurden im April 86 und im Mai 62 zur Kenntniß der Polizeibehörden gebracht. Die Agrarverbrechen im April um⸗ fasen einen Mord, einen Todtschlag und einen Mordversuch, vährend im Mai keines dieser Verbrechen vorkam. Da⸗ gegen wurden in jedem der zwei Monate neun Brandstiftungen

gemeldet. Juni. (W. T. B.) In der gestrigen Sitzung des

iganen

21. Unterhauses erklärte der Sekretär der Kolonien, Holland, wischen den Franzosen und ihren eingeborenen Bundes⸗ genossen se ein Konflikt mit dem Häuptling von Baddiboo m Gambiafluß ausgebrochen und sei in Folge dessen in Baddiboo die französische Flagge gehißt worden. Haddiboo stehe nicht unter britischem Schutze, liege aber innerhalb der britischen Interessensphäre am Gambia⸗ suse und die Häuptlinge von Baddiboo hätten seit vielen gahren vertragsmäßige Verpflichtungen gegen England. Die segierung sei völlig von der Nothwendigkeit über⸗ jeugt, die britischen Rechte und Interessen am gambiaflusse zu schützen; dieselbe habe der Ange⸗ legenheit ihre ernste Aufmerksamkeit zugewendet ind verhandle darüber mit der französischen Regierung.

Frankreich. Paris, 19. Juni. (Köln. Ztg.) In dem gestern abgehaltenen Ministerrath wurde das Budget sochmals einer Erörterung unterworfen. Außer dem Minister des Krieges gaben die Minister der Marine und des Aeußeren on den Ersparnissen Kenntniß, welche sie für ausführbar galten. Die des Marine⸗Ministers sind ziemlich beträchtlich. derselbe wird seine Ersparnisse beim Umbau der Flotte miielen, d. 3 die dazu nöthigen Ausgaben nicht mit einem cchlage machen, wie es sein Vorgänger wollte, sondern sie zuf eine größere Anzahl von Jahren vertheilen. Der Minister de Aeußern hat die Ausgaben für Tongking von 29 auf ¹ Millionen verringert, und hofft durch seinen Plan be⸗ teffs der „indisch⸗chinesischen Vereinigung“ noch weitere

parnisse zu erzielen. Was die indirekten Einnahmen an⸗ pelangt, so werden dieselben infolge der von Rouvier ge⸗ noffenen Maßregeln jedenfalls viel bedeutendere Summen ab⸗ vetfen, als es bisher der Fall war. Das Budget soll in lücsster Woche der Kammer vorgelegt werden. Dann will buvier mit einem Plan über die großen öffentlichen Bauten ervortreten, zu welchen auch der Kanal gehört, welcher das Nittelmeer mit dem Atlantischen Ozean in Verbindung setzen

Rouvier will diese Arbeiten aber von der Privatindustrie büshren lassen, um die Staatsfinanzen nicht weiter zu

ela ten.

20. Juni. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung 7 Depukirtenkammer brachte der Kriegs⸗Minister eneral die am Sonnabend dem Ministerrath vor⸗

plegten vier militärischen Gesetzentwürfe ein.

allen. Rom, 20. Juni. (W. T. B.) Der König eöfing Nachmittags 22. Uhnie gen Botschafter Grafen olms in Antrittsaudienz. 6 Die Deputirtenkammer genehmigte mit 252 gegen jr Stimmen die Vorlage der Regierung, betreffend die Er⸗ oͤhung des Eerealbenzolls auf 3 Fr.

6

Die Regierung hat das französische Kabinet davon verständigt, daß sie sich aus finanziellen Rücksichten an der e Weltausstellung offiziell nicht betheiligen werde.

Serbien. Belgrad, 20. Juni. (W. T. B.) Stoilow stattete auf der Rückreise nach Sofia Ristic einen Besuch ab, und Ristic häte, wie verlautet, bei demselben erklärt, daß die wiederhergestellten freundschaftlichen Beziehungen zu Bulgarien strikte erhalten und gepflegt werden würden; wäre die Wieder⸗ herstellung nicht erfolgt, so würde er selbst dazu die Initiative ergriffken haben. ““ 8

Zeitungsstimmen.

