1887 / 153 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 04 Jul 1887 18:00:01 GMT) scan diff

den von auswärts zuziehenden Personen zustehende Wahl ge⸗ troffen werden kann zwischen einerseits der betreffenden, mit einem örtlich abgegrenzten Kirchsprengel versehenen Gemeinde und andererseits der Dom⸗ oder der Parochial⸗Kirche.

Da die Ausübung dieses Wahlrechts bisher an eine Frist nicht gebunden gewesen ist, so hat sich das Bedürfniß ergeben, den aus einer oft lange verschobenen Feststellung der Gemeinde⸗Angehörigkeit erwachsenden Uebelständen für die Zukunft vorzubeugen.

In Folge der auf Grund Allerhöchsten Erlasses vom 6. September v. J. von dem Herrn Minister der geistlichen Angelegenheiten im Einverständnisse mit dem Evangelischen Ober⸗Kirchenrath uns ertheilten Ermächtigung wird demnach hierdurch Folgendes bestimmt: 8

1) Alle von auswärts nach Berlin ziehenden evangelischen Glaubensgenossen haben ohne Rücksicht auf ihr besonderes Konfessionsverhältniß die Wahl, sich entweder derjenigen Lokalparochie, innerhalb deren sie ihre Wohnung nehmen, oder der Gemeinde der Dom⸗Kirche resp. der vch Fegr anzu⸗ schließen, deren Mitglieder an keinen be timmten Wohnort in der Stadt gebunden sind und daher durch die Veränderung der Wohnung innerhalb der Stadt die Gemeinde und Kirche nicht wechseln. 8“

2) Diese Wahl muß jedoch binnen Jahresfrist, von der Niederlassung in Berlin ab gerechnet, durch eine ausdrückliche Erklärung bei dem Kirchen⸗Ministerium und dem Vorstande der gewählten Kirche zu erkennen gegeben werden.

3) Wird diese Wahl in der bezeichneten Frist nicht aus⸗ geübt, so werden solche evangelische Einwohner als pflichtige Glieder derjenigen Lokalparochie, innerhalb deren sie ihre Wohnung genommen haben, angesehen und behandelt, und gehen bei jeder der letzteren in diejenige Parochie

b Mitglieder über, in welcher die neugewählte Wohnung be⸗ legen ist.

Berlin, den 21. November 1859.

Königliches Konsistorium der Provinz Brandenburg.

C. von Voß.

Vorstehende Bekanntmachung wird hierdurch von Neuem IW erlin, den 22. Juni 1887. Königliches Frohth Brandenburg. egel.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Prenßen. Berlin, 4. Juli. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen vorgestern, Sonnabend, den Militär⸗Bevollmächtigten in St. Petersburg, Flügel⸗Adjutanten Oberst⸗Lieutenant von Villaume, und hörten den Vortrag des Chefs des Militärkabinets. 8 Gestern, Sonntag, empfingen Allerhöchstdieselben eine Deputation des Königs⸗Grenadier⸗Regiments (2. Westpreußi⸗ schen) Nr. 7 und nahmen die Meldungen des General⸗Lieute⸗ nants von Heuduck, kommandirenden Generals des XV. Armee⸗ Corps, sowie des Obersten Baumann entgegen. Nachmittags hörten Se. Majestät den Vortrag des Staatssekretärs Grafen von Bismarck⸗Schönhausen.

Heute arbeiteten Se. Majestät der Kaiser und König mit em Chef des Civilkabinets und empfingen den kommandiren⸗ en General des III. Armee⸗Corps, General der Kavallerie Grafen von Wartensleben.

Allerhöchstdieselben beabsichtigen, bzureisen.

Zum Besuch Ihrer Maäjestät der Kaiserin und Königin traf gestern Se. Königliche Hoheit der Prinz Wilhelm, von Bonn kommend, in Koblenz ein und stieg im

königlichen Residenzschlosse ab

heute Abend nach Ems

Preßgesetzes, nach

In Bezug auf 8. 20, 2 des Reichs⸗ welchem der verantwortliche Redacteur einer periodischen

Druckschrift als Thäter zu bestrafen ist, wenn nicht durch be⸗ sondere Umstände die Annahme seiner Thäterschaft aus⸗ geschlossen wird, hat das Reichsgericht, IV. Strafsenat, durch Urtheil vom 22. April d. J., folgende Rechtssätze aus⸗ gesprochen: Die strafrechtliche Haftung des Redacteurs als Thäter wird nur durch solche besondere Umstände des kon⸗ kreten Falls ausgeschlossen, welche außerhalb des Willens des Redacteurs liegen, auch nicht durch seine Fahrlässigkeit herbei⸗ geführt sind. Der Mangel an der für die Redaktionsthätig⸗ keit im Allgemeinen erforderlichen Bildung oder des erforder⸗ lichen Verstandes bilden keine „besonderen Umstände“, die die strafrechtliche Haftung des Redacteurs als Thäter ausschließen.

Die in Bezug auf die Feuerversicherung kauf⸗ männischer Waarenlager in einer Police enthaltene Bestim⸗ mung: „Die Gültigkeit der Versicherung ist dadurch bedingt, daß im Brandfalle der zeitige Waarenbestand durch ordnun smäßig geführte Bücher und resp. Rechnungsbelege glaubhaft nach⸗ gewiesen wird“, ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Civilsenats, vom 26. April d. J., nicht dahin zu ver⸗ stehen, daß jede Inkorrektheit der Buchführung schon die Ver⸗ wirkung des Versicherunzben prüchs nach sich zieht; vielmehr bleibt die Versicherung wirksam, wenn die an sich nicht korrekt geführten Bücher der Versicherungsanstalt ausreichendes Ma⸗ gewähren, um die Liquidation des Versicherten zu kon⸗ roliren.