Zu dem Schlusse der Reichstagssession bemerkt der „Hannoversche Courier“:

Der 21. Februar ist ein Tag wichtigster Fertschetönh für das Deutsche Reich geworden. Hätte die Mehrheit unseres Volkes an diesem Tage in seiner Treue zu Kaiser und Reich geschwankt, eine unabsehbare Reihe verhängnißvoller Ereignisse wäre die Folge ge⸗ wesen. Aber zum Heile des Vaterlandes entschied die Wahl zu Gunsten der nationalgesinnten Parteien. Ging auch das Centrum ziemlich 14““ aus dem Wahlkampf hervor, so hatten seine Bundes⸗ enossen, die Deutschfreisinnigen und Sozialdemokraten, um so größere

iederlagen erlitten. Die verderbliche Mehrheit Richter⸗Windthorst⸗ Grillenberger hatte zu bestehen aufgehört. Damit war für die natio⸗ nale Sache ein großer Sieg, erfochten. Der Ausfall der Wahlen war kein „Angstprodukt“, wie Hr. Eugen Richter höhnend verkündete, sondern das Ergebniß der festen Ueberzeugung der Wähler, daß die Sicherheit und der Friede des Deutschen Reichs ernstlich gefaͤhrdet sei, wenn abermals eine aus Regierungs⸗ und Reichsfeinden zusammen⸗ gesetzte Mehrheit in den Reichstag einzöge. Das deutsche Volk will keine Parlamentsherrschaft, es will ein starkes Königthum, das im Einvernehmen mit einer nationalgesinnten einsichtsvollen Volksver⸗ tretung seine Geschicke lenkt.

Der 21. Februar hat uns eine Mehrheit gebracht, welche, un⸗ geachtet vieler grundsätzlich entgegenstehender Parteianschauungen, sich doch in dem einen Gedanken begegnet und fest zusammen hält: das Reich nach innen und außen zu sichern und zu festigen, damit es allen Stürmen, welche die Zukunft Feihsgen mag, getrost entgegensehen könne. Getragen von diesem Gedanken, bewilligten die nationalen Parteien die Vermehrung des Heeres auf weitere sieben Jahre, nahmen sie die neue Branntwein⸗ und Zuckersteuervorlage an, trotz sehr schwerer Be⸗ denken, welche einzelne Bestimmungen dieser neuen Gesetze wachrufen mußten. Aber es galt nicht nur die Summen aufzubringen, welche die Steigerung unserer Wehrkraft fordern, sondern auch die Mittel bereitzustellen, deren das Reich bedarf, um die ihm obliegenden umfassenden wirthschaftlichen und sozialpolitischen Auf⸗ gaben erfüllen zu können. Diese Steuergesetze bedeuten aber nicht nur eine Vermehrung der Einnahmen des Reichs, sie sind auch zu⸗ gleich hervorragend wegen der Reformen, welche sie auf den Gebieten der Besteuerung des Branntweins und des Zuckers einführen. Wäre der nationale Gesichtspunkt bei der Mehrheit nicht in erster Reihe ausschlaggebend gewesen, so würden diese Gesetze nimmermehr zu Stande gekommen sein; denn der Widerstreit der Interessen hätte unter anderen Verhältnissen jede Verständigung unmöglich gemacht, so aber überwog bei allem Hader um die Steuersätze doch schließlich die Rücksicht auf die Finanzlage des Reichs.

Aber auch auf anderen Gebieten hat der Reichstag eine ersprieß⸗ liche Thätigkeit entfaltet. Nach vielen vergeblichen Versuchen, die Fürsorge für die Hinterbliebenen der Angehörigen des Heeres von

eichswegen zu regeln, ist es diesmal gelungen, ein darauf bezügliches Gesetz zu Stande zu bringen. Die sozialpolitische Gesetzgebung hat eine weitere Förderung erfahren durch die Gesetze über die Unfall⸗ versicherung der Bauarbeiter und der Seeleute. Mit der Kolonial⸗ politik beschäftigte sich der Reichstag bei den Verhandlungen über die Regelung des Immobiliarrechts in den deutschen Schutzgebieten und über das Dampfersubventionsgesetz, welches eine durch die praktischen Erfahrungen wünschenswerth gewordene Abänderung erfahren hat. Das Ergebniß der Wahlen in den Reichslanden hat der Regierung die Nothwendigkeit nahe gelegt, schärfere Maßregeln zu ergreifen, um der reichsfeindlichen, landesverrätherischen Agitation in den wieder⸗ gewonnenen Provinzen mit größerem Nachdruck entgegentreten zu können, Der Reichstag hat dieser veränderten Anschauung über die Behandlung der Elsaß⸗Lothringer ein volles Verständniß entgegen⸗ Fesa und die zwei im Interesse einer ersprießlichen deutschen Verwaltung eingebrachten Gesetze über die Anstellung der Bürger⸗ meister und die Erweiterung des Kaiserlichen Verordnungsrechts an⸗ genommen

Seit Begründung des Reichs ist kaum eine Session gewesen, welche härtere Ansprüche an die Hingabe, Arbeitsfreudigkeit und politische Einsicht der Volksvertreter gemacht hätte, als die eben abgeschlossene. Die nationalen Parteien haben den in sie gesetzten Hoffnungen in vollem Umfange entsprochen. Das Einvernehmen, welches zwischen den gemäßigt Liberalen und den Konservativen zum Zweck der Wahlen getroffen wurde, hat bei den parlamentarischen Kämpfen sich im Crsen und Ganzen als heilsam für die Interessen des Vaterlandes bewährt. Die Nationalliberalen und Konservativen gaben diesmal den Ton an, und wie wohlthuend unterschied sich derselbe von dem, welcher unter der Herrschaft Richter⸗Windthorst Eingang gefunden hatte. Die Herren vom Deutschfreisinn haben wohl oder übel lernen müssen, bescheiden zu sein, und die Lehre, welche noch vor ena Tagen ihr Führer von Hrn. von Bennigsen empfing, sollten sie sich alle zu Herzen nehmen. Ihre Bundesbrüder vom Centrum sind eben⸗ falls recht kleinlaut geworden. Der kirchenpolitische Frieden hat sie etwas außer Fassung gebracht und die eindringliche Mahnung des Papstes zur Mäßigung hat ihre Wirkung nicht verfehlt. Die Sozial⸗ demokraten, welche in sehr verminderter Zahl aus der Wahlurne

hervorgegangen sind, haben der allgemeinen Stimmung ebenfalls Rech⸗

nung tragen müssen und eine sehr viel weniger herausfordernde Sprache geführt als ehedem.

Die Verhandlungen des Reichstages sind diesmal mit einer Ruhe und mit einem sittlichen Ernst geführt worden, welche alle Volks⸗ vertretungen sich zum Vorbilde nehmen könnten. Noch nie hat es eine so hochwichtige Session gegeben, in welcher so wenig Reden ge⸗ halten worden sind, aber 1ac eine, in der so pflichteifrig gearbeitet worden ist, wie in dieser. Sie wird bäh in dieser Hinsicht ewig denkwürdig in den Annalen der deutschen Parlamentsgeschichte bleiben. Mit einem Wort: das deutsche Volk hat alle Ursache mit dem gegen⸗ wärtigen Reichstage zufrieden zu sein, und darf von ihm noch eine reiche fruchtbringende gesetzgeberische Thätigkeit in den nächsten Sessio⸗ nen erwarten.

Ueber denselben Gegenstand wird dem „Schwäbi⸗ schen Merkuv“ geschrieben:

Der Vorgang im Reichstage, 6. heute nach Verlesung der Kaiserlichen Schlußbotschaft der Staatssekretär Boetticher „auf be⸗ sonderen Befehl“ des Kaisers der Versammlung Dank und Anerken⸗ nung des greisen Herrschers für die Beschlüsse des Reichstages zur Festigung der vaterländischen Wehrkraft und der Reichsfinanzen, diese „Vorbedingungen für unseren Frieden und die Entwickelung seiner

erke“ in warmen Worten aussprach, steht in der Geschichte des deutschen Parlaments einzig da. Um so größer war die Ueberraschung und die Freude bei allen den Abgeordneten, welche zur Durchsetzung dieser Beschlüsse in langer, mühevoller Arbeit mitgewirkt haben. Das Hoch auf den allverehrten Fürsten, welches der Präsident von Wedell hierauf ausbrachte und bei dem er auf die eben gehörten Kaiserlichen Dankesworte Bezug nahm, ist wohl niemals begeisterter von der Versammlung ausgerufen worden als heute, wenn auch die Opposition die gehörten Worte der Anerkennung auf sich zu beziehen nicht in der Lage war. In der auf Kaiserlichen Befehl gehaltenen