Es ist wiederholt vorgekommen, daß die Provinzial⸗ behörden Projekte zu Bauten in der Strafanstalts⸗ verwaltung durch die Lokal⸗Baubeamten haben ausarbeiten und sogar veranschlagen lassen, ehe die Vornahme von Vor⸗ arbeiten zum Bau Seitens des Ministers des Innern ge⸗ nehmigt worden war. Die Genehmigung solcher Bauten hat dann mehrfach versagt werden müssen, weil es entweder an den zur Ansfüexrung erforderlichen Fonds fehlte oder weil die projektirten Anlagen bei eingehender Prüfung nicht als nothwendig beziehungsweise nicht als zweckmäßig be⸗ funden wurden. Um die Beranzichung er Lokal⸗Baubeamten zu derartigen, bisweilen umfangreichen Arbeiten, die sich dem⸗ nächst als nutzlos ergeben, zu verhüten, hat der Minister des unern unterm 1. Juni d. J. bestimmt, daß fernerhin über rojekte ecien in der Strafanstaltsverwaltung, deren ni

osten aus den etatsmäßigen Fonds der ein⸗

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lnen Anstalten bestritten werden können und zu deren

usführung es eines Zuschusses aus Centralfonds bedarf, jedesmal an den Minister zu berichten ist, bevor die Lokal⸗

aubeamten mit dem Ausarbeiten von Anschlägen, spezifizirten u“ eingehenden Gutachten u. dergl. beauftragt werden.

Der General⸗Lieutenant von Adler, Inspecteur der I. Ingenieur⸗Inspektion, hat sich auf Dienstreisen begeben.

S. M. Segel⸗Fregatte „Niobe“, Kommandant Kapitän zur See Aschenborn, ist am 1. Juli cr. in Rothesay (Schottland) eingetroffen und beabsichtigt, am 12. desselben Monats wieder in See zu gehen.

S. M. Schiffsjungen⸗Schulschiff „Ariadne“, Kom⸗ mandant Kapitän zur See Barandon, ist am 1. Juli cr. in Vigo eingetroffen und beabsichtigt, am 23. desselben Monats die Reise fortzusetzen. 8

Der Dampfer „Bayern“, mit dem Ablösungskommando für S. M. Kreuzer „Nautilus“ ist am 3. Juli cr. in Southampton eingetroffen und hat an demselben Tage die Reise fortgesetzt.

Der Dampfer „Hohenstaufen“ mit dem Ablösungs⸗ kommando für S. M. Kreuzer „Adler“ ist am 1. ZJuli cr. in Suez eingetroffen und beabsichtigt, am 4. Juli die Reise fortzusetzen.;

Bonn, 2. Juli. (W. T. B.) Se. Königliche 9g der Prinz Wilhelm besichtigte heute das Königs⸗Husaren⸗ Regiment und das 2. Bataillon des 28. Regiments auf dem Exerzierplatz am Tannenbusch. In der Begleitung des Prinzen befanden sich der Herzog Günther von Schleswig⸗ Holstein und der General von Loë.

Württemberg. Friedrichshafen, 1. Juli. (St. A. f. W.) Die Königin ist mit den Herzoginnen Elsa und Olga von Württemberg heute Nachmittag hier eingetroffen und wurde von dem König am Bahnhof empfangen. Vor letzterem hatte sich die hiesige Einwohnerschaft, die Staats⸗ und Gemeindebeamten an der Spitze, zahlreich versammelt und begrüßte Ihre Majestäten, Höchstwelche mit den beiden Prinzessinnen im offenen Wagen unter Salutschüssen und dem Geläut der Glocken durch die reichbeflaggten Straßen in das Schloß fuhren, mit begeisterten Hochrufen.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 2. Juli. Der Großherzog und die Großherzogin werden sich in den ersten Tagen der nächsten Woche zu längerem Aufenthalt nach Wilhelmsthal bei Eisenach begeben. Der Erbgroß⸗ herzog, welcher am 30. v. M. von London hier wieder ein⸗ getroffen ist, beabsichtigt in der zweiten Hälfte des Monats einen Badeaufenthalt in Norderney zu nehmen.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 2. Juli. (W. T. B.) Heute Nachmittag fand die feierliche Einweihung des Denkmals für den König Ludwig I. von Bayern statt. Die Festrede hielt der Sekretär des Universitäts⸗Senats Schricker. Der frühere Unter⸗Staatssekretär von Mayr über⸗ gab das Denkmal, welches von den in Elsaß⸗Lothringen sich aufhaltenden Bayern gestiftet ist, der Stadt Straßburg. Der Beigeordnete Hoch

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Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 2. Juli. (W. T. B.) Der Kaiser stattete Nachmittags dem König von Serbien einen Besuch ab, um sich vor seiner Abreise nach Pola von demselben zu verabschieden. Der König von Serbien nahm an dem heutigen Galadiner bei dem Minister des Aus⸗ wärtigen, Grafen Kalnoky, Theil. Aleko Pas cha weilt seit drei Tagen in Wien und ist im „Hotel Imperial“

abgestiegen. 6 (W. T. B.) Der Kaiser ist heute nach

3. Juli. Pola abgereist.

Prag, 3. Juli. (W. T. B.) Der Senat der böhmischen Universität beschloß, den czechischen Studenten, die eine Dankadresse an diejenigen Abgeord⸗ neten unterzeichnet hatten, von welchen im Reichsrath die Abschaffung der Verordnung über die deutschen Prüfungen beantragt worden war, einen Verweis zu ertheilen und den⸗ selben in deren Abgangszeugniß eintragen zu lassen.

Lemberg, 3. Juli. (W. T. B.) Der Kronprinz

Rudolf ist gestern 10 Uhr Abends hier eingetroffen und am Bahnhofe festlich empfangen worden. Nach der Fahrt durch die reich geschmückte und beleuchtete Stadt, während welcher dem Kronprinzen fortw hrend Ovationen dargebracht wurden, stieg derselbe im Statthalter⸗Palais ab. Die vor demselben zahlreich angesammelte Menge sang, als der hohe Gast auf dem Balkon erschien, die polnische und ruthenische National⸗ hymne. Den Schluß der Ovation bildete ein Fackelzug. Die Ordnung wurde nirgends gestört. Agram, 2. Juli. (Wien. Ztg.) „Obzor“ und „Agramer Tagblatt“ bringen heute eine von zwölf Virilisten und ge⸗ wählten Abgeordneten der Unabhängigkeitspartei und des Centrums gefertigte Erklärung, in welcher dieselben mit⸗ theilen, da sie sich zu einer Partei unter dem Namen „ge⸗ mäßigte Opposition“ vereinigt und der Führung des Grafen Draskovich unterstellt haben. Ebenso hat sich auch ein Landtagsklub „gemäßigte Opposition“ konstituirt und den Grafen Ivan Draskovich zum Präsidenten gewählt.

Großbritannien und Irland. London, 2. Juli.