Ansprache des Staatssekretärs sind die Hauptwerke der langen parlamen⸗ tarischen Arbeit hervorgehoben, welche der Session ihren Werth und ihr denkwürdiges Gepräge gegenüber so vielen früheren mehr oder weniger unfruchtbar verlaufenen Tagungen des Reichstages verleihen: das Militärgesetz nebst der Bewilligung der erhöhten Ausgaben zur Ver⸗ theidigung des Reichs und der deutschen Einheit, dazu als nothwendige Ergänzung und zugleich zur „Ermöglichung fernerer segensreicher gesetzgeberischer Einrichtungen die Stärkung der Reichsfinanzen durch die von Branntwein⸗ und Zuckersteuer zu erwartenden Mehreinnahmen. Es sind in der That friedenerhaltende Thaten, deren sich die Nation erfreuen kann und auf welche der Reichstag mit dem glücklichen Gefühl der Befriedigung nach den Anstrengungen siebenmonatlicher harter Arbeit denn auch die Wahlen waren ein harter politischer Dienst für das allgemeine Wohl zurückzuschauen berechtigt ist. Nicht minder gilt das Lob und der Dank des Kaisers allen denen im Lande, welche durch ihre Stimmabgabe und politische Arbeit den jetzigen Reichstag ermöglicht haben. Wir stehen am Schluß einer überaus langen und theilweise sehr erregten parlamentarischen Arbeitszeit, die aber so erfolgreich gewesen ist wie keine seit den ersten Jahren der Begründung des Reichs. Man muß hierbei die Tagung des Landtages wegen der Wichtigkeit seiner Leistungen und der Bedeutung des preußischen Staatswesens für ganz Deutschland mit einschließen. Die Beilegung des Kulturkampfs, das friedliche Verhältniß zu Rom, das dadurch befestigt wurde, wirkte mächtig auf die Wahlen zum Reichstage und auf die Haltung des Centrums mit ein, d. h. auf die Entwickelung der gesammten inneren deutschen Politik. Das Centrum, der „feste Thurm“ der Opposition, ist nicht mehr das, was es früher war, so viel steht fest mag man auch über die weitere, wahrscheinlich langsame Entwicklung der Verhältnisse

dieser Kampfpartei sich vorsichtiger Weise allzu weitgehender Prophe⸗

zeihungen enthalten. Sehen wir ab von den Hauvtarbeiten des Reichs⸗ tages, so liegen seit der Wiedererstarkung der Nationalliberalen, der gemäßigten Politiker überhaupt, auch auf andern Gebieten faft durch⸗ weg erfreuliche, zum Theil recht bedeutsame Ergebnisse der Gesetzgebung vor. In erster Linie ist hier das Militär⸗Hinterbliebenen⸗Gesetz zu nennen, das zur Beruhigung der Familien endlich diesmal zur Ver⸗ abschiedung gelangt ist, ferner der Abschluß der Unfallversicherung, welcher die Vorlegung der Altersversorgungsvorlage für die nächste Session ermöglicht, die Fortschritte der auf die Schutzgebiete bezüg⸗ lichen Gesetzgebung und diejenigen der Gesundheitseinrichtungen. Nur E1““ Gebiete sind einige Mißgriffe nicht verhütet worden....

Die „Danziger Allgemeine Zeitung“ macht auf die Wandlungen aufmerksam, die sich in der Frage des Arbeiterschutzes vollzogen hätten, und sagt:

Bei Berathung des Sozialistengesetzes im Jahre 1878 bemerkte Fürst Bismarck, daß er eine jede Bestrebung fördern werde, welche positiv auf Verbesserung der Lage der Arbeiter gerichtet sei, und daß er, wenn nur ein erster Antrag vorliege, ein freundliches Entgegen⸗ kommen zeigen werde. Während die verbündeten Regierungen als erste That zur Wiederbelebung des öffentlichen Vertrauens und zur Verbesserung des Looses der arbeitenden und namentlich an Arbeit Mangel leidenden Klassen es unternahmen, das wirthschaftliche Leben im nationalen Boden festwurzeln zu lassen, machte der Reichstag keinen Versuch, stellte keine Partei einen Antrag, durch welchen unmittelbar die staatliche Fürsorge zur Heilung der sozialen Schäden angerufen worden wäre. Letzteres geschah in der Thronrede vom Februar 1881. und mit Vorlegung des ersten Unfallversicherungsgesetzes, bei dessen Berathung der Kanzler eine noch viel umfangreichere Fürsorge für eine bessere und würdigere Behandlung der Erwerblosen in Aussicht stellte. Noch weiter „in Fluß gebracht“ wurde die Frage des Arbeiter⸗ schußes durch die ewig denkwürdige Kaiserliche Botschaft vom 17. No⸗ vember 1881.