(W. T. B.) Die Königin hielt heute Nachmittag vor dem Buckingham⸗Palast eine Revue über die Freiwilligen— Truppen ab, von denen etwa 30 000 Mann zusammen⸗ ezogen waren. Der Prinz und die Prinzessin von Wales, owie die übrigen Mitglieder der Königlichen Familie und andere hier anwesende Fürstlichkeiten e. dem militärischen Schauspiel bei. Die versammelte Volksmenge begrüßte die Königin mit enthusiastischen Kundgebungen. 8 „Die Jubiläumsfeierlichkeiten in Dublin haben ihr Ende erreicht, und die Prinzen Albert Victor und Georg von Wales traten gestern Abend die Rückreise nach London an. Die Dubliner Universität hat dem Prinzen Albert Victor von Wales den Grad eines Doktors beider Rechte honoris causa verliehen.

In der gestrigen Sitzung des Vterhanf es stellte Bradlaugh einen Antrag, wonach der Bodenbesitz die Pflicht der Kultur in sich schließen solle, und in allen Fällen Land, das des Anbaues mit Nutzen verknüpft fähig sei, aber in wüstem und unbebautem Zustande gehalten werde und nicht irgend einem Zweck von öffentlicher Nützlichkeit oder des Genusses gewidmet sei, von den Lokalbehörden kompulsorisch angekauft und für Anbauzwecke verpachtet werden solle. Im Laufe seiner den An

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apfel übernahm dasselbe Namens der Stadt.

trag begründenden Ausführungen hob Bradlaugh hervor, daß einer ungefähren Schätzung zufolge es im Vereinigten Königreich 12 000 000 Acres unkultivirten Landes gebe, das, wenn es für die von ihm angedeuteten Zwecke angekauft werde, vollauf Arbeit für die Beschäftigungslosen bieten, die Armuth. ver⸗ mindern und die Nahrungsmittelzufuhr sowie die Einkünfte des Landes vermehren würde. Nach zweistündiger Debatte wurde der Antrag mit 173 gegen 97 Stimmen verworfen.

3. Juli. (W. T. B.) Nach einer Meldung aus Simla bestätigt es sich durch die weiteren dort eingegangenen Nach⸗ richten, daß die Ghilzais in den Kämpfen mit dem Emir unter großen Verlusten schwere Niederlagen erlitten haben. Das erste Gefecht der Ghilzais mit den Truppen des Emir hat am 13. d. M., das zweite am 16. d. M stattgefunden.

4. Juli. (W. T. B.) Anläßlich des für die Tory⸗ partei ungünstigen Ausfalls einer Parlamentswahl in Spalding, empfiehlt die „Morning Post“ eine Rekonstruktion des Ministeriums durch eine Verstärkung desselben aus den Reihen der liberalen Unionisten.

Frankreich. Paris, 2. Juli. (W. T. B.) Der Ministerrath beschäftigte sich in seiner heutigen Sitzung wiederum mit der durch das deutsche Branntweinsteuergesetz geschaffenen Lage der Spiritusindustrie und wird auch in der nächsten Sitzung die Berathung hierüber fortsetzen. “.“ soll geneigt sein, den Zoll auf Alkohol zu erhöhen.

(Köln. Ztg.) Die Zollkommission der Depu⸗ tirtenkammer hat heute den Beschluß gefaßt, un verzüg⸗ lich den Zoll auf fremden Branntwein zu erhöhen, den Geldsatz für den Eingangszoll aber erst anzusetzen, nachdem die Regierung vernommen worden. Der Ausschuß ernannte, um die Sache zu beschleunigen, Marty zum zeitweiligen Berichterstatter. Roche beantragte eine Steuer auf Alkohol von 75 Fr.

Die Kommission für hat den Bestand der indo⸗chinesischen Armee folgendermaßen festgesetzt: 11 Bataillone französische Truppen, 5 eingeborne Regimenter von je 3 Bataillonen, 4 anamitische Bataillone und 6 Batterien Artillerie. Der Effektivbestand würde somit 30 000 Mann be⸗ tragen. Der Oberbefehl soll von einem Divisions⸗General mit 2 Brigade⸗Generälen geführt werden.

Das „ZJournal officiel“ veröffentlicht ein Dekret des Prä⸗ sidenten der Republik, durch welches die sämmtlichen General⸗ räthe Frankreichs auf den 25. Juli zu einer fünftägigen Session einberufen werden.

4. Juli. (W. T. B.) Der Minister für Handel, d’'Autresme, und der Minister für öffentliche Arbeiten, de Heredia, besichtigten gestern die Arbeiten zur Ver⸗ besserung des Laufes der unteren Seine. Auf ihrer Reise dorthin wurden, namentlich in Vernon, Elboeuf und Rouen, vielfach Hochrufe auf General Boulanger laut.

Spanien. Madrid, 3. Juli. (W. T. B.) Der General⸗Direktor der Infanterie, General Primo de Rivera, ist in Folge seines Auftretens gegen den Kriegs⸗Minister im Senat, bei Gelegenheit der Verhandlungen über die militäri⸗ sche Vorlagen der Regierung, seines Postens enthoben worden.

li (W. B.) Hier eingegangenen Nachrichten zufolge haben in Valencia aus Anlaß der Erhöhung der Octroi⸗Abgaben auf Vieh Ruhestörungen statt efunden; fast alle Octroi⸗Hebestellen wurden in Brand gesteckt. Aehn⸗ liche Unordnungen werden aus Barcelona gemeldet.

Türkei. Konstantinopel, 2. Juli. (W. T. B.) Ein Telegramm des „Reuter'schen Bureaus“ meldet: Sir Drummond Wolff übergab heute der Pforte die Ant⸗ wort der englischen Regierung, welche es ablehnt, in eine weitere Verschiebung der Ratifikation der Konvention betreffs Egyptens zu willigen. In Folge dieser Antwort hat ein Ministerrath stattgefunden.

Eerbien. Belgrad, 2. Juli. (W. T. B.) Minister⸗Präsident Ristic empfing Vormittags eine Depu⸗ tation von 150 Bürgern des Bezirks Nisch, welche zwei Adressen für den König und für das Ministerium über⸗ reichte. In der Erwiderung auf die gehaltene Ansprache be⸗ tonte Ristic die Nothwendigkeit der Erhaltung der besten Beziehungen zu den Großmächten, sowie der Aufrechterhaltung der bestehenden Steuern behufs Er⸗ füllung der finanziellen Verpflichtungen gegen das Ausland. Der Minister⸗Präsident mahnte zur Aufrechterhaltung der Ordnung, und verhieß innere Reformen und eine sparsamere Verwaltung; derselbe stellte gleichzeitig die Ersetzung einzelner Organe der Regierung durch solche Personen in Aussicht, die das Vertrauen von Regierung und Volk besäßen. Der Empfang schloß mit einem Hoch auf König und Vaterland.

Blulgarien. Sofia, 3. Juli. (W. T. B.) Zur Er⸗ öffnung der Sobranje sind die Minister und fast alle Deputirte hier eingetroffen.

. Rußland und Polen. Kronstadt, 4. Juli. (W. T. B.) Der Kaiser und die Kaiserin haben am Freitag Abend im Pjörkesund die Panzerkorvette „Wladimir Monomach“ verlassen, um auf der Nacht „Zarewna“ einen Ausflug nach den finnischen Scheeren zu unternehmen.

„Schweden und Norwegen. Stockholm, 29. Juni. (Köln. Ztg.) Die von der Regierung vorgeschlagenen Aende⸗ rungen der Königlichen Verordnung vom 29. Mai 1874, be⸗ treffend Schweden und Norwegens gegenseitige Handels⸗ und Schiffahrtsverhältnisse, sind von beiden Kammern des Reichstages angenommen worden. Es handelt sich dabei um das sogenannte Zwischen⸗ reichsgesetz, durch welches den Fabrikaten beider Länder gegen⸗ seitige Zollfreiheit gesichert ist.

Der

Zeitungsstimmen.

D8 „Preußischen Jahrbücher“ bringen einen Artikel über die neuen Reichssteuern auf Branntwein und Zucker und das Verhalten der Parteien zu denselben. Dort heißt es:

. Die beiden Steuergesetze sind zuletzt mit überwältigenden Ma⸗ joritäten angenommen worden. In den Annalen der deutschen Ge⸗ schichte darf es dereinst nicht übergangen werden, daß der „Deutsche Frei sinn“ auch gegen die Zuckersteuer⸗Reform stimmte. Der Zustand der Zuckerbesteuerung gehört zu den wenigen Punkten unseres öffent⸗ lichen Daseins, gegen welche die Kritik des Deutschfreisinns sich schon seit Jahren nicht mit Unrecht richtete. Nicht als ob darin ein beson⸗ deres Verdienst zu sehen wäre, als ob die Opposition hier einen Scharfsinn

gezeigt hätte, den jetzt auch die Gegner anerkennen müssen. Das wäre, als ob man es Jemand zum Verdienst anrechnen wollte, wenn er in der Lotterie gewinnt. Die deutschfreisinnige Opposition machtzeben Alles schlecht, was die Regierung thut, prophezeit fortwährend Unheil, hält immer von zwei verschiedenen Wegen den für den richtigen, den die Regierung nicht geht: da ist es also ganz natürlich, daß sie, da denn die Regierung nicht unfehlbar ist, auch ein oder das andere Mal Recht behält. Einige zufällige Umstände sehr zuckerreiche Rüben in zwei Ernten hintereinander haben diesmal ihre Prophezeiungen besonders schnell wahr werden lassen. Man sollte meinen, froh ihres Triumphes, froh der Gelegenheit, zu zeigen, daß sie auch eine „positive Partei“ sei, hätte sie nun laut verkündigt, daß die Regierung endlich ihr altes Programm erfülle, und sie in der Durch⸗ führung desselben eifrig unterstützt. Weit gefehlt! Ihr eigener, bester Sachkenner, der Abg. Witte, gestand offen zu, daß ein plötz⸗ liches völliges Abschaffen des Prämiensystems unmöglich sei, Niemand bestritt, daß die Novelle die Prämien auf die Hälfte herabsetze, die spätere völlige Beseitigung wurde ins Auge gefaßt, das Unerhörte war geschehen, die Regierung hatte sich im Zucker zum Deutschfreisinn bekehrt: dennoch stimmte die Fraktion gegen das Gesetz. Warum? Weil, wie der Abg. Schrader ausführte, früher die Prämien doch nur faktisch, aber nicht offen zugestandener Weise ge⸗ geben wurden, in dem jetzigen Gesetz aber liege das offene Eingeständniß dieses falschen Prinzips deshalb müsse die Fraktion bedauerlicher Weise wieder mit „Nein“ stimmen. Das Raisonnement ist wirklich so schön, daß man es gleich noch einmal, nämlich auf den Sprecher selbst anwenden kann: früher hat die Fraktion nur thatsächlich immer mit „Nein“ gestimmt, jetzt hat sie das mit „Nein⸗Stimmen“ offen zum Prinzip erhoben, deshalb war es auch der Mühe werth, diesen Spezialfall hier besonders zu er⸗ wähnen. Politisch sehr viel wichtiger ist eine andere Abstimmung bei derselben Gelegenheit, nämlich die Abstimmung des Abg. Windthorst über die Branntweinsteuer. Hr. Windthorst stimmte mit der Hälfte seiner Fraktion für dieses Gesetz. Das hat zu bedeuten: die Politik, die Regierung knapp zu halten, um ihr Konzessionen abzupressen, ist auf⸗ gegeben; sie ist nicht mehr durchführbar ohne die Majorität; da kehrt man also den Spieß um und sucht den Nationalliberalen in der Gunst der Regierung den Rang abzulaufen. .. Wir können uns nichts Besseres wünschen. Die Idee des Konstitutionalismus ist damit erfüllt: in parlamentarischen Staaten muß sich die Regierung um die Gunst der Parteien bemühen so sehr, daß sie sich endlich ab⸗ wechselnd bald mit der einen, bald mit der anderen Partei identifizirt. Im konstitutionellen Staat bemühen sich die Parteien um die Gunst der Regierung. Die Regierung, gegründet auf eine erbliche Monarchie, stellt das reine Staatsinteresse dar, die Par⸗ teien einzelne Interessen im Staat und eeinseitige „An⸗ schauungen vom Staate. In fortwährendem Kontakt mit all diesen Einzelinteressen, sich fortwährend mit ihnen auseinandersetzend, aber nie abhängig von ihnen, nie in die Einseitigkeiten varlamentarischer Parteiregierung verfallend, verbindet die monarchisch⸗konstitutionelle Regierung die Energie und Stetigkeit des Absolutismus mit der freien Bewegung, der steten Rücksichtnahme und den lebendigen Anregungen einer Republik. Den idealen Ausdruck dieses Staats⸗ wesens bildete der Kaiserliche Dank für die Thätigkeit des Reichstags am Schlusse der Session: eine Scene, welche in keiner andern Volksvertretung möglich wäre, als in der deutschen. Denn in Staaten, wo der Monarch nur formell, in Wahrheit die Partei regiert, die sich in offiziellen Kundgebungen selbst anredet, könnte ein solcher Dank nichts weiter sein als eine Formel im Kanzleistil, die unbemerkt vorübergeht. Im Deutschen Reichstag gehören solche offiziellen Erklärungen zu den eindruckvollsten Momenten des parlamentarischen Lebens, die oft für die sachliche Nüchternheit und den ungentilen Ton der Verhandlungen selbst entschädigen. Die klangvolle, vornehme Art, in der der Minister von Boetticher, ohne jedes Pathos, ohne jedes Streben nach Effekt, aber mit dem ganzen Gewicht einer Persönlichkeit, die sich bewußt und von der Natur be⸗ fähigt ist, einen großen Augenblick zu repräsentiren, den Dank des Kaisers aussprach, gab dem schönen Inhalt auch die schöne Form. ...