Es kam das Krankenversicherungsgesetz, der zweite und der dritte Entwurf für die Unfallversicherung. Was machten die sozialpolitischen Gesetze für Schwierigkeiten! Die Unfallversicherung war nach Herrn Bamberger nichts als eine sozialistische Schrulle .. . „Keine ge⸗ wissenhafte Gesetzgebung“ nannten die Sezessionisten die neue sozial⸗ politische Aera und das war noch milde ausgedrückt. Man sprach auch von „chimärischen Unternehmungen“ und malte die Schreck⸗ gespenster einer Assignatenwirthschaft als Folge der „Arbeiter⸗ beglückungspläne“ des Kanzlers an die Wand. Ganz verwerflich war besonders die große „Eile des Kanzlers“ und die Fortschrittlichen wurden immer mißtrauischer und verbissener, als sich der Wille des Kanzlers an dem Taback⸗Monopol wider Wunsch und Erwarten nicht „gebrochen“ hatte.

Genug davon. Die Klagen über die Langsamkeit der Regierung haben vielleicht eine gewisse agitatorische Bedeutung für Leute, die ein kurzes Gedächtniß haben. Bewiesen wird damit nur, daß das ehemals von links her so mißtrauisch und feindselig betrachtete Reformwerk populär geworden ist. Es wäre ja ganz gut und erfreulich, wenn der jetzt sogar bei den Freisinnigen erwachte Eifer für das Wohl der Armen und Bedrückten echt wäre. Leider ist er das nicht. Denn sonst würde man den verbündeten Regierungen mehr Gerechtigkeit wider⸗ fahren lassen und vor allem bekennen, daß die liberalen Anschauungen einen tiefgehenden Wandel durchgemacht haben oder noch durchmachen müssen, statt diejenige Stelle der Abkehr von früheren Zielen zu zeihen, von welcher überhaupt die ganze Arbeiterschutz⸗Gesetzgebung ausge⸗ gangen und ins Werk gesetzt worden ist.

Landtags⸗Angelegenheiten.

Halberstadt, 20. Juni. (W. T. B.) Bei der Neuwah eines Landtagsabgeordneten im 8. magdeburgischen Wahl⸗ bezirk, Oschersleben⸗Halberstadt⸗Wernigerode, wurde Landwirth Beseler⸗Anderbeck (nat.⸗lib.) mit 377 von 378 Stimmen gewählt.

1 Statistische Nachrichten. Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund

heitsamts sind in der Zeit vom 5. bis 11. Juni cr. von i 1000 Bewohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin 19,7, in Breslau 27,3, in Königsberg 28,6, in Köln 27,8, in Frankfurt a. M. 19,2, in Wiesbaden 10,0, in Hannover 20,4, in Kassel 18,1, in Magdeburg 24,0, in Stettin 18,4, in Altona 25, in Straßburg 25,9, in Metz 9,6, in München 40,5, in Nürnberg 22,]1 in Augsburg 34,8, in Dresden 22,9, in Leipzig 13,1, in Stuttgart 15,6, in Karlsruhe 16,5, in Braunschweig 15,9, in Hamburg 22,2, in Wie 29,9, in Pest 33,4, in Prag 32,2, in Triest 23,0, in Krakau 28 in Basel —, in Brüssel 26,9, in Amsterdam 21,1, in Paris 21,8, in London 17,5, in Glasgow 22,6, in Liverpool 22,3, in Dublin 31,2, in Edinburg 21,0, in KFerbagen 19,9, in Stockholm 27,3, in Christiania 19,0, in St. Petersburg 29,2, in Warschau 26,6, in Odea 30,4, in Rom 27,9, in Turin —, in Venedig 27,2, in Alexandria 32,0. Ferner in der Zeit vom 15. bis 21. Mai er.: in New⸗York 25,5, in Philadelphia 22,0, in Baltimore 16,0, in Kalkutta 29,6, in Bombay 21,5, in Madras 37,9. Die Sterblichkeit hat in der Berichtswoche in den meisten Groß⸗ städten Europas abgenommen und wurden von einer größeren Zahl derselben, besonders von deutschen Städten erheblich kleinere Sterb⸗ lichkeitsziffern mitgetheilt, als aus der Vorwoche. So war die Sterblichkeit in Metz (9,6), in Wiesbaden (10,0), in Leipzig, Stutt⸗ 8 gart, Braunschweig, Karlsruhe, Düsseldorf, Darmstadt, Kassel, Stettin, Frankfurt a. M., Bremen, Berlin, Elberfeld, Kopenhagen, London, Thristiania eine geringe ict 20 pro Mille und Jaͤr). Günstig war die Sterblichkeit auch in Hannover, Mannheim, Aachen, Barmen, Amsterdam, Paris, Edinburg u. A. gewöhnlich hohe Sterblichkeit (über 30 pro Mille wird von den deutschen Städten aus München, Chemnitz, Essen, M.⸗Gladbach gemeldet.

Eine außer⸗

und Jahr) Augsburg, Unter den