Die „Augsburger Abendzeitung“ berichtet aus Augsburg, 1. Juli:

Die Süddeutsche Textil⸗Berufsgenossenschaft schloß gestern die Reihe der diesjährigen Hauptversammlungen ihrer Ausführungsorgane mit der ordentlichen Genossenschaftsversammlung, zu welcher sich zahl⸗ reiche Delegirte aus Bayern, Württemberg und Baden im Gasthofe zu den „Drei Mohren“ dahier zusammenfanden. Die Versammlung wurde von dem Vorsitzenden des Genossenschaftsvorstandes, Direktor A. Reh⸗Augsburg, geleitet, welcher dieselbe mit dem Bericht über die genossenschaftliche Wirksamkeit im Rechnungsjahre 1886 er⸗ öffnete. Der Bericht ließ entnehmen, daß die günstigen Aussichten, welche schon in der vorigen Jahresversammlung Ausdruck fanden, sich immer mehr verwirklichen. Obwohl der Zuschlag zur Bildung eines Reservefonds fast im dreifachen Betrage der gesetz⸗ lichen Mindestforderung von 300 % der gezahlten Entschädigungen eingehoben wird, obwohl ferner die Verwaltungsrechnung noch schwer⸗ wiegende einmalige Ausgabeposten für Organisation, erste Einrichtung und Ablösung privater Versicherungsverträge aufweist und obwohl endlich außer den Verwaltungskosten des Jahres noch ein weiterer und höherer Betrag zur Bildung eines ständigen Betriebsfonds zur Umlage gelangt, bleibt die Gesammtumlage für die Betriebsunter⸗ nehmer noch weit hinter denjenigen Summen zurück, welche dieselben früher an Privatversicherungsgesellschaften in Gestalt von Prämien und Prämiennachzahlungen zu leisten hatten

Centralblatt für das Deutsche Reich. Nr. 26. Inhalt: Zoll⸗ und Steuerwesen: Aenderung in dem Verzeichniß derjenigen Börsen, an welchen Terminpreise für gewisse Waaren notirt werden; Erhöhung der Ausfuhrvergütung für Liköre auf die Zeit vom 1. Juli bis 30. September d J.; Transportkontrole für Rind⸗ vieh in den Grenzbezirken der Haupt⸗Zollämter Kleve und Kaldenkirchen. Allgemeine Verwaltungssachen: Statut für das Kaiserlich deutsche archäologische Institut. Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.

Marine⸗Vexrxordnungs⸗Blatt. Nr. 13. Inhalt: Pauschsummen für Dienstreisen. Messeproviant. Beförderungen an Bord. Havarieverfahren. Kadetten⸗Messegeld. Heiraths⸗ konsense. Verzeichniß der Konsulate. Servisreglement. Kriegsfeuerwerkerei. Proviantlieferungsverträge. Ortsklassen⸗ eintheilung zum Servistarif. Verpflegungszuschuß. Brot und Fourage. Personalveränderungen. Benachrichtigungen.

Justiz⸗Ministerial⸗Blatt. Nr. 26. Inhalt: All⸗ gemeine Verfügung vom 21. Juni 1887, betreffend die Uebersicht über die Thätigkeit der Schiedsmänner im Jahre 1886. Allgemeine Verfügung vom 21. Juni 1887, betreffend die Gewährung von Tage⸗

eldern und Reisekosten an die als Zeugen vor Gericht vernommenen endarmen. Bekanntmachung vom 23. Juni 1887, betreffend die Herausgabe einer Uebersichtskarte der Verwaltungsbezirke der preußi⸗ chen Staatseisenbahnen.

Statistische Nachrichten.

Ueber deutsche Häfen, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam sind im Monat Mai d. J. 14 375, in der Zeit von Anfang Januar bis Ende Mai 48 537 Deutsche nach überseeischen Ländern aus⸗ gewandert. Die Steigerung im Vergleich gegen das Vorjahr, in welchem im Mai 11 258 und in der Zeit von Anfang Januar bis Ende Mai 34 690 Deutsche ausgewandert sind, dauert demnach

och fort. 1 Die preußische Staatsangehörigkeit haben im Jahre 1885 4767 Personen erworben und zwar aus anderen Bundesstaaten durch Aufnahmeurkunden 1465 (841 m. und 624 w.), aus dem Auslande

durch Naturalisationsurkunden 2544 (1473 m. und 1071 w.), durch

Wiederverleihung der Staatsangehörigkeit ohne Rückkehr des Wieder⸗

aufgenommenen in das Inland 500 (268 m. und 232 w.) und durch Wiederverleihung der Staatsangehörigkeit unter Rückkehr des Wieder⸗ aufgenommenen in das Inland 258 (170 m. und 88 w.). Unter den in den preusischen Staatsverband Aufgenommenen bezw. Wieder⸗ aufgenommenen befanden sich der Religion nach 2282 oder 47,87 % Evangelische, 2218 oder 46,53 % Katholiken, 9 oder 0,10 % an⸗ dere Christen, 248 oder 5,20 % Israeliten und 10 oder 0,21 % sonsti⸗ gen und unbekannten Religionsbekenntnisses. Die preußische Staats⸗ angehörigkeit haben im Jahre 1885 10 657 Personen verloren, und zwar: durch Erwerb der Staatsangehörigkeit in anderen Bundesstaaten 490 (280 m. und 210 w.) und durch Auswanderung in das Ausland 10 167 (7314 m. und 2853 w.). Unter den aus dem preußischen Staatsverband Entlassenen befanden sich der Religion nach 8175 oder 76,72 % Evangelische, 2185 oder 20,50 % Katholische, 33 oder 0,30 % andere Christen, 241 oder 2,26 % Israeliten und 23 oder 0,22 % sonstigen und unbekannten Religionsbekenntnisses. Ein Vergleich des Erwerbs der Staatsangehörigkeit mit dem Verlust ergiebt einen Gesammt⸗Mehrverlust von 5890 Personen, welcher lediglich die Evangelischen, sonstigen Christen und die sonstigen und unbekannten Religionen trifft; denn dieselben haben 5893 bezw. 24 und 13 Per⸗ sonen verloren, während die Katholiken und Israeliten einen Mehrerwerb von 33 bezw. 7 Personen hatten. An dem Mehrverlust hatten unter den Regierungsbezirken den größten Antheil, wie in 1885: Stettin, Stade und Kassel mit bezw. 1211, 897 und 688 Personen, wogegen die Regierungsbezirke Düsseldorf, Breslau, Wiesbaden und der Stadtkreis Berlin, nächstdem auch die Regierungsbezirke von Ost⸗ und Westpreußen, sowie Aachen, Liegnitz und Arnsberg einen Ueber⸗ schuß des Erwerbs über den Verlust zu verzeichnen hatten. Die Ziffern des Erwerbs, des Verlustes und des Mehrverlustes erreichen übrigens für das ganze preußische Staatsgebiet mit 4767 bezw. 10 657 und 5890 nicht den Durchschnitt der Jahre 1872 bis 1885, welcher 4984, 13 511 und 8527 Köpfe beträgt.

Im deutschen Reichsgebiet sind im Jahre 1886 wegen uner⸗ laubter Auswanderung 18 888 Gestellungspflichtige verurtheilt und 15 796 noch in Untersuchung gewesen. Von den Verurtheilten bezw. noch in Untersuchung Gewesenen kommen auf den Bezirk: des II. Armee⸗Corps 17,15 % bezw. 20,74 % ; des I. Armee⸗Corps 12,37 % bezw. 12,04 %; des XV. Armee⸗Corps 10,04 % bezw. 13,55 %; des XIII. (Königlich württembergischen) Armee⸗Corps 7,49 % bezw. 4,89 %; des IX. Armee⸗Corps 6,84 % bezw. 5,46 %; des X. Armee⸗Corps 5,90 % bezw. 4,39 %, des II. (Königlich bayerischen) Armee⸗Corps 5,88 % bezw. 6,69 %; des VII. Armee⸗Corps 4,72 % bezw. 1,76 %; des III. Armee⸗Corps 4,43 % bezw. 2,86 %; des VI. Armee⸗Corps 3,58 % bezw. 3,94 %; des XIV. Armee⸗Corps 3,53 % bezw. 2,10 %; des V. Armee⸗Corps 3,49 % bezw. 6,41 %; des VIII. Armee⸗Corps 3,24 % bezw. 3,92 %; der Großherzoglich hessischen Division 3,09 % bezw. 1,62 %; des XI. Armee⸗Corps 2,75 % bezw. 3,79 %; des XII. (Königlich sächsischen) Armee⸗Corps 2,44 % bezw. 2,17 %; des IV. Armee⸗Corps 1,99 % bezw. 2,19 % und des I. Königlich baye⸗ rischen Armee⸗Corps 1,07 % bezw. 1,48 %. Die meisten Ver⸗ urtheilungen fanden demnach in den Besirken des II., I. und XV. Armee⸗ Corps, die wenigsten in den Bezirken des XII. (Königlich sächsischen), IV. und I. (Königlich bayerischen) Armee⸗Corps statt.

Eine im bayerischen Justiz⸗Ministerium aufgemachte Zusammenstellung über Gefangenenarbeit beziffert, nach der „Magdeb. Ztg.“, die Gesammtzahl der männlichen Ge⸗ fangenen in den Strafanstalten und Arbeitshäusern des König⸗ reichs am Schluß des Jahres 1885 auf 6721. Hiervon waren un⸗ beschäftigt 308; beschäftigt wurden für den eigenen Bedarf der Anstalten 756, mit landwirthschaftlichen und Taglohn⸗ arbeiten, sowie mit Arbeiten für Rechnung des Staates 2155, für die Anstaltsbeamten und Bediensteten 63 und für Rechnung von Gewerbetreibenden 2623. Von diesen Letzteren waren u. A. beschäftigt mit Schneiderei 427, Schuhmacherei 411, Weberei 241, Schlosserei 29, Schreinerei 541, Holzschnitzerei 196, Goldleisten⸗ fabrikation 206, Brillengestellfabrikation 410, Spulen und Federn⸗ schleißen 22, Dütenanfertigen 120, Zündholzschachtelmachen 88, Korb⸗ flechterei 62, Schreiben 11 u. s. w. Für Rechnung der Anstalten zum Verkauf an Geschäftsleute waren 406 beschäftigt, für Rechnung der Anstalten zum Verkauf überhaupt, dann für Rechnung von Pri⸗ vaten 405. Unter letzterer Zahl befanden sich 195 Gefangene, die mit Steinbrechen, Steinklopfen und Steinhauen beschäftigt wurden. Die Gesammtzahl der weiblichen Gefangenien belief sich auf 1129. Hiervon waren unbeschäftigt 65; beschäftigt waren für den eigenen Bedarf der Anstalt 141, mit Arbeiten auf Rechnung des Staates 73, für die Anstaltsbeamten und Bediensteten 4, für Rech⸗ nung von Gewerbetreibenden 753; von den Letzteren waren beschäftigt mit Tabackausrippen 10, Dütenanfertigen 32, Gipsarbeiten 24 und mit weiblichen bbee 687. Für Rechnung von Privaten wurden mit Spinnen, Roßhaarzupfen und weiblichen Handarbeiten 93 weib⸗ liche Gefangene beschäftigt.

b Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Vor Kurzem ist der Bericht über die Verwaltung der Königlichen Universitäts⸗Bibliothek zu Kiel im Etatsjahre 1886/87 erschienen. Demselben zufolge wurde in der genannten Bibliothek der bereits im voraufgegangenen Jahre begonnene Doubletten⸗Katalog im letzten Jahre vollendet, wodurch der⸗ selbe von 1836 Nummern auf 3616 Nummern wuchs. Nebenher ing die Verzettelung der Kartensammlung, nach welcher die Ge⸗ sammtzahl der Kartenblätter rund 2900 Stück beträgt. Ferner wurde ein Verzeichniß der laufenden periodischen Schriften, welche in der Bibliothek geführt werden, angefertigt und zu Kiel in Kommission bei Lipsius u. Tischer 1887 (VIII., 16 S. hoch 4) herausgegeben. Auch wurde für die bevorstehende Redaktion der systematischen Ka⸗ taloge, soweit solche fehlen, als Vorarbeit eine Durchprüfung des vorhandenen bibliographischen Systems vorgenommen. Schließlich sei noch erwähnt, daß im letzten Jahre eine nicht unbedeutende Ver⸗ mehrung der Bibliothek stattgefunden hat. Der am Schluß des Vorjahres nachgewiesene Bestand derselben stieg hierdurch auf 188 454 Bände separater Bücher, 6404 Dissertationen und Programmenbände und mit Einrechnung der Manuskripte (2327) auf 197 185 Bände gedruckter Bücher und Handschriften (nebst 73 Urkunden).

Im Verlage von Alexius Kießling in Berlin 8., Brandenburg⸗ straße 64 erschien soeben in zweiter Auflage: Kießling's Großer Verkehrsplan von Berlin bis Spandau und Lichterfelde im Maßstab 1:25 000, entworfen von H. Berger, neu bearbeitet von Gust. Müller, mit vollständigem Bebauungsplan von den Um⸗ gebungen nebst Straßenverzeichniß Verlins und sämmtlicher Ort⸗ schaften der Umgegend. In 5farb. Druck eleg. kart. Preis 3 ℳ, in Z farb. Druck 2 ½ ℳ, in schwarzem Druck 2 Der in sauberstem Farbendruck hergestellte Plan umfaßt einen vollständigen, bis auf die jüngste Zeit fortgeführten Plan von Berlin mit seiner ein⸗ bis zweimeiligen Umgebung. Letztere reicht westlich bis hinter Spandau, umfaßt also auch den ganzen Grunewald, geht südlich bis Lichterfelde, Mariendorf und Britz, östlich bis hinter Lichtenberg und nördlich bis Pe Pankow und Tegel. In der neuen Auflage sind Eisen⸗

ahnen und Pferdebahnen schwarz, sämmtliche Chausseen jedoch roth ge⸗ druckt, so daß die Verkehrswege zwischen Berlin und den Ortschaften der Umgegend in übersichtlichster Weise hervortreten. Bei den von Jahr zu Jahr stärker werdenden Beziehungen Berlins zu seiner Umgebun wird der neue Plan sicher dem Publikum willkommen sein. Au dem minder Begüterten ist die Anschaffung durch die Veranstaltung billiger Ausgaben Seitens der Verlagshandlung ermöglicht worden.

Von dem Prachtwerk: „Die österreichisch⸗ungarische Monarchie in Wort und Bild“ ist soeben die 39. Lieferung erschienen, welche das zehnte Heft des ersten Bandes von Ungarn bildet. Dieselbe enthält Aufsätze von Maurus Jokai über: die Eigen⸗ thümlichkeiten der magyarischen Sprache, Ursprung, Beschaffenheit und wehrhafte Gesinnung des magyarischen Volkes, Gemüthsart und Temperament des magyarischen Volkes, Familienleben, Glaube und Urreligion, Sagenkreis von Attila und Csaba⸗Almos. Zahlreiche Illustrationen, sämmtlich von Michael Zichy, zieren das Heft.

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Die soeben erschienene I. Quartals⸗Nummer von „Mode und Haus“ bietet im Hauptblatt neben einer großen Anzahl ge⸗ schmackvoller Handarbeiten⸗Vorlagen und werthvollen Mode⸗Illustra⸗ tionen, eine künstlerisch arrangirte, aus sechzehn Personen und Per⸗ sönchen bestehende Gruppe. Ein der Nummer beigegebener großer Schnittmusterbogen ermöglicht Selbstanfertigung der verbildlichten Kindergarderoben sowohl als der mannigfaltigen Kinder⸗ requisiten, wie Steckkissen, Lätzchen, Jäckchen, Nachtröckchen ꝛc. dꝛc. Aus der vielseitigen Hausrubrik heben wir die Abhandlung über „Frauenemanzipation“ von Josephine Calé und die Fortsetzung des in voriger Nummer begonnenen Aufsatzes „Ueber Kinderpflege“ hervor. Der Inhalt der „Illustrirten Belletristik“ von „Mode und Haus“ mit dem Portrait Anton Anno's, des neuernannten Direktors des Königlichen Schauspielhauses zu Berlin, bleibt auf der Höhe der Zeit. In der „Illustrirten Reisezeitung“ wird das praktische Reisebedürfniß vorwiegend berücksichtigt. Die Expedition von „Mode und Haus“, Berlin W., Lützowstraße 81, verabfolgt Probenummern gratis. Der Abonnementspreis beträgt 1 vierteljährlich. Schwerin, 2. Juli. Wie schon kurz gemeldet, ist mit dem Charakter eines Archiv⸗Raths zum Chef des Großherzoglichen Geheimen und Haupt⸗Archivs hierselbst zu Michaelis d. J. der bisherige Stadt⸗ archivar zu Frankfurt a. M. Dr. Hermann Grotefend designirt. Derselbe entstammt einer bekannten Gelehrtenfamilie. Geboren am 18. Januar 1845 zu Hannover als Sohn des 1874 verstorbenen Ge⸗ heimen Archiv⸗Raths Dr. C. L. Grotefend, studirte Hermann Grote⸗ fend in Göttingen erst Medizin und sodann Geschichte unter dem jüngst verstorbenen Professor Waitz, dessen historische Uebungen er besuchte. Alsdann beschäftigte er sich unter Jaffé's Leitung in Berlin mit Chronologie und Paläographie sowie Diplomatik und bestand im Januar 1870 zu Göttingen das philosophische Doktor⸗Examen, worauf er als Aspirant am Staatsarchiv zu Breslau einberufen wurde. Fünf Jahre später, 1. Oktober 1874, ward der Genannte mit der Vorstandschaft des Staatsarchivs zu Aurich betraut, nahm aber Anfang 1876 das Amt eines Stadtarchivars in Frankfurt a. M. an. Literarisch hat sich Grotefend, der sich speziell den historischen Hülfswissenschaften, der Urkundenlehre, Sphragistik und Heraldik widmete, durch ein 1872 erschienenes Handbuch der historischen Chronologie einen Namen er⸗ worben. Das Werk ist bereits ein unentbehrliches Hülfsbuch jedes Historikers geworden. Die Vorbereitungen für die von Grotefend intendirte Herausgabe eines ausführlichen Handbuches der historischen Chronologie des deutschen Mittelalters werden wohl innerhalb Jahresfrist beendigt sein. Rostock, 2. Juli. Gestern erfolgte im hiesigen Landgerichts⸗ gebäude die Einführung des zum Präsidenten des Gerichts ernannten bisherigen Ober⸗Landesgerichts⸗Raths Albrecht Wendhausen an Stelle des in den Ruhestand getretenen Präsidenten Dr. von Liebe⸗ herr. Am Montag, den 27. v. M., beging der Letztgenannte unter allgemeiner Theilnahme das fünfzigjährige Dienstjubiläum. Anfänglich im Cameraldienst angestellt, gehörte von Liebeherr von 1841 1879 den einheimischen Justiz⸗Kanzleien (Obergerichten) zu Güstrow, Schwerin und Rostock mit einer kurzen Unterbrechung an. 21 Jahre lang war derselbe Chef⸗Präsident des Rostocker Gerichtshofs und zugleich Konsistorial⸗Direktor sowie Präses der juristischen Prüfungskommission. Vom 10. Oktober 1849 bis 12. April 1850 stand der jetzt erst 73 jährige Jubilar an der Spitze des Justiz⸗Ministeriums, nachdem die land⸗ ständische Verfassung aufgehoben und ein konstitutionelles Staats⸗ grundgesetz für Mecklenburg⸗Schwerin erlassen worden war. In Folge des Schiedsspruchs zu Freienwalde, der die ständische Ver⸗ fassung wiederherstellte, trat von Liebeherr mit dem damaligen Gesammt⸗ Ministerium (von Lützow, Stever und Mevyer) zurück, ward erst Justiz⸗Rath in Schwerin und war sodann von 1855 1858 Ober⸗ Appellationsgerichts⸗Raͤth in Rostock, bis er zur Leitung der Rostocker Justiz⸗Kanzlei berufen ward (1858). Nach Einführung der Reichs⸗Justizgesetze (1. Oktober 1879) übernahm der Jubilar, der als Jurist, Beamter und Mernsch gleich ausgezeichnet ist, den Vorsitz in dem neu errichteten Rostocker Landgericht, in welchem er an⸗ fänglich die Straffkammer und in der Folgezeit auch die Civil⸗ kammer dirigirte. Ferner fungirte Liebeherr seit 1870 als Kurator der Landes⸗Universität, die ihn 1879 zum Ehrendoktor der Rechte, 1883 zum Dr. theol. honoris causa kreirte. Am Jubiläums⸗ tage ward ihm auch der Ehrendoctor der Philosophie verliehen. Der Großherzog ernannte Liebeherr, der bereits vor 10 Jahren das Groß⸗ Komthurkreuz des Haus⸗Ordens der wendischen Krone erhalten hatte, zum Geheimen Rath mit dem Prädikat Excellenz und zeichnete ihn durch ein sehr huldreiches Gratulations⸗Telegramm aus. Der Rath der Stadt Rostock machte den Geheimen Rath von Liebeherr zum Ehrenbürger. Daß die höchsten Dikasterien des Landes Deputationen schickten und zahlreiche Private gratulirten, ist selbstverständlich. Dr. Liebeherr bleibt fernerhin Vize⸗Kanzler und Chef des Landes⸗Konsistoriums. Am Dienstag starb hierselbst der Landes⸗Steuerdirektor Kammerherr von Oertzen aus dem Hause Kotelow. Derselbe war erst, nachdem er auf ständische Präsentation vom Landesherrn aus Neustrelitz, wo er Mitglied des Kammer⸗ und Forst⸗Kollegiums war, hierher berufen worden, seit Neujahr 1885 im Amt 1

Gewerbe und Handel.

Glasgow, 2. Juli. (W. T. B.) Die Vorräthe von Roheisen in den Stores belaufen sich auf 891 741 Tons gegen 787 377 Tons im vorigen Jahre. Zahl der im Betrieb befindlichen Hochöfen 81 gegen 86 im vorigen Jahre.

New⸗York, 2. Juli. (W. T. B.) Der Werth der der vergangenen Woche eingeführten Waaren betrug 9 570 575 Doll., davon für Stoffe 1 864 712 Doll. Der Werth der Einfuhr in der Vorwoche betrug 9 206 282 Doll., davon 1 648 816 Doll. für Stoffe

Verkehrs⸗Anstalten.

Zur bequemen Einlieferung von Packeten ist in Berlin abgesehen von den zahlreichen Stadt⸗Postanstalten, auch durch die Packetbestelleinrichtungen und Packetwagen der Post Gelegenheit geboten. Sämmtliche im Dienst befindliche Packetbesteller sind zur Entgegennahme gewöhnlicher Packete behufs Weiterbesorgung zur Post verpflichtet. Auf schriftliche Aufforderung mittels Post⸗ karte an das Kaiserliche Packet⸗Postamt in Berlin N. (Oranien⸗ burgerstraße 70) findet sich der Packetbesteller zur Abholung der Packete in der Wohnung des Absenders besonders ein. Auch in diesem Falle ist nur die gewöhnliche Einsammlungsgebühr zu ent⸗ richten, also ein Betrag von 15 bis zum Gewicht von 5 kg und von 20 für Packete von höherem Gewicht. 8

Hamburg, 2. Juli. (W. T. B.) Der Postdampfer „Wieland“ der Hamburg⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗ Aktiengesellschaft hat, von New⸗York kommend, heute früh

5 Uhr Lizard passirt. 8 London, 2. Juli. (W. T B.) Der Castle⸗Dampfer „Roslin Castle“ ist heute auf der Ausreise in Capetown an⸗

gekommen.

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Berlin, 4. Juli 1887.

Am gestrigen Erinnerungstage an die Schlacht bei Köni grätz fand in Fürstenwalde die feierliche Einweihung des Den mals statt, welches die Stadt ihren in den Kriegen von 64, 66 und 70/71 gefallenen Söhnen gewidmet hat. Im Ganzen hatten sich 22 auswärtige Kriegervereine mit ihren Bannern und Fahnen eingefunden, welche vom Festceomité am Bahnhof empfangen und mit Musik nach dem alten Schützenhause geleitet wurden. Den Enthüllungsakt vollzog der Vorsitzende des dortigen Vereins und schloß mit einem Hoch auf Se. Majestät den Kaiser. Dann übernahm der Bürgermeister das Denkmal und brachte ein begeistertes Hoch auf die deutsche Armee aus; die Fürsten⸗

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